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    #91
    Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
    Mensch, also hier kocht und tobt es ja schon
    Bei dieser Aktivität könnte man doch eigentlich mal darüber nachdenken dem Lesekreis ein eigenes Unterforum zur Verfügung zu stellen.

    Hab das Kapitel heute durchgearbeitet. Muß mir noch mal alles in Ruhe durch den Kopf gehen lassen bevor ich hier ausführlicher darüber schreibe.

    Das Argument gegen den göttlichen Ursprung der Ethik fand ich schonmal gut(auch wenn Singer dieses ja nur ausgeborgt hat). Wenn Gott gut ist muß er sich selber billigen.

    Am Ende wird Herr Singer etwas dreist, wenn er den Utilitarismus heimlich als naheliegenste Ethik einführt und darauf verweist, dass die Beweislast für andere Ansatzpunkte automatisch bei der Gegenseite liegen würden. Das geht auf jeden Fall schon über eine einfache Einführung was man sich unter praktischer Ethik vorzustellen habe hinaus.

    Wie gesagt: Ich muss mir erstmal Gedanken darüber machen.
    I reject your reality and substitute my own! (Adam Savage)

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      #92
      Das Argument gegen den göttlichen Ursprung der Ethik fand ich schonmal gut(auch wenn Singer dieses ja nur ausgeborgt hat).
      Ja, diese Zurückweisung einer theistischen Begründung der Moral mittels einer Reductio ad absurdum finde ich auch sehr genial:

      Entweder Gott befiehlt uns bestimmte Handlungsweisen, weil sie gut sind, oder bestimmte Handlungen sind gut, weil Gott sie befiehlt. Letzteres kann eigentlich nicht sein, denn wenn die Handlungsweisen nur deshalb gut sind, weil Gott sie befiehlt, dann hat dies zwei absurde Konsequenzen:

      Erstens ist Gottes Entscheidung, uns gerade diese und keine anderen Handlungsweisen zu befehlen, in moralischer Hinsicht vollkommen beliebig. Denn wenn erst durch Entscheidung festgelegt wird, was moralisch gut und was schlecht ist, kann die Entscheidung selbst nicht moralisch begründet sein. Sie muss ganz und gar arbiträr sein.
      Zweitens muss ein konsequenter Theist den folgenden kojunktivischen Konditionalsatz für wahr halten: "Würde Gott uns befehlen, jeden Sonntag ein Kind zu verspeisen, dann wäre es moralisch gut, jeden Sonntag ein Kind zu verspeisen." Denn das moralisch Gute und das von Gott befohlene ist für den so argumentierenden Theisten Eins. Dieser Konditionalsatz ist aber ziemlich absurd. Jeder von uns (auch die meisten Christen) würden sagen: "Wenn Gott so etwas befehlen würde, dann bliebe es trotzdem falsch, Kinder zu verspeisen und es würde nur bedeuten, dass Gott eben nicht gütig, sondern bösartig ist." Also kann "moralisch gut" nicht einfach bedeuten "was Gott befiehlt".

      Entscheidet man sich aber für die zweite Variante göttlicher Moralstiftung (Gott befiehlt uns bestimmte Handlungen, weil sie gut sind), hat man das Problem, das Gott bei dieser Moralbegründung gänzlich redundant ist. Denn wenn Gott selbst sich bereits nach dem richtet, was (unabhängig von seiner Entscheidung) moralisch gut ist, dann wird der Tatsache, dass bestimmte Handlungsweisen gut sind, dadurch, dass Gott sie befiehlt, nichts mehr hinzugefügt.

      In jedem Falle ist es unmöglich, Moral mit Rückgriff auf einen gebietenden Gott zu begründen.

      Am Ende wird Herr Singer etwas dreist, wenn er den Utilitarismus heimlich als naheliegenste Ethik einführt und darauf verweist, dass die Beweislast für andere Ansatzpunkte automatisch bei der Gegenseite liegen würden.
      Ja, das Ende des Kapitels fand ich auch ein wenig gekrückt...
      Zuletzt geändert von 3of5; 29.09.2007, 16:19.

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        #93
        Na, das Buch ist ja doch ganz schön dick... und dann auch noch so kleine Schrift.

        Das erste Kapitel fand ich jetzt... naja, nicht so wahnsinnig kontrovers oder diskussionswürdig, da ja nur die Basis für den Rest des Buches dargelegt wird und ich kann seiner Argumentation was Ethik ist und was Ethik nicht ist durchaus zustimmen.

        Allerdings bin ich mir noch so ganz sicher, ob ich das auf Anhieb alles verstanden habe. Sagt Singer jetzt, dass Ethik objektiv oder subjektiv ist?
        Ich habe es so verstanden, dass er die Position vertritt, dass Ethik objektiv festgemacht werden kann, es aber verschiedene moralische Kodexe gibt. Letztlich ist das dann doch nichts anderes als eine subjektive Ethik, nur mit anderem Namen, oder?

        Ich hab mir aus Interesse auch mal den Anhang zur Diskussion in Deutschland gelesen und war ehrlich gesagt tiefst erschüttert. Das viele (deutsche) Wissenschaftler, absolut engstirnige Idioten sind, ist mir nach zwei Jahren an der Uni inzwischen ja auch klar geworden, aber das so extrem versucht wird Diskussionen zu unterbinden - ohne geringstes Interesse daran, die Positionen überhaupt anzuhören - finde ich schon schlimm.
        Keine Ahnung, ob sowas immer noch passiert, da die Auflage ja irgendwie so aus der Mitte der Neunziger ist und die Sterbehilfe-Diskussion inzwischen ja auch schon "weiter" ist. Andererseits nimmt die Präsenz engstirniger und dummer Leute in Medien und Wissenschaft rein subjektiv doch zu...
        Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
        Makes perfect sense.

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          #94
          Allerdings bin ich mir noch so ganz sicher, ob ich das auf Anhieb alles verstanden habe. Sagt Singer jetzt, dass Ethik objektiv oder subjektiv ist?
          Also: Singer kann man grundsätzlich einer (meta)ethischen Position zurechnen, die man als "Nonkognitivismus" bezeichnet. Nonkognitivisten behaupten im Grunde, dass moralische Aussagen wie z.B. "Kinder essen ist schlecht" nicht wahrheitsfähig sind, d.h. dass ein solcher Satz weder wahr noch falsch ist, da es nicht so etwas wie moralische Sachverhalte in der Welt gibt, von denen die Wahr- oder Falschheit eines solchen Satzes abhängen könnte.

          Zum Vergleich: Der Satz "Die Anzahl der Oliven, die Aristoteles in seinem Leben gegessen hat" ist wahr oder falsch. Wir können zwar nicht herausfinden, was von beidem, aber das tut nichts zur Sache. Der Satz ist eben dann wahr, wenn der Sachverhalt, den er ausdrückt, tatsächlich besteht. Wenn die Dinge in der Realität so stehen, wie der Satz es ausdrückt. Es ist aber ziemlich klar, dass ein moralischer Satz nicht in diesem Sinne wahr oder falsch sein kann. Wollte man etwas anderes behaupten, würde man sich auf die Annahme der Existenz eines "moralischen Wertreiches" verpflichten, das fähig wäre, den Wahrheitswert eines moralischen Satzes zu determinieren. Und das klingt ziemlich obskur.

          Nonkognitivisten meinen daher, dass moralische Sätze keinen "kognitiven Gehalt" haben (daher der Name ) und ganz anders zu interpretieren sind als Tatsachensätze. Ein moralischer Satz ist nicht die Repräsentation einer Tatsache, sondern eher ein Ausdruck, nämlich Ausdruck der Emotionen des Sprechers. Durch den Satz "Kinderessen ist schlecht" sagt man nichts über die Realität, sondern bezieht Haltung zu einer gewissen Klasse von Handlungen. Außerdem haben moralische Sätze appelativen Charakter. Wenn ich einen moralischen Satz äußere, versuche ich oftmals, andere Menschen zu manipulieren, sie von bestimmten Taten abzuhalten oder von meinen Einschätzungen zu überzeugen.

          Trotzdem, sagen die meisten Nonkognitivisten, ist Moral kein Bereich totaler Beliebigkeit, der für Rationaltät nicht zugänglich ist. Ein objektiver Zug der Moral ist z.B. die Tatsache, dass auch moralische Sätze der Logik unterstehen. Ganz triviales Beispiel: Wenn ich aussage, dass alle Menschen ein Recht auf Leben haben, und wenn ich zugebe, dass Philosophiestudenten Menschen sind, kann man mich durch einen logischen Schluss auf die Aussage verpflichten, dass Philosophiestudenten ein Recht auf Leben haben Ich könnte nicht ohne Selbstwiderspruch an den ersten beiden Aussagen festhalten und die letztere bestreiten.

          Man kann also sagen: Moralische Sätze sind weder wahr noch falsch. Da aber auch zwischen moralischen Sätzen logische Relationen bestehen, sind trotzdem moralische Begründungen möglich. Man kann einen kontroversen moralischen Satz nicht endgültig beweisen, aber man kann ihn begründen, indem man ihn aus anderen moralischen Sätzen, über die Konsens besteht, herleitet. Auf ähnliche Weise kann ich eine moralische Aussage "widerlegen", indem ich zeige, dass sie anderen moralischen Sätzen widerspricht, über die wir uns einig sind. Oder dass man aus ihr eine Implikation ableiten kann, die moralischen Sätzen widerspricht, über die man sich einig ist. Und so weiter.

          Man kann daran leicht ersehen: Es gibt zwar moralische Begründung, aber es gibt nicht so etwas wie moralische Letztbegründung. Eine moralische Begründung setzt immer andere moralische Aussagen voraus, über die man sich einig sein muss. Wenn der Opponent diese Prämissen bestreitet, dann kann man sie vielleicht aus noch allgemeineren Prämissen ableiten, aber irgendwann ist notwendigerweise Schluss. Am Ende beruft sich die Moral immer auf moralisches Empfinden und Intuition.
          Das heißt: Wenn man mit einem totalen Amoralisten zu tun hat, der keine einzige moralische Prämisse zugibt, dann gibt es mit ihm auch nichts zu diskutieren! Man kann ihn nur bekämpfen, oder einer Propaganda aussetzen, aber man kann ihn nicht "widerlegen". Im Grunde genommen kann man nicht mal sagen, dass er sich im Unrecht befindet, denn in einem gewissen Sinne tut er das nicht. Richtig und falsch gibt es in der Moral immer nur auf der Grundlage moralischer Prämissen, niemals *schlechthin*, und wer keine moralische Prämisse zugibt, der liegt auch in keinem Sinne falsch.

          Ansonsten:
          Das erste Kapitel ist wirklich nicht sonderlich ergiebig und ein bisschen langweilig. Das wird aber besser, sobald es an konkrete praktische Probleme geht. Singer ist, scheint mir, auch nicht der beste, um die eher abstrakten metaethischen Fragen zu klären.

          Ich hab mir aus Interesse auch mal den Anhang zur Diskussion in Deutschland gelesen und war ehrlich gesagt tiefst erschüttert. Das viele (deutsche) Wissenschaftler, absolut engstirnige Idioten sind, ist mir nach zwei Jahren an der Uni inzwischen ja auch klar geworden, aber das so extrem versucht wird Diskussionen zu unterbinden - ohne geringstes Interesse daran, die Positionen überhaupt anzuhören - finde ich schon schlimm.
          Ja, das geht mir ähnlich. Und ich treffe auch immer wieder mit Leuten zusammen, die (immer noch) ähnlich intolerant eingestellt sind, die Singer als "geisteskrank" bezeichnen und sich darüber empören, dass man so jemanden überhaupt publizieren lässt und ähnliches.
          Zuletzt geändert von 3of5; 30.09.2007, 20:01.

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            #95
            Nach ein paar Schwierigkeiten mit Amazon darf ich das Buch nun auch endlich mein Eigen nennen und möchte an dieser Stelle meine Meinung zum besten geben.

            Viel neues kann ich allerdings nicht mehr dazu beitragen. Das Kapitel bildet die Basis für den Rest des Buches, was mehrfach von Singer erwähnt wird, deshalb hab ich die meisten Dinge erstmal als gegeben hingenommen, auch wenn man, so finde ich, schon recht deutlich merkt, wie er in diesem Kapitel versucht andere (gängige?) moralische Ansichten restriktiv auszuschließen um seine seinen Weg für den Utilitarismus in den nächsten Kapiteln zu ebnen. In sich sind diese Annahmen die er macht und Beweise die er führt schon schlüssig, an einer Stelle hab ich mich jedoch gewundert.

            Da heißt es, die Ethik sei nicht subjektiv. Dazu wird das Beispiel der Tierquälerei herangezogen, in dem es heißt, wenn Ethik subjektiv wäre könnte Person A die Tierquälerei missbilligen und Person B könnte sie gut heißen, ohne das ein Konflikt für eine der beiden Personen entstehen würde. Denn Beide können ihre Ansicht vertreten und trotzdem mit der Ansicht des jeweils anderen Leben, was aber nicht sein kann, da man seinen Maßstab der Moral konsequenter Weise überall gleich anlegen sollte.

            Als Lösung für dieses (und alle weiteren) Probleme wurde bereits etwas früher in diesem Kapitel der Konsequenztialismus, bzw. im konkreten Fall der Utilitarismus, eingeführt. Er soll die Moral als etwas übergeordnetes, als etwas das im größeren Kontext verstanden werden kann, darstellen. Dazu wird eine einfache Formel präsentiert:

            Zitat von Peter Singer, Praktische Ethik S. 19
            Tu, was Glück vermehrt und Leiden vermindert
            (ja ich bin so anmaßend grundsätzlich vom Reclam Büchlein auszugehen ) Und an dieser Stelle habe ich mich gefragt, wer entscheidet eigentlich was Glück ist? Der Ansatz mag edel klingen, doch finde ich, dass er keine der vorgestellten Probleme löst. Er überträgt sie meiner Auffassung nach nur auf eine andere Ebene, dann geht es halt nicht mehr um die Frage was Ethik ist, sondern um die Frage was Glück ist, eine Entscheidung die meiner Meinung nach auch in höchstem Maße subjektiv ist.

            Vielleicht stellt es für mich ein moralisches Problem dar, dass eine andere Person ein Tier quält und zufälliger Weise würde es meinen Zielen (und bestenfalls sogar den Zielen meiner Gesellschaft) am förderlichsten sein, wenn diese Person die Tierquälerei sofort beenden würde. Aber müsste ich mich an dieser Stelle nicht fragen, wie die tierquälende Person das einschätzt? Möglicherweise bereitet es ihr mehr Glück das Tier zu quälen, als es dem Tier Leid bereitet gequält zu werden. Hat man dann in diesem Fall das Recht die Tat als moralisch verwerflich anzusehen?

            Meiner Meinung nach kein gutes Beispiel, kein guter Ansatz für den Utilitarismus.

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              #96
              Zitat von Indigo Beitrag anzeigen

              Und an dieser Stelle habe ich mich gefragt, wer entscheidet eigentlich was Glück ist? Der Ansatz mag edel klingen, doch finde ich, dass er keine der vorgestellten Probleme löst. Er überträgt sie meiner Auffassung nach nur auf eine andere Ebene, dann geht es halt nicht mehr um die Frage was Ethik ist, sondern um die Frage was Glück ist, eine Entscheidung die meiner Meinung nach auch in höchstem Maße subjektiv ist.
              Die Frage nach der Natur des Glücks ist ja auch der neuralgische Punkt am ganzen Utilitarismus. Singer macht gleich in der Einleitung klar, dass Glück für ihn daraus resultiert, dass die Interessen der Betroffenen gefördert werden. Ich hoffe mal, dass er das noch weiter ausführt, denn sonst würde es mir vorkommen als wollte er eine Kernaussage seiner Ethik(Befriedigung von Interessen auf einer universalistischen Ebene)durch die Hintertür einschmuggeln, ohne zu Begründen warum denn Glück gerade auf diese Weise definiert werden soll.

              Eine andere Möglichkeiten die Utilitaristen genutzt haben um das Glück zu definieren ist die "Lusttheorie". Demnach ist Glück an mentale Zustände gebunden. Hierrunter fällt die klassische Lust und Unlust-Aufteilung von Bentham und Mill. Singer meint zwar sein Utilitarismus("Präferenzutilitarismus") würde sich unter Umständen gar nicht vom klassischen Utilitarismus unterscheiden- aber solange er das nicht näher erläutert nehme ich ihm das nicht ab.

              Neben mentalen Zuständen und der Erfüllung von Interessen gibt es auch noch Versuche Glück objektiv festzumachen( unter diesen und jenen Bedingungen ist jeder Mensch glücklich). Singer scheint sich auch hier eine Scheibe abschneiden zu wollen, weil es für ihn ja offenbar Interessen gibt die jeder Mensch( bzw. jedes bewußtseinfähiges Lebewesen) hat.

              Vielleicht stellt es für mich ein moralisches Problem dar, dass eine andere Person ein Tier quält und zufälliger Weise würde es meinen Zielen (und bestenfalls sogar den Zielen meiner Gesellschaft) am förderlichsten sein, wenn diese Person die Tierquälerei sofort beenden würde. Aber müsste ich mich an dieser Stelle nicht fragen, wie die tierquälende Person das einschätzt? Möglicherweise bereitet es ihr mehr Glück das Tier zu quälen, als es dem Tier Leid bereitet gequält zu werden. Hat man dann in diesem Fall das Recht die Tat als moralisch verwerflich anzusehen?
              Singer würde vermutlich sagen(so gut ich ihn nach dem ersten Kapitel und ein paar überflogenen Seiten späterer Kapitel kenne ), das Interesse eines Tieres keine Schmerzen zu erleiden überwiegt in jedem Fall das Interesse des Tierquälers das Tier allein zum Vergnügen zu quälen.

              auch wenn man, so finde ich, schon recht deutlich merkt, wie er in diesem Kapitel versucht andere (gängige?) moralische Ansichten restriktiv auszuschließen um seine seinen Weg für den Utilitarismus in den nächsten Kapiteln zu ebnen
              Er sagt zwar er werde auch konkurrierende Ansichten von Ethik beachten, aber bei diesem überrumpelnden Ende( nach dem Motto: Ist doch alles naheliegend, die Beweislast für etwas anderes liegt bei der Gegenseite), bleibe ich erstmal skeptisch.

              Seinen Festlegungen was Ethik nicht ist möchte ich mich jedoch anschließen. Es ist schon ein Kreuz, dass man immer wenn irgendwo von Moral die Rede ist mit nichtigen Themen wie vorehelichem Sex, Glücksspiel, Scheidung, Pornographie etc. konfrontiert wird- Dinge die in einer liberalen Gesellschaft nicht mit Moral in Verbindung gebracht werden sollten.
              Über das Argument für die Unabhänigeit der Ethik von der Religion habe ich mich schon geäußert. Eine scharfe Klinge gegen Sprüche wie "Wer nicht an Gott glaubt muß ja amoralisch sein. Ohne Gott wäre Sodom und Gomorrha etc.
              Auch das eine Ethik für die Praxis taugen muß ist eine wichtige und nicht selbstverständliche Feststellung. Gibt genug Wolkenphilosophen, die das anderes sehen.
              Das mit dem nicht relativen und nicht subjektiven Charakter ist insofern wichtig, als dass man ansonsten einfach jede Diskussion mit "Ich empfinde halt anders" oder " In meiner Gesellschaft ist das so und so" abwürgen könnte.

              Nach dem Kapitel der Präliminarien warten nun hoffentlich die brodelnden ethischen Konflikzonen auf uns.
              I reject your reality and substitute my own! (Adam Savage)

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                #97
                Jep, was Kennerderepisoden über die verschiedenen konkurrierenden Glückskonzepte gesagt hat, trifft ganz ins Schwarze. Man unterscheidet innerhalb der Debatten tatsächlich zwischen einer Befriedigungstheorie, die ein Maximum an Glück mit einem Maximum an möglichst intensiven Befriedigungszuständen identifiziert (und sich darauf verlässt, dass Befriedigung eine objektivierbare Größe ist), zwischen einer Wunschtheorie, die Glück darin erblickt, dass einmal gefasste Wünsche der Menschen schließlich in Erfüllung gehen, und der "Objektiven Liste"-Theorie, nach der Glück in dem Haben von eindeutig formulierbaren Gütern wie Ernährung, Obdach, Liebe usw. besteht.

                Der Unterschied zwischen Befriedigungs- und Wunschtheorie ist gar nicht so trivial oder kleinlich wie man meinen könnte. Denn beide Theorien könnten ziemlich kontraintuitive Konsequenzen bergen: Ein Befriedigungstheoretiker, für den nur die subjektive Innenperspektive zählt, muss z.B. zugeben, dass es kein Übel ist, wenn jemand in der Ehe notorisch betrogen wird, sofern der Betrogene davon nichts merkt. Es ist ebenfalls kein Übel, wenn Versprechen gebrochen werden, ohne dass die betreffende Person etwas davon merkt, oder wenn der letzte Wunsch eines Toten nicht erfüllt wird. Das ist aber ziemlich unplausibel. Wir sagen schon, dass jemand, der in der Ehe betrogen wird, bemitleidenswert ist, selbst dann, wenn er nie etwas davon merken sollte. Und es gibt noch andere Probleme: Würden wir uns z.B. an eine "Lustmaschine" anschließen lassen, die uns unser Leben lang von der Realität abkoppelt und mit hochkonzentrierter Befriedigung versorgt? Viele würden wohl auf so ein Angebot eingehen, viele aber auch nicht, was zeigt, dass manche Menschen Glück nicht einfach mit subjektivem Wohlbefinden gleichsetzen.

                Der Wunschtheoretiker hat allerdings andere Probleme: Für ihn kann es z.B. sein, dass ein Mensch glücklicher wird, obwohl er selbst überhaupt nichts davon merkt. Wenn ich z.B. wünsche, dass mein Bruder in Übersee seine Krankheit besiegt, und er tut's, aber ich erfahre davon nichts, dann wurde mein Wunsch erfüllt und ich bin gemäß Wunschtheorie schlagartig glücklicher. Das klingt komisch, aber der Wunschtheoretiker muss wirklich so reden, denn er identifiziert Glück ja nicht mit der Befriedigung, die wir erhalten, wenn wir erfahren, dass unser Wunsch in Erfüllung gegangen ist, sondern ganz objektiv mit der Erfüllung des Wunsches.

                In welchem dieser Lager Singer mit seinem Präferenzutilitarismus angesiedelt ist, weiß ich gar nicht so genau. Natürlich ist er kein lupenreiner Befriedigungstheoretiker (denn Präferenzen müssen ja nicht auf Befriedigung zielen), aber so ein ganz objektivistischer Wunschtheoretiker scheint er auch nicht zu sein.
                Zuletzt geändert von 3of5; 01.10.2007, 14:43.

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                  #98
                  Also ich weiß nicht, ehrlich gesagt, kann ich mich damit nicht so recht zufrieden geben. Mit der "Objektive-Liste"-Theorie kann ich mich ganz gut anfreunden, diese scheint tatsächlich eindeutig zu sein, was es möglich macht Glück als klar definierte Größe aufzufassen. So kann man einordnen wie viel Glückszuwachs eine bestimmte Tat einer beliebigen Person bringen würde, da dieser Glückszuwachs immer gleich ist. Ich könnte demnach schon bevor ich eine Entscheidung treffe deren moralischen Wert bestimmen.

                  Bei der Wunschtheorie könnte man immerhin noch unterscheiden ob der Wunsch in Erfüllung gegangen ist oder nicht. Bei mehreren konkurrierenden Wünschen kann man zumindest die Anzahl der Wünsche die durch eine Tat in Erfüllung gehen, mit der Anzahl von Wünschen die durch diese Tat vereitelt werden vergleichen. Das wäre für mich objektiv messbar, allerdings ist dies eine sehr oberflächliche Betrachtungsweise, da man sicher auch die Bedeutung der einzelnen Wünsche in Betracht ziehen muss. So kann es durchaus sein, dass ein Wunsch mehr Glückszuwachs bringt als ein anderer. Außerdem muss man dann auch unterscheiden ob ein Wunsch einfach nur nicht in Erfüllung gegangen ist oder ob dessen Erfüllung durch die fragwürdige Tat sogar nachhaltig verhindert wird. Und was ist mit teilweise erfüllten Wünschen?

                  Ich finde nach wie vor, dass es schwierig ist da einen konkreten allgemeingültigen Maßstab anzulegen. Gerade bei der Befriedigungstheorie dürfte es sehr schwer fallen, festzustellen wie hoch der Grad der Befriedigung ist. Zwar wird gesagt, dass Befriedigung eine objektivierbare Größe sein soll aber bis das nicht genauer erklärt wird, glaube ich das nicht. Ich hoffe dazu kommt in den nächsten Kapiteln noch was.

                  Zumal sich hier für mich auch das Problem der praktischen Anwendbarkeit seiner "Praktischen Ethik" auftut. Denn selbst wenn der Zuwachs von Glück eindeutig in skalaren Größen ausgedrückt werden kann, wie messe ich diesen in einer Situation in der ich eine Entscheidung treffen muss? Entweder ich versuche ob meiner Menschenkenntins und Lebenserfahrung den Zuwachs von Glück für jede Betroffene Person zu erraten, was allerdings ziemlich daneben gehen kann oder ich befrage jeden wieviel "Glückspunkte" es ihm denn bringen würde wenn ich die Entscheidung so oder so treffe, was wiederum sehr lange dauern kann wenn ein größere Gruppe von Menschen betroffen ist. Und dann gibt es auch noch Wesen, die sich nicht klar artikulieren können.

                  Also vielleicht hab ich das alles noch nicht so ganz durchdrungen (sehr wahrscheinlich sogar) und befinde mich mit meinen Annahmen auf dem Holzweg, dann tut mir das Leid, aber das sind so die Fragen die sich mir da aufdrängen, weil das Bild für mich noch nicht so recht stimmig ist.

                  Wie geht es jetzt eigentlich weiter? Kapitel 2 bis nächsten Montag?

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                    #99
                    Also ich weiß nicht, ehrlich gesagt, kann ich mich damit nicht so recht zufrieden geben. Mit der "Objektive-Liste"-Theorie kann ich mich ganz gut anfreunden, diese scheint tatsächlich eindeutig zu sein, was es möglich macht Glück als klar definierte Größe aufzufassen. So kann man einordnen wie viel Glückszuwachs eine bestimmte Tat einer beliebigen Person bringen würde, da dieser Glückszuwachs immer gleich ist. Ich könnte demnach schon bevor ich eine Entscheidung treffe deren moralischen Wert bestimmen.
                    Ich finde die "objektive-Liste"-Theorie am unplausibelsten. Sie ist zwar sehr bequem für jemanden, der für den Audruck "Glück" eine eindeutige Definition finden will, aber sie deckt sich überhaupt nicht mit unseren Intuitionen darüber, was Glück wirklich ist. Denn für jeden von uns ist es vorstellbar, dass jemand in den Genuss aller Punkte auf einer solchen Basis-Liste kommt, und trotzdem nicht glücklich ist. Zum Beispiel weil jemand ein ungewöhnliches Ziel hat, das er nicht erreicht. Schon das beweist eigentlich, dass es zwischen den Punkten einer solchen Liste und dem Vorliegen oder Nichtvorliegen von Glück keinen begrifflichen/definitorischen Zusammenhang geben kann, denn sonst wäre der Satz "Er verfügt über die Listenpunkte A, B, C.... usw., aber er ist unglücklich" eine Kontradiktion. Es ist aber ganz offensichtlich keine Kontradiktion.

                    Ich finde nach wie vor, dass es schwierig ist da einen konkreten allgemeingültigen Maßstab anzulegen.
                    Naja, ein "Maßstab" für Glück wird ja eigentlich nur von der Listentheorie entwickelt. In den anderen beiden Theorien wird nicht festgelegt, was einen Menschen glücklich macht/machen sollte, sondern nur, worin Glück ganz allgemein und abstrakt besteht. Befriedigungs- und Wunschtheorie sind also noch gar nicht normativ aufgeladen. Wenn es jemandem Befriedigung bereitet oder wenn jemand wünscht, Tiere zu quälen, dann muss das erst mal so hingenommen werden...

                    Gerade bei der Befriedigungstheorie dürfte es sehr schwer fallen, festzustellen wie hoch der Grad der Befriedigung ist.
                    Hier muss man unterscheiden: Die Frage, wie man etwas genau feststellen kann, ist für den Philosophen immer ziemlich uninteressant Der interessiert sich eher dafür, was ein Ausdruck überhaupt bedeuten soll, was für Kriterien dafür in Frage kommen, dass der Ausdruck auf etwas zutrifft. Und wenn man definiert "Ein Wesen ist genau dann maximal glücklich, wenn es maximal befriedigt ist", dann hat man dem Wort "Glück" auf jeden Fall eine definitive Bedeutung gegeben. Die Frage nach der Feststellbarkeit ist dann eine ganz andere.

                    Zumal sich hier für mich auch das Problem der praktischen Anwendbarkeit seiner "Praktischen Ethik" auftut. Denn selbst wenn der Zuwachs von Glück eindeutig in skalaren Größen ausgedrückt werden kann, wie messe ich diesen in einer Situation in der ich eine Entscheidung treffen muss?
                    Naja, also hier sollte man den Utilitarismus nicht falsch verstehen: Dem Utilitaristen schwebt nicht eine Utopie vor, in der irgendwann alle Menschen mit "Glücksmessgeräten" umherlaufen und jede einzelne ihrer möglichen Handlungen darauf abklopfen, ob sie am meisten Glück produzieren wird Dem Utilitaristen geht es zunächst nur darum, sich zu überlegen, worin Glück und worin das moralisch Gute besteht. In welchem Maße diese Überlegungen dann auf die Realität angewendet werden können, ist eine andere Frage.


                    .
                    EDIT (autom. Beitragszusammenführung) :

                    3of5 schrieb nach 6 Stunden, 59 Minuten und 49 Sekunden:

                    Wie geht es jetzt eigentlich weiter? Kapitel 2 bis nächsten Montag?
                    Ja würde ich sagen. Das erste Kapitel haben wir ja einigermaßen abgefrühstückt
                    Zuletzt geändert von 3of5; 02.10.2007, 21:19. Grund: Antwort auf eigenen Beitrag innerhalb von 24 Stunden!

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                      Sorry, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe. Hatte eine Zeitlang ziemlich mit mir selbst zu tun, tut mir Leid.
                      Da sich in letzter Zeit hier auch nichts mehr getan hat, wie sieht es denn aus?

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                        Ach, das waren noch Zeiten...


                        und jetzt ist Singer wieder zu Besuch in Deutschland, und wieder gibt es böses Blut.


                        Kein Forum für Peter Singer! | GeN

                        jungle-world.com - Archiv - 21/2015 - Inland - Peter Singer bekommt den Peter-Singer-Preis

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