Kommentar zu "Krieg und Frieden" in "Star Trek monthly" - SciFi-Forum

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Kommentar zu "Krieg und Frieden" in "Star Trek monthly"

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    Kommentar zu "Krieg und Frieden" in "Star Trek monthly"

    Hallo alle zusammen!

    Mich würde mal interessieren, wie Ihr über das oben genannte Kommentar denkt.
    Ich persönlich kann mich mit ihm nicht so anfreunden.

    Dies gilt besonders für den 2. Teil, welchen ich für zu subjektiv und auch für zu "pro-Islam" halte.
    Dass dies dann zusammen mit dem Newsletter herausgegeben wird, finde ich nicht gut. Wenigstens optisch hätte es stärker getrennt werden müssen.
    Man spricht hier doch einen bestimmten Personenkreis direkt an, und man könnte unterstellen, dass es eine Art "Meinungsmache" wäre.

    Die Koppelung von der Art wie sich Menschen untereinander behandeln und begegnen, mit der Religion, halte ich für ein haltloses Argument. Auch andere Kulturen, Völker begegnen einem mit Wärme, Liebe etc. usw....
    Diese Eigenschaft so darzustellen, als ob sie mit der Religion zusammenhängt, halte ich für falsch und aus der Luft gegriffen.

    So viel erstmal!
    Bin auf Eure Meinung gespannt.

    by
    Phoenix
    Es heißt, die Zeit ist das Feuer in dem wir verbrennen! (Dr. Soran)

    #2
    Ich kenne diesen Artikel nicht würde ihn aber gerne kennen lernen. Wäre es möglich dass du ihn hier postest oder alternativ einen Link dazu anbietest ?
    “Are these things really better than the things I already have? Or am I just trained to be dissatisfied with what I have now?”― Chuck Palahniuk, Lullaby
    They have nothing in their whole imperial arsenal that can break the spirit of one Irishman who doesn't want to be broken - Bobby Sands
    Christianity makes everyone have this mentality that escapism is a bad thing. You know "Don't run away from the real world - deal with it." Why ? Why should you have to suffer? - Marilyn Manson

    Kommentar


      #3
      @NicolasHazen: Also für das Forum ist der Schrieb zu lang. Aber ich kann ihn Dir heute abend mal per e-mail schicken!

      cu
      Phoenix
      Es heißt, die Zeit ist das Feuer in dem wir verbrennen! (Dr. Soran)

      Kommentar


        #4
        Krieg und Frieden

        Mit dem Terroranschlag auf das World Trade Center in New York und auf das Pentagon in Washington D.C. durch
        Terroristen erlebt die Welt zurzeit ein Trauma: Die freie Welt solidarisiert sich mit den USA und die Muslime befürchten
        nun, an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden. Viele Menschen in der ganzen Welt haben Angst davor, dass die
        Gewalt eskaliert und der 3. Weltkrieg unmittelbar bevorsteht. Steht die Menschheit vor einem Scheideweg? Haben wir
        die Kraft, dem Frieden in der Welt eine Chance zu geben? Was können wir sprich jeder Einzelne von uns tun, damit die
        Welt von Morgen (wieder) ein Ort wird, an dem wir uns sicher fühlen? Der Versuch eines Rückblicks und einer
        Vorschau.

        Ein junger Mann fährt im Herbst 1988 mit seinem Motorrad über die Frankfurter Allee nach Berlin-Mitte. Sein Weg führt
        ihn zu einem unscheinbaren Haus nahe der Touristen- und Flaniermeile Unter den Linden. Er betritt das Haus, zeigt einem
        Wachhabenden seinen Dienstausweis vor und verschwindet in einem Umkleideraum. Ein paar Minuten später sitzt der
        junge Mann in seiner Uniform als Wachmann der ostberliner Polizei im Bereitschaftsraum seiner Dienststelle. Sein
        Vorgesetzter, Leutnant B., betritt den Raum, grüßt kurz die Anwesenden und beginnt die Lagebesprechung.
        Anschließend gibt er neue Dienstanweisungen und die Fahndungsersuchen bzw. -befehle bekannt. Zwei Russen haben
        sich aus einer Kaserne südlich von Berlin unerlaubt entfernt und sind angeblich Richtung Berlin unterwegs. Sie sind
        bewaffnet. Niemanden irritiert diese Meldung sonderlich, da sich keiner im Raum vorstellen kann, dass die beiden Russen
        es bis hierher nach Berlin-Mitte schaffen werden.

        Die nächste Meldung sorgt zwar weniger für Unruhe, aber für reichlich Diskussionsstoff in den Sitzreihen: Es werden
        wieder Demonstrationen von ausreisewilligen Bürgern erwartet. Der Leutnant bittet um Ruhe und lenkt die
        Aufmerksamkeit der Männer vor ihm auf die letzte Meldung des Tages. Zwei mutmaßliche Terroristen sind gestern
        Abend nach Berlin eingereist. Ziel und Dauer des Aufenthaltes: unbekannt. Zweck der Einreise: unbekannt. Nationalität:
        Araber. Mit einem Male ist es mucksmäuschestill. Man spürt, wie sich die Spannung im Raum aufbaut und nicht
        entweichen kann. Wer sind diese Araber? Was wollen die? Haben wir mit Anschlägen in unserem Bereich zu rechnen?
        Viele Fragen und keine Antworten. Mit einem leisen, aber immer stärker werdenden Gefühl der Ohnmacht, verlassen die
        Männer den Raum und begeben sich in ihre Postenbereiche. Die Meldung über die Einreise von zwei arabischen
        Terroristen hat ihre Wirkung nicht verfehlt ...

        Drei Jahre später. Die Mauer ist gefallen, die DDR als Staat nicht mehr existent. Der junge Polizist hat seinen Dienst
        quittiert und versucht in den Wirren nach der Wende seinen Platz in der Gesellschaft und seinen Weg zu finden. Der
        Möglichkeiten gibt es viele, was er tun könnte. Zuviele. Aus dem Westen strömen Herrscharen von Geschäftsleute aus
        allen Branchen ein und versuchen, den ganz großen Schnitt zu machen. Sie wissen, was hier zu holen ist, denn so wie der
        junge Mann suchen viele Menschen eine neue Perspektive, haben Null Ahnung von der Markwirtschaft und sind
        empfänglich für Angebote, bei denen man ganz schnell ganz viel Geld verdienen kann. Der American Way of Life in der
        westdeutschen Version hat den Osten Deutschlands erreicht und der junge Mann ist begeistert und beseelt von der
        Vorstellung, bald aller Sorgen ledig zu sein.

        Es ist Sonntag, der 11.02.1996. An einem Filmset in einem Berliner Kaufhaus lernen sich zwei Menschen kennen. Einer
        der beiden ist eine Frau. Sie trägt orientalischen Schmuck, ist aber augenscheinlich keine Muslime. Sie spricht den jungen
        Mann an und kommt mit ihm ins Gespräch. Diese Begegnung wird der Beginn einer Freundschaft. Eine Freundschaft mit
        vielen Hindernissen. Denn obwohl die Frau und der Mann aus demselben Kulturkreis kommen, leben sie in vollkommen
        verschiedenen Welten: Ihr Herz schlägt für die arabische Kultur, für die Musik und die Menschen im Orient. Sie fühlt sich
        hier tief verwurzelt. Und er ist fasziniert von dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Ihr Bild von den Amerikanern ist
        geprägt von deren Einstellung gegenüber dem Islam; seine Vorstellungen über Araber stammen aus einer Zeit, als er sich
        Fahndungsersuchen notierte. Einzig und allein die Neugier, das Interesse füreinander verbindet sie. Und so wie den
        beiden, geht es sicherlich vielen Menschen, die solche Grenzen überwinden müssen ....

        Aus der Freundschaft von damals ist Liebe geworden und meine Freundin und ich sind seit diesem Tag zusammen. Am
        11.09. haben wir einen rabenschwarzen Tag erlebt. Das, was wir uns in fünf Jahren aufgebaut hatten, drohte an diesem
        und den folgenden Tagen einzustürzen, denn unsere Überzeugungen wurden auf eine harte Probe gestellt. Das World
        Trade Center hat dem Anschlag nicht widerstehen können; unsere Beziehung dagegen hat gehalten, wenn auch mit vielen
        blauen Flecken, die noch nicht verwunden sind. Und das wird sicherlich auch noch eine ganze Weile dauern. Die
        Beziehung von meiner Freundin und mir ist symptomatisch für diese Zeit. So wie uns geht es sicherlich vielen Menschen,
        vielen Paaren und unser Konflikt lässt sich, wenn auch nicht 1:1, auch auf unsere Gesellschaft und unsere Zivilisation
        übertragen.

        Wir sind in diesen Tagen darauf angewiesen, dass die Vernunft über den Hass, der Wut und der Verzweiflung siegt. Aber
        das ist leichter gesagt als getan. Wir können es den Amerikanern und allen anderen Menschen in diesen Stunden
        unmöglich versagen, um die Opfer des Terroranschlages sprich um ihre Angehörigen zu trauern. Wir müssen auch lernen
        zu verstehen, dass diese Trauer teilweise in Wut umschlagen wird. Aber wir müssen ihnen dabei helfen, dass aus dieser
        Wut kein Hass entsteht - blinde Wut, die um sich schlägt. Deshalb war und ist es wichtig, dass die Amerikaner weltweit
        unsere Wärme, Sympathie, Anteilnahme und Solidarität gespürt haben.

        NY


        Polen


        Oslo


        Kosovo


        Berlin


        Sydney


        Ost-Jerusalem


        Albanien


        Weißrussland


        Prag


        Ist das alles, was wir tun können? Nein - und es wäre von uns töricht, fahrlässig und gefährlich, wenn wir uns auf diese
        Rolle beschränken würden. Es ist allerhöchste Zeit, Fragen zu stellen und zu lernen. Wir müssen lernen, nicht dem
        Augenscheinlichen zu trauen, der ersten Information, sondern Hintergründe recherchieren und Zusammenhänge erkennen.
        Dies erschließt sich nicht auf dem ersten Blick. Und oftmals auch nicht auf dem zweiten. Aber wer bereit ist, über den
        europäischen bzw. amerikanischen Tellerrand hinauszuschauen, der entdeckt hinter der Perfidität, mit der dieser Anschlag
        ausgeführt worden ist, ein System, das heute die Wahrzeichen der freien Welt in Schutt und Asche gelegt hat und morgen
        vielleicht den 3. Weltkrieg heraufbeschwören könnte. Dies gilt es mit aller Kraft zu verhindern.

        Wir sind geneigt, nachdem wir erfahren haben, dass wahrscheinlich islamische Extremisten an den Terrorakten beteiligt
        gewesen sind und eine Saudi namens Osama Bin Laden hinter all dem stecken soll, den Islam als Brutstätte des
        internationalen Terrorismus zu brandmarken. Niemand wird uns diese Reaktion zur Zeit übelnehmen. Außer vielleicht
        unser Kinder, die dann damit leben müssen, dass "The Clash of Civilizations" (Der Kampf der Kulturen) darin kulminiert,
        dass es keinen Gewinner geben wird.

        Wer nicht bereit ist, diese Verantwortung unseren Kindern zu überlassen, wird sich die Frage stellen müssen, was ist
        überhaupt passiert? Wie konnte es dazu kommen, dass Menschen zu so etwas bereit sind? Warum konnte und warum
        hat dies niemand verhindern können? Wenn wir uns diesen Fragen nicht stellen, sollten wir uns vor Augen halten, dass
        unsere Kinder uns eines Tages diese Fragen stellen werden. Und wir wissen doch, was dann passiert. Wir haben diese
        Situation schon einmal erlebt. Unsere Großeltern und Ur-Großeltern konnten uns bisweilen auch nicht erklären, wie das
        damals passieren konnte mit Hitler und dem Völkermord. So wie unsere Großeltern und Ur-Großeltern von all dem
        nichts gewusst haben oder gewusst haben wollen, wird es uns auch ergehen, wenn wir nicht bereit sind, die richtigen
        Fragen zu stellen, Antworten zu suchen und die Courage haben, selbst Verantwortung zu übernehmen.

        Es liegt in der Logik der Sache selbst begründet, dass es zu jeder dieser Fragen zwei Antworten geben muss: eine aus
        amerikanischer und eine aus arabischer Sichtweise. Beide sind wichtig und beide sind unverzichtbar, wenn das Bild
        stimmig sein soll.

        In den letzten Tagen, Wochen, Monaten und Jahren ist aber vor allem die arabische Sichtweise zu kurz gekommen.
        Wenden wir uns daher zuerst dem Mann zu, den die US-Administration zum Staatsfeind Nr. 1 erklärt hat: Osama Bin
        Laden, Sohn eines erfolgreichen saudischen Bauunternehmers, tiefgläubiger Muslim und Ikone des islamischen
        Widerstandes gegen die Außenpolitik der USA in der arabischen Welt, besonders der Taliban in Afghanistan.

        Osama Bin Laden wächst in einer kinderreichen Familie in Luxus auf. Als er mit 20 Jahren von dem Krieg der
        Sowjetunion gegen Afghanistan erfährt, beschließt er, die Afghanen im Kampf gegen die Ungläubigen, sprich die Russen,
        zu unterstützen. Er geht nach Afghanistan und organisiert dort den Djihad gegen die kommunistische Okkupation. Zu
        diesem Zeitpunkt wird die USA das erste Mal auf ihn aufmerksam. Da die Amerikaner selber keinen Bezug zu
        Afghanistan haben, es aber gegen einen gemeinsamen Feind geht, unterstützen sie Bin Laden, die Mudschaheddin und die
        Taliban. Sie versorgen Bin Laden mit Waffen und bilden ihn und seine Gefolgsleute als Kämpfer aus. Da Bin Laden selbst
        seinen Einfluss in Saudi-Arabien geltend macht, ist für die nötige finanzielle Unterstützung jederzeit gesorgt. Nach 10
        Jahren (1979-1989) zogen sich die russischen Truppen endgültig aus Afghanistan zurück und mussten eine schwere
        Niederlage hinnehmen.

        Durch diesen Sieg hochmotiviert und gestärkt, geht Osama Bin Laden zurück nach Saudi-Arabien und möchte sein Land
        als islamischen Gottesstaat reformieren. Doch eine neue Gefahr droht. Die USA haben mit ihrer Außenpolitk im Konflikt
        Iran-Irak das Kräfteverhältnis im Mittleren Osten zu Gunsten des Iraks verändert. Nun fühlt sich Sadam Hussein stark
        genung und greift Kuweit an, um die dortigen Erdölfelder unter seine Kontrolle zu bringen. Irak okkupiert Kuweit und
        marschiert weiter in Richtung Saudi-Arabien. Mit dieser Situation ist das saudische Königshaus überfordert, da es genug
        mit Opposition im eigenen Land zu tun hat. Da Saudi-Arabien zu diesem Zeitpunkt schon gute Beziehungen zu den USA
        unterhalten, bitten sie um militärische Unterstützung gegen den nahenden Aggressor. Osama Bin Laden protestiert gegen
        diese Hilfeersuchen, da er davon überzeugt ist, dass er zusammen mit seinen Freunden in Afghanistan einen Widerstand
        organisieren kann, der Sadam Husseins Streitkräfte zurückdrängen wird. Doch der saudische König Fahd entschied sich
        anders. Er setzte auf seine guten Beziehungen zu den USA.

        Daraufhin marschierten die USA mit einer multinationalen Streitmacht in Saudi-Arabien und dem Mittleren Osten ein und
        zogen die Operation "Dessert Storm" durch. Für viele Araber und Muslime in der ganzen Welt war dies der Höhepunkt
        der Schmach und Schande, die diese seit der Annäherung Saudi-Arabiens an die USA zu ertragen und erleiden hatten:
        heiliges Land wurde durch die Militärpräsenz der USA entweiht. Dies änderte sich leider auch nicht nach dem Ende des
        Golfkrieges, denn durch die pro-westliche und pro-amerikanische Ausrichtung des saudischen Königs verblieben die
        US-Militärbasen in Saudi-Arabien. Diese Demütigung hält bis heute an. Auch für Osama Bin Laden.

        Bin Laden konnte diese Schande nicht mehr ertragen und wollte nicht zusehen, wie sein Land auf diese Weise erniedrigt
        wird. Er ging zurück nach Afghanistan und fing an, von hier aus den Widerstand gegen das saudische Königshaus und die
        USA zu organisieren. König Fahd zeigte sich von den Ambitionen Bin Ladens wenig begeistert und stockte wegen der
        immer stärker werdenden Opposition in seinem Reich mit Hilfe und Unterstützung seiner Helfershelfer aus den USA seine
        militärische Streitmacht auf. Das sollte ihm aber wenig nützen.

        Osama Bin Laden, Multimillionär, Bauingenieur, frommer Muslim, ausgebildeter Kämpfer und Stratege, baute innerhalb
        weniger Jahre ein weltweites Netz von Widerstandszellen auf und errichtete in Afghanistan Ausbildungslager, um seine
        Mitstreiter in allen Bereichen des Guerillakrieges zu unterweisen. Dann erklärte er den USA öffentlich den Djihad, den
        Heiligen Krieg.
        Die USA ihrerseits begriffen überhaupt nicht, was geschah. Jedenfalls erkannten sie nicht das Ausmaß dessen, was sie da
        ins Rollen gebracht hatten. Ihre Außenpolitik im Nahen und Mittleren Osten sowie Arabien, ausgerichtet darauf, das
        geostrategische Gleichgewicht in der Region zu wahren und die Nationalen Sicherheitsinteressen der USA zu
        zementieren, war und ist bis heute verfehlt. Die Ursachen dafür liegen zum einen in der Unterbewertung des Islam als
        Religion sowie der Vernachlässigung ehemaliger Verbündeter. Zum anderen aber auch in dem Selbstverständnis, mit dem
        sich die USA in ihrer teils zugedachten teils selbst auserkorenen Rolle als Weltpolizisten fügten. Darüber hinaus ignoriert
        die US-Administration die Bedeutung von Saudi-Arabien als heiliges Land für die Muslime. Mit dieser Außen- und
        Sicherheitspolitik provozieren die Herren im Weißen Haus, im Pentagon und im Capitol nicht nur den aggressiven
        Widerstand extrem-islamischer Fundamentalisten in Form von Terroranschlägen, sondern auch den stillen Widerstand
        vieler Muslime, die zwischen ihrem Glauben im Allgemeinen und der ihrem Glauben zu Grund liegenden pazifistischen
        Grundhaltung gefangen sind.

        Wenn die Amerikaner dieses Problem lösen wollen, müssen sie eine Entscheidung treffen, die ihnen nicht leichtfallen
        dürfte: Weltoffenheit, Globalisierung und Export ihrer Ideale von einer freien Welt oder Isolation und Abkehr von den
        "Unverbesserlichen", die ihnen ihre Bemühungen immer öfter nur mit Undank gelohnt haben. Bevor sie aber in diesen
        Entscheidungsprozeß einsteigen können, müssen sie sich zunächst einmal von ihrer Ohnmacht befreien und ihre nationale
        Identität und Integrität wiederfinden, die mit den Angriffen auf die Wahrzeichen ihrer Macht, dem Pentagon und dem
        World Trade Center, ebenfalls im Rauch aufgegangen sind.

        Als ich vor zehn Jahren das erste Mal mit dem Amercan Way of Life bekannt und vertraut gemacht wurde, habe ich mich
        immer wieder gefragt, wo die Ursachen für den Erfolg der Wirtschaftsmacht USA und wo die Seele des amerikanischen
        Volkes liegen. Ich denke, dass bei allem Wenn und Aber die Faszination dieses Landes, seiner Menschen und deren
        Kultur von Begriffen wie Freiheit, Demokratie, Individualismus, Gleichheit vor dem Gesetz, Achtung der Verfassung und
        des Privateigentums und dem freien Unternehmertum geprägt wird.

        Jede Relativierung dieser Werte gilt bei den Amerikanern als Gefahr für die Nation. Ihre Betonung ist kein engstirniger
        Nationalismus. Sie hängt vielmehr mit dem Gründungsmythos der Vereinigten Staaten zusammen. Sie waren ein
        Zusammenschluss verschiedener Gruppen und Staaten, die sich aus Einwanderern unterschiedlicher nationaler, ethnischer,
        religiöser, wirtschaftlicher und kultureller Herkunft zusammensetzten. Die Gründungsväter hatten diese
        Verschiedenartigkeit als Realität und Problem begriffen. Dieser Schmelztiegel der Kulturen ist auch heute wieder Chance
        und Konfliktpotential zugleich und das sowohl für die innere Sicherheit der Vereinigten Staaten wie auch für ihr Ansehen
        in der Welt.

        Es bleibt also zu hoffen, dass Georg W. Bush genauso umsichtig und weitsichtig ist wie sein republikanischer
        Amtsvorgänger Ronald Reagan, der solche Krisen in seiner Amtszeit diplomatisch löste. Reagan war sowohl in der Krise
        mit dem Iran wie auch im Libanon stark genug, sich zumindest den Vergeltungsforderungen zu widersetzen. Georg W.
        Bushs politischer und diplomatischer Spagat dürfte in diesem Zusammenhang betrachtet angesichts der Kriegserklärung
        durch Osama Bin Laden und dem Terroranschlag mit Passagierflugzeugen auf amerikanischen Boden gegen die Symbole
        der Macht ungleich größer werden. Sollte er diesen innenpolitischen Drahtseilakt nicht bewältigen, besteht die Gefahr,
        dass Amerika eine zweite McCarthy-Ära erlebt.
        Wo ist nun der Ausweg aus dem Dilemma? Wie kann man die nahende Katastrophe verhindern bzw. abwenden? Ich
        glaube, man kann diese Katastrophe - den Krieg - nicht mehr abwenden, denn er ist schon in vollem Gange. Ob wir nach
        Palästina, dem Kosovo, Afghanistan, Indonesien, Tschetschenien oder den Irak schauen, überall haben wir
        Konfliktherde, die mit militärischer Intervention gelöst wurden und werden. Was ist das anderes als Krieg?

        Wir müssen den entstandenen Schaden minimieren und zusehen, dass die Gewaltspirale nicht durch Hass, Ignoranz und
        religiösem Fanatismus einen solchen Turboeffekt bekommt, dass wir unser Dasein letzten Endes mit einem atomaren
        Inferno besiegeln. Und dieser Supergau steht bevor, wenn wir Pakistan in den nächsten Tagen in einen Krieg mit der
        Taliban zwingen, die Taliban den Djihad ausrufen und damit die pakistanische Opposition für den Widerstand
        mobilisieren und eine Handvoll islamischer Extremisten in den Besitz der Atomwaffen gelangen. Dieses Szenario hat nichts
        mit jener Hysterie gemein, vor der uns umsichtige Experten, Wissenschaftler und auch manch ein Politiker warnen und
        bewahren wollen. Diese Situation ist genauso reell, wie das Ohnmachtsgefühl der Amerikaner nach dem Terroranschlag
        auf das World Trade Center, den niemand für möglich gehalten hätte.

        Natürlich fragen sich viele Menschen in diesen Tagen, ob wir mit dieser Gewalt, diesem Terror und religiösem Fanatismus
        leben lernen müssen. Das hängt in aller erster Linie von uns selbst ab. Religiösen Fanatismus können wir nicht verhindern.
        Denn es wird immer Menschen geben, die entweder ihre Macht und Stellung missbrauchen und religiöse Menschen dazu
        bringen, als lebende Bombe Kamikaze-Einsätze durchzuführen oder selbst sich als Märtyrer ihres Glaubens und ihrer
        Überzeugungen ein Fanal setzen wollen.

        Wenn es aber darum geht, dem organisierten Terrorismus, so wie wir in derzeit erleben, etwas wirksames entgegen
        setzen zu wollen, müssen wir dem momentan voranschreitenden Globalisierungsprozeß eine demokratische
        Weltwirtschafts- und Sozialpolitik ergo eine demokratische Weltsozialpolitik mit auf dem Weg geben. Denn so, wie der
        organisierte Terrorismus exterritorialisiert wurde, ist die Wirtschaft und das Kapital auch nicht mehr in regionalen Grenzen
        zu lokalisieren. Es fehlt also nur noch an einer entsprechenden Weltsozialpolitik, die den transnationalen Völkern nicht
        diktiert, aufgedrängt oder sogar aufgezwungen wird, sondern die ihnen als Hilfe zur Selbsthilfe zur Verfügung gestellt wird.
        Die finanziellen Mittel für diese globale Anti-Terrorismuspolitik stehen im Übrigen schon heute im ausreichenden Maße
        zur Verfügung. Wie ich dieser Tage lesen konnte, beziffern Experten der Versicherungskonzerne die
        Schadensersatzforderungen im Zusammenhang mit dem World Trade Center auf bis zu 80 Milliarden Mark. Die für
        solche Katastrophenfälle zuständigen Rückversicherer haben schon signalisiert, dass selbst diese Unsumme durch
        entsprechende Rückstellungen kein Problem für sie seien. Warum also investieren diese Versicherungskonzerne ihre
        Rückstellungen nicht auch in die Weltsozialpolitik, um solche Katastrophen verhindern zu helfen?

        Aber zurück nach Europa. Auf uns Europäer kommt eine besondere Aufgabe zu. Wir müssen uns schnellstmöglich, trotz
        aller Solidarität, die wir den Amerikaner aus historischer Dankbarkeit schulden, von unserem großen Bruder lösen und
        uns eine eigene Identität schaffen. Tun wir dies nicht, gehören wir in naher Zukunft zu den Völkern, die den "Clash of
        Civilizations" nicht bestehen werden. In (fast) allen Konflikten, die weltweit ausgefochten werden, sind die Vereinigten
        Staaten von Amerika entweder maßgeblich beteiligt oder als Vermittler involviert. Wir Europäer zahlen bis dato lediglich
        die Zeche. Das muss sich ändern, das müssen wir ändern. Solange wir in Europa nicht mit einer Stimme in der Weltpolitik
        sprechen und dieser Stimme mit unseren Entscheidungen und unserem Handeln Gewicht verleihen, wird die Last der
        Zukunft alleine auf den Schultern der USA ruhen. Und diesem enormen Druck sind die US-Amerikaner nicht mehr
        gewachsen und willens ihn allein zu ertragen.

        Zu dieser neuen Identität muss auch ein neues Wissen gehören. Es war für mich zum Beispiel erschreckend zu erleben,
        wie viel Halbwissen allein im Usenet in verschiedenen deutschen Newsgroups über den Islam [Hinweis auf den Focus
        "Islam"], Muslime, dem islamischen Fundamentalismus und die islamisch geprägten Staaten kursiert. Dieses Halbwissen
        ist Dynamit in der Gesellschaft und kann das Mittelalter wieder unsere Zukunft werden lassen. Wenn wir nicht lernen zu
        sehen, nicht lernen zuzuhören, nicht lernen zu verstehen und uns dennoch für die Krönung der Schöpfung halten, müssen
        wir uns nicht wundern, wenn das biblische Armageddon auf eine Art und Weise Wirklichkeit wird, wie es wohl selbst die
        Bibel nicht zu beschreiben vermochte.

        Lernen wir also die Welt eines Muslim kennen und verstehen und seien wir neugierig auf 1,3 Milliarden Menschen, die
        sich darauf freuen, unsere Bekanntschaft zu machen.

        Der Islam zwischen Tradition und Moderne

        Stichwort: Islam. Neben Judentum, Christenheit, Buddhismus, Hinduismus die fünfte und zugleich jünste Weltreligion und
        die dritte monotheistische Weltanschauung. Was will er? Was kann diese Religion? Ist der Islam gefährlich? Was ist der
        Djihad - der Heilige Krieg? Viele Fragen, auf die wir in diesen Tagen unterschiedliche oder keine Antworten bekommen.
        Anhand eigener Erfahrungen, Artikeln aus der Presse und wissenschaftlichen Publikationen möchten wir versuchen, ein
        einfaches und verständliches Bild von dieser Religion, dieser Kultur zu zeichnen.

        Als wir uns 1996 kennen lernten, bereitete Ines gerade ihre erste Reise nach Ägypten vor, genauer gesagt nach
        Oberägypten, dort wo die Tempelanlagen stehen. Für Ines erfüllte sich damals ein Lebenstraum, mir fehlte noch
        weitesgehend der Bezug zu diesem Land, den Menschen und erst Recht zu den Reliquien einer fünftausend Jahre alten
        Kultur. Doch das sollte sich bald ändern.
        Als Ines wieder zurückkam, war sie angefüllt mit Erlebnissen, Erfahrungen und einer solchen Energie, die unmöglich aus
        einer Welt stammen konnte, die ihr feindseelig gegenüber getreten ist und ihr das Gefühl gegeben hat, dort nicht
        willkommen zu sein. Wir nahmen uns in den Tagen nach ihrer Heimkehr viel Zeit und ich beschloss, ihr zuzuhören und ihre
        Gedanken in Worte zu fassen ....

        Wenn jemand eine Reise macht, so kann er was erzählen. Richtig, nur wo fängt man an, wenn einem die Erlebnisse
        förmlich überrannt haben? Und wenn man das Bedürfnis verspürt, nicht nur über sie zu berichten, sondern auch über eine
        Kultur, der man sich auf eine besondere Art und Weise verbunden fühlt; über Menschen, die den Charme der Griechen,
        der Italiener und Franzosen sowie der Araber in sich vereinen und so die heutige ägyptische Mentalität entstehen ließen;
        Kulturdenkmäler, die zu den Sieben Weltwundern der Antike gehören, fünftausend Jahren getrotzt haben und jetzt in die
        Knie zu drohen gehen, weil den Erben der Pharaonen die Mittel ausgehen, die heute anstehenden mannigfaltigen
        Probleme zu lösen.

        Was berichtet man über ein Land, über das sich schon Armeen von Schriftstellern, Dichtern, Philosophen,
        Wissenschaftlern, Staatsmännern, Abenteurern und Menschen wie Sie und ich aus allen Jahrhunderten aus der ganzen
        Welt in jeder Form des Publizierens geäußert haben und von dessen Kultur man heute trotzdem so wenig weiß, die
        fehlinterpretiert, ignoriert und schlimmstenfalls zerstört wurde?

        Was berichtet man über ein Land, deren Menschen sehr fromm aber nicht fanatisch sind, die sich, ihr Leben und ihre
        Zukunft auf eine Art und Weise organisieren, die zum einen sehr traditionell ist, aber genau in dieser Form seit
        Menschengedenken funktioniert? Die eine menschliche Wärme und Ausstrahlung besitzen, an der sich ganz Europa
        erwärmen könnte.

        Was berichtet man über Menschen, die selbst ein Wunder sind, das wir erst erkennen müssen; die die Gabe besitzen,
        sich ohne Zorn zurechtzufinden in einer Welt voller Widrigkeiten und die uns so eine Lektion erteilen, ohne abgehoben auf
        uns zu wirken?

        Was berichtet man über Menschen und ihren Glauben, der den Frieden zum Inhalt hat und der in der westlichen Welt
        durch Synonyme geächtet ist, die eine Tendenz beschreiben, die nichts mit dem Glauben zu tun hat, sondern nur dem
        Machterhalt bzw. seiner Demonstration dienen?
        Was berichtet man über einen Glauben, der zu den jüngsten Religionen der Menschheitsgeschichte gehört, aber sich mit
        der ältesten von den Menschen hervorgebrachten Kulturen, die wir kennen, verbunden hat? Ein Glaube, der viele
        Probleme der gesamten Menschheit lösen helfen könnte, wenn wir seiner mehr Beachtung schenken würden und ihm mit
        weniger Vorurteilen begegneten, ohne ihn gleich selbst annehmen und leben zu müssen.

        Was berichtet man von einem Land, dessen Zukunft in der Wüste liegt, dessen Bewohner sich aber zu 90% am Nil, dem
        Fluß der Götter, seit Jahrtausenden heimisch fühlen, weil selbst die dort ihre Kindheit verbrachten? Ein Land, das eines
        der Zentren des Islam verkörpert und dessen Städte europäischer sind wie manch eine Metropole im Okzident.

        Wir brauchen die Weltwunder der Antike, um unsere Vergangenheit, unsere Kultur verstehen zu können. Und der Orient
        braucht uns, um diese Weltwunder für sich und uns erhalten zu können. Sichern wir also gemeinsam unsere historische
        und kulturelle Identität, indem wir jeden in seinem Glauben tolerieren und über politische, gesellschaftliche und spirituelle
        Barrieren hinweg eine Zukunft aufbauen, in der sich alle zu Hause fühlen und vor der niemand Angst haben muss.

        Mit diesem meinen Tagebuch möchte ich Sie neugierig machen. Neugierig auf eine Kultur, aus der unsere hervorgegangen
        ist. Neugierig auf Menschen, die aus der Not keine Tugend machen, aber für das Wenige dankbar sind und es noch mit
        uns teilen. Neugierig auf ein Land, dessen Reichtum die Vergangenheit ist, dessen Kapital aber die Menschen sind.
        Neugierig auf einen Glauben, der besser ist als sein Ruf und der dem ihm entgegengebrachten Misstrauen und
        Missverständnis mit einer menschlichen Güte begegnet, die das Misstrauen schlichtweg entwaffnet und der Intoleranz mit
        der sprichwörtlichen arabischen Gelassenheit die Kraft nimmt.

        Meinethalben nehme ich für mich nicht in Anspruch, die Wahrheit über das Land, seinen Menschen, ihrer Kultur und ihren
        Glauben gepachtet zu haben. Und auch wenn ich der Wahrheit vielleicht sehr nahe komme, so will ich sie aber nicht
        definieren.

        Die Wahrheit liegt weder im Orient noch im Okzident, sie liegt irgendwo dazwischen. Und wer sich auf die Suche nach
        der Wahrheit über Land, Leute, Kultur und Glauben machen will, der sollte seine Zeit nicht in Bibliotheken vergeuden.
        Nehme er sich die Zeit und mache wie ich eine Reise. Denn wenn jemand eine Reise macht, dann kann man was
        erzählen. (Ines Elstermann: Aus meinem Reisetagebuch)

        In den Folgejahren ist Ines noch in andere arabische Länder gereist. Sie war im Oman und in den Vereinigten Arabischen
        Emiraten. Leider konnte ich sie auf diesen Reisen nicht begleiten, da ich anderweitige Verpflichtungen nachgehen musste.
        Aber ich war oft an ihrer Seite, wenn sie in Berlin arabische Freunde besuchte, zu Kulturveranstaltungen und Workshops
        ging oder einfach nur mit Arabern auf der Straße ins Gespräch kam. Danach habe ich sie jedes Mal mit Fragen gelöchert
        und sie oft auch in eine kontroverse Diskussion über Muslime, den Islam und die arabische Kultur verwickelt.

        In diesen Gesprächen habe ich eine mir vollkommen fremde Lebensart und Kultur erfahren, eine Sprache, die
        wunderschön, aber auch verdammt kompliziert ist und einen Glauben, zu dem ich als Nicht-Gläubiger nur beschränkt
        einen Zugang finde. Das hielt mich aber nicht davon ab, weiter zu lernen, selbst mit Muslimen zu reden und ein Gefühl
        dafür zu bekommen, was diese Kultur zur menschlichen Evolution beitragen konnte und weiterhin beitragen wird.

        Das hört sich jetzt vielleicht etwas hochgestochen oder - noch schlimmer - absolut absurd an angesichts der aktuellen
        Ereignisse in New York und Washington D.C. Doch ich denke, dass aus der arabischen und islamischen Kultur in den
        nächsten Jahren noch viele wesentliche und vor allem positive Impulse für die menschliche Gesellschaft kommen werden.

        Dieser Ansicht scheinen auch Kapazitäten aus Wissenschaft und Politik zu sein. Einer von ihnen ist Prof. Dr. Peter Heine,
        Direktor des Instituts für Asien- und Afrikawissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin.

        Er ist der Meinung, dass es Zeit wird, "[...] sich der westlichen Tugend der Rationalität zu erinnern und die
        schlichten Freund-Feind-Vorstellungen zur Debatte zu stellen: Auf der Welt leben rund 1,3 Milliarden Muslime.
        Niemand wird im Ernst annehmen, dass diese in ihrer Gesamtheit Terroristen oder deren Helfer sind [...] Es gibt
        muslimische Nobelpreisträger und Intellektuelle, Handwerker und Bauern, Musiker und Gaukler, Fromme und
        Sünder. Vor allem gibt es nicht den Islam, ja noch nicht einmal den islamischen Fundamentalismus."

        Islamischer Fundamentalismus. Dieser Begriff geistert seit Jahren durch die Medien und wird nach dem 11.09. beste
        Chancen haben, zum Unwort des Jahres erhoben zu werden. Doch was ist eigentlich islamischer Fundamentalismus?
        Viele von uns müssen inzwischen bizarre, um nicht zu sagen irre Vorstellungen davon haben, welche imaginären Doktrien
        hinter diesem Synonym stecken, wenn er nach Aussage westlicher Strategen Menschen dazu bekommt, vollgetankte
        Passagiermaschinen in zwei Wolkenkratzer zu crashen.

        Was ist also islamischer Fundamentalimus? Der islamische Fundamentalismus wird beschrieben durch die fünf Säulen des
        Islams, das heißt sie beschreiben die Grundpflichten eines jeden Muslim. Dazu gehören das Glaubensbekenntnis
        (arabisch: shahada), das Gebet (arabisch: salat), die Gebetsrichtung (arabisch: qibla) gen Mekka, dem höchsten
        islamischen Heiligtum, desweiteren das Fasten (arabisch: saum) im Fastenmonat Ramadan, die Armensteuer (arabisch:
        zakat) und die Pilgerfahrt (arabisch: hadsch), die jeder Muslim wenigstens einmal in seinem Leben antreten muss. Und -
        das war's.

        Ich für meinen Teil kann hier noch keine Gefahr für meinen Leib und meine Seele erkennen. Aber das muss nichts heißen,
        denn es wurde ja immer wieder in den Medien betont, dass Osama Bin Laden den Vereinigten Staaten den Heiligen
        Krieg (arabisch: dschihad) erklärt hat und daraus eine immense Gefahr für die westliche freie Welt erwächst.

        Der Begriff des "Heiligen Krieges", so wie wir ihn verstehen, geht auf die Eroberungs- und Verteidigungsfeldzüge
        osmanischer und arabischer Herrscher und Stämme Anfang des vergangenen Jahrtausends zurück, sowie auf den
        Widerstand gegen die christlichen Kreuzzüge im Mittelalter. Damals wie heute wird der sogenannte "Heilige Krieg" in
        erster Linie dann ausgerufen, um die ideologischen Grundlagen für den Widerstand zu schaffen. Es ist keinesfalls für
        Muslime die Aufforderung, zu den Waffen zu greifen, sich wehrhaft mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu
        verteidigen bzw. jedem Ungläubigen (ungläubig im Sinne nicht an den Islam glaubend) nach dem Leben zu trachten. Hier
        gehen für Muslime, Andersgläubige und Nicht-Gläubige die Semantik des Wortes Krieg im Allgemeinen und "Heiliger
        Krieg" im Besonderen weit auseinander.

        Dazu noch einmal Prof. Dr. Heine: "In den üblichen Vorstellungen auch des gebildeten deutschen Zeitungslesers ist
        der Islam häufig verbunden mit Schreckensworten wie Schari'a oder Fatwa. Die im islamischen Recht
        angedrohten drakonischen Strafen für bestimmte Delikte erschrecken. Tatsächlich vollstreckt werden diese
        Strafen aber nur in wenigen islamischen Staaten, etwa in Saudi-Arabien, einem Staat, der mit dem Westen eng
        verbündet ist. Im Irak oder in Syrien werden die so genannten Hadd-Strafen dagegen nicht praktiziert. Diese
        Staaten könnte man als Diktaturen in einem westlichen Sinn beschreiben. Vor allem aber ist die Schari'a kein
        Gesetzbuch wie das StGB, sondern eine Sammlung von Beispielfällen, die die islamischen Rechtsgelehrten
        unterschiedlich interpretieren. Ein Fatwa ist ein Rechtsgutachten, nicht etwa ein Urteilsspruch."

        Woher kommt dann aber die Angst westlicher Demokratien vor dem Islam, wenn keine von ihnen je einen "bewaffneten"
        heiligen Krieg erlebt hat? Nun, um diese Frage wenigstens ansatzweise zu beantworten, müssen wir uns der historischen
        Auseinadersetzung zwischen den einzelnen Religionen in früheren Zeiten zuwenden.

        Die Auseinandersetzungen zwischen der Religion und der Kultur des Abendlandes und der des Islams gehen, wie oben
        schon erwähnt, zurück bis in die Anfänge des Islams. Die im Mittelalter in Europa herrschenden Kirchenhäuser sahen sich
        aber weniger einer Gefahr durch einen "Heiligen Krieg" gegenüber, als vielmehr dem Umstand, dass den Kirchen die
        jungen Leute wegliefen, weil die Kultur der Muslime ihnen um ein Vielfaches interessanter und reizvoller erschien als die
        christliche. Diese Abwanderungen empfanden sie als eine weitaus größere Gefahr, als die aggressiven Expansionen zuvor.

        Was macht aber nun den Reiz der muslimischen Kultur aus, dass vor allem die jungen Menschen damals von ihr
        angesprochen wurden? Die islamische Kultur war der abendländischen bis in die frühe Neuzeit in vielen Bereichen
        überlegen. Diese technologische und intellektuelle Überlegenheit bezog sich nicht nur auf die Naturwissenschaften wie der
        Algebra, der Astronomie, der Ophthalmologie (Augenheilkunde) oder den Ingenieurwissenschaften, sondern auch in der
        Philosophie, der Dichtung oder der Musik.

        Nur in einem Bereich waren die Muslime und der Islam der Kultur des Abendlandes jahrhundertelang unterlegen: auf dem
        militärischen Gebiet. Und dieses Defizit blieb bis in die heutigen Tage erhalten.

        Mit der industriellen Revolution im 19. und 20. Jahrhundert in Europa und in Amerika kam der Islam technologisch
        wieder ins Hintertreffen. Dies änderte sich in vielen islamischen Kulturen spätestens im 21. Jahrhundert. Es war
        erstaunlich zu beobachten, mit welcher Leichtigkeit die technologischen Entwicklungen übernommen wurden und die
        intellektuelle Diskussion geführt wurde. Die Islamgelehrten, vor allem die schiitischen, kennen sich heute bei weitem
        besser in unserer Kultur aus, wie unsere Wissenschaftler im Islam und im muslimischen Kulturkreis.

        Auch Prof. Dr. Heine muss resümieren: "Heutigen schiitischen Gelehrten sind die theologischen Werke eines
        Bultmann oder Karl Rahner genauso geläufig wie der Strukturalismus eines Claude Lévi-Strauss. Der Thübinger
        Theologe Hans Küng hat unter ihnen geradezu Kultstatus. Auch gesellschafts- oder zivilisationskritische
        Positionen westlicher Intellektueller werden aufmerksam zur Kenntnis genommen."

        Dieses intellektuelle Ungleichgewicht wird dem Islam und den Muslimen paradoxerweise heute zum Verhängnis: da
        westliche Intellektuelle häufig die geistigen Entwicklungen in der islamischen Welt ignorieren bzw. sie nur dann
        wahrnehmen, wenn die islamischen Gelehrten unsere Terminologie und Semantik benutzen und sich thematisch exakt auf
        die Inhalte unserer Diskurse beziehen, kommt es zum Konflikt, wenn eben diese abendländischen Denker ihre
        Befürchtungen zu Verletzungen der Menschenrechte in der islamischen Welt kundtun.

        Dieses Ungleichgewicht wird von Muslimen als problematisch angesehen. Sie sind nämlich davon überzeugt, dass der
        Westen auch von ihrer Kultur und Lebensweise lernen kann und weisen auf islamische Normen wie Gastfreundschaft,
        Mitgefühl, vor allem aber auf die Fähigkeit zu glauben, hin. Der islamischen Seite ist natürlich bewusst, dass diese Werte
        für westliche Gesellschaften weniger bedeutsam sind - gerade dies kritisieren sie am Westen.

        "Aus dieser simplen Denkweise haben sich inzwischen interessante, teilweise beeindruckende Überlegungen
        entwickelt, die eine Perspektive haben. Sie sind vor allem der Versuch, eine moderne islamische Identität zu
        entwickeln, ein islamisches Gesamtkonzept, das moderne Wirtschaftsformen ebenso enthält wie ethische Normen,
        die den Entdeckungen der Genforschung Rechnung tragen, die die Veränderungen der
        Kommunikationsstrukturen durch die neuen Medien genauso bedenken wie gesellschaftliche Veränderungen
        durch Migration oder eine zunehmende Urbanisierung. Bei alledem bemühen sich moderne Muslime darum, nicht
        ihre Identität als Muslime zu verlieren. Dass es sich dabei um einen schwierigen Spagat handelt, ist ihnen
        bewusst. Wenn dieses Experiment der Islamisierung der Moderne gelingt, wird sich der Westen einer
        selbstbewussten, stärker vereinheitlichten, modernen islamischen Welt gegenübersehen. Er wird lernen müssen,
        mit ihr umzugehen", so Prof. Dr. Heine in einem Artikel in der Berliner Zeitung, in dem er Stellung zu der derzeitigen
        Islamophobie in unseren Medien nimmt.

        Die "Gefahr", die vom Islam ausgeht, ist also eher intellektueller Natur. Wenn ich mir die Entwicklung in unseren Medien
        so anschaue, war das eigentlich zu erwarten. Wie drückte es Dr. Peter Scholl-Latour, Islamexperte und weitgereister
        Kosmopolit, in einer Sendung dieser Tage so treffend aus: "Wir leben in einer Spaßgesellschaft". Dem kann ich nur
        zustimmen. Nicht, dass ich der Ansicht bin, dass wir keinen Spaß am Leben haben sollen und dürfen, im Gegenteil. Wenn
        wir aber den sachlichen und intellektuellen Diskurs mit anderen Kulturen bestehen wollen, sollten wir anfangen, diese erst
        einmal kennen zu lernen.

        Dazu gehört im Übrigen auch, dass wir einen Muslim auf arabisch zu begrüßen wissen: A-Salam eilekum, was so viel wie
        "In Frieden leben mit Gott, mit den Menschen und mit der Natur" heißt.
        Recht darf nie Unrecht weichen.

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          #5
          @Narbo: Geht anscheinend doch! DANKE!
          Es heißt, die Zeit ist das Feuer in dem wir verbrennen! (Dr. Soran)

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