Marx' Überproduktionstheorie - SciFi-Forum

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Marx' Überproduktionstheorie

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    #16
    Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen
    Ich habe bei dem ganzen einfach ständig die Begriffe der fixen und variablen Kosten vor Augen, die ich aus dem BWR-Schulunterricht kenne, obwohl das ja nun, wenn ich es richtig verstanden habe, nicht dasselbe ist. Mir ist diese Denke, dass nur Arbeit ein Produktionsfaktor ist, echt suspekt.
    Das ist aber genau der Knackpunkt. Diese Idee, dass Kapitalgüter ein (originärer) Produktionsfaktor sind, wurde erst mit der Neoklassik erfunden und wird von den Cambridge-Keynesianern bis heute nicht akzeptiert. Bei den Klassikern inkl. Marx und den Keynesianern sind Kapitalgüter produzierte Produktionsmittel, nicht jedoch ein originärer Produktionsfaktor. Sie existieren nur, weil sie von Arbeitern hergestellt wurden. Deswegen gibt es auch keine Entlohnung für sie.

    Ich habe immer noch so meine Schwierigkeiten mit der Vorstellung, dass da etwas vor dem eigentlichen Produktionszeitraum erstellt worden ist. Für mich geht es bei T los. T minus 3 ist für mich ein Zeitraum vor bestehen des Unternehmens (der Fabrik).

    Vielleicht bringe ich mal wieder VWL und BWL durcheinander?
    Im Prinzip ja. Die Kapitalgüter müssen ja nicht in derselben Produktionsstätte produziert worden sein. Sie können auch aus anderen Produktionsstätten stammen.

    Kommentar


      #17
      Zitat von Chloe Beitrag anzeigen
      Aus herkömmlicher bzw. gegenwärtiger ökonomischer Sicht unterliegst du keinem Missverständnis. Denn du sprichst von "Wert", und meinst damit den Wert im Hinblick auf das, was das Produkt am Markt als Preis erzielt (vermute ich).

      Ich glaub, ich muss mal etwas weiter ausholen, um das verständlich zu machen. Die Arbeitswerttheorie hat ja nicht Marx erfunden. Die geht zurück bis auf Adam Smith. Eine der zentralen Fragen in der ökonomischen Theorie war von Anfang an, wodurch eigentlich der Wert einer Ware entsteht. Die Arbeitswerttheorie, dass also die für die Herstellung der Ware notwendige Arbeit den Wert dieser Ware bestimmt, war die erste ernstzunehmende Werttheorie.

      Was neu war bei Marx war die Mehrwerttheorie, d.h. die Argumentation, dass jeder Preis, der den (Arbeits-)Wert der Ware übersteigt, ein Mehrwert und damit der Profit des Kapitalisten ist.

      Wenn du jetzt argumentierst, dass durch die Maschine Waren im Wert von mehr Arbeitseinheiten produziert werden können, ist dies bereits außerhalb der Arbeitswertlehre argumentiert. Der Wert bestimmt sich aus den investierten Arbeitseinheiten, d.h. es kann nicht etwas produziert werden, was mehr "wert" ist als die Arbeit, die hineingesteckt worden ist. Wovon du redest (nehme ich mal an), ist der erzielbare Preis. Dass der Wert durch den Preis determiniert wird (und nicht umgekehrt), ist aber eine neoklassische Vorstellung, keine der klassischen Politischen Ökonomie.

      Die Differenz zwischen Preis und Arbeitswert (von der Verzinsung mal abstrahiert) ist der Profit. Wenn der Profit durch die Mechanisierung steigt, kann das nur sein, weil die Ware über ihrem Wert (über dem Arbeitswert) verkauft werden kann. Das ist unter heutigen Verhältnissen auch durchaus vorstellbar. Die Arbeitswerttheorien sind aber im 19. Jahrhundert entstanden, wo es noch keine Marktmacht der Anbieter auf den Gütermärkten gab bzw. die ersten Großanlagen erst im Entstehen waren, und jeder Preisanstieg sofort herunterkonkurriert worden ist. Marx geht in seinem Werk ja auch darauf ein, dass die "Konzentration und Zentralisation des Kapitals" einer der treibenden Faktoren ist, durch den die Profitrate hochgetrieben wird.
      Nach dieser Definition darf es auch KEINE Steuern auf eine Ware und alles, was damit zusammenhängt geben. Denn Steuern sind ebenfalls ein "Mehrwert", die über dem Arbeitswert der Ware liegt.

      Und wir hätten wieder einen Tauschhandel. Denn wenn es keine Entlohnung für die Arbeit gibt, wie du im übernächsten Post schreibst, dann verdient der Arbeiter ja auch nichts daran.

      Wäre ja eigentlich nicht schlecht, weil man dann nur das produzieren würde, was man tatsächlich verbraucht. Ist aber leider nicht so einfach. Es gibt ja auch noch Dienstleistungen. Wie setzt man diesen Wert fest?

      Dann dürfte es keine Supermärkte (reine Verkäufer, die nichts produzieren), Frisöre, Broker, Banker, Verkäufer (ausgenommen Direktverkäufer), etc, etc geben.

      Und am Ende hätten wir wieder diese ganzen Sippen und wären wieder alle Bauern und Leibeigene und alle anderen sind dann überflüssig, weil sie einen "Mehrwert" darstellen würden. Womit wir wieder beim Kommunismus wären, der alle, die "Überflüssig" sind weg haben muss.

      Kommentar


        #18
        Zitat von DJSun1981 Beitrag anzeigen
        Denn wenn es keine Entlohnung für die Arbeit gibt, wie du im übernächsten Post schreibst, dann verdient der Arbeiter ja auch nichts daran.
        Ich habe nicht geschrieben, dass es keine Entlohnung für Arbeit gibt. Ich habe geschrieben, es gibt keine Entlohnung für Kapitalgüter.

        Kommentar


          #19
          Zitat von Chloe Beitrag anzeigen
          Ich habe nicht geschrieben, dass es keine Entlohnung für Arbeit gibt. Ich habe geschrieben, es gibt keine Entlohnung für Kapitalgüter.
          Um es mit deinen Worten zu schreiben:

          Kapitalgüter sind produzierte Produktionsmittel, die von Arbeitern hergestellt wurden.

          Wie nennst du das dann? Ich nenne es "Arbeit".

          Dann gibt es nur für die Herstellung eine Entlohnung, aber nicht für den Verkauf (verkauft werden die fertigen Kapitalgüter).

          Und genau das ist das Problem bei Marx's Überproduktionstheorie. Man stellt zwar Güter (Kapital) her (Tauschhandel) aber man bekommt für den Verkauf keine Entlohnung. (Kommunismus) Und die Güter bleiben liegen.

          Jeder hat zwar Arbeit, aber leben davon kann man nicht wirklich. Diese Entwicklung haben wir in Europa. LEIDER

          Kommentar


            #20
            Ich denke, dass hierbei nicht damit gemeint ist, dass man dann 5 Arbeiter entlässt wenn 15 Arbeiter die selbe Produktivität erreichen wie 20. Die Produktivität wird erhöht und somit der Produktionsausstoß.

            Markttechnisch gesehen bedeutet das Überangebot an Gütern automatisch ein Absenken des Einzelwertes dieser Güter. Wenn dann noch dazu nicht ausreichend Abnehmer vorhanden sind, haben die überproduzierten Güter eigentlich dann gar keinen Wert.

            In der utopischen Planwirtschaft wird tatsächlich nur das produziert, was auch benötigt wird. Jedoch setzt das voraus, dass man in die Kristallkugel sehen kann und genau weiß, wie viel Güter benötigt werden. In der Realität sah das immer so aus, dass auf Bestellung produziert wurde. Jedoch ist hierbei das Problem, dass so etwas nur bei Primärgütern (Rohstoffe, landwirtschaftliche Produkte) funktionieren kann. Wenn jedoch Sekundärgüter (weiterverarbeitete Produkte) ins Spiel kommen, können die einzelnen Industriezweige nicht fließend in einander greifen und es kommt stellenweise zu Unterversorgung, Überproduktion und Warenstaus. Deshalb haben in der ehemaligen DDR manche bis zu 15 Jahre auf ihren Trabanten warten müssen.

            In der Marktwirtschaft gibt es dieses Problem der Überproduktion auch, jedoch wird dies mit einer geringen Halbwertzeit der Güter kompensiert. Dabei muss ein Produkt nicht unbedingt in einer bestimmten Zeit kaputt gehen. Ein Produkt verfällt ebenfalls, wenn es veraltet. Besonders in der Unterhaltung- und Telekomunikationsbranche ist dies sehr deutlich. Aber das System funktioniert! Durch die geringere Halbwertzeit werden die Produkte zunehmend billiger. Natürlich kann man sich drüber aufregen, wenn man etwas kauft und es geht schon beim Auspacken kaputt. Aber wer hätte sich vor 20 Jahren z.B. einen 40'' Fernseher für rund 20% des Monatsgehalts kaufen können?

            Im Grunde müssten Geld und überhaupt alle Wertsachen eine Halbwertzeit erhalten, dann würde die Sache mit dem Reichtumbunkern der Oberschicht endlich einen Dämpfer erhalten.

            Kommentar


              #21
              Zitat von Kristian Beitrag anzeigen
              Ich denke, dass hierbei nicht damit gemeint ist, dass man dann 5 Arbeiter entlässt wenn 15 Arbeiter die selbe Produktivität erreichen wie 20. Die Produktivität wird erhöht und somit der Produktionsausstoß.
              Das mag sicherlich auch ein Faktor sein, aber darum geht es in dem im Einleitungspost beschriebenen Problem nicht, sondern wie gesagt nur um das Verhältnis Fix- zu variablem Kapital. Die Überproduktion ist dann wohl eine Folge der dadurch notwendigen, immer weiter steigenden Produktivität.

              Der Threadtitel ist insofern nicht ganz glücklich gewählt.

              Kommentar


                #22
                Zitat von DJSun1981 Beitrag anzeigen
                Um es mit deinen Worten zu schreiben:

                Kapitalgüter sind produzierte Produktionsmittel, die von Arbeitern hergestellt wurden.

                Wie nennst du das dann? Ich nenne es "Arbeit".
                Nach herkömmlicher (lies: neoklassischer) Produktionstheorie wird jeder Faktor nach Grenzproduktivität entlohnt. Für Kapitalgüter, die in der Neoklassik ein Produktionsfaktor sind, heißt das: Faktorentgelt bzw. Faktorpreis = Grenzproduktivität des Kapitals = Profitrate. Diesen Zusammenhang gibt es in der Arbeitswerttheorie nicht, weil Kapitalgüter dort kein Produktionsfaktor sind. Das meine ich mit "Kapitalgüter werden nicht entlohnt".

                Dann gibt es nur für die Herstellung eine Entlohnung, aber nicht für den Verkauf (verkauft werden die fertigen Kapitalgüter).

                Und genau das ist das Problem bei Marx's Überproduktionstheorie. Man stellt zwar Güter (Kapital) her (Tauschhandel) aber man bekommt für den Verkauf keine Entlohnung. (Kommunismus) Und die Güter bleiben liegen.

                Jeder hat zwar Arbeit, aber leben davon kann man nicht wirklich. Diese Entwicklung haben wir in Europa. LEIDER
                Natürlich werden in der Arbeitswerttheorie Arbeitskräfte entlohnt. Und zwar zum Subsistenzlohn. Das ist in jeder Arbeitswerttheorie so und hat mit der speziellen Marxschen Ausprägung nichts zu tun.

                Schon gar nichts hat es mit Tauschhandel zu tun. Natürlich werden auch in arbeitswerttheoretischen Modellen Güter gegen Geld verkauft. Nur bestimmt sich der Preis nach den Arbeitswerten (objektive Wertlehre und angebotsseitig) und nicht nach dem Nutzen (subjektive Wertlehre und nachfrageseitig).

                Wenn überhaupt, dann ist die Neoklassik schuldig, einen Tauschhandel statt einer Geldwirtschaft abzubilden. Bekanntlich hat die Neoklassik im Unterschied zu keynesianischen oder marxistischen Theorien weder eine vernünftige Geld- noch eine Zinstheorie.

                Deinen Bezug zum Kommunismus verstehe ich überhaupt nicht. Die Arbeitswertlehre ist eine Theorie, die erklären will, wie der Kapitalismus funktioniert, nicht wie der Kommunismus aussehen soll.
                Zuletzt geändert von Chloe; 04.01.2011, 18:18.

                Kommentar


                  #23
                  Das heißt also man kann ohne weiteres Marxist sein, ohne Kommunist zu sein?

                  Wo in diesen ganzen Denkrichtungen würdest du dich eigentlich einordnen, Chloe? Eher Richtung Keynesianismus?

                  Kommentar


                    #24
                    Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen
                    Das heißt also man kann ohne weiteres Marxist sein, ohne Kommunist zu sein?
                    Man kann auf jeden Fall die marxistische Wirtschaftstheorie vertreten, ohne Kommunist zu sein. Womit man eher Schwierigkeiten hat, sind gewisse logische Fehler. Von denen gibts aber auch in anderen Theorien zuhauf, und so gut wie das neoklassische Standard-Makromodell ist das marxistische Modell allemal.

                    Wo in diesen ganzen Denkrichtungen würdest du dich eigentlich einordnen, Chloe? Eher Richtung Keynesianismus?
                    Auf jeden Fall. Womit ich allerdings nicht den Hicks-Hansen-"Keynesianismus" meine (der keiner ist), sondern eher eine Kombination aus dem monetären Keynesianismus, den in Deutschland Leute wie Spahn vertreten und dem Cambridge-Keynesianern im Hinblick auf die Produktionstheorie - und bei allen Schwächen auch den kurzfristigen Fixpreis aka Rationierungsmodellen. Bei den Unternehmenstheorien ist meiner Ansicht nach die Evolutorische Ökonomik der Neoklassik um Längen überlegen.

                    All das zusammen gibt keine umfassende konsistente Theorie, aber die hat die Neoklassik letztlich auch nur scheinbar. Immerhin erklären diese heterodoxen Ansätze grundlegende Dinge wie Werte, Preise, Geld, Zinsen und Unternehmerentscheidungen, sie haben eine brauchbare Kapitaltheorie und Relevanz für reale Prozesse in Marktwirtschaften - während die Neoklassik nichts von alledem erklärt, eine längst widerlegte Kapitaltheorie hat und was die Allokationsprozesse betrifft im Grunde eine Zentralplanwirtschaft modelliert.
                    Zuletzt geändert von Chloe; 04.01.2011, 23:16.

                    Kommentar

                    Lädt...
                    X