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    Jazz

    Leider viel zu wenig Beachtung innerhalb der Musikwelt findet meiner Meinung nach Jazz, eine Musikrichtung, die innerhalb von über 100 Jahren eine erstaunliche Entwicklung hingelegt hat. Von den Anfängen im Ragtime über Bebop bis hin zu den Esoterikern und Romantikern der Gegenwart war es ein langer Weg. Heutzutage wird Jazz gern mit Swing oder Dixieland verwechselt bzw. darauf reduziert. Dass Jazz aber eine äußerst abgefahrene und bisweilen sogar psychedelische Angelegenheit sein kann, wird dabei häufig übersehen.

    Dieser Thread soll sich nun dem „Jazz“ widmen.
    Insbesondere würde mich interessieren:
    Was fasziniert Euch am meisten am Jazz ?
    Wann und wie seid ihr zum Jazz gekommen ?
    Welches sind Eure Lieblings-Musiker und –Platten ?


    Tja, mich fasziniert am meisten, dass Jazz ein breites Spektrum an Stilen umfasst. Vom „klassischem“ Bop in seinen typischen Quintett-Besetzungen über Fusion, World-Jazz oder dem reduzierten europäischen Jazz bis hin zu einsteigerfreundlichem Vocal-Jazz, Nu-Jazz oder Acid-Jazz bietet Jazz eine unglaubliche stilistische Bandbreite. Dabei überschreitet Jazz häufig seine eigenen Grenzen und vermischt sich mit Elementen aus Rock, elektronischer Musik, Hip-Hop, klassischer Musik usw.
    Jazz bietet zudem ein sehr umfangreiches Instrumentarium, welches vielfältig miteinander kombiniert wird. Während Rock häufig nur Besetzungen mit Gitarre, E-Bass und Schlagzeug kennt, gibt es im Jazz die verrücktesten Besetzungen. Vom Klavier-Solo angefangen über das klassische Klavier-Bass-Schlagzeug-Trio oder das Trompete-Bassklarinette-Gitarre-Bass-Schlagzeug-Quintett bis hin zu Big-Bands ist (fast) alles dabei. Das Vorhandensein einer Rhythmus-Gruppe (Bass, Schlagzeug, Percussion) ist dabei nicht zwingend erforderlich.
    Gut finde ich auch, dass Jazz meist instrumental ist, es also keine Texte gibt. Die Musik ist damit universell, das heißt, sie kann gelöst vom raum-zeitlichen Kontext von Jedermann verstanden werden.

    Ich selbst bin Jazzhörer seit Anfang 2003. Ursprünglich bin von der elektronischen Musik (Ambient, Trip-Hop) hergekommen und hatte irgendwie den Drang, etwas Neues kennenzulernen. Nach und nach habe ich mich dann langsam durchgearbeitet, so dass ich heute ein gutes Überblickswissen habe.

    Hauptsächlich höre ich dabei den grenzüberschreitenden europäischen (skandinavischen) Jazz, aber auch Fusion/Funkjazz aus den 70‘ern, sowie etwas Hardbop.

    Meine Lieblings-Künstler und -CDs sind (zur Zeit):
    Susi Hyldgaard – Homesweethome (2002)
    Milt Jackson – Sunflower (1972)
    Donald Byrd – Slow Drag (1967)
    Freddie Hubbard – First Light (1971)
    Ketil Björnstad – Seafarer‘s Song (2004)
    Arild Andersen Group – Electra (2005)
    Nils Petter Molvaer – Er (2005)
    Jacob Young – Evening Falls (2004)

    Einen besonderen Stellenwert hat für mich das Esbjörn Svensson Trio
    Die Musiker schaffen es Jazz mit klassischer Musik, Rock und elektronischer Musik zu verbinden. Besonders sensationell finde ich den Bassisten, der durch Hinzunahme eines Effektgerätes und eines Bogens seinen Bass wir eine elektrische Gitarre klingen lässt. Das ist einfach sensationell.
    Mein Profil bei Last-FM:
    http://www.last.fm/user/LARG0/

    #2
    Erstklassige Beschreibung!
    Für alle Einsteiger gibt es hier eine (wie ich finde) sehr gute Seite: http://www.geocities.com/musicofthecentury2002/

    Kommentar


      #3
      Zitat von Giancana
      Erstklassige Beschreibung!
      Für alle Einsteiger gibt es hier eine (wie ich finde) sehr gute Seite: http://www.geocities.com/musicofthecentury2002/
      Ja, war das jetzt schon alles ?

      Die Fragen lauteten:
      Was fasziniert Euch am meisten am Jazz ?
      Wann und wie seid ihr zum Jazz gekommen ?
      Welches sind Eure Lieblings-Musiker und –Platten ?
      Mein Profil bei Last-FM:
      http://www.last.fm/user/LARG0/

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        #4
        Was fasziniert Euch am meisten am Jazz ?
        Ganz einfach, nämlich die ungeheure Bandbreite.
        Von diesem Skandinavischen Jazz zum Beispiel habe ich nie etwas gehört!

        So lasse ich mich manchmal einfach vom beseelten Gesang einer Ella Fitzgerald begeistern, während ich am nächsten Tag schon wieder lieber ein wenig New Orleans oder sogar Rock Jazz bevorzuge.

        Für jede Stimmung, jede Situation bietet der Jazz die richtige Antwort, das ist es, was ich so an ihm schätze!
        Wie seid Ihr zum Jazz gekommen?
        Durch meinen Onkel, sieht man sich seinen Plattenschrank an, so erkennt man, dass dort eigentlich alles Kraut und Rüben ist.
        Und so hat er halt auch ne Menge Jazz-Platten.
        Ich hab mir mal Keith Jarretts Cöln Concert ausgeliehen (hat ja nicht so viel mit Jazz zu tun) und war sofort begeistert.
        So wurde meine Sammlung irgendwann immer größer...
        Lieblingsmusiker und Platten
        Nicht leicht, ich würde sagen, Ella Fitzgerald (Die Songbook-Reihe ist zwar teuer, aber genial!), dann wahrscheinlich Dave Brubeck und Miles Davis.
        Nicht so gern höre ich Leute wie Diana Krall, ist mir einfach zu glatt.

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          #5
          Ich habe an sich nicht viel mit Jazz zu tun. Ich höre zwar gern der BigBand meiner Schule zu und besuche deren Konzerte gerne, aber trotzdem ist es nicht die Musik, die mich vollends begeistert. Trotzdem erkenne ich darin eine Faszination und vielleicht bin ich selber einfach noch nicht "bereit" dazu.

          Die andere Kleinigkeit, die ich mit Jazz verbinde, ist mein Mathe Lehrer. Klingt komisch und ist es im grunde auch. Ich selber habe erst vor kurzem erfahren, dass der, der mir Ebenengleichungen beibringt, ein international anerkannter und geschätzter Jazzmusiker ist.
          Wie klein doch die Welt ist....

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            #6
            Was fasziniert Euch am meisten am Jazz ?
            am meißten faszinieren mich die unterschiedlichen harmonien, die durch beispielsweise nur zwei instrumente erzeugt werden können, die verschiedenen arten/möglichkeiten und die empfindungen die dadurch ausgelöst werden. bei bestimmten liedern kann einem beim hören ein angenehmer schauer durch den gesamten körper gehen und man bekommt das gefühl an einem ganz anderen ort zu sein. das liebe ich so am jazz.
            Wann und wie seid ihr zum Jazz gekommen ?
            auf den geschmack gekommen bin ich mit 11, da der cousin von meiner ma jazz-begeißtert ist und ich oft bei ihm zu besuch war.
            Welches sind Eure Lieblings-Musiker und –Platten ?
            um nur einige zu nennen:

            anouar brahem - barzakh und astrakan cafe
            jan garbarek - praise of dreams und madar
            bugge wesseltoft - sharing
            nils petter molvaer - solid ether und khmer
            OMU - cool beauty
            nojazz - nojazz
            rabhi abou-khalil - the sultans picnic
            wolfgang haffner - zooming
            - Die Wissenschaft von heute ist der Irrtum von morgen. -> Stanislaw J. Lec
            - Viele Menschen würden eher sterben als denken. Und in der Tat: Sie tun es.
            - Das Problem ist heute nicht die Atomenergie, sondern das Herz des Menschen. -> Albert Einstein

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              #7
              Zitat von Gul Aloe Ventuk
              am meißten faszinieren mich die unterschiedlichen harmonien, die durch beispielsweise nur zwei instrumente erzeugt werden können, die verschiedenen arten/möglichkeiten und die empfindungen die dadurch ausgelöst werden. bei bestimmten liedern kann einem beim hören ein angenehmer schauer durch den gesamten körper gehen und man bekommt das gefühl an einem ganz anderen ort zu sein. das liebe ich so am jazz.
              Ja, ich weiß was Du meinst. Es ist der "Dialog" der verschiedenen Instrumente, der diese Art von Musik auszeichnet. Die Instrumente spielen nicht nur einfach ensemble nebeneinander, sondern sie bilden durch ihr Zusammenwirken einen neuen Klangkörper. Die Instrumente stehen im Mittelpunkt und man spürt förmlich, wie die Musiker ihr gesamtes Können und ihre Emotionen in das Spiel einbringen.
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                #8
                @Largo
                sagt dir "nils landgren funk unit" was?
                verdammt guter schwedischer jazzmix, das album "live in montreux" ist ziemlich gut und es überkommt einen beim hören/genießen die tanzwut.
                oder hast du schon mal was von den "harmony hoppers" gehört?
                aufpolierter kammerjazz der 20er/30er jahre und ein schöne mischung aus Boogie-Woogie und Dixieland. empfhielt sich da mal rein zu hören, solltest du sie nicht kennen.
                - Die Wissenschaft von heute ist der Irrtum von morgen. -> Stanislaw J. Lec
                - Viele Menschen würden eher sterben als denken. Und in der Tat: Sie tun es.
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                  #9
                  Zitat von Gul Aloe Ventuk
                  @Largo
                  sagt dir "nils landgren funk unit" was?
                  verdammt guter schwedischer jazzmix, das album "live in montreux" ist ziemlich gut und es überkommt einen beim hören/genießen die tanzwut.
                  Klar, die Nils Landgren Funk Unit kenn' ich. Habe die beiden Alben "5000 Miles" und "Fonk Da World". Mag am meisten das Album "5000 Miles", weil es ziemlich abwechslungsreich und zum Teil auch exotisch ist. Außerdem habe ich noch von Nils Landgren "Sentimental Journey" und "Creole Love Call".

                  Zitat von Gul Aloe Ventuk
                  oder hast du schon mal was von den "harmony hoppers" gehört?
                  aufpolierter kammerjazz der 20er/30er jahre und ein schöne mischung aus Boogie-Woogie und Dixieland. empfhielt sich da mal rein zu hören, solltest du sie nicht kennen.
                  Mit den ganz alten Sachen stehe ich noch etwas auf Kriegsfuß, werde mich damit aber irgendwann sich auch noch beschäftigen.

                  Habe gesehen, dass Du ebenso wie ich die "Zooming" von Wolfgang Haffner sehr schätzt. Dann wird es Dir sicher zusagen, dass Ende Mai das neue Album von ihm "Shapes" herauskommen wird.
                  http://www.act-music.de/act9603_e.htm

                  Auch Nils Petter Molvaer finde ich ziemlich cool. Habe von ihm die letzten beiden Alben "Np3" und "Er". Wenn Dir Nils Petter Molvaer gefällt, solltest Du unbedingt auch mal bei Eivind Aarset, Dhafer Youssef und Wibutee reinhören.

                  Jan Garbarek schätze ich auch sehr - vor allem wegen seiner großen stilistischen Vielfalt. Man denke nur an seine Zusammenarbeit mit dem Hilliard Ensemble, Anouar Brahem oder der Bratscherin Kim Kashkashian.
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                    #10
                    Hallo,

                    mir ist in den letzten Monaten und Jahren ein Stück bewusster geworden, warum ich Jazz eigentlich mag. Vor über drei Jahren habe ich geschrieben gehabt, dass mich vor allem die stilistische Bandbreite und die sehr unterschiedlichen Besetzungen, in denen Jazz möglich ist, faszinieren. Obwohl ich diese Besonderheiten immer noch schätze, hat sich meine Wahrnehmung allerdings inzwischen etwas verändert.

                    Ein wichtiges Unterscheidungskriterium, wodurch sich Jazz von anderen Genres abhebt, ist das hohe Maß an Individualität der Musiker. Das bedeutet, dass einzelne Musiker anhand ihrer Spielweise identifiziert werden können. Der Schlagzeuger Peter Erskine zum Beispiel ist eher ein beständig trommelnder Rythmuserzeuger, während Brian Blade sein Schlagzeug tendenziell als Musikinstrument einsetzt und sein Spiel zur Unterstützung der Dramaturgie stark variiert.

                    Zum Vergleich:
                    Peter Erskine: YouTube - PETER ERSKINE - drum solo - PASIC 2004
                    Brian Blade: YouTube - Muthspiel & Blade - FRIENDLY TRAVELERS LIVE

                    Diese Individualität wird u.a. unterstützt durch die besondere Freiheit, die der Jazz den Musikern zur Entfaltung ihrer kreativen Potentiale ermöglicht. Die Musiker spulen nicht etwas auswendig gelerntes ab, sondern entwickeln ein Stück mehr oder weniger spontan. Dabei findet eine Interaktion zwischen den Musikern ab, d.h. die Musiker machen ihr Spiel wechselseitig voneinander abhängig und tasten einander ab.

                    In diesem Video kann man schon gut erkennen, was mit "Interaktion" gemeint ist:
                    YouTube - Lars Danielsson Trio - Pasodoble

                    Typisch im Jazz ist auch, dass die Musiker innerhalb eines Stückes ihre Rolle mehrfach ändern können. Besonders ins Auge fallen hier vor allem die Soli, durch welche die Akteure für einige Zeit (typischerweise mit einer individuellen Variation des Themas) in den Vordergrund treten. Aber auch auf anderen Ebenen finden Rollenwechsel statt. Auf der CD "Walking on the Tigers Tail" vom Nguyên Lê Quartet wurde z.B. bewusst auf ein "vollwertiges" Bass-Instrument (E-Bass, Kontrabass, Tuba) verzichtet. Stattdessen wird die Bassfunktion von den beteiligten Musikern auf jeweils ihren Instrumenten abwechselnd mit übernommen (z.B. tiefe Saiten der Gitarre, tiefe Tasten des Pianos, tiefe Töne auf der Bassklarinette). Hierdurch entsteht eine ganz besondere Dynamik.

                    In diesem Video sieht man einen relativ traditionellen (für afroamerikanischen Jazz sehr typischen) Rollentausch der Musiker eines Ensembles:
                    YouTube - Miles davis et John Coltrane - So what

                    Für den Außenseiter und Einsteiger sehr schwierig gestaltet sich die große Vielfalt innerhalb des Jazz-Genres, was aufgrund der über hundertjährigen Geschichte nicht verwundert. Ganz grob lassen sich dabei zwei größere Epochen identifizieren: Old-Time-Jazz (Dixieland, New-Orleans-Jazz) und Modern-Jazz (z.B. Bebop, Cool-Jazz, Hard-Bop, Free-Jazz, Fusion, Avantgarde-Jazz). Durch das Lager der Modern-Jazz-Anhänger verläuft allerdings eine Konfliktlinie, die im wesentlichen den Gegensatz von afroamerikanischem und europäischem Jazz markiert. Afroamerikanischer Jazz steht tendenziell in der afroamerikanischen Tradition (Blues, Gospel, Ragtime) und lässt sich eher mit Stichworten wie "cool", "groovy" und "funky" in Verbindung bringen. Der europäische Jazz, der in der Öffentlichkeit vorrangig durch das Label ECM repräsentiert wird, bezieht sich dagegen eher auf europäische Kunstmusik (z.B. romantische Klaviermusik) und Folklore. Es geht darin tendenziell um Stimmungen … verschwommene Bilder und solche Sachen eben.
                    Innerhalb der Hörerschaft gibt es teils erbitterte Grabenkämpfe darum, ob man europäischen Jazz noch dem Jazz zurechnen darf.

                    Hier mal zwei prototypische Beispiele:
                    afroamerikanischer Jazz: YouTube - Herbie Hancock - Jazz Fusion Cantelope Island
                    europäischer Jazz: YouTube - Esbjorn Svensson Trio - Eight Hundred Streets By Feet [2007]

                    Für den Einstieg würde ich empfehlen, in beide Welten reinzuschnuppern. Auf last-fm kann man sich eine ganze Menge wichtiger Alben kostenlos anhören:

                    John Coltrane – Blue Train (1957) John Coltrane - Blue Train
                    Art Blakey – Moanin' (1958) Art Blakey - Moanin'
                    Miles Davis – Kind Of Blue (1959) Miles Davis - Kind Of Blue
                    Dave Brubeck – Time Out (1959) Dave Brubeck Quartet - Time Out
                    Jimmy Smith – Home Cookin' (1959) Jimmy Smith - Homecookin''
                    Donald Byrd – Free Form (1961) Donald Byrd - Free Form
                    Herbie Hancock – Inventions & Dimensions (1963) Herbie Hancock - Inventions & Dimensions
                    Kenny Burrell – Midnight Blue (1967): Kenny Burrell - Midnight Blue
                    Donald Byrd – Slow Drag (1967) Donald Byrd – Slow Drag
                    Miles Davis – Bitches Brew (1970) Miles Davis – Bitches Brew
                    Freddie Hubbard – Red Clay (1970) Freddie Hubbard – Red Clay
                    Milt Jackson – Sunflower (1971) Milt Jackson – Sunflower
                    Herbie Hancock – Headhunters (1973) Herbie Hancock – Headhunters
                    Dave Pike – Masterpieces (1969-173) Dave Pike – Masterpieces
                    Brian Blade – Fellowship (1998) Brian Blade – Fellowship
                    Charles Lloyd – The Water Is Wide (2000) Charles Lloyd – The Water Is Wide
                    Chris Potter – Travelling Mercies (2002) Chris Potter – Travelling Mercies
                    Regina Carter – I'll be Seeing You: A Sentimental Journey (2006) Regina Carter – I'll be Seeing You: A Sentimental Journey
                    John Scofield – This Meets That (2007) John Scofield – This Meets That

                    Jan Garbarek – Witchi-Tai-To (1974) Jan Garbarek – Witchi-Tai-To
                    Pat Metheny – As Wichita Falls, So Falls Wichita Falls (1981) Pat Metheny – As Wichita Falls, So Falls Wichita Falls
                    Jan Garbarek – Madar (1994) Jan Garbarek – Madar
                    Ketil Björnstad – The Sea II (1998) Ketil Björnstad – The Sea II
                    Sidsel Endresen – Undertow (2000) Sidsel Endresen – Undertow
                    Eivind Aarset – Light Extracts (2001) Eivind Aarset – Light Extracts
                    Esbjörn Svensson Trio – Viaticum (2005) Esbjörn Svensson Trio – Viaticum
                    Susi Hyldgaard – Blush (2005) Susi Hyldgaard – Blush
                    Nils Petter Molvaer – Er (2005) Nils Petter Molvaer – Er
                    Haakon Kornstad – Single Engine (2007) Haakon Kornstad – Single Engine
                    Nik Bärtsch's Ronin – Holon (2008) Nik Bärtsch's Ronin – Holon
                    Bobo Stenson Trio - Cantando (2008) Bobo Stenson Trio - Cantando
                    Zuletzt geändert von Largo; 22.04.2009, 08:22.
                    Mein Profil bei Last-FM:
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                      #11
                      Hm, ich muss gestehen, ich bin kein sehr großer Freund des Jazz. Als Hintergrundbeschallung bzw. gelegentlich wenn ich in der Stimmung bin, hinzuhören, ist er durchaus eine angenehme Abwechslung. Aber genau die Punkte, die du als Pros angesprochen hast, sind für mich teilweise eher Kontras.

                      Was ich am Jazz großartig finde, ist die Virtuosität der Musiker die du angesprochen hast. Gerade den "großen" Jazzern macht niemand was auf ihrem Instrument bzw. im Enselbe vor, mir fällt regelmäßig bei guten Jazzensembles die Kinnlade runter, was die alle können.

                      Das Problem ist mM jedoch, dass genau durch dieses "Anforderungsprofil" insbesonders der europäische Jazz sich in weiten Kreisen wirklich zu einer Schulmusik entwickelt hat, die zwar durch die soliden theoretischen Fundamente dem Ohr schmeichelt und Walking Bass immer gut grooved, dadurch aber auch oft überraschungsarm daherkommt und wenig Freiraum für Experimente lässt (und wehe, du spielst über diesen 7er-Akkord nicht phrygisch, sonst kommt die Jazzpolizei und holt dich!!!) - im Vergleich zu den spontanen, impulsiven Anfängen des Jazz, der den Musikern direkt aus dem Herzen kam, fast schon eine Pervertierung, möchte man sagen. Ist jetzt natürlich sehr drastisch formuliert, aber eben gerade der europäische Jazz hat seinen Ruf, elitär und ein bisschen unspannend zu sein, nicht ganz zu unrecht.

                      Und die Tatsache, dass beim Jazz die Musiker und ihre individuellen Fähigkeiten so im Vordergrund stehen, machts mir auch schwer, diese Musik wirklich lieben zu können - weil dadurch der Song in den Hintergrund gerät. Der Song will oft nichts mehr selbst aussagen, sondern nur den Musikern Bühne bieten für ihre Darbietung. Und das packt mich einfach nicht ganz so, wie ein durchkomponiertes Lied, mag es noch so simpel oder komplex sein - die Ode an die Freude wäre auch nicht durch Improvisation entstanden. ^_-

                      Ich sehe einfach zwei große Schulen, Musik zu machen - entweder zu komponieren und damit eine bestimmte Aussage niederzuschreiben oder sich spontan auszudrücken, seine gegenwärtigen Gefühle einzubeziehen. Mir sagt erstere halt mehr zu, von daher ist Jazz nicht ganz meins - sehe als Musiker aber natürlich die große Relevanz und Energie, die darin steckt.

                      Just my 2 cents.
                      = Edain, Accountproblem behoben

                      He gleams like a star and the sound of his horn's /
                      Like a raging storm

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                        #12
                        Zitat von Fingolfin Beitrag anzeigen
                        Das Problem ist mM jedoch, dass genau durch dieses "Anforderungsprofil" insbesonders der europäische Jazz sich in weiten Kreisen wirklich zu einer Schulmusik entwickelt hat, die zwar durch die soliden theoretischen Fundamente dem Ohr schmeichelt und Walking Bass immer gut grooved, dadurch aber auch oft überraschungsarm daherkommt und wenig Freiraum für Experimente lässt (und wehe, du spielst über diesen 7er-Akkord nicht phrygisch, sonst kommt die Jazzpolizei und holt dich!!!) - im Vergleich zu den spontanen, impulsiven Anfängen des Jazz, der den Musikern direkt aus dem Herzen kam, fast schon eine Pervertierung, möchte man sagen. Ist jetzt natürlich sehr drastisch formuliert, aber eben gerade der europäische Jazz hat seinen Ruf, elitär und ein bisschen unspannend zu sein, nicht ganz zu unrecht.
                        Ich würde die Konfliktlinie zwischen europäischen und US-amerikanischem Jazz anders deuten. Der europäische Jazz versucht den US-amerikanischen Jazz nicht zu überbieten, sondern er geht einen völlig eigenen Weg. US-amerikanischer Jazz soll tendenziell zum Bewegen (mit dem Fuß wippen, mit dem Finger schnippen, tanzen) animieren - es geht um Groove und Coolness. Im europäischen Jazz versucht man tendenziell Stimmungen zu transportieren: Landschaften (z.B. norwegische Fjorde), Naturkräfte, Formen und Farben. Man bezieht sich primär nicht auf die Tradition der Schwarzen (Blues, Worksongs usw.), sondern u.a. auf die romantische Klaviermusik (z.B. Chopin) oder Folklore (z.B. norwegische Volksmusik). Man kann einfach nicht sagen, dass US-amerikanischer Jazz in die Herzen geht und europäischer Jazz nicht. Das sind einfach nur zwei unterschiedliche Ausdrucksformen.

                        Den Unterschied kann man sehr deutlich an folgenden Beispielen sehen:
                        europäisch: Ketil Bjørnstad, David Darling, Terje Rypdal, Jon Christensen - Lalia
                        US-amerikanisch: Kenny Burrell - Chitlins Con Carne

                        Die Differenz elitär/nicht-elitär verläuft übrigens quer durch beide Lager. Jimmy Smith und John Coltrane stehen beispielsweise beide in der afroamerikanischen Tradition, aber beide lassen sich unterschiedlichen Polen zuordnen: Coltrane macht Musik für den Kopf, Jimmy Smith für den Bauch. Das ist aber nur eine Zuspitzung, denn grundsätzlich spricht auch die Musik von John Coltrane die emotionale Seite von Menschen an.

                        Jimmy Smith: Jimmy Smith - See See Rider
                        John Coltrane: John Coltrane Quartet - A Love Supreme Part I: Acknowledgement

                        Zitat von Fingolfin Beitrag anzeigen
                        Und die Tatsache, dass beim Jazz die Musiker und ihre individuellen Fähigkeiten so im Vordergrund stehen, machts mir auch schwer, diese Musik wirklich lieben zu können - weil dadurch der Song in den Hintergrund gerät. Der Song will oft nichts mehr selbst aussagen, sondern nur den Musikern Bühne bieten für ihre Darbietung.
                        Naja, man muss halt sehen, dass Jazz eine ganze andere Musiktradition ist. Es geht vorrangig um Rhythmus und um Stimmungen, aber dagegen kaum um Melodien oder Texte (Botschaften). Das verwirrt viele Menschen, weil für die meisten Melodien und Texte aus Gewohnheit eben sehr wichtig sind. Viele Rockhörer können dagegen mit Jazz nichts anfangen, aber dafür eher Leute aus der elektronischen Ecke, u.a. weil die ein Bewusstsein dafür entwickelt haben, dass es keine Texte oder Melodien braucht, dafür aber Coolness, Bewegung und Stimmung.
                        Mein Profil bei Last-FM:
                        http://www.last.fm/user/LARG0/

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                          #13
                          Hm, ich muss sagen, diese Art der Trennung zwischen europäischem und amerikanischem Jazz war mir bis jetzt nicht geläufig - aber jetzt wo du es sagst bzw mit Beispielen untermalst, fällt mir auf, dass das wirklich so ist (wie gesagt, bin kein aktiver Jazzhörer, kann daher praktisch nix zuordnen).

                          Naja, man muss halt sehen, dass Jazz eine ganze andere Musiktradition ist. Es geht vorrangig um Rhythmus und um Stimmungen, aber dagegen kaum um Melodien oder Texte (Botschaften). Das verwirrt viele Menschen, weil für die meisten Melodien und Texte aus Gewohnheit eben sehr wichtig sind. Viele Rockhörer können dagegen mit Jazz nichts anfangen, aber dafür eher Leute aus der elektronischen Ecke, u.a. weil die ein Bewusstsein dafür entwickelt haben, dass es keine Texte oder Melodien braucht, dafür aber Coolness, Bewegung und Stimmung.
                          Ja, das meinte ich ja mit "andere Schule", es ist ein gänzlich anderer Zugang zu Musik. Interessant, dass du da auch die Freunde aus der elektronischen Ecke erwähnst - die Gemeinsamkeit zwischen dieser und Jazz ist mir bis jetzt auch nicht aufgefallen, aber wird soeben wieder bestätigt - ich kann auch mit elektronischer Musik nicht sonderlich viel anfangen. Gibt's auch durchaus interessante Sachen, aber es berührt mich nicht - ich weiß Groove und Rhytmus schon zu schätzen, bin selbst Bassist , aber emotional erreicht mich das kaum, weder Jazz noch Elektronisches.
                          He gleams like a star and the sound of his horn's /
                          like a raging storm

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                            #14
                            Zitat von Edain Beitrag anzeigen
                            Hm, ich muss sagen, diese Art der Trennung zwischen europäischem und amerikanischem Jazz war mir bis jetzt nicht geläufig - aber jetzt wo du es sagst bzw mit Beispielen untermalst, fällt mir auf, dass das wirklich so ist.
                            Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich hier etwas überspitzt habe. Ich habe zwei idealtypische Beispiele vorgelegt, aber in der Realität sind die Grenzen fließend. Die Gegenüberstellung also bitte nicht zu ernst nehmen.

                            Zitat von Edain Beitrag anzeigen
                            Ja, das meinte ich ja mit "andere Schule", es ist ein gänzlich anderer Zugang zu Musik. Interessant, dass du da auch die Freunde aus der elektronischen Ecke erwähnst - die Gemeinsamkeit zwischen dieser und Jazz ist mir bis jetzt auch nicht aufgefallen, aber wird soeben wieder bestätigt - ich kann auch mit elektronischer Musik nicht sonderlich viel anfangen. Gibt's auch durchaus interessante Sachen, aber es berührt mich nicht - ich weiß Groove und Rhytmus schon zu schätzen, bin selbst Bassist , aber emotional erreicht mich das kaum, weder Jazz noch Elektronisches.
                            Ich find's immer wieder interessant, zu hören, wie andere Leute Musik wahrnehmen. Viele Hörer aus dem Rock-Bereich legen zum Beispiel großen Wert auf Texte und lassen sich davon inspirieren. Ich kann damit überhaupt nichts anfangen - das lässt mich völlig kalt.
                            Mein Profil bei Last-FM:
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                              #15
                              ich weiß, der thread ist schon alt, aber ich bin grad erst drüber gestossen und hole ihn jetzt einfach mal aus der mottenkiste


                              erst mal ein ganz großes dankeschön an largo für die vielen links!!!

                              da werde ich jetzt erst mal ne zeit lang beschäftigt sein mit reinhören.

                              ich habe nur ein paar jazz-cds zu hause stehen(erroll garner, ella fitzgerald) und höre nur gelegentlich, wenn ich dazu in stimmung bin jazz.

                              wie man auch anhand der genannten künstler sieht, habe ich nix mit modern jazz am hut.
                              aber vielleicht entdecke ich den ja jetzt auch für mich!

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