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    #46
    Die Frage, ob Sozialhilfeempfänger Tulpen an der Autobahn pflanzen sollen oder nicht, ist eigentlich völlig irrelevant und soll nur von der Konzeptlosigkeit der Politik ablenken. Das sind Neiddebatten, die populistisch auf der Mißgunst gegen Sozialhilfeempfänger aufbauen - die Probleme lösen sich nicht.

    Alles, was die Politik kann und tut, ist, Gebühren zu erhöhen oder einzuführen, während Missstände nicht beseitigt werden.
    Wenn man aktiv ist oder wird und in Deutschland etwas machen möchte (sich beruflich fortzubilden z.B.), dann bekommt man ja nur einen hereingewürgt. Von "Internationalität" und "Selbstverantwortung" wird nämlich immer nur auf schönen Sonntagsreden geredet. Praktisch ist das unerwünscht.

    Und selbstverständlich gibt es eine wachsende Armut in Deutschland. Die neu eingeführte Krankenkassenpflicht für Betriebsrenten z.B. kostet einige Renter zwischen 1000 und 1500 Euro im Jahr, dazu kommt die Nullrunde - das bringt viele RentnerInnen an den Rand des Existenzminimums.

    Eine Freundin von mir hat in Großbritannien für 5 Jahre gearbeitet und will jetzt in Deutschland arbeiten bzw. sich an einer FH fortbilden und ist wieder nach Deutschland gekommen. Nur leider findet sie keine Krankenkasse, die sie aufnimmt, kann sich also nicht krankenversichern. Sie solle sich über das Sozialamt versichern lassen. Das Sozialamt möchte aber zunächst auf das Vermögen der Mutter zurückgreifen - einer Krankenschwester. Diese hat nur ihre Altersvorsorge. Damit also die 28jährige Tochter in Deutschland krankenversichert ist, muss die Mutter ihre Altersvorsorge aufgeben, weil sie keine Krankenkasse findet, die sie aufnimmt.
    Wäre sie in Deutschland geblieben, wäre sie auch krankenversichert.

    Sowas nennt man schleichende Verarmung und das ist das Resultat, wenn man tatsächlich selbstverantwortlich handelt und z.B. eine Zeitlang im Ausland arbeitet und dort Qualifikationen erwirbt. Man wird dann "bestraft" und reisst die Familie noch gleich mit!

    Ich selbst promoviere und kann nicht mehr als 10 Stunden die Woche Geld verdienen, weil ich in Archiven umfangreiche Aktenbestände einsehen muss und mir Fotokopien nicht leisten kann.

    Jetzt habe ich versucht, mich von der GEZ -Gebühr befreien zu lassen. Der Antrag wurde abgelehnt mit der Begründung, dass ich unterhalb des Sozialhilfesatzes leben würde und dass meine Angaben deshalb "unrichtig" sein würden. Hätte ich 200 Euro mehr im Monat zur Verfügung (was ungef. der Jahresgebühr entspricht), könnte ich mich auch befreien lassen, aber da ich zu arm bin (und die GEZ Armut ignoriert, muss ich eben zahlen) Und da kriege ich schon Wut im Bauch.

    Die GEZ ist dabei nur ein Beispiel, wie Leuten, die nichts haben, Geld aus den Knochen geschnitten wird. Könnte ich mich z.B. für ein oder zwei Jahre befreien lassen, könnte ich von den 400 Euro eine für mein Projekt wichtige Reise finanzieren, könnte so schneller fertigwerden und dann auch wieder normal die Gebühr entrichten. Aber so wird eben Eigeninitiative in Deutschland belohnt.

    Und nochmal zu den Kopiergebühren in einem niedersächsischen Archiv, weil sich hier sehr schön die Unfähigkeit der Politik und die Sinnlosigkeit mancher Gebührenerhöhungen illustrieren lässt.

    Eine Fotokopie kostet dort 50 Cent pro Seite, die Preise sind seit der Euroeinführung um 300% (ohne Grundgebühr) gestiegen (mit Grundgebühr um mehrere 1000 %!); 2001 kostete eine Kopie 30 Pfennig, mittlerweile kostet eine Kopie 50 Cent zzgl. Grundgebühr von 3,50 Euro.
    Digitalkameras sind entsprechend verboten worden, damit die Leute schön brav zahlen (man behauptet einfach, der Blitz der Digitalkameras würde das Papier schädigen, was aber Unsinn ist, weil es durchaus erschwingliche Kameras gibt, die auch ohne Blitz Dokumente abfotographieren können). Man darf auch nicht mehr selbst fotokopieren, sondern muss dies durch das Personal des Archivs durchführen lassen.

    Der Grund für die Preiserhöhung ist, dass sich das Land dadurch Mehreinnahmen erhofft. Dumm nur, dass sich das gar nicht rechnet, weil ja die Personalkosten abgezogen werden müssen (hochqualifizierte Restauratoren bedienen jetzt den hochauflösenden neuen papierschonenden Kopierer), so dass das Land nach Abzug der Personalkosten sogar noch draufzahlt!

    Das Ergebnis ist, dass ich mir diese Kopien nicht leisten kann, sondern stundenlang irgendwelche Sachen abtippe und sich meine Promotionsdauer deswegen um mehrere Monate verlängern wird, weil ich meine Zeit mit sinnlosem Abtippen vergeuden muss. Noch dazu kann der kleinste Fehler beim Abtippen ganze Abschnitte im Sinn verfälschen. Das ganze könnte vermieden werden, wenn man gestatten würde, einmal die Kamera drüberhalten.
    (Übrigens versuche ich seit 14 Monaten[!] eine wie auch immer geartete Unterstützung durch irgendeine Stiftung zu erhalten. Dies ist aber aus ebenso für den "Normalbürger" unfassbaren bürokratischen Umständen NICHT möglich; soviel zu den Sonntagsreden, dass Studenten die neuen Studiengebühren durch Stiftungen finanzieren sollten ).

    Und wo man hinguckt - Bildungspolitik, Rentenpolitik, Gesundheitspolitik - überall werden (zum größten Teil) unsinnige Gebühren eingeführt, die eigentlich nur eine fortschreitende Bürokratisierung bedeuten, die Leute am Fortkommen behindern und letztendlich gar nichts bringen.

    Und DA ist das Problem, das wir in Deutschland haben. Ob Arbeitslose nun die Straße fegen oder nicht, spielt da überhaupt keine Rolle - solche Forderungen bedienen nur den Stammtisch.
    Republicans hate ducklings!

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      #47
      Original geschrieben von Sebi.T und succo
      Auch wenn die Arbeiter dafür nur Pfennige bekommen, sie haben Arbeit.

      ///

      ...und können ihre Miete trotzdem nicht zahlen.
      Na und? Dann könnten die doch zum Arbeitgeber ziehen.
      Macht ja die Mutter aus meinem vorigen Beitrag jetzt auch, damit die Tochter krankenversichert ist.

      Das hübsche bunte Wellblechhüttchen macht sich sehr schön im Krankenhaus-Park, auch braucht sie jetzt Auto mehr.

      Und im Winter bekommt sie eine Kammer in so einer Abteilung im Keller des Krankenhauses, da kann man sich ganz bequem reinlegen und drin schlafen. Die ist zwar auch kalt (weil da eine Kühlung drin ist), aber eben nicht so kalt wie draußen.

      Da wohnen auch noch so andere. Sie hatte erst Bedenken, weil die Kammern so nah beieinanderliegen, aber diese Befürchtung hat sich als unbegründet herausgestellt, die Nachbarn in den anderen Kammern sind sehr ruhig. Von denen hört man gar nichts!
      Republicans hate ducklings!

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        #48
        Original geschrieben von endar

        Und DA ist das Problem, das wir in Deutschland haben. Ob Arbeitslose nun die Straße fegen oder nicht, spielt da überhaupt keine Rolle - solche Forderungen bedienen nur den Stammtisch.
        Ganz ohne Frage würden Arbeitslose, welche einmal die Woche Kartoffeln schälen, nie und nimmer ausreichen, den strukturellen Probleme unseres Landes angemessen zu begegnen. "Drückt den Arbeitslosen nen Besen in die Hand!", "Ausländer Raus!" oder "Kauft nicht beim Juden!" und weitere Parolen können wirtschaftliche Probleme mit Sicherheit nicht lösen.

        Ich könnte mich mit Dir genauso streiten, ob die Bürokraten (DA) wirklich DAS Problem in Deutschland sind. Vielleicht sind es auch die niedrigen Geburtenraten oder die Ausbeutung der Werktätjen (siehe Max). Aber jemanden der promoviert, brauche ich bestimmt nicht zu belehren, wie schwer DIE Wahrheit zu identifizieren ist.

        Bin ja im Übrigen auch noch gar nicht fertig gewesen. Die Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger sind NICHT unser einziges Problem. Da gibt’s noch so viel, über was man (zu recht) schimpfen kann. Und mit den Bürokraten muss Dir natürlich zugestimmt werden, geht ja gar nicht anders.

        Bestimmt fällt jedem hier im Forum die eine oder andere Geschichte ein, wie sie sonst auch immer bei Frontal 21 oder an Deinem geliebten Stammtisch für Kopfschütteln sorgen würden.

        Bis vor zwei Jahren habe ich in einer Wohnung gelebt, wo ich einen Nachbar über mir hatte, welcher jeden Morgen gekotzt hat (Alkoholiker). Ich bin dann umgezogen (nicht nur wegen dem Trunkenbold) und (niemand mag es mir glauben) ich lebe nun aufs neue unter einem Alkoholikerpärchen, welches ausnahmslos jeden Morgen im Doppelpack (etwa zwischen 7:30 – 8:30) kotzt. Es gibt Leute, die haben einen Hahn – ich werde von Alkoholikern geweckt. Zweimal hintereinander wohne ich nun in Nachbarschaft zu Alkoholikern. Bloß Zufall ? Pech ? Tja, keine Ahnung.
        Ich habe vor einigen Jahren in der ‚Freien Presse’ (Chemnitzer Propagandablatt) gelesen, dass die Sachsen nun ‚endlich’ die Bayern in Sachen Bierkonsum pro Kopf überholt hätten. Doller Rekord. Kein Grund stolz zu sein. Dahinter verbirgt sich der Verlust von Humankapital und Lebenskultur im Erzgebirge, welches leider eine sehr hohe Alkoholikerrate zu verzeichnen hat.
        Was man dagegen tun sollte ? Die Leute standrechtlich erschießen, sie in Umerziehungslager stecken oder einfach in Ruhe lassen ? Keine Ahnung - ich kann hierfür keine Lösung anbieten. Aber das Problem wird mir in der Öffentlichkeit zu sehr totgeschwiegen und auch wenn es einige als Stammtischniveau abtun sollten, erlaube ich es mir, mich hierzu zu positionieren. Ob es DIE Wahrheit oder Stammtisch-Schwachsinn ist, sei dahingestellt.
        Mein Profil bei Last-FM:
        http://www.last.fm/user/LARG0/

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          #49
          Ich kann deine Argumente im Prinzip schon verstehen, doch ich denke nun mal das „versoffene Sozialhilfeempfänger“ einfach nicht den Großteil der Arbeitslosen ausmachen.
          ...und wie ich schon sagte, es gibt genug betroffene Leute, die sich vor keiner Arbeit drücken und nebenbei Putzen oder auch wie von dir beschriebene Tätigkeiten verrichten. Ich finde, das du das Bild der Arbeitslosen hier etwas sehr verallgemeinerst.

          Was den Lebenstandart anbetrifft, so gibt es so etwas wie ein Existenzminimum. Es ist einfach nur Blödsinn von einem Arbeitslosen, der mit seinem Geld gerade so haushalten kann zu verlangen, eine Arbeit anzunehmen bei der er noch weniger verdient und so als Konsequenz seine Miete nicht mehr zahlen kann und seine Wohnung verliert.
          (@ endar Das habe ich mit meinem letzten Beitrag ausdrücken wollen, falls das vorhin ein Angriff gegen mich war)
          Arbeit sollte immer der Ausweg aus der Misere sein und nicht der Grund dafür.

          Ich empfand übrigens meine Arbeit damals keineswegs als unmoralisch, wäre aber froh gewesen, wenn ich den Lohn eines Bergmanns gehabt hätte.

          Oberste Priorität sollte auf jeden Fall immer die Reintegration auf dem ersten Arbeitsmarkt haben.

          Gruß, succo
          Ich blogge über Blogger, die über Blogger bloggen.

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            #50
            Original geschrieben von succo
            (@ endar Das habe ich mit meinem letzten Beitrag ausdrücken wollen, falls das vorhin ein Angriff gegen mich war)
            Ich habe niemanden angreifen wollen.
            Aber das wäre doch die logische Konsequenz, wenn man von Globalisierung spricht und damit eigentlich meint, dass in Deutschland in Zukunft das Lohnniveau von Kastastan angelegt werden soll, damit die Unternehmen eben nicht dahin abwandern.
            Republicans hate ducklings!

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              #51
              Original geschrieben von endar
              Ich habe niemanden angreifen wollen.
              ...hab da wohl was fehlgedeutet.

              Gruß, succo
              Ich blogge über Blogger, die über Blogger bloggen.

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