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    #31
    Das ist sichr richtig, aber es heißt noch lange nicht daß sich der spezielle Antisemitismus der Nazis aus dieser kirchlichen Judenfeindschaft speist. Tatsächlich äußerte Hitler öfter, daß er das Christentum für eine Geißel und für eine jüdische Erfindung hält (wie übrigens gleichzeitig den Bolschewismus ). Die Nazis favorisierten dagegen tlw. Atheismus, tlw. eine "Rückbesinnung" auf die primitiven heidnischen Ritualreligionen der germanischen Vorzeit. So versuchte eine "Glaubensbewegung Haus Ludendorff" das Christentum durch eine sektierrische deutschtümelnde Bewegung zu ersetzen., und in Himmlers SS gab es sogar eine Sondereinheit, die über Hexenverbrennungen nachforschte (sozusagen als erste Opfer "der Bewegung"...), und somit auch Beweise für die Barbarei des Christentums sammeln sollte.
    Die Übereinkunft Hitlers mit den Amtskirchen war rein taktischer Natur, da er über deren Machtstellung wußte. Wie aus Gesprächsprotokollen hervorgeht, war die Auflösung der Kirchen für die Zeit nach dem "Endsieg" vorgesehen - allerdings ging Hitler davon aus, daß das Christentum in seinem 1000jährigen Reich (!) eines "natürlichen Todes" sterben werde.
    Richtig ist, daß die hohen Vertreter der Amtskirchen nach 1933 und v.a. nach Kriegsbeginn eine Art "Burgfrieden" mit demn Nazis schlossen (was sich bei den Protestanten tlw. durch die preußische Tradition der Staatsnähe der Kirchen erklärt), ebenso wie dies im grunde alle anderen Organisationen des 3.Reiches taten. Sicherlich ist ihnen das vorzuwerfen, aber deswegen werden "die Kirchen" noch nicht zu Alliierten oder direkten Vorläufern der Nazis.

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      #32
      @Spocky:
      Man darf nicht vergessen, dass der Antisemitismus KEIN festes, in sich logisch geschlossenes Weltbild darstellt/darstellte, sondern dass er sich aus vielen Fragmenten zusammensetzt.
      Ich habe geschrieben:
      Der Antisemtismus der Nationalsozialisten hat seinen Ursprung aber nur sehr mittelbar im kirchlichen Antisemtismus. Er ist hingegen unmittelbar aus dem antiliberalen geprägten Antisemitismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hervorgangen, deren Träger z.B. Wilhelm Marr oder Heinrich von Treitschke gewesen waren.
      Und ich habe hier drei Formen des Antisemtismus benannt, 1. den der Nazis, 2. den antiliberalen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und 3. den kirchlichen.
      Ich habe also nirgendwo geschrieben, dass der Antisemitismus erst im 19. Jahrhundert entstanden sei, sondern nur, dass die zweite Form dort ihren Anfang nahm.
      Dass der Antisemitismus der NatSoz seinen Ursprung im antisemtischen Antiliberalismus vor allem der 1880er Jahre hat, ist sehr schön dargestellt, falls dich das interessiert, in: Michael Meyer, Deutsch-Jüdische Geschichte in der Neuzeit, Bd. 3 1871-1918, München 1997, S. 193 - 242. Dort findest du auch weitergehende Literaturhinweise.

      Der Antisemtismus der NatSoz war insgesamt ein Konglomerat zahlreicher Formen des Antisemitismus, aber eben in erster Linie antisemtischen Agitation der späten Jahre des 19. Jh.s, auch der der antisemtischen Vordenker Österreichs, ebenfalls derselbe Zeitraum.
      "Der" Jude wurde hier als Synonym für alles Bekämpfte dargestellt: Parlamentarismus, Demokratie, Internationalität, freier Handel, Individualität, Säkularismus. Dass diese Gleichsetzung oftmals falsch war, spielt dabei keine Rolle: "der" Jude verkörperte in den Augen der Antisemiten die Errungenschaften der Französischen Revolution, die man zu bekämpfen suchte. Insofern spielen hier christliche Motive nur eine sehr untergeordnete, ferne Rolle. Sicherlich hat sich der alte christliche Antisemitismus auch in die neue Form transformiert, besonders, als die Kirchen an Einfluss einbüßten.
      Aber Juden wurden z.B. meines Wissens im "Dritten Reich" nach niemals der rituellen Tötung von Säuglingen bezichtigt, was ja nun ein Element des rein kirchlich/christlich geprägten Antisemitismus wäre.

      Ob Herr Ley jetzt seine Parolen bei Luther gestohlen hat, ist eher eine Fußnote, mehr nicht. Und was die Interpretationen des Herrn Hilter über das Christentum anbetrifft, so sollte man mit ihnen doch vorsichtig sein. Immerhin handelt es sich dabei um Propagandamaterial einer der, wie sich herausstellte, gemeingefährlichsten rechtsradikalen Strömungen des vorigen Jahrhunderts und da sollte man doch besser zweimal hingucken, wen man zum Kronzeugen für die eigene Kirchenkritik macht.

      Zwar waren die katholischen Bischöfe vor der Machtergreifung fast geschlossen gegen die Nazis (im Gegensatz zu den evangelischen), aber während der Diktatur waren sie geschlossen ohne Ausnahme auf seiner Seite. Dafür sorgte schon ein päpstlicher Befehl. Fakt ist, dass solange die Nazis an der Macht waren, kein einziger katholischer Bischof etwas gegen sie gesagt oder getan hat.
      Auch hier gilt: Die Dinge sind nicht so einfach. Insgesamt stehen Kirchen auf der Trennlinie zwischen ihrer politischen Verantwortung und ihrem seelsorgerischen Auftrag.
      In Zusammenhang mit deinem Zitat reichen schon die Predigiten Clemens August Graf von Galens gegen Euthanasie im Sommer 1941 aus, um dich zu widerlegen. Aber das ist eben schwierig, wenn man sagt "kein einziger hat..." - irgendeiner findet sich immer...
      Es waren selbstverständlich auch gläubige Katholiken im Widerstand zu finden. Z.B. Eugen Kogon. Für die evangelische Seite sind Dietrich Bonhoeffer und Alfred Delp zu nennen. Es gibt auch weitere Opfer, wie z.B. Erich Klausener, der am 30.6.1934, wie viele andere Gegner auch, ermordet wurde.

      Daneben gibt es auch die "Bekennende Kirche", die es letztendlich erfolgreich geschafft hat, die Bewegung der "Deutschen Christen" für ein "nationales Christentum" zu stoppen. Allein die Mitgliedschaft in der "Bekennenden Kirche" oder das gelebte Christentum an sich, sind für die Zeit nach 1940 bereits selbst als Widerstand anzusehen. Zwar bedeutete das sicherlich keinen aktiven(!) Widerstand, aber es war schon mehr als die am weitesten verbreitet Form des Widerstandes (der inneren Resistenz und der Nischenflucht) und war mit einem Risiko verbunden.
      Angesichts der Judenverfolgung haben die Kirchen wohl eher versagt. Zwar unterstützten beide Kirchen nichtarische Christen, aber ein deutliches Eintreiten zugunsten der anderen Glaubengemeinschaft blieb aus.
      Lange Rede, kurzer Sinn: Es gibt Licht und Schatten, wenn man die Kirchen und das Christentum im "Dritten Reich" betrachtet.
      Eine grobe Rundumverurteilung wird der Sache nicht gerecht.
      Republicans hate ducklings!

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        #33
        Meine Vorredner muss ich zustimmen, dass der Antisemitismus der Nazis qualitativ sich von den Antisemitismus der christlichen Kirchen unterscheidet, auch wenn er teilweise auf entsprechende Vorurteile aufbaut. Der Antisemitismus der Nazis war die Grundlage ihrer Ideologie, die typisch für die Vertreter des Kleinbürgertums sich propagandistisch sowohl gegen die Kapitalisten, als auch die Arbeiterbewegung wandte. Ihr Feindbild war eben die jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung, wobei sie jüdische Vertreter im Finanzkapital und in der Arbeiterbewegung als "Beweis" für ihre Ideologie verwendeten. An der Macht gingen die Nazis aber fast ausschliesslich gegen die Arbeiterbewegung und alle (u.a. Juden, Homosexuelle, Behinderte) vor, die nicht in ihr arisches Weltbild passten, die Kapitalisten profitierten überwiegend (es gab auch Ausnahmen, z.B. Thyssen und Junkers) von der Politik der Nazis.
        Zitat von endar
        Angesichts der Judenverfolgung haben die Kirchen wohl eher versagt. Zwar unterstützten beide Kirchen nichtarische Christen, aber ein deutliches Eintreiten zugunsten der anderen Glaubengemeinschaft blieb aus.
        Dieses Versagen den Juden und vielen anderen Verfolgten der Nazis zu helfen, steht im starken Kontrast zu der Fluchthilfe für viele führenden Nazis, z.B. durch den Vatikan. Viele hohe Kirchenfunktionäre sympathisierten mit den Nazis und unterstützten sie entsprechend. Was man sich bei manchen heutigen Vertretern, z.B. Ratzinger, noch immer gut vorstellen kann.
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          #34
          Wieso soll denn da ein Kontrast sein?
          Wenn ich das beides - als Kirchenkritiker - aufzähle, ergänzt sich das doch ganz blendend.
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            #35
            Zitat von endar
            Wenn ich das beides - als Kirchenkritiker - aufzähle, ergänzt sich das doch ganz blendend.
            Sicher, der Kontrast besteht höchstens dann, wenn man diese Leuten christliche Nächstenliebe oder ähnliches unterstellt
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              #36
              Zitat von Jack Crow
              Das ist sichr richtig, aber es heißt noch lange nicht daß sich der spezielle Antisemitismus der Nazis aus dieser kirchlichen Judenfeindschaft speist. Tatsächlich äußerte Hitler öfter, daß er das Christentum für eine Geißel und für eine jüdische Erfindung hält (wie übrigens gleichzeitig den Bolschewismus ). Die Nazis favorisierten dagegen tlw. Atheismus, tlw. eine "Rückbesinnung" auf die primitiven heidnischen Ritualreligionen der germanischen Vorzeit.
              Dem widerspricht beispielsweise auch folgendes Hitler-Zitat:
              "Der Nationalsozialismus ist weder antikirchlich noch antireligiös, sondern im Gegenteil, er steht auf dem Boden eines wirklichen Christentums."

              Sicher wurde auch viel aus dem heidnischen Brauchtum wieder übernommen (was übrigens auch die Kirche Tat, nur dass es bei den Nazis eben weit ausgeprägter war)

              Zitat von Jack Crow
              So versuchte eine "Glaubensbewegung Haus Ludendorff" das Christentum durch eine sektierrische deutschtümelnde Bewegung zu ersetzen., und in Himmlers SS gab es sogar eine Sondereinheit, die über Hexenverbrennungen nachforschte (sozusagen als erste Opfer "der Bewegung"...), und somit auch Beweise für die Barbarei des Christentums sammeln sollte.
              Es gibt auch Gegenbeispiele von Nazis, die eben immer wieder die Verbindung mit dem Christentum unterstreichen, so eben auch Streicher, der sich auf Luther beruft.

              Wenn man ganz genau forsscht, wird sich sicher zeigen, dass die Nazis alles assimiliert haben, was ihnen von Nutzen erschien.

              Zitat von Jack Crow
              Die Übereinkunft Hitlers mit den Amtskirchen war rein taktischer Natur, da er über deren Machtstellung wußte. Wie aus Gesprächsprotokollen hervorgeht, war die Auflösung der Kirchen für die Zeit nach dem "Endsieg" vorgesehen - allerdings ging Hitler davon aus, daß das Christentum in seinem 1000jährigen Reich (!) eines "natürlichen Todes" sterben werde.
              Richtig ist, daß die hohen Vertreter der Amtskirchen nach 1933 und v.a. nach Kriegsbeginn eine Art "Burgfrieden" mit demn Nazis schlossen (was sich bei den Protestanten tlw. durch die preußische Tradition der Staatsnähe der Kirchen erklärt), ebenso wie dies im grunde alle anderen Organisationen des 3.Reiches taten. Sicherlich ist ihnen das vorzuwerfen, aber deswegen werden "die Kirchen" noch nicht zu Alliierten oder direkten Vorläufern der Nazis.
              Pius XII hat die unterworfenen Franzosen aufgefordert, sich ihrem Schicksal zu ergeben und die Alliierten angewiesen, sie sollen sich auf die Seite der Nazis stellen und gemeinsam gegen den atheistischen "Kommunismus" (der unter Stalin, dem Priesterseminaristen gar nicht so atheistisch war, da auch ehr einige Zweckgemeinschaften mit der Kirche einging) kämpfen. In sofern kann man die "Kirche" schon in gewisser Form als mit den Nazis alliiert bezeichnen.

              @ endar: Es hat in der Tat kein einziger Bischof irgendetwas gegen die Nazis gesagt, oder getan. Das hat Deschner ja auch nachgewiesen.

              Was den Antisemitismus angeht, so mag sein, dass es dafür verschiedene spätere Strömungen gegeben hat, die da mit einwirkten, aber angefangen hat das eben schon in der Kirche. Durch deren große Macht hatten die Juden eben auch nur bestimmte Stellungen, die wiederum weitere Vorurteile bewirkten. U.a. stammen sie ja aus einem Gebiet, in dem die Pest früher gewütet hatte, weshalb deren Immunsystem unempfindlicher gegen den schwarzen Tod war, was wiederum dazu führte, dass man ihnen vorwarf, sie seien dafür verantwortlich.

              Die heutige Einstellung der katholischen Kirche zum Thema Krieg und rassentrennung wurde ihr durch die gläubige Gemeinde aufgezwungen, Sie kam nicht von oben. Die Menschen wollten das nicht mehr.

              Einige andere Einstellungen muss sie aber noch ändern, wenn sie ernsthaft den Schülern ihre Ethik aufzwingen will, womit wir wieder bei dem Thema wären.

              Wofür sich die katholische Kirche aber auch noch direkt verantwortlich zeichnet, ist das Ustascha-Regime unter Ante Pavelić. Dieses war in päpstlichen Mitwissen und teilweise sogar in seinem Auftrag für so scheußliche Gräueltaten verantwortlich, dass sich teilweise sogar die SS-Leute mit grauen abwendeten. U.a. wurden da Kinder im Beisein ihrer Eltern bei lebendigem Leib Stück für Stück zerschnitten und gehäutet.

              @ Max: Gegen Homosexuelle geht die Kirche auch heute noch vor. Ebenso gegen Atheisten.
              Für meine Königin, die so reich wäre, wenn es sie nicht gäbe ;)
              endars Katze sagt: “nur geradeaus” Rover Over
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                #37
                Zitat von Spocky
                Dem widerspricht beispielsweise auch folgendes Hitler-Zitat:
                "Der Nationalsozialismus ist weder antikirchlich noch antireligiös, sondern im Gegenteil, er steht auf dem Boden eines wirklichen Christentums."

                Sicher wurde auch viel aus dem heidnischen Brauchtum wieder übernommen (was übrigens auch die Kirche Tat, nur dass es bei den Nazis eben weit ausgeprägter war)

                Es gibt auch Gegenbeispiele von Nazis, die eben immer wieder die Verbindung mit dem Christentum unterstreichen, so eben auch Streicher, der sich auf Luther beruft.
                1. Diese Berufung auf die Kirche geschah mit Rücksicht auf gläubige deutsche Bevölkerung, schließlich kann man in 1000 Jahren gewachsenen Glauben nicht in 10 Jahren vernichten, so sehr Hitler dies gewollt hat.

                2. Berufung auf eigentliche Antiideologien, so war die NSDAP offiziell eine sozialistische, antikapitalistische Partei, zumindest vor 1932, war bei den Nazis durchaus üblich. Bei genauer Betrachtung des NSDAP-Parteiprogramms fällt dies besonders auf: Man kann es getrost als "Gemischtwarenladen" der Politik bezeichnen, für jeden war etwas dabei.

                Summa summarum: Hitler war kirchenfeindlich ("Kreuz soll durch Hakenkreuz ersetzt werden") und seine Ideologie hat sicherlich Elemente der Kirchenideologie, basiert aber keineswegs auf dieser. Es wäre auch mehr als ein Widerspruch in einem absoluten Führerstaat eine höhrere Instanz zuzulassen!
                Möp!

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                  #38
                  Es ist aber auch nicht zu verleugnen, dass es die Kirche - und gerade der Papst den Nazis leicht gemacht hat, auch mit dem Schüren des Judenhasses über 1500 Jahre. Die Macht der Meme ist halt doch sehr groß.

                  Letztenendes ist aber auch das nicht das einzige Verbrechen, wegen dem ich Religionsunterricht nicht gerne sehe.
                  Für meine Königin, die so reich wäre, wenn es sie nicht gäbe ;)
                  endars Katze sagt: “nur geradeaus” Rover Over
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                    #39
                    @Spocky: So hartnäckig kenne ich dich ja gar nicht. Das, was ich hier referiere, sind Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung. Sie sind anhand von Dokumenten nachvollzieh- und belegbar. Machst du das in der Geologie auch so, dass du igonierst, was dir nicht gefällt?
                    Ausserdem finde ich, dass "Es bleibt Fakt..." oder "Es ist aber so, dass..." keine angemessene Diskussionsweise ist, wenn man sich über ein Thema sachlich und vor allem begründet unterhalten will.

                    Zum Thema:
                    Dass die Kirche bei der Entstehung des Antisemitismus eine Rolle gespielt hat, wird ja kaum jemand bezweifeln. Aber das macht sie nicht zu einem Komplizen an den Synagogen-Brandstiftungen von 1938.
                    Du machst auch den Fehler, Kirche immer mit der katholischen Amtskirche oder dem Vatikan gleichzusetzen. Das ist aber einfach falsch. Kirche ist die Gesamtheit aller Christen - "wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind". Also ist, wenn das Bodenvolk die Amtskirche zur inhaltlichen Bewegung bringt, das immer noch eine Leistung der Gesamtkirche.

                    Mit Lothar König, Augustin Rösch und Alfred Delp befanden sich drei Jesuiten im Kreisauer Kreis. Hier hast du einen Verweis auf den von dir igonierten Galen: http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/widerstand/galen/
                    Seine Predigten gegen die Euthansie fanden einen derart heftigen Wiederhall in der Bevölkerung, dass die Machthaber einen Aufstand in halb Westfalen befürchteten. Das T4 Programm wurde dann auch eingestellt.
                    Dort ist auch ein Lesebeispiel! Wie kannst du also behaupten, dass "in der Tat kein einziger Bischof irgendetwas gegen die Nazis gesagt, oder getan" habe? Mit welcher Arroganz und Geschichtsferne(!) stellst du dies eigentlich fest? Interessieren dich bei der Bildung deiner politischen Meinung die Ergebnisse der Arbeit von Historikern? Oder bevorzugst du es, wie die meisten anderen auch, dir die Dinge unter der Gefahr der Simplifizierung zurechtzulegen, wie es dir gefällt?
                    Die dhm Seite schreibt, seine Popularität habe von Galen vor der Verhaftung bewahrt. Das ist wohl wahr. Was aber dort nicht steht, ist, dass zahlreiche Vertraute von Galen in Konzentrationslager ge- und auch dort umgekommen sind. Insgesamt sind tausende von Priestern und Christen verfolgt worden. Das kannst du nicht einfach von der Hand weisen, nur weil du kirchenfeindlich eingestellt bist.
                    Aus meiner eigenen Forschung weiß ich von einem ev. Pfarrer, der 1938 nicht zur Abstimmung/Wahl im April gegangen ist. Dem hat die SA mit mehreren Dutzend Leuten das Haus eingerannt. DAS ist die Lebenssituationen, in denen sich Oppositionelle befanden und ich finde es vermessen, wenn wir aus unserer Position des vollen Bauches immer verlangen, jeder hätte alles bereits 1933 erkennen und verhindern müssen. Das ist eine ziemlich selbstgerechte Haltung.
                    Auch diese von mir benannten Menschen im Widerstand bilden die Kirche, welche mehr ist als nur die Amtskirche, die sicherlich in vielen Punkten versagt hat - keine Frage.
                    Aber die heutige Kirche hat ebenso das Recht, wie auch die Pflicht, sich auf diese Menschen zu berufen, genauso wie die Deutschen das Recht und die Pflicht haben, sich auf Widerstandskämpfer jeder Couleur zu berufen. (Natürlich sollte man sich nicht darauf beschränken, sich rein auf den Widerstand zu beschränken und so zu tun, als seien "die Nazis" immer die anderen gewesen).
                    Die Kirche hat natürlich auch die Pflicht, sich zum eigenen Versagen zu bekennen und da hat, das muss man ihm schon zurechnen, Johannes Paul II. mit seinem Schuldbekenntnis einen ersten Schritt/Versuch gemacht.
                    Was schwebt dir denn vor? Historische Sippenhaft für das heutige Kirchenpersonal, während wir Deutschen das für die Nachgeborenen unserer eigenen Nation/Bevölkerung zu Recht immer abgelehnt haben? Hat sich auch das deutsche Volk in deinen Augen für alle Zeiten disqualifiziert?
                    Moral ändert sich, Ethik ändert sich. Die heutige kath. Kirche ist nicht mehr identisch mit der Kirche von 1938, falls du schon mal etwas vom Zweiten Vatikanischen Konzil gehört haben solltest.

                    Wenn man ganz genau forsscht, wird sich sicher zeigen, dass die Nazis alles assimiliert haben, was ihnen von Nutzen erschien.
                    Klar, wenn man unter einer solchen Prämisse bzw. Vorverurteilung anfängt, zu forschen, wird man auch zu einem solchen Ergebnis kommen.
                    Spannend sind aber nur ergebnisoffene Untersuchungen, die sich von dem Ballast einer staatstragenden und auch eingefahrenen Geschichtsideologie politischer Richtungen oder auch einfach der Generation unser Eltern zu lösen imstande sind und sich vor allen Dingen von selbstherrlicher Moral fernhalten können.
                    Was die Prämissen von Herrn Deschner in diesem Fall anbetrifft, so lasse ich das mal dahingestellt...
                    Zuletzt geändert von endar; 10.05.2004, 17:00.
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                      #40
                      Zitat von Spocky
                      Dem widerspricht beispielsweise auch folgendes Hitler-Zitat:
                      "Der Nationalsozialismus ist weder antikirchlich noch antireligiös, sondern im Gegenteil, er steht auf dem Boden eines wirklichen Christentums."

                      Sicher wurde auch viel aus dem heidnischen Brauchtum wieder übernommen (was übrigens auch die Kirche Tat, nur dass es bei den Nazis eben weit ausgeprägter war)

                      Es gibt auch Gegenbeispiele von Nazis, die eben immer wieder die Verbindung mit dem Christentum unterstreichen, so eben auch Streicher, der sich auf Luther beruft.
                      Ich vermute fast du hast mal gegoogelt und bist dan auf einer der Seiten gestoßen, die dieses und ähnliche Zitate in ähnlicher Absicht wie du verwenden, meist ohne Quellenangabe und zudem aus dem Zusammenhang gerissen. Genausogut kan man haufenweise Zitate finden, die das genaue Gegenteil wiederspiegeln, z.B. eine Seite mit "Tischgesprächen" Hitlers (Sorry, bin zu faul jetzt den link rauszusuchen). Ds von dir gebrachte Zitat entstammt einer sog. Saarkundgebung 1934, also einer an die Öffentlichkeit gerichteten Veranstaltung, die auch die Geschlossenheit der Deutschen zeigen sollte. Das Saargebiet ist überwiegend katholisch - um die "Herzen und Hirne" auch dieser bevölkerung zu gewinnen, kann ein solcher Hinweis also nicht schaden. Ähnliches kann für ein anderes Zitat aus "Mein Kampf" gelten. Ich persönlich halte die Aussagen "im kleinen Kreis" da für glaubwürdiger.
                      Zu Streicher: Dieser war Propagandist (beim Stürmer) - auch ihm kann also unterstellt werden, den Bezug zum Christentum durchaus mit Absicht hergestellt zu haben. Insbesondere nützlich war ihm dies bei seinen Versuchen, den Juden Ritualmorde an Kindern zu unterstellen, da solche Vorstellungen eben auch im christlichen Mittelalter herumgeisterten.

                      Man muss also vorsichtig sein mit einzelnen Zitaten die nicht in einem Kontext gesehen werden. Tatsächlich hat sich die Amtskirche als Institution nach 1933 nicht offen gegen die Nazis gestellt, aber das stellt sie nicht automatisch auch mit den nazis auf eine Treppe. Ansonsten kann ich mal wieder endar beipflichten.

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                        #41
                        Ebend. Wozu gibt es auch die gute alte Quellenkritik, nicht?
                        Hitler hat ja auch gesagt "Wir wollen gar keine Tschechen". Ich würde aber zur Vorsicht raten, anhand dieses Zitates auf einen tatsächlichen Friedenswillen Großdeutschlands zu schließen.
                        Und was den Herrn Streicher anbetrifft, so muss man bedenken, dass der Nationalsozialismus alles andere war als eine einheitlich gesteuerte und ideologisch in sich gefestigte Bewegung auf Grundlage von Überzeugungen (wie die CDU z.B. ), die von allen Nazis geteilt worden seien. Das Gegenteil war der Fall: Er war vielmehr in weiten Teilen nur chaotisch (wie die CDU z.B. ) und es gibt viele, die in Hitler eher einen sehen, der eher von Erfolg zu Erfolg gestolpert, denn geschritten sei.
                        Der Nationalsozialismus hatte Prämissen und Vorstellungen - die, wie der Antisemitismus, jeweils als Integrationsklammer gewirkt haben, aber innerhalb dieser Vorstellungen gab es selbstverständlich verschiedene Schulen.
                        Wenn jetzt Streicher dem christlich vulgären Antisemitismus anhing, so lässt sich daraus nur eine Aussage über Herrn Streicher selbst, aber nicht über z.B. Himmler, die SS oder den Nationalsozialismus an sich treffen. Auch vielen überzeugten Nazis war der Stürmer zu vulgär. Hitlers Wille - oder was man dafür hielt - stellte wohl insgesamt die wirksamste dieser Integrationsklammern dar.
                        Republicans hate ducklings!

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                          #42
                          Zitat von endar
                          @Spocky: So hartnäckig kenne ich dich ja gar nicht. Das, was ich hier referiere, sind Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung. Sie sind anhand von Dokumenten nachvollzieh- und belegbar. Machst du das in der Geologie auch so, dass du igonierst, was dir nicht gefällt?
                          Ausserdem finde ich, dass "Es bleibt Fakt..." oder "Es ist aber so, dass..." keine angemessene Diskussionsweise ist, wenn man sich über ein Thema sachlich und vor allem begründet unterhalten will.
                          Das kannst du nachlesen bei Deschner und die Kirche hat bis heute nicht mal den Versuch unternommen, öffentlich eines seiner Argumente in Frage zu stellen (wohl weil sie die Beweise selbst in Händen hält). Insofern glaub ich an meine Aussage, bis du mir das Gegenteil beweist

                          Zitat von endar
                          Zum Thema:
                          Dass die Kirche bei der Entstehung des Antisemitismus eine Rolle gespielt hat, wird ja kaum jemand bezweifeln. Aber das macht sie nicht zu einem Komplizen an den Synagogen-Brandstiftungen von 1938.
                          Du machst auch den Fehler, Kirche immer mit der katholischen Amtskirche oder dem Vatikan gleichzusetzen. Das ist aber einfach falsch. Kirche ist die Gesamtheit aller Christen - "wo zwei oder drei in meinem Namen zusammen sind". Also ist, wenn das Bodenvolk die Amtskirche zur inhaltlichen Bewegung bringt, das immer noch eine Leistung der Gesamtkirche.
                          Dass sie ein direkter (ausführender) Komplize der Reichskristallnacht war, habe ich ja auch nie behauptet. Wenn ich von Kirche rede, dann meine ich in der Regel ja auch die Kirchenoberen, also mindestens im Rang eines Bischofs. Das diese Bezeichnung nicht 100% korrekt ist, ist mir bewusst.

                          Es gibt Belege, die zeigen, dass Bischöfe Juden direkt ausgeliefert haben, so auch beim Bischof von München (afair). Insofern sind manche Kirchenoberen aber trotzdem direkte Komplizen gewesen (wobei das aber auch für einige Kommunisten in den KZs gilt). Auch das Verhalten des Papstes vor allem gegenüber der Situation in Kroatien macht ihm zu einem echten Verbrecher.

                          Bei der Flucht haben die katholischen Kirchenoberen auch vielen Nazigrößen geholfen, nach Südamerika zu entkommen. Auch das macht sie zu direkten Komplizen.

                          Natürlich gibt es auch viele Christen, die gegen die Nazis gekämpft haben.
                          Die einfachen Christen sind aber nicht die, die die große christliche Politik machen. Die Politik, die aus dem Volk kommt, ist auch sehr aus der Aufklärung geprägt worden. Vor der Aufklärung war das einfache Kirchenvolk ja auch sehr stark in der Hexenverfolgung engagiert, die ja ursprünglich vom Papst noch abgelehnt worden war.

                          Zitat von endar
                          Das kannst du nicht einfach von der Hand weisen, nur weil du kirchenfeindlich eingestellt bist.
                          Ich bin nur kirchenkritisch, nicht feindlich. Ich sage nicht, dass die Kirchen abgeschafft werden sollen, ich sage ihnen nur stets, dass sie nicht die großen Saubermänner sind, als die sie sich ständig präsentieren. Das wirst du ja wohl auch zugeben müssen (oder schau mal auf http://www.mutter-teresa.info/).

                          Zitat von endar
                          ich finde es vermessen, wenn wir aus unserer Position des vollen Bauches immer verlangen, jeder hätte alles bereits 1933 erkennen und verhindern müssen. Das ist eine ziemlich selbstgerechte Haltung.
                          Das ohnehin nicht, aber man hätte nicht jede Erniedrigung anderer Menschen wortlos hinnehmen müssen, wie dies viele (nicht alle) getan haben.

                          Zitat von endar
                          Auch diese von mir benannten Menschen im Widerstand bilden die Kirche, welche mehr ist als nur die Amtskirche, die sicherlich in vielen Punkten versagt hat - keine Frage.
                          Wie gesagt, in meinen Ausführungen berfuf ich mich hauptsächlich auf die Amtskirchen.

                          Zitat von endar
                          Aber die heutige Kirche hat ebenso das Recht, wie auch die Pflicht, sich auf diese Menschen zu berufen, genauso wie die Deutschen das Recht und die Pflicht haben, sich auf Widerstandskämpfer jeder Couleur zu berufen. (Natürlich sollte man sich nicht darauf beschränken, sich rein auf den Widerstand zu beschränken und so zu tun, als seien "die Nazis" immer die anderen gewesen).
                          Eben, aber gerade da versagt IMHO auch heute noch die Amtskirche.

                          Zitat von endar
                          Die Kirche hat natürlich auch die Pflicht, sich zum eigenen Versagen zu bekennen und da hat, das muss man ihm schon zurechnen, Johannes Paul II. mit seinem Schuldbekenntnis einen ersten Schritt/Versuch gemacht.
                          Sorry, aber genau dieses "Schuldbekenntnis nehm ich ihm nicht ab. Alles was er getan hat war, dass er sich für "begangenes Unrecht" entschuldigt hat, ohne konkret irgendwelche Fälle zu nennen. Das ist für mich - und viele andere - keine aktzeptable Entschuldigung.

                          Zitat von endar
                          Was schwebt dir denn vor? Historische Sippenhaft für das heutige Kirchenpersonal, während wir Deutschen das für die Nachgeborenen unserer eigenen Nation/Bevölkerung zu Recht immer abgelehnt haben? Hat sich auch das deutsche Volk in deinen Augen für alle Zeiten disqualifiziert?
                          Moral ändert sich, Ethik ändert sich. Die heutige kath. Kirche ist nicht mehr identisch mit der Kirche von 1938, falls du schon mal etwas vom Zweiten Vatikanischen Konzil gehört haben solltest.
                          Das deutsche Volk hat auch sehr viel für seine Schuld zahlen müssen, was beim Vatikan nicht der Fall ist. Außerdem hat "es" seine direkte Schuld zugegeben und sich oft genug für genau diese Verbrechen entschuldigt, was bei der Amtskirche immer noch nicht der Fall ist (s.o.)

                          Was die Ethik der Kirche angeht, so findest du also heute immer noch OK, wenn sie homosexuelle diskreditiert, Abtreibungsärzte verfolgt, Kinder lieber verhungern lässt, als zu verhindern oder ihre Gegner ganz einfach umbringt (was auch heute noch geschieht durch Kirchenmänner, wie erst letztes Jahr in den USA geschehen)? Du findest eine Sexualmoral gut, die dazu führt, dass Priester mit die größte Gruppe von Straftätern in Missbrauchsfällen von Kindern stellt?

                          Genau das waren die ersten Sachen, wegen denen ich auch angefangen habe, den Religionsunterricht abzulehnen und dem bist du ja ständig nur ausgewichen bei deinen Begründungen FÜR einen Religionsunterricht. Auch nicht sehr wissenschaftlich

                          @ Jack Crow: Die Seite habe ich nicht ergooglet. Ich kenne sie durch meine Moderatorentätigkeit auf http://freigeisterhaus.de
                          Vielleicht habt ihr ja Lust, dort auch mal reinzulesen. Da gibt es Menschen, die sich viel länger mit dem Thema Kirchenkritik beschäftigen, auch durchaus gläubige Menschen. Eine der Moderatorinnen ist auch noch gläubige Katholikin und kritisiert dennoch die Amtskirchen - wobei sie da eher aus anderen Grunden ihre Probleme hat (Paulus). Wir sind dort sehr an Kommunikation mit Gläubigen interessiert, vor allem wenn sie sachlich ist - wobei auch viele Atheisten dabei sehr unsachlich sind

                          Es gibt auch ein Deschner-Unterforum, wenn ihr zu dem Thema was loswerden wollt. - Wie gesagt, nur ein Angebot
                          Für meine Königin, die so reich wäre, wenn es sie nicht gäbe ;)
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                            #43
                            Zitat von Spocky
                            Genau das waren die ersten Sachen, wegen denen ich auch angefangen habe, den Religionsunterricht abzulehnen und dem bist du ja ständig nur ausgewichen bei deinen Begründungen FÜR einen Religionsunterricht. Auch nicht sehr wissenschaftlich
                            Also zunächst einmal: Die Diskussion um den Religionsunterricht fand gar nicht in diesem Thread statt, sondern in dem um die Evolution und Italien.

                            Zitat von Spocky
                            Das kannst du nachlesen bei Deschner und die Kirche hat bis heute nicht mal den Versuch unternommen, öffentlich eines seiner Argumente in Frage zu stellen (wohl weil sie die Beweise selbst in Händen hält). Insofern glaub ich an meine Aussage, bis du mir das Gegenteil beweist
                            Ich habe dir bereits einen Literaturhinweis geliefert und sogar Verweise auf Originalquellen als Erwiderung auf das von dir geschriebene angegeben.
                            Wenn du diese Form des wissenschaftlichen Umgangs nicht gelten lässt, bleibt mir nur zu sagen: mehr ist im Rahmen einer Diskussion im Internet nicht möglich, mehr kann ich nicht tun. Bevor ich neue "Beweise" anbringe, müsstest du erstmal die Fehlerhaftigkeit der von mir genannten Quellen anbringen.

                            Ich habe darüber hinaus auch nie behauptet, dass die Kirche aus "Saubermännern" bestanden habe, sondern ich schrieb, dass die Geschichte der (katholischen) Kirche und des "Dritten Reiches" aus Licht UND Schatten besteht.
                            Du brauchst mir darüberhinaus auch nicht zu unterstellen, ich würde die Homosexuellendiskriminierung (und andere Mißstände) in der katholischen Kirche gutheißen, nur weil ich differenziert(!) über ein(!) Thema diskutiere und nicht 15 einzelne - in sich jeweils umfangreiche - Themenkomplexe auf einmal abha(r)ke. Die Diskussion um den Religionsunterricht lief ja ohnehin auch in einem anderen Thread, hier ging es allein um die Kirche und das "Dritte Reich."
                            Aber sei's drum: Ich bin selber schwul und ich habe mich an meiner hochkatholischen Schule geoutet und habe dort von Seiten der Lehrer nur positives Feedback bekommen, auch von den Religionslehrern. Diese haben sehr wohl immer einen eigenen Standpunkt inngehabt und keineswegs kritiklos die Verlautbarungen von Ratzinger im Unterricht verlesen. Und da meine Schule als eine der besonders katholischen Schulen in der Region galt und gilt, kann ich mir über die Weltoffenheit des katholischen Religionsunterrichts in Nordwestniedersachsen wohl ein Urteil erlauben.

                            Für mich bleibt es dabei, was ich auch schon in dem anderen Thread geschrieben habe: Der Religionsunterricht ist nur eine Plakette! Wichtig ist das Lehrerkollegium im Ganzen: In einem erzkonservativen Dorf in Südbayern würden auch bei Abschaffung des Religionsunterrichts weiterhin auf genau dieselbe Weise erzkonservative Sichtweisen zu Abtreibung und Homosexualität gelehrt werden wie MIT dem Religionsuntericht.
                            Hier mit der Abschaffung des Religionsunterrichts irgendetwas an der Einstellung der Menschen ändern zu wollen, ist ähnlich naiv, wie die Vorstellung, durch Verbote von verfassungsfeindlichen Parteien irgendetwas an der Verbreitung der Ideologien dieser Richtungen ändern zu können.
                            So läuft das eben nicht. Die Kirchen sind gesellschaftlich bedeutsame Kräfte. Also solche muss man mit ihnen rechnen, ob es einem gefällt oder nicht. Stattdessen muss man eben Wert auf eine gute Ausbildung des Personals setzen und auf die Lehrpläne achten.
                            Wenn der Relgionsunterricht in Bayern z.B. homofeindlich und erzkonservativ ist, dann trägt dafür in erster Linie das bayerische Kultusministerium die Verantwortung. Und an der Einstellung dieser Behörde würde sich durch die Abschaffung des Religionsunterrichts nichts ändern. Man würde seine Werte stattdessen eben in Deutsch, Biologie und Gemeinschaftskunde vermitteln (was man wohl auch tut). Was brächte also die Abschaffung des Religionsunterrichs?
                            Ich sehe darüber hinaus nach wie vor auch nicht ein, wieso z.B. das Verhalten der katholischen Amtskirche dem evangelischen Religionsunterricht in Niedersachsen die moralische Legitimation entziehen sollte und wieso heutige Religionslehrer, die zwischen 1960 und 1975 geboren wurden, unter Verweis auf historische Verbrechen der Kirche nicht unterrichten dürften.

                            P.S. Was die sogenannte "Wiedergutmachung" anbetrifft, bei der das deutsche Volk so viel habe zahlen müssen, so kann ich dir wohl aus persönlicher Einsicht zahlreicher Wiedergutmachungsfälle in den Niedersächsischen Staatsarchiven von Oldenburg und Aurich angeben, dass die meisten Opfer gar nichts bekommen haben, so die Opfer von Denunziationen, gewalttätigen Übergriffen oder Sterilisationen oder auch Kriegsverweigerer.Die Anträge von Vertretern dieser Opfergruppen wurden teilweise unter - in unseren Augen - unglaublichen Begründungen abgelehnt.
                            Republicans hate ducklings!

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                              #44
                              Ups, das war im anderen Thread? Peinlich *rot anlauf*

                              Ich habe dir aber nicht unterstellt, du würdest die Ethik der Kirche gutheißen, sondern ich habe das als Frage formuliert, weil du mir bis dato nicht (und übrigends immer noch nicht) erklärt hattest, was du am momentanen Stand der christlichen Ethik so positiv findest. Wenn das anders rüberkam, tuts mir Leid. So wars nicht gemeint.

                              Was den Stand an meiner damaligen Schule angeht, so hab ich in einer Ex(temporale) (einer nicht angekündigten schriftlichen Arbeit) in Reli mal eine 5 bekommen, obwohl ich von der Punktzahl her eine 4 hätte bekommen müssen, mit der Begründung, ob ich mit meinen Ansichten ernsthaft erwartet habe, darauf noch eine 4 zu bekommen. Vielleicht begründet sich auch darauf meine Abneigung gegen das Schulfach, wer weiß.

                              Ich seh aber auch hier immer noch nicht, weshalb man konfessionsabhängigen Unterricht an Schulen durchführen sollte.
                              Für meine Königin, die so reich wäre, wenn es sie nicht gäbe ;)
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                                #45
                                Natürlich gibt es immer irgendwo Idioten, da muss man dann eben zum Kultusministerium gehen und sein Recht durchsetzen. Meist reicht schon die Androhung, um seinen Willen durchzusetzen. (Das haben wir mal bei einer Physikarbeit gemacht - die Nachschreibearbeit war offensichtlich anspruchsvoller.)

                                Zu deiner Frage: Ich kenne Kirche aus verschiedenen Perspektiven. Ich habe meine Wurzeln im niedersächsischen "bible-belt", also Südoldenburg (wo im "Dritten Reich" der Kreuzkampf stattfand), bin aber bereits im Vorschulalter nach Oldenburg verzogen (also eigentlich eher meine Eltern ). Da ich natürlich trotzdem weiterhin Großeltern habe/hatte , kenne ich sowohl die sehr fromm-gläubig geprägte Einstellung Südoldenburgs, wie das liberalere Umfeld Oldenburgs.
                                Durch meine Forschungen als Historiker und meine Kontakte auch zu Priestern weiß ich auch, dass es sehr verschiedene Menschen in der Kirche gibt. Die Erfahrungen sind insgesamt eher positiv, auch wenn ich kirchenkritisch eingestellt bin. Dogmatiker habe ich eigentlich wenig getroffen.
                                Ich persönlich begreife Kirche immer als Kirche von unten und weiß auch, dass Religionsunterricht von der "unteren Schicht" durchgeführt wird und bringe ihn daher nicht mit der katholischen Amtskirche in Verbindung. Ich bin kein Verfechter von Reli auf "Teufel komm raus". Es würde mich nicht stören, wenn man ihn durch nicht konfessionell gebundenen Ethikunterricht ersetzen würde. Nur die Erklärung, eine solche Abschaffung mit historischen Fehlern und Verbrechen zu begründen, finde ich eben nicht schlüssig.
                                Aber, wie ich schon schrieb, messe ich ihm auch keine große Bedeutung zu. Er ist ein Bestandteil von Bildung, der regional stark differiert und nicht unabhängig von der gesellschaftlichen Einstellung zur Religion eben jener jeweiligen Region betrachtet werden kann.
                                Wenn die Mecklenburger ihn abschaffen, sei mir das recht, wenn die Bayern ihn für wichtig halten, ebenso. Eine Abschaffung und Beibehaltung würde meines Erachtens am in der Schule vermittelten Gesellschaftsbild nicht wirklich etwas ändern.

                                gruß, endar
                                Republicans hate ducklings!

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