exorzismus - SciFi-Forum

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

exorzismus

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    #46
    Naja Wikipedia... Bei Geschichtsdaten ist es ja ganz gut, aber wenn es um wissenschaftliche Erkenntnisse geht, hab ich schon so manchen Artikel umschreiben müssen. Ich bin mir relativ sicher, das nicht bei allen Fällen die Störung des Serotonin-Spiegels auftritt. Es gibt ja auch eine ganze Menge verschiedener Arten von Depressionen. Allerdings muss ich zugeben, das meine Prüfung jetzt schon ein Jahr zurückliegt und ich da durchaus was mit den Ursachen durcheinander geworfen hab. Jetzt wo du es sagst... Ich schau das nochmal nach. Fakt ist, das die meist angewendete Gruppe von Antidepressiva die trizyklischen sind, und die wirkt eben nicht auf das serotinerge sondern auf das GABAerge System. Bei vielen Patienten wirken auch gar keine Medikamente, dafür aber eine normale Psychotherapie, bei anderen nur beides zusammen.
    But someday we'll catch a glimpse of eternity, as the world stands still for a moment.
    And I guess we will be making history, when we all join hands, just to watch the sky.
    For a moment...

    Kommentar


      #47
      Zitat von Kithomer2346
      Ich schau das nochmal nach.
      ja, das wär nett. würde mich interessieren. mir wurde es übrigens auch von ärztlicher seite so vermittelt wie oben beschrieben (meine mutter ist nämlich depressionskrank und die antidepressiva helfen ganz wunderbar)...
      aber vielleicht gilt diese erkenntnis auch einfach nur für die "gängigsten" depressionsarten.

      Zitat von Kithomer2346
      Bei vielen Patienten wirken auch gar keine Medikamente, dafür aber eine normale Psychotherapie, bei anderen nur beides zusammen.
      und wie stehts mit teufelsaustreibungen (siehe topic)?
      "Das Denken und die Methoden der Vergangenheit konnten die Weltkriege nicht verhindern,
      aber das Denken der Zukunft muß Kriege unmöglich machen." (Albert Einstein)

      Kommentar


        #48
        So, jetzt bin ich im Bilde!

        Es ist tatsächlich so, wie ich es schon zuvor gesagt hatte: Es gibt keine schlüssigen Erkenntnisse über den Zusammenhang von Serotonin, Dopamin oder irgend eines anderen Botenstoffes mit Depressionen. Es treten Zusammenhänge auf, doch sind diese sehr unterschiedlich. Außerdem ist die Reduktion der Depression (sowie jedes seelischen Zustandes) auf ausschließlich neurochemische Korrelate sehr fragwürdig. Die Serotonin-Hypothese wurde bereits mehrfach durch gegenteilige Befunde widerlegt (oder sagen wir besser abgeschwächt, widerlegt klingt so endgültig). So wurde beispielsweise absichtlich der Serotoninspiegel verändert, um evtl. Reaktionen zu beobachten. Es traten die verschiedensten Reaktionen von gar keiner, depressiver bis hin zur manischen oder gar schizophrenen Symptomatik. Auch umgekehrte Untersuchungen waren nicht schlüssig, wo Depressive auf diesen Neurotransmitter hin untersucht wurden. Auch hier wurden verschiedenste Auswirkungen bis hin zu völlig widersprüchlichen gefunden (serotinerg, GABAerg, noradrinerg in jeweils beide Richtungen).

        @Topic: 'Dämonenaustreibung' ist mMn eine reine Definitionsfrage und lediglich eine Verschiebung der Fragestellung. Wenn der Patient seinen negativen Gedanken, seine Aktivitäts- und Denkhemmung als 'Dämonen' ansieht, warum diese nicht 'austreiben'? Depressionen sind wie alle seelischen Zustände nur subjektiv erlebbar. Wenn ein Patient eben gläubig ist, und diesen Zustand auf eine 'Strafe Gottes' oder eben 'Dämonen' attribuiert, warum nicht? Ist doch allemal anschaulicher, als von einer gesteigerten Serotonin-Wiederaufnahme zu sprechen.
        Heutige Exorzisten sind soweit ich weiß auch eher psychologisch ausgebildet, und spenden Trost mithilfe ausgesuchter Zitate aus der Bibel. Die Zeiten des Aderlasses oder der Lobotomie sind glücklicherweise vorbei.
        But someday we'll catch a glimpse of eternity, as the world stands still for a moment.
        And I guess we will be making history, when we all join hands, just to watch the sky.
        For a moment...

        Kommentar


          #49
          Zitat von Kithomer2346
          So, jetzt bin ich im Bilde!
          danke für die aufklärung. allerdings dürften die meinungen in diesem bereich stark auseinandergehen, weil ich bisher von medizinern immer nur gehört hatte, dass es eine sache der gehirnchemie sei.

          Zitat von Kithomer2346
          Wenn ein Patient eben gläubig ist, und diesen Zustand auf eine 'Strafe Gottes' oder eben 'Dämonen' attribuiert, warum nicht? Ist doch allemal anschaulicher, als von einer gesteigerten Serotonin-Wiederaufnahme zu sprechen.
          argl!

          und du bist nicht der meinung, dass es gefährlich ist, einem ohnehin depressiven patienten auch noch was über dämonen zu erzählen?? *schauder* und was, wenn sich ein kranker mensch in ein solches weltbild hineinsteigert? oder den arzt verweigert, weil er dann zu glauben beginnt, sein leiden hätte keine medizinische ursache?
          btw., hast du den artikel über anneliese michel (eröffnungsposting) gelesen?

          außerdem glaube ich nicht, dass der durchschnittsbürger mit dem wort "serotonin-wiederaufnahme" überfordert ist. ist doch weitaus besser, als geschichten von dämonen und bösen geistern zu erzählen, die die menschen noch kränker machen, als sie schon sind.
          "Das Denken und die Methoden der Vergangenheit konnten die Weltkriege nicht verhindern,
          aber das Denken der Zukunft muß Kriege unmöglich machen." (Albert Einstein)

          Kommentar


            #50
            Zitat von loerp
            weil ich bisher von medizinern immer nur gehört hatte, dass es eine sache der gehirnchemie sei.
            *g* Das ist mir absolut klar, das die das behaupten. Mediziner reduzieren alles auf letztendlich körperliche Ursachen. Aber das ist genau das 'Leib-Seele-Problem', das in diesem Forum schon irgendwo diskutiert wurde. Sind wir nur die Summe unserer Teile oder mehr? Obwohl es auch für mich durchaus logisch klingt, das alles was wir denken, fühlen oder wahrnehmen 'nur' neurochemische Vorgänge sind.

            Zitat von loerp
            und du bist nicht der meinung, dass es gefährlich ist, einem ohnehin depressiven patienten auch noch was über dämonen zu erzählen??
            Doch bin ich natürlich schon. Natürlich würde ich einem depressiven Patienten nicht erzählen, das er von Dämonen besessen ist. Aber wenn er es ohnehin schon glaubt, bringt es rein gar nichts, zu versuchen ihn vom Gegenteil zu überzeugen. Zumal ja dieser Glaube auch noch durch evtl. Sinneswahrnehmungen, die durch die Depression begünstigt werden, unterstützt wird. So wie du jemanden der an Gott glaubt, nicht erzählen kannst, das sein Glaube nur elektrochemische Entladungen seiner Synapsen sind, wirst du jemanden der an Dämonen glaubt auch nicht davon überzeugen können. Allerdings bietet dieser Glaube durchaus einen Lösungsansatz.

            Zitat von loerp
            btw., hast du den artikel über anneliese michel (eröffnungsposting) gelesen?
            Ja, ich kenne den Fall der Anneliese Michel. Ihre Todesursache war ja auch nicht der durchgeführte Exorzismus, sondern die unterlassene Hilfeleistung. Sie ist verhungert. Sie wurde ganz klar völlig falsch behandelt, denn bei Epilepsie hilft nunmal kein Zuspruch, sondern da müssen Mediziner ran. Dass die Beteiligten das nicht eingesehen haben, darin liegt ihre Straftat und dafür wurden sie zurecht verurteilt.
            But someday we'll catch a glimpse of eternity, as the world stands still for a moment.
            And I guess we will be making history, when we all join hands, just to watch the sky.
            For a moment...

            Kommentar


              #51
              Zitat von Kithomer2346
              *g* Das ist mir absolut klar, das die das behaupten. Mediziner reduzieren alles auf letztendlich körperliche Ursachen.
              das tue ich aber auch ... kein wunder, dass ich mich mit theorien über gehirnchemie so schnell anfreunden kann

              Zitat von Kithomer2346
              So wie du jemanden der an Gott glaubt, nicht erzählen kannst, das sein Glaube nur elektrochemische Entladungen seiner Synapsen sind, wirst du jemanden der an Dämonen glaubt auch nicht davon überzeugen können.
              naja, erzählen wird man es ihm schon können... ob es viel sinn hat, ist eine andere frage.

              Zitat von Kithomer2346
              Allerdings bietet dieser Glaube durchaus einen Lösungsansatz.
              wieso? welchen lösungsansatz meinst du?

              Zitat von Kithomer2346
              Ja, ich kenne den Fall der Anneliese Michel. Ihre Todesursache war ja auch nicht der durchgeführte Exorzismus, sondern die unterlassene Hilfeleistung. Sie ist verhungert. Sie wurde ganz klar völlig falsch behandelt, denn bei Epilepsie hilft nunmal kein Zuspruch, sondern da müssen Mediziner ran.
              naja, bei der todesursache muss man die fanatische religiöse haltung aller beteiligten schon auch einschließen. wenn diese leute nicht überall den teufel gesehen hätten, wäre anneliese michel vermutlich ärztlich behandelt worden. aber die waren ja alle so in ihre ideen verstrickt, dass eine körperliche ursache nicht mal mehr in betracht gezogen wurde.
              "Das Denken und die Methoden der Vergangenheit konnten die Weltkriege nicht verhindern,
              aber das Denken der Zukunft muß Kriege unmöglich machen." (Albert Einstein)

              Kommentar


                #52
                Zitat von loerp
                das tue ich aber auch ... kein wunder, dass ich mich mit theorien über gehirnchemie so schnell anfreunden kann
                Ja, so hab ich auch mal gedacht. Ich hab am Anfang meines Studiums alle Bücher über Neurobiologie und Biopsychologie nur so verschlungen. Um dann feststellen zu müssen, das es so einfach nun aber doch nicht ist. Die Ergebnisse sind zu widersprüchlich. Identische Hirnzustände lösen bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Reaktionen aus und identische Reaktionen haben unterschiedliche Hirnzustände zur Folge. Aber wir forschen ja daran...

                Zitat von loerp
                wieso? welchen lösungsansatz meinst du?
                Ich meine keine speziellen Lösungsansatz, sondern das ich den Glauben der betreffenden Person in die Therapie einbeziehen würde. Es bringt, wie schon gesagt, nichts, den Patienten erst mal davon zu überzeugen, dass er 'Unsinn' glaubt. Wenn er meint, es seien Dämonen - gut. Dann geben wir den Dämonen Namen und treiben sie mit einer entsprechenden (ganz und gar konventionellen) Therapie aus!


                Zitat von loerp
                naja, bei der todesursache muss man die fanatische religiöse haltung aller beteiligten schon auch einschließen.
                Das ist zwar richtig aber dieser Fall ist ein extremer Ausnahmefall wo sowohl bei den Behandelnden als auch bei der Behandelten und ihren Angehörigen schwerwiegende Fehler gemacht wurden. Von diesem extremen Einzelfall jetzt auf den Rest der Kirche oder gar allen Gläubigen zu schließen, halte ich für falsch. Die Kirche leistet alles in allem mittlerweile eine sehr gute Arbeit bei der Betreuung von Kranken und Hilfebedürftigen.
                But someday we'll catch a glimpse of eternity, as the world stands still for a moment.
                And I guess we will be making history, when we all join hands, just to watch the sky.
                For a moment...

                Kommentar


                  #53
                  Ich meine keine speziellen Lösungsansatz, sondern das ich den Glauben der betreffenden Person in die Therapie einbeziehen würde. Es bringt, wie schon gesagt, nichts, den Patienten erst mal davon zu überzeugen, dass er 'Unsinn' glaubt. Wenn er meint, es seien Dämonen - gut. Dann geben wir den Dämonen Namen und treiben sie mit einer entsprechenden (ganz und gar konventionellen) Therapie aus!
                  Eine solcher Umgang mit dem Kranken würde in meinen Augen nur in den Fällen Sinn machen, in denen die Depression so schwach ausgeprägt ist, dass erwartungsgemäß schon die heilende Wirkung des Placebo-Effekts zur Behebung ausreichen könnte. Denn etwas anderes als eine Placebo-Wirkung wirst du dir von einer Dämonenaustreibung doch wohl nicht erhoffen, oder?

                  Bei einer schweren Depressionen wäre dann aber schon eher ein Versuch geboten, den Patienten von seinem Aberglauben abzubringen und ihm einen ernsthaften Therapieversuch nahezulegen. Denn die echten Ursachen solcher Störungen - ob es nun neurologische Störungen oder psychische Verstimmungen sind - werden durch Exorzismus genauso wenig behoben wie durch einen Voodoo-Tanz. Dafür versperrt dieser Kokolores aber die Möglichkeit, echte medizinische Maßnahmen anzuwenden, denn solange der Patient glaubt, er wäre von Dämonen besetzt, wird er ja wohl kaum noch zusätzlich einen Versuch mit Antidepressiva machen.

                  Eben ganz wie in der übrigen Medizin: Solange der Patient nur harmlose Wehwehchen hat, ist es nicht schlecht, wenn er es mit Homöopathie versucht (von deren Unwirksamkeit ich überzeugt bin), um die Chancen des Placebo-Effekts auszunützen. Wenn die Probleme aber ernster werden, kann ich in seinem Interesse nur hoffen, dass er sich einer sauberen Diagnose und Therapie bei einem Schulmediziner unterzieht.

                  Kommentar


                    #54
                    Zitat von Kithomer2346
                    Ja, so hab ich auch mal gedacht. Ich hab am Anfang meines Studiums alle Bücher über Neurobiologie und Biopsychologie nur so verschlungen. Um dann feststellen zu müssen, das es so einfach nun aber doch nicht ist.
                    ist ja lustig! ich hab früher ebenfalls umgekehrt gedacht! bei mir war es allerdings so, dass für mich die vorstellung einer "seele" immer unwahrscheinlicher wurde, bis ich sie schließlich fallen gelassen habe. eines der schlüsselerlebnisse hatte übrigens auch mit neurologie zu tun - mein freund ist an einem gehirntumor gestorben und ich habe miterlebt, wie sich seine persönlichkeit (also seine "seele") durch den tumor verändert hat. das sterben war dann echt grausig... da war nix spirituelles o.ä. dran. einfach nur die zerstörung des gehirns und der damit verbundenen lebensfunkionen.

                    Zitat von Kithomer2346
                    Die Ergebnisse sind zu widersprüchlich. Identische Hirnzustände lösen bei verschiedenen Menschen unterschiedliche Reaktionen aus und identische Reaktionen haben unterschiedliche Hirnzustände zur Folge. Aber wir forschen ja daran...
                    ja, aber das gehirn ist auch ein verdammt kompliziertes system
                    die widersprüchlichen reaktionen können auch dadurch zustandekommen, dass viele vorgänge einfach noch nicht erforscht sind und man dadurch wichtige fakten übersieht - muss also nichts "übernatürliches" sein.

                    Zitat von Kithomer2346
                    Es bringt, wie schon gesagt, nichts, den Patienten erst mal davon zu überzeugen, dass er 'Unsinn' glaubt. Wenn er meint, es seien Dämonen - gut. Dann geben wir den Dämonen Namen und treiben sie mit einer entsprechenden (ganz und gar konventionellen) Therapie aus!
                    das was du da sagst, ist möglicherweise in einzelfällen richtig. prinzipiell setzt es aber das bild eines unmündigen patienten voraus, der - sorry, jetzt mal überspitzt ausgedrückt - so dämlich ist, dass er die wahrheit sowieso nicht schnallt, also nach dem motto: lassen wir den armen idioten halt in seinem glauben wenns ihm hilft, er versteht es sowieso nicht besser... und diese haltung finde ich prinzipiell bedenklich.

                    ich glaube z.b. zu wissen, dass man z.b. psychatrie-patienten auf keinen fall in ihren wahnvorstellungen bestärken darf, oder irre ich mich da? (wohlgemerkt: ich rede jetzt von ähnlich schweren fällen wie anneliese michel, wo der geisterglaube schon an eine wahnvorstellung grenzt).

                    Zitat von Kithomer2346
                    Von diesem extremen Einzelfall jetzt auf den Rest der Kirche oder gar allen Gläubigen zu schließen, halte ich für falsch.
                    stimmt schon. aber es gibt immer wieder vergleichbare fälle, wenn auch weniger spektakulär. esoterik-jünger, die sich aufgrung völlig wirrer eso-lehren weigern, sich schulmedizinisch behandeln zu lassen, sind keine seltenheit. leider. auch bei schweren krankheitsbildern wie krebs wenden sich manche leute lieber an "geistheiler" oder schlucken fragwürdige nahrungsmittelzusätze o.ä., statt sich behandeln zu lassen - und das, obwohl diese menschen aus schulmedizinischer sicht oft sehr gute chancen hätten... leider sind sie nach der eso-"therapie" dann tot und können ihre "gurus" und "geistheiler" nicht mehr verklagen.

                    EDIT:
                    Zitat von 3of5
                    Bei einer schweren Depressionen wäre dann aber schon eher ein Versuch geboten, den Patienten von seinem Aberglauben abzubringen und ihm einen ernsthaften Therapieversuch nahezulegen. Denn die echten Ursachen solcher Störungen - ob es nun neurologische Störungen oder psychische Verstimmungen sind - werden durch Exorzismus genauso wenig behoben wie durch einen Voodoo-Tanz. Dafür versperrt dieser Kokolores aber die Möglichkeit, echte medizinische Maßnahmen anzuwenden, denn solange der Patient glaubt, er wäre von Dämonen besetzt, wird er ja wohl kaum noch zusätzlich einen Versuch mit Antidepressiva machen.
                    yep! 100% zustimmung!!!!
                    (übrigens bin ich ebenfalls davon überzeugt, dass es sich bei homöopathie um ein placebo handelt, aber das nur nebenbei.)
                    Zuletzt geändert von loerp; 10.08.2006, 15:55.
                    "Das Denken und die Methoden der Vergangenheit konnten die Weltkriege nicht verhindern,
                    aber das Denken der Zukunft muß Kriege unmöglich machen." (Albert Einstein)

                    Kommentar


                      #55
                      Zitat von 3of5
                      Eine solcher Umgang mit dem Kranken würde in meinen Augen nur in den Fällen Sinn machen, in denen die Depression so schwach ausgeprägt ist, dass erwartungsgemäß schon die heilende Wirkung des Placebo-Effekts zur Behebung ausreichen könnte. Denn etwas anderes als eine Placebo-Wirkung wirst du dir von einer Dämonenaustreibung doch wohl nicht erhoffen, oder?
                      Nein, so meinte ich das doch gar nicht! Ich mach doch nicht wirklich eine Dämonenaustreibung mit Weihwasser und Hokuspokus. Ich erklär das mal an einem Beispiel:

                      Der Patient kommt zu mir und ist überzeugt als Strafe für seine Sünden von einem Dämonen besessen zu sein. (Versündigungswahn oder Besessenheitswahn tritt relativ selten und nur bei schweren Depressionen auf)
                      Ich stelle dann konkrete Fragen, seit wann er den Dämonen hat und wie es sich genau äußert, das er besessen ist. Wenn es 'nur' eine Depression ist kommt in den meisten Fällen eine Antwort, das der Dämon verhindert das zu tun was die Person eigentlich tun will (Antriebshemmung) und das der Dämon die Gedanken ständig um die begangenen Sünden kreisen lässt (Denkhemmung). Dabei spielt es doch nun wirklich keine Rolle, ob ich ihm sage, das das überhaupt keine Dämonen sind, sondern die normalen Symptome einer Depression. Eine Therapie läuft für Depressive am besten so ab, das vorhandene Denkstrukturen verändert werden bzw. die Angst vor bestimmten Situationen genommen wird (eine Hauptkomponente der Depression). Die ganze Sache nenne ich dann nicht Psychotherapie, sondern 'Dämonenaustreibung'. Ich verändere nur die Wörter, der Inhalt bleibt der Gleiche und das allein das kann Wunder wirken! Der Patient fühlt sich verstanden und vertraut mir als Psychologe. Wenn das so hinhaut ist schon die Hälfte gewonnen. Wenn ich das nicht machen würde, sondern ihm sagen würde, das er Unsinn glaubt und ich ihm jetzt mal erzähle was wirklich mit ihm los ist, läuft der mir mit hoher Wahrscheinlichkeit weg und geht zu irgend einem 'Geistheiler', der ihn vermeintlich versteht. Was ist nun schlimmer? Zudem kommt noch, das diese Wahnvorstellungen Folge der Depression sind. Bei schweren Depressionen, wo dieser Wahn auftreten kann, wird ohnehin medikativ behandelt um den Patienten erstmal therapiefähig zu machen. Was glaubt ihr, ist der Patient eher bereit sich der Medikation zu unterziehen, wenn man ihm sagt das es die Dämonen vertreibt oder das dadurch sein Hirnstoffwechsel verändert wird? Und wenn er aus dem Schlimmsten raus ist, glaubt er in 90% der Fälle ohnehin nicht mehr an Dämonen.


                      Zitat von Loerp
                      mein freund ist an einem gehirntumor gestorben und ich habe miterlebt, wie sich seine persönlichkeit (also seine "seele") durch den tumor verändert hat.
                      Oh nein, das tut mir so leid. Es muss so schlimm für dich gewesen sein, nicht nur seinen Körper zu verlieren, sondern auch noch seine Persönlichkeit. Und hilflos zuschauen zu müssen... Tut mir wirklich leid für dich

                      Zitat von Loerp
                      aber das gehirn ist auch ein verdammt kompliziertes system
                      die widersprüchlichen reaktionen können auch dadurch zustandekommen, dass viele vorgänge einfach noch nicht erforscht sind und man dadurch wichtige fakten übersieht
                      Wie ich im grunde schon angedeutet hab, glaube ich auch eher an die Neurochemie als eine 'Seele'. Trotzdem wird es niemals eine Lösung für das Leib-Seele-Problem geben. Ich vermute einfach, das sich Menschen nicht nur in ihrem Denken unterscheiden, sondern das die einzelnen Gehirne selbst individuell sind. Allein dadurch, dass sich Gehirne körperlich unterscheiden, reagieren sie auch unterschiedlich. Bis hin zur unterschiedlichen Ausschüttung von Neurotransmittern.

                      Ich hoffe den Rest deiner Fragen hab ich schon mit der Antwort auf 3of5 beantwortet
                      Zuletzt geändert von Kithomer2346; 10.08.2006, 16:54.
                      But someday we'll catch a glimpse of eternity, as the world stands still for a moment.
                      And I guess we will be making history, when we all join hands, just to watch the sky.
                      For a moment...

                      Kommentar


                        #56
                        Zitat von Kithomer2346
                        Was glaubt ihr, ist der Patient eher bereit sich der Medikation zu unterziehen, wenn man ihm sagt das es die Dämonen vertreibt oder das dadurch sein Hirnstoffwechsel verändert wird? Und wenn er aus dem Schlimmsten raus ist, glaubt er in 90% der Fälle ohnehin nicht mehr an Dämonen.
                        hmmmm... *grübel* *denk* ... ich bin ja leider nicht vom fach, habe aber immer wieder gehört, dass es ein absolutes "don't" ist, auf die wahnideen eines kranken einzugehen... immerhin soll der arzt dem patienten ja helfen, sich von seinen wahnideen zu distanzieren. und das geht nur, wenn der arzt für den kranken die realität repräsentiert - und nicht teil der kranken wahnwelt wird, oder mal das eine und mal das andere sagt. ausserdem ist ein arzt ja eine autoritätsperson und wenn diese autoritätsperson dann auch noch anfängt, von "dämonen" zu reden, wie soll der kranke dann aus seiner wahn-welt aussteigen können?

                        ich kann mich natürlich in eine solche situation nur schwer hineinversetzen, aber wenn ich die wahnvorstellung hätte, von einem dämon besessen zu sein, würde es mich nicht beruhigen, wenn der arzt zu mir sagte, würde mir einen dämon austreiben ... mein erster gedanke wäre: "wer weiß, ob der das kann? der dämon ist vielleicht stärker oder will mich täuschen usw." ich glaube, dass es mich eher beruhigen würde zu hören, dass es sich um eine erkrankung handelt, die sich so anfühlt, als wäre man von einem dämon besessen und dass andere leute auch davon betroffen sind.

                        außerdem ist die situation, die du beschreibst, ja bereits ein arzt-patienten-gespräch. ich könnte mir eventuell noch vorstellen, dass angehörige sich solcher tricks bedienen können, um den kranken überhaupt in eine arztpraxis zu kriegen - bei der vorstellung, dass ein arzt einem menschen mit wahnvorstellungen auch noch recht gibt, kriege ich irgendwie gänsehaut ...

                        Oh nein, das tut mir so leid. Es muss so schlimm für dich gewesen sein, nicht nur seinen Körper zu verlieren, sondern auch noch seine Persönlichkeit. Und hilflos zuschauen zu müssen...
                        total nett von dir! danke! ja, diese zeit war sehr ernüchternd...

                        Trotzdem wird es niemals eine Lösung für das Leib-Seele-Problem geben.
                        was spricht deiner meinung nach für die existenz einer seele?
                        "Das Denken und die Methoden der Vergangenheit konnten die Weltkriege nicht verhindern,
                        aber das Denken der Zukunft muß Kriege unmöglich machen." (Albert Einstein)

                        Kommentar


                          #57
                          Zitat von loerp
                          ich habe aber immer wieder gehört, dass es ein absolutes "don't" ist, auf die wahnideen eines kranken einzugehen... immerhin soll der arzt dem patienten ja helfen, sich von seinen wahnideen zu distanzieren. und das geht nur, wenn der arzt für den kranken die realität repräsentiert
                          Das ist nicht so einfach. Du übersiehst das ein Patient mit einer Psychose nicht einfach wieder auf "normal" umschalten kann. Es gibt keine Realität für den Patienten in dieser Situation, die er nur nicht sieht. Er ist in seinem Wahnsystem gefangen und alles was der Psychiater sagt wird ohnehin nur in dieses System integriert. Das einzige Mittel an ihn heranzukommen ist, sich auf dieses System einzulassen. Ich war mal bei einem Versuch dabei, wo ein Patient mit Schizophrenie, ein Professor der Physik, glaubte, aus der Heizung kämen Stimmen. Er hat sich dafür ein System konstruiert, das niemand der Ärzte auch nur annähernd durchschauen konnte. Er hatte quasi einen "wissenschaftlichen Beleg" dafür gefunden, dass aus der Heizung Stimmen kämen, inklusive aller Berechnungen und nötigen Beweise. Er konnte alles was ihm gesagt wurde einfach widerlegen. Was soll man in dieser Situation machen? Man muss sich darauf einlassen. Neuere Untersuchungen von Systemikern (diese Schule glaubt unter anderem, das psychische Störungen aller Art durch Kommunikationsprobleme verursacht werden, die in ihrem jeweiligen Bezugssystem vorherrschen) zeigen recht gute Ergebnisse, gerade wenn man sich auf den Wahn einlässt.

                          Zitat von loerp
                          was spricht deiner meinung nach für die existenz einer seele?
                          Gute Frage. Das lässt sich auf naturwissenschaftlichem Weg vermutlich nicht klären. Die 'Seele' lässt sich ja nicht lokalisieren und präsentieren, wobei dies jedoch der einzige Beweis wäre, den strikte Verneiner einer 'Seele' gelten lassen würden. Es wird nie neurochemische Beweise dafür geben, denn dann wäre die Seele ja wieder etwas Körperliches. Es sind meist philosophische Überlegungen die dazu führen, das es so etwas wie die Seele geben muss. Beispiel: Der Mensch nimmt sich selbst als Mängelwesen wahr. Doch woher kommt diese Überzeugung, wenn wir noch nie etwas wirklich perfektes gesehen haben? Woher kommt unsere Vorstellung von Perfektion? Wir müssen ja irgend etwas als Vergleich benutzen. An dieser Stelle kommt dann die 'Seele ' ins Spiel. Das sind wir vermutlich in Perfektion ohne unseren mangelhaften Körper und daran messen wir, wenn wir von Perfektion sprechen.

                          Das sind natürlich nur philosophische Spielereien, die dazu dienen den Horizont ein wenig zu öffnen. Die Frage nach der Seele ist letztlich eine Glaubensfrage.
                          Zuletzt geändert von Kithomer2346; 11.08.2006, 20:36.
                          But someday we'll catch a glimpse of eternity, as the world stands still for a moment.
                          And I guess we will be making history, when we all join hands, just to watch the sky.
                          For a moment...

                          Kommentar


                            #58
                            Ist für euch die Seele gleichwertig mit Bewußtsein?

                            Für mich schon. Die größten Indizien das Sitz und Ursache im Gehirn sind, sind doch psycho-aktive Drogen, Medikamente oder Z.B. Hirnströme/keine Hirnströme bei Hirntod.

                            Auch Computertomogramme die Aktivitäten von gezielt benutzen Arealen zeigen.

                            Das sind alles Indizien für neuronale Ursachen des Bewußtsein/Seele. Natürlich kann man Gedanken als solche(noch) nicht erfassen. Zum Glück.


                            Zur Bessenheit: Ich denke es gibt sie in Form von singulären und multiblen Persönlichkeitsstörungen. Sie entsteht wenn man sich zu sehr in einen labilen (Eigen)Persönlichkeitszustand, mit anderen Persönlichkeiten identifiziert und dieses auf sich überträgt.

                            Wie bei einem Schauspieler der in eine Rolle schlüpft. Dieser kann sich allerdings distanzieren und sie wieder ablegen. Der Besessene nicht.

                            Also ist nur meine persönliche Meinung dazu.

                            Kommentar


                              #59
                              Es sind meist philosophische Überlegungen die dazu führen, das es so etwas wie die Seele geben muss.
                              Heute bestimmt nicht mehr

                              Die heutigen Philosophen sind fast ausnahmslos Materialisten (bzw. Physikalisten). Moderne Philosophen sind meist sogar bessere und konsequentere Materialisten als Neurophysiologen, die oft immer noch die Vorstellung haben, das Gehirn verhalte sich zum Bewusstsein wie die Nieren zum Urin - d.h. die Vorstellung, das Bewusstsein wäre irgendeine Sache, die im Gehirn "produziert" oder vom Gehirn "hervorgebracht" wird. Was aber bereits falsch ist und schon viel zu weit im Richtung Leib-Seelen-Dualismus geht.

                              Beispiel: Der Mensch nimmt sich selbst als Mängelwesen wahr. Doch woher kommt diese Überzeugung, wenn wir noch nie etwas wirklich perfektes gesehen haben? Woher kommt unsere Vorstellung von Perfektion? Wir müssen ja irgend etwas als Vergleich benutzen. An dieser Stelle kommt dann die 'Seele ' ins Spiel. Das sind wir vermutlich in Perfektion ohne unseren mangelhaften Körper und daran messen wir, wenn wir von Perfektion sprechen.
                              Das Argument stammt, soweit ich weiß, von Platon und geht ein bischen anders. Platon fragt sich: Woher haben wir Menschen die Idee bzw. den Bergiff des Gleichen, obwohl niemals zwei physikalische Dinge uneingeschränkt gleich sind? Oder: Woher haben wir die Ideen des Schönen und Guten, obwohl in der Natur nie etwas uneingeschränkt schön oder gut ist? Platon argumentiert, dass wir diese Ideen nur aus der Schau von etwas uneingeschränkt Gleichem, Gutem oder Schönem gewonnen haben können und weil wir dazu in der physischen Welt keine Gelegenheit haben, müssen wir schon vor unserer Geburt als bloße Seelen existiert haben.

                              Das Argument ist natürlich, wie man leicht sieht, ausgesprochen schwach. Denn auch wenn es in der Natur kein absolute Gleichheit zwischen zwei Dingen gibt, gibt es ja dennoch Paare, die sich mehr oder weniger gleich sind. Und das legt die Annahme nahe, dass wir die genannten Begriffe durch Konstruktion eines idealen Grenzwerts fortschreitender Annäherung gewinnen.

                              habe dazu passenderweise gerade einen Text von Patzig zur Hand:

                              "Eine Reihe von Paaren von empirischen Gegenständen abnehmender Ungleichheit liefert uns die Erfahrungsbasis einer Progression, deren Grenzwert wir als "absolute Gleichheit" definieren. Die Bekanntschaft mit einem Super-Gegenstandspaar, das absolut gleich wäre, brauchen wir für diese Begriffsbildung nicht."

                              Kommentar


                                #60
                                Zitat von 3of5
                                Heute bestimmt nicht mehr

                                Die heutigen Philosophen sind fast ausnahmslos Materialisten (bzw. Physikalisten). Moderne Philosophen sind meist sogar bessere und konsequentere Materialisten als Neurophysiologen, die oft immer noch die Vorstellung haben, das Gehirn verhalte sich zum Bewusstsein wie die Nieren zum Urin - d.h. die Vorstellung, das Bewusstsein wäre irgendeine Sache, die im Gehirn "produziert" oder vom Gehirn "hervorgebracht" wird. Was aber bereits falsch ist und schon viel zu weit im Richtung Leib-Seelen-Dualismus geht.
                                Und was ist daran konsequenter oder fortschrittlicher?

                                Probleme sehen darin doch nur Philosophen...

                                Wohl eher ist der Vergleich mit Software/Hardware besser. Das Gehirn ist die Hardware, das Bewußtsein die Software welche sich das Leben lang weiterentwickelt.

                                Jedenfalls sind die von mir genannten Indizien von Neurologen entwickelt worden und nicht von Philosophen. Indizien die man sehen kann. Und die praktischen Wert haben. Im Gegensatz zu irgendwelche verschachtelten Thesen, welche sich empirisch eh nie beweisen lassen.


                                Das Argument ist natürlich, wie man leicht sieht, ausgesprochen schwach. Denn auch wenn es in der Natur kein absolute Gleichheit zwischen zwei Dingen gibt, gibt es ja dennoch Paare, die sich mehr oder weniger gleich sind. Und das legt die Annahme nahe, dass wir die genannten Begriffe durch Konstruktion eines idealen Grenzwerts fortschreitender Annäherung gewinnen.

                                habe gerade dazu passenderweise gerade einen Text von Patzig zur Hand:

                                "Eine Reihe von Paaren von empirischen Gegenständen abnehmender Ungleichheit liefert uns die Erfahrungsbasis einer Progression, deren Grenzwert wir als "absolute Gleichheit" definieren. Die Bekanntschaft mit einem Super-Gegenstandspaar, das absolut gleich wäre, brauchen wir für diese Begriffsbildung nicht."
                                Gegensatzpaare die eine Einheit bilden könnte die einfachste Erkärung sein.

                                Allerdings ist das Bewußtsein/Seele komplexer und wird wohl über (viele)andere Merkmale definiert.

                                Da streben nach Perfektion ist das zu erreichen, was wir in der Natur niemals vorfinden. Verbessern und optimieren. Ein evolutionärer Antrieb.

                                Kommentar

                                Lädt...
                                X