Kryonik - eiskalt in die Zukunft? - SciFi-Forum

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Kryonik - eiskalt in die Zukunft?

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    #16
    @kenner:
    Wenn es ganz dick kommen sollte, lässt sich immer noch Selbstmord begehen. Aber als Daumenregel kann man doch wirklich festhalten, dass die Zukunft besser aussschaut als die Gegenwart.
    Das ist aber eine Regel, die viele Ausnahmen kennt. Stell dir vor, ein römischer Bürger des 2. Jahrhunderts hätte sich einfrieren lassen () - nach dem Untergang Roms hätte er bis zum Hochmittelalter warten müssen, um in einer Zeit von vergleichbarerem zivilisatorischen Niveau zu erwachen. Und bis zum 19. Jahrhundert, um ein vergleichbares Niveau an religiöser Toleranz zu erleben.

    Was die Zukunft angeht, spricht schon einiges dafür, dass wir dunkle Zeitalter vor uns haben: Das Ende des Öl-Zeitalters, die fortschreitende Überbevölkerung, der Bevölkerungsrückgang im Westen, der auch für ein Aussterben liberaler Ideen sorgen könnte usw. usw.

    Insbesondere unsere westlichen Werte - Demokratie, Meinungsfreiheit, Selbstbestimmung etc. - halte ich für eine sehr empfindliche Pflanze. Historisch gesehen sind sie eine absolute Ausnahme, und deshalb würde ich nicht darauf wetten, dass davon in 200 Jahren noch etwas übrig ist. Und möchte ich in einem technisch hochentwickelten, aber faschistischen Staat aufwachen?

    Prinzipiell glaube ich aber nicht, dass Kryonik überhaupt funktioniert. Es wird ja doch zu viel vom Gehirn beschädigt, und Technologien, die einen solchen Schaden reparieren könnten, sind nicht mal in Sicht. Vielleicht haben die Menschen der Zukunft auch was besseres zu tun, als irgendwelche Primitivlinge aus dem frühen 21. Jahrhundert aufzutauen

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      #17
      Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen

      Das ist aber eine Regel, die viele Ausnahmen kennt. (...)
      Zugegeben, das war natürlich schon eine recht kühne Verallgemeinerung.

      Aber selbst die Erwartungshaltung, dass die Zukunft finster werden wird, stellt keinen handfesten Anti-Kryonik-Grund dar. Man nehme nämlich einmal an, es gäbe keine metaphysischen, technischen, finanziellen und juristischen Probleme einen Menschen einzufrieren und zu einem späteren Zeitpunkt zurückzubringen. Dann wäre die Entscheidung gegen Kryonik gleichzusetzen mit Selbstmord. Für Selbstmord gibt es nun eine riesige Liste von Gründen, einige davon gesellschaftlich anerkannt, andere nicht. Selbstmord aus dem Grund, dass man die erwartete düstere Zukunft nicht erleben möchte, fällt in die letztere Kategorie- und das völlig zu Recht. Man kann rational zum dem Schluss gelangen, dass die gegenwärtige Existenz unerträglich ist, aber die Mutmaßung, dass sie in Zukunft unerträglich sein wird, ist wohl eher Ergebnis einer Depression und sollte entsprechend nicht zur Grundlage einer Entscheidung um Leben und Tod herangenommen werden. Das mag anders sein, wenn man vollständige Gewissheit über zukünftige Ereignisse besitzt (man kennt etwa den Verlauf einer unheilbaren Krankeit an der man leidet), aber das ist bei Spekulationen über die Zukunft der Menscheit, Umwelt etc. ja nicht der Fall.
      Zuletzt geändert von KennerderEpisoden; 13.08.2009, 17:10.
      I reject your reality and substitute my own! (Adam Savage)

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        #18
        Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
        1. Wenn das alles so einfach ist, wieso tut es dann fast keiner? Die Nachfrage nach dem Kühlschrank müsste doch riesig groß sein, wo doch jeder dem Sensenmann nur zu gern ein Schnippchen schlagen möchte.
        Ich glaube, dass dies mit einem Phänomen des menschlichen Gehirns zusammenhängt: dem Status-Quo-Bias. Das menschliche Gehirn bevorzugt i.A. Szenarien, die keine Änderung des Etablierten bedeuten. Dazu gibt es interessante psychologische Studien. Auch ist ein Kryoniker in gewisser Hinsicht ein Außenseiter, denn er bricht mit Konventionen. Das ist natürlich nichts für jeden.

        Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
        2. Sind die Prämissen (insbesondere 1,3 und 4) überhaupt realistisch?
        Als Kryoniker widerspreche ich der Annahme, es handle sich um Prämissen (im Sinne von Glaubensgrundsätzen). Kryonik ist ein medizinisches Experiment. Die Kontrollgruppe dagegen sieht jedenfalls bisher nicht besonders gut aus.

        Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
        3. Sollte man überhaupt danach steben, dem Tod auf unbestimmte Zeit zu entgehen?
        Versucht man dies nicht bereits auch so täglich? Nicht dass dies die Frage beantworten würde. Aber ich sehe nicht den Punkt.

        Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
        4. Sollte sich die Idee durchsetzten: Zahlt das dann auch meine Krankenkasse?
        Keine Ahnung. Bist du privat versichert? Üblicherweise wird Kryonik über eine Risikolebensversicherung finanziert. 30 € pro Monat oder so.

        Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
        Oder auch ganz allgemein gefragt: Was soll man von der Kryonik halten? Ist sie ein Schwindel, eine Ersatzreligion oder gar "die Zukunft"?
        Es ist möglicherweise eine Zeitmaschine.

        Ich persönlich bin Agnostiker. Ich habe also keine Ahnung, ob etwa ein möglicherweise existierender Gott etwas gegen Kryonik oder vielleicht auch schon etwas gegen Antibiotika hat. Aber Kryonik eine Ersatzreligion? Genau so wenig wie etablierte Medizin, würde ich sagen.
        Zuletzt geändert von Frostie; 14.08.2009, 06:03.

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          #19
          Wäre es möglich bei einem Menschen durch den Unterkühlungseffekt die Bildung von Eiskristallen zu verhindern und dennoch die notwendigen niedrigen Temperaturen zu erreichen?

          http://de.wikipedia.org/wiki/Unterk%...(Thermodynamik)

          Würde dies gelingen, so würden keine Zellwände aufgrund der fehlenden Eiskristalle platzen und der Mensch wäre dennoch gekühlt.


          Natürlich müßte man den Körper dann so lagern, daß das darin enthaltene Wasser nicht durch äußere Einwirkung schlagartig gefriert.
          Ein paar praktische Links:
          In Deutschland empfangbare FreeTV Programme und die jeweiligen Satellitenpositionen
          Aktuelles Satellitenbild
          Radioaktivitätsmessnetz des BfS

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            #20
            Zitat von Cordess Beitrag anzeigen
            Wäre es möglich bei einem Menschen durch den Unterkühlungseffekt die Bildung von Eiskristallen zu verhindern und dennoch die notwendigen niedrigen Temperaturen zu erreichen?

            http://de.wikipedia.org/wiki/Unterk%C3%BChlung_(Thermodynamik)

            Würde dies gelingen, so würden keine Zellwände aufgrund der fehlenden Eiskristalle platzen und der Mensch wäre dennoch gekühlt.
            Bei der üblichen Vitrifikationslösung M22 liegt die Glasübergangstemperatur bei -123.3°C. Hört man vor dem Glasübergang auf noch tiefer zu kühlen, würde dies doch deinem Szenario entsprechen.

            Nun gilt es zu prüfen, ob z.B. -120°C für Kryonik reicht. Mit der Arrhenius-Gleichung lässt sich ausrechnen, dass chemische Reaktionen, die bei Zimmertemperatur eine Sekunde benötigen, bei -120°C etwa vier Jahre brauchen. Wenn es also z.B. noch 240 Jahre braucht, bis man Kryonauten reanimieren kann, würde ein heute derart unterkühlter Körper entsprechend 1 Minute Zimmertemperatur ertragen müssen. Klingt nicht fatal. Allerdings kenne ich die Toxizität von M22 nicht gut genug, und ob diese auch nach dieser Einwirkzeit gut von fortgeschrittener molekularer Nanotechnologie kompensiert werden könnte. Andererseits erhöht das vermutlich die Gesamteinwirkzeit von M22 nicht wesentlich.

            Bei der üblichen Lagertemperatur von -195.8°C ergibt die Gleichung übrigens ca. 25 Milliarden Jahre.
            Zuletzt geändert von Frostie; 15.08.2009, 08:45. Grund: etwas gekürzt

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              #21
              Zitat von Mondkalb Beitrag anzeigen
              Momentan ist das ein einträgliches Geschäftsmodell für einige wenige Firmen und Organisationen.
              Wie das? Die beiden großen Anbieter (Alcor Life Extension Foundation und Cryonics Institute) dürfen aufgrund ihrer Gesellschaftsform überhaupt keinen Profit erwirtschaften.

              Zitat von Mondkalb Beitrag anzeigen
              Der Prozess und vor allem die Lagerung ist teuer, weswegen sich das wohl hauptsächlich reiche Exzentriker per Testament erlauben.
              Wie gesagt: Üblicherweise wird Kryonik über eine Risikolebensversicherung finanziert. 30 € pro Monat oder so.

              Zitat von Mondkalb Beitrag anzeigen
              Die momentanen Erfolgsaussichten dürften wegen der unzulänglichen heutigen Technik und der schon angesprochenen allgemeinen Probleme beim Einfrierprozess bei Null liegen.
              Vielleicht. Es gibt allerdings reichlich Wissenschaftler, die das anders sehen. Mit einem flüchtigen Blick in die Thematik lässt sich das halt nicht adäquat beurteilen.

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                #22
                Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                Was die Zukunft angeht, spricht schon einiges dafür, dass wir dunkle Zeitalter vor uns haben: Das Ende des Öl-Zeitalters,
                Oh wie freue ich mich auf eine Zeit, in der Öl zu kostbar ist, um es durch Verbrennungsmotoren zu jagen.

                Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                die fortschreitende Überbevölkerung,
                Solche Warnungen erinnern mich an die alte Prognose, dass wir im Jahr 2000 alle metertief in Pferdedung begraben sein würden, weil das Verkehrsaufkommen so rasant ansteigt. Vielleicht wird die Menschheit ja sogar eine Dyson-Sphäre bauen, wer weiß.

                Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                der Bevölkerungsrückgang im Westen, der auch für ein Aussterben liberaler Ideen sorgen könnte usw. usw.
                Kryonik könnte hier vielleicht entgegenwirken

                Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                Insbesondere unsere westlichen Werte - Demokratie, Meinungsfreiheit, Selbstbestimmung etc. - halte ich für eine sehr empfindliche Pflanze. Historisch gesehen sind sie eine absolute Ausnahme, und deshalb würde ich nicht darauf wetten, dass davon in 200 Jahren noch etwas übrig ist. Und möchte ich in einem technisch hochentwickelten, aber faschistischen Staat aufwachen?
                Ist nicht vielmehr zu beobachten, dass die Anzahl der Demokratien über die Zeit ansteigt?

                Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                Prinzipiell glaube ich aber nicht, dass Kryonik überhaupt funktioniert. Es wird ja doch zu viel vom Gehirn beschädigt,
                Unter dem Mikroskop sah entsprechendes Gewebe viel versprechend aus, so viel ich weiß. Weiterhin wird die Technik laufend verbessert.

                Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                und Technologien, die einen solchen Schaden reparieren könnten, sind nicht mal in Sicht. Vielleicht haben die Menschen der Zukunft auch was besseres zu tun, als irgendwelche Primitivlinge aus dem frühen 21. Jahrhundert aufzutauen
                Es ist anzunehmen, dass die Anzahl der Kryonik-Interessenten steigt, wenn (aufgrund des technisches Fortschritts) immer absehbarer wird, dass Kryonik reversibel funktioniert. Warum sollten diese Interessenten sich nicht weiterhin in Gesellschaften formieren, die zeigen wollen, dass das Verfahren reversibel ist?

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                  #23
                  Zitat von Aylen Beitrag anzeigen
                  aber selbst wenn das einfrieren ohne schäden funktionieren sollte ist die andre frage ob man danach noch in der lage ist den körper quasi wieder "hochzufahren" denn beim einfrieren wird jeglicher stoffwechsel bzw. jegliche form von leben "gestoppt" ist also nicht mal nur eben herz wieder zum schlagen bringen o.ä. die ganzen zellen müssten sozusagen wieder in gang gebracht werden, oder irre ich mich da ?
                  kann natürlich auch sein dass der körper einfach von selbst wieder anfängt zu laufen sobald er aufgetaut wurde aber das bezweifel ich ^^
                  Nun, vitrifizierte Kaninchennieren (-45 °C) hat man wieder aufgetaut und erfolgreich in Kaninchen transplantiert. Das ging ohne besonderen Startmechanismus. [Fahy et al. 2006]

                  Die anderen Organe scheinen so etwas auch nicht zu benötigen. Zumindest gibt es da diesen Fall der Norwegerin Anna Bågenholm, die drei Stunden klinisch tot war (14,4 °C). Kein Herzschlag, keine Hirntätigkeit. Sie hat sozusagen ihren Tod ohne bleibende Schäden überstanden. [Zeit.de 2000]
                  Zuletzt geändert von Frostie; 19.09.2009, 14:44. Grund: leicht gekürzt

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                    #24
                    Gestern fand ein angehender Kryoniker den Weg zu Sandra Maischberger: DasErste.de - Menschen bei Maischberger - Gäste vom 02.02.2010

                    Die ablehnenden Erwiderungen der Runde waren recht platt, wie ich finde; von Menschen, die es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr lange machen werden, sollte man doch eine gewisse Offenheit erwarten können, wenn es um Wege geht, dem Sensenmann ein Schnippchen zu schlagen.
                    Eine eiligs erstellte Straßenumfrage sollte noch untermauern, dass Sames (der angehende Kryoniker) eine absolute Minderheitsmeinung vertritt. Man hätte den Leuten die Kontrollfrage stellen sollen, ob sie denn sterben wollen. Wie der Rest der Sendung war, weiß ich jetzt nicht, dafür waren mir die anderen Gäste zu uninteressant.
                    I reject your reality and substitute my own! (Adam Savage)

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                      #25
                      Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
                      Gestern fand ein angehender Kryoniker den Weg zu Sandra Maischberge
                      Die Sendung lässt sich online anschauen. Prof. Dr. Klaus Sames kommt kurz nach Minute 52 hinzu. Erst ab da wird Kryonik besprochen.

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                        #26
                        Anfang Oktober gab es ein Kryonik-Symposium. Eines der Vorträge ist nun auf YouTube zu sehen.

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                          #27
                          Zitat von 3of5
                          I WANT YOU FOR:
                          perlenschmuggler.de
                          Hm. Spam?

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                            #28
                            Zitat von Frostie Beitrag anzeigen
                            Anfang Oktober gab es ein Kryonik-Symposium.
                            European Hospital berichtete nun über das Symposium, siehe Seite 16:

                            EH @ MEDICA (1/2010)

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                              #29
                              Zitat von HMS Fearless Beitrag anzeigen
                              Afaik ist das medizinische Hauptproblem beim Einfrieren die Kristalbildung der Zellflüssigkeit. Diese Eiskristalle zerstören die Zellwände.
                              Man müsste also den ganzen Körper bis in die letzte Zelle mit Frostschutzmittel anreichern (und zwar vor dem Kreislaufstillstand und dem Kühlprozess) um dies zu verhindern.
                              Jedoch gibt es schlicht kein Frostschutzmittel, welches nicht schon lange vor Erreichen der nötigen Konzentration für den Körper toxisch wäre.

                              In der Transplantationsmedizin gibt es bereits Erfolg versprechende Forschungen in dieser Richtung. Es gibt inzwischen Mischungen von Frostschutzmitteln, mit denen man einzelne Organe unbeschadet einfrieren und wieder auftauen kann. Dies mit dem Ziel, die sonst nur sehr kurzfristig haltbaren Organe besser verteilen zu können. Diese Mischungen sind meines Wissens nach zwar noch im Experimentalstadium, aber schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

                              Gebrauch machen würde ich von der Kryonik wohl eher nicht. Was soll ich in einer Zukunft, in der alle meine Freunde und Verwandten tot sind, ich gar keinen sozialen Status mehr habe und womöglich noch völlig unzufrieden wäre mit der gesellschaftlichen Entwicklung?
                              "En trollmand! Den har en trollmand!"

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                                #30
                                Zitat von Liopleurodon Beitrag anzeigen
                                Gebrauch machen würde ich von der Kryonik wohl eher nicht? Was soll ich in einer Zukunft, in der alle meine Freunde und Verwandten tot sind, ich gar keinen sozialen Status mehr habe und womöglich noch völlig unzufrieden wäre mit der gesellschaftlichen Entwicklung?
                                Dir ein neues Leben aufbauen, neue Freunde gewinnen, usw. Dass Leute wieder bei Null anfangen müssen, gibt es doch auch in der Realität, da braucht es keine Zeitreise in die Zukunft per Kryonik.

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