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Captain Future - Meuterei

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    Captain Future - Meuterei

    Rache und Reue liegt in den letzten Zügen, daher nutze ich die Gelegenheit für einen Ausblick auf die unmittelbare Fortsetzung.

    Meuterei ist keine betuliche Liebesgeschichte wie Rache und Reue, es geht um Mord, Verschwörung, Raumschlachten, Sex, Untreue und ein großes Raumschiff. Es wird dramatisch, aber auch humorvoll und ein wenig tragisch. Und es wird einiges an Kriegsmaterial zu Bruch gehen.

    Die Geschichte ist bereits von einem französischen CF-Fan übersetzt worden und hat unter der französischen Fangemeinde sehr, sehr großen Anklang gefunden.

    Die Hauptrollen bestreiten Joan und ihre Freundin Katherine. Einige, in Rache und Reue von mir eingeführte, Charaktere werden mehr zu Wort kommen und näher beleuchtet. Neue, interessante Charaktere werden dabei sein, die euch gefallen werden. Und die Bösewichte sind wirklich zum Liebhaben böse!

    Man soll sich ja nicht selbst loben, aber ich liebe diese Story. Sie zu schreiben hat mir wahnsinnig viel Spaß bereitet.

    Ich kann euch versprechen, Meuterei ist ein Kracher und wird euch gefallen! Ich freu mich drauf, bald geht es los!
    Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

    Mission accomplished.

    #2
    Ich sag nur: Hot Rod, Hot Rod, Hot Rod!
    Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
    Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
    Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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      #3
      Der hat es dir angetan, wie? ;-)
      Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

      Mission accomplished.

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        #4
        Meine absolute Lieblingsgeschichte von Dir (zumindest bisher, mal sehen, was sonst noch so aus deiner Feder quillt).

        Schön, dass Du sie hier wieder einstellst.
        ZUKUNFT -
        das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
        Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
        Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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          #5
          Montag geht es los!
          Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

          Mission accomplished.

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            #6
            Meuterei

            Kapitel 1

            Katherine war an diesem Morgen sehr früh wach geworden. Mit einer Tasse dampfenden Kaffees stand sie, nur in Shorts und einem Tankshirt bekleidet, barfuß auf der Veranda des Hauses ihrer Eltern. Sie hatte wie so oft ihr schulterlanges, tiefschwarzes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden und einige verirrte Strähnen fielen ihr in die Stirn. Der Rest des Hauses schlief noch, ihre Eltern Ted und Eve, ihr jüngerer Bruder Steven und ihr Verlobter John. Dieser Morgen versprach einen neuen, heißen Tag in diesem Juli des Jahres 2203 und Katherine genoss den Sonnenaufgang. Es war der letzte Tag ihres gemeinsamen Urlaubs, den sie und John bei Katherines Eltern in Alabama verbrachten. Am Abend sollten beide zurück nach New York City aufbrechen um am nächsten Tag wieder ihre Arbeit bei der Weltraumpolizeibehörde aufzunehmen. Katherine arbeitete dort als Polizeipsychologin im Range eines Majors, John war Captain und Leiter der Kommunikationszentrale und IT-Sicherheit.

            Am Vorabend hatte John bei Katherines Vater um ihre Hand angehalten. John hatte sich an diesem Abend sehr unwohl gefühlt, denn Katherines Vater war der ehemalige Profiboxer Theodore „Ted, the Bad“ Ballard, der mit 200 Siegen in 210 Kämpfen eine lebende Legende war und im Alter von knapp sechzig Jahren immer noch eine bedrohliche Erscheinung darstellte. Des Weiteren war John neun Jahre jünger als Katherine, was ihn befürchten ließ, dass Ted John nicht für den geeigneten Schwiegersohn hielt. Zu Johns Überraschung hatte Ted nicht lange gezögert und statt Johns Hand den ganzen John gepackt und freudestrahlend umarmt. Überhaupt war John angetan von Katherines liebevollem familiärem Umfeld. Die Art, wie die Ballards miteinander umgingen, kannte John nur aus kitschigen Romanen, er selbst hatte eine schwierige Kindheit und Jugend mit einer Mutter, die er kaum kannte und einem Vater, der sein Geld lieber in Glücksspiel als in seinen eigenen Sohn investierte. Umso mehr fühlte sich John in Katherines Familie überaus geborgen und angenommen.

            Katherine nahm just in dem Moment einen Schluck aus ihrem Kaffeebecher, als sie ein paar kräftige Hände auf ihren Hüften und einen warmen Atem in ihrem Nacken spürte. Katherine drehte leicht ihren Kopf und sah in ein paar liebevolle, braune Augen, die sie anstrahlten.
            „Guten Morgen, Cowboy!“, hauchte Katherine.

            „Hey, Southern Belle, gut geschlafen?“, fragte John. Cowboy und Southern Belle waren die Spitznamen, die sich John und Katherine vor drei Jahren gegeben hatten, als sie sich kennenlernten. Katherine nannte John auf Grund seiner Herkunft so, er stammte aus Oklahoma. Southern Belle war daher nichts als eine reine Retourkutsche. Katherine war Südstaatlerin und machte aus ihrer Herkunft keinen Hehl. Oft fluchte sie humorvoll vor sich hin und verfiel nicht selten in ihren breiten Südstaatenakzent, der an der Ostküste nicht allzu gerne gehört wurde.

            Katherine grinste breit und sah John mit ihren stahlgrauen Augen an. „Oh, ja, das habe ich. John, das war ein wunderschöner Urlaub mit dir und ich möchte dir für den letzten Abend danken. Dein Antrag war das größte Geschenk, das du mir machen konntest.“

            „Wollen wir nur hoffen, dass dein John mir ein noch größeres Geschenk macht“, hörte sie eine tiefe Stimme aus der Küche grollen. Ted stapfte mit einem Morgenmantel bekleidet und zwei Kaffeetassen bewaffnet auf die Veranda und drückte John eine in die Hand. „Kat, mach hin, du bist mittlerweile vierunddreißig. Schaff mir endlich einen Enkel ran.“ Ted stand jetzt neben John und grinste ihn an.

            Nach dem gemeinsamen Frühstück ging Katherine duschen und sich ankleiden. Während sie sich vor dem großen Spiegel in ihrem Zimmer abtrocknete, betrachtete sie sich eingehend von oben bis unten. Sie war durchtrainiert und schlank, hatte ihre weiblichen Rundungen dort, wo sie hingehörten und ihre wohlgeformten Brüste waren straff wie bei einem Teenager. „Du siehst immer noch ganz passabel aus, für dein Alter“, war einer der vielen respektlosen Sprüche, wie sie ihr Bruder Steven gerne austeilte. Aber insgeheim gab Katherine ihrem kleinen Bruder Recht. Sie gefiel sich selbst, obwohl ihr Körper einen winzigen optischen Makel hatte: vor fast genau einem Jahr wurde sie von einem Verrückten vor dem New Yorker Gerichtsgebäude mit einem alten Revolver angeschossen. Die Kugel hatte ihre linke Schulter durchschlagen und das Schlüsselbein zertrümmert. Die Ärzte hatten in einer sechsstündigen Operation ihr ein künstliches Schlüsselbein eingesetzt und nun erinnerte Katherine nur noch eine feine rote Linie mit einer kleinen, sternförmigen Narbe an diesen schicksalhaften Tag, an dem der Attentäter und ein wunderbarer Mensch, der zu ihrem Freundeskreis gehörte, den Tod fanden. Das Summen ihres Kommunikators riss sie aus ihren Gedanken. Es war ihr direkter Vorgesetzter, Marshall Ezella Garnie, Chef der Weltraumpolizeibehörde, ein verwegener Haudegen und Polizist alter Schule. Sie ging ran und drückte die Freisprechtaste.
            „Ja, Ballard hier“, rief sie in das Gerät, während sie sich ein frisches T-Shirt überstreifte.

            „Garnie!“ dröhnte es aus dem Lautsprecher. „Katherine, wie geht es Ihnen? Hatten Sie einen schönen Urlaub?“

            „Absolut, Sir, danke der Nachfrage. Leider, wie immer, zu kurz.“

            „Ich möchte gleich zur Sache kommen, Katherine“, sagte Garnie mit ernstem Unterton. „Wenn Sie morgen früh hier aufschlagen, will ich, dass Sie gleich eine Reisetasche für etwa eine Woche mitnehmen.“

            „Sir? Ich verstehe nicht?!“, gab Katherine verwundert zurück.

            „Sie werden alte Bekannte wiedertreffen. Ich will, dass Sie und Lieutenant Landor sich ins Samedi-System begeben. Der Schlachtkreuzer Tennessee befindet sich dort. Man hat dieser Tage den gesuchten Colonel Abraham Tovin festgenommen und wird ihn auf der Tennessee zur Erde bringen. Sie werden die ersten Ermittlungen aufnehmen, Joan wird Sie unterstützen und Ihnen auch als Personenschutz dienen.“

            Katherine musste lachen. „Sir, wieso brauche ich Personenschutz auf einem Kriegsschiff der Solaren Flotte? Es sind tausendfünfhundert ausgebildete Soldaten an Bord.“

            „Katherine, die Sache ist ernst. Auf dem Schiff werden Sie den Personenschutz nicht brauchen, aber unter Umständen werden Sie Ermittlungen auf Sameda II durchführen, und die Stimmung ist nach Tovins Amoklauf sehr gereizt. Die Samedaner hegen derzeit einen starken Groll gegen Menschen und die Behörden, die der terranischen Regierung derzeit noch wohlgesonnen sind, haben alle Mühe, den Mob im Zaum zu halten. Wenn ich jetzt noch Soldaten da runter schicke, könnte das Pulverfass hochgehen. Nehmen Sie unauffällige Zivilkleidung mit. Alles weitere erfahren Sie morgen im Briefing. Ich erwarte Sie um neun in meinem Büro. Genießen Sie den Rest Ihres letzten Urlaubstages. Bis morgen, Katherine.“ Garnie schaltete ab.

            Katherine saß auf der Kante ihres Bettes und starrte den Kommunikator an, den sie jetzt in der Hand hielt. Sie wusste von dem Amoklauf, den Colonel Tovin vor einer Woche auf Sameda II verübt hatte. Aus bislang unerklärlichen Gründen lief der hochdekorierte Spaceranger in voller Uniform durch die Straßen von Samad, der Hauptstadt, und warf mit Handgranaten um sich. Fünfundsiebzig Samedaner, Männer, Frauen und Kinder, kamen dabei ums Leben, mehrere Hundert wurden zum Teil schwer verletzt. Tovin schaffte es, mit einem Raumjäger den Planeten zu verlassen, wurde jedoch von der terranischen Korvette Rampage, die zur Eskorte der Tennessee gehörte, aufgebracht. Der Vorfall führte zu politischen und diplomatischen Spannungen zwischen der terranischen und der samedanischen Regierung, die zwar innerhalb kürzester Zeit beigelegt werden konnten, aber die samedanische Regierung beharrte noch auf der Auslieferung Tovins, was für ihn nach samedanischer Rechtsprechung die sofortige Todesstrafe bedeutet hätte. Im Hinblick auf die intergalaktische Grundrechtskonvention, die die Todesstrafe ächtete, verweigerte die terranische Regierung jedoch die Auslieferung. Gerade diese Haltung ließ die samedanische Bevölkerung erzürnen, sie verlangte Genugtuung in Form einer Hinrichtung des Täters. Die Situation war in jeder Hinsicht brandgefährlich. Katherines Gedanken wanderten zum Schlachtkreuzer Tennessee, einem der größten und kampfstärksten Schiffe der Flotte und Flaggschiff der „Vorgeschobenen Expeditionsgruppe“, einem äußerst schlagkräftigem Kampfverband, bestehend aus dem Schlachtkreuzer, sechs Korvetten, einem Jagdträger und einer Lazarettfregatte. Katherine kannte die Tennessee sehr gut, sie hatte vor zwei Jahren selbst sechs Monate auf dem Schiff verbracht und für die Weltraumpolizeibehörde verschiedene Missionen durchgeführt. Mit Bedauern hatte sie aufgenommen, dass der damalige Kommandant, Commodore Hank Taggart, in den Ruhestand gegangen war. Seine Nachfolge hatte der Erste Offizier, Commander Joachim Becker übernommen. Becker war, ganz im Gegensatz zu „Papa“ Taggart, ein strenger und bei der Besatzung unbeliebter Prinzipienreiter. Auch wenn Becker sich gegenüber Katherine stets zuvorkommend verhalten hatte, hielt sich ihre Sympathie für den deutschen Offizier in überschaubaren Grenzen.
            Katherine hörte Schritte auf der Treppe und beeilte sich mit dem Anziehen. Es war John, der ihr gemeinsames Schlafzimmer betrat. „Ich habe dich von unten reden gehört und meine Marshall Garnie erkannt zu haben. Ist irgendwas passiert?“, fragte der einen Meter neunzig große Mann und sah seine Verlobte sorgenvoll an.

            Katherine seufzte. „Ja, sie haben Tovin gefasst.“

            John bemerkte an Katherines Tonfall, dass sie etwas damit zu tun haben musste. „Und man erwartet dich bereits in New York, damit du den Fall übernimmst, richtig? Das könnte dir doch die Beförderung zum Commander einbringen.“

            „Ja“, brummte Katherine missmutig, „man erwartet mich bereits, allerdings nicht im Präsidium, sondern im Samedi-System, auf der Tennessee. Ich soll von dort aus sozusagen verdeckt ermitteln. Joan wird mich begleiten.“

            Johns Mundwinkel gingen nach unten während er Katherine in den Arm nahm. „Kat, du hast in den Nachrichten gesehen, dass dieser Amoklauf bürgerkriegsähnliche Zustände dort ausgelöst hat. Sei bitte vorsichtig!“
            Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

            Mission accomplished.

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              #7
              Als Katherine tags darauf den Besprechungsraum, der direkt an Garnies Vorzimmer grenzte, betrat, wurde sie bereits von Joan, Curtis Newton und ihrem Chef erwartet. Garnie begrüßte die Polizeipsychologin mit einer väterlichen Umarmung und sagte: „Bitte nehmen Sie Platz, Major. Ich möchte keine Zeit verlieren. Die Unterlagen, die ich Ihnen gestern Abend habe schicken lassen, haben Sie studiert?“ Katherine nickte stumm. „Gut, Sie und Lieutenant Landor gehen gleich an Bord der PTV-54, unserem schnellsten Gefangenentransporter. Er bringt Sie beide nach Sameda II beziehungsweise zur Tennessee. Melden Sie sich dort bei Commander Rodriguez, dem Ersten Offizier. Sie haben das Kommando über eine fünfzehnköpfige, leicht bewaffnete Polizeieinheit …“ Garnie blickte den breit grinsenden Curtis streng an, der Mühe hatte, nicht lauthals loszulachen. „Curtis, lässt du uns bitte an deinem Amüsement teilhaben?“

              „Commander Rodriguez? Etwa Hernando Rodriguez de Munoz y Aragon?“, fragte Curtis unter Gelächter.

              Garnie sah auf sein Datapad, immer noch nicht verstehend, warum der Name dieses Flottenoffiziers ihn so zum Lachen brachte. „Ja, de Munoz y Aragon, aber was ist daran so komisch?“

              Curtis brüllte vor Lachen und rieb sich Tränen aus den Augen. „Ich kenne den Mann, sein Spitzname ist … hahaha… sein Spitzname ist ‚Hot Rod‘!“

              „Hot Rod?“, fragten die beiden Frauen im Chor.

              „Ja, ‚Hot Rod‘ Rodriguez … Kat, sieh dich vor ihm vor. Du auch Joan, er ist bekannt als einer der schlimmsten Schürzenjäger in der Flotte, wenn nicht sogar DER schlimmste von allen. Er steht vor allem auf dunkelhaarige Frauen, lässt aber auch sonst nichts anbrennen. Als Offizier ist er ein brillanter Taktiker, Waffensystemtechniker und Menschenführer, aber als Mann ist er – sagen wir – etwas zu stark testosterongesteuert.“

              Die Frauen verdrehten die Augen und selbst Garnie musste schmunzeln: „Danke für die Information, können wir jetzt fortfahren?“

              Die anderen sahen sich kurz grinsend an und nickten dem Marshall zu, sodass dieser fortfuhr. „Katherine, Joan, lassen Sie mich kurz auf Colonel Tovin zu sprechen kommen“, sagte Garnie und nahm eine dicke Akte zur Hand, in der er herumblätterte. „Colonel Abraham Jake Tovin, sechsundvierzig Jahre alt, stammt aus Venice Beach, Kalifornien. Trat mit zwanzig den Space Marines bei, typische Offizierslaufbahn. Einzelkämpfer und Kampfsportler. Seit zweiundzwanzig Jahren Spaceranger. Mehrere Auszeichnungen für Tapferkeit und hervorragende Einzelleistungen. Nicht verheiratet, keine Kinder. Keine Disziplinarstrafen, gilt allerdings als leicht reizbar und hitzköpfig und neigt zu verbalen Ausrutschern, wurde aber nie gegenüber Vorgesetzten, Untergebenen oder Zivilisten gewalttätig. Im Großen und Ganzen ein Soldat ohne Fehl und Tadel.“ Garnie machte eine kurze Gedankenpause und sah Katherine und Joan ernst an. „Major, ich will wissen, was mit diesem Mann passiert ist! Finden Sie um Himmels Willen heraus, warum sich Tovin zu solch einer Gräueltat hat hinreißen lassen“, sagte Garnie energisch und klopfte, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, hart mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die Tischplatte.

              „Jawohl Sir“, gab Katherine selbstbewusst zurück. „Wir werden unser Bestes geben.“

              „Das weiß ich, Katherine“, antwortete Garnie lächelnd. „Deswegen schicke ich meine besten Leute. Wenn Sie keine Fragen mehr haben, sind Sie beide hiermit entlassen. Ich wünsche Ihnen beiden viel Erfolg und bitte seien Sie vorsichtig. Die Lage auf Sameda II verschärft sich täglich.“


              Auf dem Weg zum Landefeld gingen Joan und Curtis Arm in Arm hinter Katherine her. „Was wirst du jetzt machen, während ich weg bin?“, fragte Joan den großen rothaarigen Mann mit dem dichten Backenbart leise.

              „Ich werde mich auf den Weg ins Haroa-System machen. Ich habe eine Information erhalten, dass man Kuolun und Nurara dort gesehen haben will. Es ist nur ein vager Hinweis, aber ich muss dem nachgehen.“

              Der größenwahnsinnige Wissenschaftler und Schwerverbrecher Vul Kuolun war vor zwei Jahren zu lebenslanger Haft in einem Hochsicherheitsgefängnis verurteilt worden. Vor gut einem Jahr stürzte aus bisher immer noch ungeklärten Gründen ein unbemanntes Raumschiff auf das Gefängnis und zerstörte es fast vollständig. Es gab viele tausend Tote und Verletzte. Kuolun wurde nicht gefunden und galt lange Zeit als vermisst, bis die lokalen Behörden Airams ihn Anfang dieses Jahres offiziell für tot erklärt hatten. Seine Begleiterin und Ex-Geliebte Nurara verschwand zum gleichen Zeitpunkt von der Bildfläche. Nurara war damals mit einem Mädchen schwanger, ihre Tochter musste mittlerweile ungefähr ein halbes Jahr alt sein. Curtis Newton hatte arge Zweifel an der Theorie von Kuoluns Tod. Für ihn war es sonnenklar, dass Nurara, die ihrerseits an einer Resozialisierungsmaßnahme erfolgreich teilgenommen hatte und von Präsident Cashew im Anschluss begnadigt wurde, verantwortlich für den Absturz jenes Raumschiffes und Kuoluns Verschwinden war. Nur beweisen konnte er zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts.

              „Curt, ich will ja nicht sagen, dass du einem Phantom hinterherjagst, aber findest du nicht, dass du endlich mal die Vergangenheit ruhen lassen solltest? Wir haben seit über einem Jahr nichts mehr von Kuolun und Nurara gehört. Vielleicht ist Kuolun tatsächlich zu Asche verbrannt und Nurara hat sich mit Jelana zur Ruhe gesetzt? An einem Ort, an dem sie mit ihrem Kind allein und in Frieden leben kann? “ Joan sah Curtis mit ihren großen blauen Augen fragend an.

              „Vielleicht“, brummte er, „vielleicht auch nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Nurara Kuolun befreit und dabei den Tod vieler tausend Unbeteiligter in Kauf genommen hat. Ja, ich kenne den Untersuchungsbericht, aus dem hervorgeht, dass nicht mehr festgestellt werden konnte, ob das abgestürzte Schiff manipuliert wurde oder einen technischen Defekt hatte. Aber die Tatsache, dass man Sprengstoffreste an den Wrackteilen gefunden hat, lässt zumindest mich darauf schließen, dass dieses Schiff nicht ganz ohne fremde Hilfe abgestürzt ist. Umso bedauerlicher finde ich es, zu wissen, dass Nurara dahinter stecken muss. Ich habe Nurara zu allem fähig gehalten, aber einen Massenmord hätte ich ihr auch vor ihrer Resozialisierung niemals zugetraut. Zu keiner Zeit …“ Curtis war stehen geblieben und sah Joan traurig an. Er wusste, was Joan von Nurara hielt. Anfangs war es Eifersucht, dann entwickelte sich zwischen den beiden Frauen langsam ein vertrauendes, freundschaftliches Verhältnis und kurz vor ihrem Verschwinden hatte Nurara Joan unter Inkaufnahme einer Fehlgeburt das Leben gerettet. Mittlerweile hielt Joan große Stücke auf die Marsianerin. Er hasste es, Joan desillusionieren zu müssen, aber für ihn lagen die Fakten klar auf der Hand. Nurara hatte Kuolun befreit und bevor beide der Galaxis wieder Schaden zufügen konnten, musste er, weil die offiziellen Behörden – inklusive Joans Chef Garnie – keine Veranlassung sahen, tätig zu werden, sich selbst auf die Suche nach dem Verbrecherduo machen.

              Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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                #8
                Kapitel 2


                Die dreitägige Reise ins Samedi-System war mehr als ereignislos. Joan und Katherine verbrachten die meiste Zeit damit, den beiden Piloten Rick und Luke beim Kartenspiel den Sold aus den Taschen zu ziehen. Katherine verlor am dritten Tag die Lust am Kartenspiel und zog sich in ihre kleine Kabine zurück, um nochmals die Unterlagen, die sie von Garnie erhalten hatte, durchzugehen. Der Tathergang des Amoklaufes war detailliert und minutiös beschrieben, aber etwas schien nicht zu stimmen. Colonel Tovin hatte bei den ersten Vernehmungen ausgesagt, dass er sich nicht erinnern konnte, wie er mit dem Raumjäger überhaupt ins Weltall gekommen sei. Um jedoch ein schnelles kleines Kampfschiff fliegen zu können, brauchte man aber hundertprozentige Sinne und einen klaren Verstand. Tovin hatte zu Protokoll gegeben, dass das Letzte, woran er sich erinnerte, sein Betreten einer Bar war, um dort jemanden zu treffen. Hatte man ihn betäubt oder gar unter Drogen gesetzt? Das würde erklären, warum sich Tovin nicht an seine Tat erinnern konnte. Katherine war aber bis zu diesem Zeitpunkt keine bewusstseinsmindernde Droge bekannt, die dennoch das Führen eines Raumschiffes ermöglichte und als Psychologin wusste sie über eine ganze Reihe illegaler Drogen Bescheid.
                Eine Lautsprecherdurchsage aus dem Cockpit riss Katherine aus ihren Gedanken. „Wir sind soeben im Samedi-System angekommen, die Tennessee liegt direkt vor uns. Wir haben Landefreigabe und setzen in fünf Minuten auf.“
                Katherine sprang von ihrer Koje auf und ging schnellen Schrittes nach vorne zu den beiden Piloten. Joan hatte bereits hinter den beiden Männern Platz genommen und beobachtete den Landeanflug. Der Schlachtkreuzer Tennessee lag in seiner ganzen Pracht vor ihnen. Eintausenddreihundert Meter lang, an der breitesten Stelle knapp vierhundert Meter breit und fünfundsechzig Decks hoch. Der Rumpf wirkte harmonisch wie ein geducktes Insekt und war gespickt mit zig Waffentürmen, die ihrerseits die Ausmaße von vierstöckigen Mehrfamilienhäusern hatten. Dieses Schiff war schnittig, schön und gefährlich aussehend zugleich. Die Tennessee wurde eskortiert von zwei verschiedenen Arten von Korvetten. Der eine Typ war plump und wirkte behäbig, war aber übersäht von dutzenden verschiedener Waffenaufbauten, der andere Typ hatte einen fassförmigen Bug und einen nadeldünnen Rumpf, der viele kleine Schnellfeuerkanonen und Blastertürme trug. Letzterer Korvettentyp war eine Art Kanonenboot, der mit seiner Waffenanordnung einen Schirm um sich und das zu eskortierende Großkampfschiff aufbauen konnte, um anfliegende Bomber und Jäger abzufangen. Der andere Korvettentyp war dafür gedacht, mittels schwerem Geschützfeuer und Lenkwaffen kleinere und mittlere kapitale Raumschiffe anzugreifen. Katherine zählte von beiden Mustern jeweils drei Schiffe. Hinter der Tennessee erkannte sie ein graues, containerförmiges Schiff mit einem großen, haifischmaulähnlichem Bug, der Flottenträger Courageous, sowie ein pfeilförmiges, an eine Yacht erinnerndes Schiff, das sich als die Lazarettfregatte Cherish identifizierte. Die siebenhundert Meter lange Courageous trug zwei komplette Geschwader Raumjäger mit einhundertvierundvierzig Maschinen und ein komplettes Bombergeschwader in sich. Dazu kamen unzählige Fähren, Versorgungsschiffe und Schlepper.
                „Das ist der absolute Wahnsinn“, keuchte Katherine. Da sie zu ihrer Uniformhose nur ein T-Shirt trug, konnte man eine Gänsehaut auf ihren Armen sehen. Der Anblick dieser imposanten Flotte verschlug ihr den Atem. Die beiden Piloten stimmten ihr zu.

                „Also ich kann Kriegsschiffen gar nichts abgewinnen“, gab Joan säuerlich zurück. „Sie sind hässlich, sie stinken innen drin und sind nur zum Zerstören gemacht. Ja, das ist einfach nur Wahnsinn …“

                „Mit dem Stinken hast du Recht“, antwortete Katherine. „Es riecht dort nach Treibstoff, Öl und … Männern!“ Sie bedachte ihre Freundin mit einem breiten Grinsen.

                „Kat, ich bitte dich!“, rief Joan mit gespielter Empörung. „Du hörst dich an wie eine pubertierende Sechzehnjährige!“ Joan schüttelte entsetzt ihre blonden Locken. „Was würde John dazu sagen? Und denk an diesen Rodriguez!“

                Katherine winkte grinsend ab. „War nur ein Spaß, Joan. John ist da ziemlich entspannt. Was meinst du, wie oft ich ihm in den letzten Monaten schon auf den Hinterkopf hauen musste, weil er irgendeiner dahergelaufenen Tussi hinterhergestarrt hat. Was er darf, darf ich schon lange, außerdem bin ich älter. Und wir sind einander treu und ehrlich zueinander. Jetzt sei nicht so unlustig, Joan! Wir haben ein hartes Stück Arbeit vor uns, da werden wir jeden Moment der Ablenkung genießen. Vertrau mir, es wird nichts Schlimmes passieren. Und vor Rodriguez habe ich keine Angst, der soll es nur mal versuchen.“ Katherine verbog ihre Finger zu einer Kralle und bleckte raubtierhaft die Zähne.

                „Na hoffentlich hast du Recht, Kat“, brummte Joan und wandte sich wieder dem Cockpitfenster zu. Der Transporter war dem Kreuzer mittlerweile auf ein paar Kilometer nahe gekommen und Joan konnte jetzt hinter den hell erleuchteten Fenstern Besatzungsmitglieder erkennen. In wenigen Augenblicken würden sie landen.

                Vor dem in dem riesigen Hangar gelandeten Transporter wartete eine gertenschlanke, hochgewachsene Frau von Ende zwanzig in der Uniform eines Captains auf die beiden Agentinnen. Sie hatte kurzgeschnittenes, hellblondes Haar, von dem ihr einige Strähnen keck in die Stirn hingen, und aufmerksame dunkelblaue Augen. Sie war äußerst attraktiv, jedoch ihre Präsenz war betont von Strenge, kühler Sachlichkeit und der Kraft eines gespannten Jagdbogens, was Katherine beim Verlassen des Schiffes sofort auffiel. Sie selbst hatte auf die Schnelle ihre langen schwarzen Haare hochgesteckt und ihre Uniform bis zum obersten Knopf verschlossen. Auch Katherine zeigte sich leicht unterkühlt und so standen sich die beiden weiblichen Offiziere einen Moment schweigend gegenüber. Die Blondine war einen halben Kopf größer als Katherine und Joan und maß damit über einen Meter achtzig. Einige lange Sekunden betrachteten sich die Frauen wortlos, wobei im Blick der blonden Frau eine gewisse Abschätzigkeit lag. Dann verzog sie den Mund zu einem knappen Lächeln und hielt Katherine die Hand hin. „Ich bin Captain Marijke van den Bosch. Willkommen auf der Tennessee!“

                Katherine ergriff die Hand und packte nicht übertrieben fest zu. „Vielen Dank, Captain. Ich bin Major Katherine Anne Ballard, Psychologin der Weltraumpolizeibehörde. Ich leite die Ermittlungen im Fall Colonel Tovin. Und hier ist meine Kollegin, Lieutenant Joan Landor.“

                Captain van den Boschs Gesichtszüge wurden mit einem Mal freundlicher, als sie in Joans offenes und hübsches Gesicht sah. „Herzlich Willkommen, Lieutenant. Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen! Wenn Sie beide mir bitte folgen wollen, Commander Rodriguez erwartet Sie auf der Brücke.“ Van den Bosch wandte sich um und ging in Richtung Ausgang.

                Joan und Katherine folgten ihr in einem kurzen Abstand. Katherine sah Joan an und zog fragend eine Augenbraue hoch. Joan zuckte schweigend die Schultern und verzog die Lippen zu einem Kussmund woraufhin ihre Freundin ein respekterbietendes Lächeln erwiderte. „Du hast aber schwer Eindruck auf den Captain gemacht. Sie scheint dich zu mögen, dich hat sie immerhin herzlich willkommen geheißen …“, flüsterte Katherine Joan ins Ohr.

                „Au Mann!“, stöhnte Joan nur und schlug ihrer Freundin mit der Faust spielerisch auf die rechte Schulter.
                Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                Mission accomplished.

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                  #9
                  Hihi... Captain von den Boschs... Hot Rod... die Mannschaft ist echt klasse. DA kommt keine Langeweile auf
                  Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                  Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                  Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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                    #10
                    ja, ja, die van den Bosch...



                    Die Brücke des Schlachtkreuzers war ein großes Halbrund von etwa vierzig Metern Durchmesser und erstreckte sich über zwei Decks, die sich nach unten terrassenförmig verjüngten. Umrahmt wurde die Brücke von einem riesigen Panoramafenster. Im rückwärtigen Bereich befand sich in überhöhter Position die Plattform der Schiffsführung, Navigation und Steuerung. Van den Bosch führte die beiden Frauen zu einem Offizier mittleren Alters. Er hatte schwarzglänzendes, zurückgekämmtes Haar, einen verwegenen schwarzen Schnauz- und Kinnbart und dunkelbraune Augen. Dieser Mann sah mehr aus wie ein Pirat vergangener Zeiten denn wie ein Offizier der Solaren Raumflotte. Captain van den Bosch salutierte vor dem ranghöheren Offizier und sagte: „Sir, Major Ballard und Lieutenant Landor von der Weltraumpolizeibehörde sind hier.“

                    „Danke, Captain“, antwortete er freundlich lächelnd. Dann gab er nacheinander Katherine und Joan mit einer galanten Verbeugung einen ebenso galanten Handkuss. „Ich bin Commander Hernando Rodriguez, erster Offizier der Tennessee. Ich freue mich, Sie beide an Bord begrüßen zu dürfen. Hatten Sie eine angenehme Reise? Captain van den Bosch, unseren zweiten Offizier und Sicherheitschefin kennen Sie ja bereits. Commodore Becker lässt sich entschuldigen, er hat wachfrei und ruht zurzeit. Er wird Sie später begrüßen.“ Rodriguez sah Katherine tief in die Augen. In seinen Augen lagen glühendes Feuer und Leidenschaft, seine Stimme war ein warmer Bariton, von dem Katherine ahnte, dass Rodriguez mit ihr sicher schön singen wie auch laute Befehle brüllen konnte.

                    „Vielen Dank Commander, ja die Reise war recht angenehm“, antwortete Katherine und warf einen Blick durch das große Fenster auf Sameda II, einen hübschen grün-blauen Planeten, der von ihrer Warte aus betrachtet nicht einmal die Größe eines Tennisballs hatte. „Warum sind wir so weit draußen und nicht im Orbit um Sameda?“

                    „Die samedanische Regierung hat nach dem Vorfall eine Sperrzone von eineinhalb Millionen Kilometern um den Planeten und seinen Mond erklärt. Eine Verletzung dieser Zone durch Schiffe unseres Verbandes wird die Regierung als kriegerische Provokation betrachten. Dies hätte den Abbruch aller diplomatischen Beziehungen zur Erde zur Folge“, antwortete van den Bosch kühl. „Sie können sich vorstellen, dass wir uns peinlich genau daran halten, um die Lage nicht noch zu verschärfen.“

                    „Und wie sollen wir dann runter auf den Planeten kommen, wenn wir dort unsere Ermittlungen beginnen wollen? Etwa in Null-G Anzügen?“, wollte Joan wissen.

                    Rodriguez nahm Joans Hand und tätschelte sie leicht. „Dafür ist gesorgt, Miss Landor. Wir haben ein lokales Transportunternehmen engagiert, das uns mit einem Shuttle-Service bedient. Es steht für Sie immer ein Fluggerät im Hangar bereit. Sie müssen Ihren Reisewunsch nur etwa eine halbe Stunde vor Ihrem Abflug der Flugbereitschaft melden, dann wartet ein Pilot auf Sie, der Sie an jeden Ort auf Sameda II bringen wird.“

                    Katherine straffte sich und strich ihre dunkelblaue Uniformjacke glatt. „Nun, dann wäre ja alles klar. Ich denke, wir sollten jetzt unsere Arbeit aufnehmen.“

                    Rodriguez breitete die Arme aus und machte eine einladende Geste. Mit einem charmanten Lächeln sagte er: „Meine Damen, bitte. Zu Ihrer Information, wir haben siebzehn Uhr Bordzeit. In einer Stunde ist Wachablösung. Was würden Sie beide davon halten, Captain van den Bosch und mir bei einem gemeinsamen Abendessen Gesellschaft zu leisten? Ich habe zwei Offizierskabinen hier auf dem Brückendeck für Sie vorbereiten lassen. Ihr Gepäck dürfte sich bereits dort befinden. Sie können sich etwas frisch machen und kurz vor sechs wird Marijke Sie beide abholen. Lassen Sie Colonel Tovin bis morgen noch in Ruhe. Was meinen Sie?“

                    Joan und Katherine wechselten ein paar vielsagende Blicke. Dann antwortete Katherine seufzend: „Also gut, Commander. Wir danken Ihnen für die Einladung. Ein gescheites Abendessen wird uns sicher gut tun.“

                    Rodriguez strahlte. „Wunderbar! Dann bis um achtzehn Uhr. Ich freue mich sehr. Captain, führen Sie unsere Gäste bitte zu ihren Unterkünften.“

                    Van den Bosch salutierte knapp. „Aye, Sir. Kommen Sie bitte.“

                    Die zugewiesenen Kabinen lagen einander gegenüber, auf einem schmalen, hell ausgeleuchteten Gang, etwa einhundertfünfzig Meter hinter der Brücke. Captain van den Bosch hatte die beiden Agentinnen nach einer kurzen Einweisung wieder verlassen. Von Katherine hatte sich van den Bosch mit einem knappen Nicken, von Joan jedoch mit einem freundlichen Lächeln und einem liebenswürdigen „Bis nachher, Lieutenant“ verabschiedet. Joan und Katherine sahen der großen Blondine so lange nach, bis sie außer Sicht verschwunden war. Katherine lachte als erste los und schlug sich mit den Händen auf die Oberschenkel. „Was war das denn?“, kreischte sie leise. „Sag bloß, du hast Marijkes Herz im Sturm erobert.“

                    Joan fand die Situation im Grunde überhaupt nicht zum Lachen. „Kat, ganz ehrlich. Diese Holländerin macht mir Angst. Ich finde sie ja nicht unsympathisch, aber an ihr ist etwas Unheimliches …“

                    „Ihre Androgynität meinst du vielleicht. Sie hat etwas männliches, obwohl sie durch und durch eine Frau ist. Eine sehr schöne obendrein“, gab Katherine feixend zurück. „Es gibt Männer, die fahren voll auf einen solchen Typen ab.“

                    „Ja und Frau Antje mag‘s lieber sehr weiblich“, knurrte Joan. „Da sie die Sicherheitschefin ist, werden wir ihr wohl kaum aus dem Weg gehen können. Darf ich die Außeneinsätze allein durchführen? Bitte Kat!“, fragte sie schmollend und schob die Unterlippe vor.

                    Katherine wedelte verneinend mit dem Zeigefinger und grinste hämisch. „Nichts da, mit gehangen, mit gefangen. Hier wird sich nicht abgeseilt. Was hältst du denn von ‚Hot Rod‘?“

                    Joans Miene hellte sich sofort wieder auf. „Der könnte zwar fast mein Vater sein, aber er ist toll. Ich finde gar nicht, dass er ein so großer Aufreißer ist. Er ist charmant, aufmerksam, sieht super aus und bemüht sich im Rahmen seiner Möglichkeiten, ein guter Gastgeber zu sein. Curtis hat mal wieder maßlos übertrieben.“

                    Katherine zuckte mit den Schultern. „Er wäre dumm, wenn er sein ganzes Pulver gleich bei der Begrüßung verschießen würde. Aber die Art, wie er mich angesehen hat, lässt mich ahnen, dass da noch was kommt. Warten wir das Abendessen ab. Komm, machen wir uns frisch.“

                    Joan nickte. „Jawohl, Major. Zivil oder Uniform für heute Abend?“

                    „Uniform, Lieutenant“, gab Katherine wie aus der Pistole geschossen zurück. „Das schafft die nötige Distanz und Professionalität.“ Mit einem Augenzwinkern ging Katherine in ihre Kabine.



                    Nach einer ausgiebigen Dusche schlüpfte Joan in eine frische Uniform, nahm ihren Kommunikator und stöpselte ihn mit einem Kabel in das Bordnetz für die öffentliche Kommunikation. Die Hochleistungssender der Tennessee waren in der Lage, Video- und Sprachnachrichten systemübergreifend zu senden, meist mit einer Verzögerung von lediglich zwei bis fünf Sekunden, sofern der Empfänger eine ähnlich leistungsstarke Anlage besaß. Die Comet, nach militärischen Spezifikationen gebaut, verfügte über eine solche Sende- und Empfangsanlage, daher machte Joan sich unverzüglich daran, Curtis auf der Comet anzurufen. Sie hoffte inständig, dass Curtis auch anwesend war. Es dauerte nicht lange, bis die Verbindung aufgebaut wurde.

                    „Joan!“, rief Curtis freudig. „Was für eine schöne Überraschung! Seid ihr beide gut angekommen?“

                    „Hey Curt“, gab Joan strahlend zurück als sie in die großen grauen Augen des rothaarigen Mannes blickte. Das Wissen über mehrere Lichtjahre Distanz zwischen ihnen verpasste ihr einen leichten Stich ins Herz. „Ja, alles prima. Wo bist du gerade?“

                    „Wir sind vor zwei Stunden auf Haroa gelandet. Hier tobt ein fürchterlicher Sturm über dem Raumhafen und die Behörden haben uns aus Sicherheitsgründen verboten, das Schiff zu verlassen. Man wollte uns anfangs gar nicht landen lassen. Jetzt sitze ich hier erst einmal auf dem Schiff fest und muss warten, bis das Unwetter abgezogen ist. Ärgerlich, aber sicher ist sicher. Hier fliegt einiges durch die Gegend.“ Curtis klang sichtlich enttäuscht, er hasste es, untätig rumsitzen zu müssen. „Habt ihr schon mit Tovin gesprochen?“

                    Joan schüttelte ihre noch feuchten, blonden Locken. „Nein, noch nicht. Es ist Abendzeit hier. Commander Rodriguez hat Kat und mich zum Abendessen mit ihm und dem zweiten Offizier eingeladen.“

                    Curtis musste unwillkürlich süffisant grinsen. „Na hallo, Hot Rod dreht aber schon mächtig auf, was? Und bringt noch Verstärkung mit, alle Achtung!“

                    Joan winkte lachend ab. „Hör auf, Curt! Er ist wirklich sehr nett und charmant. Ein Offizier und Gentleman! Du könntest dir gerne eine Scheibe von ihm abschneiden. Und der zweite Offizier ist eine Frau, nur damit du es weißt!“ In ihrer Stimme schwang gespielte Empörung mit. Die Tatsache, dass Marijke van den Bosch Joan in irgendeiner Form mehr als nur sympathisch fand, verschwieg sie lieber. Sie wollte nicht, dass Curtis auch noch in dieselbe Kerbe hackte wie Katherine.

                    „Wie ist denn die allgemeine Lage vor Ort?“, wollte Curtis wissen.

                    Joan seufzte. „Nicht gut, Curtis. Gar nicht gut. Die Samedaner haben eine Sperrzone um den Planeten errichtet. Wir liegen anderthalb Millionen Kilometer vom Planeten entfernt und dürfen nicht einen Klick zu nahe kommen, das würde als kriegerischer Akt gewertet werden. Wie die Stimmung unten auf dem Planeten ist, weiß ich im Moment nicht. Ich denke, wir erfahren alles gleich beim Essen.“

                    Curtis zog verärgert die Augenbrauen zusammen. „Ich kann nicht glauben, dass ein einzelner, durchgedrehter Marine fast einen interstellaren Krieg vom Zaun brechen kann. Was wollte er damit bloß bezwecken?“

                    „Er ist nicht durchgedreht. Kat vermutet, dass Tovin unter Drogen stand“, antwortete Joan.

                    „Drogen? Ein Spaceranger nimmt keine Drogen! Jedenfalls nicht freiwillig“, gab Curtis verächtlich zurück.

                    „Und wenn er sie nicht freiwillig genommen hat? Nach seiner Aussage hatte er einen erheblichen Filmriss. Er kann sich nicht einmal richtig daran erinnern, wie er mit dem Raumjäger vom Planeten weggekommen ist.“

                    Curtis mahlte mit den Kieferknochen. „Sehr mysteriös. Haltet mich auf dem Laufenden. Und bitte Joan, seid vorsichtig, alle beide. Und du mach keine Alleingänge, hörst du?“

                    „Mein Job ist es, darauf aufzupassen, dass Kat keine Alleingänge unternimmt“, gab Joan mit giftigem Unterton zurück. „Ich finde es nicht in Ordnung, immer wie eine Dreizehnjährige behandelt zu werden, nur weil ich klein, blond und süß bin! Kat ist von uns beiden die Draufgängerin.“

                    „Ich bin aber nicht mit Kat zusammen, sondern mit dir. Und eben weil du klein, blond und süß bist, möchte ich, dass du mir in einem Stück wieder heimkommst. Ich liebe dich!“, antwortete Curtis energisch, seine Gesichtszüge aber blieben milde und liebevoll.

                    Joan atmete einmal tief durch und entspannte sich wieder. „Ist ja gut, Curtis. Ich weiß deine Sorge um mich sehr zu schätzen, aber manchmal bist du schlimmer als ein Schwitzkasten von Grag, verstehst du? Wenn Garnie mir solche Aufträge nicht zutrauen würde, wäre ich nicht einmal Sergeant geworden, geschweige denn Lieutenant. Also?“ Joan blickte auf ihre Uhr, zehn Minuten vor sechs. „Curt, ich muss Schluss machen. Ich werde in fünf Minuten abgeholt und bin noch nicht ganz fertig.“

                    „In Ordnung. Habt einen schönen Abend und viel Erfolg für die Woche.“ Curtis warf ihr eine Kusshand zu. „Ich liebe dich, Joan!“

                    „Ich liebe dich auch, Curt. Ich melde mich, sobald ich kann.“ Sie küsste zwei Finger und legte sie auf den kleinen Bildschirm, dann schaltete Curtis ab und das Display wurde schwarz. Sie beeilte sich, ihre blonden Locken leidlich zu trocknen und band ihre Mähne zu einem dicken Pferdeschwanz zusammen. Kurz darauf summte die Türklingel und Marijke van den Bosch stand mit einem strahlenden Lächeln im Rahmen.

                    „Hallo Lieutenant! Sind Sie fertig?“, fragte van den Bosch mit Überschwang in der Stimme.
                    Als Joans und van den Boschs Blicke sich trafen, wurde es heiß in Joans Gesicht. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie von dem Blick einer anderen Frau errötete.
                    Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                    Mission accomplished.

                    Kommentar


                      #11
                      Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
                      ja, ja, die van den Bosch...



                      ... „Was war das denn?“, kreischte sie leise. „Sag bloß, du hast Marijkes Herz im Sturm erobert.“

                      Joan fand die Situation im Grunde überhaupt nicht zum Lachen. „Kat, ganz ehrlich. Diese Holländerin macht mir Angst. Ich finde sie ja nicht unsympathisch, aber an ihr ist etwas Unheimliches …“
                      Joan Landor, jetzt bitte nicht so ein Unsinn!

                      Miss Niederlande (van den Bosch) ist meine Lieblingsfigur hier, obwohl Hot Rod...?
                      Sind alle, auf die ein oder andere Weise, auf jeden Fall interessant!

                      Weitermachen!
                      LG
                      earthy
                      Entgegen der um sich greifenden Legendenbildung habe ich mein "altes" Forum nicht freiwillig verlassen! Tragischerweise muss man nun feststellen, dass es dieses Forum nicht mehr gibt! Warum wohl nicht? ;)

                      Kommentar


                        #12
                        Ja, die van den Bosch hat mir als Figur auch sehr gefallen. Als Type ist sie ist sie echt ne Wucht.

                        So hier geht's weiter. Ein etwas längerer Abschnitt zum Wochenende und Ende von Kapitel zwei.


                        Nur wenige Minuten, nachdem Curtis die Verbindung mit Joan beendet hatte, stellte er fest, dass der Sturm draußen merklich nachgelassen hatte. Es war später Nachmittag und die schweren, grau-schwarzen Wolken am Himmel entließen Sturzbäche von eisigem Regen. Haroa war ohnehin schon ein recht unwirtlicher, trister Planet und dieses Unwetter trug dazu bei, dass es an diesem Ort nicht unbedingt gemütlicher wurde. Es half alles nichts, Curtis musste die warme Behaglichkeit der Comet gegen ein Regencape tauschen und die halbe Meile zum Büro des Hafenmeisters laufen.
                        Auf halbem Weg kam Curtis an einer dunkel lackierten, edlen Yacht vorbei, die ihm seltsam bekannt vorkam. Er ging näher heran und fand das Schiff verschlossen vor. Im Inneren brannte kein Licht, so wagte Curtis es, das Schiff genauer in Augenschein zu nehmen. Es handelte sich um eine Helios HDY-RK700 neueren Baujahres, exakt das gleiche Modell, wie Nurara es kurz vor den schrecklichen Ereignissen im Sommer vor einem Jahr gekauft hatte. Nurara, gerade aus der Resozialisierung entlassen, war an jenem schicksalhaften Tag zusammen mit ihrem Verlobten und Vater ihres Kindes, dem New Yorker Staranwalt Samuel McCabe, im New Yorker Gerichtsgebäude um dort auf Geheiß von Präsident Cashew begnadigt zu werden. Als die beiden zusammen mit Ezella Garnie und Katherine Ballard das Gericht verließen, tauchte auf einmal Alruna Peyo auf – ein ehemaliger Kommilitone und verschmähter Liebhaber Nuraras – und nahm blutige Rache für das, was Nurara ihm zehn Jahre zuvor angetan hatte, nämlich seine Liebe für sie nicht zu erwidern. Peyo verletzte Katherine mit einem Revolver schwer, tötete Samuel McCabe und anschließend sich selbst. Nurara erlitt einen schweren Schock und noch am Tatort sah es aus, als würde sie eine Fehlgeburt erleiden, was aber glücklicherweise nicht der Fall gewesen war. Kurz darauf verschwand Nurara mit eben einem solchen Schiff in den Tiefen des Weltalls.

                        Curtis bewegte sich auf die Backbordseite des Bugs zu. Nuraras Schiff war einmal dunkelgrün lackiert gewesen, so hatte er es in Erinnerung, dieses Modell jedoch war matt-anthrazit. Die Helios Werften waren dafür bekannt, ihre Rümpfe so zu bauen, dass es von außen keine sicht- oder tastbaren Nähte oder Stöße gab. Das Resultat waren organisch glatte und harmonische Schiffskörper. Helios Yachten hatten dafür auch ihren Preis. Curtis legte eine Hand unter den Rumpf und bewegte sich langsam in Richtung Heck. Sein Instinkt sagte ihm, dass er etwas fühlen musste, nämlich Reparaturstellen, Dellen, Riefen oder ähnliches. Nurara hatte kurz vor ihrem Verschwinden auf dem Wüstenplaneten Holguin eine Notlandung machen müssen, dabei wurde ihr Schiff leicht beschädigt. Das wusste Curtis aus den Erzählungen von Joan, denn sie war mit an Bord gewesen.
                        Curtis erreichte mit der Hand den Übergang vom Rumpf zur Tragfläche … da! Da war etwas, Curtis konnte es fühlen. Eine rillenartige Vertiefung. Er griff unter das Regencape und zog eine kleine Taschenlampe aus seinem Gürtel. Im hellen Licht der Lampe konnte er erkennen, dass diese Rille neben unzähligen weiteren sich über die Unterseite der Tragfläche und den Rumpf der Yacht zog. Sie waren überlackiert, aber bewiesen, dass das Schiff eine Bauchlandung gemacht haben musste. Er packte seine Taschenlampe ein und richtete sich wieder auf. Der Regen hatte etwas nachgelassen.
                        In dem Moment, in dem Curtis sich umdrehte, sah er in das Gesicht eines großen, grobschlächtigen Mannes, der eine Brechstange hielt und sie langsam in seine freie Handfläche schlug.

                        „Was machen Sie da, Mister?“, fragte der Mann mit drohendem Unterton, anscheinend bereit, ohne Vorwarnung zuzuschlagen.

                        „Wer ist der Eigner dieses Schiffes? Eine junge Frau, knapp dreißig mit grünen Haaren und einem kleinen Kind?“, fragte Curtis nassforsch, ohne jedoch darauf zu hoffen, eine Antwort von dem Mann zu bekommen.

                        „Die Fragen stelle ich hier“, entgegnete dieser und stupste Curtis mit der Brechstange vor die Brust. „Und wenn ich Ihnen nicht gleich alle Rippen mit diesem Ding hier brechen soll, sollten Sie meine Fragen gefälligst beantworten, Kumpel! Also nochmal, wer Sind Sie und was machen Sie hier?“ Der Mann sah nicht besonders geduldig aus.

                        Unter seinem Cape drückte Curtis eine Tastenkombination auf seiner Uhr für einen stillen Alarm, der an die Comet gesendet wurde. „Mein Name ist Curtis Newton, Sir. Ich bin der Eigner der Comet, dort hinten. Ich bin vor ein paar Stunden gelandet, weil ich jemanden hier suche“, antwortete er wahrheitsgemäß. Curtis hatte keinen Grund, den Mann anzulügen geschweige denn zu verärgern.

                        „Ich möchte Ihre Hände sehen, Mister. Ziehen Sie das Cape aus und machen Sie keine Zicken“, brummte der Mann. Curtis kam der Aufforderung sofort nach.

                        „Hören Sie bitte, es ist enorm wichtig, dass ich mit dem Hafenmeister spreche“, sagte Curtis, während er das Cape ablegte. „Können Sie mich zu ihm bringen, bitte?“

                        „Steht vor Ihnen, Mister. Ich bin der Hafenmeister. Und ich werde gleich die Polizei holen, wenn Sie mir nicht augenblicklich sagen, was Sie hier für ein Spiel treiben.“ Wieder schlug der Hafenmeister mit der Brechstange in seine Handfläche.

                        „Sir, mit diesem Schiff hier ist höchstwahrscheinlich ein entflohener Sträfling gelandet. Und die Eignerin steht im Verdacht, diesen Sträfling aus einem Hochsicherheitsgefängnis gewaltsam befreit zu haben. Wenn Sie nicht wollen, dass die Weltraumpolizeibehörde hier aufkreuzt und Ihnen den Raumhafen auseinander nimmt, sollten Sie mir verraten, wer mit diesem Schiff hier gelandet ist“, entgegnete Curtis drohend.

                        Der Hafenmeister ließ die Brechstange sinken, sah Curtis einem Moment entgeistert an und begann brüllend zu lachen. Kopfschüttelnd sagte er dann: „Die Weltraumpolizeibehörde? Dass ich nicht lache! Haroa gehört nicht zur Föderation, mein Lieber! Diese Kasper haben hier nichts verloren!“

                        Curtis verschränkte die Arme vor der Brust. „Da sind Sie leider ein wenig fehlinformiert. Haroa hat mit dem Solaren System ein Amtshilfeabkommen abgeschlossen. Ich brauche nur die lokalen Behörden aufzusuchen, ein paar Anrufe tätigen und bald schon kreist ein schicker Polizeikreuzer oben im Orbit. Und Sie können sich auf ein paar unangenehme Fragen gefasst machen. Und ich möchte nicht wissen, was Sie selbst für Leichen im Keller haben. Dass Haroa ein Umschlagplatz für Schmuggelgüter ist, ist weit über die Grenzen dieses Sonnensystems bekannt. Also, reden Sie lieber mit einem Zivilisten wie mir, oder doch lieber mit der Polizei?“

                        „Überlegen Sie es sich gut, Sir, und bitte nehmen Sie die Brechstange runter. Es macht mich nervös, wenn Sie meinen Chef damit bedrohen“, rief eine neue Stimme hinter dem Hafenmeister. Es war Otho, der mit Grag dem stillen Alarm gefolgt war. Die beiden standen in sicherem Abstand hinter ihm, die Hände griffbereit an den Schusswaffen.

                        Als der Hafenmeister das grimmige Gesicht des Androiden und den respekteinflößenden zwei Meter großen Roboter erblickte, verließ ihn augenblicklich der Mut. Er ließ die Brechstange fallen und zuckte resigniert mit den Schultern. Mit einem lauten Seufzer sagte er: „Okay, Mister Newton. Sie haben gewonnen. Vor etwa einer Woche sind ein Mann und eine Frau mit diesem Schiff hier gelandet. Sie hatten übrigens Recht, es war tatsächlich eine Frau von Anfang dreißig, wunderschön und ein wenig arrogant. Ja, sie hatte auch ein kleines Kind bei sich, ein Mädchen. Allerdings hatte die Frau wie das Kind schwarze Haare und grüne Augen. Der Mann war groß und schlaksig, hatte auch dunkle Haare und einen Vollbart. Sie haben die Liegegebühren für drei Monate im Voraus bezahlt und sich dann hier getrennt. Wohin sie geflogen sind, weiß ich nicht, aber auf dem Planeten sind sie definitiv nicht mehr. Sie haben Shuttles zur Raumstation genommen, von dort gehen Passagierschiffe überall hin.“

                        Curtis nickte lächelnd. „Danke, Mister …“

                        „Jessof“, antwortete der Hafenmeister.

                        „Danke, Mister Jessof. Wissen Sie, unter welchen Namen sich die beiden bei Ihnen registriert haben?“

                        Jessof schüttelte den Kopf. „Nicht aus dem Gedächtnis. Dazu müssten wir in mein Büro, damit ich in meinem Computer nachschauen kann.“

                        „Dann machen wir das. Otho, Grag, geht bitte zum Schiff zurück, nehmt euch zwei gute Portraitfotos von Nurara und Kuolun und ändert sie entsprechend Mister Jessofs Beschreibung. Sendet sie hoch zur Raumstation und lasst überprüfen, wohin sie eine Passage genommen haben.“

                        Otho salutierte. „Aye aye, Captain. Dauert nur ein paar Minuten. Komm, Blechbüchse. Gehen wir etwas malen.“ Er schlug Grag mit der flachen Hand auf den Rücken und wandte sich ab.

                        „Nenn mich nochmal Blechbüchse und ich mach dir einen Knoten in deine Gliedmaßen, Gummipuppe!“, grollte Grag und zog Otho am linken Arm in die Höhe, ließ ihn aber gleich wieder fallen. Lautstark streitend entfernten sich die beiden.

                        Belustigt schaute Jessof den beiden nach. An Curtis gewandt fragte er: „Sind die immer so?“

                        Curtis verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. „Meistens noch schlimmer. Können wir?“

                        „Folgen Sie mir“, antwortete Jessof, schulterte die Brechstange und stapfte durch die Pfützen in Richtung eines flachen Gebäudes, das aussah, als hätte man es aus Frachtcontainern lieblos zusammengeschustert.

                        Eine halbe Stunde später war Curtis zurück auf der Comet. Jessofs Auskünfte hatte sich als recht nutzlos erwiesen, da Nurara und Kuolun, wie zu erwarten war, relativ unauffällige falsche Namen benutzt hatten. Otho und Grag hatten dagegen etwas mehr Erfolg. Kuolun hatte auf einem Trampfrachter namens Big Iron angeheuert, der allerdings Haroa mit unbekanntem Ziel verlassen hatte. Nurara hingegen war mit ihrer Tochter an Bord eines Passagierschiffes gegangen, das sie nach New Ventura bringen sollte. Von New Ventura gab es eine Schnellverbindung zum Mars.

                        „Ich wette, sie ist auf der Erde“, brummte Curtis. „Otho, mach die Comet startklar. Wir fliegen nach Hause!“
                        Keine fünfzehn Minuten später schoss das schnittige Raumschiff mit glühendem Triebwerk ins All.





                        Das gemeinsame Abendessen verlief zur Überraschung der beiden Agentinnen recht entspannt und unterhaltsam. Commander Rodriguez war ein humorvoller und offensichtlich sehr warmherziger Mensch. Zu Katherines Verwunderung machte er ihr bei Tisch absolut keine Avancen und beließ den direkten Kontakt mit ihr bei ein paar harmlosen aber charmanten Komplimenten. Auch Marijke van den Bosch wirkte Katherine gegenüber aufgelockerter und aufgeräumter als noch einige Stunden zuvor bei ihrer ersten Begegnung. Van den Bosch lachte viel, es klang offen und ehrlich und sie stellte Katherine interessiert Fragen über angewandte Psychologie. Allerdings warf sie immer wieder, sehr zu Joans Leidwesen, vielsagende Seitenblicke auf die blonde Polizistin. Joan war die einzige am Tisch, die sich in ihrer Haut nicht sonderlich wohlfühlte. Sie nahm sich vor, van den Bosch bei nächster Gelegenheit in einem vertraulichen Gespräch zu bitten, diese aufreizenden Blicke zu unterlassen. Sie hätte es auch jetzt sofort tun können, aber sie wollte auf keinen Fall Marijkes Gefühle verletzen.

                        Beim Nachtisch versuchte Joan dann das Gespräch auf ernstere Bahnen zu lenken. „Commander, können Sie uns etwas über die lokale Situation auf Sameda II sagen?“

                        Rodriguez nahm einen Schluck Rotwein und lehnte sich zurück. „Wir können auch nur auf die Informationen der samedanischen Radio- und Fernsehübertragungen zurückgreifen, Lieutenant. Ganz Samad ist ein Hexenkessel. Täglich gibt es Demonstrationen und gewaltsame Ausschreitungen im Regierungsviertel. Die Aufständischen fordern die Herausgabe Tovins um ihn zu exekutieren. Sie verlangen von der Regierung allen Ernstes, die Flotte zu mobilisieren und Tovin notfalls gewaltsam von hier weg zu holen.“

                        „Besteht denn die Gefahr, dass die samedanische Flotte uns angreifen könnte?“, wollte Katherine wissen.

                        Rodriguez winkte lässig ab. „Zu keiner Zeit, Major. Und selbst wenn ... Deren Raummarine besteht aus ein paar alten Kreuzern und Kanonenbooten, die zusammengenommen nicht einmal annähernd die Feuerkraft unserer Korvetten hätte. Sie würden nicht einmal in Reichweite kommen ohne ein paar böse Brandflecken von uns davonzutragen. Abgesehen davon hat Commodore Becker vom Nuntius die Garantie erhalten, dass Sameda II von einem militärischen Schlag gegen diesen Verband absehen wird.“

                        „Nuntius?“, fragte Joan verwundert. „Ist die samedanische Regierung religiös orientiert?“

                        Rodriguez schüttelte den Kopf. „Nein, Lieutenant. Die Regierung ist eine weltliche. ‚Nuntius‘ ist die Bezeichnung des Vorsitzenden des Ältestenrates, der letzten gesetzgebenden Instanz der Regierung. Entscheidungen, die vom Parlament nicht einstimmig getroffen werden können, werden diesem elfköpfigen Gremium überlassen. Funktioniert in etwa wie unser oberstes Bundesgericht auf der Erde.“

                        „Können wir uns auf Sameda denn frei und gefahrlos bewegen, wenn wir unten ermitteln sollten?“, fragte Katherine.

                        „Da sehe ich momentan kein großes Problem“, antwortete van den Bosch. „Sie haben die volle Unterstützung der lokalen Polizei und Übergriffe gegen Menschen hat es derzeit noch keine gegeben. Sameda lebt zu einem großen Teil vom Tourismus, diesen Geldhahn wird man sich freiwillig nicht selbst zudrehen. Meiden Sie große Ansammlungen und Demonstrationen, dann passiert Ihnen nichts. Das Viertel, in dem Tovin Amok gelaufen ist, ist sicher. Polizei an jeder Straßenecke.“

                        Wie auf Kommando sprangen Rodriguez und van den Bosch von ihren Plätzen auf und salutierten. Commodore Becker war zu ihnen an den Tisch getreten. „Bitte behalten Sie Platz. Ich möchte nur kurz unsere Gäste begrüßen. Major Ballard, es freut mich, Sie wieder zusehen, auch wenn die äußeren Umstände nicht gerade ein Grund zur Freude sind. Wer ist denn die bezaubernde junge Dame, die Sie mitgebracht haben?“

                        „Ich bin Lieutenant Joan Landor, Sir“, antwortete Joan artig und schüttelte dem hageren Mann mit dem schütteren, flachsblonden Haar die Hand.

                        Auch Katherine begrüßte den deutschen Offizier per Handschlag. Sie hatte einen festeren Griff in Erinnerung als der, der jetzt von Becker ausging. Überhaupt hatte sich Becker seit ihrer letzten Begegnung vor zwei Jahren stark zum Nachteil verändert. Der einstmals große und zackig-preußisch wirkende Mann war abgemagert, wirkte müde und kränklich. In seinen blauen Augen lag eine eigenartige, traurige Leere. Becker wechselte kurz ein paar Worte mit Rodriguez und verließ mit guten Wünschen für eine erfolgreiche Untersuchung das Casino.

                        Als Rodriguez sich wieder an den Tisch setzte, beugte sich Katherine zu ihm herüber und senkte die Stimme. „Commander, was ist mit Becker passiert? So kenne ich ihn gar nicht!“

                        Rodriguez sprach ebenfalls leise, als er antwortete: „Ich sage es nur ungern und Ihnen beiden unter dem Siegel der Verschwiegenheit: Commodore Becker ist seit einiger Zeit depressiv. Es hat den Anschein, als wäre er mit der Führung dieses Verbandes überfordert. Das Offizierskorps der Tennessee ist über Beckers mentalen Zustand informiert, die Admiralität ebenso. Wir unterstützen unseren Kommandanten nach Leibeskräften, jedoch ist man in New York nicht Willens, den Mann abzulösen, solange er keine Dienstverfehlung begeht. Letzten Endes bin ich de facto der Kommandant. Die Mannschaft weiß nicht um den Gesundheitszustand Beckers.“ Er blickte Joan und Katherine nacheinander unheilvoll an. Van den Bosch nickte schweigend.
                        Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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                          #13
                          Kapitel 3

                          Die Hitze der vergangenen Tage war nach einem nächtlichen Gewitter einer kühlen Frische gewichen. Über den taubedeckten Gräbern des New Yorker Zentralfriedhofes lag eine angenehme Ruhe, die vom leisen Zwitschern der Vögel untermalt wurde. Zwischen den Grabreihen schob eine junge Frau einen Kinderwagen vor sich her. Aufmerksam studierte sie die Inschriften der Grabsteine, während das Kind fröhlich vor sich hin brabbelte. Die schlanke, hochgewachsene Frau trug schwarze Lederkleidung und hatte langes, schwarzes Haar, in das sie kunstvoll ein grünes Tuch eingeflochten hatte. Immer wieder beugte sich die junge Frau hinunter zu ihrer kleinen Tochter und sprach leise und liebevoll lächelnd mit ihr. An einem Grab blieb sie plötzlich stehen und betrachtete es eine Weile. Dann griff sie in eine Tasche des Kinderwagens und zog eine Kristallkugel von der Größe einer Grapefruit heraus und platzierte sie auf der polierten schwarzen Grabplatte. Dann nahm sie ihre Tochter aus dem Kinderwagen und hockte sich mit ihr auf dem Arm vor das Grab. Die Kugel zeigte eine gestochen scharfe Holographie der Frau mit ihrem Kind.
                          „Schau mal, Jelana“, flüsterte sie ihrer Tochter zärtlich ins Ohr, „jetzt kann dein Papa immer sehen, wie du aussiehst und wie schön du wirst. Wir werden immer neue Bilder an diese Kugel schicken.“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Fast auf den Tag genau war es jetzt ein Jahr her, dass ihr die größte Liebe ihres Lebens gewaltsam genommen wurde. Oft wurde sie nachts wach, weil sie glaubte, dass der Mann, den sie liebte, wieder neben ihr im Bett liegen würde. Doch das Kissen blieb stets leer und sie weinte sich wieder in den Schlaf, wie sie es jede Nacht tat. Sie sah Jelana an. Jelana lächelte und öffnete den Mund, um etwas zu sagen. „Pa…pa!“ Wieder schossen ihrer Mutter die Tränen in die Augen.
                          „Ja, mein Schatz, dein Papa liegt hier. Und du siehst aus wie er. Du hast das gleiche Haar und seine wunderschönen grünen Augen. Er wäre so stolz auf dich.“ Sie schniefte und drückte Jelana fest an sich.

                          „Du gehst ein großes Risiko ein, hier zu sein, Nurara“, sagte eine sanfte Männerstimme hinter der Frau. Die Stimme kam ihr bekannt vor. Sie richtete sich auf, drehte sich um und sah in das perfekte aber ältere Ebenbild des Mannes, an dessen Grab sie stand. Es war Jonathan McCabe, der Vater von Samuel.

                          „Ich weiß, John“, antwortete Nurara mit tränenerstickter Stimme. „Aber ich musste es tun. Ich wollte mich von Sam verabschieden und ihm seine Tochter zeigen“, sagte sie mit einem dünnen Lächeln. „Wie geht es dir? Du hast dich verändert.“

                          Als Nurara Sam und seinen Vater kennenlernte, hatten beide Männer tiefschwarze Haare, aber Jonathan war in dem einen Jahr seit Sams Tod und Nuraras Verschwinden komplett ergraut. Er hatte tiefe Sorgenfalten und wirkte wie ein gebrochener Mann.
                          „Ja, ich bin alt geworden, alt und krank“, antwortete Jonathan resigniert. „Ich habe die Kanzlei aufgegeben. Seit Sams Tod habe ich keinen einzigen Prozess mehr gewonnen. Mein Glück hat mich anscheinend verlassen.“

                          „Das tut mir Leid, John“, sagte Nurara aufrichtig, „Wie geht es Diana?“ Diana Rockwell war Jonathans Kanzleipartnerin und Lebensgefährtin.

                          „Oh, Diana geht es gut. Sie praktiziert noch, denkt aber auch bald ans Aufhören. Du hast dich ebenfalls verändert, Nurara, du siehst erwachsener aus. Hattest du nicht blaue Augen?“ Jonathan blickte Nurara etwas verwirrt an.

                          „Grüne Kontaktlinsen“, gab Nurara zurück, „ich muss zumindest annähernd sicherstellen, dass Jelana irgendjemandem ähnlich sieht.“ Nurara kam Jonathan näher und sagte zu ihrer Tochter: „Schau mal, mein Schatz, das ist dein Großvater. Willst du sie mal nehmen, John?“

                          Jonathan strahlte über das ganze Gesicht. „Nur zu gerne“, sagte er und breitete seine Arme aus. Als er Jelana nahm, kuschelte sie sich sofort innig an ihn.

                          „Sie spürt es, dass du sie liebst, John“, sagte Nurara, wieder mit Tränen in den Augen.

                          „Wie lange bleibst du noch, Nurara? Es ist gefährlich für dich hier. Curtis hat sich auf die Suche nach dir und Kuolun gemacht.“

                          „Mein Shuttle zum Mars geht in einer Stunde. Ich lasse Jelana eine Weile bei meiner Mutter, ich mache mich auf die Suche nach einem schönen Anwesen und hole dann beide zu mir. Wirst du …“

                          Jonathan schüttelte den Kopf und gab Jelana ihrer Mutter zurück. „Nein, ich werde dich nicht verraten. Auch wenn ich nicht mehr praktiziere, bist du immer noch meine Mandantin. Ich unterliege weiterhin der Schweigepflicht. Ich habe dich nicht gesehen, das ist mein Ehrenwort.“

                          Nurara legte Jelana behutsam in ihren Kinderwagen zurück, dann nahm sie Jonathan in den Arm. „Danke Jonathan, ich danke dir so sehr“, flüsterte sie. „Sobald ich etwas gefunden habe, lasse ich dir meine Adresse zukommen, dann kommst du uns besuchen, ja?“

                          „Ja, mach das, mein Kind. Aber bitte sei vorsichtig und gib gut auf die Kleine Acht, ja?“

                          Nurara ließ von Jonathan ab und deutete auf die Kristallkugel. „Da werden immer wieder neue Bilder von Jelana drin auftauchen. So kannst du immer sehen, wie sie wächst.“

                          „Das ist sehr schön, Nurara, ich danke dir. Ich bin jeden Tag hier bei Sam …“ Jonathan lächelte.





                          Joan hatte gefühlt nur zwei Stunden geschlafen. Das stets präsente, dumpfe Brummen und Grollen in Verbindung mit den starken Vibrationen der Maschinen sorgte dafür, dass sie nicht zur Ruhe kommen konnte. Sie würde noch einige Tage brauchen, um sich an die Geräuschkulisse zu gewöhnen. Joan blickte auf ihre Uhr, kurz vor halb sechs. Sie hatte sich vor dem Zubettgehen mit Katherine um sieben Uhr zum Frühstück verabredet. Da Joan aber keine Lust hatte, noch so lange zu warten oder sich noch einmal hinzulegen, entschied sie sich, kurz zu duschen und dann im Offizierscasino schon einmal eine Tasse Kaffee zu trinken.
                          Bewaffnet mit eine großen Tasse dampfenden Kaffees setzte sich Joan in der Nähe des Eingangs an einen kleinen freien Tisch und begann sich umzusehen. Das Casino war ein langer, schmaler Raum mit holzgetäfelten Wänden und Abtrennungen zwischen den Tischen. Man hatte es maritim eingerichtet mit nautischen Gerätschaften, alten Modellen und Gemälden, die von Sturm, Wind und Seefahrt erzählten. Die Beleuchtung stammte zum großen Teil von alten, auf Hochglanz polierten Schiffslaternen aus Messing. Während Joan sich auf ein Gemälde konzentrierte, das eine Seeschlacht zur Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges zeigte, bemerkte sie nicht, wie Captain van den Bosch an ihren Tisch trat.

                          „Guten Morgen, Lieutenant. Sind Sie auch Frühaufsteherin?“, fragte sie mit einem freundlichen Lächeln und ebenfalls einem Kaffeebecher in der Hand.

                          „Ich bin eher Morgenmuffel, aber ich konnte nicht schlafen. Es ist so laut hier auf dem Schiff“, antwortete Joan seufzend. Mit der attraktiven Blondine hatte sie in diesem Moment nicht gerechnet und ihre Gesellschaft war Joan auch etwas unbehaglich.

                          „Ja, das ging mir anfangs auf diesem Schiff auch so. Die Tennessee ist tatsächlich sehr laut. Das gibt sich. Ich habe mittlerweile Schlafstörungen, wenn ich zu Hause bin. Ist mir zu ruhig.“ Van den Bosch grinste und zwinkerte Joan keck zu. „Darf ich mich zu Ihnen setzen?“

                          Am liebsten hätte Joan nein gesagt oder wäre aufgesprungen und schreiend davon gerannt. Aber da sie nicht unhöflich sein wollte, bedeutete Joan ihr mit einer kurzen Handbewegung, Platz zu nehmen.

                          Van den Bosch setzte sich dankend und begann, mit einem kleinen Tabletcomputer zu arbeiten. Immerhin war sie rücksichtsvoll genug, Joan kein Gespräch aufzuzwingen. Aber dennoch spürte Joan immer wieder diese Blicke. Joan sah auf ihre Uhr – halb sieben. Noch einmal in ihre Kabine gehen wollte sie nicht, also musste sie die halbe Stunde noch durchstehen. Sie entschied sich für die Konfrontation. „Captain, darf ich Sie was fragen?“

                          Van den Bosch blickte von ihrem Computer auf und lächelte. „Aber natürlich, schießen Sie los!“

                          „Warum mögen Sie Major Ballard nicht?“, fragte Joan mit zusammengezogenen Augenbrauen.

                          Die Gesichtszüge ihres Gegenübers wurden eine Spur ernster. „Wie kommen Sie darauf, Lieutenant?“

                          „Nun, als wir gestern an Bord gekommen sind, hatte ich den Eindruck, dass Sie eine große Antipathie gegen Katherine hegen, wohingegen ich von Ihnen äußerst zuvorkommend begrüßt und behandelt wurde. Ehrlich gesagt ist mir das etwas unangenehm. Und die Tatsache, dass Sie sich beim Essen gestern Abend so gut mit Katherine unterhalten haben, erweckt in mir den Eindruck, dass Sie das nur für Commander Rodriguez getan haben.“

                          Van den Bosch klappte für einen Moment die Kinnlade herunter. Dann fasste sie sich und lächelte. „Ich habe nichts gegen Major Ballard, Joan.“ Wie zufällig nannte sie Joan beim Vornamen um eine vertraute Atmosphäre zu schaffen. Es schien van den Bosch sichtlich unangenehm zu sein, so unvorbereitet auf dieses Thema angesprochen zu werden. „Es ist meine Aufgabe, neu ankommenden Besuch auf diesem Schiff zuerst einmal mit Distanz zu betrachten, dafür bin ich der Sicherheitsoffizier. Da mag es durchaus den Eindruck erwecken, dass ich nicht jedem sofort wie eine alte Freundin um den Hals fallen will, wenn Sie das meinen.“ Sie machte eine kurze Pause und fügte despektierlich hinzu: „Und was Commander Rodriguez angeht, er ist so ziemlich der letzte an Bord, dem ich in den Arsch kriechen würde. Ich glaube, Sie schätzen mich falsch ein.“

                          Joan lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und was ist mit mir? Warum sind Sie so überaus zuvorkommend zu mir?“ Van den Bosch wollte zu einer Antwort ansetzen, doch Joan sprach weiter: „Lassen Sie mich die Frage anders formulieren. Seit dem ich an Bord bin, habe ich das Gefühl, dass Sie mit mir flirten! Was soll das?“

                          Van den Bosch fühlte sich mit einem Mal ertappt und senkte den Blick. Dann begann sie zu schmunzeln. „Joan, Sie sind niedlich. Ich finde Sie wirklich sexy, als Frau. Soll ich Ihnen ein Geheimnis verraten?“

                          Joan zog fragend eine Augenbraue hoch. „Ja? Bitte!“

                          Van den Bosch beugte sich etwas vor und bedeutete Joan mit einem kleinen Wink, dasselbe zu tun. Dann lächelte sie verschwörerisch und flüsterte: „Wenn Sie glauben, dass ich auf Sie stehe, muss ich Sie leider enttäuschen. Ich stehe leider nur auf Männer …“

                          Jetzt fiel Joan der Unterkiefer herab. „Ja… aber … was haben Sie dann mit mir?“

                          Van den Bosch öffnete die oberen Knöpfe ihrer Uniformjacke und holte aus der Innentasche ein kleines, abgewetztes Ledermäppchen hervor. Sie klappte es auf und hielt es Joan hin. Joan traute ihren Augen nicht. In dem Mäppchen steckten zwei Fotos, auf denen zwei hübsche blonde Mädchen im Alter von fünfzehn und zwanzig Jahren abgebildet waren. Sie hielten sich im Arm und sahen wie die glücklichsten Menschen der Welt aus. Verblüffenderweise ähnelte das ältere Mädchen Joan wie ein Zwilling. „Die jüngere bin ich, die ältere ist meine Schwester. Es sind die letzten Fotos, die ich von ihr habe. Zwei Tage später ist sie bei einem Bootsunfall ertrunken. Wir haben sie nie gefunden.“

                          „Das tut mir leid, Captain. Jetzt verstehe ich Sie besser. Die Ähnlichkeit ist verblüffend!“, sagte Joan und gab van den Bosch das Mäppchen zurück. „Ich möchte mich in aller Form bei Ihnen entschuldigen, Captain. Ich habe Ihnen Unrecht getan.“

                          „Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, das sollte ich eigentlich tun, und bitte sagen Sie Marijke zu mir“, antwortete van den Bosch und steckte dabei das Mäppchen weg. Sie blickte auf ihre Uhr und erschrak. „Oh, kurz vor sieben. Ich muss auf die Brücke.“ Marijke erhob sich und ging zum Ausgang. „Übrigens, Joan …“

                          „Ja?“

                          „Es ist hier auf diesem Schiff ein sehr probates Mittel, auf Männer zu wirken, als würde man nicht auf sie stehen. Hier sind zweitausendachthundert ausgehungerte Männer an Bord aber nur etwa zweihundert Frauen. So hält man sich Ärger vom Hals. Und sagen Sie Major Ballard, dass sie ein heißer Feger ist. Bis später!“ Sie zwinkerte Joan noch einmal freundschaftlich zu und verließ das Casino.

                          „Sagen Sie ihr das selbst!“, rief Joan ihr noch nach und musste unwillkürlich grinsen. ‚Eigentlich ist sie gar nicht so übel…‘, dachte Joan bei sich. Einige Minuten später erschien eine gut gelaunte und strahlende Katherine auf der Bildfläche.
                          Zuletzt geändert von Nurara McCabe; 13.05.2014, 14:59.
                          Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

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                            #14
                            „Warum grinst du denn so debil?“, fragte Joan ihre Freundin, als sie am Frühstücksbuffet ihre Tabletts beluden.

                            „Hot Rod hat seine Fühler nach mir ausgefahren“, antwortete Katherine glucksend. „Er ist mir rein zufällig eben über den Weg gelaufen, hat sich überschwänglich für den ach so wunderbaren Abend bedankt, mich mit Komplimenten überschüttet und gefragt, ob ich mit ihm heute Abend alleine essen möchte.“

                            „Und du hast ihm einen Korb gegeben …“, erwiderte Joan skeptisch.

                            Katherine stellte ihr Tablett auf dem Tisch ab und antwortete: „Selbstverständlich. So leicht bin ich nicht zu haben.“ Dann imitierte sie den Commander mit tiefer Stimme und seinem leichten spanischen Akzent: „Katherine, iss bin Ihrrem Charme ärlegen. Bitte ärweissen Ssie mirr heute Abend die Ehrre.“
                            Prustend und lachend setzten sich die beiden Frauen.
                            Während sie aßen, berichtete Joan von dem vorangegangenen Gespräch mit Marijke van den Bosch. „Sie hat wirklich nichts gegen dich, Kat, und dass ich aussehe wie ihre große Schwester zu Lebzeiten, das konnte ja keiner ahnen“, schloss sie.

                            „Na ja“, antwortete Katherine, „dann kannst du ja wenigstens unbehelligt deiner Arbeit nachgehen, ohne Angst zu haben, dass du von ihr sexuell belästigt wirst.“ Der leichte Spott war unüberhörbar. „Oder bist du jetzt enttäuscht?“

                            „Ach was“, winkte Joan ab. „Es gibt Erfahrungen, auf die ich nicht sonderlich scharf bin, sie zu machen.“

                            „Solltest du mal …“, entgegnete Katherine mit einem vielsagenden Lächeln.


                            Eine halbe Stunde später standen Joan und Katherine vor einem großen roten Schott, tief im Bauch des Schlachtkreuzers. Hier war der Gefängnis- und Verhörtrakt der Weltraumpolizeibehörde. Jedes größere Kriegsschiff der Solaren Flotte besaß einen solchen Trakt. Ein asiatisch aussehender Captain begrüßte die beiden.
                            „Hallo Lieutenant Landor! Ich bin Captain Takashi Yokomuri. Kat! Ich grüße dich! Lange nicht mehr gesehen! Wie geht es dir?“ Yokomuri stand die Wiedersehensfreude ins Gesicht geschrieben.

                            „Takashi! Dich hätte ich am wenigsten hier erwartet!“, rief Katherine freudig aus und umarmte den Asiaten in ihrem Alter. „Joan, Takashi Yokomuri ist der coolste Japaner, den ich kenne und einer der wenigen, die nicht nach zwei, drei Shots an der Bar vom Hocker kippen. Wie geht es Nanami und Miyu?“

                            Takashi grinste. „Oh, prima. Miyu kommt nach dem Sommer in die Schule und Nanami ist wieder schwanger. Wird ein Junge. Und du? Bist du immer noch solo?“

                            Katherine winkte ab. „Nein, seit über einem Jahr nicht mehr. Ich bin verlobt.“

                            Takashi atmete hörbar aus. „Puhh, na endlich. Ich dachte schon, du wirst `ne alte Jungfer …“ Aus dem lässigen Gespräch hörte Joan heraus, dass die beiden sich schon sehr lange kennen mussten.

                            Katherine wurde ernster. „Okay, Takashi, lass uns später noch ein bisschen rumblödeln. Wir haben viel Arbeit vor uns. Kannst du mir einen kurzen Bericht geben?“

                            „Klar, Kat. Wir sind fünfzehn Mann mit Standardausstattung und ich habe das Kommando über den Haufen. Colonel Tovin ist derzeit der einzige Inhaftierte hier. Er verhält sich ausgesprochen ruhig und kooperativ, scheint aber an einem partiellen Gedächtnisverlust zu leiden.“

                            „Habt ihr ihn schon auf Drogen untersucht?“, hakte Katherine nach.

                            „Ja, einen Abstrichschnelltest“, antwortete Takashi, „ist aber negativ ausgefallen. Ein großes Screening muss der Schiffsarzt machen und ich darf es als Captain nicht beantragen, nur du als Major – Ansage vom Schiffsarzt.“

                            „Okay, da kümmere ich mich nachher drum. Können wir zu Tovin?“

                            Takashi nickte eifrig und winkte zwei bullige Sergeants zu sich. „Bringt den Colonel in den Verhörraum!“
                            Als Joan und Katherine den Verhörraum betraten, saß der Colonel bereits dort am Tisch, die Unterarme in massiven Stahlringen auf den Tisch gefesselt. Tovin war knapp zwei Meter groß, breitschultrig und sehr kräftig, hatte blondes, militärisch kurz geschnittenes Haar und wachsame, stahlblaue Augen. Er hatte ein attraktives, kantiges Gesicht mit einer langen Narbe, die von seinem linken Ohr bis knapp über sein Kinn reichte. Argwöhnisch beobachtete er, wie die zwei jungen und gut aussehenden Frauen herein kamen. Die schwarzhaarige setzte sich mit kühlem Blick ihm gegenüber, während die blonde mit auf dem Rücken verschränkten Händen und steinernem Gesicht in der Nähe der Tür stehen blieb.

                            „Colonel Abraham Jake Tovin?“, fragte Katherine knapp. Tovin nickte stumm. „Ich bin Major Katherine Ballard, Psychologin der Weltraumpolizeibehörde. Ich übernehme ab heute die Ermittlungen.“ Katherine sah Tovin fest in die Augen und verzog keine Miene.

                            Tovin lächelte leicht und antwortete leise: „Freut mich, Sie kennenzulernen, Major. Sie nehmen es mir nicht übel, dass ich mich nicht erhebe, wie es sich der Höflichkeit halber gehört?“ Mit einer Kopfbewegung deutete er auf seine gefesselten Handgelenke.

                            Katherine ging nicht darauf ein. „Nach meinen Unterlagen und Captain Yokomuris Auskunft waren Sie seit Ihrer Festnahme kooperativ.“

                            Tovin nickte. „Das will ich meinen, Major. Ich sitze eh schon tief in der Scheiße, nicht wahr?“

                            „Dann können wir also auf ein ‚Good-Cop-Bad-Cop‘-Spiel verzichten, und Sie werden nicht auf uns losgehen, Sir?“ Katherines Blick blieb unverändert starr auf Tovins Augen gerichtet.

                            Tovin sah abwechselnd Joan und Katherine an, dann antwortete er: „Major, ich weiß nicht, was man Ihnen über mich erzählt hat, aber nennen Sie mir nur einen einzigen Grund, warum ich zwei so hübschen Frauen wie Ihnen etwas antun sollte. Ich bin Soldat und kein Monster.“

                            Katherine atmete einmal tief durch, dann drehte sie sich zu Joan um und sagte: „Lieutenant, bitte öffnen Sie Colonel Tovins Fesseln.“ Und an Tovin gewandt: „Ich gehe ein großes Risiko ein, Sir, aber ich vertraue Ihnen und ich möchte, dass Sie mir vertrauen.“ Als Antwort nickte Tovin stumm. Joan trat vor und öffnete die Stahlringe.

                            Tovin ließ die Hände noch einen Moment auf der Tischplatte liegen und wartete, bis Joan sich wieder entfernt hatte. Er war als altgedienter Oberst erfahren genug, sich in einer solchen Situation ruhig zu verhalten und keine voreiligen oder hastigen Bewegungen zu machen. Er wusste auch, dass die Beamten der Weltraumpolizei durchweg gute Nahkämpfer waren und ob ihrer Statur nicht unterschätzt werden durften. Die spröde und unterkühlte Ballard hielt er für besonders gefährlich. Als Joan wieder ihren Platz an der Tür eingenommen hatte, hob er langsam die Arme und rieb sich die Handgelenke. Ballard starrte ihn die ganze Zeit aus kalten grauen Augen an, bereit zum Sprung wie ein wildes Tier, das auf seine Beute lauert. Raubkatze, das war genau der richtige Ausdruck, der Tovin für die ansonsten ausgesprochen schöne Polizistin einfiel.
                            Tovin lehnte sich auf dem unbequemen Metallstuhl zurück, immer noch seine Handgelenke reibend. „Sagen Sie Major, sind Sie der gute oder der böse Cop von Ihnen beiden?“

                            Katherine lehnte sich ebenfalls zurück und ließ sich etwas Zeit mit der Antwort. Dann griff sie mit der linken Hand an ihren Hinterkopf und zog die Haarklammer aus ihrer strengen Hochsteckfrisur. Sie schüttelte ihr Haar auf, sodass es locker auf ihre Schultern fiel und mit einem Mal erschien ein offenes und freundliches Lächeln auf ihrem Gesicht. „Ich bin beides, Colonel. Je nachdem, wie ich mit meinem Gegenüber auskomme. Wenn Sie mit uns zusammenarbeiten, werden Sie den bösen Cop nicht kennenlernen. Können wir anfangen?“

                            Tovin lächelte sichtlich erleichtert und nickte. „Fangen wir an Major. Befragen Sie mich, ich werde Ihnen alles nach bestem Wissen und Gewissen sagen.“

                            Katherine deutete Joan an, sich neben sie zu setzen. „Colonel, Sie haben bei Ihrer Festnahme angegeben, beim Verhör auf einen Anwalt zu verzichten. Ihnen steht ein Anwalt zu.“

                            „Major Ballard“, antwortete Tovin ruhig, „ich brauche keinen Anwalt. Wenn ich für diese Tat belangt werde, wird es richtig sein. Ich bedaure sehr, was passiert ist. Ich bin zutiefst erschüttert über die hohe Zahl der Opfer. Ich hätte das nie gewollt. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich es getan habe.“

                            „Man wird Sie vor das Kriegsgericht stellen, Sir“, warf Joan ein. „Sie wissen genau, dass, wenn die Admiralität einen Schuldigen sucht, dieser auch gefunden wird. Ihre Tat könnte der Auslöser für einen Krieg sein.“

                            „Ich bin mir dessen bewusst, Lieutenant. Aber noch einmal: ich kann mich nicht erinnern, diese Tat begangen zu haben.“

                            Katherine hob die Hände und brachte die anderen mit dieser Geste zum Schweigen. „Okay, alles auf Anfang. Colonel, wann sind Sie ins Samedi System gekommen und was war Ihr Auftrag auf Sameda II?“

                            „Vor etwa drei Wochen. Ich war Mitglied einer wirtschaftlichen und militärischen Delegation, die zusammen mit einem samedanischen Ausschuss einige Grundstücke zur Errichtung einer terranisch-samedanischen Ausbildungsstätte für Marines besichtigen sollten. Ich war der ranghöchste Offizier in der Delegation und sollte die Grundstücke nach ihrer Nutzbarkeit bewerten.“

                            „Haben Sie was geeignetes gefunden?“, fragte Joan.

                            „Nein, Lieutenant, die fraglichen Grundstücke waren allesamt nicht brauchbar. So wollte man sich vertagen und eine neue Zusammenkunft auf dem südlichen Kontinent einige Wochen später vereinbaren.“

                            „Und die Delegation ist abgereist. Wieso sind Sie auf Sameda II geblieben?“, argwöhnte Katherine.

                            „Ich bekam am Abend vor der Abreise eine Nachricht von Commodore Becker auf meinen Kommunikator. Ich sollte bis zur Ankunft der Tennessee warten und hier neue Befehle bekommen. Des Weiteren hatte man mir eine Adresse übermittelt, an der ich noch einen Lobbyisten der Regierung treffen sollte, der Tipps und Hinweise für die nächste Zusammenkunft hätte.“

                            „Wissen Sie noch den Namen des Lobbyisten oder den Ort, an dem Sie sich mit ihm treffen sollten?“, fragte Katherine.

                            „Nein, Major. Nichts mehr.“

                            „Was ist das letzte, woran Sie sich erinnern?“

                            „Ich ging aus meinem Hotel um die Ecke in eine Bar. Ich hatte tierisch Durst und bestellte ein Bier. Dann stand auf einmal diese wahnsinnig aufregende Samedanerin neben mir am Tresen. Und dann …“ Tovin beschrieb mit den Händen eine Explosion. „Puff! Alles weg.“

                            „Wo ist Ihr Kommunikator, Sir?“, fragte Joan.

                            „Captain Yokomuri hat ihn konfisziert.“

                            Joan flüsterte Katherine etwas ins Ohr, diese nickte zustimmend, woraufhin Joan sich erhob und hinausging.
                            „Haben Sie Ihren Kommunikator nach Erhalt der letzten Nachricht oder vor Ihrer Festnahme noch einmal benutzt?“, fragte Katherine.

                            „Nein, Major, das habe ich nicht“, antwortete Tovin und schüttelte in Zeitlupe den Kopf. „Was hat Ihr Lieutenant vor, wenn ich fragen darf?“

                            „Lieutenant Landor will den Inhalt des Geräts überprüfen, vielleicht findet sie die Nachricht noch.“

                            Nach nur zwei Minuten kam Joan mit dem Gerät in der Hand wieder in den Verhörraum und blickte recht enttäuscht drein. „Jemand hat das Ding auf Werkseinstellungen zurückgesetzt, Kat. Es ist völlig leer.“ Sie reichte den Kommunikator ihrer Freundin.

                            Katherine nahm das Gerät und sah es von allen Seiten eingehend an. Es war ein militärischer Kommunikator mit einem leistungsstarken Sender, der auch gesicherte Gespräche zwischen Planetenoberflächen und Raumschiffen ermöglichte, die ein halbes Lichtjahr entfernt waren.

                            „Colonel, wie kann man ein solches Gerät löschen?“, wollte Katherine wissen.

                            „Als normaler Soldat wie ich überhaupt nicht. Bei Einheiten ab Bataillonsgröße gibt es eine Spezialgruppe, die die Geräte wartet und deren Bestände verwaltet. Um solch ein Modell zu bereinigen, braucht es einen speziellen Computer und die dazugehörige Software. Und der wird gehütet wie ein Goldschatz. Da kommt selbst der Kommandeur nicht ohne weiteres ran.“

                            Man konnte sehen, wie es hinter Katherines Stirn arbeitete. Dann sprang sie auf und ging zur Tür. Beim Hinausgehen sagte sie: „Wir machen eine Pause. Ich muss jemanden anrufen.“ Den Kommunikator hielt sie noch in den Händen.
                            Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                            Mission accomplished.

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                              #15
                              Die Szene am Grab von Sam ist soooo schön und soooo traurig. Da muss man echt mit den Tränen kämpfen...
                              Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                              Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                              Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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