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    Wirtschaftswissenschaften - Echte Wissenschaft?

    Es tut mir leid, dass ich nichts zum Thema betragen kann, aber ich fühle ich mich in meiner akademischen Ehre gekränkt.

    Zitat von Largo Beitrag anzeigen
    Grundsätzlich kann man sagen, dass der Zeitrahmen von drei Tagen für eine einigermaßen gehaltvolle wissenschaftliche Arbeit (wenn es sich nicht gerade um eine betriebswirtschaftliche Fragestellung handelt) extrem knapp bemessen ist.
    Ich darf an dieser Stelle feststellen, dass auch wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Wirtschaftswissenschaften ordentliche Recherche und Verständnis erfordern. Vielleicht marschieren die Bänkersöhne leichtfüßig durch ihr BWL-Studium an der Largo-Universität aber unsereins musste selbst für eine 15-Seiten-Arbeit ne Menge Zeit investieren um eine sehr gute bis gute Arbeit abzuliefern. Wenn Largo schon billige Uni-Klischees verbreiten will, dann über Juristen.
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    #2
    Zitat von maestro Beitrag anzeigen
    Es tut mir leid, dass ich nichts zum Thema betragen kann, aber ich fühle ich mich in meiner akademischen Ehre gekränkt.
    Sorry. Das war nicht beabsichtigt. Ich habe darauf angespielt, dass die BWL eine stark kanonisierte Wissenschaft ist, d.h. der Großteil der Betriebswirte beruft sich auf standardisierte, allgemein anerkannte Wissensbestände. Dieser Umstand findet seinen Ausdruck unter anderem in Lehrbüchern (z.B. Wöhe), die den Stand der Forschung (von der Buchführung bis hin zu Managementtheorien) komprimiert wiedergeben. Anders als in vielen Geisteswissenschaften gibt es zudem keine Grabenkämpfe darum, was als allgemein verbindlich anzusehen ist und wie man Wissenschaft betreiben sollte. In der BWL streitet man sich vielleicht darum, welche Vor- und Nachteile einzelne betriebliche Kennziffern (z.B. Eigenkapitalrentabilität) haben, nicht aber um grundsätzliche Fragen, wie BWL zu betreiben ist (z.B. ob man betriebliche Kennziffern aus systemischer Perspektive oder aus Sicht der Subjekte betrachten sollte).
    Für einen Studenten sind betriebswirtschaftliche Fragestellungen daher (insgesamt gesehen) relativ leicht zugänglich. In der Soziologie musst Du z.B. erst ein grundlegendes Verständnis für die verschiedenen "Soziologien" entwickeln, bevor Du etwa die Systemtheorie von Luhmann verstehst. Dagegen hast Du als angehender Betriebswirt schon eine gute Vorstellung darüber, was BWL ist und was betriebswirtschaftliche Kennzahlen bedeuten, wenn Du den "Wöhe" im Regal stehen hast. Du kannst Dich darauf verlassen, dass das, was im "Wöhe" drinsteht, schon so stimmt und hast so einen Ausgangspunkt, von dem Du alles weitere recht zügig angehen kannst. Die Eigenkapitalrentabilität ist halt so wie sie definiert ist und das wars.
    Damit will ich nicht sagen, dass jeder Idiot mal schnell eine gute BWL-Hausarbeit so im Nebenbei schreiben kann, aber die Vorraussetzungen dafür sind besser als z.B. in einer multiparadigmatischen Wissenschaft wie der Soziologie oder bei einem Thema, wo man alte, staubige Texte lesen muss (so wie aktuell Space Marine).
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    http://www.last.fm/user/LARG0/

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      #3
      Zitat von Largo Beitrag anzeigen
      Sorry. Das war nicht beabsichtigt. Ich habe darauf angespielt, dass die BWL eine stark kanonisierte Wissenschaft ist, d.h. der Großteil der Betriebswirte beruft sich auf standardisierte, allgemein anerkannte Wissensbestände. Dieser Umstand findet seinen Ausdruck unter anderem in Lehrbüchern (z.B. Wöhe), die den Stand der Forschung (von der Buchführung bis hin zu Managementtheorien) komprimiert wiedergeben.
      Der Wöhe ist ein Einführungslehrbuch der ersten paar Semester und genügt keinesfalls, um sich differenziert mit Fragestellungen des Hauptstudiums auseinanderzusetzen. In wissenschaftlichen Arbeiten reicht er vielleicht gerade mal, um grundlegende Definitionen zu klären. Ich bin sicher, dass es vergleichbare Werke auch in anderen Wissenschaften gibt.

      Zitat von Largo Beitrag anzeigen
      Anders als in vielen Geisteswissenschaften gibt es zudem keine Grabenkämpfe darum, was als allgemein verbindlich anzusehen ist und wie man Wissenschaft betreiben sollte.
      Das ist ja wohl stark vereinfacht und auch falsch. Gerade in der Ordnungspolitik und in der VWL (Keynesianisten vs. Monetaristen) gibt es keineswegs einen Konsens darüber was "verbindlich anzusehen" ist.


      Zitat von Largo Beitrag anzeigen
      Für einen Studenten sind betriebswirtschaftliche Fragestellungen daher (insgesamt gesehen) relativ leicht zugänglich. In der Soziologie musst Du z.B. erst ein grundlegendes Verständnis für die verschiedenen "Soziologien" entwickeln, bevor Du etwa die Systemtheorie von Luhmann verstehst.
      Ich hab für mein Ordnungspolitikfach ein Seminar bei einem Soziologen gemacht und auch eine Seminararbeit geschrieben. Zwangsläufig musste ich mich auch mit soziologischen Texten beschäftigt. Nur weil z.B. eine Bilanzkennziffer in deinen Augen trivial ist, heißt das nicht, dass man darüber wissenschaftlich kritisch nachdenken kann.

      Zitat von Largo Beitrag anzeigen
      Die Eigenkapitalrentabilität ist halt so wie sie definiert ist und das wars.
      Das ist jetzt schon fast lächerlich. Nur weil du mal eine Kennzahl der Bilanzanalyse kennst, heißt das nicht, dass man das so einfach vom Tisch wischen kannst. Gerade die Finanzkrise in Verbindung mit dem Versagen der Rating-Agenturen, die sich ja so trivialer Kennzahlen bedienen, zeigt, dass die Sache so einfach nicht sein kann.

      Wie du merkst, bin ich das BWL-Gebashe leid. Ich hab in meiner Laufbahn als aufgeschlossener VWL-Student (übrigens ein Gebiet der Sozialwissenschaften) in Freiburg immer mehr Interesse entwickelt und Berührungspunkte der BWL/VWL mit Informatik, Soziologie, Mathematik und Psychologie entdeckt. Meine Fächer im Hauptstudium waren VWL, BWL, Finanzwissenschaft, Wirtschaftspolitik, Finanzmärkte und Immobilienwirtschaft. Schade, dass gerade Studenten dazu tendieren ihr eigenes Gebiet zu über- und andere zu unterschätzen.

      So, wieder nix zum Thema beigtragen, sorry.
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        #4
        Zitat von maestro Beitrag anzeigen
        Das ist ja wohl stark vereinfacht und auch falsch. Gerade in der Ordnungspolitik und in der VWL (Keynesianisten vs. Monetaristen) gibt es keineswegs einen Konsens darüber was "verbindlich anzusehen" ist.
        Ich habe ja auch ganz bewusst von der BWL und nicht der VWL gesprochen. Die VWL würde ich auch als multiparadigmatische Wissenschaft bezeichnen, wobei zu beachten ist, dass der Mainstream der Volkswirtschaftslehre der neo-klassischen Schule nahesteht, während die Vertreter alternativer Ansätze (z.B. Keynesianer, Neo-Marxisten) lediglich ein kleines Kontingent darstellen.

        Zitat von maestro Beitrag anzeigen
        Nur weil z.B. eine Bilanzkennziffer in deinen Augen trivial ist, heißt das nicht, dass man darüber wissenschaftlich kritisch nachdenken kann.
        Man kann darüber nachdenken. Das ist richtig. Das Problem ist aber halt, dass so eine Kennziffer per Definition "richtig" bzw. "wahr" ist. Oder nehmen wir eine Handlungsempfehlung aus dem Bereich Marketing (ein Wissenschaftszweig innerhalb der BWL), also z.B. Tipps, wie man potentielle Kunden zum Kauf einer Ware motiviert. Das bietet irgendwie keinen Raum, um etwas kritisch zu hinterfragen oder von einer anderen Seite aus zu beleuchten. Das hängt damit zusammen, dass die BWL sich eher damit beschäftigt Handlungsempfehlungen für Praktiker zu schreiben, anstatt Erkenntnisse über einen Untersuchungsgegenstand zu gewinnen. Unter anderem deshalb kann man sich stets sicher sein, mit dem "Wöhe" auf der sicheren Seite zu stehen.
        Im Gegenzug dazu müssen sich Erkenntnisse aus anderen Wissenschaftsbereichen stets an der Wirklichkeit messen lassen, um als "wahr" gelten zu können. Man kann sich nie sicher sein, dass eine Behauptung "wahr" ist – und genau das macht den Reiz vieler Wissenschaften (auch der VWL) aus.

        Zitat von Jack Crow Beitrag anzeigen
        Was Largo meint ist sicher nicht das, sondern eher der (auch) "Ausbildungscharakter" eines reinen BWL-Studiums. Viele studieren das ja nicht, um sich wissenschaftlich-kritisch damit auseinanderzusetzen, sondern um eben einen Betrieb (mit)leiten zu können - und da gehts eben vor allem um instrumentelles Wissen.
        Ja genau. Kritisches Denken ist im Rahmen eines BWL-Studium häufig gar nicht vorgesehen – bzw. erlauben viele Inhalte eines Studiums überhaupt keine kritische Auseinandersetzung. Wenn ich z.B. an den Produktlebenszyklus aus der Marketingforschung denke … was will man da großartig kritisieren? Ist halt nur eine Typologie ohne großartigen Erklärungsgehalt und Überprüfungsmöglichkeit. Oder wenn ich an diese ganzen Management-Theorien von irgendwelchen BWL-Gurus denke. Da schaudert es einen. Im BWL-Studium werden die Betroffenen ständig mit so etwas zugedröhnt.
        Ich spitze natürlich ganz bewusst etwas zu. Natürlich gibt es in der BWL kluge und weniger kluge Menschen – genauso wie in anderen Wissenschaftsdisziplinen auch. Aber ich gebe zu, dass ich manchmal Zweifel habe, ob die BWL überhaupt eine Wissenschaft ist, eben weil vieles dort nur eine Ansammlung von Handwerkszeug ist.
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          #5
          Zitat von Largo Beitrag anzeigen
          Ich habe ja auch ganz bewusst von der BWL und nicht der VWL gesprochen. Die VWL würde ich auch als multiparadigmatische Wissenschaft bezeichnen,
          Die Trennung zwischen BWL und VWL ist auf dem Papier leicht aber im Uni-Alltag schwierig. BWL-Studenten haben genauso VWL und andere Fächer zu lernen wie ich als VWLer das BWL-Fach. "Reine" BWL wie du sie beschreibst hab ich an einer Hochschule noch nicht erlebt. Das wäre dann wohl eher die Ausbildung zum xy-Kaufmann.
          Zitat von Largo Beitrag anzeigen
          Man kann darüber nachdenken. Das ist richtig. Das Problem ist aber halt, dass so eine Kennziffer per Definition "richtig" bzw. "wahr" ist.
          Das ist zweifellos richtig aber die Wissenschaft besteht auch daraus, die Kennzahl als richtig und wichtig oder irreführend und sinnlos zu entlarven. Gerade diese Bilanzanalyse ist an der Uni ziemlich dynamisch und keineswegs so statisch wie du sie darstellst. Es ist wichtig zwischen der Lehre und den tatsächlich angewandten Methoden der Unternehmen zu unterscheiden.
          Zitat von Largo Beitrag anzeigen
          Das hängt damit zusammen, dass die BWL sich eher damit beschäftigt Handlungsempfehlungen für Praktiker zu schreiben, anstatt Erkenntnisse über einen Untersuchungsgegenstand zu gewinnen.
          Wie schon gesagt, finden Handlungsempfehlungen für Praktiker kaum an einer Hochschule statt. Das sind zwei verschiedene Welten. Teilweise haben die Studenten ja keinen Plan, wie die Unternehmen tatsächlich rechnen.
          Zitat von Largo Beitrag anzeigen
          Ja genau. Kritisches Denken ist im Rahmen eines BWL-Studium häufig gar nicht vorgesehen – bzw. erlauben viele Inhalte eines Studiums überhaupt keine kritische Auseinandersetzung.
          Also so langsam wüsste ich gerne mal, von welchem BWL Studium du konkret sprichst. Die Studiengänge aus Freiburg, Hannover, Bremen und Bonn sind mir durch Freunde etwas bekannt und denen das kritische Denken abzusprechen ist schon ein starkes Stück.
          Zitat von Largo Beitrag anzeigen
          Wenn ich z.B. an den Produktlebenszyklus aus der Marketingforschung denke … was will man da großartig kritisieren? Ist halt nur eine Typologie ohne großartigen Erklärungsgehalt und Überprüfungsmöglichkeit.
          Ach, das sind doch alte Kamellen aus der "Anfangszeit". Sowas lernen Erstis oder Fachfremde aber mit der richtigen Lehre hat das doch nix mehr zu tun. Gerade aktuellere weiterführende Literatur setzt sich eben mit diesen platten Ansätzen auseinander und entlarvt sie als nicht aussagekräftig und unrealistisch.

          Wir sind vom Thema meilenweit entfernt. Möge ein Mod unsere Beiträge ausgliedern wenn es ihm angemessen erscheint.
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            #6
            Zitat von Largo Beitrag anzeigen
            Anders als in vielen Geisteswissenschaften gibt es zudem keine Grabenkämpfe darum, was als allgemein verbindlich anzusehen ist und wie man Wissenschaft betreiben sollte.
            Grabenkämpfe lassen sich in der Tat auch dort beobachten.
            Nur sind die vielleicht nicht ganz so offensichtlich, sondern man muss etwas zwischen den Zeilen lesen, und es kommt auch ein wenig auf das exakte Feld an, von dem man spricht.
            BWL ist ja ein relativ weiter Begriff, der ziemlich viel umfassen kann.

            Ich weiß z.B., dass es hinsichtlich Unternehmensbewertungen oder wenn es um Kapitalmarkttheorien geht einige Auseinandersetzungen und Meinungsunterschiede gibt.
            Also all jene Felder, in denen man eben nicht sagen kann was richtig und was falsch ist und in denen die (unsichere) Zukunft eine entscheidende Rolle spielt, auf die man sich gerne vorbereiten möchte.
            Auch wenn es über das ledigliche Feststellen/Anwenden z.B. von Kennzahlen hinausgeht und die Wissenschaft eine normative Aussage treffen möchte.

            Oder nehmen wir eine Handlungsempfehlung aus dem Bereich Marketing (ein Wissenschaftszweig innerhalb der BWL), also z.B. Tipps, wie man potentielle Kunden zum Kauf einer Ware motiviert.
            Gerade das ist im Gegensatz zum Durchrechnen definitorisch irgendwie festgelegter Kennzahlen doch ein wunderbarer Punkt zum Streiten.
            Bei dieser Fragestellung geht man nämlich von der reinblütigen BWL fort und schreitet hinüber zur Psychologie.
            BWL für den FHler/reinen Praktiker ist vielleicht pures Anwenden der wissenschaftlichen Enderkenntnisse.
            Aber für den Wissenschaftler ist im Gegensatz zu vielen anderen Theorien der Wirtschaftswissenschaften bei diesem Thema der Kundenmotivation ja sogar ein Feld aufgeschlagen, bei dem er richtige Experimente machen kann, bei dem er anschließend mit Psychologen und Neurologen eine Party feiern darf.

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              #7
              Komisch, ich hab eher das Gefühl als beschränkten sich viele Marketing-Abschlußarbeiten auf online-Umfragen über amazon, mit über Foren rekrutierten Teilnehmern...

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                #8
                Economics is not a science and never will be!!!

                SCNR
                Möp!

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                  #9
                  Zitat von Jack Crow Beitrag anzeigen
                  Komisch, ich hab eher das Gefühl als beschränkten sich viele Marketing-Abschlußarbeiten auf online-Umfragen über amazon, mit über Foren rekrutierten Teilnehmern...
                  Ich denke das Problem der BWL ist seine Zwittergestalt.

                  Ein großer Teil Derjeniger, die BWL studieren, werden das tun um in der Praxis irgendeinen angestrebten Beruf zu ergattern.
                  BWL wird für Viele also einfach nur ein Handwerk sein, das man erlernt um hoffentlich damit am Ende bei einem Unternehmen anzukommen. Eine Art Premiumausbildung. Nur wenige wird es tatsächlich in die wissenschaftliche Forschung ziehen, oder übergroße Begeisterung an den Hintergründen von Theorien wecken.

                  Auf der anderen Seite kann die BWL aber nur verwertbare Methodiken für die Realität mitliefern, wenn dahinter eine wissenschaftliche Logik steckt.
                  Natürlich könnte man dem Marketingabsolventen einfach nur beibringen, dass mit roten Wänden der Umsatz verdoppelt würde. Nur ohne tiefer auf neurologische oder psychologische Vorgänge einzugehen und Verhaltensmodelle zu entwickeln, ist es reines Glück ob man mit dieser Aussage ins Schwarze trifft, eine Generation Arbeitslose produziert, oder eine Wirtschaftswelt aus schön roten, aber ökonomisch zweckfreien Wänden erschafft.

                  Und dann hat diese Hydra noch ein paar weitere Gesichter.
                  Da kommt dann bei Kapitalmarkt, Zinsen usw. der fließende Übergang zu VWL-Modellen. Ohne deren Hintergründe zu verstehen und kritisch zu hinterfragen wird man Modelle eben einfach falsch anwenden, oder nicht weiterentwickeln können.
                  In der Bilanzierung oder der Steuerlehre kommt der Übergang zu den Rechtswissenschaften. Gelten die denn als Wissenschaft?

                  Das Problem der VWL ist, dass sie imho noch ziemlich am Anfang ihrer Erkenntnisse steckt und ein Erkenntnisgewinn durch die extrem aufwendige und dadurch sehr langsame Überprüfbarkeit nur ziemlich langsam voranschreitet. Man hat eine extrem komplexe Realität und vergleichsweise abstrakte und primitive Modelle, wo selbst bei einfacheren Aussagen stets mehrere Ansichten existieren. Im Grunde bräuchte es Modelle im Umfang dieser Klimamodelle, das ist aber noch unvorstellbar.

                  Insgesamt dürften Wirtschaftswissenschaften nicht mehr oder weniger Wissenschaft sein als viele andere Sozialwissenschaften. Die VWL versucht einen komplexen Ausschnitt einer komplexen Welt deren Wechselwirkungen und verhaltenstheoretische Zusammenhänge zu ordnen und die BWL daraus normative Aussagen abzuleiten, wie im System zu einer möglichst optimalen Entscheidung gefunden werden kann.
                  Zuletzt geändert von newman; 06.02.2009, 23:37.

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                    #10
                    Zitat von Cu Chulainn Beitrag anzeigen
                    Economics is not a science and never will be!!!

                    SCNR
                    Kennt jemand die Voodoo-Ökonomen aus Futurama?

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                      #11
                      Zitat von Cu Chulainn Beitrag anzeigen
                      Economics is not a science and never will be!!!

                      SCNR
                      VERDAMMT, wie konnte ich den nur übersehen...

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                        #12
                        Zitat von maestro Beitrag anzeigen
                        Wie schon gesagt, finden Handlungsempfehlungen für Praktiker kaum an einer Hochschule statt. Das sind zwei verschiedene Welten. Teilweise haben die Studenten ja keinen Plan, wie die Unternehmen tatsächlich rechnen.
                        Der Wissensbestand der BWL besteht fast ausschließlich aus praktischen Handlungsempfehlungen. Egal ob Rechnungswesen, Personalmanagement oder Produktionswirtschaft … es geht hier vor allem darum, Praktiker auf den betrieblichen Alltag vorzubereiten und weniger um die Beschäftigung mit wissenschaftlichen Problemstellungen. Ungefähr so wie wenn man eine Ausbildung zum Koch macht und gelernt bekommt wie man einen Fisch richtig filettiert, bekommt man als Betriebswirt vermittelt, wie man z.B. einen Betriebsabrechnungsbogen (BAB) erstellt. Die Beschäftigung mit grundlegenden wissenschaftlichen Fragestellungen wird dagegen typischerweise vernachlässigt. Ich spitze hier natürlich zu, d.h. mir ist natürlich klar dass ein Koch etwas anderes ist als ein Betriebswirt.

                        Zitat von maestro Beitrag anzeigen
                        Die Studiengänge aus Freiburg, Hannover, Bremen und Bonn sind mir durch Freunde etwas bekannt und denen das kritische Denken abzusprechen ist schon ein starkes Stück.
                        Also dass Deine Freunde unkritisch sind habe ich nirgends behauptet. Allerdings lehne ich mich sicher nicht zu weit aus dem Fenster heraus, wenn ich behaupte, dass Literaturlektüre, Selbstreflexionen oder die kritische Diskussionen von wissenschaftlichen Beiträgen in einem BWL-Studium nicht unbedingt Schwerpunkte darstellen. Da stehen stures Auswendiglernen von Definitionen und anderen kanonisierten Wissensbeständen oder die Lösung von Rechenaufgaben im Mittelpunkt (die Leistungen der BWL-Studentenschaft möchte ich dabei jedoch nicht herabwürdigen). Ich kann mich da sowohl auf eigene Erfahrungen (hatte im Nebenfach Wirtschaftswissenschaften studiert) und fremde Erfahrungen (meine Schwester studiert das) berufen.

                        Zitat von newman Beitrag anzeigen
                        Grabenkämpfe lassen sich in der Tat auch dort beobachten.
                        Zum Beispiel? …
                        Also ich habe ja schon weiter oben gesagt gehabt, dass sich auch Vor- und Nachteile von irgendwelchen Kennziffern diskutieren lassen, was sicher auch geschieht. Aber es handelt sich hierbei nicht um ein grundsätzliches Infragestellen der BWL insgesamt. Der große Teil des Wissensbestandes der BWL wird von der Mehrheit der Betriebswirte tatsächlich anerkannt. In anderen Disziplinen finden dagegen Grabenkämpfe und gewaltige Umbrüche statt. Die Systemtheorie von Luhmann in der Soziologie stellte z.B. vieles von dem auf den Kopf, was man zuvor noch als recht gesichert angesehen hat. Die Systemtheorie von Luhmann ist so "anders" dass man sie nicht einfach an den bereits bestehenden Wissensbestand dranhängen kann. Es ist eine neue Art des Denkens, eine neue Perspektive auf soziale Phänomene und damit auch eine neue Art, Wissenschaft zu betreiben, die wiederum mit anderen komplexen Ansätzen in Konkurrenz steht. In der VWL stellt so ein Umbruch wahrscheinlich die "General Theory" von Keynes dar und in der Physik die Relativitätstheorie von Einstein (ich hoffe, ich lehne mich hier nicht zu weit aus dem Fenster). Für den Studenten ist eine solche Gemengelage mit dem Problem verbunden, dass er mit einer Vielzahl konkurrierender Ansätze konfrontiert ist: Keynes erklärt die Welt so, Marx so und Say wiederum ganz anders. Diese Einzelperspektiven lassen sich nicht zu einer umfassenden Perspektive zusammenfügen.
                        In der BWL ist dies weit weniger problematisch: Wenn ein Betriebswirt eine neue Kennzahl "erfindet", dann bleibt die "Gültigkeit" anderer Kennziffern oder von Managementheorien und Marketingstratgien davon unberührt.
                        Mein Profil bei Last-FM:
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                          #13
                          Zum Beispiel? …
                          Also ich habe ja schon weiter oben gesagt gehabt, dass sich auch Vor- und Nachteile von irgendwelchen Kennziffern diskutieren lassen, was sicher auch geschieht. Aber es handelt sich hierbei nicht um ein grundsätzliches Infragestellen der BWL insgesamt. Der große Teil des Wissensbestandes der BWL wird von der Mehrheit der Betriebswirte tatsächlich anerkannt. In anderen Disziplinen finden dagegen Grabenkämpfe und gewaltige Umbrüche statt. Die Systemtheorie von Luhmann in der Soziologie stellte z.B. vieles von dem auf den Kopf, was man zuvor noch als recht gesichert angesehen hat. Die Systemtheorie von Luhmann ist so "anders" dass man sie nicht einfach an den bereits bestehenden Wissensbestand dranhängen kann. Es ist eine neue Art des Denkens, eine neue Perspektive auf soziale Phänomene und damit auch eine neue Art, Wissenschaft zu betreiben, die wiederum mit anderen komplexen Ansätzen in Konkurrenz steht. In der VWL stellt so ein Umbruch wahrscheinlich die "General Theory" von Keynes dar und in der Physik die Relativitätstheorie von Einstein (ich hoffe, ich lehne mich hier nicht zu weit aus dem Fenster). Für den Studenten ist eine solche Gemengelage mit dem Problem verbunden, dass er mit einer Vielzahl konkurrierender Ansätze konfrontiert ist: Keynes erklärt die Welt so, Marx so und Say wiederum ganz anders. Diese Einzelperspektiven lassen sich nicht zu einer umfassenden Perspektive zusammenfügen.
                          In der BWL ist dies weit weniger problematisch: Wenn ein Betriebswirt eine neue Kennzahl "erfindet", dann bleibt die "Gültigkeit" anderer Kennziffern oder von Managementheorien und Marketingstratgien davon unberührt.
                          Eine neue Theorie, welche die gesamte BWL in Frage stellt, kann es imho daher nicht geben, da die BWL kein einheitlicher Komplex ist, sondern eine Ansammlung, ein Oberbegriff für verschiedene Lehrinhalte, die eben als Gemeinsamkeit haben, dass sie bestimmte Teilbereiche eines Unternehmens oder unternehmerischer Tätigkeit repräsentieren.

                          Wenn ein VWLer eine bahnbrechende neue Kapitalmarkttheorie aufstellt, dann stellt das bestimmte Teile der BWL auf den Kopf, aber was hat damit das Marketing zu schaffen...

                          Außerdem sind die Konfliktherde sicherlich feiner. Ein Teil des BWL, den du mit Kennzahlen ansprichst, ist nunmal einfach Handwerk. Man wendet bestimmte Methodiken an. Man kann sich darüber streiten ob deren Einsatz einen tieferen Sinn ergibt, oder unsinniger Ressourcenverschleiß ist, und genau den Sinn hinter diesen ergibt dann Grabenkämpfe, aber die handwerkliche Durchführung an sich ist genauso wertneutral wie die Addition als mathematisches Instrument.

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                            #14
                            Zitat von Largo Beitrag anzeigen
                            In der BWL ist dies weit weniger problematisch: Wenn ein Betriebswirt eine neue Kennzahl "erfindet", dann bleibt die "Gültigkeit" anderer Kennziffern oder von Managementheorien und Marketingstratgien davon unberührt.
                            Mit anderen Worten, er "erfindet" oder "schafft" echtes Wissen und nicht nur "Ansichten" oder "Meinungen" wie ein Geisteswissenschaftler.

                            Die Wirtschaft verändert sich, die Fakten verändern sich, der BWLer muss die Fakten herausfinden erkennen, anwenden.

                            Ich finde, BWL hat wesentlich mehr mit Wissenschaft zu tun, als z.B. Philosophie.

                            succo
                            Zuletzt geändert von succo; 07.02.2009, 00:28.
                            Ich blogge über Blogger, die über Blogger bloggen.

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                              #15
                              Natürlich haben wir es hier nicht mit Wissenschaft zu tun. Wird wissenschaftliche Methodik angewendet? Nein. Einmal wird zum Großteil praktische Anleitung vermittelt. Und in der anderen Richtung haben wir es mit Theorien zur Wirtschaft zu tun. Welche Theorie nun vorherrschend ist, bestimmt in ester Linie die Mehrheitsmeinung der "Wirtschaftswissenschaftler". Versuche zur Falsifizierung bzw. Verifizierung, finden nicht statt, somit sind wir bei der Philosophie angelangt.

                              Und damit haben wir es auch zu tun: Philosophischen Schulen. Wobei manchmal schon der Begriff Wirtschaftstheologie anbebracht wäre.

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