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"All das vergiss bitte nie!" / "Remember"

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    #76
    04. August 1914:
    Einmarsch deutscher Truppen in Belgien - Der erste Weltkrieg beginnt


    Die Ermordung des Österreichischen Erzherzogs Franz Ferdinand in Sarajevo am 28.6.1914 war der Auslöser für den ersten weltweiten Konflikt zwischen den imperialistischen Großmächten. Österreich-Ungarn erklärte Serbien den Krieg am 28.7., worauf Rußland, um seine Interessen auf den Balkan zu schützen, gegen Österreich-Ungarn am 30.7 mobilisierte. Dies resultierte in Ultimaten Deutschlands, dessen Regierung und Militär zuvor Österreich-Ungarn zum Angriff auf Serbien ermutigt hatte, an Rußland und Frankreich (31.7.), in denen die Einstellung der Mobilmachung Rußlands bzw. die Zusicherung der Neutralität Frankreichs im Falle eine deutsch-russischen Krieges gefordert wurde. Dies führte wiederum zur Mobilmachung Deutschlands und Frankreichs am 1.8. und der Kriegerklärung Deutschlands an Rußland am gleichen Tag. Frankreich fürchtete, wie auch Großbritannien, dass ein Sieg Deutschlands über Rußland seine eigene Position schwächen würde. Am 3.8. erklärte Deutschland Frankreich den Krieg und marschierte in der Nacht zum 4.8. in Belgien ein, um die französischen Befestigungsanlagen zu umgehen. Die deutsche Invasion im neutralen Belgien war schließlich der Vorwand für Großbritannien um Deutschland am 4.8. den Krieg zu erklären - innerhalb von einer Woche war eine Epoche von 44 Jahren Frieden zwischen den europäischen Großmächten beendet.

    Schon zuvor war deutlich geworden, dass der Imperialismus nicht nur zur Eroberung von Kolonien, sondern auch zu Kriegen zwischen den Kolonialmächten führt. 1904 war es zum Krieg zwischen Japan und Rußland gekommen, als die russischen Expansion nach Osten mit der japanischen nach Westen in Korea kollidierte. 1906 und 1911 schien es, als würde ähnliche Ursachen zu einem Krieg zwischen Deutschland und Frankreich führen (Marokko-Krisen). Der gefährlichste Konfliktpunkt war der Balkan. Hier stritten Rußland, Italien und Österreich-Ungarn um die Konkursmaße des Osmanischen Reichs, wobei sie von ihren jeweiligen Verbündeten unterstützt wurden. Dieser Konflikt führte zu einer Reihe von Stellvertreter-Kriegen (1. und 2. Balkan-Krieg). 1912 fielen Serbien, Griechenland, Montenegro und Bulgarien mit der Unterstützung Rußlands über die verbliebenen europäischen Territorien des Osmanischen Reichs her, während 1913 im Zweiten Balkan-Krieg Bulgarien, was von dabei von Österreich-Ungarn unterstützt wurde, wegen Streit um die Beute Serbien angriff. Griechenland, Montenegro, Rumänien und die Türkei unterstützten Serbien und besiegten Bulgarien. Der Versuch der Mittelschichten der entstehenden Balkanstaaten einheitliche Nationalstaaten zu errichten verursachte Vertreibungen und Massaker. Diese Kriege änderten nichts an der Explosivität der Situation, was sich im August 1914 zeigen sollte.

    Eine ein relativ unbedeutendes Ereignis hatte eine Kette von diplomatischen Aktivitäten ausgelöst, die schließlich zum Ersten Weltkrieg führten. Deshalb werden die Ereignisse im Juli und August 1914 oft auch als Produkt einer zufällige Verkettung unglücklicher Umstände und Fehleinschätzungen der Beteiligten dargestellt.
    Diese Anschauung ignoriert aber die wirklichen Ursachen des Krieges. Im Gegensatz zum frühen Kapitalismus mit seiner freien Konkurrenz zwischen kleinen und mittleren Unternehmen, ist der reife Kapitalismus durch monopolistische Strukturen mit marktbeherrschenden Positionen weniger großer Kapitalisten gekennzeichnet. Der Prozeß der Konzentrierung und Zentralisation des Kapitals hatte sich während der Stagnation zwischen 1873 und 1895 massiv beschleunigt. Die entstandenen Großunternehmen waren von Binnenmärkten abhängig, die durch Zölle abgeschottet wurden, so dass mit Dumpingpreisen exportiert werden konnte. Wegen der niedrigen Profitraten stieg der Anteil der Direktinvestitionen im Ausland stark an. Um diese Investitionen zu schützen stützten sich die Kapitalisten auf ihre jeweiligen Nationalstaaten, was zur eine Kolonialisierungswelle führte, der fast ganz Afrika, sowie Teile Chinas zum Opfer fielen. Durch die Schutzzölle und die Kolonialpolitik veränderte sich die Konkurrenz zwischen den Unternehmen von einem Preiskrieg zu einer Konkurrenz zwischen den Nationalstaaten. Die wirtschaftrlichen Interessen der Großkonzerne und die Machtinteressen der Nationalstaaten verschmolzen, und die wirtschaftliche Konkurrenz schlug in eine militärische Konkurrenz um. Dies war besonders deutlich in dem Flottenwettrüsten zwischen Deutschland (Aufbau der 'Risikoflotte') und Großbritannien. Die einzelne Nationalstaaten versuchten ihre wirtschaftlichen, und tlw. auch sozialen ("Sozialimperialismus") Probleme durch territoriale Expansion zu lösen. Dabei waren nicht etwa landwirtschaftliche Gebiete (wie in der Feudalzeit), sondern industrialisierten bzw. rohstoffreiche Gebiete das Ziel für die Eroberungspläne.

    Die einzelnen Mächte hatten jeweils spezifische Ziele. Österreich-Ungarn versuchte den Vielvölkerstaat zusammenzuhalten und die Bedrohungen im Form des jugoslawischen Nationalismus (bzw. Pan-Slawismus) und dem großserbischen Nationalismus auszuschalten. Die russische herrschende Klasse war durch eine Revolution bedroht (im Juli 1914 kam es zu Streiks und Barrikadenkämpfen in St. Petersburg) und suchte ihr Heil in einem Krieg. Ziel war es auch die eigenen Ansprüche auf dem Balkan und das verbündete Serbien zu schützen und den Bosporus zu kontrollieren. Frankreich sah das Bündnis mit Rußland als Chance Elsaß-Lothringen zurückzuerobern und Kontrolle über die Industrie im Rheinland zu erlangen. Deutschland sah sich zwischen Rußland und Frankreich eingezwängt und so an seinen Expansionsbestrebungen behindert. Das Ziel war es, die Industriegebiete Belgiens und der französischen Lorraine erobern, sowie die deutsche Einflußzone auf Rumänien und über die Türkei bis in den Nahen Osten (Bagdad-Bahn) auszudehnen. Das Britische Empire sah sich durch das Expansionstreben Deutschlands bedroht und versuchte auf Kosten des Osmanischen Reichs Kontrolle über den Nahen Osten zu erlangen.

    Zu Beginn des Krieges war nicht nur die jeweilige Herrschaftsschicht für den Krieg, sondern auch in der Bevölkerung, insbesondere in den Mittelschichten, gab es eine starke Kriegsbegeisterung. Diese wurde durch das Verbreiten vermeintlicher Greueltaten der Gegner und die Umdichtung des Krieges als Krieg für die Zivilisation und gegen die Tyrannei verstärkt. Die Sozialdemokratie, die in den Tagen vor Kriegsausbruch noch große Antikriegsdemonstrationen und -kongresse organisiert und beschlossen hatte, gegen einen Krieg einen Generalstreik in allen beteiligten Ländern zu organisieren, stellte sich hinter die jeweiligen nationalen Regierungen und war damit für die Kriegsbegeisterung mitverantwortlich. Eine rühmliche Ausnahme bildeten die serbischen und italienischen (auch nach Kriegseintritt Italiens) Sozialdemokraten und ein Flügel der russischen Sozialdemokratie (Bolschewiki), sowie einzelne isolierte Sozialisten, wie in Deutschland Karl Liebknecht.

    Das deutsche Militär ging nach dem Schlieffen-Plan vor, der eine Konzentrierung auf die Westfront vorsah. Um die französischen Truppenmassierungen an der Grenze zu umgehen erfolgte ein Einmarsch in das neutrale Belgien. Nach anfänglichen Erfolgen scheiterte der Vormarsch in der Marne-Schlacht. An der Westfront entwickelte sich ein Stellungskrieg, in dem beide Seiten versuchten die andere "ausbluten" zu lassen. Beispiele für diese menschenverachtende Taktik waren die Schlachten von Verdun und an der Somme 1916. Beide Seiten versuchten durch eine wirtschaftliche Blockade die andere auszuhungern. Deutschland war durch die geographische Lage dabei im Nachteil, den es durch den Uboot-Krieg auszugleichen suchte. Im Osten war den anfangs erfolgreiche russische Vormarsch in der Schlacht von Tannenberg gestoppt worden. Auf dem Balkan waren die österreichisch-ungarischen Truppen nicht in der Lage sich durchzusetzen. Deutschland gelang es, die Türkei durch das Überlassen des Schlachkreuzers Goeben und des Leichten Kreuzers Breslaus auf seine Seite zu ziehen. Auch Bulgarien schließt sich am 14.10.1915 Deutschland an, während Italien am 23.5.1915, Rumänien am 27.8.1916 und Griechenland am 27.6.1917 sich der Entente anschließen. Japan hatte bereits am 23.8.1914 Deutschland den Krieg erklärt, um die deutschen Kolonien im Pazifik und China zu besetzen. Die deutschen Kolonien wurden mit Ausnahme von Deutsch-Ostafrika, wo sich Truppen bis 1918 hielten, schnell erobert und die dort stationierten Kreuzer bis 1915 alle versenkt. Der Versuch der Entente 1915 eine dritte Front zu eröffnen und die Dardanellen zu erobern scheitert (Landung auf Galliploli). Ebenso scheitert der Vormarsch der Türken auf den Suez-Kanal, während die Gegenoffensive der Briten in Palästina und im Irak mit Unterstützung der Araber, denen Unabhängigkeit versprochen wurde, erfolgreich war. Zuvor waren schon 1914 Zypern und Ägypten von den Briten besetzt worden, die auch Persien 1917 eroberten. Die USA hatten seit Kriegsbeginn die Entente wirtschaftlich unterstützt und nach einer Reihe von Zwischenfälle auf See und der Erklärung des uneingeschränkten Ubootkrieges, sowie der Veröffentlichung des Zimmermann-Telegrams (deutscher Versuch Mexiko als Verbündeten zu gewinnen), erklärte die USA am 6.4.1917 Deutschland den Krieg. Dadurch standen der Entente frische Truppen und zusätzlicher Nachschub zu Verfügung. Zwar gelang den Deutschen unter Ausnutzung der Russischen Revolution große Teile der Ukraine zu erobern, die deutschen Frühjahrsoffensiven im März/April 1918 brachten aber nicht den entscheidenden Durchbruch, während die Offensive der Entente im Sommer 1918 Deutschland an den Rande der Niederlage brachten. Die deutsche Oberste Heeresleitung erklärte die Fortführung des Krieges am 14.8.1918 für aussichtslos und die Militärdiktatoren Hindenburg und Luddendorf verlangten im September einen Waffenstillstand (vgl. 26. Oktober 1918 Der Kriegsdiktator geht. Dies war auch eine Reaktion auf den Zusammenbruch des bulgarischen Armee und den Durchbruch der Entente in Mazedonien, sowie der Zusammenbruch der türkischen Armee in Palästina im gleichen Monat. Auch die österreichische Armee auf dem Balkan brach zusammen, die Tschechoslowakei und Jugoslawien erklärten am 28. bzw. 29. Oktober ihre Unabhängigkeit, worauf Österreich-Ungarn am 3.11.1918 den Waffenstillstand akzeptierte. Angesichts der Revolution in Deutschland übergibt das Militär die Regierungsgewalt an die SPD, die unter diesen Bedingungen auch für die Waffenstillstandsverhandlungen und den folgenden Friedensvertrag von Versailles verantwortlich gemacht werden konnte.

    Der Erste Weltkrieg war der bis dahin blutigste Krieg der Geschichte. Insgesamt 10 Millionen starben, davon 1,8 Millionen aus Deutschland, 1,7 Millionen aus Rußland, 1,4 Millionen aus Frankreich, 1,3 Millionen aus Österreich-Ungarn, 740 000 aus dem Britischen Empire und 615 000 aus Italien. Ein Fünftel der männlichen Franzosen im wehrfähige Alter und ein Achtel der Deutschen starben. Alleine in der Schlacht von Verdun und Somme starben jeweils eine Million. Dazu kommen noch die Opfer durch die mangelnde Versorgungslage. So verhungerten in Deutschland 750 000 Menschen, weil die tägliche Diät des durchschnittlichen Arbeiters um ein Drittel unterhalb die für das langfristige Überleben notwendige Kalorienmenge gefallen war.

    Der Erste Weltkrieg zerstörte die verbliebenen Vielvölkerstaaten aus der Feudalzeit und leitete den relativen Niedergang der europäischen Großmächte im Vergleich zu Japan und insbesondere den USA ein. Nicht nur die Verlierer des Krieges hatten unten den wirtschaftlichen Folgen zu leiden, sondern auch die Sieger Großbritannien und Frankreich. Zudem stellte der Krieg den Auslöser für eine revolutionäre Epoche dar. Die ökonomischen Kämpfe der Arbeiter wegen ihrer wirtschaftlichen Notlage und der Kampf gegen den Krieg, die anfangs isoliert voneinander waren, verbanden sich gegen Ende des Krieges. In den meisten Armeen kam es zu großen Meutereien. So meuterten 68 Divisionen, die Hälfte der französischen Armee, im April 1917, als sie nach einer Offensive mit 250 000 Toten wieder an die Front sollten. Auch in Italien meuterten 1917 50 000 Soldaten, genauso wie 100 000 Soldaten in dem britischen Basislager Ètables bei Boulogne. Diese Rebellionen wurden durch eine Mischung von Zugeständnissen und brutaler Repression inklusive zahlreicher Hinrichtung niedergeschlagen. Die größten Auswirkungen hatte die Februarrevolution (siehe 8. März 1917 Februarrevolution in Russland) und die folgende Oktoberrevolution in Rußland. Auf den Friedensaufruf Trotzkis reagierten die Spartakisten und Kriegsgegner in der SPD mit der Organisation der großen Streiks im Januar 1918. Diese blieben, wie ein Aufstand der Matrosen der österreichisch-ungarischen Marine in Cattaro am 1.2.1918, erfolglos. Erst der Matrosenaufstand am 29.10. (siehe auch 22. Oktober 1918: Seekriegsleitung befiehlt Großoffensive der Flotte) löste die Revolution in Deutschland aus (siehe auch 9. November 1918 Ausrufung der Ersten Deutschen Republik). In den meisten Staaten konnte in der Folge das allgemeine Wahlrecht (inklusive des Wahlrechts für Frauen) erkämpft werden. Die revolutionäre Kämpfe gingen bis Anfang der 1920er Jahre, so in Spanien (Trienio Bolchevista), Italien, Deutschland (siehe 13. März 1920 Lüttwitz-Kapp-Putsch in Berlin
    und 7.April 1919 Bayerische Räterepublik wird ausgerufen), Ungarn und Großbritannien (siehe 31. Januar 1919 "Blutiger Freitag" auf dem George Square, Glasgow).

    (von max)

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      #77
      9. August 1945:
      Atombombenabwurf auf Nagasaki



      Um 12 Uhr Mittags explodiert eine auf Plutonium basierende Atombombe über Nagasaki und tötete mindestens 70 000 Menschen (die Hälfte der Einwohner). Die Sprengkraft dieser Bombe ('Fat Man') war stärker wie die Atombombe, die drei Tage zuvor auf Hiroshima geworfen wurde und durch die letztendlich über 300 000 Menschen umgebracht wurden: Fat Man hatte eine Sprengkraft von 22 000 Tonnen TNT, während die der über Hiroshima abgeworfenen Little Boy 12 500 t TNT war. Allerdings verfehlte die US-Bomberbesatzung in Nagasaki das berechnete Ziel um ca. fünf Kilometer.


      links: Nagasaki nach dem Angriff; rechts: Die eingesetzte Atombombe

      Die offizielle Rechtfertigung für diese Massaker ist die Behauptung, dass die Atombomben den Krieg beendet hätten und eine halbe Million Leben auf beiden Seiten gerettet hätten. So sagte Präsident Harry Truman 1945: "Wir benutzen die Bombe um die Schmerzen des Krieges zu verkürzen und das Leben Tausender junger Amerikaner zu retten."

      Japan lag zu diesem Zeitpunkt allerdings schon am Boden. Nach der Schlacht von Okinawa war Japan eingekreist, hatte den Großteil seiner Flotte und Luftwaffe verloren und war machtlos den Flächenbombardements der US-amerikanischen Bomber ausgeliefert. Zudem hatten war die alliierte Seeblockade basierend auf einem uneingeschränkten Uboot-Krieg und Luftangriffen sehr effektiv. Über 90% des japanischen Schiffsraums waren zerstört worden. Japan war nicht mehr in der Lage ausreichend Lebensmittel und Rohstoffe (wie Öl) zu importieren. Dazu kamen die Bombenangriffe. 600 große Fabriken waren zerstört worden und 8,5 Millionen Menschen mußten aus den Städten fliehen. Jede größere Stadt mit Ausnahme von Hiroshima und Kyoto war vor bereits vor dem Abwurf der Atombomben zerstört worden.

      Eine US-amerikanische Untersuchungskommission stellte 1946 fest, dass Japan auch ohne die Atombomben Ende 1945 kapituliert hätte. US-Militärs rechneten im Falle einer Invasion auf den japanischen Hauptinseln auch "nur" 25 000 bis 46 000 toten US-Soldaten. Zudem gab es innerhalb der japanischen Führung einen Flügel, der seit Mitte 1944 Friedensverhandlungen aufnehmen wollte. Ihre Forderung war, dass das japanische Staatswesen inklusive dem Kaiser beibehalten werden sollte, was die US-Regierung ablehnte und in Potsdam am 26.7.1945 die bedingungslose Kapitulation forderte. Nach dem Abwurf der Atombomben, als das japanische Außenministerium am 10.8. die bedingte Annahme der Potsdamererklärung verkündete, wurde diese Forderungen fallengelassen und am 2.9.1945 die Kapitulation Japans akzeptiert.

      Der US-Admiral Leahy kommentierte die Entscheidung Trumans die Atombombe einzusetzen so:
      Der Einsatz dieser barbarischen Waffe gegen Hiroshima und Nagasaki brachte uns keinen materiellen Vorteil im Krieg gegen Japan. Die Japaner waren bereits geschlagen und zur Kapitulation bereit, allein schon auf Grund der Blockade und der Abwürfe konventioneller Bomben
      Der Einsatz der Atombomben folgte auf die Potsdamer Konferenz (17.7. bis 2.8.45), bei der es um die Aufteilung der Beute unter den Siegern ging. Einen Tag vor der Konferenz war der erste Atombombentest durchgeführt worden. Unmittelbar auf die russische Kriegserklärung an Japan am 8.8. und dem erfolgreichen Vormarsch der russischen Truppen in der Mandschurei und Korea folgte die Zerstörung von Nagasaki durch die zweite Atombombe. Der Einsatz der Atombombe war im Endeffekt nicht die letzte Aktion des Zweiten Weltkriegs, sondern die erste Aktion des Kalten Kriegs. Die US-Regierung wollte ihre militärische Überlegenheit gegenüber der UdSSR demonstrieren und diese für eine Neuaufteilung der Welt nutzen. Der US-Kriegsminister Forestal sagte dazu 1947:
      Die Jahre, die vergehen, ehe eine mögliche Großmacht die Fähigkeit uns wirksam mit Massenvernichtungswaffen anzugreifen, sind die Jahre unserer Chance.
      Allerdings war die UdSSR bereits 1949 in der Lage den ersten Atombombentest durchzuführen, so dass sich ein Patt zwischen den beiden Supermächten entwickelte und die Welt in zahlreichen Krisen (z.B. Korea-Krieg, Suez-Krise 1956, Berlin-Krise 1961, Kuba-Krise 1962) von der Vernichtung durch einen atomaren Holocaust bedroht war.

      Der Einsatz der Atombomben in Hiroshima und Nagasaki zeigt zusammen mit der Flächenbombardements deutscher und japanischer Städte vielleicht am besten, dass der Zweite Weltkrieg kein Krieg zwischen "guter Demokratie" und "bösem Faschismus", sondern zwischen imperialistischen Konkurrenten war. Die alliierten Militärs unterschieden nicht zwischen den Opfern und den Tätern der Nazi-Barbarei bzw. der japanischen Militärdiktatur. Der spätere Präsident Truman machte bereits 1941 deutlich, das seine Kriegsziele die Ausschaltung von konkurrierenden Mächten und die Ausweitung des US-Einfluß waren:
      Wenn wir sehen, dass Deutschland gewinnt, sollten wir Rußland helfen, und wenn Rußland gewinnt, sollten wir Deutschland helfen und sie auf diese Weise gegenseitig so viele wie möglich töten lassen..
      (von max)

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        #78
        19.8.1936:
        Die Moskauer Prozesse und der Große Terror

        Vom 19. bis zum 24. August 1936 fand der erste der Moskauer Prozesse statt. Weitere folgten im Januar 1937 und im März 1938. Im ersten Prozeß wurde eine Gruppe von 16 führenden Kommunisten um Sinowjew und Kamenew wegen terroristischer Aktivitäten gegen die UdSSR, u.a. die angeblich auf Anweisung Trotzkis geplante Ermordung Stalins und anderer führender Stalinisten, angeklagt und zum Tode verurteilt. Eine beispiellose Verleumdungskampagne gegen den Kern der Bolschewiki von 1917 begann, der Hunderttausende zum Opfer fallen sollten. Die Moskauer Prozesse wurden international damals von vielen kommunistischen Künstlern, über den rechten Flügel der Sozialdemokratie bis zu Konservativen wie Churchill begrüßt und verteidigt. Sie stellten den Auftakt für den Großen Terror und den Säuberungsaktionen der Kommunistischen Partei dar, welche Stalin die Festigung seiner Macht, die Zerstörung der Überreste der Oktoberrevolution und den Aufbau eines staatskapitalistischen Systems ermöglichten.

        Am 7. November 1917 (25.10 des Gregorianischen Kalenders) hatten die Arbeiter unter der Führung der Bolschewiki mit der Unterstützung der Mehrheit der Soldaten und Bauern in der Oktoberrevolution die nicht-gewählte Provisorische Regierung (siehe auch 8url=http://www.scifi-forum.de/showthread.php?postid=491944#post491944]8. März 1917: Februarrevolution in Russland [/url]) gestürzt. Gestützt auf eine klare Mehrheit in den Räten begannen die Bolschewiki im Bündnis mit den Linken Sozialrevolutionären mit der Durchsetzung sozialistischer Maßnahmen, wie die Errichtung einer Rätedemokratie und der Befreiung der Frau durch den Aufbau einer staatlichen Kinderversorgung, billiger Großküchen oder Wäschereien. Allerdings unterwarfen sich die Bürgerlichen und der Adel nicht den Mehrheitsverhältnissen. Unter Führung faschistischer Elemente begannen sie mit der Unterstützung des rechten Flügels der Sozialdemokraten (Menschewiki) und aller Großmächte (u.a. Deutschland, USA, Großbritannien, Frankreich, Japan) einen Bürgerkrieg, den die Bolschewiki erst 1921 gewinnen konnten. Im diesem Bürgerkrieg wurde die schon vorher schwache industrielle Basis Rußlands fast vollkommen zerstört. Die Industrieproduktion betrug 1920 nur noch 18% des Standes von 1916. Die Arbeiterklasse, auf die sich die Oktoberrevolution gestützt hatte, war vernichtet worden. Ein großer Teil war im Bürgerkrieg gefallen und der Zusammenbruch der Industrie hatte den Rest zerstreut. Die Anzahl der Industriearbeiter war von 3 Millionen im Jahre 1917 auf 1,2 Millionen 1921 gefallen. In Petrograd, dem Ursprung der Revolution, sank die Zahl von 400 000 im Oktober 1917 auf 72 000 im April 1918. Die Bolschewiki hatten sich zwar an der Macht halten können, aber ihre soziale Basis verloren. Unter diesen Bedingungen mußte sich der Charakter der Partei ändern. Die Bolschewiki waren gezwungen eine Bürokratie aufzubauen und sich dabei auf Beamte der Zarenzeit zu stützen. Lenin kommentierte die Situation so:
        Man nehme doch Moskau ? die 4700 verantwortlichen Kommunisten ? und dazu dieses bürokratische Ungetüm, diesen Haufen, wer leitet da und wer wird geleitet? Ich bezweifele sehr, ob man sagen könnte, dass die Kommunisten diesen Haufen leiten. Um die Wahrheit zu sagen, nicht sie leiten, sondern sie werden geleitet.
        Stalin, der zuvor keine relevante Rolle in der Oktoberrevolution gespielt hatte und gegen sie gestimmt hatte, machte sich zu dem Sprecher der Bürokratie. Er öffnete die Partei für Karrieristen und Opportunisten, das sogenannte Lenin-Aufgebot, und stärkte damit die Bürokratie gegenüber den Revolutionären. Während es bei den meisten alten Revolutionären Konsens war, dass die Revolution in Rußland nur überleben würde, wenn die Revolution in den westlichen Industriestaaten erfolgreich sein würde, begründete Stalin 1924 zusammen mit Bucharin mit der Theorie des "Sozialismus in einem Land" die Abkehr von den revolutionären Politik. Während die Linke um Trotzki eine verstärkte Industrialisierung forderte um den Bauern mehr bieten zu können und das Gewicht der Arbeiterklasse zu stärken, wollte Stalin einen "Aufbau des Sozialismus im Schneckentempo" verbunden mit Zugeständnissen an die reicheren Bauern. Diese Politik beinhaltete weitere Einschränkungen der Arbeiterdemokratie, sowie eine Rückkehr zu der konservativen Sexual- und Familienmoral. Um diese Politik durchzusetzen, verfolgte Stalin die Linke Opposition um Trotzki und später die Leningrader Opposition/Moskauer Zentrum um Sinowjew. Er unterdrückte die innerparteiliche Demokratie und alle Möglichkeiten alternative Politik oder Propaganda zu betreiben. Die Führer der Opposition wurden nach Sibirien verbannt oder ins Exil getrieben. Zu diesem Zeitpunkt existierte aber noch ein degenerierter Arbeiterstaat und der Rote Terror war nach dem Bürgerkrieg stark eingeschränkt worden. 1928 gab "nur" 30 000 Gefangene in den Lagern, die nicht Zwangsarbeit leisten mußten. Noch war die UdSSR kein totalitärer Staat.

        Diese Politik des "Aufbau des Sozialismus im Schneckentempo" scheiterte 1928, als Großbritannien die Handelsbeziehungen mit der UdSSR abbrach und die Bauern sich weigerten ihr Getreide zu verkaufen. Die herrschende Gruppe in der Bürokratie spaltete sich. Während Bucharin so weitermachen wollte, wie bisher, wollte Stalin jetzt eine verstärkte Industrialisierung mit einem Schwergewicht auf die Schwerindustrie. Er wollte damit das Militär stärken um der Bedrohung durch die westlichen Staaten zu begegnen:
        Wir liegen 50 bis 100 Jahre hinter den fortschrittlichen Ländern. Wir müssen diesen Rückstand in zehn Jahren gutmachen oder sie werden uns vernichten
        Stalin führte die Industrialisierung auf Kosten der Bauern und Arbeiter durch. Die Bauern wurden enteignet und zwangskollektiviert, was nicht nur die reichen Bauern (Kulaken), sondern alle traf. Der Lebensstandard der Bauern und der Arbeiter viel drastisch, weil Stalin die Konsumgüterindustrie bewußt vernachlässigte. Die Situation wurde weiter dadurch verschlimmert, dass Stalin die Getreideexporte erhöhte um den Preisverfall auf dem Weltmarkt auszugleichen, wodurch mindestens drei Millionen Bauern verhungerten (dies erinnert an die heutige Politik der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds gegenüber der 3. Welt, nur dass heute das Geld an westliche Banken und nicht die eigene Wirtschaft fließt). Diese Politik Stalins ermöglichte eine ökonomische Entwicklung, die die UdSSR nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer Supermacht werden ließ.

        Um diese Politik durchsetzen zu können mußte Stalin alle Überreste der Oktoberrevolution, die Organisationen der Arbeiterklasse und die alte Partei der Bolschewiki von 1917 vernichten. Streiks wurden verboten, die freie Berufswahl aufgehoben und die Gewerkschaften zu Durchsetzungsorganen des Regimes umorganisiert. Nicht nur die Anhänger Trotzkis, Sinowjews und Bucharins wurden angeklagt und meist exekutiert, auch viele von Stalins Kollaborateuren wurden hingerichtet. Auch die Führung der Roten Armee wurde hingerichtet, wodurch diese zu Beginn der Invasion der Nazis 1941 kopflos war. Stalin ließ jede mögliche Opposition liquidieren. Die Zahl der Hinrichtungen, die relativ selten zwischen 1921 und 1928 waren, stieg von 20 201 1930 (doppelt so viele wie am Ende des Bürgerkriegs 1921) auf 353 074 1937. Dazu wurden das Gulag-System aufgebaut. Die Zahl der Menschen in den Lagern stieg von 30 000 1928, über 662 257 1930 auf ca. fünf Millionen in den Jahren des Großen Terrors Ende der 30er. Die Gefangenen wurden im großen Umfang als Sklavenarbeiter mißbraucht. Stalins hat weitaus mehr Kommunisten als die diversen rechten Diktaturen und faschistische Regime umgebracht und lieferte sogar deutschen Kommunisten an die Nazis aus.

        Um seine Machtbasis zu stärken, erhöhte er die Einkommen der Bürokraten. Diese waren bis 1929 unabhängig von der Stellung auf das Gehalt eines Facharbeiters begrenzt, stiegen aber danach drastisch, während die Löhne für die Arbeiter fielen. Er sicherte sich so die Unterstützung einer Schicht von opportunistischen Karrieristen, die ihren Aufstieg ihrer Unterstützung des Terrors verdankten.

        Anstelle eine Kontinuität der Politik der Bolschewiki, die viele Gegner des Sozialismus unterstellen, stellten die damaligen Ereignisse einen deutliche Bruch dar. Gut zu sehen ist dies z.B. daran, dass 1934 noch 40% der Delegierten auf dem Parteikongreß schon vor der Revolution der Partei angehörten und 80% seit 1919 oder früher. Nach den Moskauer Prozessen und dem Großen Terror waren nur noch 5% der Delegierten Mitglied schon vor der Revolution und 14% vor 1919 gewesen. Von dem Politbüro von 1917 überlebten nur Trotzki (der 1940 von einem Agenten Stalins ermordet wurde), Alexandra Kollontai, die auf einen Posten als Botschafterin abgeschoben wurde, und Stalin selbst.

        Auch in der Außenpolitik wurden die Änderungen der Politik deutlich. Die Politik der Parteien der III. Internationale wurde der Außenpolitik Stalins untergeordnet und die Revolution bekämpft. Das ging von der Rolle der Stalinisten im Spanischen Bürgerkrieg (siehe 17. Juli 1936: Franco putscht in Spanien, über das Bündnis mit Hitler zur Aufteilung Polens (Hitler-Stalin-Pakt), der fehlenden Unterstützung der chinesischen, jugoslawischen und griechischen Partisanen gegen die Deutschen bzw. die Briten, zu der Anweisung an die französischen und italienische Kommunistische Partei sich den rechten, bürgerlichen Kräften nach dem Zweiten Weltkriegs unterzuordnen. In Osteuropa konnte Stalin eine Reihe von Staaten erobern, die nach dem Vorbild der UdSSR staatskapitalistisch organisiert wurden.

        In den 20er und 30er Jahren war es der Bürokratie unter der Führung Stalins gelungen sich an die Stelle des Bürgertums zu setzen, dessen Funktion zu übernehmen und die neue herrschende Klasse zu werden. Damit war Stalin der Schlächter der Oktoberrevolution und der Sozialismus in der UdSSR wurde nicht 1989, sondern bereits 1929 komplett vernichtet und durch ein staatskapitalistisches Regime ersetzt. Die Bürokratie konnte ihre Macht sichern und überlebte so auch die Revolutionen 1989, als es ihr auch noch gelang ihre Kontrolle der Wirtschaft zu legalisieren, indem die Unternehmen in Privatbesitz der Topbürokraten überführt wurden.

        Als Fazit möchte ich Victor Serge, einen Anarchisten und Unterstützer der Oktoberrevolution und der Linken Opposition zitieren:
        Es wird oft gesagt, dass der Keim des ganzen Stalinismus im Bolschewismus von Anfang an enthalten war. Gut, ich habe keine Einwände. Nur, der Bolschewismus enthielt auch viele andere Keime - eine Masse von anderen Keimen - und die, die während des Enthusiasmus der ersten Jahre der siegreichen Revolution lebten, sollten dies nicht vergessen.
        (von max)
        Zuletzt geändert von Jack Crow; 19.08.2003, 12:28.
        Republicans hate ducklings!

        Kommentar


          #79
          24. August 1963:
          Startschuß für die Fußball-Bundesliga


          Der erste Bundesliga-Meister 1.FC Köln

          Um 17:00 beginnt an diesem Tag eine neue Ära des Fußballs in Deutschland - die ersten Spiele der neugegründeten deutschen Profiliga mit 16 Vereinen werden angepfiffen: Den höchsten Sieg fährt der Meidericher SV mit einem 4:1 über den Karlsruher SC ein, das erste Tor der Bundesligageschichte erzielt ein gewisser Friedhelm Konietzka von Borussia Dortmund gegen Werder Bremen.

          Die Gründung der Eliteliga war am 28. Juli 1962 von den Funktionären der regionalen Verbände nach über dreistündigem Ringen im Goldsaal der Dortmunder Westfalenhalle beschlossen worden. Zu diesem Zeitpunkt kickten die Deutschen noch in regionalen Oberligen und spielten den Meister in Turnierform aus. Den Ausschlag für den Gesinnungswechsel hatte das schlechte Abschneiden bei der WM 1962 in Chile gegeben, wo die deutsche Nationalmannschaft bereits im Viertelfinale ausschied. Schon in den 50ern hatte Bundestrainer Sepp Herberger angesichts ausbleibender Erfolge auf internationalem Parkett gefordert, eine Eliteliga einzurichten, in der seine Topstars Wochenende für Wochenende von starker Konkurrenz voll gefordert werden. Mit einer Mehrheit von 103 zu 26 Stimmen besiegelten schließlich die Herren im feinen Zwirn um 17.45 Uhr das Ende der Amateur-Oberliga.

          Bereits am ersten Spieltag strömten sage und schreibe 327.000 Fans in die acht Stadien, die Bundesliga war von Beginn an ein Zuschauermagnet. Köln galt als modernster Fußball-Klub und die Spieler vom ersten Meistertrainer Georg "Schorsch" Knöpfle schafften wie allgemein erwartet die erste Meisterschaft. Die erste Trainer-Entlassung fand beim 1. FC Nürnberg statt, es traf den späteren DFB-Trainer Herbert Widmayer.
          Auch den ersten Platzverweis gab es in der Auftaktsaison: Neun Jahre nach dem "Wunder von Bern" handelte sich ausgerechnet Helmut Rahn in der Partie seines Meidricher SV gegen Herthas Harald Beyer nach einer Tätlichkeit "Rot" ein.

          Die Bundesliga hielt vom ersten Tag an, was sich die Begründer von ihr erhofft hatten. Bis zum 6. Juni 1971. Die Saison war gerade beendet, als Horst-Gregorio Canellas die Bombe platzen ließ. Der Präsident der Offenbacher Kickers hatte zu seinem 50. Geburtstag geladen. Vertreter von Medien und DFB waren in Feierstimmung, als Canellas das Wort ergriff.
          "Wir sind durch Betrug abgestiegen. Ich werde das beweisen", eröffnete der Jubilar den überraschten Gästen und drückte die Starttaste eines Tonbandgerätes. Betretenes Schweigen im Saal. Nur die Stimmen von gestandenen Bundesligaprofis waren vom Band zu hören. Manfred Manglitz zum Beispiel - der Torwart des 1. FC Köln forderte 25.000 Mark, sonst würde er sich bei Rot-Weiss Essen, einem Mit-Abstiegskonkurrenten der Kickers, "nicht besonders anstrengen."
          Das war der Beginn der Aufklärung des "Bundesliga-Skandals" - einer Kette von Ergebnismanipulationen, die beinahe das Ende der deutschen Eliteliga bedeutet hätten. Doch die Liga überstand diese Krise. Und 1973 grüßte erstmals ein Hirsch von der Brust - Günter Mast erfand die Trikotwerbung. Der Sponsor von 1967er-Meister Eintracht Braunschweig, im "zivilen Beruf" Chef von Jägermeister, ließ vor dem Spiel der Eintracht gegen Kickers Offenbach am 27. Januar 1973 den Jägermeister-Hirsch auf die Trikot-Brüste flocken. Geholfen hats der Eintracht sportlich nicht - sie stieg im gleichen Jahr ab - was Mast jedoch gar nicht so Unrecht war, blieb der Verein - und damit seine Werbung - damit doch im Zentrum der Aufmerksamkeit.

          Nach 40 Jahren Geschichte hat sich die Bundesliga zu einem riesigen Wirtschaftsbetrieb entwickelt, der Millionen umsetzt, vom Gang an die Börse versprechen sich einige noch größere Zuwachsraten - kaum zu glauben, daß es vor Gründung der Bundesliga einmal eine Gehalts-Obergrenze für Fußballspieler von 320 DM im Monat gab...

          Alle Spiele aus 40 Jahren Bundesligageschichte.

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            #80
            01. September 1939:
            Der Überfall auf Polen


            Das berühmte "Schlagbaum-Bild" - es handelt sich allerdings um eine gestellte Aufnahme

            Mit den Worten „seit 4:45 wird nun zurückgeschossen“ verkündet Adolf Hitler am 1. September 1939 erfolgten Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen, der endgültig den zweiten Weltkrieg auslöst. Zu dem von Hitler genannten Zeitpunkt hatte das Linienschiff „Schleswig-Holstein“ das Feuer auf polnische Befestigungen auf der Westerplatte vor der Freien Stadt Danzig eröffnet, und damit den Nichtangriffspakt vom 26. Januar 1934 gebrochen. Noch am selben Tag erklärte die deutsche Führung den Anschluß Danzigs an das Deutsche Reich.

            Die deutsche Bevölkerung nahm den Beginn der Kampfhandlungen mit eher gedrückter Stimmung auf, eine große Euphorie wie 1914 fand kaum statt. Der Begriff „Krieg“ war vom NS-Regime ausdrücklich untersagt. Unermüdlich verkündete die NS-Propaganda den Angriff als verdiente „Strafaktion“ gegen polnische Provokationen und Grenzverletzungen. Tatsächlich aber waren Zwischenfälle wie der vermeintlich von Polen durchgeführte Überfall auf den deutschen Sender Gleiwitz mit zwei Toten am 31. August gründlich vorbereitete Aktionen der SS. Sie sollten den Einmarsch der Wehrmacht in Polen als berechtigte Verteidigungsmaßnahme begründen. Hitler hoffte, dass sich die Westmächte ebenso wie 1938 beim Einmarsch in die Tschechoslowakei, zurückhalten und keinen Krieg riskieren würden. Zudem wusste er sich einig mit der von Stralin regierten Sowjetunion: mit dieser hatte er im berühmten Zusatzprotokoll des „Hitler-Stalin-Paktes“ vom 23. August 1939 die Teilung Polens vereinbart. Diesmal jedoch brechen Frankreich und Großbritannien ihre Beistandsgarantie nicht – sie fordern ultimativ den Rückzug der Angriffstruppen, und erklären schließlich am 3. September dem Deutschen Reich den Krieg.

            Doch dieses Eingreifen hilft den tapferen Polen zunächst wenig: Zwar ist ihre Armee der deutschen an Kopfstärke nahezu ebenbürtig, in technischer und strategischer Hinsicht ist sie ihr jedoch hoffnungslos unterlegen: Teilweise greifen Kavallerieverbände Panzertruppen an, zudem erringt die deutsche Luftwaffe innerhalb kürzester Zeit die absolute Luftüberlegenheit. Bedingt durch das Überraschungsmoment wird der größte Teil der polnischen Kriegsflugzeuge noch am Boden vernichtet, auch die Versorgungslinien nehmen durch Bombenangriffe schwere Schäden. Der deutschen „Blitzkriegs“-Taktik, die auf schnelle motorisierte Panzerverbände in Verbindung mit großangelegten Luftoperationen setzt, haben die von Marschall Eduard Rydz-Smigly strategisch äußerst ungünstig entlang der 1.900 km langen Grenze ohne natürliche Hindernisse oder Barrieren aufgestellten polnischen Truppen nichts entgegenzusetzen. Innerhalb von einer Woche sind die Deutschen an allen Fronten durchgebrochen, und die von Pommern und Ostpreußen angreifende 630.000 Mann starke Heeresgruppe Nord unter Generaloberst Fedor von Bock sowie die Heeresgruppe Süd von Generaloberst Gerd von Rundstedt mit 886.000 Soldaten bewegen sich in einer Zangenbewegung auf Warschau zu. Unterstützt werden sie von zwei Luftflotten mit über 1.100 Maschinen – insgesamt befionden sich 57 Divisionen im Vormarsch.
            Am 17. September löst dann die Sowjetunion ihren Teil der Abmachung ein: Zwei Heeresgruppen der Roten Armee greifen Ostpolen an und rücken bis an die Linie Narew-Weichsel-San vor. Am gleichen Tag flieht die polnische Regierung nach Rumänien, wo sie auf deutschen Druck hin interniert wird. Die von ihr zurückgelassene Hauptstadt kapituliert schließlich nach schwerem Bombardement und Artilleriebeschuß am 28. September, die letzten polnischen Truppen ergeben sich am 6. Oktober bei Kock und Lublin.

            Die Eroberung Polens hatte die hochgerüstete Wehrmacht vor keine große Herausforderung gestellt: Die eigenen Verluste waren mit rund 10.600 Gefallenen, 30.000 Verwundeten sowie 3.400 Vermissten relativ gering. Die polnische Armee dagegen verlor im Kampf gegen die Wehrmacht und die Rote Armee zusammen 120.000 Soldaten, 917.000 mussten den Weg in die Kriegsgefangenschaft antreten. In einem Vertrag wurde bereits am 28. September die Teilung Polens zwischen Deutschland und der Sowjetunion geregelt: Die sowjetischen Truppen zogen sich hinter den Bug zurück, Teile des von der Wehrmacht besetzten Gebietes wurden als Reichsgaue „Danzig-Westpreußen“ und „Wartheland“ in das Reich inkorporiert, der Rest als „Generalgouvernement“ der Verwaltung eines deutschen Besatzungregimes unter Hans Frank unterstellt. Unter diesem begann bereits im Oktober der Terror gegen die polnische Zivilbevölkerung, insbesondere den Juden, dem schätzungsweise ca. fünf Millionen Menschen zum Opfer fallen (siehe 19. April 1943: Der Aufstand des Warschauer Ghettos. Polen wurde erst 1944/45 von der vorrückenden Roten Armee von der deutschen Besatzung befreit, gelangte allerdings auch nach 1945 nicht zu echter Eigenständigkeit – es wurde ein Satellitenstaat der Sowjetunion.

            Weitere Einträge zum 2. Weltkrieg u.a.:
            02. Februar 1943: Die letzten Reste der 6.Armee kapitulieren in Stalingrad
            08. Mai 1945: Kapitulation der deutschen Wehrmacht

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              #81
              07 September 1901:
              Die Unterzeichnung des Boxer-Protokolls und die internationale Intervention in China

              Mit der Unterzeichnung des Boxer-Protokolls mußte sich China verpflichten, Kriegsentschädigung im Wert von 330 Millionen Dollar bis 1940 zu zahlen (eine damals gigantische Summe), sich offiziell für die Ermordung des deutschen und japanischen Botschafters entschuldigen, eigene Befestigungen zu zerstören, zusätzliche Stützpunkte der Großmächte erlauben, Anhänger und Unterstützer der Boxer zu bestrafen und die "Politik der Offenen Tür" akzeptieren. Eine Intervention von mehr als 100 000 Soldaten aus elf imperialistischen Staaten (Deutschland, Österreich-Ungarn, Belgien, Spanien, USA, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Niederlande und Rußland) hatte zuvor Peking und andere Regionen Chinas erobert, wobei der Aufstand der Boxer und die Ermordung von Diplomaten und Missionaren als Vorwand gedient hatte. China wurde zwar keine Kolonie und das chinesische Kaisertum blieb die offizielle Regierung, tatsächlich verlor China die staatliche Souveränität. Die beteiligten imperialistischen Staaten sollten, nach dem sie China gemeinsam unterjocht hatten, ein Jahrzehnt später selbst übereinander herfallen (siehe 04. August 1914 Der Erste Weltkrieg beginnt).


              Unterzeichnung des Boxer-Protokolls in Peking

              China war Europa lange technologisch voraus. Die gesellschaftliche Entwicklung war schon um 250 v.Chr. vergleichbar mit Europa im späten Feudalismus. Die Chinesen waren schon im 15. Jahrhundert in der Lage umfangreiche Entdeckungsreisen bis nach Afrika zu unternehmen. Allerdings geriet China wiederholt in schwere gesellschaftlichen Krisen ('Mittelalter'). So mußten die Entdeckungsfahrten wegen der hohen Kosten eingestellt werden, was sicher stellte, dass nicht Europa von einer technisch überlegenen Macht "entdeckt" wurde. Trotz der technologischen Fortschrittlichkeit konnte sich in China keine kapitalistische Produktionsweise durchsetzen. Es gab keine bürgerliche Revolution vergleichbar mit der Englischen (1641-49; 1688), Amerikanischen (1773-83, siehe 16.12.1773: Boston Tea Party) oder Französischen Revolution (1789-94, siehe 14.7.1789: Der Sturm auf die Bastille und die Französische Revolution. In Europa setzte sich das Bürgertum durch, und wenn es auch nicht überall in der Lage war den Adel von der Macht zu verdrängen, konnte überall die kapitalistische Produktionsweise durchgesetzt werden. Chinas Bürgertum war nicht relativ unabhängig, wie das europäische Gegenstück in den Städten, sondern abhängig von der kaiserlichen Staatsbürokratie und deshalb unfähig einen gesellschaftlichen Fortschritt zu erkämpfen. Dadurch konnten Chinas Krisen nicht überwunden werden und die Wirtschaft und Staat befand sich im Niedergang, wodurch China anfällig für Invasionen wurde. Noch im 16. Jahrhundert erzielte China einen Exportüberschuß durch weltweite Exporte von Waren wie Seide und Porzellan, während die europäischen Händler China nichts zu bieten hatten. Die Briten änderten dies durch den Opium-Anbau in Indien, was ein Außenhandelsdefizit für China verursachte. Nach dem der Opium-Handel verboten wurde, erzwangen die Briten in den Opium-Kriegen (1840-42 und 1856-58) die Öffnung der chinesischen Märkte, auch für andere billige Industriewaren, wodurch der Niedergang der chinesischen Wirtschaft beschleunigt wurde. Zu der erzwungenen Öffnung der Märkte kamen auch die Eroberung von Stützpunkten wie Hong Kong (1842/43). Andere europäische Mächte folgten. So eroberte Frankreich Indochina (1885) und Kuangchouwan, Japan Formosa (1895), Großbritannien Weihaiwei, Nepal, Tibet, Bhutan und Burma (1886), Rußland Teile Sinkiangs, der Mongolei und der Mandschurei, sowie Dairen (Port Arthur) und Deutschland Kiautschou (1898). Die einzelnen Großmächten schufen für ihre Unternehmen Einflußzonen, die von den militärischen Stützpunkten aus kontrolliert wurden.

              Die Kolonialisierung (z.B. Enteignung der Bauern Eisenbahnstrecken), christliche Missionierung und "Strafexpeditionen", z.B. deutscher Truppen im Bereich um Tsingtao zur Durchsetzung der wirtschaftlichen Interessen der Großmächte, schürten den Haß gegen die "ausländischen Teufel". Die Situation wurde zusätzlich durch die Korruption des kaiserlichen Staatsapparats und Hungersnöte angeheizt. Ab 1898 erhielt die "Miliz für Gerechtigkeit und Eintracht" oder "Fäuste für gerechte Harmonie" (Yihetuan), die im Westen als Boxer bezeichnet wurden, massenhaften Zulauf. Die Boxer glaubten, dass sie magische Kräfte hatten, die sie immun gegen Kugeln machen würden. Wie schon beim Tai Ping-Aufstand zwischen 1850-64 nahm die Bewegung religiöse Formen an. Die Boxer hatten ihren Ursprung in ländlichen Gebieten. Wer ihre Aktivitäten anfangs die Vertreibung der Ausländer und den Sturz der Ch?ing (Qing)-Dynastie verfolgte, war die Regierung in der Lage die Boxer zu beeinflussen, so dass "Unterstützt die Ch'ing, zerstört die Ausländer" der neue Slogan der Boxer wurde.


              Propagandaplakat der Boxer gegen Ausländer

              Ab dem Frühjahr 1900 kam es zu schweren Ausschreitungen gegen Ausländer (Missionare, Diplomaten, Geschäftsleute) und christliche Chinesen. Der chinesischer Staatsapparat war sich uneinig, wie mit den Boxer umzugehen sei. Während ein Teil sie wegen fehlenden eigenen Kräften tolerierte (z.B. die tatsächliche Herrscherin Tzu-Hsi, die im Namen des unmündigen Kaisers Kuang-Hsu regierte) und sogar förderte (viele Adelige im Umfeld der Kaiserin-Witwe Tzu-Hsi), gingen andere, z.B. der Gouverneur der Provinz Schantung Yuan Shikai aktiv gegen die Boxer vor. Im wesentlichen wurden die Differenzen im Umgang mit den imperialistischen Mächten deutlich.

              Anfangs war der Schwerpunkt des Aufstands in der Provinz Schantung, später im Großraum Peking. Die Ausländer flohen in die Großstädte Peking und Tientsin. Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Japan, Rußland, USA, Italien und Österreich-Ungarn, später auch aus Niederlande und Portugal zogen im Golf von Petschili (Beizhili) zum Schutz ihrer Diplomaten Kampfschiffe zusammen. Damit befanden sich die Schiffe an der Mündung des Pei Ho, über den Tientsin erreichbar ist. Von dort gab es eine Eisenbahnstrecke und schiffbare Wasserstraßen bzw. Flüsse nach Peking. Ende Mai/Anfang Juni war eine kleine Zahl von Soldaten der Großmächte zum der Diplomaten nach Peking verlegt worden. Am 10.6.1900 brachen 2100 Marinesoldaten unter dem Befehl des britischen Vizeadmiral Edward Seymour in Richtung Peking auf, wurden aber von Boxern gestoppt, die die Bahnlinie nach Peking wiederholt vor und hinter Seymours Truppen zerstören. Diese mußten sich nach Tientsin zurückziehen, wobei beim Rückzug Seymour bei Kämpfen um ein Arsenal den Befehl "Germans to the front" an das deutsche Kontingent gab. Dieser Satz wurde in der deutschen Propaganda reichlich ausgeschlachtet.

              Nach dem die Boxer Peking erreicht hatten und dort am 13./14. Juni Massaker an chinesischen Christen verübten, zerstörten britische, russische, deutsche und französische Kanonenboote am 17.6. die Forts von Taku, die den Zugang zum Pei Ho kontrollieren. Dies verursachte eine Eskalation der Situation. Am 20.6. wurde der deutsche Gesandte Klemens Freiherr von Kettler in Peking ermordet, die Belagerung des Diplomatenviertels begann und China erklärte den Kriegszustand gegenüber den Großmächten. Die kaiserlichen Truppen griffen aktiv in die Kämpfe auf Seite der Boxer ein. Nach Berichten in der westlichen Presse Ende Juni, dass alle ausländischen Diplomaten ermordet worden seien (was eine Falschmeldung war und im Widerspruch zu Berichten z.B. des US-amerikanischen Botschafters stand), versuchte u.a. Deutschland dies auszunutzen um seine Machtposition in Ostasien auszubauen und verlegte massiv Truppen nach China. Bei der Verabschiedung von Soldaten in Bremerhaven am 27.7. hielt Kaiser Wilhelm II seine berüchtigte Hunnenrede:
              Kommt ihr vor den Feind, so wird er geschlagen, Pardon wird nicht gegeben, Gefangene nicht gemacht. [...] Wie vor tausend Jahren die Hunnen [...]

              Ermordung von Mitgliedern der Boxer durch internationale Truppen, hier u.a. japanische Soldaten und in britischen Diensten stehende indische Sikh-Soldaten

              Tientsin, wo das Ausländerviertel von Boxern belagert wurde, konnte am 14. Juli nach schweren Straßenkämpfen von den internationalen Truppen erobert werden. Diese Niederlage der Chinesen bewirkte, dass in Peking ein Waffenstillstand ausgerufen wurde und die Angriffe gegen das Diplomatenviertel für die meiste Zeit eingestellt wurden. Dieser Waffenstillstand hielt bis zum 4.August, als ca. 20 000 Soldaten (10 000 Japaner, 4000 Russen, 3000 Briten, 2000 US-Amerikaner, 800 Franzosen, 200 Deutsche und weniger als Hundert Italiener und Österreicher) mit dem Angriff auf Peking begannen. Waffentechnisch weit überlegen, konnten sie sich leicht gegen die Boxer durchsetzen, während die kaiserliche Armee passiv blieb. Am 14.8. entsetzten sie das Ausländerviertel in Peking und eroberten und plünderten Peking. Zu diesem Zeitpunkt war der Großteil der imperialistischen Truppen noch auf dem Weg nach China. Am 28.8. wurde auch die 'Verbotene Stadt' besetzt und geplündert. Schließlich befanden sich über 100 000 Soldaten unter dem deutschen Feldmarschall Graf Alfred von Waldersee in China, der am 17.10 sein Hauptquartier in Peking aufbaute. Die einzelnen Großmächte versuchen einzelne Regionen unter Kontrolle zu bringen, z.B. russische Truppen die Mandschurei und deutsche Truppen Teile der Provinz Schantung.


              Großbritannien, Deutschland, Rußland, Frankreich und Japan streiten um den chinesischen Kuchen (zeitgenössische Karikatur)

              Letztendlich setzte sich auf Betreiben der USA die "Politik der Offenen Tür" (also die gemeinsame Ausbeutung Chinas) durch, da sich die Großmächte nicht auf eine Aufteilung Chinas einigen konnten. Diese wurde China im Friedensvertrag (Boxer-Protokoll) aufgezwungen. China blieb bis 1949, als Mao Tse-Tung Gesamt-China (mit Ausnahme von Formosa/Taiwan) eroberte, Spielball im Kampf der imperialistischen Staaten.

              (von max)
              Zuletzt geändert von Jack Crow; 07.09.2003, 16:58.
              Republicans hate ducklings!

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                #82
                11. September 1973:
                Militärputsch Pinochets in Chile


                Das letzte Foto Allendes vor seinem Tod bei der Bombardierung des Moneda-Palast

                Heute vor 30 Jahren putschte das Militär unter der Führung von General Augusto Pinochet gegen den gewählten Präsidenten Chiles Salvador Allende, der auf "friedlichen Weg" den Sozialismus aufbauen wollte. Unter dem Beifall der bürgerlichen Rechten auf der ganzen Welt (inklusive der CDU/CSU), die die Militärdiktatur als Rückkehr zur Demokratie bezeichneten, wurden ca. 30 000 Menschen ermordet und Konzentrationslager aufgebaut, in denen die Anhänger der Volksfront eingesperrt und gefoltert wurden.


                General Pinochet und Präsident Allende

                In Chile kam es im Rahmen eines weltweiten Aufschwungs der Linken nach 1968 zur einer Radikalisierung zugunsten der sozialistischen Linken. Die Zahl der Streiks, Landbesetzungen und Demonstrationen der Studenten stieg stark an und bereite den Boden für den Wahlsieg bei den Präsidentschaftswahlen Allendes im November 1970. Allerdings erzielte Allende bei seiner Wahl lediglich 36% und das Parlament blieb in der Hand der Rechten. Allende war der Kandidat der Unidad Popular (Volksfront), der allen linken Parteien mit Ausnahme des MIR (Anhänger Che Guevaras) angehörten. Die wichtigsten Parteien in diesem Wahlbündnis waren die Kommunistische Partei, die wie alle anderen Partei der stalinisierten III. Internationale aufgehört hatte eine revolutionäre Politik zu verfolgen, und die Sozialistische Partei. Zu dem rechten Flügel der letzteren gehörte Allende. Der linke Flügel der Sozialisten stand dagegen meist weit links von der Politik der Volksfront und damit näher an den Positionen des MIR. Zu dem Programm der Volksfront gehörte die Nationalisierung der Schlüsselindustrien (u.a. Kupferminen in Besitz von US-Unternehmen), was aber keine Maßnahme in Richtung einer sozialistische Planwirtschaft war, sondern eine Maßnahme zum Erlangen wirtschaftlicher Unabhängigkeit innerhalb des kapitalistischen Systems von den USA. Weitere Punkte des Programms war eine Landreform zugunsten der Kleinbauern (im wesentlichen die Umsetzung eines Gesetzes der christdemokratischen Vorgängerregierung von Eduardo Frei) und die Anhebung des Lebensstandards. Das Programm wurde als friedlicher Weg zum Sozialismus propagiert.

                Auf Grund der rechten Parlamentsmehrheit mußte die Volksfront ein Bündnis mit den Christdemokraten (PDC) schließen, wobei Allende garantieren mußte, dass Militär, Medien, Bildungswesen, Kirche und Polizei nicht angetastet würden, sprich der alte Machtapparat erhalten bleibe. Nach anfänglichen Erfolgen der Regierungen in Form von Lohnerhöhungen und Nationalisierung von Unternehmen, geriet die Politik Allendes bald in Probleme. Die ArbeiterInnen nationalisierten spontan weitere Betriebe, so dass die Regierung ihr Bündnis mit der Rechten gefährdet sah. Dazu stellte sich die Bourgeoisie und das Kleinbürgertum mehrheitlich gegen die Regierung und verstärkten durch Investitionsstops, Kapitalflucht und Warenhorten (Erzeugung einer künstliche Lebensmittelknappheit) die wirtschaftlichen Probleme. Anstatt den ArbeiterInnen angesichts steigender Lebenshaltungskosten zu helfen, bekämpfte die Regierung Streiks für Lohnerhöhungen. So denunzierte sie Streiks der Kupferbergarbeiter als faschistisch und unterdrückte diese mit Spezialeinheiten der Polizei.

                Obwohl es immer deutlicher wurde, dass das Militär und die Bourgeoisie eine Bedrohung für den "friedlichen Weg zum Sozialismus" darstellten, verklärte die Volksfront das chilenische Bürgertum als demokratisch und antiimperialistisch und das Militär als verfassungstreu und patriotisch. Während die Militärs (darunter die spätere Führung des Putsches) in die Regierung geholt wurden, sorgte Allende für die Entwaffnung der ArbeiterInnen. Er erreichte damit, dass diese so wehrlos und politisch desorientiert gegen den kommenden Putsch waren.

                Ein erster Versuch der Rechten die Regierung zu stürzen war ein Streik der Transortunternehmer im Oktober 1972, der die gesamte Versorgung in einem Land ohne größeres Eisenbahnnetz gefährdete. Als Reaktion wurden in den Betrieben die 'Cordones', eine Art embryonale Räte, aufgebaut, die auch die Versorgung wieder in Gang bringen konnten. Die Cordones hätten ein Schritt in Richtung einer sozialistischen Räterepublik sein können, aber es fehlte eine politische Organisation die diese Alternative voran gebracht hätte. Bei den Parlamentswahlen im März 1973 siegte die Volksfront angesichts fehlender linker Alternativen. Als Reaktion begannen die Militärs mit der Planungen eines Putschs. Ein Putschversuch am 29. Juni eines Panzerregiments unter Führung eines Offiziers, der Anhänger der faschistischen Organisation 'Patria y Libertad' war, fand keine keine Unterstützung des restlichen Militärs und stellte nicht mehr als bewaffnete Propaganda dar, um den Rest für Putsch zu gewinnen. Ab Juli begann die Armee Linke aus ihren Reihen zu entfernen. Dazu kamen Angriffe auf einzelne Fabriken und politische Organisationen, auf die aber die Regierung nicht reagierte und damit ihre Machtlosigkeit demonstrierte. Die Parole der Kommunistischen Partei damals war "Nein zur Gewalt von Rechts und Links". In Wirklichkeit ignorierten sie die Bedrohung durch die Militärs und die Rechte und phantasierte dafür über einen angeblichen linken Terrorismus, der nicht existierte.

                Gegen den Putsch am 11. September 1973 unter der Führung des von Allende zum Oberbefehlshabers der Armee ernannten Augusto Pinochet gab es dann auch keinen koordinierten Widerstand. Der Putsch begann um 6:00 Uhr morgens in der Hafenstadt Valparaiso, die die Marine besetzt. Die Putschisten lassen die Nachricht darüber zum Präsidenten durchsickern, der sich daraufhin zum Präsidentenpalast La Moneda begibt - es ist eine Falle. Im Unklaren über das Ausmaß der Gefahr dementiert Allende anfangs Nachrichten über den Putsch und ruft die Bevölkerung zur Passivität auf, noch hofft er auf die Unterstützung des bisher regierungstreuen Pinochets. Das Militär riegelt derweil das Zentrum von den Vorstädten ab, und umzingelt den Palast. Als Allende die Gefahr erkennt, ist es zu spät - zusammen mit seinen Getreuen sitzt er in der Falle. Seine letzte Rede lautet:
                Aus meinen Worten sprciht keine Bitterkeit, nur Enttäuschung. Die Verräter werden ihre moralische Strafe erhalten. Ich werde nicht zurücktreten. Sie können uns unterjochen, aber den Fortschritt nicht aufhalten. Ich danke ihnen, daß sie einem Mann vertraut haben, der der Sehnsucht nach Gerechtigkeit eine Stimme gegeben hat.
                Nach dem Allende unter dem Bombardement durch die Armee Selbstmord begangen hatte und der Regierungssitz in die Hände der Armee gefallen war, rief die Gewerkschaften zu Widerstand auf. Der linke Flügel der Sozialistischen Partei und der MIR versuchten eine Verteidigung zu organisieren, aber dem Militär gelang es nach zwei Tagen jeden Widerstand mit äußerster Brutalität zu brechen.

                Der Putsch fand mit Unterstützung der US-Regierung unter Nixon und dessen Außenministers, Friedensnobelpreisträgers und Kriegsverbrechers Kissinger statt. Aber obwohl die CIA beteiligt war, die US-Unternehmen wegen der Enteignungen zu den frühesten Gegner der Regierung zählten und militärische Hilfe in Vorbereitung des Putsches von 0,8 Millionen 1970 auf 10,9 Millionen Dollar 1972 erhöht wurde, kann der Putsch nicht durch einen äußeren (US-amerikanischen) Einfluß erklärt werden. Das Militär war mit Ausnahme von ein paar Einzelpersonen komplett auf Seite der Putschisten. Auch die bürgerlichen Parteien ordneten sich freiwillig unter. Die Nationale Partei (PN), die die Großgrundbesitzer und die mit ausländischen Kapital verbundenen Industriellen vertrat, löste sich freiwillig selbst auf und forderte zur Unterstützung des Putsches auf. Auch die Christdemokraten, die mit den kleineren Unternehmer verbunden waren, unterstützten die Militärs.

                Die chilenische Bourgeoisie galt bis dahin im Gegensatz zu anderen herrschenden Klassen Lateinamerikas als demokratisch und Chile gehörte zu den ältesten Demokratien Lateinamerikas. Die Ereignisse zeigen aber, dass auch sie nicht bereit war die Macht abzugeben, auch wenn sie ihre Macht nur durch die Zerstörung der Demokratie erhalten konnte. Die europäischen Kommunistischen Parteien zogen aus diesen Ereignis die Lehre, dass es notwendig ist die Bürgerlichen nicht zu verprellen, statt zu realisieren, dass diese für den Kampf für den Sozialismus nicht zu gewinnen sind.

                Diese historische Niederlage der Linken stellten einen Auftakt für die Durchsetzung rechter Wirtschaftspolitik dar. Der Diktator Pinochet ernannte mehrere 'Chicago-Boys' (Anhänger der Neoliberalen um Milton Friedman, die bei ihm in Chicago studiert hatten) zu seinen wirtschaftlichen Beratern. Die Militärdiktatur schuf die Möglichkeit für "wirtschaftliche Freiheit" und einer Regierung durch "Experten", sprich Möglichkeit die Interessen der Konzerne ohne Rücksicht auf Demokratie der Bevölkerung aufzwingen zu können. Das von Neoliberalen wie Friedman gefeierte wirtschaftliche Wunder Chile stellte ein Desaster dar. 1976 waren Löhne um 35% gesunken und sollten sich seitdem nicht mehr erholen, im ersten Jahrzehnt der Militärdiktatur stieg die Arbeitslosigkeit auf 30%. Der Anteil der Bevölkerung unter der offiziellen Armutsgrenze stieg im gleichen Zeitraum von 17% auf 40%. Die Politik der Chicago-Boys bewirkte, dass Chile die höchsten Schulden (pro Kapital) in Lateinamerika hatte. Die Ausgaben in Gesundheitssystem wurden von 1973-85 halbiert, was eine starke Zunahme von armutsbedingten Krankheiten wie Typhus, Diabetes und Hepatitis auslöste. Die Militärs setzten somit einen fallenden Lebensstandard für die Mehrheit und einen steigenden Reichtum für wenige durch.

                (von max, mit Ergänzungen von Jack Crow)

                Einen interessanten Artikel zu dem Thema war auch im tazmag vom letzten Wochenende, abzurufen hier
                Zuletzt geändert von Jack Crow; 16.09.2003, 16:04.

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                  #83
                  16.-18. September 1982:
                  Massaker in Sabra und Shatila



                  Vom 16. Bis 18. September massakrierten rechtsextreme, christliche Falangen-Milizen die Bewohner der palästinensischen Flüchtlingslager Sabra und Shatila in Beirut. Dem war der Einmarsch der israelischen Armee in den Libanon und die Besetzung Beiruts im Juni vorausgegangen. Zwar hatte es Ende August ein Waffenstillstandsabkommen unter Vermittlung der USA gegeben, doch nach der Ermordung des libanesischen Präsidenten am 14. September rückte Israel erneut ein. Die USA hatten Garantien für die Sicherheit der palästinensischen Zivilisten abgegeben, jedoch ihre Truppen vor dem Massaker bereits wieder abgezogen. Die israelische Armee umstellte die Lager und überließ es den libanesischen Rechtsextremen, die Bewohner zu ermorden. Zwischen 800 und 3500 Menschen wurden umgebracht und zahlreiche weitere verletzt. Diese Greueltat verursachte einen ungeheuren Proteststurm in Israel, allein in Tel Aviv gingen 400.000 Menschen auf die Straße und es wurde eine Untersuchungskommission eingesetzt Der damalige israelische Verteidigungsminister und heutige Regierungschef Ariel Scharon wurden von dieser schwer belastet, für untauglich für Regierungsämter erklärt und war gezwungen zurückzutreten. Bis heute wurde niemand für dieses Verbrechen juristisch zur Verantwortung gezogen, und trotz des rechtskräftigen Urteils, das Sharon das Amt des Verteidigungsministers verbietet, konnte er Regierungschef werden.



                  Schon bei der Gründung Israels wurde Terror angewandt um die Palästinenser zu vertreiben. In den folgenden Nahostkriegen kam zu erneuten Vertreibungen. Die Palästinenser wurden über den Nahen Osten zerstreut. So bildeten sie die Mehrheit der Arbeiterklasse in den Golfstaaten, wo sie über keine Staatsbürgerrechte verfügen. Viele Flüchtlinge lebten in Lagern in Jordanien und Libanon. 1970 vertrieb König Hussein von Jordanien die PLO ('Palästinensische Befreiungsorganisation'), wobei 3000 Palästinenser getötet wurden ('Schwarzer September'). Die PLO verlagerte darauf ihre Operationsbasis in den Libanon. Dort existierte eine Schicht palästinensischer Kapitalisten, die bedeutenden Einfluß in der libanesischen Wirtschaft hatten. Allerdings versuchte die christlichen libanesischen Bürgerlichen (Maroniten) diesen Einfluß zu begrenzen. So gelang es ihnen mit Hilfe der herrschenden Familien in Saudi-Arabien und Kuwaits in den 60er Jahren die größte Bank Libanons, die im palästinensischen Besitz befindliche Intra-Bank, in den Bankrott zu treiben. Diese Erfahrungen bewirkte, dass auch bürgerlichen Palästinenser die PLO unterstützten um einen eigenen Staat zu erkämpfen. Die PLO wurde gleichzeitig abhängiger von den arabischen Staaten, die jeweils ihre Fraktion in der PLO besaßen. Die daraus resultierende Entwicklung der PLO nach rechts bewirkte, dass sie sich wie in Jordanien auch im Libanon isolierte. An statt die dortigen immensen sozialen Probleme aufzugreifen, die Libanesen und Palästinenser betrafen, beschränkte sich die PLO auf eine nationalistische Politik und Terrorismus, was es ihr auch unmöglich macht größere Unterstützung von der israelischen Bevölkerung zu erlangen.

                  1975 brach der Bürgerkrieg zwischen rechtsextremen christlichen Gruppen und den linken und moslemischen Gruppen aus. Die wichtigste christliche Gruppe war die Falange, die in den 30er Jahren von Pierre Gemayel nach faschistischen Vorbild aufgebaut wurde. In den 70er Jahren war sein Sohn Bashir Gemayel ihr führender Politiker, der sich die Unterstützung Israels sichern konnte (ein wichtiger damaliger Verbindungsoffizier war der spätere israelische Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elizier) . Die PLO verfolgte eine Politik der Nichteinmischung, obwohl die Palästinenser wiederholt das Ziel der Angriffe der Rechten waren. Der Einfluß der PLO reduzierte sich in Folge auf die Flüchtlingslager. Den Bürgerkrieg nahm Syrien zum Anlaß auf Seite der Christen mit 40 000 Soldaten einzugreifen. Trotz dem Einsatz einer multinationalen Friedenstruppe (MNF) schwelte der Bürgerkrieg letztendlich bis in die 90er Jahre weiter.

                  Das Ziel der israelischen Regierung war es der PLO auch die Basis im Libanon zu nehmen. Wiederholt griffen israelische Kommandos palästinensische Ziele im Libanon an. So wurde am 28.12.1968 auf dem Flugplatz von Beirut der Großteil der Flugzeuge der Middle East Airlines zerstört und am 10.4.1973 mehrere palästinensische Funktionäre und ihre Familien mitten in Beirut ermordet. An letzter Terroraktion war auch der spätere Regierungschef Barak beteiligt. Nach dem Einmarsch der israelischen Armee 1978 im Südlibanon und einer mehrmonatigen Besetzung, marschierte die israelische Armee am 6. Juni 1982 erneut im Libanon ein (der zynischer Name war 'Operation Frieden in Galiläa'). Als Vorwand wurde ein Attentat auf den israelischen Botschafter in London genutzt, tatsächlich war der Angriffskrieg aber schon lange im voraus geplant, was auch am Anstieg der Lieferung von US-Militärgütern um 50% im ersten Quartal 1982 im Vergleich zum Vorjahr sichtbar ist. Der israelische Vormarsch war Blitzkrieg-artig und schon am 13. Juni erreichte die israelische Armee die Vororte Beiruts. Dort wurde das moslemische West-Beirut am 3. Juli eingeschlossen. Die palästinensischen Flüchtlingslager wurden durch die israelische Marine und Luftwaffe bombardiert bzw. durch die vorrückende Armee zerstört. Den Höhepunkt erreichte die Angriffe auf die Zivilbevölkerung am 12. August ('Schwarze Donnerstag'), als Beirut elf Stunden lang einem Flächenbombardement ausgesetzt war und sogar der US-Präsident Reagan sich genötigt sah zu protestieren. Die überlebenden männlichen Bewohner wurden in Lagern eingesperrt. Mindestens 19 000 Tote und 30 000 Verwundete forderte der israelische Vormarsch.

                  Der Überlebende des Holocaust Dr. Shlomo Shmelzman begründete seiner Hungerstreiks als Protest gegen das israelische Vorgehen so:
                  Während meiner Kindheit litt ich unter Angst, Hunger und Erniedrigung, denn mein Weg führte mich vom Warschauer Ghetto in die Arbeitslager und nach Buchenwald. Heute, als Bürger Israels, kann ich die systematische Zerstörung von Städten, Dörfern und Flüchtlingslagern nicht akzeptieren. Ich kann die technokratische Grausamkeit der Bombardierung, der Zerstörung und der Tötung von Menschen nicht akzeptieren.

                  Ich werde zu vieler vertrauter Laute gewahr, Laute, die durch den Krieg verstärkt werden. Ich höre die Worte 'Scheiß Araber' und denke an 'Scheiß Juden'. Ich höre von 'abgesperrten Gebieten' und denke an Ghettos und Lager. Ich höre die Worte 'zweibeinige Tiere' und denke an die Worte 'Untermenschen'. Ich höre von der Notwendigkeit, den Belagerungsring enger zu ziehen, das Gebiet zu räumen, die Stadt mit allen Mitteln zu unterwerfen, und denke an das Leid, die Zerstörung, den Tod und das Morden... Zu viele Dinge in Israel erinnern mich an meine Kindhei
                  Am 14. August wurde ein Waffenstillstand ausgehandelt. Die bewaffneten PLO-Einheiten zogen ab, während im Gegenzug die USA die Sicherheit der zurückbleibenden Zivilisten (vor allem Frauen und Kinder) garantierten. Dies sollte durch Einheiten der multinationalen Streitkräfte (MNF), u.a. US-Marines, französische Fremdenlegionäre und italienische Bersaglieri bewerkstelligt werden, die bis zum 21. September in Beirut bleiben sollten. Aber schon am 8.9. begannen die US-Amerikaner mit dem Abzug, am 11. folgten die Franzosen und am 13. die Italiener.

                  Am nächsten Tag, dem 14.9., wurde der neue gewählte Präsident, der Phalange-Führer Bashir Gemayel, ermordet, als eine Bombe das Falange-Hauptquatier zerstörte. Die Hintergründe sind unklar. Es gab Spekulationen, dass Scharon dahinterstand, da Gemayel sich gegen die Besetzung Südlibanons gewandt hatte. Aber auch andere Fraktionen der Christen, gegen die sich Gemayel blutig durchgesetzt hatte, und Syrien könnten verantwortlich gewesen sein.

                  Dieses Attentat nahm die israelische Armee als Vorwand auch das bisher von linken Milizen kontrollierte West-Beirut zu besetzen, was damit gerechtfertigt wurde, dass nur die israelische Armee dort die Sicherheit garantieren könnte. Die Flüchtlingslager in West-Beirut, darunter Sabra und Shatila, wurden von der Armee abgeriegelt, wobei die angebliche Anwesenheit von (später nie gefundenen) 2000 palästinensischen Terroristen als Begründung herhalten mußte.

                  Nach Sitzungen zwischen israelischen Militärs und Befehlshaber der rechtsextremen Milizen (darunter Elie Hobeika von der Falange, der 2002 ermordet wurde, nach dem er angekündigt hatte gegen Scharon auszusagen) marschierten am Abend des 16.9. die Milizen in die Lager ein und begannen das Massaker. Die israelische Armee hinderte die Rechten nicht daran, sondern unterstützte sie noch, indem sie ganze Nacht durch mit Leuchtgranaten und Leuchtbomben die Lager erhellten. Erst am 18.9. wurden die Massaker gestoppt, nach dem der israelische Befehlshaber den Milizen am Nachmittag des 17.9. bis fünf Uhr am nächsten Tag Zeit gegeben hatten sich zurückzuziehen!

                  Nach Bekanntwerden der Massaker in Israel kam es zur größten Friedensdemonstration in Israel, die das Land je gesehen hatte. 400.000 Menschen demonstrierten in Tel Aviv für ein Ende des Libanon-Krieges und sogar die Arbeiterpartei, die den Krieg bis dahin unterstützt hatte, sah sich gezwungen für diese Demonstration zu mobilisieren.

                  Als Reaktion wurden erneut multinationale Truppen in den Libanon geschickt, die aber im wesentlichen die israelische Besetzung absicherten und deshalb mit zu einer Kriegspartei wurden. Nach einem Bombenanschlag der Hisbollah 23.10.1983, bei dem 230 US-Marines und 58 französische Soldaten ermordet wurden, mußten sie sich wieder zurückziehen. Wiederholt kam es noch zu Bombardierungen des Libanons durch die US-Marine und die französische Marine. Auch Arafat mußte im Dezember 1983 den Libanon auf syrischen Druck verlassen und die PLO-Kämpfer wurden in verschiedenen arabischen Ländern interniert. An die Stelle der PLO trat die Hisbollah, die vom Iran unterstützt wurde. Ihr gelang es durch einen Guerilla-Krieg die israelische Armee 1985 zum Rückzug in den Südlibanon zu zwingen. Dort errichtete die Armee eine 40 Kilometer breite Sicherheitszone und ein Marionetten-Regime mit einer eigenen Armee (Südlibanesischen Armee, SLA), welches aber 2000, als Israel sich komplett zurückziehen mußte, sofort zusammenbrach.

                  Heute droht eine Neuauflage der blutigen Ereignisse von 1982, da der Friedensprozeß in Trümmern liegt und in der israelischen Regierung die die Oberhand erlangen, die eine erneute Vertreibung nicht nur Arafats, sondern aller Palästinenser fordern.

                  (von max)

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                    #84
                    1. Oktober 1965:
                    Militärputsch Suhartos in Indonesien


                    Präsident Sukarno and General Suharto vor dem Putsch vom 1. Oktober

                    Am 1. Oktober 1965 putschte das indonesische Militär unter General Suharto gegen die Regierung Sukarno. Mit Unterstützung von den USA und Australien ging das Militär und moslemische Gruppen gegen die Kommunistische Partei Indonesiens vor und ermordeten zwischen einer halben und einer Million Kommunisten und deren Unterstützer. Die Putsch war ein Teil des Versuchs der US-Regierung die Kontrolle über Südostasien zu erlangen und den Einfluß der UdSSR zurückzudrängen und stellte den blutigsten Militärputsch der jüngeren Geschichte dar. Das Times Magazin berichtete über die damaligen Ereignisse:
                    Das Töten hatte ein solches Ausmaß erreicht, dass die Entsorgung der Leichen ein ernsthaftes sanitäres Problem im Norden Sumatras darstellte, wo die feuchte Luft den Gestank verfaulenden Fleischs trug. Reisenden aus diesen Gegenden berichteten uns, dass die Flüsse buchstäblich mit Körpern verstopft waren, so dass der Flußverkehr ernsthaft behindert wurde.
                    Indonesien ist sehr rohstoffreich und war deshalb eine begehrte Beute für die Kolonialmächte. Anfangs hatten diese es vorallem auf Gewürze, später auf Erdöl und Gummi abgesehen. Die Niederländische Ostindien- Kompanie eroberte Indonesien im 17. Jahrhundert und machte es zu einer niederländischen Kolonie. Großbritannien besetzte Indonesien zwischen 1811-16 und behielt danach Malaysia, während der Rest erneut an die Niederlande fiel. Dieses beutete die Bevölkerung und die Rohstoffe aus, während das Land selbst, z.B. das Gesundheits- und Bildungssystem, nicht entwickelt wurden. So war 1945 die Analphabetenquote 93%. Im Zweiten Weltkrieg wurde Indonesien 1942 von Japan besetzt. Die Unabhängigkeitsbewegung, die schon in den 20er Jahren unter kommunistischer Führung erste Aufstände unternommen hatte, wurde unter japanischer Besatzung stärker und kooperierte mit dieser. Am 17.8.1945 wurde die Unabhängigkeit während des Zusammenbruchs Japans ausgerufen. Niederländische Truppen mit britischer und japanischer (!) Unterstützung versuchten die ehemalige Kolonie zurückzuerobern, scheiterten am bewaffneten Widerstand. 1949 akzeptierte die Niederlande die Unabhängigkeit Indonesiens, konnte aber Besitzansprüche niederländischer Konzerne an großen Teilen der Rohstoffindustrie sichern.

                    Ahmed Sukarno wurde der erste Präsident. In der ersten allgemeinen Wahl 1955 wurde er bestätigt und ließ sich 1963 zum Präsidenten auf Lebenszeit ernennen. Sukarno war ein radikaler Nationalist und Begründer der Indonesischen Nationalpartei (PNI). Sukarno regierte im Namen von fünf Prinzipien: Glaube an einen einzigen Gott, Humanismus oder Internationalismus, Nationalismus oder Patriotismus, Demokratie und soziale Gerechtigkeit. Unterstützt wurde Sukarno von der Kommunistischen Partei (PKI). Diese war 1921 in Folge der Oktoberrevolution gegründet worden und gewann Unterstützung im Kampf gegen die Kolonialherren. Allerdings wurde auch die KPI wie die meisten anderen Parteien der III. Internationale Ende der 20er stalinisiert. Ihre Ideologie war in den 60ern maoistisch. Wie China selbst verfolgte sie das Prinzip des "Blocks der vier Klassen" (Arbeiterklasse, Bauern, Kleinbürgertum und nationale Bourgeoisie) und die zwei Stufen-Theorie. Diese besagte, dass in kolonialen und halbkolonialen Staaten erst die Stufe der bürgerliche Republik auf der Tagesordnung stünde und erst in ferner Zukunft der Sozialismus. Beide Theorien bedeuteten in der Realität die Unterordnung der Interessen der Bauern und ArbeiterInnen unter die Interessen der Bourgeoisie. Verbunden war dies mit einer Verglorifizierung des Staatsapparats als antiimperialistisch und demokratisch. Diese Ansicht, daß der Staat tatsächlich sowohl die Interessen der Unterdrücker wie der Unterdrückten vertreten könnte, führte zu einigen grotesken Einschätzungen. So sagte einer der obersten Führer der PKI, Njoto, einem Journalisten nur wenige Tage vor seinem Tod während des Putsches:
                    Die PKI ist immer der Ansicht gewesen, daß die indonesische Armee nicht dasselbe ist wie Armeen in den imperialistischen Ländern oder wie jetzt in Indien. Dies erklärt sich sowohl aus ihrer Entstehungsgeschichte wie auch aus ihren antiimperialistischen und antifeudalen Zielen, aber auch aus der Zusammensetzung ihrer Soldaten, die meistens aus der Bauernschaft und Arbeiterklasse kommen.
                    Die PKI wurde durch militante Kampagnen ihrer Bauern- und Industriegewerkschaften und antiimperialistischer Rhetorik zur größten Kommunistischen Partei nach der russischen und chinesischen. Sie hatte 1965 drei Millionen Mitglieder. Die mit ihr verbündeten Industriegewerkschaften bezifferten ihre Mitgliederzahl auf dreieinhalb Millionen, die Bauerngewerkschaften auf drei Millionen, die Frauenorganisationen auf eineinhalb Millionen und die Jugendorganisationen auf zwei Millionen.

                    Aber die Arbeiter und Bauern ließen sich nicht so einfach zurückhalten, wie es die nationalistische Ideologie Sukarnos oder die stalinistische Ideologie der KPI vorsah. 1957 und 1964 kam es zu einem massiven Bewegungen von unten. Trotz Unterstützung von der PKI konnte Sukarno diese Bewegung nicht kontrollieren oder stoppen. Niederländische, britische und US-amerikanische Plantagen, Betrieben und Banken wurden von Bauern und Arbeitern besetzt. Um die Bewegung zu spalten wurde Rassismus und religiösen Spaltungen geschürt, die heute noch Indonesien erschüttern (z.B. in Aceh). Nach einem gescheiterten Putschversuch im November 1956 und von US-Militär unterstützten Aufständen in den ölreichen Gebieten Sumatras und Sulawesis, bildete ein Putsch von angeblichen PKI-nahen Offizieren am 30.9.1965 den Anlaß für einen erneuten Militärputsch. Militärs ermordeten sechs hohe Generäle, u.a. dem Chef des Generalstabs. Der Putsch war nach Aussagen von überlebenden Beteiligten nicht von der PKI kontrolliert, sondern stellte einen Machtkampf innerhalb des Militärs dar. General Suharto, der damaligen Chef der Strategischen Armeereserve (Kostrad), war von den Putschisten selbst informiert worden und hatte entweder den Putsch toleriert oder selbst organisiert, um einen Vorwand zu besitzen um gegen die Kommunisten vorzugehen.

                    Die USA befürchten seit der Niederlage der Franzosen 1954 gegen die vietnamesische Unabhängigkeitsbewegung unter Ho Chi Minh den Verlust ganz Südostasiens. Indonesien wurde wegen seines Rohstoff- und Bevölkerungsreichtums als Schlüssel gesehen. Das militärische Vorgehen gegen Vietnam wurde intensiviert und der Botschafter Marshall Green, der schon bei der Errichtung der Militärdiktatur von Park Chung Hee in Südkorea geholfen hatte und 1975 bei dem Sturz der australischen Labor-Regierungen unter Whitlam half, geschickt um die Bemühungen zur Ausschaltung der Kommunisten zu koordinieren. US-amerikanische und australische Geheimdienstler und Militärs trainierten indonesisches Militär in Vorbereitung auf den Putsch, während die US-Regierung das Militär zum Putsch drängte und dem Militär Listen von PKI-Mitgliedern zur Verfügung stellte.

                    Gegen den Putsch Suhartos und die Massaker gab es kaum Widerstand. Suharto behielt Sukarno bis 1967 als Präsident. Sukarno rief, wie auch die PKI, Moskau und Beijing nicht zur Gegenwehr, sondern zur Ruhe und nationaler Einheit (also mit den mordenden Militärs!) auf. Das hielt Suharto nicht davon ab alle Organisationen der PKI zu zerschlagen und ihre komplette Führung zu ermorden. Tausende wurden in Konzentrationslager gesperrt. Der von den Rechten geschürte Rassismus entlud sich an Massakern an der chinesischen Minderheit.

                    Suharto errichtete eine Militärdiktatur, die durch ihr Vorgehen gegen die Gewerkschaften optimale Bedingungen für die westlichen Großkonzerne bot, die in Indonesien zahlreiche Sweat-Shops (Billigstlohnfabriken) aufbauten. Suharto konnte erst in einer Revolution, in der sich die Studenten mit den städtischen Armen verbündeten, in der Folge der schweren Wirtschaftskrise in Südostasien im Mai 1998 gestürzt werden.

                    (von max)

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                      #85
                      14. Oktober 1943:
                      Der Aufstand im Vernichtungslager Sobibór


                      Jüdische Partisanen-Einheit im Wald von Parczew, der sich einige der Entkommenen anschlossen

                      Am 14. Oktober 1943 um 16 Uhr begann der Aufstand der jüdischen Gefangenen im Vernichtungslager Sobibór. Ein Teil der Juden gelang es so zu entkommen, zu den Partisanen fliehen und dadurch den Krieg und Holocaust überleben. Dieser Aufstand ist ein Beispiel für erfolgreichen Widerstand in einer quasi ausweglosen Situationen und ein Beispiel dafür, dass es jüdischen Widerstand auch innerhalb der KZ gab.

                      Im Rahmen der "Endlösung der Judenfrage" wurden im Zuge der "Aktion Reinhard" drei Vernichtungslager - Treblinka, Belzec und Sobibór - errichtet. Die gesamte jüdische Bevölkerung in Polen plus der Juden, die aus anderen Ländern in Ghettos nach Polen gebracht wurden, sollten in dieser Lagern ermordet werden. Damals lebten in Polen ca. 2 284 000 Juden.

                      Den Oberbefehl bei der "Aktion Reinhard" hatte der SS-Brigadeführer Otto Globocnik, der direkt Himmler unterstand. Etwa 434 deutsche SS-Leute waren direkt an Aktion beteiligt, die meist davor am Euthanasie-Programm gearbeitet (d.h. gemordet) hatten. Sie waren neben der Gesamtplanung nur in leitenden Positionen in den Lagern beschäftigt, so dass es nur zwischen 20 und 30 SS-Leute pro Lager gab. Als Wachmannschaften wurden pro Lager um die 100 ukrainische Hilfstruppen, die speziell hierfür in dem SS-Trainingslager Trawniki ausgebildet worden waren, eingesetzt. Der erste Kommandant von Sobibór wurde der SS-Obersturmführer Franz Stangl (1908-1971), der zuvor in den Euthanasie-Anstalten Hartheim und Sonnenstein/Pirna tätig gewesen war.

                      Sobibór wurde Anfang 1942 in dünnbesiedelten Gelände bei Lublin nach dem Vorbild des ersten Vernichtungslagers Belzec errichtet. Das Morden sollte geheim bleiben, weshalb das Lager zusätzlich getarnt und abgeschirmt wurde. Sobibór lag direkt an der Bahnstrecke Chelm-Wlodawa um Transporte der zu ermordenden Menschen zu erleichtern. Die Transporte benötigten teilweise mehrere Tage, wobei die Häftlinge nicht versorgt wurden, so dass oft schon die Hälfte vor der Ankunft im Vernichtungslager starb.

                      Den Häftlingen wurde bei der Ankunft die Illusion vermittelt, dass es sich um ein Übergangslager zu neuen Siedlungsgebieten in der Ukraine handeln würde. Sie wurden tatsächlich aber meist sofort nach der Ankunft in die Gaskammern geschickt, die als Duschen getarnt wurden. Zuvor mußte Kleidung und Wertgegenstände abgegeben werden und Frauen wurden die Haare abgeschnitten, die, wie die persönlichen Besitztümer der Häftlinge, für eine Nutzung gesammelt wurden. Die Ermordung erfolgte durch das Einleiten von Motorabgasen. Nach der Ermordung wurden die Goldzähne der Häftlinge entfernt. Anfangs wurden die Ermordeten in Massengräbern vergraben. Ab Juni 1942 wurden Krematorien genutzt um die Spuren der Verbrechen zu beseitigen. Im Oktober 1942 gingen in Sobibor sechs neue Gaskammern in Betrieb, in denen rund 1.300 Menschen gleichzeitig umgebracht werden konnten.

                      Jüdische Häftlinge mußten bei der Ermordung, sowie der Ausschlachtung und Beseitigung der Leichen helfen. Dazu mußten sie für das Lagerpersonal als Schneider, Schuster, Schreiner oder persönlicher Arbeitssklaven arbeiten. In Sobibór arbeiteten 600 bis 1000 jüdische Zwangsarbeiter, wobei die Zwangsarbeiter, die bei der Ermordung helfen mußten, selbst in kurzen Abständen ermordet und durch neue Gefangene ersetzt wurden.

                      Das Lager Sobibór war das kleinste der drei im Zuge der "Aktion Reinhard" errichteten Vernichtungslager. Bis zu seiner Schließung kurz nach dem erfolgreichen Aufstand wurden hier etwas 250.000 Menschen ermordet, in Vergleich dazu wurden in Treblinka über 700.000 und in Belzec rund 800.000 umgebracht. Von den in Sobibór ermordeten Juden waren über 158.000 aus Polen, über 34.000 aus den Niederlanden, über 30.000 aus der Tschechoslowakei (d.h. aus dem Protektorat Böhmen und Mähren und aus der Slowakei), über 13.000 aus der Sowjetunion, über 10.000 aus Deutschland und Österreich und über 5.000 aus Frankreich.

                      1943 war die Mehrheit der Juden in Polen ermordet worden und die drei Vernichtungslager der "Aktion Reinhard" sollten geschlossen werden. Als Vernichtungslager wurde seit dem Auschwitz-Birkenau verwendet, dessen Kapazität ausgebaut wurde. Am 5. Juli 1943 ordnete Himmler die Umwandlung Sobibórs in ein Konzentrationslager an, in dem erbeutete Munition sortiert und gelagert werden sollte.

                      In Sobibór war inzwischen unter den Zwangsarbeiter die Nachricht von der Niederlage der Deutsche in der Schlacht von Stalingrad (September 1942 bis Februar 1943), dem Näherrücken der Front und der Aufstand im Warschauer Ghetto am 19.4.1943 bekannt geworden. Diese positiven Nachrichten motivierten gemeinsam mit der Befürchtung, dass das Lager aufgelöst und alle Überlebenden ermordet werden sollten, eine Gruppe von Häftlingen um Leon Feldhendler, ein ehemaliges Mitglied des Judenrats von Zólkiewka, Widerstand zu leisten. Nach zwei gescheiterten Ausbruchsversuchen kleinerer Gruppen wurde im September 1943 mit den Planungen eines Aufstands begonnen. Ausschlaggebend war dabei, dass eine Gruppe kriegsgefangener jüdischer Offiziere der Roten Armee in das Lager verlegt wurde. Diese waren noch nicht so demoralisiert wie die restlichen Gefangenen und verfügten dazu über militärische Erfahrung. Die militärische Planung übernahm einer dieser Offiziere, Alexander Petscherski. Dieser hatte das Glück gehabt, dass er aus einer Gruppe von 1200 Kriegsgefangenen einer der sechzig Männer war, die von der SS für Schwerarbeit und Instandhaltungsmaßnahmen ausgewählt worden waren.

                      Um zu verhindern, dass der Plan verraten werden würde, wurden nur ca. 10% der Häftlinge eingeweiht. Der Plan bestand darin, erst die Führungsstruktur des Lagers, also die SS-Leute, heimlich mit Hieb- und Stichwaffen zu ermorden, die Kommunikation aus dem Lager lahmzulegen, Waffen zu erbeuten und dann die Wachmannschaften zu überrumpeln.

                      Es gelang zehn von 17 SS-Leuten auszuschalten und mit deren Waffen das Waffenlager zu stürmen. Dazu wurden die Telephonleitung zerstört. Zwischen 300 und 600 Juden gelang es in der folgenden Verwirrung die Zäune des Lagers zu überwinden. Aber viele von ihnen starben in dem dahinter liegenden Minenfeld oder wurden von den Wachmannschaften erschossen. Etwa 150 Juden gelang es in kleinen Gruppen sich zu linken polnischen Partisaneneinheiten durchzuschlagen, wovon 53 bis zum Einmarsch der Roten Armee überlebten.

                      Nach dem Aufstand wurden die verbliebenen Juden und ein Teil der ukrainischen Wachmannschaft, denen Verrat vorgeworfen wurde, umgebracht. Das Lager wurde dem Erdboden gleichgemacht um alle Spuren zu zerstören und Bauernhöfe auf dem Gelände errichtet.

                      Ein Teil der verantwortlichen Nazis wurde nach dem Krieg verurteilt, andere, u.a. der erste Kommandeur von Sobibór Franz Stangl, konnte mit Hilfe der katholischen Kirche entkommen. Stangl, der insgesamt für den Tod von einer Million Menschen verantwortlich war, konnte schließlich von Simon Wiesenthal in Brasilien aufgespürt werden. Von dort wurde er 1967 in die BRD ausgeliefert, wo er 1970 wegen des Mordes an über 900.000 Juden im Vernichtungslager Treblinka zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe verurteilt wurde und 1971 an Herzversagen starb.

                      (von max)

                      Hier ist eine (englischsprachige) Seite zum Thema.

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                        #86
                        24. Oktober 1923:
                        Aufstand in Hamburg und der "Deutsche Oktober"



                        In den frühen Morgenstunden des 24. Oktobers stürmten mehrere Hundert Kommunisten unter der Führung von Ernst Thälmann, der später eine Schlüßelrolle bei der Staliniserung der Partei haben sollte, zwölf Polizeireviere in den Vororten Hamburgs und begannen auf das Stadtzentrum zu marschieren. Der Aufstand brach aber bald zusammen. Der Aufstand in Hamburg war Teil einer geplanten Offensive der KPD, die aber abgesagt wurde. Diese Nachricht hatte aber Hamburg nicht erreicht. Die revolutionäre Epoche in Deutschland von 1918-23 endete mit diesem Aufstand in einer Farce.

                        Das Jahr 1923 war vor schweren wirtschaftlichen Problemen und einer Polarisierung zwischen der Rechten und Linken gezeichnet. Im Juni 1922 begann die große Inflation. Zu diesem Zeitpunkt war ein Dollar 300 Mark wert, sechs Monate später bereits 8000 Mark. Der internationale Wert der Mark wurde alle sechs Wochen halbiert. Als schließlich die Währung stabilisiert wurde, wurde der Kurs der neuen zur alten Mark auf eins zu 10 000 Milliarden Mark festgesetzt! Die Preise stiegen nicht ganz so stark, die Auswirkungen auf die Löhne und Ersparnisse waren trotzdem katastrophal. Den Bergarbeiter war es gelungen die Löhne 1920 von 60% auf 90% des Standes von 1914 zu heben, aber Ende 1922 war ihr Wert auf weniger der Hälfte von 1914 gesunken. Im Spätsommer wurde die Währung und damit die Löhne komplett entwertet. Für ein Kilo Brot, was 1913 0,29 Mark kostete, mußten im November 1923 428 Millionen Mark gezahlt werden. Der durchschnittliche Lohn betrug nur die Hälfte des Minimums für die Versorgung ein vierköpfigen Familie.

                        Die Inflation war kein Naturereignis, sondern ein Versuch der Großindustrie die Zugeständnisse an die Arbeiter nach der Novemberrevolution rückgängig zu machen und die Löhne drastisch zu senken, sowie der Versuch der rechten Regierung unter Cuno, die ab November 1922 im Amt war, die Verschuldung aus dem Ersten Weltkrieg durch Gelddrucken zu zahlen und die Reparationszahlung an die Siegermächte des Ersten Weltkriegs zu verringern. Industrielle wie Stinnes nutzten die Inflation dazu zum Ausbau ihres Imperiums, in dem sie mit durch die Inflation billigen Krediten Firmen aufkauften.

                        Zu den Versuchen durch die Inflation die Reparationszahlung zu senken, stoppte die Regierung Cuno auch noch die Kohlelieferungen, ebenfalls ein Teil der Reparationen, an Frankreich. Cuno hoffte mit Hilfe der britischen und US-amerikanischen Regierung eine Reduzierung durchzusetzen. Die rechte französische Poincaré ließ darauf im Januar 1923 ihre Armee zusammen mit belgischen Truppen in das Ruhrgebiet einmarschieren um die Kohleförderung selbst unter Kontrolle zu nehmen. Diesen Einmarsch wiederum suchte Cuno zum Anstacheln einer nationalen Hysterie auszunutzen um den Widerstand gegen seine Politik zu schwächen. Sie rief zum passiven Widerstand auf, der aber nach anfänglichen Erfolgen bald zusammenfiel. Ein Grund war die internationale Solidaritätskampagne der Komintern, der KPD und der Kommunistischen Partei Frankreichs, die in Frankreich gegen die Besatzung Proteste organisierten und sich mit der Parole "Schlagt Poincaré an der Ruhr und Cuno an der Spree" gegen die Besatzung und die deutsche Regierung stellte. Der Hauptgrund für den Zusammenbruch des Widerstands war die Zusammenarbeit der Industriellen im Ruhrgebiet mit der französischen Besatzungsmacht, während gleichzeitig ab April die Inflation sich zu einer Hyperinflation verschlimmerte.

                        Wegen der Hyperinflation begann ausgehend vom Ruhrgebiet eine Welle von Streiks, die sich bis Anfang Juli 1923 auf ganz Deutschland ausweitete. Der KPD gelang es massiv an Einfluß zu gewinnen. Eine deutschlandweite Versammlung der Betriebsräte Ende 1922, die unabhängig vom Gewerkschaftsbund ADGB einberufen worden war und die von der KPD dominiert wurde, gewann an Bedeutung. Ein Teil der Gewerkschaften, z.B. die Metallarbeitergewerkschaft in Stuttgart oder die der Eisenbahner in Berlin und Leipzig, waren unter Kontrolle der KPD. Dazu hatte der Aufruf zur Bildung "proletarischer Hundertschaften", eine auf den Betrieben basierende Miliz gegen die Rechte, und der "Kontrolkomitees", in denen die Betriebsräte mit Arbeiterhausfrauen zusammen gegen die Preissteigerungen vorgingen, einigen Erfolg. Dazu gewann die KPD 70 000 neue Mitglieder hinzu und erreichte ihre größte Stärke in der Weimarer Republik. Die Mehrheit der Menschen in Deutschland war der Meinung, dass es so nicht weiter gehen konnte. Nicht nur die Situation der Arbeiter verschlechterte sich, sondern auch große Teile der Mittelschichten verarmten. Die Hochburg der Linken waren Sachsen und Thüringen, wo linke SPD-Regierungen an der Macht waren.

                        Nicht nur die Kommunisten, sondern auch die extreme Rechte, wenn auch in einem geringeren Umfang, gewann an Unterstützung hinzu. Die Rechte war insbesondere in Bayern, wo sie sich während des Kapp-Putschs an die Regierung geputscht hatte, stark. Hier plante Hitler, der von der Reichswehr und der bayrischen Regierung protegiert wurde, einen Marsch nach Berlin nach dem Vorbild Mussolinis. Auf dem Weg wollte er die Linke in Sachsen und Thüringen angreifen.

                        Um gegen die Rechte vorzugehen, plante die KPD einen deutschlandweiten Antifaschistischen Tag am 29.Juli, wozu die anderen Arbeiterorganisationen aufgerufen wurden diesen zu unterstützen. Angesichts der frischen Erinnerungen an den Kapp-Putsch und des Versagen der Cuno-Regierung erschien ein rechter Putsch wahrscheinlich. Allerdings verbot die SPD-Regierung im größten Land Preußen die Demonstrationen an diesem Tag. Die KPD scheute die Kraftprobe und hielt lediglich Massenveranstaltungen ab, wobei in Berlin alleine 200 000 teilnahmen.

                        Im August erreichte die Hyperinflation einen Höhepunkt und die KPD-dominierte Bewegung der Betriebsräte rief am 11. August einen Generalstreik gegen die Regierung Cuno und ihre Wirtschaftspolitik und zur Bildung einer Arbeiterregierung auf. Der Streik war vor allem in Berlin erfolgreich, weniger in anderen Regionen, aber Cuno konnte zum Rücktritt gezwungen werden.

                        Statt der rechten Regierung Cunos wurde am 13. August eine große Koalition unter Stresemann aus DVP (rechts-konservative Partei der Großindustrie), Zentrum (katholisch), DDP (liberal) und SPD gebildet, wobei die vier SPD-Minister der Regierung ein "linken" Anstrich verleihen sollte. Allerdings beruhigte die Bildung der neuen Regierung die Lage nicht. Die SPD war tief gespalten. Während ein Teil die neue Regierung als "kleineres Übel" unterstützte, wollte ein anderer mit der KPD eine Arbeiterregierung bilden. Bei der Vertrauensabstimmung für die neue Stresemann-Regierung enthielten sich 53 der 171 SPD-Abgeordneten.

                        Die KPD wollte die gewonnene Unterstützung nutzen um gegen die Rechte in die Offensive zu gehen und die Betriebsräte zur Basis einer Räterepublik machen. Deshalb trat die KPD im Oktober 1923 in die Landesregierungen von Thüringen und Sachsen ein um Kontrolle über deren Waffenvorräte zu erlangen. Ein Generalstreik gegen den drohenden Einmarsch der Reichswehr in Sachsen und Thüringen um diese Regierungen zu stürzen, sollte das Signal für eine deutschlandweite Offensive gegen die Rechte und die Reichswehr werden.

                        Am 20. Oktober 1923 marschierte schließlich die Reichswehr in Sachsen und Thüringen ein, vermied es aber die SPD zu provozieren. Die SPD-Mehrheit in der Regierung stellte sich darauf gegen den Generalstreik und bewaffneten Widertand, was angesichts der Politik der SPD in den Jahren davor niemand hätte überraschen sollen. Die KPD-Führung um Heinrich Brandler aber blies den geplanten Generalstreik ab. Diese Nachricht erreichte Hamburg nicht, wo der isolierte Aufstand unweigerlich scheitern mußte. Die Reichswehr stürzte nach Absage des Streiks die Regierung Sachsens und Thüringens, wobei weder die KPD, noch die SPD Widerstand leisteten. Hitlers Putschversuch am 9. November 1923 in München scheiterte, weil er keine Unterstützung der Reichswehr gewinnen konnte, die der Meinung war, dass Hitlers Methoden nach der Niederlage der KPD nicht notwendig war. Jahre später in der Folge der Weltwirtschaftskrise sollte die Reichswehr und die Mehrheit der Großindustriellen aber Hitlers Dienste in Anspruch nehmen.

                        Die KPD vergab 1923 ihre beste Chance für eine sozialistische Revolution. Ihre früheren Fehler während des Spartakus-Aufstands 1919 und der Märzaktion 1921, als die KPD isoliert und ohne größere Unterstützung vorging, hatte die Führung zu vorsichtig gemacht. Da die KPD nicht handelte, wird es niemals festzustellen sein, wie groß das Ausmaß der Unterstützung wirklich war. Bei den nächsten Reichstagswahlen im Mai 1924 konnte zwar die KPD ihren Stimmenanteil von 2,1% bei den Wahlen 1920 auf 12,6% steigern. Allerdings hatte die KPD durch ihren Mißerfolg und Inaktivität zu diesem Zeitpunkt schon große Teile ihrer Unterstützung verloren. Der Deutsche Oktober war das Ende der revolutionären Epoche in Deutschland. Die Niederlage der KPD leitete ihre Stalinisierung ein, wodurch sie von einer revolutionären Partei zu einem Instrument der Außenpolitik Stalins degradiert wurde.

                        Auf die Ereignisse des Jahres 1923 folgte eine scheinbare Stabilisierung der Weimarer Republik, die Goldenen Zwanzinger, die aber 1929 ein jähes Ende haben sollten.

                        (von max)
                        Zuletzt geändert von Jack Crow; 25.10.2003, 14:09.

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                          #87
                          25. Oktober 1929:
                          Der "Schwarze Freitag" und die Weltwirtschaftskrise



                          An diesem Tag kamen die Goldenen Zwanziger Jahre zu einem abrupten Ende. Die US-Börse fiel an einem Tag um ein Drittel. Reiche Spekulanten verloren alles und auch viele Mittelständler verloren ihr erspartes. Es entwickelte sich die bis dahin schwerste Wirtschaftskrise im Kapitalismus. Die Krise zog sich über mehrere Jahre hin. In den USA gingen 5000 lokale Banken Pleite, in Deutschland und Österreich ging je eine Großbank. Zwischen 1929 und 1932 fiel die Industrieproduktion weltweit um 29%. Am stärksten waren die USA, Polen und Deutschland betroffen. In den USA fiel die Industrieproduktion bis 1932 um 46%, im gleichen Zeitraum wurde in Deutschland die Industrieproduktion auf die Hälfte reduziert, in der Schwerindustrie fiel die Produktion sogar auf ein Drittel der Standes von 1928. Die Summe der Investitionen betrug 1932 nur ein Sechstel der Summe von 1928. Nach offiziellen Angaben waren 5,6 Millionen arbeitslos, was 30% der Arbeiterschaft entspricht. Es gibt Schätzungen, dass tatsächlich um die 10 Millionen arbeitslos wurden. In den USA war ebenfalls mindestens ein Drittel der Arbeiterschaft arbeitslos, in Großbritannien ein Fünftel. Nicht nur die Industriearbeiter waren betroffen, sondern große Teile der Menschen, die sich zu den Mittelschichten zählten, verarmten. Anpreisungen der Börse, wie von John J. Raskop, der in dem Artikel "Everybody Ought to be Rich" einen Plan entwarf, wie die Armen an der Börse reich werden könnten, entlarvten sich als lächerlich.

                          In den Jahren vor 1929 stieg die Produktivität insbesondere in Deutschland und den USA stark, wobei große Überkapazitäten aufgebaut wurden. Die deutschen Stahlwerke waren z.B. 1925 nur zu 60% ausgelastet. Der Anstieg der Produktivität hatte 1929 bereits eine Million Arbeitsplätze in Deutschland vernichtet.

                          Ab 1925 stiegen die Aktienkurse auf den weltweiten Börsen massiv, was die hohen Profite in der Industrie widerspiegelte. Allerdings haben die Börsen die Tendenz die wirtschaftliche Entwicklung sowohl in der Aufwärts-, als auch in der Abwärtsentwicklung zu verstärken. Ende der 20er Jahre entwickelte sich so eine gewaltige Seifenblase, das Kurs-Gewinn-Verhältnis erreichte im September 1929 den Spitzenwert von 32,6. Die Aktien waren also massiv überbewertet. Als die konjunkturelle Entwicklung sich 1929 deutlich abschwächte und die Überkapazitäten der Konzerne deutlich wurde, löste dies Panik an den Börsen und massive Kursstürze aus.

                          Der Kauf der Aktien war oft durch Kredite finanziert. Um diese zurückzahlen zu können, verkauften Anleger ihre Aktien, worauf der Preisverfall dieser verstärkt wurde. Dadurch wurde der Finanzsektor nahe an den Kollaps gebracht. Durch die Reduzierung der Zahl der Banken und der damit verbundenen Zunahme der Größe der einzelnen Banken im scharfen Konkurrenzkampf in den Jahren zuvor, bedeute der Kollaps einer dieser Großbanken, dass eine Welle von anderen Unternehmen mit in den Konkurs gerissen wurden. Dies war die Ursache, warum die Krise, die 1929 begonnen hatte, 1931 immer noch keiner Erholung entgegenging, sondern sich statt dessen vertiefte, von einem Sektor des Kapitals auf den anderen übergriff und erst dann ein Ende fand, als Staaten intervenierten, um zu Beginn des Zweiten Weltkriegs eine Kriegswirtschaft aufzubauen.

                          Als Reaktion auf die Wirtschaftskrise gingen die meisten Staaten zum Protektionismus und deflationärer Politik über, wodurch die Krise noch verschärft wurde. Mit Schutzzölle, Importquote und Abwertung ihrer Währungen versuchten die Regierungen die Konkurrenzfähigkeit ihrer Konzerne zu erhöhen. Der Welthandel, der im Vergleich zu der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg nur relativ schwach gewachsen war, brach auf ein Drittel des schon geringen Standes von 1928 ein.

                          Die Wirtschaftskrise zerschlug die Illusionen der Liberalen und Sozialdemokraten. In Deutschland hatte der führende Wirtschaftstheoretiker der SPD, Rudolf Hilferding, angenommen, dass mit dem "Organisierten Kapitalismus", also durch Bildung von Großkonzernen und Kartellen, die Konkurrenz und Anarchie des Kapitalismus und damit seinen Krisen überwunden wären. Er sah ihn diese Entwicklung hin zu Monopolen sogar einen Schritt in Richtung Sozialismus.

                          Das Ende der sozialdemokratischen und liberalen Illusionen von einem stabilen Kapitalismus und das Scheitern der Sparpolitik bei der Bekämpfung der Krise, wie z.B. in Deutschland unter Brüning, bewirkte in vielen Ländern eine Radikalisierung. In Spanien wurde 1931 die Monarchie gestürzt und 1936 gelang eine Volksfront unter Beteiligung der Linken an die Macht, was wiederum einen faschistischen Putsch unter Franco auslöste (siehe hier). Im gleichen Jahr kam auch eine Volksfront in Frankreich auf einer Welle von Streiks an die Macht, während in den USA die Arbeiter sich das Recht auf Gewerkschaften erkämpfen konnten.

                          In Deutschland, was von der Krise durch den Rückzug von US-amerikanischen Kredite besonders stark betroffen war, gipfelte die Wirtschaftskrise in der ultimativen Barbarei ausgerüstet mit modernster Technik: der Nazi-Herrschaft und dem Holocaust (siehe auch hier).

                          (von max)

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                            #88
                            Heute gibt es mal keinen Ausschnitt des heldenhaften Kampfes der Arbeiterklasse, nein, heute mal was ganz anderes:

                            Von CM:

                            31.10.1993 - 31.10.2003:
                            Zehnjähriger Todestag von River Phoenix.


                            River Phoenix ist am 23.08.1970 in Madras/Oregon in den USA auf die Welt gekommen.
                            Seine Eltern (Arlyn und John) waren für einige Jahre in einer Sekte und missionierten in den USA und in Süd- und Mittelamerika. Dabei besuchte er keine Schule und wurde privat von seinen beiden Eltern unterrichtet. Schon früh entdeckten diese seine musische Begabung. Ende der Siebziger Jahre traten die Eltern aus der Sekte aus, kehrten in die Vereinigen Staaten zurück und änderten ihren Namen von "Bottom" in "Phoenix". Er nahm Teil an verschiedenen Talentwettberwerbs und trat in Werbespots auf. Das war der Beginn seiner Karriere. Mit 12 Jahren bekam er seine erste Rolle in einer Fernsehserie, nämlich "Seven Brides for Seven Brothers".

                            River hatte nie Schauspielunterricht besucht, besaß jedoch großes Talent. Mit 18 jahren wurde er sogar für einen Academy Award ("Oscar") nominiert. Doch er war nicht nur als Schauspieler brilliant. River war auch ein leidenschaftlicher Gitarrespieler. In Caracas (Venezuela) verdiente er als Kind sein Geld oft mit Straßenmusik. Später spielte er mit seinen Schwestern Rainbow und Liberty in der band "Aleka's Attic". Allerdings nie zu kommerziellen Zwecken. Musik war ein Hobby von ihm, dabei geld zu verdienen, war ihm nicht wichtig.

                            1984 feierte der 14-jährige Phoenix sein Kinodebüt mit dem Film "Explorers - ein phantastisches Abenteuer" (Regie: Joe Dante). Zwei Jahre später war er als "Chris Chambers" in "Stand by Me - das Geheimnis eines Sommers", der Verfilmung von Stephen Kings Kurzgeschichte "Die Leiche" zu sehen.

                            River Phoenix war nun einer der verheißungsvollsten Nachwuchsschauspieler Hollywoods.
                            Es folgten Peter Weirs "Mosquito Coast" und "Little Nikita", wo er auf hervorragende Weise den Sohn von sowjetischen Agenten, an der Seite von Sydney Poitier, spielte.

                            Die Angebote stapelten sich. Er versuchte diese soweit wie möglich anzunehmen und war unter anderem in "Indiana Jones - der letzte Kreuzzug" zu sehen, wo er einen jungen Indiana Jones spielte. Es folgte die schwarze Komödie "Ich liebe dich zu Tode".

                            Phoenix' schauspielerisches Können in "Sneakers - Die Lautlosen" (hier spielte er einen computerhackenden Schüler) und in dem Schwulenfilm "My own Private Idaho" (mit Keanu Reeves) führten zu einem Rollenangebot in "Interview mit einem Vampier", was ein Höhepunkt seiner Karriere bedeutet haben könnte. Soweit kam es allerdings nicht: Er starb, bevor die Dreharbeiten begonnen hatten.
                            Zuletzt vor der Kamera stand er somit in "Dark Blood" (1993), der Film wurde allerdings durch seinen Tod nie vollendet.


                            >> DER 31.OKTOBER 1993:

                            River Phoenix befand sich zu dieser Zeit, wegen Dreharbeiten zu dem Film "Dark Blood" in Los Angeles/California.Er pflegte sich im St. James's Club and Hotel aufzuhalten, wenn er sich in LA aufhielt. Sein Aufenthaltsort in der Nacht vom 30.Oktober zum 31.Oktober hielt er sich im "Viper Room", einem Club im Besitz von Schauspieler Johnny Depp, auf dem Sunset Boulevard 8852 auf.
                            Um kurz vor 1:00Uhr nachts wurde River in der Toilette des "Viper Rooms" eine tödliche Drogenmischung ("Speedball") angeboten. Nachdem er das Rauschgift eingeschnupft hatte, begann River zu zittern. Er schrie seinen Freund an und erbrach sich. Jemand versuchte ihm zu helfen, indem er sein Gesicht mit kaltem Wasser bespritze und ihm Valium (dieses Medikament enthält Diazepam und gehört zu den Schlaf- und Beruhigungsmitteln. Schwankend ging er zurück in den Barraum zu seiner Schwester Rain(bow) und der Schauspielerin Samantha Mathis. River teilte ihnen mit, er könnte nicht mehr richtig atmen und verlor das Bewusstsein. Als er wieder zu sich kam, bat er Mathis ihn aus dem Club zu helfen. River Phoenix brach auf dem Gehsteig vor dem "Viper Room" zusammen und verfiel in Krämpfe. Ron Davis, Photograf, wählte den Notruf an einer nahen Telefonsäule.
                            Verzweifelt versuchte seine Schwester die Krämpfe zu unterdrücken und warf sich auf River. Joaquin, Rivers Bruder, der geholfen hatte, ihn hinauszutragen, stellte nach einigen Minuten fest, dass River aufgehört hatte zu atmen. Um 1:14, als die Rettungskräfte eintrafen, stand sein Herz still. Bis um 1:34Uhr wurde River in das Cedars Sinai Medical Center gebracht. Versuche ihn zu reanimieren blieben erfolglos. Die Ärzte stellten um 1:51Uhr den Tod von River Phoenix fest. In seinem Blut fanden die Ärzte, neben Heroin und Kokain (River nahm einen sog. "Speedball", eine Mischung aus Heroin und Kokain zu sich) auch Marihuana.
                            Die Bestürzung um seinen Tod war groß - unter Fans als auch unter Filmkollegen, der Familie und den Freunden.
                            River setze sich stets für den Frieden ein. Er war engagierter Umweltaktivist, Tierschützer und Zeit seines Lebens Vegetarier.
                            Doch wieso nahm River, der sich eigentlich immer gegen Drogen aussprach, selbst welche zu sich? Er stand damals wohl unter großem Erfolgsdruck und fühlte sich allgemein nicht wohl, wie seine Geschwister bekannt gaben.

                            Schade, dass ein so großartiger - die Leute mit denen er zusammenarbeitete bewunderten seinen Gerechtigkeitssinn, seinen Einfallsreichtum und seine Sentimentalität - in so jungen Jahren einen so tragischen Tod starb. Doch heißt es nicht "Only the good die young"?

                            (Quelle: Das Internet und speziell www.findadeath.com)





                            Republicans hate ducklings!

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                              #89
                              Nachdem Zeitprobleme in der letzten Zeit Eintragungen verhinderten, heute, sozusagen zu Weihnachten , endlich mal wieder ein kleiner Remember-Eintrag - um zu erinnern, daß auch an Heiligabend Weltgeschichte geschrieben werden kann.

                              24. Dezember 1814:
                              Friedensvertrag zwischen den USA und Großbritannien über den "Krieg von 1812"



                              In Gent, Belgien, unterzeichen Vertreter der Vereinigten Staaten und der britischen Krone einen Friedensvertrag, der den 1812 begonnenen Krieg zwischen den beiden Ländern beendet. Sämtliche eroberten Territorien werden zurückgegeben, und Pläne zur Festlegung der Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Kanada gemacht.

                              Die USA hatte im Juni 1812 Großbritannien aus drei maßgeblichen Gründen den Krieg erklärt: Der US-Händler treffende britische Handelsboykott gegen das napoleonische Frankreich, die Pressung tausender amerikanischer Seeleute in die britische Navy, und die britische Unterstützung für den Siedlern feindlich gesonnene Indianerstämme im Gebiet der Großen Seen. Eine hauptsächlich aus Abgeordneten aus dem Westen und Süden bestehende Fraktion des Kongresses hatte diesen Schritt schon seit Jahren gefordert. Die als „War Hawks“ bekannten Politiker erhofften sich von einem Krieg mit dem mit Frankreich beschäftigten England territoriale Gewinne in Kanada und dem britischen Florida.
                              In den Monaten nach der Kriegserklärung begannen US-Streitkräfte drei Invasionsversuche in Kanada, die jedoch alle zurückgeschlagen wurden. Auf See war die junge US-Navy erfolgreicher: Die USS Constitution und andere amerikanische Fregatten errangen eine Reihe von Siegen über die stolze britische Seestreitmacht. Nach der Niederlage Napoleons in Europa 1814 waren die Briten jedoch in der Lage, größere militärische Ressourcen gegen die USA aufzubringen. Im August fiel Washington D.C., und britische Truppen brandschatzten das Weiße Haus, das Kapitol und andere Gebäude als Vergeltung für ähnliche Aktionen der US-Streitkräfte in Kanada. Die Briten mussten sich jedoch bald darauf zurückziehen, und das Schlachtenglück wendete sich wieder den Amerikanern zu: Am 11. September erlangte die amerikanische Navy unter Thomas Macdonough einen entscheidenden Sieg bei der Seeschlacht von Plattburg Bay auf dem Champlain-See. Eine starke britische Streitmacht unter Sir George Prevost musste gleichzeitig eine Invasion im Nordosten abrechen und sich nach Kanada zurückziehen.

                              Dies führte zur Aufnahme von Friedensverhandlungen in Belgien, und zum Friedensvertrag von Gent. Dieser Vertrag öffnete die Region der Großen Seen für die amerikanische Expansion, drängte die Briten auf dem amerikanischen Kontinent weiter zurück und wurde in Amerika als großer diplomatischer Sieg gefeiert. Die Überbringung der Vertragsergebnisse über den Atlantik dauerte fast zwei Monate – britische Soldaten führten in dieser Zeit die Kampfhandlungen fort und erfuhren beim Angriff auf New Orleans im Januar 1815 die erbittertst Niederlage des ganzen Krieges gegen eine US-Streitmacht unter Gen. Andrew Jackson. Die amerikanische Öffentlichkeit erfuhr nahezu zeitgleich von diesem Sieg und dem Vertragsschluß in Belgien – was unter dem Eindruck einer Kausalität das Selbstbewusstsein und den Expansionsdrang der jungen Republik weiter beflügelte.
                              Zuletzt geändert von Jack Crow; 25.12.2003, 00:56.

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                                #90
                                12. Januar 1904:
                                Der Hereroaufstand in Deutsch-Südwestafrika


                                Gefangene Herero werden gehängt

                                Vor 100 Jahren begann der Aufstand der Hereros (Ovaherero) in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, gegen die deutsche Kolonialherrschaft. Es kam zu Angriffen auf Polizeistationen, Stützpunkte der deutschen Kolonialtruppen ('Schutztruppe') und Siedlungen, Läden und Farmen, wobei 123 Deutsche umgebracht wurden. Die deutschen Truppen erlitten Anfangs mehrere Niederlagen. Daraufhin wurden die deutschen Truppen massiv verstärkt, die den Aufstand brutal unterdrückten. Von den ursprünglich ca. 80 000 Hereros überlebten innerhalb der deutschen Kolonien ca. 15 000, weshalb die Reaktion der deutschen Truppen auf den Aufstand als Völkermord charakterisiert werden muß. Auch bei dem folgenden Aufstand der Hottentoten (Nama) wurden die Hälfte der Aufständischen (ca. 10 000) umgebracht.

                                Die Wirtschaftskrise in den 1870ern bewirkte eine verstärkten Kapitalexport und einen Aufschwung des Kolonialismus. Die Eroberung von Kolonien wurde als Möglichkeit gesehen die wirtschaftlichen Probleme zu lösen. Das heutige Namibia wurden im Rahmen der Aufteilung Afrikas unter den Großmächten von Deutschland besetzt. Erste private Erwerbungen in den Jahren 1882 und 1883 wurden schließlich unter staatlichen Schutz gestellt und aus ihnen die Kolonie Deutsch-Südwestafrika aufgebaut. Der erste Reichskommissar war Heinrich Göring, der Vater des Nazi-Reichsfeldmarschals Hermann Göring.

                                Die deutschem Kolonien waren wirtschaftlich relativ unbedeutend, die deutsche Konzerne investierten z.B. stärker in britischen, als in deutschen Kolonien. Die wichtigsten Exportgüter aus Deutsch-Südwestafrika waren Diamanten, Kupfer, Wolle, Häute, Felle und Fleisch. Auch wanderten relativ wenig Deutsche in die Kolonien aus. Bis zum Ersten Weltkrieg waren es nur 23 000 Siedler, während im Vergleich von 1887 bis 1906 eine Million Deutsche in die USA auswanderten. Aber die Eroberung war ein Teil des Versuchs Deutschland zur Weltmacht zu machen. Die Kolonien waren neben der Funktion als Rohstofflieferanten und Absatzmärkte, hauptsächlich Handels- und Militärstützpunkte.

                                Neben diese wirtschaftlichen und geopolitischen Gründen für die Eroberung der Kolonien, gab es noch ideologische. Die rechten bürgerlichen Partei vertraten die Ansicht, dass es die Aufgabe der weißen Rasse sei, die Welt zu führen und zu zivilisieren.

                                Vor der deutschen Besetzung lebten mehrere halbnomadische Völker, die hauptsächlich von Viehzucht lebten, auf diesen Gebiet: u.a. die Hereros (Ovaherero), die Hottentotten (Nama) und die Bondelzwarts. Diese kämpften untereinander um die besten Weidegebiete. Die Herrschaft Deutschlands über Südwestafrika wurde mit einem "Teile und Herrsche"-Ansatz aufrechterhalten. Mit einzelnen Häuptlingen wurden Schutzverträge ausgehandelt und deren Truppen zur Unterdrückung der anderen Völker verwendet. Neben einer Polizeitruppe bildete die 'Schutztruppe' die militärische Basis für das Kolonialregime (in einem bemerkenswerten Anfall von Ehrlichkeit erhielten die heutigen deutschen Truppen in Afghanistan den gleichen Namen wie die Kolonialtruppe im Kaiserreich).

                                Gegen das deutsche Kolonialregime gab es zahlreiche Aufstände. Vor dem Hereroaufstand von 1904 gab es den Aufstand der Hottentoten unter Hendrik Witbooi 1893/94. Dazu gab es in den Jahren 1896 bis 1898 gab es mehrere kleinere Aufstände der Hereros und der Hottentoten. 1903 gab es im Süden der Kolonie einen Aufstand der Bondelzwarts, der ein Teil der Schutztruppe zu Beginn des Hereroaufstands band.

                                Die Ursachen des Hereroaufstand waren der Raub von Land für den Eisenbahnbau (eine 20 km breite Trasse wurden beschlagnahmt) für Aufbau der Kupferminen und für deutsche Siedler. Dazu kam, dass der Verkauf von Waren mit Krediten erfolgte, die mit Vieh zurückgezahlt werden mussten. Dabei wurden die Preise mit Hilfe der militärischen Überlegenheit der Siedler gewaltsam ungünstig angesetzt, was für die Hereros einen Verlust der Hälfte der Viehbestände bedeutete. Dazu kamen zahlreiche Mißhandlungen und Vergewaltigungen durch die Siedler, die von der Justiz kaum geahndet wurden. Bezeichnend für die Ungleichbehandlung durch die Justiz sind die Urteile bei Morden. Von 1894-1905 wurden sechs "Weiße" von "Schwarzen" ermordet. Es ergingen 15 Todesurteile! Fünf "Schwarze" wurden von "Weißen" ermordet. Die Mörder kamen mit Gefängnisstrafen von zwischen drei Monaten bis zu fünfeinhalb Jahren davon!

                                Als Reaktion befahl der Häuptling der Hereros Samuel Maherero am 11.1.1904 den Aufstand, der dann am 12.1.begann. Der Aufstand war relativ unorganisierte und unkoordinierte und brach in den verschieden Teilen im Norden Südwestafrikas verschiedenen Zeiten aus, so in Okahandja am 12.01., in Omaruru am 17.01. und in Otjimbingwe erst am 23.01.


                                Schutztruppen-General Lothar von Trotha
                                Der Gouverneur Theodor Gotthilf Leutwein, der eine Verhandlungslösung anstrebte, wurde bald als militärischer Oberbefehlshaber abgesetzt und durch General Lothar von Trotha ersetzt, der sich bereits bei der Niederschlagung der Wahehe in Ostafrika und bei der Niederschlagung des Boxeraufstands (siehe 07 September 1901: Die Unterzeichnung des Boxer-Protokolls und die internationale Intervention in China) den Beinamen "der Schlächter" verdient hatte. Die deutschen Truppen wurden von ca. 800 auf 14 000 verstärkt, von denen 1500 umkommen (die Mehrheit starb an Krankheiten). Die Kosten für den Vernichtungskrieg gegen die Hereros betrugen 585 Millionen Goldmark.

                                Durch die technische Überlegenheit (z.B. Artillerie, Maschinengewehre) zwangen die deutschen Truppen die Hereros zum Rückzug zum Waterberg, einem Hochplateau etwa 250 km nördlich von Windhuk. Dort wurden die Hereros am 11. August einkesselt. Beide Seiten erlitten während dieser Gefechte schwere Verluste. Einem Großteil der Herero gelang am 12.8. der Ausbruch. Ohne Wasser- und Lebensmittelvorräte versuchten sie durch die wasserlose Region Omaheke auf britisches Gebiet (Betschuanaland) zu entkommen. Die Mehrheit verdurstete und verhungerte. Nur wenigen gelang es jedoch, die Wüste auch zu durchqueren. Die Schutztruppe versperrte die Rückkehr und jagte mit einzelnen Patrouillen die Überlebenden, die entweder sofort umgebracht oder als Zwangsarbeiter verschleppt wurden.

                                Das deutsche Generalsstabswerk schrieb über die Situation vor
                                dem Ausbruch:
                                Sollten die Hereros indessen versuchen, hier durchzubrechen, so müsste ein solcher Ausgang der deutschen Führung um so erwünschter sein, als dann der Feind freiwillig in sein Verderben rannte.
                                und später:
                                [quote]Diese kühne Unternehmung zeigt die rücksichtslose Energie der deutschen Führung bei der Verfolgung des geschlagenen Feindes in glänzendem Lichte. Keine Mühen, keine Entbehrungen wurden gescheut, um dem Feinde den letzten Rest seiner Widerstandsfähigkeit zu rauben: wie ein halb zu Tode gehetztes Wild war er von Wasserstelle zu Wasserstelle gescheucht, bis er schließlich willenlos ein Opfer der Natur seines eigenen Landes wurde. Die wasserlose Omaheke sollte vollenden, was die deutschen Waffen begonnen hatten: die Vernichtung des Hererovolkes[/url]
                                Nach der Darstellung des deutschen Generalstabs war es also der Plan die Hereros zu vernichten, in dem sie in die Omaheke gejagt wurden. Es gibt auch (rechte) Historiker, die diese "Omahekelegende" anzweifeln und den Völkermord als normalen Kolonialkrieg rechtfertigen. Es spielt aber eigentlich keine Rolle, ob es geplant war die Hereros in die Omaheke zu treiben und dort verdursten zu lassen oder ob die Hereros verzweifelt in diese flüchteten. Der deutsche Kriegsführung hatte auf jeden Fall die Vernichtung der Hereros als Ziel. Deutlich wird dies in den Äußerungen des deutschen militärischen Oberbefehlshaber von Trotha. Dieser schrieb am 2.10.1904 in einer Proklamation an die Herero:
                                [quote][...]Innerhalb der Deutschen Grenzen wird jeder Herero mit und ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber oder Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück, oder lasse auf sie schießen. Dies sind meine Worte an das Volk der Herero. Der große General des mächtigen Deutschen Kaisers.[/url]
                                In einem Rapport an den Generalstab vom 4. Oktober 1904, der vom Chef des Generalstabes auch gebilligt wurde, formuliert von Trotha sein weiterreichendes Ziel:
                                Meine genaue Kenntnis so vieler zentralafrikanischer Stämme, Bantu und anderer, hat mir überall die überzeugende Notwendigkeit vor Augen geführt, dass sich der Neger keinem Vertrag, sondern nur der rohen Gewalt beugt. Deshalb halte ich es für richtiger, dass die Nation in sich untergeht, und nicht noch unsere Soldaten infiziert und an Wasser und Nahrungsmitteln beeinträchtigt. Außerdem würde irgendeine Milde von meiner Seite von Seiten der Herero nur als Schwäche aufgefasst werden. Sie müssen jetzt im Sandfeld untergehen oder über die Betschuanagrenze zu gehen trachten. Dieser Aufstand ist und bleibt der Anfang eines Rassenkampfes, den ich schon 1897 in meinem Bericht an den Reichskanzler für Ostafrika vorausgesagt habe.
                                Bundesarchiv Potsdam, Akten des Reichskolonialamtes 10.01 2089 Bl. 5/6
                                In Teilen der politischen Führung in Deutschland und Südwestafrika gab es Bedenken wegen von Trothas Vernichtungskrieg. Diese Bedenken waren aber weniger humanitär, sondern ökonomisch. Sie waren der Meinung, dass die Hereros als Arbeitskräfte noch notwendig wären. Nach einer erfolgreichen Intervention beim Kaiser ließ der Reichskanzler Fürst von Bülow General von Trotha in einem Schreiben vom 11. Dezember 1904 anweisen, "Konzentrationslager für die einstweilige Unterbringung und Unterhaltung der Reste des Hererovolkes" einzurichten. Die Überlebenden wurden in Konzentrationslagern an der kalten und feuchten Atlantikküste interniert, wo sie zu Tausenden starben. 1906 lebten von den in früheren Jahren auf etwa 80000 geschätzten Herero noch etwas 15000. Etwa 80% der Hererobevölkerung fielen der deutschen Kriegführung zum Opfer. Dies ist die Bilanz des ersten deutschen Vernichtungskrieges.

                                1907 wurde General von Trotha durch Gouverneur Friedrich von Lindequist ersetzt. Dieser ließ im Frühjahr 1908 die letzten Konzentrationslager öffnen und legte mit einer neuen "Eingeborenenverordnung" die Zukunft der Herero fest. Die Rindernomaden sollten in eine anonyme Masse von "freien Lohnarbeitern" verwandelt werden. Dafür wurden ihnen systematisch die Rechte geraubt. Der afrikanischen Bevölkerung wurden Reservate aufgrund ihrer "Stammeszugehörigkeit" zugewiesen - gerade einmal 60000 qkm von 835000 qkm Landesfläche. Den Hereros wurde der Besitz von Land und Vieh, sowie die gemeinsame Ansiedlung von mehr als zehn Familien verboten. Kriegsgefangenen Herero wurden zur Zwangsarbeit gezwungen, wobei die OMEG, ein Kupferbergbaukonzern, gegenüber anderen Unternehmen bevorzugt wurde. Anfang April 1906 standen 900 Männer, 700 Frauen und 620 Kinder als Zwangsarbeiter im Dienst der OMEG. Insgesamt waren die Arbeitsbedingungen katastrophal. Z.B. auf den Diamantfeldern bei Lüderitzbucht gab es eine jährliche Sterberate von durchschnittlich 15 Prozent, in einzelnen Fällen sogar bis zu 50 und 70 Prozent.

                                Angesichts der Brutalität der Deutschen schlossen sich die Hottentoten unter Hendrik Witbooi am 3.10.1904 auch zum Aufstand, nach dem sie anfangs noch Truppen den Deutschen zur Verfügung stellten. Der neue Krieg im Süden unterscheidet sich ganz wesentlich von dem Krieg im Norden. Während die Hereros sich immer wieder den Deutschen stellten und schließlich in der entscheidenden Schlacht am Waterberg vernichtend geschlagen wurden, stellen sich die Nama-Truppen im Süden nicht zu einem entscheidenden Gefecht, sondern verwickeln die Deutschen in einen endlosen Kleinkrieg mit über 200 Gefechten, wurden aber letztendlich auch geschlagen.

                                In Deutschland gab es gegen die Kolonialpolitik hauptsächlich Widerstand von Seiten des Zentrums und der SPD. August Bebel, der Vorsitzende der damals noch marxistischen SPD, verurteilte in einer Rede im Reichstag den Vernichtungskrieg gegen die Hereros:
                                Meine Herren, dieser Krieg ist auch von unserer Seite mit großer Rücksichtslosigkeit geführt worden. Es ist erklärt worden, die Eingeboren müßten vernichtet werden - nicht nur die waffentragenden Männer, auch Frauen und Kinder. [...] Nun sagt man - 'Ja, aber die Greueltaten der Eingeborenen!' - Diese Greueltaten leugnet niemand. Aber erst durch die Greueltaten von unserer Seite [...] ist das Volk der Eingeborenen zum Äußersten getrieben worden und hat seinerseits mit Greueltaten geantwortet! [...] Wenn es einmal vor der Geschichte ein Abwägen von Schuld und weniger Schuld gibt, dann kann es keinen Zweifel bestehen, daß das größere Maß Schuld auf unserer Seite ist. [...] Die gewaltigen Mittel, die das Reich bisher nach den Kolonien geworfen hat, sind in Wahrheit ausschließlich den großkapitalistischen Gesellschaften zugute gekommen, die dort Profite machen wollen.
                                Im Schatten des Nationalsozialismus und unter betreiben reaktionärer Kolonialromantiker ist der Völkermord an den Herero in Deutschland lange Zeit fast vollständig in Vergessenheit geraten. Zum Jahrestag ist er momentan wieder in den Medien, da nach jahrelangen Bemühungen um eine offizielle deutsche Entschuldigung und Wiedergutmachung die Herero nunmehr ihre Rechte einklagen wollen. Verklagt wurdenvor einem amerikanischem Gericht sowohl die deutsche Regierung (die Klage ist im Moment allerdings ausgesetzt) als auch drei deutsche, früher in Südwest-Afrika engagierte, Firmen, allen voran die Deutsche Bank. Die Bundesrepublik weist die Forderungen der Herero seit jeher zurück - zu mehr als der Anerkennung einer "besonderen Beziehung aufgrund unserer Verantwortung für die Kolonialgeschichte" (Außenminister Fischer) und dem Verweis auf besonders hohe Entwicklungshilfe hat es bisher nicht gereicht. Eine offizielle Entschuldigung - wie in den Fällen Polens, Russlands oder Israels geschehen - wird mit der Begründung verweigert, diese könnte "entschädigungsrelevant" werden. Der Eindruck drängt sich auf, die Wiedergutmachungsbereitschaft könnte abhängig von der Prominenz und Organisation der jeweiligen Opfergruppe sein.

                                (von max, letzter Absatz von Jack Crow)

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