Höflickeitsfloskeln in der deutschen Sprache - SciFi-Forum

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Höflickeitsfloskeln in der deutschen Sprache

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    #46
    vor allem wird dadurch das (gesellschaftliche) grundproblem ja nicht gelöst...
    Sie lassen sich auch nicht alleine dadurch beseitigen, dass ich nicht mehr zu jemandem auf der Straße "Nigger" sagen darf.
    Aber nur, weil wir noch keine tatsächliche "Gleichberechtigung" o.ä. haben, können wir doch nicht sagen, "weil das noch nicht der Fall ist, ist alles was wir bis dann sagen oder tun noch völlig egal."

    Zitat von Sandswind
    Wenn man aber "Studenten" sagt und damit die Gesamtheit aller Studenten und Studentinnen meint, frage ich mich, wo die Beleidigung oder Nichtanerkennung der Leistung der Frauen liegt. ...
    Nur wenn du dir mal den Ursprung des Wortes und frühere Situationen betrachtest, wird doch klar, warum von "Studenten" die Rede ist: Weil Frauen früher überhaupt nicht studiert haben bzw. es nicht konnten. Da war natürlich auch nur ein Wort nötig, dass studierende Männer berücksichtigt.
    Und wenn man dann zu einer jungen Frau, die studiert, heutzutage "Studentin" sagt (was folgerichtig ist, schließlich bezeichnet man eine Frau, die an einer Supermarkt-Kasse arbeitet, auch als "Kassiererin", und nicht etwa als "Kassierer", weil es unnötig oder zu kompliziert sei, eine weibliche Bezeichnung einzuführen), ist es nur konsequent, dann auch bei der Gesamtheit all derer, die an einer Uni studieren, von "Studenten und Studentinnen" zu reden.

    Man muß nicht unbedingt aus Prinzip auf Gleichberechtigung pochen (der Verdacht liegt bei sowas schon mal nahe), wo es nur um Einfachheit ging. Genau die geht oft verloren bei "Studenten und Studentinnen" oder "StudentInnen" - vom meistens unzutreffenden "Studierende" mal ganz zu schweigen.
    Willst du jetzt ernsthaft behaupten, dass du dir diese Formulierung nicht einprägen kannst? Wenn in einem Kindergarten "Jungen und Mädchen" anzutreffen sind, schreien doch auch nicht deren Erzieherinnen auf und sagen, "Verdammt, zwei Wörter! Können wir da nicht einfach eins von weglassen?"

    Und was ist bitte an dem Wort "Studierende" "unzutreffend"? Warum ist dann auf ähnliche Weise von "Gästen", die in Hotels wohnen, die Rede, von "Besuchern" eines Konzerts, von "Arbeitslosen", oder (vgl. oben) von "Kindern"?
    Es soll ja Gerüchten zufolge auch noch Substantive geben, die nicht männlich oder weiblich sind.

    Viele Frauen sprechen ganz unverkrampft von "den Studenten" und schließen sich selbst mit ein.
    Mag ja sein. Aber nur weil es x Frauen gibt, denen das egal ist, heißt das doch nicht, dass die damit entschieden haben, dass es allen anderen Frauen damit auch gefälligst egal zu sein hat, und dadurch werden doch auch nicht alle Frauen, denen es offensichtlich nicht egal ist, automatisch irrelevant.

    Zitat von xion
    Man schafft eine Hierarchie, da liegst du im Irrtum; eher ist es eine persönliche Empfindung einer solchen, dass heißt aber nicht dass dem so ist.
    Man schafft keine Hierarchie; da hast du Recht, nur nur weil man sie nicht schafft, heißt das nicht, dass sie nicht da ist. Natürlich schaffe ich nicht alleine dadurch eine Hierarchie, dass ich "Herr Professor XY" sage, und ich schaffe sie auch nicht etwa dadurch ab, dass ich das Wort "Professor" bei der Anrede weglasse.
    Es ist nur de facto so, dass ein Professor an einer Uni zu einem Studenten in irgendeinem hierarchischen Verhältnis steht. Und wenn ich dann irgendwann zur Diplomprüfung komme und einen Prüfer mit den Worten "Ach, Manfred, da bist du ja, lass uns loslegen!" begrüße, verkenne ich doch die Situation -- denn dieser Manfred ist eben nicht irgendwie auf einer Stufe mit mir, und wenn ich da alles Formale weglasse, unternehme ich nur einen kindischen Versuch, so zu tun, als wäre es so, obwohl ich weiß, dass es nicht so ist.

    Es bringt auch meiner Meinung nach wenig, immer zu weinen, dass es "Hierarchien" im Leben gibt. Man wird auch hinter einer roten Verkehrsampel nicht verhindern können, dass es eine Hierarchie gibt; dass nämlich der Erste, der vor der Ampel steht, auch als Erster wieder fahren darf, wenn sie grün wird. Und nicht elf Autos nebeneinander auf einer fünfzig Meter breiten Straße stehen.

    Und nur, weil man mehr oder weniger oft Leuten begegnet, die sich einem gegenüber unsympathisch verhalten, hat das nicht notwendigerweise immer was mit Hierarchie oder der angeblichen "Evilness" von Hierarchie zu tun. Ich begegne jedenfalls genügend Leuten im Alltag, die weiß Gott nicht hierarchisch über mir stehen und sich trotzdem mir gegenüber unfreundlich oder dumm verhalten können.

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      #47
      Zitat von Agent D
      Und was ist bitte an dem Wort "Studierende" "unzutreffend"? Warum ist dann auf ähnliche Weise von "Gästen", die in Hotels wohnen, die Rede, von "Besuchern" eines Konzerts, von "Arbeitslosen", oder (vgl. oben) von "Kindern"?
      Es soll ja Gerüchten zufolge auch noch Substantive geben, die nicht männlich oder weiblich sind.
      Aha... Studenten ist als männlich, Arbeitslosen, Besuchern und Studierende nicht? Das sind alles maskuline Wortendungen. Nur mockiert sich da offenbar niemand darüber. Es müsste völlig korrekt nämlich "die Arbeitslosen und Arbeitslosinnen", "die Besucher und Besucherinnen", usw. heißen.

      "Studierende" ist eigentlich auch gar kein Substantiv, sondern man verwendet hier heuchlischerweise ein substantiviertes Adjektiv, da Adjektive in der Regel geschlechtsneutral ist. Aber eigentlich ist das nur eins: affig.

      Wo ist das Problem dabei, dass sich unsere Sprache nunmal so entwickelt hat, dass die meisten Pluralformen sich von maskulinen Stammformen ableiten. Im Englischen ist es ja eigentlich genauso und da regt sich keiner auf, obwohl gerade die Amerikaner doch für ihre übertriebene Political Correctness bekannt sind.

      Natürlich sollte man eine Frau direkt mit "Studentin", "Lehrerin", "Bundeskanzlerin", etc. anreden, aber künstliche Pluralformen einzuführen, um eine Gleichberechtigung zu gaukeln, die durch diese Wörter nicht geschaffen wird, ist IMO absolut fehl am Platze.
      Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
      Makes perfect sense.

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        #48
        Noch viel schlimmer als der Verlust von "Höflichkeitsfloskeln" wiegt für mich der Abgang von wirklicher Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Rücksicht auf Andere. Das fängt bei solchen Kleinigkeiten an, wie dass Alten und Kranken immer seltener ein Sitzplatz in der Straßenbahn angeboten oder dass man im Geschäft nach Abschluss des Kaufvertrages seinen Kram nicht mal in Ruhe zusammenpacken kann (weil schon der nächste Kunde bedient wird) usw.
        Höflichkeit wird dabei tendenziell zu einem Instrument, um sich gewisse Vorteile zu verschaffen (z.B. um den Erwerb eines bestimmten Objekts zu forcieren).

        Ich denke, dass es wichtiger ist, darüber zu diskutieren, wie wir wieder zu einer inneren Haltung der Wahrhaftigkeit und Güte gelangen können, als über irgendwelche Förmlichkeiten.
        Mein Profil bei Last-FM:
        http://www.last.fm/user/LARG0/

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          #49
          Guten Abend die Herren und Damen der Disktutierkunst,

          es ist schön zu lesen das sich heute noch Menschen mit dem Thema der Höflichkeit und Toleranz auseinandersetzen...ich habe da vor kurzem etwas erlebt was ich hier als zwar veraltet darstellt aber mir nie in Vergessenheit geraten wird...

          Ich laufe mit einem recht schnellen Schritt zum Bahnhof auf einer engen Stelle zwischen zwei Baustellen, mir kommt ein Rentner entgegen und ich biete ihm den Weg, doch er sagt: "Ich bitte Sie, sie kommen von der Arbeit (ich hatte hier wie jeden Tag meinen Anzug an) gehen Sie bitte..."

          Ein wie gesagt überspitzer alter Brauch, aber ich muss sagen mir gefällt diese Art der Kommunikation der Altersklassen, ich muss dazu sagen ich bin 21 und habe mich seit einem Jahr mit alten Floskeln und Verhaltensregeln auseinandergesetzt und rede inzwischen schon fast so, das man wie meine Freunde sagen "erst 4 dann 40" "beschreiben".

          Zum Thema "mein Fräulein" kann ich nur sagen das hier eventuell ein Ersatz "junge Dame/Herr" gebräuchlich sein könnte. Genauso wie "Wie jung sind Sie?" auch wenn sich das "Wie ALT sind sie?" eingebürgert hat finde ich das Wort ALT als etwas deplaziert.

          Wünsche noch ein angenehmes Wochenende
          Greez Sven

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            #50
            Das "Wie jung sind sie?" finde ich ja fast das lächerlichste im gesamten Neudeutsch. Schließlich heisst es Alter und Nicht Junger, wenn es um meine Lebenszeit geht. Und man wird schließlich immer älter und nicht jünger. Aber wer so einen Euphemismus nötig hat, bitte... Man sollte sich aber mal vor Augen führen, dass die Falten durch die Aussage "Ich bin 35 Jahre jung." auch nicht verschwinden.
            Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
            Makes perfect sense.

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              #51
              deswegen gibt es ja auch dieses so gern benutze ich bin 21+ oder 30+, liegt ja schlieslich im auge des betrachters

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                #52
                Zitat von Harmakhis
                Aha... Studenten ist als männlich, Arbeitslosen, Besuchern und Studierende nicht? ...
                Das habe ich nach meinem Eindruck mit meinem Posting nicht so dargestellt...
                Das Beispiel mit den Besuchern war ungeschickt gewählt; da wird in der Tat wie du schreibst zwischen Besucherinnen und Besuchern differenziert. Allerdings sagt niemand z.B. in einem Hotel "Gästinnen und Gäste" (deswegen greifst du das Beispiel wahrscheinlich auch nicht auf ), und es "müsste" auch niemand "völlig korrekt" von "Arbeitslosen und Arbeitslosinnen" sprechen. Ob der Singular des Wortes "Arbeitsloser" weiblich oder männlich ist, hängt vom Artikel ab.
                Beispiel: "Der Arbeitslose Christoph Schmidt", "Die Arbeitslose Jana Müller" (und eben nicht "Die Arbeitslosin Jana Müller")
                Im Plural heißt es demnach für beide: "Die Arbeitslosen Christoph Schmidt und Jana Müller"
                Da drängte sich ja im Übrigen der Verdacht auf, dass es sich hierbei auch um ein substantiviertes Adjektiv handelt. Womit wir es nach deiner Logik auch abschaffen müssten, wenn du die Verwendung substantivierter Adjektive heuchlerisch und affig findest...

                Zitat von Harmakhis
                Natürlich sollte man eine Frau direkt mit "Studentin", "Lehrerin", "Bundeskanzlerin" etc. anreden,...
                Dann ist es aber doch nicht folgerichtig, zu behaupten, der einzig mögliche Plural für die beiden Worte "Student" und "Studentin" sei dann das Wort "Studenten". Der Plural von "Studentin" ist nämlich ein anderer.

                "Studierende" ist dann nichts Anderes als ein Äquivalent zu einem Begriff wie "Arbeitslose": ein Wort, das beide möglichen Geschlechter beinhaltet (denn auch hier lässt sich wieder sagen: "Der Studierende xy", "Die Studierende xy"), und außerdem kürzer ist, als "Studentinnen und Studenten" zu sagen (wo man dann wieder noch überlegen "müsste": "Welches der beiden Worte sage ich denn jetzt geschickterweise zuerst?").

                Zitat von Harmakhis
                ... aber künstliche Pluralformen einzuführen, um eine Gleichberechtigung zu gaukeln, die durch diese Wörter nicht geschaffen wird, ist IMO absolut fehl am Platze.
                Durch solche Wörter alleine kann doch auch nicht Gleichberechtigung "geschaffen" werden (s.o.). Aber sie wird meiner Ansicht nach gar nicht erst möglich, wenn die Leute schon aufheulen, wenn es nur darum geht, durch ein neues oder anderes Wort das sprachlich umzusetzen, was längst Realität geworden ist -- dass eben nicht mehr nur Männer an Universitäten studieren. Gerade das wird bzw. würde durch die weitere alleinige Verwendung der Begriffe "Student" und "Studenten" aber weiterhin suggeriert.

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                  #53
                  Zitat von Agent D
                  Durch solche Wörter alleine kann doch auch nicht Gleichberechtigung "geschaffen" werden (s.o.). Aber sie wird meiner Ansicht nach gar nicht erst möglich, wenn die Leute schon aufheulen, wenn es nur darum geht, durch ein neues oder anderes Wort das sprachlich umzusetzen, was längst Realität geworden ist -- dass eben nicht mehr nur Männer an Universitäten studieren. Gerade das wird bzw. würde durch die weitere alleinige Verwendung der Begriffe "Student" und "Studenten" aber weiterhin suggeriert.
                  Warum muß man eigentlich immer Angst vor solchen angeblichen Suggestionen haben? Wenn es doch jedem bewußt ist, daß Frauen mittlerweile sogar die Mehrheit an den Unis stellen - warum muß man das dann unbedingt durch künstliche Sprachumformung untermauern? Ich finde die Tatsachen wesentlich wichtiger, da wird meines Erachtens eine reine Scheindebatte auf dem Buckel der Sprache geführt.

                  Damit unterstellst Du ja eigentlich (unbewußt?) jedem, der sich gegen diese Form der Sprachgestaltung wehrt, daß er indirekt die Gleichberechtigung von Frauen mitverhindert. Ich glaube eigentlich nicht, daß jemand ernsthaft in Frage stellen würde, daß Frauen genauso gut studieren und dazu auch das gleiche Recht haben etc. Wie Du ja selbst einräumst - faktisch bestehende Diskriminierungen werden durch solche Sprachungetüme nicht abgebaut.
                  Es hat schon immer Science-fiction gegeben - die Wettervorhersage im Fernsehen.
                  -Peter Ustinov

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                    #54
                    Klar kommen wir nicht dadurch weiter, dass sich jeder nur in seinem Zimmer einschließt und stundenlang über Sprache grübelt. Aber nur, weil Sprache nicht alles ist, ist sie auch nicht nichts.

                    Durch Sprache allein kann keine Realität geschaffen werden; Sprache kann immer nur Realität auf irgendeine Weise abbilden bzw. wiedergeben. (Deswegen auch meine Behauptung: "Durch Worte alleine kann doch auch nicht Gleichberechtigung geschaffen werden.")

                    Beispiel: Alleine durch die Aussage "Ich bin Millionär und vor meinem Haus steht ein BMW Z3" wird nichts, was Inhalt dieser Aussage ist, dadurch (quasi "automatisch") real.

                    Also gibt es auch nicht einfach "Gleichberechtigung" dadurch, dass jemand sagt, "Wir reden jetzt von Studenten und Studentinnen" oder "Gleichberechtigung ist sehr wichtig". Es wird auch nicht nur dadurch keine Diskriminierungen mehr geben, dass jemand sagt, "Es gibt keine Diskriminierungen."

                    Nur wenn, wie du es beschreibst, die Realität die ist, dass Frauen genauso gut studieren usw., und dass das noch nicht mal mehr jemand ernsthaft in Frage stellt, frage ich mich: Wenn das jeder akzeptiert hat, warum wehren sich dann so scheinbar viele Leute gegen den Versuch, diese Tatsachen auch sprachlich zu reflektieren? Zumal sie ja eben nicht erst durch ein neues Wort "geschaffen" werden müssen, sondern es lediglich darum geht, ein passenderes Wort zu finden, das alles beschreibt, was ohnehin mittlerweile schon Fakt ist.
                    Wieso müssen oder sollten wir dann weiterhin sprachlich so tun, als sei etwas Anderes als das, wovon wir "wissen", dass es so ist, real?

                    Zitat von Sandswind
                    Damit unterstellst Du ja eigentlich (unbewußt?) jedem, der sich gegen diese Form der Sprachgestaltung wehrt, daß er indirekt die Gleichberechtigung von Frauen mitverhindert. ...
                    Ja, das unterstelle ich durchaus, weil ich denke: Wenn diese Leute jetzt schon aufheulen, wo es nur darum geht, ein Gleichberechtigung gar nicht mal erschaffendes, vorweg nehmendes oder ersetzendes Wort zu entwerfen, kann ich dann vollmundig davon ausgehen, wenn dann Leute später kommen und die tatsächliche Gleichberechtigung, Antidiskriminierung oder was auch immer fordern, stünden diese Kritiker alle auf und riefen "Endlich! Wir wollten zwar schon nicht, dass Gleichberechtigung überhaupt sprachlich abbildbar wird, aber jetzt, wo es ums Handeln geht, sind wir natürlich dafür"?

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                      #55
                      Zitat von Agent D
                      Wieso müssen oder sollten wir dann weiterhin sprachlich so tun, als sei etwas Anderes als das, wovon wir "wissen", dass es so ist, real?
                      Ich wehre mich doch nicht gegen die Abbildung der Realität in unserer Sprache, sondern gegen die aufgezwungene Veränderung selbiger durch irgendwelche Gutmenschen. Es ist nunmal in meinen Augen völlig unerheblich, ob die Stammpluralform männlich oder weiblich war. Im Deutschen bezeichnet sie beides. So wie es im Englischen keinen Unterschied zwischen weibliche und männlicher Pluralform gibt.
                      Ich weiß auch so, dass ich eine Minderheit an meiner Uni bin. Das sehe ich jeden Tag. Da muss ich nicht auch noch gewaltsam Wortstrukturen ändern, die sich über Jahrhunderte entwickelt haben und die uns u.a. daran erinnern, was in dieser Gesellschaft mal im Argen lag, was ja auch positiv sein kann.

                      Und deine "Unterstellung"... naja, sie ist eine Unterstellung, deren argumentativer Unterbau mehr als dürftig ist. Worte sind Schall und Rauch. Ich kann wie unsere Politiker den lieben langen Tag von Gleichberechtigung reden, immer schön das "-innen" dranhängen und gebetsmühlenartig runterbeten, wie sehr ich doch auf der Seite der Frauen stehe. Passieren tut trotzdem nichts. Die Taten von Menschen sind zu bewerten und nicht was sie sagen, vor allem wenn sie Worte verwenden, deren Ursprung um einiges älter ist, als sie selber.

                      Wäre übrigens mal interessant: ich kenne mehr als genug Kommilitoninnen, die selber nur das Wort "Studenten" verwenden. Sind das jetzt irgendwie Chauvinsten im falschen Körper? Verräter an der großen Sachen der Gleichbereichtigung?

                      Interessant finde ich da irgendwie auch die persönliche Erfahrung mit meiner Tante. Diese ist beim DGB Bayern u.a. für die Frauenpolitik zuständig, redet aber selber sehr häufig von "Journalisten", "Experten", "Politikern", usw. Zwar nicht ausschließlich, aber auch nicht zwingend von "-Innen". Da muss sie bei ihrer inzwischen 17jährigen Arbeit für die Rechte der Frauen in Betrieben, etc. ganz schön was falsch gemacht haben.

                      Fazit: es ist einfach lächerlich, nur weil sie jemand die gewaltsame Veränderung seiner Muttersprache wehrt, ihm zu Unterstellen, er wäre gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Das Weglassen von "-Innen" macht einen nicht gleich zum Chauvinsten, Macho und Frauenunterdrücker. Vielleicht hat mans einfach nur gerne unkompliziert... und sowieso denke ich ja irgendwo, dass es bezeichnend ist, dass es meinstens Männer sind, die anderen Männer vorwerfen sie würden sich gegen die Gleichberechtigung stellen. Frauen sehen das selber nie so verbissen. Vielleicht weil sie wissen, dass das ein unerhebliches Detail ist und sie sowieso schon die Nase vorne haben. Zumindest im akademischen Sektor.
                      Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
                      Makes perfect sense.

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                        #56
                        Ich kann mich im Großen und Ganze nur Harmakhis anschließen, wobei ich das an meiner Uni (zumindest an meinem Fachbereich) eher anders einschätze. Da fühlte sich bisher keine Frau durch den Ausdruck "Studenten" diskriminiert.

                        Entscheidend ist für mich aber eben, daß Frauen tatsächlich gleichberechtigt sind, nicht pro forma auf sprachlichem Sektor. Es hat über fünzig Jahre gedauert, bis eine Bundeskanzlerin denkbar war, aber seit über zwanzig Jahren quält man sich mit solchen Formulierungen rum. Was ist denn da wichtiger?

                        Zitat von Agent D
                        Klar kommen wir nicht dadurch weiter, dass sich jeder nur in seinem Zimmer einschließt und stundenlang über Sprache grübelt. Aber nur, weil Sprache nicht alles ist, ist sie auch nicht nichts.
                        Genau deswegen, weil die Sprache einen Wert an sich hat, sollte man bei bewußten Eingriffen und Umformungen vorsichtig sein. Als abschreckendes Beispiel kann die Rechtschreibreform gelten, die auch einen solchen Eingriff darstellt. Da wurde auch versucht, künstlich zu reglementieren, Normen zu setzen und (wenn man die Entstehungsgeschichte kennt) "political correctness" walten zu lassen. Zu was das geführt hat, ist bekannt.

                        Zitat von Agent D
                        Wieso müssen oder sollten wir dann weiterhin sprachlich so tun, als sei etwas Anderes als das, wovon wir "wissen", dass es so ist, real?
                        Tun wir nicht. Nur weil der Wortstamm nominell nicht auch Frauen mitumfaßt, heißt das doch nicht, daß sie nicht gemeint sind. Das habe ich nie verstanden. Das ist eine Eigenschaft der Sprache, nicht (mehr) eine politische oder gar diskriminierende Wertung.

                        Zitat von Agent D
                        Ja, das unterstelle ich durchaus, weil ich denke: Wenn diese Leute jetzt schon aufheulen, wo es nur darum geht, ein Gleichberechtigung gar nicht mal erschaffendes, vorweg nehmendes oder ersetzendes Wort zu entwerfen, kann ich dann vollmundig davon ausgehen, wenn dann Leute später kommen und die tatsächliche Gleichberechtigung, Antidiskriminierung oder was auch immer fordern, stünden diese Kritiker alle auf und riefen "Endlich! Wir wollten zwar schon nicht, dass Gleichberechtigung überhaupt sprachlich abbildbar wird, aber jetzt, wo es ums Handeln geht, sind wir natürlich dafür"?
                        Wie Harmakhis schon sagte: Mir sind die realen Errungenschaften viel lieber, als Lippenbekenntnisse. Du sprichst jedem, der diese Wortungetüme nicht benutzt ab, daß er sich folgerichtig auch nicht für reale Gleichberechtigung einsetzt - warum? Das ist ein Schluß, der durch nichts belegt ist.
                        Es hat schon immer Science-fiction gegeben - die Wettervorhersage im Fernsehen.
                        -Peter Ustinov

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                          #57
                          Zum Thema Höflichkeitsfloskeln meine persönliche Erfahrung:

                          Nennt mich kleinlich aber ich finde es immmer wieder schaurig wenn ich bei einem deutschen Unternehmen anrufe (letztens bei bürostuhl.de) und nach vollendeten Gespräch die Person den Dialog mit Tschüss beendet. In Österreich sage ich tschüss nur zu Freunden und sicher nicht zu wildfremden Kunden oder Personen welche ich nicht kenne. Und das ist eher die Regel als die Ausnahme.

                          Fräulein ist zumindest in Wien noch sehr gebräuchlich und ich finde auch nichts schlimmes daran. Gnädige Frau dagegen ist eher ein Klischee aus alten österreichischen Filmen. Nur noch Leute aus den 30er, oder 40er vewenden solche Ausdrücke. (und das mit Recht)

                          Einen Doktor oder Professor spreche ich natürlich mit seinem Titel an, da er sich jenen ja grundsätzlich auch verdient hat und man auch sehr schnell unten durch wäre würde man es im Gym oder auf der Uni nicht auch so handhaben. Am lächerlichsten finde ich es nur beim Bundesheer. Die Phrasen welche man loslassen muss, wenn man nur einer (vorgesetzten) Person einen Zettel in die Hand drücken will, ist grotesk (Herr Major Rekrut xy meldet sich mit diesem Schriftstück ). Obwohl militärische Disziplin nichts mit Höflichkeitsfloskeln zutun hat.

                          Mein Fazit:

                          Höflichkeit schmerzt nicht und man vergibt sich sicher nichts wenn man zu seinen Mitmenschen höflich ist.
                          <<I brought back a little surprise for the Dominion.>> (Benjamin Sisko)

                          Die Erde ist das einzige Irrenhaus, das von seinen Insassen verwaltet wird.
                          (René Wehle)

                          Kommentar


                            #58
                            Tschüss ist unhöflich in Österreich? Wusste ich auch noch nicht. OK, bei einem Telefonat könnte man auch "aufwiederhören" sagen, aber ich würde Tschüss nicht als unhöflich ansehen. Also bei uns (lebe in Westdeutschland bzw. NRW falls das dir ein Begriff ist), da sage ich Tschüss nicht nur zu Freunden sondern auch zu Verkäufern in Geschäften und die wiederum zu mir.
                            Aber mag sein, dass es da auch Unterschiede zwischen dem Bereich in Norddeutschland und dem in Österreich und vermutlich auch Süddeutschland.
                            Also Fräulein höre ich bei uns eigentlich recht selten. Das wird vielleicht mal benutzt um jemand zu ärgern oder von älteren Leuten.

                            Ich habe mal, ich glaube von meinen Eltern, gehört, dass die Begrüßung Hallo als unhöflich bzw. als sehr umgangssprachlich galt und bei einigen älteren Leute gilt das wohl immer noch, aber im Alltag benutze ich Hallo mehr als Guten Tag/ Morgen / Abend oder andere Anredeformen.

                            Das mit den Amtstiteln ist wohl in Deutschland auch anders als in Österreich. Meistens spricht man bei Leuten eher von Herrn soundso oder Frau soundso. Bei Ärzten spricht man gerne von Herrn oder Frau Doktor aber meistens schmeißt man nicht so mit den Titeln umher. Dann nur wenn es sehr offiziell ist.
                            Bei uns in den Medien ist es auch so, dass die ganzen akademischen Titel unser Politiker weggelassen werden. Habe im Fernsehen noch nicht erlebt, dass von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel gesprochen wurde.

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                              #59
                              Zitat von Geordie
                              Tschüss ist unhöflich in Österreich? Wusste ich auch noch nicht. OK, bei einem Telefonat könnte man auch "aufwiederhören" sagen, aber ich würde Tschüss nicht als unhöflich ansehen. Also bei uns (lebe in Westdeutschland bzw. NRW falls das dir ein Begriff ist), da sage ich Tschüss nicht nur zu Freunden sondern auch zu Verkäufern in Geschäften und die wiederum zu mir.
                              Bei uns gilt tschüss als ziemlich unhöflich! Ist in Österreich eine sehr persönliche Verabschiedung. (kommt, wie gesagt, eigentlich nur unter Freunden, Verwandten und Bekannten vor!) "Wiederhören" ist bei uns die häufigste Verabschiedungsfloskel am Telefon.

                              Ich habe mal, ich glaube von meinen Eltern, gehört, dass die Begrüßung Hallo als unhöflich bzw. als sehr umgangssprachlich galt und bei einigen älteren Leute gilt das wohl immer noch, aber im Alltag benutze ich Hallo mehr als Guten Tag/ Morgen / Abend oder andere Anredeformen.
                              Also bei uns ist das gute alte "grüß Gott" noch immer in Mode! "Guten Tag" sage ich sehr selten und man hört es IMHO auch seltener. Glaube mir wenn du in ein Geschäft in Ostösterreich gehst (für den Westen und Süden kann ich nicht sprechen, dass müssten z.B.: Tiroler(innen) bzw. Kärtner(innen) beantworten) und "Hallo" sagst, dass dich da jeder dumm ansieht. "Hallo" und "Tschüss" sind bei uns nur Freunden etc.. vorbehalten und gelten ansonsten in Österreich als sehr unhöflich! Umgangssprache wäre bei uns "Servus/Servas" etc... .

                              Aber andere Länder andere Sitten. Ich fühlte mich anfangs eben ziemlich verarscht als wildfremde Personen "Hallo" oder "Tschüss" zu mir sagten!
                              <<I brought back a little surprise for the Dominion.>> (Benjamin Sisko)

                              Die Erde ist das einzige Irrenhaus, das von seinen Insassen verwaltet wird.
                              (René Wehle)

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                                Nennt mich kleinlich aber ich finde es immmer wieder schaurig wenn ich bei einem deutschen Unternehmen anrufe (letztens bei bürostuhl.de) und nach vollendeten Gespräch die Person den Dialog mit Tschüss beendet. In Österreich sage ich tschüss nur zu Freunden und sicher nicht zu wildfremden Kunden oder Personen welche ich nicht kenne. Und das ist eher die Regel als die Ausnahme.
                                Das ist halt der Unterschied in der Mentalität. Die Firma, von der du redest sitzt offenbar in Dresden und sorry - da wundert mich nichts mehr. In Sachsen sind die Leute nunmal offener und auch persönlicher. Insgesamt geht man in den neuen Bundesländern schneller zu persönlichen Anreden und Redeverhalten über, als im Rest von Deutschland. Das ist einfach Teil der Kultur. So wie du in Irland in jeden Pub aufm Land gehen kannst und die Leute dich mehr oder weniger gleich in ihr Herz schließen.

                                Was man als unhöflich empfindest hängt einfach im starken Maße von der Kultur ab in der man aufgewachsen ist und die ist in Deutschland nunmal sehr verschieden. Die Österreicher, Bayern und Schwaben sind da sicherlich "traditionsbewusster", als die "Ossis" oder die Norddeutschen. Da darf man IMO niemanden mangelnde Höflichkeit vorwerfen, wer der aus einem Umfeld kommt, wo das eben lockerer gehandhabt wird. Man kann IMO nicht verlangen, dass die Leute auf die regionalen Eigenarten ihrer Gesprächspartner so extrem Rücksicht nehmen. Und einem Österreicher sieht man nicht unbedingt an, dass er aus Österreich kommt. Stellt euch das mal vor... "Entschuldigen sie, sind sie Österreicherin?" -"Ja, wieso?" "Ach nur so Fräulein, ich will sie nur richtig ansprechen."

                                Hier oben bei mir war das sogar für mich, der eigentlich sehr wenig auf Umgangsformeln gibt, ne Umstellung, dass hier fast jeder jeden mit "Moin" zu jeder Tageszeit grüßt. Auch die Profs etc.
                                Aber ich finde das durchaus besser. Wie gesagt, man kann IMO viel ungezwungener mit Leuten umgehen, wenn sie nicht auf solchen Schmarrn wie "Ein guten Tag sehr geehrter Herr Professor Doktor Müller." Ein "Moin, Herr Müller." ist das schon sehr viel angenehmer. IMO für beide Seiten.
                                Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
                                Makes perfect sense.

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