Türkei: Generelle und tagespolitische Entwicklung - SciFi-Forum

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Türkei: Generelle und tagespolitische Entwicklung

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    #31
    Zitat von Knorke

    Menschenrechte und Demokratie: Dies ist der einzige Bereich der tatsächlich Nachholbedarf zeigt, aber auch nur bei der praktischen Umsetzung. Die rechtlichen Grundlagen sind alle geschaffen. So können auch bald durch die türkische Armee geschädigte Kurden Schadensersatz beantragen, was einer rechtlichen Revolution gleich kommt.
    Man beachte auch, dass das Frauenwahlrecht in der Türkei seit 1935 (je nach Quelle auch 1934) existiert. Zum Vergleich: Französinnen genießen dieses Recht erst seit 1945 (bzw. 1944) und Schweizerinnen des Halbkantons Appenzell-Innerrhoden sogar erst seit 1990. Wie rückständig von diesen frauenunterdrückenden Islamisten, ähm Europäern meine ich
    Wenn man es so betrachtet sind deutsche Frauen auch noch nicht gleichberechtigt. Weil sie weniger Lohn für gleiche Arbeit bekommen.

    Aber dort geht es um schlimmere Sachen. Zwangsverheiratungen, Demütigungen, Steinigungen(Ehebruch) von Frauen usw.Teilweise werden Frauen die sich nicht beugen von der eigenen Familie ermordet. Verschleppungen und Folter durch die Polizei.


    Heute wurden im Fernsehen aktuelle Bilder gezeigt, wo Kurden von der türkischen Polizei brutalst verprügelt wurden.

    Aktuelle Umfragen aus der Bevölkerung zeigen das die meisten Europäer gegen einen EU Beitritt sind. Griechenland hat schon mit einem Veto gedroht.

    Die Union macht das als Wahlkampfthema......

    Kommentar


      #32
      Auch wenn ich in letzter Zeit nicht immer so einig bin mit Joschka Fischers Aussagen (halte ihn für ein wenig zu abgehoben und lehrerhaft), so muss ich ihm in seinen Äußerungen zur Beitrittsdebatte der Türkei zustimmen.

      U.a. erwähnt J.F. die Tatsache, dass wir keine bessere Chance haben als jetzt, in einem Land etwas bewirken zu können, was der Großteil der Bevölkerung tatsächlich dort auch wünscht. Mehr Demokratie, Menschenrechte und eine bessere wirtschaftliche Situation. Tatsächlich ist das wohl eine der wenigen Gründe, warum Erdogan mit seiner Partei überhaupt noch eine Akzeptanz in der Türkei genießt. Ansonsten sieht es nämlich ziemlich mau aus mit seiner Regierung.

      Dann sollte nicht vergessen werden, dass jetzt nicht über den Beitritt entschieden wird, sonder über die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen, welche letztendlich 15 Jahre dauern werden. Hierzu J.F.

      Das wird in 10 bis 15 Jahren der Fall sein, wenn eine beitrittsfähige Türkei Realität geworden ist. Jetzt entscheiden wir über die europäische Perspektive der Türkei und vor allen Dingen über ihre Modernisierung [...]Wir haben jedes Interesse daran, dass wir eine moderne Türkei haben QUELLE
      So sehe ich das auch. Es geht doch wirklich erst einmal darum, diesem Land eine Perspektive zu geben. Warum sollte die Türkei nicht dazu in der Lage sein, die Forderungen der EU zu erfüllen?

      Es stimmt, dass die heutigen Verhältnisse in der Türkei noch nicht ausreichend geändert wurden um einen Beitritt zu rechtfertigen, aber diesem Land vornherein die Türen vor der Nase zu zuknallen würde mit Sicherheit auch unabsehbare Konsequenzen für uns haben.

      Bei den ganzen Dsikussionen um die Rechte der Frauen in der Türkei wird schnell vergessen, dass auch in Deutschland eine nicht kleine Dunkelziffer an misshandelten deutschen Frauen (und Kindern!) existiert. Hinter den Fassaden gut bürgerlichen Lebens finden Dramen statt, die mit der Wahrung von Menschenrechten nichts gemein haben.

      Mit diesem Vergleich soll nicht der Eindruck erweckt werden, es sei alles nicht so schlimm in der Türkei. Ich will einfach damit sagen, dass man auf Augenhöhe mit der Türkei sprechen und verhandeln sollte und auch sollten die imensen Vorteile für alle Beteiligten nicht hinter diesen Debatten ausgeblendet werden.
      "Education is the most powerful weapon which you can use to change the world."Nelson Mandela
      DEUTSCHE AIDS-HILFE-DRK
      ÄRZTE OHNE GRENZEN-AMNESTY INTERNATIONAL DEUTSCHLAND

      Kommentar


        #33
        Zitat von EVENTHORIZON


        So sehe ich das auch. Es geht doch wirklich erst einmal darum, diesem Land eine Perspektive zu geben. Warum sollte die Türkei nicht dazu in der Lage sein, die Forderungen der EU zu erfüllen?
        Ich habe mich ja auch nicht dagegen ausgesprochen. Eine Chance sollen sie bekommen. Es sieht nur sehr schlecht momentan aus. Kann sein es dort in 15 Jahren besser ist.

        Es stimmt, dass die heutigen Verhältnisse in der Türkei noch nicht ausreichend geändert wurden um einen Beitritt zu rechtfertigen, aber diesem Land vornherein die Türen vor der Nase zu zuknallen würde mit Sicherheit auch unabsehbare Konsequenzen für uns haben.
        Naja, die EU existiert auch ohne die Türkei. Klar sind sie wichtiger Handelspartner. Besonders von Deutschland. Vermutlich würde sie sich dann von uns distanzieren.

        Bei den ganzen Dsikussionen um die Rechte der Frauen in der Türkei wird schnell vergessen, dass auch in Deutschland eine nicht kleine Dunkelziffer an misshandelten deutschen Frauen (und Kindern!) existiert. Hinter den Fassaden gut bürgerlichen Lebens finden Dramen statt, die mit der Wahrung von Menschenrechten nichts gemein haben.
        Es gibt überall Gewalt gegen Frauen und Kinder. Nur in der Türkei hat sowas schon Tradition angenommen. Auch die Aktionen von Staatsseite sind immer wieder negativ behaftet. Es werden systematisch Leute aus den Verkehr gezogen. Richtige Meinungsfreiheit gibt es auch noch nicht.

        Mit diesem Vergleich soll nicht der Eindruck erweckt werden, es sei alles nicht so schlimm in der Türkei. Ich will einfach damit sagen, dass man auf Augenhöhe mit der Türkei sprechen und verhandeln sollte und auch sollten die imensen Vorteile für alle Beteiligten nicht hinter diesen Debatten ausgeblendet werden.
        Klar warum nicht. Nur sie müssen einiges tun um den Erwartungen gerecht zu werden. Es braucht nur ein Land der EU dagegen sein um das Ganze platzen zu lassen. Also eine sehr harte Aufgabe.

        Kommentar


          #34
          Zitat von Skymarshall
          Ich habe mich ja auch nicht dagegen ausgesprochen. Eine Chance sollen sie bekommen. Es sieht nur sehr schlecht momentan aus. Kann sein es dort in 15 Jahren besser ist.[...]
          Also 15 Jahre können einiges bewirken und du darfts nicht vergessen, dass dieses Land lange einen Stillstand hatte, wo sämtliche Kritik seitens anderer Länder von der Türkei als Einmischung in interne Angelegenheiten abgewiesen wurden. Dafür finde ich, hat sich in den letzten 5 Jahren einiges getan dort.

          Zitat von Skymarshall
          [...]Naja, die EU existiert auch ohne die Türkei. Klar sind sie wichtiger Handelspartner. Besonders von Deutschland. Vermutlich würde sie sich dann von uns distanzieren.[...]
          Und genau darin sehe ich die Gefahr!
          In den heutigen Zeiten wäre es denkbar ungünstig, wenn sich dieses Land von Europa distanziert. Es gibt genug fundamentale und auch radikale Kräfte in der Türkei, die genau das wollen. Für die Terror-Prävention ist das sicherlich nicht dienlich.

          Zitat von Skymarshall
          [...]Es gibt überall Gewalt gegen Frauen und Kinder. Nur in der Türkei hat sowas schon Tradition angenommen. Auch die Aktionen von Staatsseite sind immer wieder negativ behaftet. Es werden systematisch Leute aus den Verkehr gezogen. Richtige Meinungsfreiheit gibt es auch noch nicht.[...]
          Da hast du Recht.
          Aber umso mehr ein Argument diesem Land eine Chance zu geben, sich friedlich zu reformieren.
          "Education is the most powerful weapon which you can use to change the world."Nelson Mandela
          DEUTSCHE AIDS-HILFE-DRK
          ÄRZTE OHNE GRENZEN-AMNESTY INTERNATIONAL DEUTSCHLAND

          Kommentar


            #35
            Von dem Standpunkt gesehen, das die Türkei entweder zu einem radikalen oder einem westlich orientierten Land wird, ist es schon wichtig das die Türkei zumindest mal Verhandlungen gewährt bekommt.

            Die Türkei könnte die Speerspitze im Kampf gegen den Terror werden. In den letzten Jahren hat sich die Türkei gewaltigen Wandlungen gegenüber gesehen, die sicher noch nicht abgeschlossen sind (sein dürfen). Gerade im Fall der Behandlung von Frauen bzw. von dem Weltbild kann es eine Hilfe sein, dass die Türkei der EU beitritt.

            Bedingung Nr. 1 muss dabei sein, dass die Türkei die Werte der EU anerkennt und danach handelt. Dann wird auf lange sicht 15-25 Jahre sich auch wirklich was ändern. Das sich innerhalb von 5 Jahren viel ändern soll ist ehrlich gesagt unrealistisch!

            Die Frage ist dann, wie das mit der Sprache wird. Hat jemand ne Ahnung wie das zur Zeit in der EU geregelt ist? Ich meine als Europäer kann man ja Arbeiten und leben wo man will in Europa. Gibt es da Beschränkung von seiten der Sprachkenntnisse?

            Auf jeden Fall sollten Verhandlungen begonnen werden, damit die liberalen Kräfte nicht den Boden unter den Füßen verlieren. Diese Verhandlungen werden dann je nach Fortschritt innerhalb der Türkei 10-15 Jahre dauern. Genug Zeit um zu sehen ob sich wirklich was ändert in der Türkei. Sollte es das nicht kann man immer noch sagen, dass die Verhandlungen gescheitert sind.
            Just because it is the truth doesn't mean anyone wants to know about it.
            Alle vier Jahre machen die Wähler ihr Kreuz. Und hinterher müssen sie's dann tragen. - Ingrit Berg-Khoshnavaz
            Statt 'Gier' sagen wir 'Profitmaximierung', und schon wird aus der Sünde eine Tugend. - Ulrich Wickert

            Kommentar


              #36
              Ich denke, man muss endlich eine Antwort finden auf die Frage, was die EU eigentlich sein will.

              Je mehr Mitglieder sie hat, desto schwächer wird sie weltpolitisch - weil sich diese Mitgliedsstaaten aufgrund ihrer Geschichte und eigenen Kultur so sehr unterscheiden, dass sie nicht einfach über ihren Schatten springen und die "Vereinigten Staaten von Europa" bilden können. Je mehr Mitglieder, desto mehr Meinungen, desto weniger Konsens, desto weniger weltpolitisches Gewicht, desto stärkere Stagnation.

              Eine EU ohne weltpolitische Ambitionen nämlich kann die Türkei problemlos aufnehmen: ein riesiger Markt von 70 Millionen (meist jungen) Menschen öffnet sich und bringt neben Exportchancen auch grosse Mengen an billigen Arbeitskräften ins alternde Europa. Die Aufnahme der Türkei könnte auch Signalwirkung haben, denn es wäre ein Beweis, dass es den Europäern mit der Multikulturalität ernst ist, dass sie ihre Gemeinschaft eben NICHT auf Religion und Kultur aufbauen, sondern auf wirtschaftliche Zusammenarbeit und der Sicherung des Lebensstandards. In diesem Sinn könnte die EU dereinst auch andere Mittelmeeranrainer wie Ägypten, Algerien und Marokko aufnehmen und zu einer grossen eurafrasiatischen Freihandelszone werden. Innerhalb dieser EU wären immer noch stark abgestufte, weiter gehende Integrationsmodelle denkbar (wie heute schon existent, siehe Eurozone), also ein "Europa der zwei (drei, vier...) Geschwindigkeiten".

              Hat die EU aber weltpolitische Ambitionen, ist jeder neue Mitgliedstaat einer zuviel. Vor allem die Türkei mit ihrem grossen Militär (das grösste der Nato nach den USA) würden sich bestimmt nicht davon abhalten lassen, ihren eigenen Kurs zu verfolgen.

              In diesem Kontext sollte man vielleicht auch einmal einen Blick auf die geostrategischen Abitionen der USA werfen. Die USA sind an einem weltpolitisch schwachen Europa interessiert, und deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass sie die Integration der Türkei in die EU voran treiben wollen. Gleichzeitig ist aber etwas nicht zwingend schlecht, nur weil die USA es wollen...

              Meiner Meinung nach sollte die EU auf dieses Europa der vielen Geschwindigkeiten zusteuern. Je mehr anliegende Länder durch eine wachsende EU stabilisiert und zu demokratischen / wirtschaftlichen Reformen motiviert werden, desto besser.
              Planeten.ch - Acht und mehr Planeten (neu wieder aktiv!)
              Final-frontier.ch - Kommentare vom Rand des Universums

              Kommentar


                #37
                Nun ich persönlich glaube, dass man der Türkei zwar entgegen kommen sollte, sie aber letztlich wohl doch nichts so ganz als Vollmitglied nach Europa passt.

                Dies hat nichts mit Diskriminierung oder ähnlichem zu tun, sondern einfach mit der grundlegenden Kulturgeschichte der europäischen Nationen. Bis jetzt sind die Länder der EU (auch doer vor allem die neuen Mitglieder) Nationen, die in der Geschichte schon immer als Teil Europas - gar Deutschlands - betrachtet wurden und vor allem im Mittelalter eine halbwegs stabile Summe bildeten. Durch Kommunismus, Nazismus, Kapitalismus wurde im 20. Jahrhundert viel zerstört was kulturell und sozial enge Bünde miteinander hatte und zusammengehört. Die EU-Osterweiterung hat dann letztlich nur das zusammengefügt, was auch zusammengehört.
                Vom geschichtlichen Standpunkt sind Tschechen für uns Deutsche nunmal Brüder und Schwestern.
                Und so bildet die EU bis jetzt zwar einen Verein mit vielen unterschiedlichen Meinungen, aber doch eine mehr oder weniger homogenen Geschichte eines verwurzelten Ursprungs, wo es nicht all zu schwer ist einen geschichtlich-kulturellen gemeinsamen Nenner zu finden.

                Die Türkei passt nicht in dieses Bild und diesen Kulturkreis... und ich finde Europa sollte bewahren was es ist und lieber auf die "Vereinigten Staaten von Europa" zusteuern, anstatt einen Schritt zurückzumachen und sich zu einer unnützen Wirtschaftsallianz aufzublähen. Das wäre auch nicht im Sinne der Anstrengungen für gemeinsames Parlament, Verfassung, Währung und Sicherheitskräfte.

                Die EU hat die Chance zu einem ganz besonderen Föderalstaat zu werden, in dem die einzelnen Staaten unabhängiger als in den USA sind, aber geeinter zusammenstehen und einflußreicher sind, und so für die Sicherheit, Freiheit und den Wohlstand ihrer Leute garantieren kann. Eine Freihandelszone wird dies nicht können und die europäischen Staaten werden wohl in dem Konkurrenzkampf zwischen USA, China, Arabien (und vielleicht Russland), dann einfach zerquetscht werden. Einzeln sind wir halt fast nichts, zusammen besteht die realistische Chance, dass wir unseren "Mann" stehen werden.

                Insofern denke ich, dass man Europa's Zusammenhalt und kulturelle Identität zunächst nicht durch eine Vollmitgliedschaft der Türkei in wenigen Jahrzehnten verwässern sollte. Die EU braucht nach dieser Erweiertung bestimmt erstmal 20-30 Jahre bis sie so stabil ist, dass sie auch eher "fremde Elemente" gefahrlos aufnhemen kann. In diesem Zeitraum und auch länger wird sich dann auch heraustellen können, ob die Türkei - und ähnliche Staaten - dem europäischen Ideal genug entsprechen, um voll aufgenommen werden. 15 Jahre aber wäre meiner Meinung nach viel zu übereilt. Vor allem für die Reformen in der EU und nicht nur in der Türkei.

                Bis dahin muss man der Türkei aber die Tür (ohne Gewähr) offen lassen und kann sie durch aus in eine priviligierte Mitgliedschaft einbeziehen. Das könnte ich mir dann vorstellen wie der Status von Puerto Rico und den USA. PR ist nicht wirklich ein Staat der USA, aber quasi halt doch ein Territorium, das um einiges freier ist als die echten Staaten, aber trotzdem von vielen Vorteilen der USA profitieren kann. Weiter würde ich mit der Türkei vorerst nicht gehen. Aber mann muss ihr diese Chancen zeigen, um die Türkei nicht an z.B. die USA zu "verlieren". Dazu ist sie geopolitisch dann doch zu wichtig für Europa.
                Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
                Makes perfect sense.

                Kommentar


                  #38
                  Diese Unterteilung "gehört zu uns - gehört nicht zu uns" ist völlig willkürlich. Natürlich gehört die Türkei Kulturgeschichtlich auch zu Europa, das wurde in diesem Thread schon mehrmals angesprochen: schliesslich war sie das Zentrum des Osmanischen Reiches, das Jahrhunderte lang (bis zum ersten Weltkrieg) die Geschichte Europas entscheidend mitgeprägt hat (stärker als die EU-Staaten Irland, Zypern, Malta, Slowenien und Luxemburg zusammen...). Wenn Staaten wie Bulgarien und Rumänien Teil der EU sein können, kann es die Türkei auf jeden Fall auch. Wäre die Türkei christlich statt muslimisch, wäre das ganze bestimmt keine Frage - was zeigt, dass es eben doch um die Religion geht.

                  Wer heute in den Westen und Norden der Türkei reist, wird jungen Leuten begegnen, die genauso europäisch wirken wie jene im "alten" Europa. Sie denken demokratisch und freiheitlich, halten Gleichberechtigung der Geschlechter für selbstverständlich und wollen Staat und Religion trennen. Nur sind das nicht die Türken, die nach Europa flüchten. Nach Europa flüchten halt vornehmlich die verarmten Menschen der Südtürkei und Anatolien (+ Kurden).

                  Die EU hat die Chance zu einem ganz besonderen Föderalstaat zu werden, in dem die einzelnen Staaten unabhängiger als in den USA sind, aber geeinter zusammenstehen und einflußreicher sind
                  Höre nur ich da ein Wiederspruch? Eben weil die Staaten in Europa niemals (sagen wir mal, nicht in den nächsten 50 Jahren) bereit sein werden, soviel Souveränität an den Bundesstaat abzutreten, wie die Staaten der USA, werden sie sich niemals so einig sein. Das "Zusammenstehen" wird sehr schnell in Frage gestellt, wenn es etwa um aussenpolitische Fragen geht, das hat nicht zuletzt der Irak-Krieg gezeigt. Dies ist nur möglich, weil die Staaten untereinander eben noch sehr unabhängig sind - hätte die EU z.B. eine gewählte Zentralregierung, die alleine für die Aussenpolitik verantwortlich ist, un eine einheitliche Armee, wäre das kein Problem - aber da würde auch eine Türkei als Mitglied keinen Unterschied machen.
                  Planeten.ch - Acht und mehr Planeten (neu wieder aktiv!)
                  Final-frontier.ch - Kommentare vom Rand des Universums

                  Kommentar


                    #39
                    ICh denke nicht, dass ein mehr an Staaten die EU in irgendeiner Form weltpolitisch schwächt. Deutschland und Frankreich zusammen haben weltpolitisch mehr macht, als einer der beiden alleine und ohne die Unterstützung des anderen, wäre bei den Irakgegnern insgesamt auch nicht so viel gegangen. Da wären wesentlich mehr Staaten eingeknickt. Natürlich gibt es bei mehr Staaten auch mehr Meinungen und natürlich dauert eine Entscheidungsbildung dadurch länger, aber wenn ein Konsens gefunden wurde, steht der auf wesentlich festeren Füßen, als bei wenigen Staaten, weil er von mehr Staaten getragen wird.

                    @ Harmakhis: Sicher ist es richtig, dass die Türkei im Moment nicht zur EU passt, aber wie es die C Parteien hinstellen, wollen sie ihr ja auch gar keine Chance geben, sich zu bessern und das finde ich grundsätzlich falsch. Wovor sie in Wahrheit Angst haben ist der Verlust ihrer "christlichen" Werte, die sie aber in Wirklichkeit (zum Glück) schon in der Aufklärung verloren haben. Gut, die C-Parteien kämpfen teilweise heute noch dagegen, beispielsweise, wenn es um die Gleichstellung von Homosexuellen-Ehen geht, aber das sind "Werte", die wirklich längst auf den Müll gehören.
                    Für meine Königin, die so reich wäre, wenn es sie nicht gäbe ;)
                    endars Katze sagt: “nur geradeaus” Rover Over
                    Klickt für Bananen!
                    Der süßeste Mensch der Welt terra.planeten.ch

                    Kommentar


                      #40
                      @Bynaus: Cool das du auch wieder politisch diskutierst!

                      Also zum ersten Punkt stimme ich dir zu. Das Argument das die Kulturen einfach nicht zusammenpassen ist für mich oberflächlich. Wie leben hier ja schon Jahrzehnte lang mit Türken und Arabern zusammen. Und zwar direkt bei uns. Hauptsächlich friedlich. Klar sind das nicht soviele wie in der Türkei leben, aber die kommen ja nicht alle hier hin. Ich denke auch das es ein Argument ist was sich hauptsächlich auf die Religion bezieht.

                      Zum 2. Punkt: Europa ist noch lange von einen "Staat Europa" entfernt. Bis jetzt gibt es eigentlich "nur" Handelsbeziehungen. Ich weiß auch nicht ob überhaupt Interesse an einer Zentralregierung besteht. Aber erst dann würde Europa auch weltpolitisch über Macht verfügen. Wie du es sagtest.

                      Man muß auch bedenken das Länder wie Deutschland immer für ärmere Länder draufzahlen müssen die beitreten. Dies gilt zumindest für Polen und andere Oststaaten. Da fragt man sich wie lange das noch gut gehen kann. Da es uns mitlerweile ja auch nicht mehr so blendend geht.

                      Ok, die Türkei hat eine bessere Wirtschaft als Polen denke ich. Daran soll es nicht liegen. Das würde nicht zu einer Destabilisierung führen.

                      Es muß vor allem in den Köpfen etwas ändern. In der Türkei was humane Aspekte und das Denken über westliche Werte angeht und bei uns das die Türkei in manchen Teilen offener ist als wir denken. Gegenseitiger Respekt und Achtung sind das A und O.

                      Kultur ist die Gesellschaft. Wenn die Gesellschaft offen ist, dann die Kultur auch. Eine andere Religion sollte man nicht unbedingt als Keil dazwischentreiben.

                      Deswegen hat die Türkei auf jeden Fall diese Chance verdient.

                      Man sollte allerdings in Deutschland verstärkt etwas gegen sogenannte Paralellgesellschaften tun. Damit nicht das allgemeine Bild aufkommt, als wären die Türken doch nicht so an unserer Kultur interessiert. Sonst wird nachher noch wirklich die CDU deswegen gewählt und Deutschland blockiert dann vielleicht den EU Beitritt.
                      Zuletzt geändert von Skymarshal; 15.12.2004, 12:23.

                      Kommentar


                        #41
                        Zitat von Bynaus
                        Ich denke, man muss endlich eine Antwort finden auf die Frage, was die EU eigentlich sein will.[...]
                        Also diese Frage ist meiner Meinung nach doch schon beantwortet.
                        Ich denke dass die Ambitionen der Länder innerhalb der EU ziemlich eindeutig sind.
                        Wirtschaftlich einen Verbund schaffen, der es ermöglicht, auch gegenüber dem Monopol der USA konkurenzfähig zu sein.
                        Geopolitisch zu verhindern, dass Europa sich wieder einmal in Isolation durch interne Streitereien begint. Dieser Kontinent hat in der jüngeren Geschichte nun wirklich kein gutes Beispiel an Zusammanarbeit abgegeben. Nach dem Wegfall des Ostblocks und des kalten Krieges ist eine Neuordnung unabdingbar.

                        Zitat von Bynaus
                        [...]Je mehr Mitglieder sie hat, desto schwächer wird sie weltpolitisch - weil sich diese Mitgliedsstaaten aufgrund ihrer Geschichte und eigenen Kultur so sehr unterscheiden, dass sie nicht einfach über ihren Schatten springen und die "Vereinigten Staaten von Europa" bilden können. Je mehr Mitglieder, desto mehr Meinungen, desto weniger Konsens, desto weniger weltpolitisches Gewicht, desto stärkere Stagnation.[...]
                        Warum setzt du da Maßstäbe an, die in der Vergangenheit liegen?

                        Ich denke nicht, dass es zwangsweise zu gleichen Verläufen kommen muss, wie es in der Vergangenheit der Fall war.
                        Klar, ein USE ist sicherlich nicht das optimale oder realistische Ziel, welches es zu verfolgen gilt und meiner Meinung nach ist das auch gar nicht das Bestreben der EU-Mitglieder. Aber ein Europa, welches seine Grenzen öffnet, den Handel liberalisiert und geopolitisch integrativ fungiert, könnte somit eine neue globale (und jetzt benutze ich mal diesen Ausdruck!) Leitkultur setzen, welche aufzeigen würde, dass unabhängig von Religion und Kultur es Gemeinsamkeiten geben kann. Das dieses den USA ein Dorn im Auge ist, kann ich nur allzu gut verstehen.

                        Zitat von Bynaus
                        Eine EU ohne weltpolitische Ambitionen...[...]
                        Wer sagt, dass die EU weltpolitische Ambitionen verfolgt?
                        Ich denke, dass die große Mehrheit diesen Anspruch gar nicht erhebt und es auch nicht tun wird.
                        Wenn man das Vermitteln und Schlichten, sowie das Integrieren als weltpolitische Ambition ansieht, dann ist diese doch auch mehr als redlich. Weltpolizei zu spielen oder missionarisch Lebenskultur und "Wahrheiten" verkünden zu wollen, wird sicherlich nicht das Hauptinteresse einer erweiterten EU sein.
                        Ich stimme dir in allen weiteren Ausführungen des letzten Zitates zu.

                        Zitat von Bynaus
                        In diesem Kontext sollte man vielleicht auch einmal einen Blick auf die geostrategischen Abitionen der USA werfen. Die USA sind an einem weltpolitisch schwachen Europa interessiert, und deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass sie die Integration der Türkei in die EU voran treiben wollen. Gleichzeitig ist aber etwas nicht zwingend schlecht, nur weil die USA es wollen...[...]
                        Genau! Erst recht deshalb, weil sich die USA da nämlich gehörig verzetteln!
                        In der Hoffnung einiger Kräfte in den USA das die Türkei eine EU destabilisieren würde, liegt auch deren größter Irrtum. Einigen scheint dieses in den USA klar zu werden und so langsam beginnt man dort auch das Ruder rum zu reißen.
                        So werden neuerdings Stimmen laut, die Erdogans Vergangenheit als Fundamentalist neu beleuchten und in Frage stellen, ob sich dieser nun vom Saulus zum Paulus gewandelt hat oder nicht?
                        Auch in den Tagesthemen gestern wurde diese Frage erhoben, allerdings kritisch und offen.

                        Es sind die USA, welche skeptisch auf eine mögliche neue politische Weltkarte schauen, auf der dann ein geeintes Europa gemeisame Grenzen mit dem Iran und dem Irak haben und somit auch eine Nähe zu den Pipelines der Ölregion.

                        Das Europa ein weitaus besseres Bild in den islamisch geprägten Ländern hat (Grossbritannien mal ausgenommen), wissen auch die USA und ich kann mir vorstellen, dass nichts mehr dort beunruhigt, als der Beweis, dass auch islamistische Länder eigene demokratische Formen entwickeln können und nicht an die missionarischen Vorgaben der USA gebunden sind.
                        "Education is the most powerful weapon which you can use to change the world."Nelson Mandela
                        DEUTSCHE AIDS-HILFE-DRK
                        ÄRZTE OHNE GRENZEN-AMNESTY INTERNATIONAL DEUTSCHLAND

                        Kommentar


                          #42
                          Schade das weltwirtschaftlich die USA eine große Rolle spielen. Sonst hätte man die schon längst boykottieren können. Weil sie UN Beschlüsse ignorieren, die Genfer Konfession außer Kraft setzen oder Klimaschutz ablehnen obwohl sie Hauptverursacher sind. Die machen was sie wollen.

                          Ich wünsche mir das Europa mal so stark wird das sie es sich leisten können die USA zu boykottieren. Damit hätte denen ihr egoistischer politisch sehr konfrontaler Kurs ein Ende. Besonders unter Bush ist es besonders schlimm.

                          Dazu fällt mir nur eins ein:

                          Kommentar


                            #43
                            Also ich denke, dass Europa bereits beginnt, einige der "Monopole" der USA zu knacken. Beispielsweise war früher die absolut wichtigste Währung der Dollar. Heute beginnen bereits einige Unternehmer, sich eher an den Euro zu binden, als an den Dollar, weil die Ami-Kohle viel zu weich ist.
                            Für meine Königin, die so reich wäre, wenn es sie nicht gäbe ;)
                            endars Katze sagt: “nur geradeaus” Rover Over
                            Klickt für Bananen!
                            Der süßeste Mensch der Welt terra.planeten.ch

                            Kommentar


                              #44
                              Ich habe auch davon gelesen, dass die Börse in Frankfurt mit der in London fusionieren möchte und es sollen wohl auch andere Börsen (Italien,Frankreich) an so eine Zusammenarbeit interessiert sein.QUELLE
                              Das würde ja dann auch ein ganz neues Monopol werden, stelle ich mir so vor. Allerdings habe ich wenig Ahnung von solchen Dingen und weiß deshalb auch nicht, ob diese Dinge dann wirklich so vorteilhaft sind, wie es vermittel wird.
                              "Education is the most powerful weapon which you can use to change the world."Nelson Mandela
                              DEUTSCHE AIDS-HILFE-DRK
                              ÄRZTE OHNE GRENZEN-AMNESTY INTERNATIONAL DEUTSCHLAND

                              Kommentar


                                #45
                                Also diese Frage ist meiner Meinung nach doch schon beantwortet.
                                Gut, dann gilt es eben (präziser) die Frage zu beantworten, welche Rolle die EU in der Weltpolitik spielen will... Die Stabilisierung Europas ist sicher ein Ziel - aber wie sieht es weltweit aus? Ist die EU bereit, militärisch in eine Gebiet einzugreifen, wenn sie es für nötig erachtet? Und zwar nicht einfach den Amerikanern hinterher räumen, sondern aktiv eingreifen? Ist die EU bereit, wirtschaftlichen und militärischen Druck auf die Staaten des Nahen Ostens auszuwirken, um einen Frieden in Israel / Palästina zu erzwingen? etc. Ich glaube, der EU fehlt hier die Entschlusskraft, so lange sie keine zentrale Regierung hat. Und jedes mächtige neue Mitglied macht die Sache noch schwieriger.

                                Ich denke nicht, dass es zwangsweise zu gleichen Verläufen kommen muss, wie es in der Vergangenheit der Fall war.
                                Das ist einfach die realistischste Sichtweise. Solche Dinge verändern sich nur im Verlauf von Jahrhunderten, nicht Jahrzehnten. Es ist schon eine beachtliche Leistung, dass nach dem 2. WK die Kluft zwischen Frankreich und Deutschland überwunden werden konnte und Europa durch diese Wirtschaftsallianz über so lange Zeit stabilisiert wurde. Doch wenn es um die Abgabe nationaler Souveränität an eine supranationale Organisation geht, wird es heikel, und die Staaten zögern...

                                Wer sagt, dass die EU weltpolitische Ambitionen verfolgt?
                                Es wäre eher seltsam, wenn sie keine Ambitionen hätte, denn jede Wirtschaftsmacht ist daran interessiert, ihre Ressourcen zu sichern und Abhängigkeiten zu schaffen, die ihre Position stärken. Die Frage ist, wie weit die EU zu gehen bereit ist, um ihre Interessen zu verteidigen.

                                Das Europa ein weitaus besseres Bild in den islamisch geprägten Ländern hat (Grossbritannien mal ausgenommen), wissen auch die USA
                                Ob das so bleibt, wenn die EU weltpolitisch an Einfluss gewinnt, muss sich erst noch zeigen.

                                Wie schon gesagt, ich befürworte den Beitritt der Türkei zur EU. Aber die EU muss sich bewusst sein, dass jedes neue Mitgleid mehr Unstimmigkeit und Probleme mit sich bringt (das gälte natürlich auch bei einer allfälligen Aufnahme der Schweiz)... und damit wengier Einfluss. Wenn die EU beides will, sowohl weltpolitischen Einfluss als auch die Einbindung aller europäischen Staaten, ist meiner Meinung nach ein "Europa der zwei (drei, vier...) Geschwindigkeiten" unerlässlich.
                                Planeten.ch - Acht und mehr Planeten (neu wieder aktiv!)
                                Final-frontier.ch - Kommentare vom Rand des Universums

                                Kommentar

                                Lädt...
                                X