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Jack Reacher-Romane von Lee Child

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    Rezension: „No Plan B” – Ein Jack-Reacher-Roman

    ​Die Reacher-Romane von Lee Child (die er seit „The Sentinel“ zusammen mit seinem Bruder Andrew verfasst) haben oft die selbe Ausgangssituation: Der ehemalige Militärpolizist kommt an einen Ort, stellt fest, dass dort etwas nicht mit rechten Dingen zugeht und räumt in der ansässigen Verbrecherszene ordentlich auf. „No Plan B“ beginnt zwar in dem Stil, aber hier sind Jack Reachers Erlebnisse im Städtchen Gerrardsville in Colorado der Ausgangspunkt einer über 1.000 Kilometer langen Reise nach Winson, Mississippi. Und er ist nicht der einzige Reisende, dessen Ziel das dortige vom Privatunternehmen Minerva betriebene Gefängnis ist.

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    Alles beginnt damit, dass Reacher unbekümmert durch Gerrardsville spaziert … und als er sich einer Kreuzung nähert er der einzige Augenzeuge ist, der erkennen kann, dass es sich bei der Frau, die vor einen Bus springt nicht um eine Selbstmörderin handelt, sondern mit einem gezielten Schupps nachgeholfen wurde. In der Handtasche der Toten findet Reacher nichts Verdächtiges, u.a. einen Dienstausweis des Minerva-Gefängnisses in Winson sowie das Foto eines Mannes in einem Umschlag. Doch gerade dieser Umschlag scheint das Verderben über die Frau gebracht zu haben, den kaum hat Reacher einen Blick auf das Foto werfen können, stehen auch schon einige Schläger bereit, um ihm den Umschlag wieder abzunehmen. Trotz massiver Gegenwehr (schlussendlich geht Reacher erst durch eine herabstürzende Feuerleiter K.O.) wird ihm der Umschlag wieder abgenommen, aber natürlich ist Reachers Neugier geweckt. Er findet heraus, wen die Frau in Gerrardsville treffen wollte, nämlich einen Mann, der früher als Aufseher im Minerva-Gefängnis gearbeitet hat. Offenbar hat sie Unregelmäßigkeiten entdeckt, die sie die lange Reise auf sich nehmen ließ, um sie mit ihrem ehemaligen Kollegen zu besprechen. Aber wie sich herausstellt, wurde auch der Mann getötet. Reacher muss sich – begleitet von der Ex-Frau des zweiten Mordopfers – also auf den weiten Weg nach Winson machen, um Antworten zu bekommen. Dort ist man aber über Reacher informiert und setzt alles in Bewegung, damit Reacher ja nicht vor Freitag – dem Entlassungstag eines prominenten Häftlings – in Winson ankommen kann.

    Startend in Los Angeles macht sich auch ein Jugendlicher auf den Weg nach Winson, der gerade erfahren hat, das sein ihm bislang unbekannter Vater am Freitag in Winson aus dem Gefängnis entlassen wird. Und von Chicago aus macht sich ein professioneller Brandstifter ebenfalls auf den Weg, der Rache für den Tod seines Sohnes nehmen will, der an „verdorbener Ware“ aus Winson gestorben ist.

    Fazit: „No Plan B“ ist also eine dreifache Reisegeschichte, wobei der Fokus stets in erster Linie auf Reacher bleibt, denn zum einen ist der Handlungsstrang über den Brandstifter eigentlich bis fast zum Schluss des Romans mysteriös und bleibt leider mehr durch die grausamen Racheaktionen in Erinnerungen als durch das eigentliche tragische Motiv. Auch warum der Junge aus Los Angeles sich auf den Weg macht, gerät zwischendurch auch mal in Vergessenheit. In diesem Handlungsstrang geht es mehr um die Widrigkeiten langer Busreisen in den USA und dem Jungen passiert so ziemlich alles, was auf so einer Reise schiefgehen kann.

    Reacher selbst hat in seinem Handlungsstrang eigentlich nur die „üblichen“ Probleme, nur dass die Schläger, die ihn aufhalten sollen, diesmal nicht am Ziel seiner Reise auf ihn warten, sondern ihm entgegenkommen. Dabei sind die Auseinandersetzungen nicht ohne Witz; z.B. sperrt Reacher zwei der Schläger, die ihm auf dem Parkplatz einer Raststation auflauern, kurzerhand in den Kofferraum eines Busses … mit Reiseziel Kanada. Was bei „Reacher“-Romanen auch öfters ein Thema ist, ist die Frage der Verhältnismäßigkeit. Natürlich zelebrieren diese Romane von ihrem Strickmuster her die Selbstjustiz, das ist klar. Aber manchmal mehr und manchmal weniger stellt sich beim Lesen der Romane doch bei mir die Frage, wie verhältnismäßig das Ausmaß der Gewalt, die Reacher anwendet, denn ist. Es gab schon einige Beispiele in der Vergangenheit, da habe ich Reacher wirklich keine Sympathie mehr entgegenbringen können. In „No Plan B“ ist es aber ganz okay; Handlanger landen da schlimmstenfalls im Kofferraum oder kurz im Krankenhaus, es sei denn, es geht im Kampf wirklich um Leben und Tod. Lediglich eine Tötung wird etwas deftiger beschrieben, aber es trifft jemanden, der kaum noch Menschliches an sich hat. Natürlich klares Gut-Böse-Schema, aber die Brüder Child schaffen es schon gut in dem Roman, dass daran gar kein Zweifel aufkommt.

    Bewertung: Die drei Handlungsstränge und die lange Ungewissheit, was wirklich im Minerva-Gefängnis vorgeht, reduzieren die Spannung schon etwas. Ein wenig mehr Information wäre schon gut gewesen, zumal Reacher am Ende nicht nur eine kriminelle Machenschaft aufdeckt, sondern jede Menge andere, was an sich ein gelungener Aha-Effekt ist. Aber den hätte man etwas stärker thematisieren sollen, das war nämlich für mich der interessanteste Teil der Enthüllung, mit dem aber die anderen Handlungsstränge gar nichts zu tun haben. Das ist nicht unbedingt ein „Fehler“ der Geschichte; nur mein persönliches Interesse an diesem Teil der Enthüllung wäre in größerem Ausmaß vorhanden gewesen.

    Allgemein ist „No Plan B“ aber gewohnt unterhaltsam geschrieben, es liegt nicht am Stil, wenn sich gelegentlich etwas Langatmigkeit einschleicht, sondern einfach an zu wenig Information, die die Child-Brüder dem Leser im Lauf der Geschichte(n) zur Verfügung stellen. Eine Wertung für den Roman zu finden fällt mir daher nicht so leicht, ich schwanke zwischen 3 und 4 Sternen, aber ich tendiere wohl insgesamt eher zur höheren Wertung.




    Rezension: „The Secret” – Ein Jack-Reacher-Roman

    Alle Jahre wieder liefert Lee Child einen neuen Jack Reacher-Roman ab. „The Secret“ erzählt nach mehrjähriger Pause wieder eine Geschichte, die zeitlich während Reachers Zeit bei der Militärpolizei angesiedelt ist; wohl nicht lange nach den Ereignissen im Roman „Die Abschussliste“ und Reachers Degradierung zum Captain. Reachers Vorgeschichten beim Militär haben mir eigentlich mit einer Ausnahme immer gut gefallen und grundsätzlich gefällt mir seine Darstellung auch in „The Secret“. Aber es ist nicht die Darstellung von Reacher, an der diese Geschichte krankt.

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    Reacher hat gerade einen Auftrag in Chicago zu Ende gebracht, als er in einen Vorort von Washington in ein leerstehendes Bürogebäude berufen wird, in dem vom Verteidigungsminister ein kleines Ermittlerteam bestehend je aus einem Vertreter der Army, des FBI, der CIA und Finanzministeriums zusammengestellt wird. Dort erfahren Reacher und seine neuen Mitstreiter, dass mehrere Wissenschaftler ermordet wurden, die einst 1969 in Indien an einem US-Geheimprojekt in einer zivilen Chemiefarbrik gearbeitet haben. Mit recht wenig Informationen ausgestattet versucht das Team ein Täterprofil herauszuarbeiten und das Motiv für die Morde.

    Als Leser des Romans hat man einen Wissensvorsprung: Von Beginn an wissen wir, dass die Schwestern Roberta und Veronica Sanson hinter den Morden stecken. Aber es geht ihnen nicht nur um Rache für ihren Vater Morgan Sanson – dem man damals in Indien die Verantwortung für einen fatalen Chemieunfall in die Schuhe geschoben hat. Nein, sie haben von einem der am amerikanischen Geheimprojekt arbeitenden US-Wissenschaftlern an dessen Totenbett eine Liste mit 6 Namen bekommen: seine damaligen Kollegen. Nur einer von diesen kannte allerdings den 7. Namen – den des Verantwortlichen für das Projekt. Roberta und Veronica nehmen sich einen nach dem andern vor und schaffen es geschickt, auch die Leibwächter auszutricksen, die der Verteidigungsminister zum Schutz der Wissenschaftler abgestellt hat. Für das Interesse des Ministers an diesen Mordfällen gibt es eine einfache Erklärung: Sein Name ist der siebente. Er war Projektleiter, als der Chemieunfall geschah. Und weil seine Ehefrau – die er damals allerdings noch gar nicht kannte – einst die PR für die Chemiefirma machte und Morgan Sansons angebliche Sabotage publik machte und damit vom amerikanischen Geheimprojekt ablenkte, befürchtet der Minister, dass auch sie zum Ziel werden könnte.

    Fazit: Reacher und seine Kollegen sind den Sansons eigentlich immer mehrere Schritte hintennach. Es ist fast interessanter, den Schwestern bei ihren Aktionen zuzusehen, auch weil diese Passagen wesentlich mehr über ihre Motivationen verraten als das, was Reacher & Co aufdecken. Es ist daher eine gute Wendung, wenn sich die Ermittler schließlich mehr auf die Ereignisse konzentrieren, die die Wissenschaftler vereint und sie so auf einen untergetauchten Reporter und eine gewaltige Vertuschungsaktion aufmerksam werden, die 1969 in Indien durchgeführt wurde. So ergänzen sich beide Handlungsstränge eigentlich sehr gut. Großartige Leistungen als Ermittler kann Reacher in dieser Geschichte aber nicht gerade vorweisen. Das liegt aber nur daran, weil er in eine Position eingesetzt, die ihm wenig Möglichkeiten gibt. Der vom Verteidigungsminister abgestellte Vorgesetzte der Ermittlergruppe ist sparsam mit Informationen und die Ermittler – nicht gerade die Besten der Besten in ihren jeweiligen Abteilungen – begeben sich nicht persönlich an die Tatorte. Telefonate und Faxe sind ihre bevorzugten Werkzeuge. Aber den einen oder anderen Erfolg können sie schließlich doch vorweisen, indem sie Einzelheiten in Erfahrung bringen, was den Aktionen der Sansons-Schwestern im Lauf des Romans immer mehr Kontext gibt.

    Soweit so gut. Und hätte der Roman ca. 30 Seiten früher geendet, wäre er ein durchschnittlicher Thriller geworden, der ganz gut unterhält. Leider haben Lee Child und sein Co-Autor und Bruder Andrew Child versucht, clever zu sein um Reacher dann doch noch seine Genialität als Ermittler unter Beweis stellen zu lassen. Das wirkt wie ein nachträglicher Gedanke, denn … es kann nicht funktionieren. Ich spoilere das Ende von Krimis ungern, aber hier muss ich etwas ins Detail gehen, um meine abschließende Bewertung des Romans zu erklären. Wer das Buch lesen und sich überraschen lassen will, sollte die beiden folgenden Absätze also besser überspringen.

    SPOILERBeim Showdown stellt sich die Situation folgendermaßen dar: Die Sanson-Schwestern haben die Ehefrau des Verteidigungsministers entführt. Eigentlich ohne große Hoffnung, dass sie den siebenten Namen Namen auf der Liste kennen würde. Unter Gewaltandrohung offenbart sie aber schließlich, dass es sich dabei um ihren Ehemann handelt, der ihr das erst vor ein paar Tagen gestanden hat, nachdem die ersten Morde bekanntgeworden waren. Die Ehefrau wird als Geisel gehalten, um den Minister in einen Hinterhalt in einer verlassenen Fabrik zu locken. Reacher hat selbst die Spur bis zum Minister zurückverfolgt und beschattet ihn und als er den Ort des Geschehens erreicht, findet er die Schwestern und den Minister tot vor, die sich offenbar gegenseitig erschossen haben. Die Ehefrau hat abseits des Geschehens überlebt. Ein unspektakuläres Ende, aber immerhin noch stimmig. Aber dann mit ein paar Tagen Abstand beginnt Reacher plötzlich eine wilde Theorie zu entwickeln – nämlich jene, dass die Ehefrau selbst der siebente Name auf der Liste war und nicht ihr Ehemann und dass sie alle – auch ihren Ehemann – erschossen hat, um ihr Geheimnis zu wahren. Aber das ist natürlich völliger Unsinn. Die spätere Ehefrau des Ministers war im Gegensatz zum Minister damals in Indien vor Ort. Wäre sie der siebente Name, hätte jeder der von den Schwestern verhörte Wissenschaftler ihren Namen nennen können – einschließlich der erste, der ihnen bereitwillig alle anderen Namen genannt hat. Es ging den Schwestern immer nur um den Projektleiter und als Leser werden wir Zeuge von genügend 4-Augen-Gesprächen, um zu wissen, wer wen täuscht und wer nicht.

    Und selbst wenn man der Ehefrau zugesteht, das Mastermind zu sein, das Reacher in ihr zu sehen scheint und den Ort des Showdowns so präpariert hat, dass es aussieht, als haben sich alle anderen gegenseitig erschossen, so hat Reacher eine Sache übersehen: Die Ehefrau war bei seinem Eintreffen – Sekunden nach der Schießerei – an eine Säule gefesselt. Ich sehe keine Erklärung, wie sie die Waffe ihres Mannes in die Finger bekommen haben könnte, wie sie den Tatort hätte präparieren können oder – falls sie es nicht vorher war – sich selbst an die Säule gefesselt haben könnte.


    Bewertung: All jene, die die oberen Absätze übersprungen haben, sind jetzt vielleicht ein bisschen ratlos, wenn ich nur 1 von 6 Sternen vergebe. Aber auf das kürzeste zusammengefasst ohne das Ende zu spoilern kann ich hier nur sagen, dass die Auflösung einfach keinen Sinn für mich ergibt. Ohne dieses Anhängsel – den Versuch die Story künstlich komplex zu machen, der wie ein nachträglicher Einfall wirkt – hätte ich gute 3 Sterne vergeben, vielleicht sogar knapp 4 Sterne. Aber der Schluss lässt sich leider nicht ignorieren.​

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  • MFB
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    Rezension: „Better off dead” – Ein Jack-Reacher-Roman

    Nach „The Sentinel“ setzt Lee Child seine Zusammenarbeit mit seinem Bruder Andrew auch im folgenden Jack Reacher-Roman fort. In dieser für Reacher-Verhältnisse sehr typischen Story verschlägt es den ehemaligen Militärpolizisten wieder in eine kleine amerikanische Stadt, in der – wie so oft – etwas nicht mit rechten Dingen zugeht.
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    Reacher durchquert auf seinem Weg zur Westküste Arizona, nahe der mexikanischen Grenze und als er die Straße auf dem Weg zum vor ihm liegenden Städtchen Los Gemelos entlang schlendert, wird es dubios: Weit und breit gibt es nur karge Vegetation mit Ausnahme eines einzigen Baumes … und genau diesen hat ein Jeep gerammt, hinter dessen Lenkrad zusammengesunken eine Frau sitzt. Reacher ist natürlich sofort zur Stelle um Hilfe zu leisten – und blickt umgehend in den Lauf einer Pistole, den die Frau auf ihn richtet. Reacher ist in die Falle gegangen, aber wie sich rasch herausstellt, war die Falle gar nicht für ihn bestimmt. Die wahren Adressaten nähern sich und Reacher, der die Situation in der Kürze natürlich nicht vollständig begreifen kann, einigt sich mit der Frau darauf, in Deckung zu gehen. Aus seinem Versteck heraus erfährt Reacher, dass es der Frau – Michaela – darum geht, ihren Bruder wiederzufinden, der sich mit einem in Los Gemelos angesiedelten Schmuggler auf explosive Geschäfte eingelassen hat.

    Dank Reachers Mithilfe schnappt die vorbereitete Falle zwar zu, aber das einzige, dass Michaela in Erfahrung bringen kann ist, dass ihr Bruder tot ist. Ihre Reaktion besteht darin, sich ihre eigene Waffe unters Kinn zu setzen, aber Reacher kann sie erfolgreich zumindest vorläufig vom Selbstmord abhalten. Er verspricht ihr – ohne es wirklich ernst zu meinen, sondern nur, um Michaela zu beruhigen – ihr zu helfen, den Mörder ihres Bruders zur Rechenschaft zu ziehen. Doch eines führt zum anderen und Reacher nimmt die Herausforderung schließlich an, dem Rätsel nachzusehen, in dem es harmlose Rauchbomben, geschmuggelte Container und ein Kondom geht …

    Fazit: Die in „Better off dead“ erzählte Geschichte gewinnt nicht gerade einen Originalitätspreis und ist für einen Reacher-Roman absolut typisch, beinahe schon schablonenhaft. Ein kleines Unterscheidungsmerkmal ist vielleicht diesmal, wie abgeneigt Reacher hier ist, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und Michaela nach einer Cool-down-Phase eigentlich dazu bringen will, zur Polizei zu gehen. Im Endeffekt macht sein anfängliches Zaudern aber keinen Unterschied, weil er schließlich doch einen Plan ausarbeitet – der aber nur teilweise aufgeht und Michaela in Gefahr.

    Die Dosierung von Action und Krimirätsel ist auch typisch für die meisten Reacher-Romane, es dauert wirklich bis zum Schluss, ehe alle Puzzlestücke an ihren Platz fallen. Die Idee dahinter ist sogar ziemlich gut, aber man muss auch sagen, dass in technischer Hinsicht der Bösewicht dieser Geschichte am Ende fast ein bisschen zu viel Glück hat. Eigentlich hätte es gar nicht so brenzlig werden dürfen. Die beiden Autoren versuchen das zwar ein wenig als „Glück im Unglück“ zu kaschieren, aber eigentlich stand der Plan von Anfang an auf wackeligen Beinen.

    Unterhaltsam geschrieben ist der Roman allerdings schon und ohne die Seitenzahlen zu vergleichen kam es mir vor, dass „Better off dead“ deutlich kürzer war als die letzten paar Reacher-Romane und das hauptsächlich an einer sehr zügigen Erzählweise lag, was aber keine Auswirkung auf die typische Bedächtigkeit hat, die Reacher auch sonst an den Tag legt. Auch hier begeht er Orte, seziert sie in Gedanken und analysiert die Aspekte von Situationen. Also eigentlich ganz gut getroffen, wobei dieser Roman wieder einmal aus der Ich-Perspektive Reachers formuliert ist (ausgenommen der Prolog der Geschichte in den ersten Kapiteln). Die Gedankenwelt Reachers war noch nie derart interessant, dass es eine wirkliche Rechtfertigung für die – meiner Ansicht nach – sperrige Formulierung gäbe.

    Bewertung: Typische Jack-Reacher-Kost, könnte man sagen. Nichts, das aus der inzwischen mehr als zwei Jahrzehnte laufenden Reihe heraussticht. Aber trotzdem recht unterhaltsam, weshalb ich knapp aber doch 4 von 6 Sterne gebe.



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  • MFB
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    Rezension: „The Sentinel” – Ein Jack-Reacher-Roman

    Auch Ende 2020 erschien wieder ein neuer Jack Reacher-Roman und Grundlegendes ändert sich auch in „The Sentinel“ an der Geschichte nicht: Der ehemalige Militärpolizist Jack Reacher reist immer noch durch die USA ohne die Ambition, jemals sesshaft zu werden – aber mit dem Talent, unversehens in blutige Angelegenheiten verwickelt zu werden. Neu bei diesem Roman ist allerdings, dass Lee Child ihn nicht alleine geschrieben hat, sondern zusammen mit seinem Bruder Andrew Child. Diese Kooperation soll zumindest noch weitere drei Romane lang aufrechterhalten werden.

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    Nachdem Reacher in Nashville einer Band dank seiner „Überzeugungskraft“ verholfen hat, ihr verdientes Honorar von einem Barbesitzer zu bekommen, reist er per Anhalter mit einem Angestellten von einer Versicherung Richtung Süden. Der Mann ist in eine Kleinstadt unterwegs, deren Computersystem von einem Hackerangriff lahmgelegt wurde und wo er nun Bedingungen zur Freigabe aller gesperrten Daten aushandeln soll. Eigentlich nicht Reachers Problem, der ohnehin nicht plant, länger als einen Tag in der Stadt zu bleiben. Dieser Plan wird allerdings über den Haufen geworfen, als er an einer Straßenkreuzung einen Passanten sieht, der droht in eine Falle zu laufen. Was den meisten verborgen bleiben würde, ist für Reacher dank seiner Erfahrung bei der Militärpolizei offensichtlich: Der Passant wird observiert und zwei Autos stehen bereit, um ihm den Weg abzuschneiden. Reacher schreitet entschlossen ein und rettet den Passanten vor einer Entführung. Und wie sich später herausstellt, hat Reacher gerade den unbeliebtesten Mann der Stadt gerettet: Rusty Rutherford ist der inzwischen gefeuerte EDV-Spezialist der Stadt und wurde von der Stadtverwaltung als Sündenbock für den Hackerangriff dargestellt.

    Rutherford meint, er könnte seinen Unschuld mittels Schriftverkehr belegen, in dem er schon lange vor einem solchen Angriff gewarnt hat, aber bei der Verwaltung damit auf taube Ohren gestoßen ist. Die E-Mails lägen auf einem gesonderten Server der Stadt, der teilweise vor dem Hackerangriff geschützt gewesen ist und zusammen mit Reacher will Rutherford sich diesen Server – der aufgrund ungünstiger Umstände wohl schon auf dem Weg in ein Recycling-Center ist – zurückholen. Reacher will zwar eigentlich nicht länger in der Stadt bleiben, aber da immer noch die Entführer Rutherford auflauern könnten, deren Absichten weiterhin unklar sind, bleibt Reacher noch, um für die Dauer der Angelegenheit als Rutherfords Leibwächter zu fungieren und um herauszufinden, warum es jemand auf den eigentlich unscheinbaren EDV-Mann abgesehen hat.

    Auf einer regelrechten Schnitzeljagd nach dem Server wird die Sache allerdings zuerst immer Unklarer. Derart viele Leute – von einem alten Millionär über russische Spione und das FBI bis hin zu Neonazis – scheinen es auf die Serverdaten abgesehen zu haben, dass es um mehr gehen muss, als nur um einfachen E-Mail-Schriftverkehr.

    Fazit: Im Lauf der Geschichte tun sich so manche Rätsel auf und während die Jagd nach dem Server zwar angenehm linear – wenn auch etwas zu lang für meinen Geschmack – verläuft, halten die vielen dabei aufkommenden Fragen die Spannung hoch. Man ahnt früh, wer Gutes und wer Schlimmes im Sinn hat, aber es dauert eine Weile, bis man erfährt, welche Brisante Information sich auf dem Server befindet und wer was damit vor hat.

    Ohne zu viel zu verraten kann ich aber doch feststellen, dass es in diesem im Herbst 2020 erschienenen Roman um die Verhinderung von Wahlbetrug geht. Der zu dem Zeitpunkt stattfindende Präsidentschaftswahlkampf hatte sicher viele Romane im letzten Spätherbst thematisch beeinflusst (sogar ein Star Trek-Roman wurde davon inspiriert). Witzigerweise – oder eher traurigerweise – hat der Roman sogar einen Aufruhr wie den Sturm auf das Kapitol in Washington D.C. vorausgesagt. (Allerdings geht das im Roman beschriebene Szenario davon aus, dass eine echte Wahlmanipulation durch eine ausländische Macht publik wird. Lee und Andrew Child haben vermutlich nicht gedacht, dass für so einen Aufstand auch unbelegte Twitter-Behauptungen reichen würden.)

    Mit Rusty Rutherford und seiner Freundin, mit der er zusammen ein Schutzprogramm vor künftigen Hackerangriffen entwickelt, hat der Roman auch zwei durchaus sympathische Gastcharaktere zu bieten. Mit Rusty leidet man am Beginn des Romans richtig mit, der wird wirklich als armer Hund dargestellt, mit dem man nur Mitleid haben kann.

    Was auch auffällt ist, dass sich die Gewaltspitzen in diesem Roman eher (also für Reacher-Verhältnisse) in Grenzen halten. Der Roman konzentriert sich wirklich mehr darauf, Rätselkrimi zu sein und entsprechend der Unwissenheit, was wirklich vor sich geht, übt sich Reacher auch in Zurückhaltung. Gegner landen hier eher für ein unfreiwilliges Nickerchen in Müllcontainern anstatt im Sarg. Ganz frei von Leichen ist „The Sentinel“ allerdings nicht, aber ist Reacher dafür verantwortlich, geschieht es im Affekt.

    Bewertung: Ein wirklich gelungener, da sehr unterhaltsamer Roman, der sich aber gelegentlich etwas zieht. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass diesmal zwei Autoren daran gearbeitet haben und beide ihre Ideen unbedingt unterbringen wollten, aber vor allem die Suche nach dem Server nimmt ein oder zwei Umwege zu viel für meinen Geschmack. Aber das ist nur ein zwischenzeitliches Problem und mir hat die generelle Ausrichtung der Geschichte richtig gut gefallen. Dieser Roman geht zwar gar nicht auf Reachers inzwischen doch etwas fortgeschrittenes Alter ein, aber diese Balance zwischen Krimirätsel und Action fand ich sehr angemessen. So ergibt sich eine Bewertung von 5 Sternen für „The Sentinel“.


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  • Gast
    Ein Gast antwortete
    Zitat von MFB Beitrag anzeigen
    Fazit: Okay, beginnen wir mit dem Positiven. Mir gefiel die Darstellung der Polizeiarbeit in diesem Roman ausgesprochen gut. Die Ermittlungen fand ich sehr schlüssig, das Vorgehen - sowohl von Reacher & Neagley als auch der Hamburger Polizei - sehr professionell und zielgerichtet. Die Ermittlungsarbeit ist die treibende Kraft hinter der Story, abwechselnd mit den Schauplatzwechseln zu den Kurieren und deren Auftraggebern. Autor Lee Child hat es sehr gut verstanden, den Zeitdruck zu vermitteln, unter dem die einzelnen Personen stehen. Abwechselnd bekommt man mit, wie die Ermittler versuchen einen Rückstand aufzuholen während die Gejagten versuchen, der sich - manchmal langsamerer, manchmal schneller - zuziehenden Schlinge zu entkommen. Die Nebenereignisse - wie der Mord an einer Prostituierten, das Auftauchen hervorragender Ausweisfälschungen oder Kontakte eines Polizisten zu einem zwielichtigen deutschen Unternehmer - die nicht für jeden der Charaktere ersichtlich mit dem eigentlichen Fall zu tun haben, werden sehr gut in die Geschichte eingewoben. Das ergibt am Schluss eine schöne, runde Sache, ist wirklich gut geplant gewesen.

    Als neutral erachte ich den Deal, den der Amerikaner vorschlägt. Um was es sich handelt, das er verkaufen will, werde ich in dieser Rezension nicht verraten, aber ich bin mir sicher, dass es vielen Lesern als zu weit hergeholt erscheinen mag, das das U.S. Militär auch nur die Möglichkeit offen lässt, dass so etwas auf den Markt kommt. Auch mir kam der Gedanken, dass Lee Child hier wohl diesen oder jenen Film zu oft gesehen hat. Aber so wirklich in unserer Realität ist "Night School" wohl sowieso nicht angesiedelt.

    Okay, 1996, Hamburg. Zugegeben, ich war nicht dort. Und keine Zeit war jemals perfekt und wird perfekt sein, aber gerade die späten Neunziger habe ich als doch eher "gute" Ära Mitteleuropas in Erinnerung. Wie Hamburg im Jahre 1996 aber von Lee Child in diesem Roman beschrieben wird, erinnert etwas an die Darstellung des heutigen Deutschlands durch einen gewissen Präsidenten am Bosporus. Okay, fassen wir mal zusammen: Statistisch gesehen wohnte in Deutschland 1996 in zumindest jeder 200. Wohnung ein Schwerverbrecher. Nazi-Organisationen planten einen Putsch gegen die Regierung und hatten Spitzel in der Polizei - nicht umgekehrt. Deutsche Großstadtbürger waren es gewohnt, wenn sich alle paar Tage in ihrem Umfeld eine große Explosion ereignete und gerieten nicht in Panik. Auf der Reeperbahn fanden Sodomie-Live-Shows statt - die von außen ersichtlich über Plakate in Schaufenstern beworben wurden.

    Soweit so schlecht. Ich denke, diese Darstellung hat nicht viel mit der Realität zu tun, aber vielleicht irre ich mich ja auch. Allerdings will ich Lee Child hier gar nicht vorwerfen, wirklich "Fehler" gemacht zu haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass solche Beschreibungen Mitteleuropas bei vielen seiner amerikanischen Leser sehr gut ankommen. Schon interessant: Blicke ich auf Childs vorangegangen Romane zurück, so hat er zwar so einige amerikanische Orte beschrieben, die genauso abgründig sind wie Hamburg in "Night School". Nur interessanterweise waren diese amerikanischen Orte dann meistens fiktiv.

    Aber auch wenn man die Darstellung Hamburgs mal außen vor lässt, findet man doch so manches im Roman, das schlecht recherchiert wirkt bzw. einfach für die Ermittler günstig konstruiert. Was mir spontan einfällt ist die Lektion darüber, wie Menschen beim Entwenden eines Aktenordners aus einem Regal zwangsläufig einen Fingerabdruck auf dem Ordner daneben hinterlassen. Ich als Büroarbeiter frage mich, ob sich Lee Child der Existenz von Aktenordnern mit Griffloch bewusst ist. Ja, es gibt auch welche ohne Griffloch. Aber meiner Erfahrung nach verfügen 90 % der Aktenordner im Handel über dieses praktische Merkmal. Schon interessant wenn man bedenkt, dass Child seine Ermittler sehr gerne aufgrund statistischer Wahrscheinlichkeiten auf die richtige Spur bringt. Und auch das Öffnen einer Wohnungstür in einem deutschen Neubau mit einer Kreditkarte erschien mir nicht unbedingt glaubwürdig - aber natürlich fehlt mir in diesem Bereich jedwede praktische Erfahrung.

    Bewertung: Also im Grunde hat mir der Fall und die ganze Ermittlungsarbeit, wie sie im Roman geschildert wurde, sehr gut gefallen. Eie die einzelnen Handlungsstränge zusammengeführt wurden kann sich ebenfalls sehen lassen. Der Spannungsaufbau war sehr gelungen. Aber so nebenbei hatte ich als Leser ständig den Eindruck, als stolpere der Autor in einer Tour ohne es zu bemerken von einem Fettnäpfchen ins nächste wenn er die Umgebung beschreibt, in der sich Reacher bewegt. Ein Reacher, der in diesem Roman recht zwiespältig rüberkommt. Mir gefällt seine Zusammenarbeit mit der deutschen Polizei. In eine Schlägerei mit Anhängern des rechten Rands verwickelt, kommt es aber nicht so gut an, dass er auf deren Niveau sinkt und dieses nach seinem "Triumph" sogar noch unterbietet. (Wenn Reacher wissen will, wie es sich anfühlt, einen Krieg zu verlieren, hätte er dafür nicht nach Hamburg fliegen und einen Deutschen fragen müssen; ein Army-Veteran hätte ihm das auch sagen können.)

    Ich kann es nicht anders ausdrücken, aber für mich hat der Autor hier einfach zu viele schlechte Entscheidungen beim Ausschmücken getroffen, die von der eigentlich ganz unterhaltsamen Krimi-Story massiv ablenken. Das macht den Roman auch schwer zu bewerten, weil das Wesentliche ja doch ganz gut gelungen ist, das Unwesentliche aber arg aus dem Ruder gelaufen ist. Ich glaube, eine Durchschnittswertung von 3 Sternen kann ich vertreten. Ich kann mir sogar vorstellen, dass der Roman für manche Deutsche als Kuriosum oder Parallelwelt-Geschichte interessant sein könnte.
    Also mir hat Night School sehr gut gefallen. Der beste Roman seit Worth Dying For. Die etwas... schräge Darstellung des Deutschland des Jahres 1996 ist mir natürlich auch nicht entangen (insb. die widerliche Bar, in der Wiley sich mit der Informantin trifft, die Nazibar, oder auch dass ein offen rechtsradikaler Aktivist mal eben so bei den Stadtwerken angestellt sein kann), aber ich gewichte das tatsächlich gar nicht so hoch. Die Reihe hat noch nie den Anspruch erhoben, in der echten Welt zu spielen, also warum soll ich jetzt wert darauf legen, dass ein nach USA ausgewanderter Autor aus UK ein anderes Land autentisch darstellt? Wobei gerade Nazi-Spitzel im Sicherheitsapparat doch seit dem NSU-Skandal nichts Undenkbares mehr sind. Das schwerwiegendere Glaubwürdigkeitsproblem ist da mMn eher die Lässigkeit, mit der die US Army im Reacher-Universum den Schwund bei, erm, "delikaten Waffensystemen" zu nehmen scheint.

    Bemerkenswert fand ich diesmal den Showdown: Der ist nämlich einfach ausgefallen. Reacher und Friends spazieren da ganz gemütlich in Dremmlers Firma, sammeln die Waffen ein, Reacher legt den Bösewicht um und Ende im Gelände. Und ich fand das total okay. Die "Bosskämpfe" in den letzten Büchern waren nämlich alle ziemlich lame meiner Meinung nach, von daher finde ich es nicht schlimm dann einfach die Flucht nach vorne anzutreten. Zumal die Bücher ihre Spannung ohnehin mehr aus dem ziehen, was vor der finalen Abrechnung passiert.

    Also ja, mir hat es gefallen.

    Dann habe ich jetzt also noch vier Reacher-Romane vor mir. Dürfte zu schaffen sein, dass ich bis erschienen des 26. Buches dann auch endlich mal aufgeholt habe. Und dann gibt es ja noch die Nebengeschichten.

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  • Gast
    Ein Gast antwortete
    Zitat von MFB Beitrag anzeigen
    Das liegt auch daran, dass wir Reacher hier so angeschlagen wie selten erleben. Mit einer sehr schweren Gehirnerschütterung quält er sich eigensinnig durch dieses Abenteuer ohne sich medizinisch behandeln zu lassen. Hier scheint der Autor der Meinung gewesen zu sein, dass Reacher ob seiner Verhaltensweisen ohnehin kein Vorbild sein sollte, also hat er es auch in Sachen medizinischer Vorsorge keine Vorbildwirkung zu erfüllen. Nur die Starken überleben. (Und allen anderen kündigt der Präsident die Krankenversicherung. Wäre Reacher in einem Wählerregister, wüsste ich, für wen er bei den letzten Wahlen gestimmt hätte ) Also auch diesmal wieder ein Roman, in dem Reacher nicht gerade sympathisch rüber kommt. Diese mehren sich je länger die Reihe läuft.
    ???

    Ich finde, diese Weigerung, sich gescheit behandeln zu lassen, passt hervorragend zu Reacher. Die Nummer mit der Gehirnerschütterung war mMn der größte Pluspunkt an dem Buch. Zum Zeitpunkt des Romans ist Reacher schon Anfang 50 und es ist klar, dass er auch mal Gegner trifft, die schneller sind als er und ihm ordentlich wehtun können. Klar ist Reacher ein klassischer Äktschnheld, aber es schadet der Figur trotzdem nicht, wenn sie nicht ganz so supermännisch rüberkommt.

    Ansonsten... fällt Make Me für mich unter die Kategorie "einer von vielen". Die Art des Verbrechens war ja extrem grausam, wahrscheinlich die dunkelste Story in der gesamten Reihe neben Worth Dying For. Das Buch schmeißt routiniert die gewohnten Jack Reacher Rezepte zusammen, die wir alle schon kennen, aber diese Routine ist halt gerade das Problem. Nach 19 Büchern ist der Kick halt doch mal weg. Na ja, ich lese fleißig weiter, aber mir deucht es doch, dass man aus dem Format jetzt nicht unendlich Geschichten rauspressen kann.

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  • Gast
    Ein Gast antwortete
    Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen
    Das war jetzt schon der dritte Band in Folge, der bei mir unter "gut, aber haben wir schon besser erlebt" läuft. Es ist nicht zu leugnen, dass die Reihe doch Verschleiserscheinungen zu beginnen zeigt. Aber solange das Niveau nicht noch weiter absackt, werde ich weiterlesen. Lee Child hat ja mittlerweile seinen Rückzug angekündigt und die Reihe an seinen Bruder übergeben, wenn ich mich recht erinnere.
    Vier Monate später kann ich die Liste um einen vierten Teil erweitern. Personal ist gut, aber nicht überragend. Ich hatte ja zum Ende hin darauf gewartet, dass noch irgendein Twist kommt. Z.B. dass der MI5-Agent sich als Verräter entpuppt o.ä. und es nochmal so richtig haarig wird. Aber wie schon in den vorherigen Büchern spaziert Reacher einfach relativ geradeaus dem Showdown entgegen und frühstückt seine Gegner relativ problem- und schnörkellos ab. Diese kleine Offenbarung da am Ende bzgl. O'Day fand ich da nicht so aufregend, da sie quasi im Epilog kommt und keine weiteren Auswirkungen hat.

    Wenigstens hat der Autor das Klischee vermieden, dass Reacher am Ende irgendwie wieder in der Situation ist, seinen weiblichen Schützling loszuschicken jemanden zu verhaften. Da hatte ich schon ein paar Befürchtungen. Ich fand Nice und ihre Interaktion mit Reacher eigentlich sehr gelungen. Besonders bemerkenswert war dabei wie ihre Versagensangst permanent offen thematisiert wird, seine - die zweifelsohne auch da war, wenngleich Reacher das wohl nie zugeben würde, auch sich selbst gegenüber nicht - jedoch nicht. Dabei hat man doch als Leser sehr stark den Eindruck, dass Reacher mit seinen Aufmunterungen ihr gegenüber auch sich selbst mental den Rücken zu stärken versucht.

    Witzige Parallele übrigens: Auch in dem Roman Persuader, in dem ja die Geschichte mit Dominique Kohl erzählt wird, kommt ein geradezu übermenschlicher "Endgegner" vor, genau wie hier.

    Dass in Paris kein zweiter Schütze gewesen sein kann, ist mir übrigens auch sofort aufgefallen, denn auch ich habe mir sofort gedacht, dass eine Verzögerung von 3 Sekunden für die Leibwächter des Präsidenten genug Zeit sein müssen, diesen aus der Schusslinie zu bringen. Da hätten sowohl Reacher als auch andere Ermittler auch früher drauf kommen können.

    Mal sehen wie Make Me wird.

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    Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen
    So, im nächsten Buch trifft Reacher dann ja endlich Turner. Mal sehen wie sich das Buch im Vergleich zum Film schlagen wird. Bei One Shot fand ich die Filmadaption ja glatt besser als die Buchvorlage. Ich hoffe doch sehr, dass das diesmal nicht so ist, denn Never Go Back ist ein Film, den ich seit dem Kino nie wieder gesehen habe und auch nicht das Bedürfnis habe.
    So, ich habe Never Go Back vorhin beendet. Besser als der Film ist der Roman allemal, aber so recht zufrieden war ich auch nicht. Mir ging es ein wenig wie mit dem vorherigen Buch: Es fängt ganz vielversprechend an, aber im Verlauf baut die Spannung eher ab als auf. Die Bösewichte bleiben wieder fast ausschließlich im Hintergrund und das Ende ist extrem enttäuschend. Ich hätte mir schon etwas Aufregenderes gewünscht als dass Reacher und Turner vor der Tür rumstehen und sich der Feind wortwörtlich selbst das Licht ausknippst.

    Nicht total geflasht war ich auch vom Charakter Susan Turner und ihrer Interaktion mit Reacher, auch wenn ich alles andere als enttäuscht war. Es ist natürlich so, dass beim Leser schon eine gewisse Erwartungshaltung aufgebaut wird, wenn vier, fünf Bücher auf diese Begegnung hingearbeitet wird. Nun gut, das war schon okay. Reachers Tochter kommt ja nur am Rande vor, wobei evtl. hier durch den Film etwas falsche Erwartungen entstanden sind. Ich war auch fest davon ausgegangen, dass es hier einen Rückgriff auf die Ereignisse aus The Affair geben und die angebliche Tochter etwas mit der wilden Liebschaft von damals zu tun haben würde.

    Das war jetzt schon der dritte Band in Folge, der bei mir unter "gut, aber haben wir schon besser erlebt" läuft. Es ist nicht zu leugnen, dass die Reihe doch Verschleiserscheinungen zu beginnen zeigt. Aber solange das Niveau nicht noch weiter absackt, werde ich weiterlesen. Lee Child hat ja mittlerweile seinen Rückzug angekündigt und die Reihe an seinen Bruder übergeben, wenn ich mich recht erinnere.

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    Zitat von MFB Beitrag anzeigen
    Bewertung: Auch wenn die Auflösung der Pläne der Verbrecher am Ende zur Nebensächlichkeit degradiert wird, ist der Roman durchaus spannend, vor allem in der ersten Hälfte. Die zweite Hälfte ist dann eher „typisch Ein-Mann-Armee“. Jack Reacher wie man ihn kennt halt. Daher gibt es von mir für „Der Anhalter“ insgesamt 4 von 6 Sterne. Nach dem starken Beginn wäre mehr drinnen gewesen.
    Ich habe A Wanted Man schon vor ein paar Wochen beendet und fand den so mittelgut. Fängt gut an, baut dann aber kontinuierlich ab und das Finale fand ich auch nicht besonders aufregend. Reacher kämpft sich halt in altbekannter Manier durch diese Anlage... die Reihe hatte schon Besseres zu bieten. Auch die Gegner waren unter'm Strich sehr "gesichtslos" und nie so wirklich präsent in der Handlung. ME ist Jack Reacher dann am besten, wenn es schon frühzeitig eine Interaktion mit den Bösewichten gibt. Bemerkenswert, dass Reacher keine Affäre hat; dabei hatte ich mich zwischendurch schon gefragt ob er wohl noch nen Dreier mit den zwei FBI-Ladies schieben wird.

    So, im nächsten Buch trifft Reacher dann ja endlich Turner. Mal sehen wie sich das Buch im Vergleich zum Film schlagen wird. Bei One Shot fand ich die Filmadaption ja glatt besser als die Buchvorlage. Ich hoffe doch sehr, dass das diesmal nicht so ist, denn Never Go Back ist ein Film, den ich seit dem Kino nie wieder gesehen habe und auch nicht das Bedürfnis habe.

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  • MFB
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    Rezension: „Blue Moon” – Ein Jack-Reacher-Roman

    Auf Lee Child kann man sich wahrlich verlassen: Jedes Jahr bringt er einen neuen Roman über die Abenteuer des ehemaligen Militärpolizisten Jack Reacher heraus, der ziellos quer durch die USA reist. In "Blue Moon" verschlägt es ihn nach Kalifornien, in eine im Roman nicht namentlich genannte mittelgroße Stadt, in der albanische und ukrainische Gangsterbanden miteinander konkurrieren. Der reine Zufall will es, dass Reacher als - nicht ganz harmloser - Durchreisender zwischen die Fronten gerät ... und diese wie immer nachhaltig aufzubrechen versucht.
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    Reacher vereitelt einen Raubüberfall auf einen alten Mann, der ein prall gefülltes Bankkuvert bei sich trägt. Der Verlust des Geldes bleibt ihm zwar erspart, aber er verletzt sich bei dem Überfall etwas, weshalb Reacher anbietet, ihn zu begleiten. Denn der alte Mann - Aaron Shevick - muss pünktlich seine Schulden bei einem albanischen Kredithai zurückzahlen - daher das viele Geld. Im Lokal, wo das Treffen stattfinden soll, angekommen, fehlt von dem Kredithai aber jede Spur und der Barkeeper weist nach eine Telefonat Shevick an, etwas später wieder zu kommen. Auch zu diesem Treffen begleitet ihn Reacher, doch als sie diesmal das Lokal betreten, sitzt am Tisch des Kredithais kein Albaner, sondern ein Ukrainier. Ein Machtwechsel in diesem Teil der Stadt hat sich offenbar vollzogen und da die Ukrainer kaum im Bilde über die Geschäfte der Albaner sein können, bietet Reacher an, sich selbst als Shevick auszugeben. Das würde Shevicks wahre Identität schützen und Reacher erfährt in einem taktisch geschickt geführten Gespräch, dass der ukrainische Kredithai tatsächlich keine Ahnung hat, wie viel Geld Shevick schuldig ist. Reacher kann sich problemlos vom Acker machen, nachdem er nur einen Bruchteil der Schulden zurückgezahlt hat.

    Doch das durch dieses Manöver eingesparte Geld erweist sich nur als Tropfen auf den heißen Stein. Denn die Familie Shevick muss laufend hohe Geldbeträge für eine teure medizinische Behandlung ihrer Tochter überweisen, die ihre Gesundheitsvorsorge aufgrund betrügerischer Machenschaften ihres ehemaligen Bosses verloren hat. Aaron Shevick muss sich erneut Geld ausleihen, aber in den Augen des neuen ukrainischen Kredithais ist Aaron Shevick kein gebrechlicher alter Mann, sondern ein zwei Meter großer, kräftiger Kerl. Kein Problem denkt sich Reacher und wickelt mit dem Ukrainer auch diesen Deal ab. Aus dem Ruder läuft das Ganze jedoch, als die Ukrainer darauf bestehen, Reacher nach Hause (bzw. zu Shevicks Haus) zu begleiten, um dessen Familie "kennen zu lernen" - eine recht unverblümte Drohung. Reacher gewinnt etwas Zeit, indem er seine zwei ukrainischen Begleiter in die Pampa navigiert, aber schließlich bleibt ihm nichts anderes übrig, als die beiden zu attackieren, worauf es zu einem Unfall kommt, bei dem beide Ukrainer umkommen.

    Eine Entwicklung, die den echten Aaron Shevick natürlich in große Gefahr bringt, weshalb Reacher beschließt, seinen Aufenthalt in der Stadt zu verlängern. Doch zu seinem Glück glauben die Ukrainer, die Tötung ginge auf das Konto ihrer albanischer Rivalen, wodurch ein irrer Dominoeffekt ausgelöst wird, bei dem sich die beiden Banden nach und nach gegenseitig dezimieren.

    Fazit: Dass Jack Reacher sich kurz nach seiner Ankunft an einem Ort gleich mal mit den vorherrschenden Verbrechern anlegt, ist nicht neu. Da es in diesem Roman aber zwei rivalisierende Banden gibt, erhält die Geschichte einen neuen Dreh, zumal hier ein Kleinkrieg zwischen den Albanern und Ukrainern entbrennt, den Reacher auslöst, von dessen Verlauf er aber lange gar nichts mitbekommt. So brutal die gegenseitigen Vergeltungsschläge der beiden Banden auch sind, sind sie doch auch die Quelle von absurdem bis schwarzem Humor. Im Endeffekt beginnen die beiden Banden ihren Krieg aufgrund von Fehlinterpretationen - quasi "Fake News", ein Thema, das im weiteren Verlauf der Story ebenfalls noch eine Rolle spielen wird.

    Die Ziele, die Reacher in diesem Roman verfolgt, sind sehr ehrenwert. Er will die Shevicks schützen und deren Tochter die medizinische Behandlung finanzieren, indem er ihren betrügerischen Ex-Boss ausfindig macht, der sich aber von den Ukrainern gegen Erbringung diversere "EDV-Dienstleistungen" verstecken und schützen lässt. Was Reacher mit dem Ex-Boss allerdings am Ende anstellt, schießt wieder einmal über das Ziel hinaus. Es erinnert mich auf unangenehme Weise an eine Passage aus dem Roman "Trouble", in dem Reacher ebenfalls nicht nur an der Grenze der Verhältnismäßigkeit entlangwandert, sondern sie meilenweit überschreitet.

    Was ebenfalls ein wenig an "Trouble" erinnert, ist der Umstand, dass sich Reacher hier mit einem schlagkräftigen Team von Veteranen umgibt, die ihn unterstützen. Es sind allerdings hier nur Zufallsbekanntschaften - der eine kennt den, der andere den und so bildet sich ein durchaus sympathisches Team mit sehr gemischter Militärvergangenheit. So bleibt die Truppe eigentlich angesichts ihrer Zusammensetzung erstaunlich klischeefrei. Das gilt eigentlich auch für die Gangsterfraktionen. Ja, sicher hat hier Lee Child zwei "übliche" Herkunftsländer gewählt, aber das Übel liegt eigentlich in der Stadt selbst und wären die dort eingezogenen Gangster nicht aus Albanien und der Ukraine gekommen, könnten sie genauso aus Österreich und der Schweiz sein. Das spielt für die Geschichte keine Rolle.

    Bewertung: "Blue Moon" ist eine interessante Mischung aus Humor und Gewalt mit einer Geschichte, die ihr Herz am rechten Fleck hat. Eigentlich sehr gelungene Krimi/Thriller-Unterhaltung, aber zumindest eine Szene störte mich doch gewaltig. Aber nicht so sehr, dass sie den unterhaltsamen Roman komplett runterzieht. Aber statt 5 Sternen gebe ich doch "nur" gute 4 Sterne. Ein bisschen Strafe muss sein. Aber verhältnismäßig.

    _______________________________

    Diese und weitere Rezensionen - wie auch meine eigenen Star Trek-Romane zum kostenlosen Download - findet ihr wie gewohnt auch auf meinem Blog:

    https://rumschreiber.wordpress.com

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  • Gast
    Ein Gast antwortete
    The Affair.

    Naaa ja. Ich war gar nicht so sehr angetan von dem Buch - was man, wieder mal, an der deutlich längeren Lesedauer erkennen kann. Habe zwischendurch sogar mal ein anderes Buch (nämlich das PARTEI-Buch von Martin Sonneborn ) gelesen. The Affair fängt stark an, aber baut dann ab ca. der Mitte ab. Zwar wird es dann nochmal ein wenig spannender, aber die Auflösung fand ich recht Banane. Reacher übt sich mal wieder in Selbstjustiz und covert das Ganze dann in einer für mich recht unglaubwürdigen Weise. Als ob niemand feststellen könnte ob ein Auto frontal getroffen wurde oder seitlich. Das erinnerte mich stark an die alberne Aktion mit dem "abgestürzten" Hubschrauber am Ende von Bad Luck and Trouble.

    €: Ach ja, ich hatte auch stark das Gefühl, dass der Autor, nachdem er jetzt zwei Romane keine Liebschaft eingebaut hat, hier etwas aufgestauten Dampf ablassen musste, wenn wir gleich zehn Seiten lang oder was beschrieben kriegen wie Reacher die Uschi da knallt.

    Ich finde es außerdem ein bissel lame, dass auch der zweite Fall aus Reachers Zeit als aktiver Soldat wieder mal hochpolitisch ist und etwas vertuscht werden muss. Unnötige Parallelen zu The Enemy. Gefallen hat mir hingegen die Einflechtung anderer Charaktere, inklusive Joe.

    Es stehen ja noch zwei weiteren Reacher-Romane im Regal. Aber erstmal werd ich wieder ein paar andere Sachen lesen. Vielleicht war es etwas viel Jack Reacher in letzter Zeit.

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  • Gast
    Ein Gast antwortete
    Vorgestern habe ich Worth Dying For beendet. Wohl das krasseste Verbrechen, das Reacher bisher aufzuklären hatte, aber abermals ein sehr gutes Buch. Schade, dass ich nach der Niete von Nothing to Loose so eine lange Pause eingelegt habe. Die Serie gibt wieder richtig Gas.

    Die depperten Handlanger der ganzen Gangsterfraktionen waren zwar einerseits ganz witzig wie sie sich alle gegenseitig ausgeschaltet haben und vollkommen irre Theorien entwickelt haben. Andererseits fand ich es auch etwas... bequem, wie sich jeder, der Reacher gefährlich werden könnte, praktischerweise selbst ausschaltet. Na ja, war jetzt kein sooo großes Ding.

    Allerdings merkt man auch, dass Reacher langsam alt wird. Im vorletzten Roman wurde er schon angemessert. Im letzten Roman ist er gerade so noch entkommen. Diesmal wird ihm sogar die Nase gebrochen. Bin gespannt ob das Thema demnächst nochmal explizit thematisiert wird. Weil ewig lange kann auch Jack Reacher nicht stets der Schnellste und Stärkste sein.

    Bin gespannt, wie es weitergeht. Der nächste Teil hat mich schon in seinen Bann gezogen.

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  • MFB
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    Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen
    Na ja, das wäre wohl auf die eine oder andere Art ziemlich unsinnig geworden. Mit einem deutlich anderen Charakter wäre es nicht mehr Jack Reacher gewesen und mit einem ähnlichen Charakter ein langweiliger Aufguss.
    Bei Turner ist neben dem Geschlecht sicher auch der größte Unterschied, dass sie noch im aktivem Dienst ist. Das wäre für die Geschichten schon mal ein Ansatzpunkt - wenngleich es auch kein Hindergrundsgrund für Lee Child war, immer wieder mal zwischendurch Prequel-Geschichten zu schreiben, die während Reachers aktiver Dienstzeit angesiedelt waren. Tatsächlich zählen mit "Die Abschussliste" und "The Affair" (dt. "Der letzte Befehl") sogar zwei dieser Prequels zumeinen absoluten Favoriten unter den Reacher-Romanen.


    Dass es ein kleines Cliffhangerchen gibt am Ende ist mal was neues. Die nächsten Bücher sollen ja auch lose miteinander verknüpft sein - weshalb die schon alle bei mir im Bücherregal bereit stehen.
    Die Verknüpfung als lose zu bezeichnen, ist fast schon übertrieben, also nicht zu viel davon erwarten. Unabhängig davon hatte die Romanreihe meiner Meinung nach aber eine wirklich starke Phase während Reachers Reise nach Virginia. Und der tolle Prequel-Roman "The Affair" wurde ja auch noch dazwischen eingestreut (kommt aber in der deutschen Veröffentlichungsreihenfolge erst danach, weil man vermutlich "Die Gejagten" vorziehen wollte, damit er zeitnah zum Kinostart des 2. Kinofilms, der auf "Die Gejagten" basiert, erscheinen konnte).

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  • Gast
    Ein Gast antwortete
    Zitat von MFB Beitrag anzeigen
    Das Wissen darum, dass es noch weitere Reacher-Romane gibt, nimmt dem Ende von „61 Stunden“ aber auch etwas die Spannung. Nach einem wahrlich bombastischen Schluss lässt der Roman nämlich offen, ob Reacher aus der Sache noch heil herausgekommen ist. Hat Lee Child mit dem Gedanken gespielt, den 14. Reacher-Roman zum letzten zu machen – und eventuell mit Susan Turner als Hauptcharakter fortzufahren? Zumindest hatte ich diesen Eindruck am Schluss.
    Na ja, das wäre wohl auf die eine oder andere Art ziemlich unsinnig geworden. Mit einem deutlich anderen Charakter wäre es nicht mehr Jack Reacher gewesen und mit einem ähnlichen Charakter ein langweiliger Aufguss.

    Mir hat 61 Hours auch saugut gefallen. Einer der besten und spannendsten der Reihe, obwohl sogar ich schon recht früh den Chief im Verdacht hatte, Platos Mann zu sein. Plato wiederum kommt allerdings etwas aus heiterem Himmel in die Story gefallen und irgendwie habe ich nicht so recht mitbekommen wie das Bolton PD eigentlich ursprünglich die Connection zwischen der Biker Gang und ihm aufgedeckt hat. Womöglich habe ich nicht ganz aufgepasst.

    Dass es ein kleines Cliffhangerchen gibt am Ende ist mal was neues. Die nächsten Bücher sollen ja auch lose miteinander verknüpft sein - weshalb die schon alle bei mir im Bücherregal bereit stehen.

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  • Gast
    Ein Gast antwortete
    Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen
    Beim nächsten Mal wieder besser, wenn's geht.
    Nach über einem Jahr habe ich auch mal wieder weitergelesen. Der 13. Roman Gone Tomorrow war in der Tat wieder deutlich besser und gehört für mich jetzt zwar nicht zu den besten der Reihe, aber im vorderen Mittelfeld ist er auf jeden Fall. Das liegt einfach daran, dass zwar die typischen Stilelemente (Solide Story; Reacher, der seine intellektuelle Überlegenheit, insbesondere bei Verhören , in Kombination mit seinem kacktrockenen Humor auslebt) wieder gekonnt umgesetzt werden, aber am Ende doch ein wenig der Pepp fehlt. Dass er die Braut flachlegt war auch diesmal wieder komplett überflüssig, aber das muss wohl so sein. Am Ende hat mich auch etwas gestört, dass man dann doch nicht erfahren hat, was denn nun an dem Foto so weltbewegend war.

    Übrigens würde mal interessieren ob den Mudschaheddin zugeschriebenen Grausamkeiten der Realität entsprechen.

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  • MFB
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    Rezension: "Past Tense"

    Auch in diesem Jahr präsentiert uns Lee Child ein neues Krimiarbenteuer des ehemaligen Militärpolizisten Jack Reacher. Diesmal begibt sich Reacher auf Ahnenforschung und rettet ein kanadisches Pärchen. Beides rein zufällig.
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: reacher_past_tense cover.jpg Ansichten: 1 Größe: 129,1 KB ID: 4512759




    Reachers Reisen quer durch die Vereinigten Staaten ist seit jeher ziellos, diesmal entschließt er kurzerhand das Land von Nordosten nach Südwesten zu durchqueren, kommt allerdings nicht weit, als er an einer Weggabelung ein Ortsschild von Laconia, New Hampshire entdeckt. Er selbst war noch nie dort, doch er erinnert sich, dass sein Vater - Stan Reacher - dort aufgewachsen ist, ehe er mit 17 zum Militär ging und aus nicht ganz eindeutigen Gründen nie mehr zurückkehrte.

    Nun zählt ein Jack Reacher nicht gerade zu den sentimentalsten Menschen auf der Welt, aber ganz gewiss zu den neugierigen, die einer Fährte folgen. Und so beschließt Reacher, Laconia einen Besuch abzustatten und nachzusehen, welche Unterlagen die Behörden der Stadt und des Countys über Reachers Vater und väterlichen Großeltern haben. Erstaunlicherweise recht wenig, doch sieht es ganz so aus, als wäre Stan Reacher in seiner Jugend mal in eine Schlägerei verwickelt gewesen. Und rein zufällig gerät Reacher selbst in beinahe dieselbe Situation, als er einer Frau vor einem Übergriff rettet und dabei den Sohn einer lokalen Berühmtheit krankenhausreif prügelt. Und auch als sich Reacher mit einem Farmer anlegt, der widerrechtlich Land okkupiert hat, über den ein Weg zum früheren Haus von Reachers Großeltern führt, macht sich Reacher keine Freunde. Das Resultat: Gleich 2 nach Laconia gerufene Schlägertrupps machen Jagd auf Reacher.

    Aber Reacher und diese Schläger sind nicht die einzigen Neuankömmlinge im County. Auch das kanadische Pärchen Patty und Shorty - die sich in Florida ein neues Leben aufbauen wollen - bleiben mit ihrem Wagen liegen und beziehen notgedrungen ein abgelegenes Motel etwas außerhalb von Laconia. Das Motel macht einen ordentlichen Eindruck, aber die Besitzer - 4 Junge Männer, einer davon mit Nachnamen Reacher - wirken unheimlich und vor allem Patty bekommt den Eindruck, dass absichtlich Sabotage an ihrem Wagen und der Telefonleitung begangen, sowie Fehlinformationen vermittelt werden, um ihren Aufenthalt künstlich zu verlängern. Und als sich eines Tages plötzlich die Türen ihres Zimmers nicht mehr öffnen lassen und weitere Gäste mit zweifelhaften Absichten eintreffen, wird klar, dass sie in eine Menschenfalle getappt sind.

    Fazit: Der Roman liest sich sehr angenehm. Reacher will ja nur ein wenig Zeit in einer mittelgroßen Stadt verbringen und ein paar Informationen einholen, um seine Neugier zu stillen, aber keineswegs, weil sein Seelenheil davon abhängt. Insofern ist der Roman teilweise ein Leitfaden, wie man (zumindest in den USA) etwas über die eigenen Vorfahren in Erfahrung bringen kann. Aber natürlich - wie immer - werden Reachers friedliche Absichten gestört, von einem Möchtegern-Vergewaltiger, der ihn aus dem Schlaf reißt, oder von einem Apfelfarmer, der Reacher daran hindern will, eine von ihm okkupierte öffentliche Straße zu betreten. Wie Reacher in diesem Roman damit umgeht, ist - zumindest für seine Verhältnisse - schon erstaunlich zivilisiert. Es gefällt mir immer sehr, wenn Reacher alternative Lösungen für ein Problem vorschlägt, in dem Wissen, dass sein Gegenüber ohnehin stur bleiben wird und erst recht in Reachers Faust laufen wird. Die Konfliktszenen sind diesmal gar nicht besonders grimmig, ihnen haftet sogar etwas Slapstick-artiges an. Für den Leser ist dieser Teil des Romans also durchaus entspannend bis humorvoll.

    Ganz anders ist die parallele Handlung rund um Patty und Shorty. Es ist wohl das klassische Albtraumszenario: in einer gottverlassenen Gegend eine Autopanne zu haben, die einzigen Gäste in einem Motel zu sein und vom Wohlwollen von Unbekannten abhängig zu sein. Diese Szenen, in der man lange selbst nicht so genau weiß, worauf das alles hinauslaufen soll, sind sehr spannend und unheimlich. Aber auch wenn die Auflösung stimmig ist, zu dem erwähnten klassischen Szenario passt und dementsprechend Patty und Shorty schließlich um ihr Leben fürchten müssen, hatte ich lange Zeit den Verdacht, die Sache könnte sich am Ende als etwas geradezu absurd harmloses herausstellen. Aber es ist gewiss keine nahe liegende Annehmen. Es ist nur so, dass diese Passagen phasenweise richtige Nervenkitzler waren, dass ich einen Kontrast dazu erwartete. Aber diesen Kontrast liefert hauptsächlich die Parallelhandlung mit Reacher.

    Ein echtes Manko des Romans ist vielmehr, dass die Handlungsstränge nur zufällig zusammenlaufen. Es spielt am Ende keine Rolle, dass einer der vier Motelbetreiber ein entfernter Verwandter von Jack Reacher ist. Reacher benötigt lediglich einen Schlafplatz und ist rein zufällig passend zur Stelle, wenn es für das kanadische Pärchen um alles geht. Natürlich ist Reachers Hilfe entscheidend, aber ich muss schon sagen, dass sich Patty und Shorty auch zuvor schon gut schlagen. Shorty ist ein wenig nervig, aber vor allem Patty ist ein echter Sympathieträger, mit der man mitzittert.

    Bewertung: Im Grunde enthält "Past Tense" drei Geschichten in einem Band: Reachers Ahnenforschung, die Vorkommnisse im unheimlichen Motel und schließlich den Überlebenskampf. Alle drei haben was für sich und vermitteln dem Leser sehr unterschiedliche Gefühle. Tritt Reachers Nachforschung gerade etwas auf der Stelle, wechselt der Schauplatz und wir erleben, wie z.B. Patty etwas entdeckt und misstrauisch wird. Es ist aber wirklich schade, dass die beiden Parallelhandlungen vor dem Finale keine Berührungspunkte haben. Das Finale könnte für sich allein sogar als Reacher-Kurzgeschichte funktionieren. Deshalb - und weil die Geschichte thematisch und emotional nicht mit dem tollen Roman "The Midnight Line" mithalten kann, gebe ich nur solide 4 Sterne.

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