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    Call of Darkness

    Hy, ich bin neu hier und wollte mal Meinungen einholen zu einer Geschichte, die ich momentan schreibe. Gibt es zwar schon in zwei anderen Foren, aber da findet man sonst eigentlich nur Fantasy und die Storry gehört da irgendwie einfach nicht so recht hin. Ich werde wohl auch noch ein Diskussionsthema hierzu öffnen, wenn es sich denn lohnt.

    Zur Storry: Es ist ein Düsterer Genremix aus Scifi, Cyberpunk und Horror, der am anfang noch stark an Shadowrun erinnert. Ich versuche aber aus dessen Schatten auszubrechen.

    Würde mich über Rückmeldung freuen, bin für jede Art von Kritik offen.


    Call of Darkness

    Prolog

    1

    Die Läufe der schweren Revolver qualmten noch, als Vincent sich neben seinem zuckenden Opfer niederließ. Sichtlich durch Todesqualen gepeinigt lag der Wehrwolf dort an die Wand gelehnt und blickte starr in den dunklen Raum, dessen Wände und Boden von Kampfspuren gezeichnet waren. Er sprach kein Wort. Der Mann, der sich neben ihn gehockt hatte, steckte die Waffen zurück in die Rückenhalfter, streifte sich die langen, weißen Haare mit der linken Hand aus dem Gesicht und nahm aus seiner Hosentasche eine Schachtel Zigaretten und ein Feuerzeug hervor. Nachdem er sich eine der Zigaretten angesteckt und den Qualm des ersten Zuges vor der schwer verwundeten Kreatur in die Luft gepustet hatte, griff er nach einem kleinen silbernen Objekt, welches an einem Gurt hing, der Quer über die Brust des Mannes gespannt war. Vincent hielt dem Wehrwolf das kleine Gerät unter die Nase und fing an zu sprechen. „Die Patronen in deinem Körper geben kontrollierte Dosierungen von Silberstaub ab. Es ist zu wenig um dich zu töten, aber es reicht um dich zu lähmen und dir echte Höllenqualen zuzuführen. Will jetzt echt nicht in deiner Haut stecken, mein Pelziger großer Freund.“
    Der Wehrwolf drehte die schwarzen Schlitze seiner Pupillen in die Richtung seines Peinigers und sah ihm mit einem Ausdruck aus Hass, Angst und Verzweiflung an. Dieser Fuhr nun ruhig und gelassen fort. „Mit dieser kleinen Fernbedienung kann ich den Ausstoß regeln. Ich kann ihn auch stoppen, oder ich lasse die Patronen explodieren und schicke dich so zurück zur Hölle. Das hängt ganz davon ab, was du mir erzählen willst.“
    Die Kreatur am Boden neben ihm zitterte vor Schmerz und Wut. Dann bellte er mit zitternder Stimme los. „Was willst du von mir, Mann?“
    Vincent ließ sich locker zur Seite fallen, und lehnte sich neben dem Biest an die Wand an. Ohne irgendeine Spur von Hektik zu zeigen zog er genüßlich an seiner Zigarette, während der Wehrwolf neben ihm mit dem Leben rang.
    „Du kennst jemanden, der mir in einer... persönlichen Angelegenheit weiterhelfen könnte.“
    „Wer soll das sein?“
    Vincent tippte mit der Fernbedienung an den linken Arm der Bestie welcher schlaff vom Körper herabhing. Ein dumpfes metallisches Geräusch erklang und ließ auf Eisen schließen, welches unter dem Fell der Bestie verborgen lag.
    „Diese Implantate die du da hast. Ich suche den Typen, der dir die eingesetzt hat.“
    „Ich hab Dich ganz doll lieb Dich!“ kam die Antwort über die bebenden Lippen es Ungetüms, woraufhin der Mann neben ihm per Fernbedienung einen Starken Strom von Silber in seinen Körper fließen ließ. Ein lautes schmerzhaftes Brüllen war zu hören. Dann entschloß sich der Wehrwolf zu reden.
    „Ich habs bei nem Typen namens Gidian machen Lassen. Er hat nen Laden in den Slums!“
    „Nie gehört. Hier auf Maragor?“
    Der Wehrwolf kniff vor Schmerzen die Lippen zusammen und die Reißzähne bohrten sich dabei in den Unterkiefer. „Nein Mann. Auf der Erde. Er ist auf der Erde!“
    „Na also“ sagte Vincent mit ruhiger, geduldiger Stimme. Daraufhin stand er auf, klemmte dem Wehrwolf seine Halb gerauchte Kippe zwischen die Lippen und machte sich auf den Weg zur Tür.
    „Hey Mann!“ hörte er einen Schrei hinter sich. „Was ist mit den Patronen?“
    Vincent sah kurz auf die Fernbedienung und drückte dann den Roten Knopf an der unteren Seite. Schlagartig waren vier dumpfe Schläge Aus dem Körper des Wolfsmenschen zu hören und dann sackte er Leblos in sich zusammen. „Hat sich erledigt“ murmelte Vincent vor sich hin und verließ den dunklen Raum.

    2

    Die Drillingsmonde standen hoch am nächtlichen Himmel als Vincent zu seiner Maschine zurückkehrte, die geduldig vor dem baufälligen Gebäude wartete in dem der Dunkelelf sein Opfer aufgespürt und besiegt hatte. Die „Bullseye“ war ein Motorrad, welches sich durch seine bullige, brutale und maskuline Optik bei Kopfgeldjägern großer Beliebtheit erfreute und eben so einem hatte Vincent sie auch abgenommen. Er ging auf das Gefährt zu und ließ sich auf dem breiten, ledernen Sitz nieder. Die Erde, dachte sich der Dunkelelf, doch noch bevor er diesen Gedanken weiterführen konnte fingen die Kabel und Rohre unter dem Sitz an zu flimmern und aus dem Motor schossen mehrere kleine Lichter. Die leuchtenden kugeln flogen kurze Zeit elegant durch die Schwärze der Nacht und ließen sich schließlich auf der Maschine nieder. Eins der Lichter schwebte Sanft auf die Schulter des Dunkelelfen und nun konnte man die Gestalt in dem Licht erkennen. Eine zarte, zierliche Silhouette, mit ausgeprägten weiblichen Zügen, doch sie war im Prinzip geschlechtslos, denn zur Fortpflanzung waren diese Wesen nicht gedacht. Eine liebliche, mädchenhafte Stimme drang ans Ohr des Dunkelelfen.
    „Na Meister Vincent. Habt Ihr gefunden, wonach ihr gesucht habt?“
    Vincent nahm ein schwarzes Haargummi aus einer seiner Brusttaschen, streifte die Haare mit der linken hinter den Kopf und band sie mit dem Gummi zu einem Zopf zusammen, während er abwesend dabei zusah, wie die kleinen Lichtgestalten auf seinem Lenker herum tanzten. Als er fertig war und die langen, weißen Haare, die teilweise von geflochtenen Strähnen durchzogen wurden, den Rücken hinunter hingen, sah er kurz zum dunklen Himmel der Nacht auf. Dann antwortete er der kleinen Lichtgestalt auf seiner Schulter.
    „Ja Liliell. Alles erledigt.“
    Das Wesen fing lieblich an zu kichern und sofort gesellte sich ein weiteres der kleinen Lichter zu ihnen, welches sich auf die andere Schulter setzte.
    „Sie ist Liliell. Ich bin Lariell!“
    Der Dunkelelf verdrehte die Augen in den Höhlen und zog schließlich die Schlüssel aus der Hosentasche um die Maschine zu starten.
    „Wir fahren Los, also macht, dass ihr wieder an euren Platz kommt, oder ihr bleibt hier.“
    „Aber sicher Süßer!“ Antwortete Liliell, die erst später dazu gekommen war und erhob sich von der Schulter des Mannes.
    „Es heißt Meister, du respektloses Ding!“ fuhr Lariell ihre Schwester an während die beiden nebeneinander in Richtung Motorblock schwebten und mit den anderen Lichtern schließlich darin verschwanden. Schashiren, dachte sich Vincent etwas genervt. Genau so nützlich wie nervtötend.
    Aus dem Motor waren noch leise die Stimmen der Maschinengeister zu hören doch als Der Dunkelelf den Motor startete wurden sie vom Knurren der Plasmaspulen übertönt.

    3

    Der Raum war in den zwielichtigen Schein dutzender Monitore gehüllt, auf denen unaufhörlich verschiedene Zahlenmuster und Kombinationen durchliefen. In den Schatten zwischen den Monitoren summten und ratterten die Prozessoren leise vor sich hin während sie die Daten in Höchstgeschwindigkeit verarbeiteten, die das Netz des globalen Hyperspace durch sie jagte. hin und wieder wurden sie von einem leisen Grunzen übertönt, welches der in die Jahre gekommene Wachmann von sich gab, der vor sich hin dösend im halbdunkel des Raumes saß. Die weißen Zahlen und Buchstaben auf dem schwarzen Hintergrund der Bildschirme warfen abwechselnd von verschiedenen Seiten Licht auf die alternden Züge seines Gesichtes.
    Plötzlich viel einer der Monitore aus. Er wurde komplett schwarz und der Raum, der außer von den Bildschirmen von keinem Licht beleuchtet wurde, schien sofort merklich dunkler.
    Langsam und gähnend erwachte der alte Wachmann und sah sich um. Als sein Blick auf den erloschenen Monitor viel, war er wieder hellwach.
    "Hey, was zum Teufel..."
    Während er noch vor sich hinmurmelnd darüber nachgrübelte wo der Fehler wohl liegen könnte, erschienen einige wenige Buchstaben am oberen Bildschirmrand und bildeten schließlich eine Reihe von Worten in einer fremden Sprache. Immer mehr dieser Worte reihten sich aneinander und füllten schließlich den gesamten Blidschirm.
    "Ich muss mal aufs Kloe!" murmelte der Mann, der keine einzelne Zeile Lesen konnte und rief mit einem druck auf einen der Knöpfe an seinem Armband eine Holotafel auf, die grün flimmernd erschien und im raum schwebte.
    "Sam, bist du da?"
    ein kurzes klicken in der Leitung. Dann antwortete eine gelangweilt klingende Männerstimme über die Leitung.
    "Ja, was gibts?"
    Der alte Wachmann sah sich noch einmal die Zeilen auf dem Monitor an und berichtete dann von seinem Problem. Als Sam auf der anderen Seite länger Zeit nicht antwortete nahm er das Gespräch wieder auf.
    "Sam, haben wir jemanden online? Auf... " er überprüfte kurz die Leitungsnummer über die der Rechner lief. "auf Rute 233?"
    Kurzes schweigen, dann meldete sich Sam wieder über die Holoverbindung.
    "Nein nicht das ich wüsste..." Er klang nachdenklich und abwesend. Dann war er wieder zu hören, doch nun ernster.
    "Hier ist etwas auf der Leitung. Ich weiß nicht was, aber ein Agent ist nicht online..."
    Kurze Stille.
    "warte, ich schicke jemanden."

    "Rick kannst du dich einloggen? Wir haben ein Problem auf der Rute 233!"
    Sam saß bequem angelehnt in seinem großen Ledersessel. diese Sache mit dem Onway hatte endlich einmal etwas Abwechslung in den tristen Alltag seines Jobs gebracht, auch wenn es wahrscheinlich nur ein unbedeutender Fehler war. Das Kontrollzentrum, in dem er die Aufsicht hatte, hatte schon lange keine bedeutenden Computerfehler mehr gesehen. Mit der Zeit hatten sich die Programme und die Hardware so verbessert, dass sie sich selbst schützen, reparieren und verteidigen konnten. Die wenigen Menschen die noch hier tätig waren waren nur noch dafür da, die Hardware zu überprüfen und wenn nötig Komponenten zu ersetzen.
    Rick, ein junger Hacker der noch nicht lange hier angestellt war, drehte sich in seinem Stuhl zu Sam um, warf einen kurzen Blick auf den Mann und nickte knapp. Er nahm einen Netzstecker von seinem Schreibtisch und schloss ihn an das Modul in seinem Hinterkopf an. Dann wählte er die Koordinaten der Rute über seinen Computer.
    "O.K," sagte er, als er damit fertig war. "Kann losgehen."
    "Gut" antwortete Sam. Dann fiel ihm noch was ein.
    "Bevor ich es vergesse, du solltest eine Leitung offen halten zu Wackrass. Der Alte auf 7d!"
    Rick nickte erneut. Dann wechselte sein Bewusstsein auf die Onways.

    Die Projektion der holografischen Bildfläche flackerte kurz. Das war das Zeichen, dass jemand auf der Onwayverknüpfung von Route 233 war. Wackrass, der alte Wachmann aus 7d runzelte die Stirn und dachte nach. Er war schon seit Jahren in dieser Abteilung tätig und so etwas war ihm noch nicht unter gekommen. Er wusste, dass die jungen Leute das auf die leichte Schulter nehmen würden, doch etwas wahr falsch an der ganzen Sache. Es war kaum möglich, dass sich jemand von Außerhalb in das System eingeklinkt hatte. Aber was, wenn es doch so war? Wer konnte schon wissen welch große Talente es sich zur Aufgabe gemacht haben könnten die größte digitale Hochburg des Bekannten Universums zu hacken.
    "Wackrass, können sie mich hören?"
    Die Stimme kam leicht verzerrt und mit leisen, metallischen Hintergrundgeräuschen unterlegt aus dem Holoschirm. Die Stimme aus einer der Routen.
    "Laut und deutlich!" antwortete der Wachmann. "Sind sie auf der 233?"
    Kurzes, statisches Rauschen, dann erklang wieder die Stimme.
    "Nein, aber auf dem Weg dahin."

    Eine Hand griff nach dem Icon, die Schleuse zwischen Route 231 und 232. Das große, runde Symbol schwebte in der digitalen Finsternis und Rick trieb körperlos darauf zu. Ab und zu erschien ein Dokument oder eine Tabelle. Zahlen rauschten in großem Tempo durch Ricks Blickfeld, welches seine komplette Umgebung erfasste. Er sah alles. Vor ihm hinter ihm und neben ihm. Alles gleichzeitig. Wie es in der Realität einer Fliege ging, so hatte man es ihm in seiner theoretischen Ausbildung erklärt und später, in der Praxis hatte er verstanden, was damit gemeint war.
    Es war für ihn immer ein Genuss die Onways zu benutzen. Man fühlte sich Körperlos, allwissend und frei in einer Welt, in der alles möglich schien. Seine Hand, obgleich er nicht wusste ob sie da war, denn er konnte sie nicht sehen, drückte das Icon und er betrat die 232.
    Diese Route war gerade in Benutzung. Überall erschienen Bilder, Texte, kurze Sequenzen aus irgendwelchen Filmen. Rick bahnte sich seinen Weg und hielt kurz inne als neben ihm ein Porno aus dem nichts auftauchte. Eine Elfe, wunderschön und elegant, mit den langen, charakteristischen Spitzohren und dunkelroten fordernden Augen, rekelte sich in einer großen, überscheumenden Badewanne. Gerade als der männliche Darsteller, ein Terosianer, der in seinem Auftreten im krassen Gegensatz zu der elfischen Schönheit stand, zu ihr in die Wanne stieg verschwand das Bild wieder und an seiner Stelle trat das Icon einer Musikdatei woraufhin leise das dazu gehörige Lied im Hintergrund dudelte. Hätte Rick in diesem virtuellen Dschungel einen Kopf gehabt, hätte er ihn jetzt mit einem leichten Grinsen auf den Lippen geschüttelt. Auf was für Sachen manche Leute stehen...
    Er kam zu der nächsten Schleuse. Doch diese hatte sich verändert. Das Icon, welches der Übergang zur Rute 233 war, hatte sich vom ursprünglichen Grün zu Knallrot verfärbt und die Zahlen darauf verschwammen. >Hier stimmt was nicht. < Diese Worte sendete er über eine offene Leitung noch an Wackrass und Sam, dann streckte er die Hand aus um das Icon zu berühren und die Schleuse zu öffnen. Dies war der größte Fehler seines Lebens, und auch der letzte.

    "Hier stimmt was nicht." hörte Sam seinen Kollegen sagen. Er hatte die Finger schon auf der Tastatur um die Nummer 233 erneut zu überprüfen, da ertönte plötzlich ein grausiges Kreischen über die Hololeitung. Der Sicherheitsbeamte zuckte zusammen. Es war Rick. Er schrie. Und zwar so Laut und schrill, dass Sam fast das Trommelfell geplatzt wäre. Sam drehte die Lautstärke herab doch Rick auf der anderen Seite der Leitung hörte nicht auf. Besorgt fragte sein Kollege in der Realität, was los sei. Keine Antwort nur Schreie. Sam drehte sich um. sah hinüber zu Ricks reglos dasitzendem Körper. Vorsichtig ging er hinüber und sah sich den Jungen genauer an. Nichts war ihm anzumerken. Er saß einfach nur da. Dann sah Sam dass sich die Augen hinter den geschlossenen Lidern heftig zu bewegen schienen. Wie bei einem Menschen mit einem heftigen Alptraum im Tiefschlaf. Sam ging noch näher ran und plötzlich sah er, wie Blut aus den Mundwinkeln des Hackers lief. Das reichte. Er griff dem Mann in den Nacken und zog den Stecker aus dem Modul. Die Verbindung zum Onway riss ab. Ricks Augen öffneten sich langsam. Er stammelte etwas vor sich hin, dann hustete er und Blut spritzte über Sams Hemd.
    "Was sagst du? Rick, was hast du gesagt?"
    Ricks Lippen kamen nah an Sams Ohr. Er flüsterte.
    "Ich... habe gesehen..." Ein blutiges Husten. "Lauf Sam... lauf..."
    Sam war verwirrt. Er sah seinem Gegenüber tief in die Blut unterlaufenen Augen und dann wusste er, dass er hätte laufen sollen. Vielleicht war dies in dem Moment, als er spürte, wie sich Ricks Daumen in seine Augen bohrten, oder als er, blind wie er danach war, auf seiner Flucht vor etwas hartes stieß, wahrscheinlich die Wand.
    Einerlei. Als er merkte wie ein Körper sich über ihn beugte und warme Flüssigkeit in sein Gesicht tropfte, wusste er, dass er sterben würde.


    Fortsetzung folgt...

    #2
    Ich bitte rechtschreibfehler zu verzeihen, von hier an ist vieles in Wordpad geschrieben...

    Kapitel 1
    Dreckskugel

    1

    Das Panoramafenster im obersten Stockwerk der Enklave gab den Blick über die Stadt frei und auf Holy Balance, die hoch oben in der Nacht über der Welt lag. Dorian sah zu den kleinen weißen und roten Lichtern empor, die dort am schwarzen Himmel standen, wo einst der Mond die Menschen belächelt hatte. In besseren Tagen war das gewesen. Tage, lange vor Dorians Geburt. Er wandte den Blick ab und sah hinunter in die finsteren Gassen von Utopia, in denen tief unter ihm das Nachtleben pulsierte und die unzähligen Straßenschluchten wie Adern eines riesigen Organismuses hervor hob. Er fragte sich, wie viel Unrecht und Gewalt wohl in dieser Nacht wieder das Leben unzähliger Existenzen prägen würde und wie viele dieser Existenzen am kommenden Morgen die Welt verlassen haben würden oder zu etwas anderem geworden waren. Etwas, was man nicht mehr als Menschen, oder zumindest als Grenzhuman bezeichnen würde.
    Grenzhuman. Dieser Begriff beschäftigte Dorian immer wieder. Auch wenn Menschen und andere "Rassen" seit Anbeginn der Zeit auf der Erde Seite an Seite Existierten und niemand genau über die Ursprünge bescheid wusste waren im Prinzip doch alle Menschen. Trotzdem klammerte man sich immer noch an Begriffe aus den alten, finsteren Zeitaltern, als Krieger noch mit Schwertern und Speeren auf einander Eingeprügelt hatten. Diese Zeiten waren vergangen seit weit mehr als fünf tausend Jahren und bis heute gab es in de Köpfen stets diese Unterteilung. Elfen, Zwerge, Orks oder Trolle und alles, was dazwischen lag wiesen alle die selben genetischen Grundlagen auf und doch war es diese Unterteilung, die allen Grenzhumanen Existenzen das Leben erschwerten.
    In Nächten wie diesen musste Dorian immer wieder unweigerlich über diese Themen nachgrübeln. Immer wenn er auf die Stadt herab sah, hatte er wieder diese Bilder im Kopf. Bilder aus dem Leben, welches er seit über zweihundert Jahren in dieser Stadt lebte. Ein Ork, der mit seiner Beute in einem dicken Sack in den Gassen verschwindet. Eine Gruppe vom Vampirismuss besessener, undefinierbarer, drahtiger Wesen, die auf offener Straße eine Frau zerfleischen und fliehen, als sich ein Wehrwolf nähert, der definitiv der gefährlichere Jäger ist, oder Elfen, in ihrem Stolz so tief gefallen, dass sie, trotz ihrer Anmut und Grazie in einer tiefen dunklen Gasse zwischen den Wolkenkratzern der Stadt liegen und das Heroin in ihren Geist einlassen, welches sie sich kurz vorher gespritzt hatten.
    Diese Stadt war der Abgrund jedes Lebens. Ein übervoller, stinkender Mülleimer und nur Gott schien zu wissen, wie es mit Utopia und denen, die hier lebten so weit kommen konnte.
    Dabei zählte Utopia noch zu den sauberen Gebieten. In den Slums, den "Jagdgründen" wie Dorian sie auch gerne nannte, dort war es am schlimmsten. Die Slums... das war alles, was auf der zweiten planetaren Schicht lag. Die Natur war dort so gut wie nicht mehr vorhanden. Alles bestand nur noch aus Stahl und Beton und in der Finsternis der fast ewigen Nacht die dort herrschte war der moralische Verfall schleichend gekommen und hatte schließlich alles überlagert.
    Dorian verdrängte diesen Gedanken wieder. Er würde wahrscheinlich früh genug wieder in die Schatten dieser Welt eintauchen, denn Blairdawn war in den letzten Tagen wieder Stark auf dem Vormarsch.
    Dorian hatte sich von dem Fenster abgewandt, und ging nun, ein Dose Cola öffnend, den gang zum Wintergarten hinunter. Der Gedanke an Blairdawn hatte ihn wieder in die Realität geholt und diesbezüglich gab es noch sehr viele Sachen zu erledigen.
    Vor ihm tauchte das große Portal in dem achteckigen, hell erleuchtetem Gang auf, der mit seinen Wänden aus Edelstahl gerade zu bedrückend steril wirkte. Er schritt durch die weit geöffneten Türen und trat ein in ein weitaus angenehmeres Klima. Hier im Wintergarten hatte das Haus Doomfire, dem Dorian schon angehörte, seit er denken konnte, einen kleinen Park angelegt. Wäre es nicht mitten in der Nacht gewesen, dann wäre die Atmosphäre noch schöner gewesen. Wenn die Sonne durch die mächtige Glaskuppel schien, welche das Dach des Gartens und gleichzeitig das des Gebäudes bildete in dem er gepflanzt war, war dies ein kleines Stück Paradies in einer sonst so trostlosen Welt. eine kleine, Runde Scheibe aufgefüllt mit Muttererde und bepflanzt mit den schönsten und exotischsten Blumen, die man draußen noch hatte retten können.
    Dorian atmete entspannt ein und aus, als er eine Halbrunde Treppe aus Naturstein empor stieg. Er kam auf ein rundes Podest aus grob gearbeitetem Stein, welches unter ihm das Zeichen des Hauses zeigte. Rechts von ihm führte eine weitere Treppe gerade bergauf und ein schmaler Weg führte ihn zum Mittelfelsen. Hier, umrahmt von Kirschbäumen und Lotusblumen stand ein kunstvoll gearbeitetes Holopodest. Der Rand war aus goldenen Rosen und Lorbeeren aus Platin gefertigt, die die kleine runde Plattform umschlossen. Wenn man auf dem Podest stand, dann konnte man von oben auf den ganzen Garten herab schauen. Und deswegen stand dieser Projektor auch hier. Das Orakel hatte ihn errichten lasen. Sie ließ die Projektoren überall da errichten, wo die schönsten Orte innerhalb von Doomfires Enklaven waren. In dieser war es der kleine Teller voller Eden, auf dem sich Dorian so gerne aufhielt. Er wollte kurz auf dem Boden Platz nehmen und sich etwas ausruhen bis das Orakel erscheinen würde, doch als er sich gerade bückte, wäre ihm fast die Dose Cola aus der Hand gefallen, als das Bild des Orakels vor ihm erschien.
    „Hallo Dorian!“ drang die liebliche Stimme der Frau an sein Ohr. „Wie geht es dir?“
    Die Frage war rein freundschaftlich doch sie wirkte so ernst und etwas besorgt… fast als wenn eine Mutter ihren Sohn wieder sah, nachdem er Jahre lang im Krieg gewesen war. Er blickte in die Augen des Orakels, welche trotz der holografischen Wiedergabe schöner waren, als alles was er kannte.
    „Mir geht es gut, danke! Und euch?“
    Die Frau auf der kleinen Plattform lächelte und dieser Gesichtsausdruck ließ jeden Betrachter alles vergessen, was um ihn herum geschah. Wenn man diesen Anblick nicht gewohnt war, konnte es passieren, dass man die nächste halbe Stunde nur noch stammelte anstatt zu reden, weil man einfach den Mund vor lauter staunen nicht mehr zu bekam. Zumindest war das bei Dorian beim ersten mal der Fall gewesen, doch seit dem waren mindestens 2 Jahrhunderte vergangen und die Gewohnheit hatte ihn schnell aus diesem Staunen heraus gebracht. Auch die Abhärtung durch alles, was seitdem geschehen war trug mit Schuld daran. Mittlerweile hatte der Mann so viel Gewalt und Leid gesehen, dass es ihm schwer viel sich noch an Schönem zu erfreuen.
    „Nun,“ ein sorgenvoller Ausdruck legte sich auf die Züge der Frau, doch sie nahmen ihr bei weitem nicht ihren Liebreiz. „Es gibt etwas, was mir Sorgen macht.“
    „Blairdawn“ Sagte Dorian. Vielmehr knurrte er es heraus.
    „Ja. Es ist dieses Haus, welches mir Sorge bereitet. Ich spüre, dass etwas nicht stimmt. Sie bewegen sich in letzter Zeit viel zu stark. Doch das ist nicht alles. In den unteren Schichten geschieht auch etwas. Etwas, was ich nicht erfassen kann. Etwas böses…“
    Die unteren Schichten waren das verkörperte Böse, dachte Dorian. Der Teufel persönlich in Form von milliarden Megatonnen Stahl und Beton und verteilt auf ungezählte Quadratkilometer Fläche.
    „Doch dies ist heute noch nicht so wichtig. Ich werde über die Bedrohungen, ob nah oder Fern noch meditieren. Der Grund weshalb ich dich heute hierher gerufen habe, Dorian, ist ein Anderer!“
    Erwartungsvoll sah der Mann dem Hologramm vor sich tief in die Augen. Das Orakel fuhr fort.

    2

    Die reifen der Harley hatten den Boden geschmeckt. Der Sand der Wüste wich dem Asphalt des Highways und der Wind der Nacht spielte wild mit den Strähnen der langen weißen Haare. Lichter tauchten am Horizont auf und Vinzent hielt zielstrebig darauf zu.
    Die moderne Wurmlochtechnologie hatte es möglich gemacht die Strecke zwischen dem Akurasystem und der Erde innerhalb weniger Tage zu bestreiten, auch wenn der Flug alles andere als erster Klasse war. Der Dunkelelf hatte sich in einem Frachter versteckt und war unentdeckt geblieben, doch in einem Hafen hätte er nicht aussteigen können, das war ihm von vorn herein klar gewesen. Also war er in einer Rettungskapsel abgesprungen, was mit dem Motorrad zusammen einen ziemliche Tortur gewesen war, und in der Wüste gelandet, ungefähr zweihundert Meilen vor dem Zielhafen unter Utopia, die Stadt, der Vinzent als erstes einen Besucht abstatten wollte. Dieser Gidian musste irgendwo dort in den Slums seine kleine Werkstatt haben, wo sich der Abschaum der Menschheit allen möglichen technischen Schrott implantieren ließ. Es ging weniger um Gidian, hätte auch jeder x – beliebige andere Körperklempner sein können, nur dieser Name ist am häufigsten gefallen bei all den Opfern die Vinzent auf seinem blutigen Weg hinterlassen hatte, den er seit seinem Erwachen gegangen war.

    Dorian war ein gehorsamer Diener. Was man von ihm erwartete das tat er, solange der, der es erwartete in der Rangordnung über ihm stand. Tat die entsprechende Person dies nicht, kam es auf die Sympathien an, die er für sie hegte, genau wie bei jedem anderen Menschen… oder Grenzhumanem auch.
    Allerdings war das nicht immer der Fall gewesen. Bevor er ins Hause Doomfire integriert worden war, war er nichts weiter als ein besessener Straßenpunk. Ein wilder der modernen Zeit, der sich nicht beeindrucken ließ von Autoritäten oder Menschen, die stärker waren als er. Er war ein Kind, das mit dem Messer spielte, welches vom Küchentisch gefallen ist und merkte immer erst dass er ein Idiot war, wenn er sich selbst geschnitten hatte und zu verbluten drohte.
    Es war schon Ewigkeiten her. Im Teenageralter muss es gewesen sein. Dorian hatte gerade gemerkt, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Eine Veränderung, die sich schleichend entwickelte und von der so viele betroffen waren, doch jeder hielt sich selbst wegen seinen Fähigkeiten für Gott! Und es ist nicht nicht verwunderlich, dass bei 3 Millionen Göttern, die durch diese Stadt rannten der ein oder Andere früher oder später mal die Tatsache realisieren musste, dass selbst der heilige Herrgott persönlich einer höheren macht zu unterliegen schien. Doch er hatte Glück. Er merkte früh genug, dass er selbst nur ein Äffchen unter tausend war. Zwar das Äffchen, welches die Peitsche des Dompteurs gestohlen hatte und nun stärker war als die meisten anderen, doch noch längst nicht der Zoodirektor persönlich. Er war nur ein Äffchen mit einer Peitsche in der Hand. So hatte es einmal sein alter Lehrmeister ausgedrückt, später während der Ausbildung bei Doomfire.
    Seine Fähigkeit, die er damals kaum zu kontrollieren wusste, war es, Schattengeister aus der Zwischenwelt zu rufen. Jene, die sterben doch es nicht für wahr haben wollen und noch lange an den Orten der großen Schlacht umherirrten. Überall wo etwas schreckliches geschehen war, konnte er sie spüren. Und wenn es nötig wurde, rief er sie herbei.
    Zu beginn war dies ein Problem, denn wenn er an solche Orte kam, nutzten die Geister ihn, um in die Welt zu gelangen. Er konnte sie nicht beherrschen, lief wie eine Offene Tür zwischen Himmel und Hölle entlang und lernte schließlich schmerzhaft, welche Verantwortung mit seiner Fähigkeit verbunden war.
    Wie dem auch sei. Mittlerweile beherrschte er die Schatten aus dem „Niemandsland“, wie die meisten es nannten, doch er trainierte immer noch. Er hatte nie damit aufgehört seit man ihn vor mehr als hundert Jahren bei Doomfire dazu eingeladen hatte.
    Eingeladen. Das war nicht ganz das richtige Wort dafür. Lernen, oder sterben, ein Angebot des Hauses, welches er nicht hatte abschlagen wollen, hätte es doch seinen Tot bedeutet.
    Nun war er an der Reihe, Einladungen zu schreiben.

    Dorian stand vor der Zelle 7 im Block Beta des Kerkers, jener Abteilung der Forschung und Rekrutierung, in dem die interessantesten Subjekte zur schau gestellt wurden, die man auf der Straße so fand. Einst hatte er in dieser Zelle gesessen und gegen die Gefangenschaft getobt, in die er geraten war. Heute war hier eine andere verlorene Seele eingesperrt. Eine junge Frau, vielleicht gerade zwanzig, vom aussehen her. Genau wusste man das nie. Dorian wirkte auf den ersten Blick auch wie Mitte zwanzig, die Unsterblichkeit machte es möglich. Und diese hier schien ebenso, oder zumindest ähnlich unsterblich zu sein.
    Die Anwesenden, das waren Dorian, Lisa, eine Doktorin in der Blühte ihrer Jahre, Irvyne ein ruhiger und wohlwollener Elf und wie Dorian auch ein Großmeister des Hauses und Seth, ebenfalls Großmeister, wenn auch etwas hitzköpfig, aber doch liebenswert, standen im Beobachtungsraum neben der Zelle und sahen dem Subjekt durch eine wandgroße Scheibe beim toben zu.
    Die Scheibe war von der Zellenseite mit Blut verschmiert, da die Frau in der Zwangsjacke von dieser Seite aus seit Stunden mit dem Kopf dagegen hämmerte.
    „Traurig, nicht wahr?“
    Es war die Stimme von Irvyne, die Dorian hörte. Doch er betrachtete weiterhin die Frau, die ihr sonst eigentlich sehr hübsches Gesicht immer und immer wieder an der Scheibe entstellte.
    „Nun ja,“ kam Seths antwort aus der Gegenrichtung. „Am Anfang hat ich unglaubliches Mitleid mit ihr, ehrlich. Doch seit ich gesehen hab wie die Wunden immer wieder verheilen, ist es nicht mehr so schlimm. Ist sogar irgendwie lustig, um so länger ich zusehe.“
    Wumms! Der Kopf der jungen Frau knallte erneut gegen das Panzerglas und Blut verteilte sich spritzend über die Scheibe. Eine Wunde war an der Stirn zu sehen, doch sie schloss sich schon in dem Moment wieder, als Ihr Körper von der Wand weg glitt. Sie keuchte und atmete schwer, starrte mit einer Mischung aus Verzweiflung und von Wahnsinn geprägter Schadenfreude das Blut an, das langsam die Form verließ, in die es bei den zahlreichen Zusammenstößen gespritzt war und nun der Schwerkraft in Richtung Boden folgte.
    Was bezweckt sie?, dachte Dorian. Sie kann niemanden sehen, das Glas auf ihrer Seite ist verspiegelt, aber sie muss wissen, dass jemand hier ist. Diese Nummer mit dem Spiegel in Verhörräumen war der älteste Hut überhaupt. Jeder hat schon mal Spionagefilme gesehen, Bücher gelesen in denen Jemand gefangen genommen wurde, und in einem solchen Raum unter Beobachtung stand. Dorian bemerkte plötzlich wie Klischeehaft diese ganze Situation doch war. Er selbst hatte damals in diesem Raum gewusst, dass jemand hinter der Scheibe war und das, obwohl er unter dem Einfluss starker Drogen gestanden hatte. Man weiß genau, dass irgendwer dort steht und einen beobachtet, doch es macht einen wahnsinnig, dass man nicht weiß, wer dieser Jemand war, oder was er sich dachte, wenn er in den Raum hineinblickte.
    „Also“ Irvynes Stimme riss Dorian aus seinen Gedanken. „Was hat die gute Frau denn?“
    Lisa drehte sich im Stuhl zu ihnen um, blickte einmal in die Runde und sah dann mit ernstem Blick von Mann zu Mann.
    „Vampirismus im Anfangsstadium.“
    Schweigen hüllte den Raum ein. Ein Vampir. Verdammter Blutsauger, hallte Seths Stimme durch den Raum, auch wenn er nichts gesagt hatte. Er schwieg, aber die Anwesenden wussten, dass er es unter anderen Umständen getan hätte und dabei genau diese beiden Worte hervorgekommen wären.
    Lisa fuhr fort.
    „Es ist kein Wunder, dass sie sich so anstellt. Wir fingen sie gerade bei der Jagd, wobei sie sehr unbeholfen wirkte. Sie war verwirrt, wusste wahrscheinlich nicht einmal, was sie da tat.“
    „Krankheitsbedingter Instinkt…“ murmelte Dorian vor sich hin.
    „Richtig. Sie ist in der schwierigsten Phase, die ein Vampir durchmacht. Sie weiß sie muss trinken, aber sie weiß nicht wie und warum. Ihre Fangzähne wachsen noch, sie kann also nicht saugen. Vielleicht hätte sie mit einem Messer das Opfer immer und immer wieder aufgeschnitten und das Blut aus den Wunden geleckt oder sie hätte es an den Beinen aufgehängt, die Pulsadern zerschnitten und sich darunter gelegt, wie ein Säufer unter den Zapfhahn, wenn man ihn alleine in einer Bar zurück ließ. Vielleicht hätte sie auch…“
    „Genug!“ Es war Seth, der die Professorin unterbrach. „Da wird einem ja schlecht. Sie ist ein niederes Wesen. Eine arme geplagte Seele. Wir sollten sie von ihren Schmerzen erlösen.“
    Das so etwas gerade von ihm kam, hätte wohl keiner der Anwesenden erwartet. Seth hasste Vampire wie die Pest und alle wussten das. Normalerweise hätte er das gesagte anders ausgedrückt.
    „Schade,“ war seine Stimme erneut zu hören. „Hatte gerade angefangen sie zu mögen.“
    Mit diesen Worten wandte er sich um und verließ den dunklen Raum in den kurz grelles Licht vom Gang fiel als sich die Tür leise surrend für den Mann öffnete und sich hinter ihm wieder schloss.
    „Ich kann sie auch nicht gebrauchen!“ sagte Irvyne leise aber bestimmt. „So leid es mir tut!“
    Lisa wandte sich Dorian zu, der immer noch nachdenklich beobachtete, wie die junge Dame hinter der Scheibe ihr Blut verspritzte.
    Die Professorin sah ihn wortlos an und wartete auf seine Reaktion. Schließlich wandte der Mann sich ab und schritt zu dem Pult hinüber, an dem Lisa die ganze Zeit über saß. Dort war ein kleiner roter Knopf angebracht, der mehrfach gesichert war, damit man nicht aus Versehen drauf drücken konnte.
    Er löste die Sicherungen und betrachtete den Knopf nachdenklich. Seine Finger schwebten bedrohlich nah über dem Auslöser, mit dem er das Mädchen töten würde.
    Wumm! Der Kopf des Vampirs schnellte von der Scheibe zurück, und hinterließ erneut einen dicken Blutfleck. Mittlerweile war die Wand so voll davon, dass man durch das Rot hindurch nur noch verschwommen den Raum dahinter wahrnahm.
    Der Mann am Knopf starrte nachdenklich auf seine Finger. Er würde sie töten. Mit einem Knopfdruck würden alle der Welt bekannten Gifte und Nervengase den Raum überfluten und sämtliche Luft verdrängen, die auch nur im geringsten zum atmen taugte. Darunter würde sich auch ein Mittel gegen Vampire finden lassen. Etwas, was die Lungenbläschen der Frau zum Platzen bringen würde, in ihre Blutbahn gelangte und dann alles verbrennen und verätzen würde, was der Körper benötigt um halbwegs lebender Organismus genannt zu werden. Vielleicht war es ein Knoblauchextrakt oder etwas anderes, für einen Vampir viel schlimmeres und schmerzhafteres. Es würde sie zersetzen und zerfressen, sie von innen heraus auffressen und sie so aushöhlen, bis nichts mehr von ihr übrig war als Hautfetzen auf einem halb zersetzten und verfaulten Klumpen Fleisch und Knochen. Nur ein Knopfdruck!
    Dorian sah sich um. Betrachtete die Ränder der Glaswand und die Stahlträger, die das Glas hielten. Elektromagnetische Felder wurden im Notfall mittels Projektoren erzeugt, die in die dicken Betonwände eingelassen waren und dort so sicher wie Möglicht verankert ruhten.
    Diese Vorkehrungen hatte man vor zweihundert Jahren getroffen und es war Dorian, der daran Schuld gewesen war. Alles nur, weil so viele Seelen qualvoll in diesem Raum ihr Ende gefunden hatten.
    „Nein!“ sagte er schließlich und zog die Hand zurück.
    „Ich will mit ihr reden.“

    Fortsetzung folgt...

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      #3
      Die Kunststoffbank knackte leise, als Dante sich auf sie herabfallen ließ. Kurz befürchtete er, sie würde ihn nicht tragen und seine Reflexe wollten ihn, wie es Reflexe nun mal taten, wieder aufschnellen lassen, doch der Verstand siegte in diesem Fall noch bevor sein Hinterteil die Haftung auf dem kalten Plastik ganz verlor. Er sah zu dem Typen rüber, welcher auf der anderen Seite der Station auf der selben Bank saß, nur dass er auf die Monorail in die Gegenrichtung wartete. Der Kerl war ein massiger Mutant von mindestens 280 Kilo Körpergewicht, langen Fettigen Haaren, die ein rundes Gesicht mit nur einem Auge darin einrahmten und einem Körpergeruch, welcher über die Schienen zu wehen schien und selbst über die Entfernung noch in Dantes Nase Fuß fassen wollte. Es wäre geradezu absurd gewesen hätte die Bank unter Dantes vielleicht 85 Kilo den Geist aufgegeben, auch wenn die unter dem Zyklopentypen sich schon bedenklich verformte.
      Dante dachte nach. Er versuchte sich daran zu erinnern, wann er diesen Wesen das erste Mal begegnet war. lange liefen sie noch nicht durch die straßen aber es gab sie schon seit Jahren im Untertgrund, den Städten auf dem unteren Planetaren Ring, der die Slums und Verbrecher der Stadt beherbergte. Diese Kerle waren ein Phänomen, ehrlich. Dante hatte mal einen von ihnen abgeknallt, ein Auftrag vom Hause Godslayer, das ihn vor einigen Jahren aus den Slums geholt und als Killer unter Vertrag genommen hatte. Es gab Zyklopen in allen größen und Hautfarben, doch sie hatten immer zwei Sachen gemeinsam: die Tatsache, dass sie die Welt durch nur ein Auge betrachteten und die Gott gegebene Gabe zweier Achselhöhlen, die guten Geruch wie Schwarze Löcher in sich aufsogen, und so waren alle Wesen dieser Gattung nicht gerade ein Segen, wenn sie in der Bahn neben einem saßen. Twigh, ein Kollege von Dante hatte mal erwähnt, er hätte Kontakte zu einem Dealer in Downtown."Der Typ ist Gottes ureigene Spielwiese, alter." hatte er mal bei einer Runde Poker im >Suicide Eden<, dem Stammlokal der beiden erwähnt. "Wenn ich dir sage dass der Typ wirklich ein Auge hat, dafür aber vier Arme, wie einer dieser Harganten-vögel, diese Gang evolutionstypen da, weißt schon wen ich meine diese vierhänder, man da fällst du echt vom Stock, Alter. Vier Arme, Vier Achseln. ich hab gehört er würde sich Duftbäumchen an die achselhaare binden, habs aber nie gesehen. Heiliger Donnerbalken, das ist n Flow wenn der den Raum betritt. alter..." Als Twighs Worte durch Dantes Erinnerungen Schossen, viel ihm ein, dass dem Typen vielleicht auch mal einer eine Kugel verpassen sollte.
      Wie auch immer die Schienen auf seiner Seite der Station fingen an zu vibrieren und er erhob sich langsam, schlenderte ein paar Schritte den Bahnsteig runter, warf noch einen letzten Blick auf den Mutanten und stieg dann in die Monorail ein, als diese vor ihm hielt. Er hatte zu arbeiten und vielleicht würde er noch bei Twigh vorbei schauen, bevor die Nacht vorüber war.

      Der Punk hatte nicht gelogen. Er war auf die absurde Idee gekommen Vincent seine Harley zu stehlen, während der Dunkelelf noch drauf saß. Bikejacking nannte man diesen Trend, welcher so manchen seine Maschiene kostete und so manch anderen sein Leben, sollte er an einen Typen wie Vinzent geraten. Heute jedoch kam der Ork mit dem Irokesen und der Bunten Lederkluft mit zertrümmertem Nasen, Schlüssel und Schienenbein davon, obwohl der Dunkelelf eigentlich alle Beine durchnehmen wollte. Doch am Ende beschloss er, dass ein zertrümmertes Brustbein vielleicht Schaden zu viel wäre. Der Punk würde sich an ihn erinnern und seinen Schwur "Ich werde es auch nie wieder tun!" , welchen er unter Tränen zwischen bebenden Lippen vervorgebracht hatte zumindest im Falle Vinzent einhalten. Des weiteren hatte er eine sehr genaue Wegbeschreibung zu Gideans kleiner Straßenmetzgerei parat, die sehr weiter geholfen hatte.
      Die Harley mit samt Maschinengeistern, welche in ihr wohnten, auf dem Bürgersteig parkend zurückgelassen, trat er nun durch die Eingangstür des kleinen Ladens, wleche abgeschlossen gewesen war. Doch der Tritt reichte aus um mühelos das Glas aus dem Metallrahmen zu entfernen und die Tür von innen zu öffnen. Vom Lärm angelockt kam sofort ein kleiner, dicklicher Mann in weißer Schürze aus einem Hinterzimmer, das durch einen Vorhang vom Verkaufsraum getrennt war, in dem Vinzent nun stand. Der Kerl plusterte sich erbärmlich auf und sah mit rot angelaufenem Gesicht zu dem gut zwei Köpfe größerem Dunkelelfen empor, bevor er anfing mit krächzender Stimme und in unglaublich verkorztem Akzent zu fluchen.
      "G'schlossen haßt g'schlossen, vermalledaiter Straßenpenner, du verfluchter!"
      Vinzent hörte sich geduldig die Ausführungen und Beschümpfungen an und als die Kröte vor ihm zwischen wilden Thesen über Vinzents Herkunft und ausführlichen Beschreibungen für die Sachen die er am liebsten mit der Mutter des Dunkelelfs tun würde inne hielt um Luft zu holen, weil er wohl nicht vor hatte an Sauerstoffmangel durch unkontrolliertes Fluchen vorzeitig zu versterben, verkündete Vinzent ruhig und gelassen, wenn auch nicht ohne drohenden Unterton in wenigen Worten den Grund seines Kommens: "Ich brauche Informationen zu einer bestimmten Art Implantat und hoffte wir könnten ein paar Takte reden!"
      Die Augen währen dem Arzt fast aus dem Kopf gesprungen und Wut vermischte sich in seinen Zügen nun mit Ungläubigkeit, Unwohlsein und widerwillen. Plötzlich sprang der kleine Mann nach links weg, rutschte unter den verkaufstresen und riss eine Klobige Schrotflinte der Marke Headhunter aus ihrer Halterung. Schnell wollte er laden, sich dabei herumwälzen, was bei der Körperfülle des Kerls echt ulkig aussah, und dann dem Eindringling eine Satte Ladung Schrot verpassen.
      Der plan scheiterte bereits an dem Sicherungsbügel der Waffe, welcher an den neuen Modellen der Marke die Iiotensicherheit gewehrleisten sollte und über dem Abzug angebracht war um die verherende Wirkung der Flinte keinesfalls ungewollt freizusetzen. Fluchend entfernte der Mann, von dem Vinzent sich nun sicher war das es Gidean sein musste, den Bügel und lud die Waffe endlich durch um zu feuern. "Red damit du Freak!" schrie er und in dem Moment als er abdrückte kam es ihm auch endlich seltsam vor, dass der Mann in seinem Laden nicht die geringste Bwegung gemacht hatte, auch wenn während der ganzen Aktion genügend Zeit gewesen wäre um sich eine kubanische Zigarre zu rauchen.
      Das Schrot zerfetzte Vinzents Seite und legte die linke Hälfte des Torsos frei. Frei von Kleidung, von Haut, Fleisch und dem was dort sonst noch alles sein sollte. Doch die halbe Ladung die den Dunkelelf getroffen hatte blieb schließlich in einem Gewirr von Metalldrähten und undefinierbarem, nicht menschlichem Gewebe hängen, welches sofort wieder zu wuchern anfing und den Körper zu heilen schien, noch während die zweite Hälfte der Ladung in die Regale hinter Vinzent einschlug, Gläser und Implantate zerstörte und schließlich den Beton der Wand dahinter großflächig aufriss. Als die Form des Torsos wieder hergestellt war und sich nun eine silbrige Schicht wie Flüssiges Metal über die Wunde verbreitete um auf ihr Gewebe neu wachsen zu lassen, welches sofort dunkelrot ins auge Stach, stellte Der Dunkelelf erneut seine Bitte um ein gespräch nur dieses Mal klang es mehr nach einem Befehl und wesentlich unfreundlicher. Gidean erhob sich zitternd und ließ die Flinte fallen. Als er den Blick von Vinzents Augen losriss um sich die Wunde noch einmal an zu sehen, war dies bereits unter neu gewachsener Haut verschwunden.

      Die Bahn hatte ihre Maximalgeschwindigkeit erreicht und für einen kurzen augenblick ging ein leichtes unwohlsein durch die wenigen Passagiere, die um diese Uhrzeit noch mit ihr fuhren, als die Monorail sich etwas drehte und dann dem Verlauf der Schiene senkrecht nach unten folgte. Schlagartig sprangen die Schwerkraftregelungsmodule an und sorgten dafür, das die Insassen nicht wild durch die Wagons flogen.
      Dante blickte entspannt aus dem Fenster, wo die Welt nun irgendwie schief stand und die Menschen nicht mehr von rechts nach links hinter den fenstern auftauchten sondern von unten nach oben an ihnen vorbeiflogen. Er wandte seinen Blick ab und sah sich in seinen Wagon um. Hinten, in der rechten Ecke kauerte ein alter, bärtiger Mann. seine Spitzohren verrieten Dante, dass er ein Elf war. Wahrscheinlich einst ein edler Mann von charismatischem auftreten, wie es in der Natur dieser Rasse lag doch nun war nichts weiter von ihm übrig als ein zitternder, gebrächlicher Greis, der den Anschein machte, alles und jeder wäre sein Untergang. schräg über der Gestalt hatte sich auch jemand mit dem Thema Untergang befasst und ein Graffiti an die Kabinenwand gesprayt, welches aussagte: Das Ende ist nah! fürchtet euch, denn die Engel werden kommen! Frauen und Kinder zu erst!" Drum herum hatten andere Künstler ihren Beitrag mit geistreicher Kritik wie: Geh nach Hause du Spinner, und anderen lustigen Kommentaren geleistet. Zusammen mit dem elfischen Greis, ein junky, dessen war sich Dante nun sicher, gab das ein hübsches Bild ab.
      "Es ist war!" drang eine rauhe Stimme an sein Ohr und schon an der Tonlage erkannte Dante, dass der Besitzer ebenfalls nicht ganz clean war. Er sah nach links die Bank entlang, auf der er saß und erblickte einen Schwarzen, vielleicht Mitte sechzig. er hatte einen Hut tief ins Gesicht gezogen und ein langer, schwarzer Bart, durchzogen von weißen Strähnen fiel ihm vom Kinn bis in den Schoß. Er Blickte stur einen imaginären Punkt an der gegenüberliegenden Wand an. Zumindest sein Kopf, die Augen waren vom Hut verdeckt. Die notfall beleuchtung hatte wohl einen Kurzschluss gehabt und so beleuchtete ein rotes licht über dem Mann die Szene, welches eigentlich nur an sein sollte, wenn der Zug auf dem Dach lag und mit Leichen gefüllt war. Die Tatsache, dass die anderen Lampen in dieser Ecke kaputt waren und das leise, nervige Summen der Module, welches alles hier untermalte ließen den Kerl unheimlich wirken, selbst in Dantes Augen.
      "Den da hats erwischt, und die Dämonen erwischen auch uns. Ich sags dir Mann. Gott ist nicht länger mit uns!"
      Er zeigte auf den Elf und Dante folgte seinem Blick. "Was den erwischt hat" antwortete er schließlich. "nennt man Crack. Und nein, mit dem ist Gott bestimmt nicht mehr."
      Der schwarze verzog die dicken Lippen zu einem leichten Lächeln. Dann machte er Anstalten näher zu rutschen und schnell hatte Dante die Hand unter seiner dunkelgrauen Lederjacke und zog seine Desert Eagle, deren Lauf er dem Mann mitten ins Gesicht hielt. "Nimms mir nicht übel, Kumpel." sagte er beiläufig, als währe er ein Konti, der nach der Fahrkarte fragte. "Aber in einer Nacht wie dieser ist man besser vorsichtig." "ja" antwortete der Schwarze und ließ sich wieder locker in den Sitz fallen. "Ja, keine Nacht für Fremde ist das heute. Nur die Toten haben heute Nacht ihren Spaß!" Er lachte auf und es klang als würde jemand Eis zermalen.
      Dante verstaute unbeeindruckt die Waffe wieder im Halfter und während der Elf unter dem Lachen zusammenzuckte und sich wild umsah dachte er nur an das, was ihm bevorstand. Die Rail machte noch einen Bogen und fur wieder horizontal. er war nun in der vierten Unterebene der Stadt. Zeit um seinen Autrag zu erledigen. Wie hieß der Kerl doch gleich. G, irgendwas mit G. Gidean, genau. Die Bahn hielt ruckartig an der Haltestelle an und Dante stieg aus, ließ die Freaks hinter sich und stürzte sich ins Meer der Superfreaks um einen Körperklemptner namens Gidean zu finden. Prost Mahlzeit!

      Der kleine Dicke Mann saß im Operationsstuhl in einem Hinterzimmer seines eigenen Ladens. Die anfängliche Panik, welche ihn zu übermannen gedroht hatte, war nun etwas entschärft und mischte sich langsam mit grausiger Faszination und flammender Neugier. Der Dunkelelf hatte ihn in den Raum begleitet, denn hier war man ungstörter und sicherer vor Leuten, die vielleicht Sachen aufschnappen könnten, welche sie nicht zu interessieren hatten. Das kleine Zimmer war voll gestopft mit jeder Menge Utensilien und Werkzeugen zum einpflanzen Künstlicher Körperteile. Obwohl Gidean sich hin und wieder um sauberkeit bemühte war der Operationssaal alles andere als steril, doch seine Kunden interessierte das meist wenig. Die meisten waren irgendwelche Cyberjunkys, andere hatten Körperteile bei Unfällen oder... zwischenfällen, von denen Gidean nichts wissen wollte, verloren und suchten schnellen Ersatz. Die Tatsache, dass er keine Fragen stellte, machte ihn überaus beliebt und so wuchs sein Kundenkreis beständig.
      Der Dunkelelf, welcher immer noch nicht seinen Namen genannt hatte, ging an den Regalen und Schränken vorbei und suchte etwas. Gidean wagte nicht zu fragen, er hatte sowas wie diesen Kerl noch nie gesehen, und als der Mann anscheinend fündig geworden war, drehte er sich um ohne eine Mine zu verziehen. Der Arzt konnte im vorbeigehen nicht sehen, was in der Flasche war, die der Fremde dort gefunden hatte, doch er kannte seinen Laden bestens und es beunruhigte ihn, dass der Sicherheitsbehälter aus dem Schrank für Säuren und Laugen stammte.
      "Arkum Saranit." sagte der Dunkelelf beiläufig und Gidean machte große Augen, während er beobachtete wie der Fremde die Flüssigkeit in ein Säurefestes Glasbecken auf der Theke zu seiner rechten Kippte, auf der er normalerweise Operationsbesteck bereit legte falls mal wieder ein Kunde in diesem Stuhl saß und nicht er selbst.
      "Die aggressivste Säure des bekannten Universums. Der Besitz ist waffenscheinpflichtig, allerdings nur mit Sonderzulassung." Der Mann sah kurz über die Schulter zu Gidean rüber und zog den rechten Mundwinkel zu einem grimmigen Lächeln empor. "Haben sie den!"
      Gidean starrte den Kerl ungläubig an und schüttelte langsam, wie in Zeitlupe den Kopf um die Frage zu verneinen. Der Dunkelelf lächelte kalt. "Ist auch nicht so schlimm."
      Als er fertig war und der Inhalt der Flasche vollständig in das Gefäß entleert hatte, zog der Mann seinen Handschuh aus und krempelte den Ärmel des Pullovers am linken Unterarm hoch. Durtrainierte Unterarmmuskeln kamen zum Vorschein und Gidean kam auf den Gedanken wie beeindruckend dieser Körper sein musste und dachte kurz daran wie ärmlich und erbärmlich er dagegen wirken musste. Ein kurzer Anfall von Selbstmittleid doch dann verflog er wieder und spannung zerriss den Raum, so das Gidean kaum mehr atmen konnte, als er beobachtete, was der Mann nun tat. Seine zur Faust geballte Linke senkte sich in die Säure und sofort warf die Flüssigkeit Blasen und sprudelte wild wie ein Piraniabecken bei der Fütterung. Er atmete tief durch und machte sich innerlich auf den Anblick bloßer Knochen und Knorpel gefasst, kurz bevor diese sich auch auflösen würden, doch als die Säure Haut, Gewebe und Blut bis ins kleinste Molekül zerfressen hatte und wieder klar wie Wasser wurde, sah er auf die Hand dieses Irren und er sah eine anatomisch stinknormale Hand, die nun jedoch von silbrig glänzender Substanz anstelle von Haut überzogen war, die aussah wei eine Art elastisches Metal. Fasziniert sah er auf und dem Dunkelelf ins Gesicht der noch immer unverändert starr zu ihm rüberblickte und in diesem Moment bemerkte Gidean zum ersten Mal bewusst die stechenden leuchtendblauen Augen des Mannes, die wirkten, als könnten sie mit Blicken Beton zermahlen und ihm wurde schwindelig. Die Realität verzog sich kurz und er drohte abzudriften, doch da rief ihn die Stimmen des Kerls wieder zurück in die Wirklichkeit.
      "Meine Frage ist nun" sagte er, während er die Hand aus dem Glas nahm und Gidean hin hielt, "kommt ihnen das bekannt vor?"
      Verwirrt wandte der dicke Mann die Augen von dem Gesicht ab und sah auf die Hand hinunter. Gerade noch rechtzeitig realisierte er die Tropfen, die noch von ihr niederfielen und spreitzte die Beine damit sie auf dem Sitz aufkamen und unter bedrohlichem Zischen ihr zerstöhrerisches Werk taten, bevor sie seine Genitalien erwischt hätten. Er wollte fluchen doch viel zu schnell blieb sein Blick wieder am Handrücken hängen, wo er nun sah, was der Mann gemeint hatte. Ein schwarzes Bild von einem Adlerkopf, welcher halb normal und natürlich war und halb künstlich, aus Stahl und Drähten. Darunter der Schriftzug "Genforce X" und eine Nummer "MT 18 12".
      Verwirrt sah Gidean auf die Stelle der Hand, bis schließlich die Säure verdunstet war und wieder Gewebe aus dem Silber dieser ihm Unbekannten Substanz wuchs. Er dachte hastig nach, blickte abwechselnd ungläubig zwischen der Hand und den Augen des Fremden hin und her und schließlich kam er drauf. Genforce. ein uralter Hersteller von Prothesen aller art. Doch die Firma war seit über zwanzig Jahren zerschlagen.
      "Nun" fing er mit einem nervösen zittern an. "Genforce ist.."
      Er hielt inne. Etwas war im Vorraum des Ladens. Hatte der Dunkelelf es nicht bemerkt? Jemand war auf die Glassplitter der Scheibe getreten, das Geräusch drang deutlich bis hier hinten vor. Er muss es gehört haben, doch es interessierte ihn anscheinend nicht. Vielleicht seine Freunde. War er nicht allein hier? Beim Gedanken an noch mehr solcher Psychos wurde Gidean schlecht, er hatte schon zu viel Input für nur einen Tag.

      Dante ließ die zertrümmerte Tür hinter sich und ging weiter in den Raum. Er sah sich um und der Verdacht, das hier etwas ganz und gar nicht stimmte verschärfte sich noch einmal als er die Einschusslöcher von Schrot an der hinteren Wand ins Visier nahm. Langsam zog er die Waffen, eine Eagle in jeder Hand und strich sich mit dem Lauf der rechten vorsichtig eine Strähne seiner fast Schulterlangen Schwarzen Haare aus dem Gesicht während er sich immer noch aufmerksam umsah. Er ging auf den Durchgang zu seiner Linken zu und passierte den kleinen Türrahmen um in einen kurzen Gang zu kommen der geradeaus und auf der rechten Seite jeweils zu einer Tür führte und die auf der rechten schien die richtige zu sein. Kurz schloss er die Augen und stellte funkverbindung zu den Waffen her. Die Uhrzeit, welche er sonst immer im Blickfeld hatte wich der Munitionsanzeige und dem Hitzebild der Waffen, als nun diese auf seine Netzhaut projeziert wurden. Eine tolle Modeerscheinung war das mal gewesen, aus der man heute großen Millitärischen nutzen zog. der Werbeslogen von damals raste ihm noch einmal durch den Kopf, "Lebe dein Leben wie ein Videospiel!" und dann trat er um die Ecke.
      Der Albino fiel ihm zuerst auf. Er stand mit dem Rücken zur Tür und sah ihn nicht, doch garantiert wusste er, dass Dante da war, welcher sich nun selbst in Gedanken strafte, dass er wie ein Elefant beim reinkommen auf den Glasscherben rumgetrampelt war. Das zweite was ihm auffiel war Gidean, der hinter dem Kerl auf seinem Folterstuhl saß und zaghaft an dessen Körper vorbei in Richtung Tür lugte. Als er ihn sah grüßte er. Und zwar mehr als nervös.
      "Dante" zitterte ihm Gideans Stimme entgegen. Er hielt die Waffen weiter auf den Mann mit den weißen Haaren gerichtet und die Anzeigen bestätigten ihm noch immer ein volles Magazin pro Waffe. "Was machs du n hier?"
      "Freund von dir?" stellte Dante die Gegenfrage. Der Arzt verstummte sah an dem Fremden hoch, der noch keinen Ton gesagt hatte sondern noch immer, wie es schien sehr entspannt, zwischen Dante und seinem Ziel stand.
      "Geh zur Seite du Vogel, ich hab hier Arbeit zu tun." Er reagierte nicht, der komische Albino, dessen Gesicht Dante noch nicht gesehen hatte. Doch die Antwort kam schließlich von Gidean.
      "Ahh, der steht janz gut da wo a steht!"
      Feigling, hämmerte es durch die Gedanken des jungen Mannes.
      "Ich schieß durch dich durch, Alter!"
      Keine Reaktion.
      "Auf drei!"
      Die Eagles lagen locker in den Händen, Dante gab sich entspannt auch wenn er innerlich nahe am zerreißen war. Er war ein Profi und damit konnte er umgehen.
      "Eins"
      Immer noch keine Reaktion. Die Läufe der Waffen erhoben sich um beide auf den Kopf zu ziehlen, während sie ihren träger geradezu darum anflehten, feuern zu dürfen.
      "Zwei"
      Dieser Kerl schien der Inbegriff der Ruhe zu sein, oder der Dummheit, wie mans nahm. Dante wurde zunehmend nervös. Er würde abdrücken gar keine Frage und die Sekunde zwischen zwei und drei zog sich noch etwas weiter, bis er schließlich in Gedanken diesem Punk ins Gesicht spuckte, welches er noch immer nicht gesehen hatte und sagte: Zur Hölle mit dir!
      "Drei"
      Es ging alles verdammt schnell. Zu schnell. Der Mann wirbelte herum, riss das rechte Bein hoch und während er mit der Hand einen Klettverschluss am unteren Hosenbein in eben dieser Bewegung öffnete um schließlich eine kleine Maschinenpistole hervor zu ziehen, rammte er den Fuß schon in den Brustkorb Dantes, welcher vor schreck zwei Schüsse abgab, die nun unkontrolliert in der Decke des Raumes einschlugen. Zwischendurch war ein "Huiiiii!" von Gidean zu hören, wobei Dante nicht genau wusste woran der Mann plötzlich einen solchen Spaß hatte und als er schließlich realisierte was passiert war, sah die neue Situation in etwa so aus: Der fremde Albino-Dunkelelf, nun erkannte Dante die Gesichtszüge und die Spitzohren, presste die Brust des Mannes mit dem Fuß, der unglaubliche Kraft spüren ließ, gegen die Wand und der Lauf einer geladenen Maschinenpistole zeigte auf sein Gesicht, während er schon wieder die beiden Desert Eagles oben hatte und seinerseits das Gesicht des Dunkelelfs anvisierte. Gidean war mit einem erleichtert klingendem "Huiiii!" auf den Lippen in einem Schacht verschwunden, der vor dem Stuhl in den Boden führte und die Sitzfläche fuhr unter leisem Surren wieder in Sitzlage zurück, während sich die Luke mit dicken Stahlplatten schloss.
      "Dante, hm?" sprach der Dunkelelf nun endlich. Seine Stimme klang absurd entspannt angesichts der Situation und seine fordernden, strahlendblauen Augen fraßen sich in das Gehirn des Auftragsmörders.
      "Ein schöner Name!" fuhr der Mann fort und sein Blick, seine Augen würden Dante noch Ewigkeiten im Geiste verfolgen, das wusste er jetzt schon.

      Fortsetzung folgt...

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