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Captain Future - Meuterei

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    #31
    Meine Güte! Du stellst ja hier halbe Bücher ein.

    Und jetzt habe ich auch Hunger... und Durst.
    ZUKUNFT -
    das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
    Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
    Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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      #32
      Kurze Abschnitte sind manchmal schwierig, weil es dann alles auseinander reißen würde. Vernünftige Cliffhanger sind da nicht machbar.

      Joan fand Marijke van den Bosch in ihrer Abteilung. Sie saß auf der Kante ihres Schreibtisches und diskutierte angeregt mit einem älteren Sergeant, den Joan nicht kannte. Beide hielten Kaffeetassen in der Hand und schienen guter Laune zu sein. Die Tür zu Marijkes Büro stand weit offen. Joan klopfte vernehmlich an den Türrahmen.
      „Hallo Joan! Schön Sie zu sehen! Kommen Sie doch rein, Kaffee?“, rief Marijke erfreut. Sie nickte dem Sergeant zu, der daraufhin diskret das Büro verließ und die Türe hinter sich schloss. „Setzen Sie sich doch, Joan. Was kann ich für Sie tun?“

      Joan kam gleich zur Sache und legte Tovins Kommunikator auf den Tisch. „Können Sie mir eine Kopie des Inhaltes machen, Marijke? Es ist wichtig.“

      Marijke nahm das Gerät in die Hand und betrachtete es argwöhnisch. „Gehe ich recht in der Annahme, dass dies eine inoffizielle Anfrage ist?“

      Joan legte den Kopf schief und lächelte die große blonde Frau mit Augenklimpern an. „Wenn es keine großen Umstände macht“, flötete sie.

      Marijke kam nicht umhin, breit zu grinsen. „Wenn Sie mich schon so rumkriegen, möchte ich nicht wissen, was Sie mit Jungs anstellen, wenn Sie was von denen wollen. Also gut, Sie kriegen Ihre Kopie. Wenn das rauskommt, gerate ich zwar in Teufels Küche, aber was soll‘s. Mir fehlt hier momentan sowieso etwas Nervenkitzel. Kommen Sie mit!“

      ‚Der Nervenkitzel wird noch kommen, wenn wir nicht tierisch aufpassen‘,
      dachte Joan, verkniff sich aber eine Antwort. Gemeinsam gingen die beiden Frauen den langen Gang entlang, bis sie zu einem Quergang kamen. Sie betraten ein Büro, in dem Chief Johansson und ein weiterer Unteroffizier saßen. Marijke baute sich vor Johansson auf und hielt ihm den Kommunikator hin.

      „Hier, lies mir den mal aus und mach mir eine Kopie auf einen Datenträger, Chief“, sagte Marijke in einem selbstbewussten Befehlston. Dienstbeflissen nahm Chief Johansson das Gerät entgegen und machte sich an die Arbeit.

      „Kommt sofort, Cap!“, sagte er. Beide ließen sich nicht anmerken, dass sie ein Paar waren. Nicht einmal fünf Minuten später hielt Joan den Kommunikator und eine Speicherkarte in den Händen. „Danke Chief“, sagte sie lächelnd, „Sie haben mir sehr geholfen!“

      „Kleinigkeit“, brummte Johansson und lächelte ebenfalls. Sein Lächeln erstarb jedoch sofort, als die beiden Frauen das Büro verlassen hatten. Er wechselte mit dem anwesenden Sergeant vielsagende Blicke und zog seinen Kommunikator vom Gürtel.

      „Was gibt es, Johansson?“, fragte die Männerstimme am anderen Ende der Verbindung.

      „Sir, diese blonde Polizistin war hier. Ich musste von dem Komm eine Kopie anlegen.“
      „Allein?“

      „Nein, Sir. Marijke war dabei.“

      „Danke für die Information, Chief. Das Mädchen wird uns nicht mehr lange zur Last fallen. Ballard ist ohnehin gefährlicher. Sehen Sie nur zu, dass van den Bosch keinen Ärger macht! Kümmern Sie sich noch intensiver um sie, bevor wir sie liquidieren müssen. Vergnügen Sie sich noch etwas mit ihr, Johansson! Weitermachen!“



      Garnie lauschte gebannt Katherines Bericht. Mit jedem Detail, das er von ihr erfuhr, wurden seine Augen größer. Als Katherine geendet hatte, rieb er sich die Nasenwurzel zwischen Daumen und Zeigefinger. „Katherine, ich hole Sie da raus. Die Situation ist, wie Sie sie mir gerade geschildert haben, zu brenzlig. Ich kann es mir nicht erlauben, Sie, Joan, Yokomuri und seine Leute wie auch Colonel Tovin länger einer latenten Gefahr auszusetzen. Stellen Sie sofort sämtliche Ermittlungen ein und verhalten Sie sich ruhig. Ich habe einen kleinen Kreuzer im Gotha-System. Er wird in zwei Tagen im Samedi-System eintreffen können. Halten Sie solange durch. Ich werde die Admiralität informieren.“

      „Nein, Sir!“, rief Katherine. „Bitte nicht! Das würde schlafende Hunde wecken. Auf der Tennessee ist es noch verhältnismäßig ruhig. Und wir wissen doch noch gar nicht, wer hier die treibende Kraft ist. Warten Sie doch bitte noch damit, bis wir von Bord gegangen sind. Ich erwarte heute Abend noch einen Anruf einer Zeugin von der Planetenoberfläche. Sie kann vielleicht etwas Licht ins Dunkel bringen. Außerdem habe ich noch eine Datei für John, die er für mich auswerten muss. Ist er noch da?“ In New York war es kurz nach sieben Uhr abends.

      „Nein, John ist heute zeitig nach Hause gegangen. Katherine, seien Sie um Himmels Willen vorsichtig. Gehen Sie kein Risiko mehr ein, das ist ein Befehl und keine Bitte. Haben Sie mich verstanden?“ Der grauhaarige Marshall sah Katherine streng an.

      „Ja, Sir, voll und ganz. Keine Admiralität?“

      „Keine Meldung, Katherine. Sie haben zwei Tage, bis der Kreuzer bei Ihnen eintrifft. Sobald Sie alle an Bord gegangen sind, muss ich das Oberkommando informieren.“

      Katherine atmete erleichtert aus. „Danke Sir.“

      „Machen Sie es gut und grüßen Sie Joan und Takashi von mir.“ Garnie schenkte Katherine ein aufmunterndes Lächeln, dann schaltete er ab.

      In diesem Moment kam Joan herein und warf Katherine die Datenkarte zu. „Hier, Kat. Mit wem hast du grad gesprochen? Garnie?“

      Katherine fing die Karte in der Luft. „Ja, ich soll dich herzlich von ihm grüßen. Ich habe ihm die Lage geschildert. Ihm wird’s zu gefährlich. Er schickt einen Polizeikreuzer, um uns alle hier von Bord zu holen. Wir müssen nur die nächsten zwei Tage hier durchhalten.“

      Joan setzte sich zu Katherine auf die Tischkante und ließ die Beine baumeln. „Und was machen wir in der Zeit?“

      Katherine setzte ein boshaftes Grinsen auf. „Wir machen hier unsere Arbeit weiter, was sonst?“

      Joan zog fragend eine Augenbraue hoch. „Garnie hat dich angewiesen, die Ermittlungen einzustellen, richtig?“

      „Richtig“, antwortete Katherine trocken ohne Joan anzusehen und schob die Datenkarte in das Terminal. Dann rief sie John in Brooklyn über eine verschlüsselte Verbindung an.

      Als das Bild von John auf dem Monitor erschien, trauten Joan und Katherine ihren Augen nicht. Er war augenscheinlich unrasiert, sein sonst akkurat gekämmtes Haar stand in alle Himmelsrichtungen. "Hey Southern Belle, schön dass du anrufst. Ich habe dich vermisst. Hi Joan!“

      Joan hob wortlos lächelnd eine Hand zum Gruß. Katherine sah ihren John argwöhnisch an. „Du lässt dich gehen, mein Lieber. Es wird Zeit, dass ich nach Hause komme.“ Sie stutzte. Am unteren Bildschirmrand sah sie bläulichen Rauch aufsteigen. „Sag mal, rauchst du etwa wieder? In meiner Wohnung?“

      „Das ist kein Zigarettenrauch, Schatz, ich löte nur etwas.“ John grinste wie ein erwischter Schuljunge.

      „Klar, das ist nur deine Lötstation. Erzähl mir nichts. Und in unserem Schlafzimmer rekelt sich die heiße Rothaarige von gegenüber, was?“

      „Nicht nur das“, gab John frech zurück. „Denise aus dem vierten Stock probiert gerade deinen teuren Badeschaum aus und Ella vom Dachgeschoss macht gerade Modenschau in deinem Kleiderschrank! Deine Whiskeyvorräte haben wir vor zehn Minuten gemeinsam gekillt.“

      Auch wenn Katherine nicht gerade nach blöden Witzen zumute war, konnte sie sich Johns Humor nur schwer entziehen und musste unwillkürlich grinsen. Es tat gut, den Mann, den sie so liebte, wiederzusehen. „Ich vermisse dich, Schatz. Aber wenn du schon rauchen musst, dann lüfte wenigstens ordentlich durch, okay?“

      John salutierte grinsend. „Aye, Major. Durchlüften!“ Dann wurde er eine Spur ernsthafter. „Kat, du rufst doch nicht an, um deinen Kontrollwahn auszuleben? Zu welcher halb- oder illegalen Tat willst du mich wieder hinreißen?“

      „Offizielle Polizeiarbeit, John. Ich sende dir eine Datei, die du bitte für mich auswertest. Du findest in dieser Datei eine anonyme Nachricht. Suche nach dem Begriff Javeed Reebah. Kannst du rausfinden, von wo sie geschickt wurde?“

      „Ist das von dem ominösen Kommunikator?“

      „Yep!“

      „Kein Problem Süße. Schicks rüber, dauert keine halbe Stunde.“

      „Ich danke dir, was würde ich ohne dich machen?“ Katherine warf John einen Kuss zu. Der wiederum sah sie argwöhnisch an.

      „Das war doch noch nicht alles?“

      „Das war der offizielle Teil. Jetzt kommt der inoffizielle“, antwortete Katherine belustigt.

      „Ich hatte so eine Ahnung“, stöhnte John und raufte sich die Haare. „Raus mit der Sprache. Was willst du?“

      „Kannst du die Konstruktionspläne der Tennessee besorgen und mir rüberschicken?“, fragte sie zuckersüß.

      „Kat, bist du wahnsinnig? Das ist top-secret! Wo soll ich die herkriegen?“, fragte John erschrocken. „Dafür kann ich in den Knast kommen! Frag doch Garnie!“

      „Ungern, Garnie ist die letzte Option. Bitte John, du kennst doch so viele Leute!“, bettelte Katherine.

      „Okay, ich versuche es, ich kann dir aber nichts versprechen. Dafür hab ich aber so richtig was gut bei dir!“

      „Ich lasse dich weiter in meiner Wohnung rauchen, ist das nichts?“, fragte Katherine mit Unschuldsmiene. „Komm, kaum eine andere Frau würde dir so viele Freiheiten lassen, hihihi.“

      „Joan?“, fragte John.

      Joan bewegte sich ins Bild. „Was denn, John?“

      „Habe ich dir schon mal gesagt, dass diese atemberaubend schöne Schwarzhaarige ein schlechter Umgang für dich ist?“

      Joan prustete los. Unter Lachtränen antwortete sie: „Nicht direkt, John, aber irgendwie glaube ich derartiges schon mal gehört zu haben!“
      Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

      Mission accomplished.

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        #33
        Beim Mittagessen im Offizierscasino hielt Katherine plötzlich inne und ließ das Besteck klirrend auf den Teller fallen. „Moment mal!“, rief sie. „Joan, bei Tovins erstem Verhör, erinnerst du dich, was er gestern gesagt hat? Wo er in der Bar gestanden hat?“

        Joan überlegte kurz. „Er sagte, er habe am Tresen gestanden und dann sei die Samedanerin aufgetaucht.“

        „Und was hat Povlek gesagt?“

        „Er sagte, dass er ihn nicht am Tresen gesehen haben will.“

        „Genau! In der Hypnose sagte Tovin dann auch, dass er ein einer Nische am Tisch gesessen hat. Kein Wort davon, dass er am Tresen stand!“ Katherine nahm ihre Gabel auf und schob sich ein großes Stück gebratenes Fleisch in den Mund. „Tabra sagte genau das gleiche.“

        „Wieso hat Tovin dann bei der ersten Vernehmung mit Bestimmtheit gesagt, dass er am Tresen stand?“

        Katherine hatte die schlechte Angewohnheit, beim Essen öfter mal ihrem Gegenüber mit Messer oder Gabel zu drohen. Jetzt tat sie es wieder einmal und richtete die Gabel auf Joan. „Was ist, wenn er niemals Amnesie hatte? Er könnte nur unter Stress gestanden und sich verplappert haben. Und weil er glaubte, dass es niemandem auffallen würde, hat er sich heute korrigiert. Außerdem kam es ihm schwer entgegen, dass mich seine Geschichte so mitgenommen hat. Glaub mir, Joan. Was, wenn es so wäre?“

        „Scheiße“, entfuhr es Joan. Sie blickte über Katherines Schulter hinweg.

        Katherine drehte sich um und flüsterte ebenfalls: „Scheiße …“ Commander Rodriguez und ein älterer Lieutenant Commander kamen zielstrebig mit Tabletts bewaffnet auf ihren Tisch zu. Offensichtlich hatten sie Schwierigkeiten, einen freien Platz im überfüllten Casino zu finden. Katherine sah Joan an und hielt sich einen Zeigefinger vor die Lippen. Joan beantwortete die Geste mit einem knappen Nicken.

        Rodriguez näherte sich mit einem charmanten Lächeln. „Meine Damen, gewähren Sie uns für einen Moment Asyl?“

        Joan und Katherine sahen sich einen Moment an, dann nickte Joan Rodriguez zu. „Bitte nehmen Sie doch Platz. Wir sind ohnehin gleich fertig.“

        „Oh bitte, keine Eile, meine Damen. Wir haben doch gerne charmante Gesellschaft, nicht wahr Frank? Verzeihen Sie, darf ich vorstellen? Lieutenant Commander Frank Ullman, Kommandant der Korvette Rampage.“ Katherine wurde hellhörig. Sie sah sich den Mann genauer an. Er war groß und hager, Mitte fünfzig und hatte kurz geschnittenes graues Haar mit einem strengen Seitenscheitel. Entfernt erinnerte er sie an einen europäischen Diktator aus dem zwanzigsten Jahrhundert, den sie aus dem Geschichtsunterricht kannte. Der Mann war ihr durch und durch unsympathisch. Mehr noch als Rodriguez, der sich neben sie gesetzt hatte, während Ullman neben Joan Platz nahm. Ullman hatte Ähnlichkeit mit Tovins Beschreibung des Offiziers, der ihm die Injektion verpasst hatte. Einen Moment herrschte angespanntes Schweigen, bis Rodriguez das Wort ergriff. „Miss Ballard, morgen Abend findet hier im Casino der jährliche Offiziersball statt und ich frage mich, ob Sie vielleicht meine Begleiterin sein wollen. Miss Landor, Sie sind natürlich auch herzlich eingeladen.“

        Joan bedachte Rodriguez mit einem gequälten Grinsen. ‚Arschloch, schön dass du auch an mich denkst‘, dachte sie bei sich und antwortete: „Vielen Dank, Commander …“

        „Wenn Sie noch keine Begleitung haben sollten, Miss Landor“, warf Ullman ein, „würde ich gerne meinen Hut in den Ring werfen.“

        „Danke, Lieutenant Commander“, flötete Joan, „aber ich glaube, ich habe schon eine Begleitung gefunden.“

        Bevor Ullman, der pikiert dreinblickte, etwas antworten konnte, piepte Katherines Kommunikator. Takashi hatte ihr eine Nachricht geschickt. Sie nahm das Gerät auf und blickte in die Runde. „Sie entschuldigen, aber die Arbeit kennt keine Mittagspause.“ Takashi hatte Katherine vier detaillierte Phantombilder nach Tovins Aussage angefertigt. Sie blätterte die Fotos durch und hielt ihren Kommunikator so, dass Rodriguez keinen Blick darauf werfen konnte. Die ersten drei Bilder sagten ihr nichts, das vierte jedoch ließ Katherine sich beinahe verschlucken. Sie ließ sich nichts anmerken und reichte den Kommunikator an Joan weiter. Sie starrte wortlos auf das Bild. Auch ohne ein Wort zu sagen hing der Name, den beide Frauen gerade dachten, in der Luft: Ullman. Katherine und Joan erhoben sich. „Meine Herren, bitte entschuldigen Sie uns“, sagte Joan ruhig und besonnen, aber in ihrem Inneren bebte es. „Die Pflicht ruft wieder.“

        Im Büro des Polizeitraktes ließ sich Katherine auf den Stuhl fallen und legte erst einmal die Füße auf den Tisch. Takashi hatte bemerkt, dass die beiden Frauen vom Mittagessen zurückgekommen waren und stellte drei Becher mit dampfendem Kaffee hin. „Hier, ihr seht aus, als könntet ihr einen vertragen“, meinte er und nahm sich selbst einen Becher. „Konntet ihr was mit den Phantombildern anfangen?“

        Joan griff ebenfalls nach einem Becher und nickte. „Nummer vier ist der Kommandant der Rampage, Lieutenant Commander Frank Ullman. Unsympath. Die anderen drei könnten zu seiner Crew gehören“, antwortete sie.

        „Würde das bedeuten, dass wir uns vorrangig auf die Besatzung der Rampage konzentrieren sollen?“, fragte Takashi.

        „Nein, nicht zwingend“, antwortete Katherine. „Ich halte ihn eher für den Mann fürs Grobe, für die Drecksarbeit. Stünde ihm zumindest gut zu Gesicht, die Handlangerrolle. Ekelhafter Typ, dieser Ullman. Die Fäden werden aber hier gezogen, da bin ich mir sicher.“ Katherine nippte an ihrem Kaffee. „Immerhin haben wir schon mal einen ersten Verdächtigen. Joan, Takashi, wenn ich nachher zu Commodore Becker gehe, möchte ich, dass ihr beide zur Rampage übersetzt und ihm mal auf den Zahn fühlt. Zeigt ihm die anderen drei Bilder. Und wenn er sie nicht kennen will, lasst ihr die Offiziere antreten. Auf so einem kleinen Schiff kann es nur eine Handvoll sein.“

        „Solch eine Korvette hat nur zweihundert Mann Besatzung, da sind es maximal fünfzig Leute ab dem Dienstgrad Lieutenant aufwärts“, brummte Takashi. „Kriegen wir hin, Kat.“

        „Kat, wenn du meinst, dass diese Verschwörung oder wie auch immer wir es nennen wollen, von hier ausgeht, wer, glaubst du, steckt da mit drin?“, fragte Joan.

        Katherine nahm die Füße vom Tisch und setzte sich aufrecht. Sie zählte an den Fingern ab: „Doktor Teenbaum als erstes. Er weiß, wie Lythobromphine wirkt und dass man es nicht nachweisen kann. Außerdem wurde damit ein Mittel verabreicht, das noch nicht käuflich erhältlich ist. Das macht es noch schwieriger, herauszufinden, was es war. Wir können Tovin dankbar sein, dass er sich an solche Details doch noch erinnern konnte. Zweitens Marijke van den Bosch und ihre ganze Abteilung.“

        „Warum das denn?“, ereiferte sich Joan. „Sie hat uns doch zweimal prima geholfen.“

        „Eben, drum!“, gab Katherine grinsend zurück. „Ich mag mich irren, aber sie geht mit den Vorschriften als Sicherheitsoffizier offensichtlich zu lax um. Gefallen hier, Ausnahme da. Wenn sie, wie ihr großes Vorbild Joachim Becker, die Vorschriften genauer einhalten würde, wären wir noch lange nicht so weit wie jetzt. Sie macht sich durch ihre Hilfsbereitschaft verdächtig.“ Joan sah Katherine traurig an. Katherine bemerkte dies und versuchte, ihre Freundin etwas zu trösten. „Ich weiß, dass du große Stücke auf van den Bosch hältst und sie scheint dich ja offensichtlich ebenfalls zu mögen, daher wünsche ich mir für dich und für sie, dass ich bei diesem Verdacht falsch liege. Glaube mir bitte, Joan.“

        Joan verschränkte die Arme vor der Brust und hatte alle Mühe, ihren Unmut zu verbergen. Marijkes Geschichte war ihr sehr nahe gegangen – sofern sie denn stimmte. Dies ging in diesem Moment durch Joans Kopf und sie sagte: „Du hast Recht, Kat. Ich darf das nicht an mich heranlassen. Hast du noch jemanden in Verdacht?“

        Katherine war aufgestanden und hatte den letzten Schluck Kaffee genommen. „Ganz oben auf meiner Liste steht Commander Hernando Rodriguez de Munoz y Aragon. Er ist nicht Urheber dieser Geschichte, er hat vielleicht noch eine Instanz über sich, aber er ist der mächtigste Mann in diesem Verband und er ist machtgierig. Hast du gesehen, wie seine Augen leuchteten, als er sagte, er wäre de facto der Kommandeur dieser Flotte? Ein Pragmatiker geht mit so einer Information nicht so hausieren. Hot Rod hingegen schmückt sich gerne mit solchen Federn. Er ist ein eitler Gockel und liebt das Rampenlicht.“

        „Was werden wir tun? Wir können nicht alle vorläufig festnehmen und hier verhören!“, gab Takashi zu bedenken.

        „Absolut korrekt, Takashi“, gab Katherine grinsend zurück. „Deswegen werde ich morgen Abend ein hübsches Kleid, ein paar sexy Strümpfe und hohe Absätze tragen und Hot Rods Einladung zum Offiziersball annehmen. Rock´n´Roll wird da nicht getanzt werden, das heißt, er hat genügend Luft zum Antworten, wenn ich ihn auf meine bekannt charmante und liebenswürdige Weise etwas aushorchen werde. Joan hat einen süßen Piloten aufgerissen, mit dem sie sich heute Abend verabredet hat. Joan, sieh zu, dass du ihn dazu bewegst, dich zum Ball einzuladen. Du weißt, was du zu tun hast.“

        Joan nickte. Katherine sah Takashi mitleidig an. „Tja, dir bleibt nur noch van den Bosch. Versuche, an sie heranzukommen. Wenn sie dich abweist, ok. Dann kann man nichts machen, dann versuche Smalltalk mit anderen Offizieren an der Bar oder ähnliches. Achtet auf die kleinsten Kleinigkeiten und haltet euch ausnahmsweise beim Alkohol etwas zurück, ok? Ich muss es auch, auch wenn es mir in dieser Situation echt schwerfällt.“ Katherine grinste sardonisch. „Aber seht zu, dass eure Gesprächspartner möglichst viel trinken.“ Joan und Takashi lachten, denn Katherine war bekanntermaßen ein ausgewiesenes Partygirl. Katherine zog die Spange aus ihrem schwarzglänzenden Haar, schüttelte es lasziv aus und legte aufreizend einen Arm auf Takashis Schulter. Mit einem lüsternen Augenklimpern raunte sie: „Wäre doch gelacht, wenn wir keine Informationen zusammenkriegen, oder Kinder?“
        Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

        Mission accomplished.

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          #34
          Kapitel 6


          Curtis schritt mit energischen Schritten den Gang der exklusiven Wohnanlage zu Emeldas Wohnung am Rande von Martian City entlang. Nach Auskunft des New Yorker Zentralraumhafens hatte er Nuraras Abflug zum Mars nur um etwa dreizehn Stunden verpasst. Mit etwas Glück würde er Nurara vielleicht noch im Nachthemd erwischen, sie auf die Comet schaffen und in New York Marshall Garnie vorführen. Er würde Garnie dazu bewegen, die Ermittlungen wieder aufzunehmen und herausbekommen, wo Kuolun sich gerade aufhielt. Nurara war Curtis in Grunde genommen egal. Sicherlich hatte sie eine lebenslängliche Gefängnisstrafe für den inszenierten Raumschiffabsturz über dem Gefängnis von Airam IV mit mehreren tausend Todesopfern verdient, aber Curtis wollte Kuolun endgültig zur Strecke bringen und dafür sorgen, dass der Sohn des Victor Korvo niemals wieder Tageslicht zu sehen bekommen sollte. Und nur Nurara würde wissen, mit welchem Ziel Kuolun in den Tiefen des Weltalls verschwunden war.
          Curtis machte vor der weißen Appartementtür von Emeldas Wohnung Halt. Nur Sekundenbruchteile, nachdem er geklingelt hatte, glitt die Tür zur Seite und eine große, schlanke Frau mittleren Alters mit grünen Locken und einem schwarzhaarigen Mädchen auf dem Arm stand vor ihm. Sie lächelte und sagte: „Mister Newton, ich habe Sie erwartet! Kommen Sie doch rein.“

          Curtis trat in die helle, gepflegte Wohnung ein und sah sich skeptisch um. „Wo ist Nurara?“, fragte er ungeduldig.

          Jelana begann etwas zu quengeln. „Sie hätten auch unbewaffnet vorbeikommen können, Mister Newton“, antwortete Emelda mit einem missbilligenden Blick auf Curtis‘ Raumanzug. „Sie haben Nurara um zwei Stunden verpasst. Sie ist nicht hier.“ Sie schaukelte Jelana sanft hin und her und redete mit leiser Stimme auf marsianisch auf sie ein.

          „Wo ist sie hin?“, fragte Curtis etwas lauter. „Ich fange an, die Geduld mit Ihrer Tochter zu verlieren, Emelda!“

          „Schhhh! Bitte, Mister Newton, Sie verschrecken die Kleine. Hören Sie, ich weiß nicht, wohin Nurara gegangen ist. Sie hat den Mars verlassen und ich kann Ihnen nicht sagen, was ihr Ziel ist, selbst wenn ich es wollte. Und ich fordere Sie auf, meine Tochter in Ruhe zu lassen! Sie hat nichts getan!“

          Curtis schnaubte verächtlich. „Pah! Emelda, ich bitte Sie! Das glauben Sie doch selbst nicht! Nurara hat ein Frachtschiff randvoll mit Sprengstoff auf das Gefängnis stürzen lassen, tausende Opfer in Kauf genommen, nur um Kuolun zu befreien. Hören Sie auf mich und sich selbst zu belügen!“

          Jelana sah von ihrer Großmutter auf zu Curtis hin. Sie betrachtete ihn einen Moment, dann lächelte sie und streckte ihre kleinen Ärmchen nach ihm aus. „Ist sie nicht himmlisch, Captain? Ich hatte nie die Gelegenheit, ihren Vater richtig kennen zu lernen, aber sie sieht ihm so ähnlich. Es ist so schade, das Jelana ohne Vater aufwachsen muss. Warum wollen Sie unbedingt diesem Kind noch die Mutter wegnehmen? Mussten Sie nicht auch ohne Eltern aufwachsen? Sie wurden doch von einem Roboter und einem künstlichen Menschen großgezogen! Warum wollen Sie um jeden Preis meiner Enkeltochter ein ähnliches Schicksal bereiten? Lassen Sie Nurara bitte endlich in Ruhe! Sie hat nichts getan! Sie ist rehabilitiert und begnadigt. Hören Sie auf, ihren Namen zu diskreditieren.“ Emelda sprach sanft, ohne jeden Groll, aber bestimmt mit Curtis. Jelana streckte immer noch die Arme in Curtis‘ Richtung aus und wurde langsam ärgerlich, dass ihr Wunsch ignoriert wurde und tat dies lautstark kund. Emelda sprach weiter: „Sehen Sie sich dieses kleine Mädchen an! Nehmen Sie sie, Captain. Halten Sie sie!“

          Ohne Worte nahm Curtis Jelana auf den Arm. Sie gluckste vor Freude und fing an, mit ihren feinen Fingernägeln auf Curtis‘ Brustpanzer herum zu kratzen.

          „Merken Sie was, Mister Newton? Ich frage Sie noch einmal: wollen Sie wirklich, dass dieses wunderschöne kleine Wesen ganz ohne Eltern aufwächst? Wie können Sie so herzlos sein?“ Emelda sah Curtis eindringlich und selbstbewusst an. Die Ähnlichkeit zwischen Emelda und Nurara war unverkennbar. Beide hatten diesen Blick, der zum Töten imstande war.

          Emeldas Ansprache hatte Curtis in seinem Innersten getroffen. Insgeheim musste er Nuraras Mutter Recht geben. Er reichte Jelana ihrer Großmutter zurück, was die Kleine mit lautem Protest quittierte. Dann zog er eine Datenkarte aus seinem Gürtel und hielt sie Emelda hin. „Gut. Ich lasse die Geschichte vorläufig auf sich beruhen, Emelda. Auf dieser Karte sind gesicherte Frequenzen abgespeichert, auf denen Nurara mich erreichen kann. Tun Sie mir wenigstens den Gefallen und übermitteln diese an Ihre Tochter, wenn sie sich bei Ihnen meldet. Ich muss unbedingt mit ihr reden.“ Curtis machte eine kurze Pause. „Nurara kann versichert sein, dass sie von mir erst einmal nichts zu befürchten hat. Ich will Kuolun. Und nur ihn.“ Dann zog er einen Handschuh aus und streichelte Jelana sanft die Wange. „Alles Gute, Süße. Du hast eine tolle Mutter und eine Großmutter mit einem Kämpferherz.“ Jelana packte reflexartig seinen Zeigefinger und versuchte mit dem ersten Zahn hineinzubeißen. Sanft wand Curtis seinen Finger aus Jelanas Händchen und strich ihr zärtlich über das schwarze Haar. Sie quiekte vor Vergnügen. „Ich gehe jetzt, Emelda. Richten Sie Nurara bitte aus, dass ich mit ihr reden möchte. Nur reden.“

          Ohne ein weiteres Wort verließ Curtis Emeldas Wohnung. Auf dem langen Gang schritt er einige Dutzend Meter, bis er stehen blieb und die Stirn gegen die Wand stieß. „Verdammt!“, murmelte er.





          Katherine fand Commodore Becker und Commander Rodriguez auf der Brücke. Zielstrebig ging sie auf die beiden Männer zu, schenkte Rodriguez ein charmantes Lächeln und sagte zu Becker: „Sie wollten mich sprechen, Sir?“

          „Major Ballard, danke, dass Sie Zeit für mich gefunden haben. Wie kommen Sie mit Ihren Ermittlungen voran?“

          „Mühselig, Sir, mühselig“, log Katherine. „Wir finden kaum einen Ansatzpunkt. Es sieht so aus, als müssten wir Sie leider übermorgen wieder verlassen. Colonel Tovin muss in New York tiefenpsychologisch untersucht werden, wir kommen einfach nicht an ihn heran. Und auf Sameda II wirft man uns auch nur Steine in den Weg.“ Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Rodriguez Schwierigkeiten hatte, ein kleines Schmunzeln zu unterdrücken.

          „Haben Sie schon mit der lokalen Polizei gesprochen?“, fragte Rodriguez.

          „Nein, Sir, wir mussten Samad vorzeitig verlassen, die Situation wurde zu gefährlich für zwei wehrlose Frauen“, antwortete sie, diesmal wahrheitsgemäß. „Wir haben auch nicht die Absicht, den Planeten noch einmal zu betreten.“

          „Das würde ich Ihnen auch nicht empfehlen“, gab Becker zurück. „Den Aufstand von heute Morgen konnten Polizei und Militär nur mit brutalster Gewalt niederschlagen. Es hat mehrere hundert Tote auf beiden Seiten gegeben und für die Hauptstadt wurde der Ausnahmezustand ausgerufen, mit Ausgangssperren und allem, was dazu gehört. Ich beabsichtige ebenfalls, den Verband zeitnah zu verlegen.“ Becker machte eine kurze Pause. „Nach dem Offiziersball morgen Abend. Es werden übrigens auch einige Abgesandte der samedanischen Politik und Wirtschaft anwesend sein. Wir wollen immer noch als Repräsentanten des Solaren Systems einen guten Willen zeigen, nicht wahr, Rodriguez?“

          „Absolut, Commodore! Was mich zu der Frage bringt, Miss Ballard. Erweisen Sie mir die Ehre, mich morgen auf den Ball zu begleiten?“

          Katherine hatte nur auf diese Frage gewartet. Mit einem strahlenden Lächeln antwortete sie: „Commander, die Ehre ist ganz auf meiner Seite. Ich danke Ihnen vielmals für die Einladung. Sie können mit mir rechnen.“

          Mit einem Mal strahlte Rodriguez über sein ganzes, breites Gesicht. Der kleine Kolumbianer wäre am liebsten vor Freude über die Kommandoplattform gehüpft, aber er wahrte Contenance. Stattdessen verbeugte er sich elegant und gab Katherine ein weiteres Mal gentlemanlike einen Handkuss. „Miss Ballard, mein Herz möchte vor Freude einen Tanz aufführen. Ich danke Ihnen!“

          „Schleimer, du ahnst noch gar nicht, was dir blüht.“, dachte Katherine respektlos.

          „Rodriguez, jetzt nehmen Sie sich mal etwas zusammen. Sie verhalten sich ja wie ein frisch verliebter Teenager vor dem Abschlussball!“, tadelte Becker, konnte sich jedoch ein – für ihn seltenes – schelmisches Grinsen nicht verkneifen.

          „Ich bitte um Verzeihung, Sir, aber nicht anders fühle mich gerade!“, antwortete Rodriguez und senkte demütig den Kopf. „Sir, wenn Sie nichts mehr für mich haben, werde ich jetzt die Navigatoren inspizieren."
          „Machen Sie das, Rodriguez. Wegtreten.“ Becker sah Rodriguez noch einen Moment nach, winkte einen Captain heran und sagte: „Lafayette, ich bin in meiner Kabine. Sie haben die Brücke“!

          Captain Lafayette salutierte und Becker verließ mit Katherine die Brücke. In seiner Privatkabine bot er ihr einen bequemen Sessel an und ließ sich selbst in seinen großen Ledersessel fallen. „Noch einmal danke für Ihre Zeit, Major“, sagte Becker mit einem bescheidenen Lächeln.

          „Was kann ich für Sie tun, Sir?“, fragte Katherine und sah sich aufmerksam in dem, für einen Kommandanten mit Admiralsbefugnissen, eher karg eingerichteten Raum um.

          „Captain van den Bosch hat mich gebeten, ja geradezu genötigt, das Gespräch mit Ihnen zu suchen, daher komme ich gleich zur Sache. Finden Sie, ich habe mich verändert, Miss Ballard?“

          Katherine dachte einen Moment nach, sie suchte eine diplomatische Antwort. „Um ehrlich zu sein, Sir, ja. Und verzeihen Sie meine Direktheit – nicht unbedingt zu Ihrem Vorteil. Darf ich offen sprechen?“

          „Ich bitte darum, Miss Ballard.“

          „Ich habe den Eindruck, dass der Posten des Commodore für Sie nicht der geeignete Job ist. Rodriguez und van den Bosch haben mir unabhängig voneinander zu verstehen gegeben, dass Sie anscheinend mit dieser Aufgabe überfordert sind.“

          Becker nickte bedächtig und zustimmend. „Sie haben vollkommen Recht, Major. Ich will Ihnen auch sagen warum.“

          Katherine zog erwartungsvoll fragend die Augenbrauen hoch. „Sir?“

          „Die Admiralität hat mich auf diesen Dienstposten gepresst. Ich wollte ihn gar nicht. Als mein Vorgänger Hank Taggart seinen Ruhestand bekannt gab, wollte ich ebenfalls von der Tennessee versetzt werden. Ich habe mehrere Gesuche geschrieben, alle wurden abgelehnt. Sehen Sie, Major. Ich bin seit zweiundvierzig Jahren Offizier der Flotte. Ich habe immer meinen Dienst vorbildlich erfüllt, nie eine Disziplinarmaßnahme erhalten und bin stets ohne zu murren dorthin gegangen, wo die Admiralität mich haben wollte. Ich habe immer nur gegeben, nie gefordert. Jetzt wollte ich nur noch die letzten drei Jahre bis zu meiner eigenen Pensionierung in der Nähe meiner Familie sein. Ich habe drei Enkelkinder von vier und fünf Jahren. Das letzte Mal, dass ich sie sah, war jeweils kurz nach der Geburt. Seitdem nicht mehr. Dieses Schiff macht mich krank, Miss Ballard! Es bringt mich um!“

          „Dieser Umstand macht Ihnen zu schaffen, ganz offensichtlich und Ihre Führungsqualitäten leiden darunter. Aber ich bin keine Therapeutin, Sir. Ich bin Ermittlerin und Profilerin. Ich versuche, die bösen Jungs zu schnappen. Ich könnte Ihnen auch nur bestenfalls einen Rat basierend auf dem guten Menschenverstand geben“, antwortete Katherine sichtlich geschockt.

          „Haben Sie denn einen Rat für mich?“, fragte Becker.

          „Ich bin ein Mädchen vom Land. Ich komme aus den Südstaaten. Wo ich groß geworden bin, gab es nur zwei Möglichkeiten, beiß dich durch oder geh unter. Als mein kleiner Bruder und ich auf die Welt kamen, hatten meine Eltern fast nichts und mussten uns irgendwie durchbringen. Uns ging es erst besser, als ich die Highschool verließ. Jetzt bin ich hier, Major der Weltraumpolizei, Doktor der Psychologie, ich habe einen tollen Mann, der auf mich wartet und bald eine Familie mit mir gründen wird. Ich bin halb so alt, wie Sie, Sir und ich sehe vor mir einen Mann, der auch es zu was gebracht hat. Sie haben eine Familie, die seit Jahrzehnten zu Ihnen steht, Sie können auf eine grandiose Karriere bei der Flotte zurückblicken, Sie sind auf einem Posten, auf den andere Offiziere Ihres Ranges neidisch schielen. Commodore, Sie kommandieren das zweitgrößte Schiff der Flotte!“ Katherine setzte ein ehrliches Lächeln auf. „Und, Sir zu guter Letzt haben Sie einen großartigen Sohn, der zu Ihnen aufschaut und auf den Sie stolz sein können! Sie haben nur noch zwei Jahre! Beißen Sie sich verdammt nochmal durch! Sie haben es zweiundvierzig Jahre lang getan! Die letzten zwei Jahre sitzen Sie doch locker auf einer Arschbacke ab.“ Beim letzten Satz biss sich Katherine auf die Zunge, wieder einmal kam die freche, unbekümmerte Südstaatlerin durch.

          Becker ignorierte den verbalen Fauxpas, aber seine Augen wurden groß. „Sie kennen Peter?“

          „Nicht direkt, aber meine Kollegin, Lieutenant Landor. Sie spekuliert darauf, dass Peter sie zum Ball einlädt. Er ist ein hübscher Kerl, wenn ich das so sagen darf.“

          Becker schenkte ihr ein väterliches Lächeln. „Danke, Miss Ballard. Ich weiß Ihre Offenheit sehr zu schätzen. Ich habe auch nicht erwartet, dass Sie mich in irgendeiner Form therapieren. Ich wollte nur Ihre Meinung hören und werde sie in meine Entscheidung einbeziehen.“

          Katherine erschrak, sie befürchtete das schlimmste. „Einbeziehen? Welche Entscheidung?“

          „Ich beabsichtige, meinen Dienst offiziell zu quittieren“, antwortete Becker ernst. „Dann verliere ich zwar meine Pensionsansprüche zum großen Teil, aber ich bin befreit, befreit von diesen Zwängen.“

          „Sie wollen kündigen? Sir, bitte tun Sie das nicht! Das Schiff braucht Sie! Heute mehr denn je!“ Katherine sah den Commodore eindringlich an, dann erzählte sie von den neuesten Erkenntnissen. „Ich habe Ihnen auf der Brücke vorhin nicht die Wahrheit gesagt“, begann sie …

          „… und da Marshall Garnie uns abberufen hat, versuchen wir bis übermorgen noch so viele Informationen wie möglich zu sammeln.“ Becker hatte die ganze Zeit Katherine aufmerksam zugehört, er hing ihr förmlich an den Lippen. Dann stand er auf, steckte die zu Fäusten geballten Hände in die Hosentaschen und schritt im Kreis herum.

          „Teenbaum, Ullman und Rodriguez sagen Sie? Und vielleicht sogar noch van den Bosch?“ Becker sah Katherine hilflos und fragend an. „Sie äußern einen ungeheuren Verdacht, Major. Haben Sie nur den Hauch eines Beweises?“

          Katherine zuckte mit den Schultern. „Nein Sir, nur die Aussage des Colonels.“

          Becker beugte sich zu Katherine herunter und stützte sich auf die Armlehnen des Sessels. „Das ist eindeutig zu wenig, meine Liebe!“, flüsterte er und sah ihr durchdringend in die Augen. „Und selbst wenn Sie Recht haben sollten, Miss Ballard, werden Sie es nicht herausbekommen! Rodriguez und Ullman sind Kommandanten, Schiffsführer, ganz exzellente Marines mit herausragenden Fähigkeiten. Ihnen hat man eingetrichtert, Wissen für sich zu behalten und es gegebenenfalls mit ins Grab zu nehmen! Für van den Bosch lege ich meine Hand ins Feuer. Sie ist für mich so etwas wie eine Tochter, verstehen Sie? Marijke kam als kleines, trauriges Mädchen zur Flotte, voll mit Verlustängsten und wenig Selbstbewusstsein. Und jetzt schauen Sie sich diese Frau an, Katherine! Das hat sie alles mir zu verdanken! Denken Sie wirklich, dass Marijke mich hintergehen würde? Niemals!“

          Katherine war mehr als erstaunt von der Energie und den Emotionen, die Joachim Becker in diesem Moment freisetzte. So hatte sie ihn bisher noch nicht erlebt. „Dann bleibt nur noch Teenbaum, Commodore. Was halten Sie von ihm?“

          „Ich muss gestehen, ich kenne ihn kaum. Er ist erst seit einem knappen Vierteljahr bei uns an Bord und ich war nur einmal bei ihm, weil ich Gelenkschmerzen hatte. Er kommt zwar regelmäßig zu den Stabsbesprechungen, bringt sich aber nur wenig in das Offizierskorps ein.“

          „Ist er auch ein Marine?“, wollte Katherine wissen.

          Becker schüttelte den Kopf. „Nein, er hat nur eine militärische Grundausbildung, seinen Rang hat er auf Grund seiner Dienststellung als leitender Schiffsarzt. Ihm untersteht sogar fachlich die gesamte Crew der Cherish.“

          „Demnach fehlt ihm die nötige militärische Erfahrung“, schlussfolgerte Katherine. „Allerdings ist er Arzt und weiß ebenfalls, was Schweigepflicht bedeutet. Das einzige, was ihm fehlen könnte, ist die Stressresistenz, die einen Marine auszeichnet. Damit könnten wir ihn kriegen.“ Katherine sah den Commodore kämpferisch an. „Was ist mit den anderen drei Offizieren?“

          Becker schüttelte den Kopf. „Miss Ballard, wir haben mehr als siebentausend Leute, verteilt auf acht Schiffe. Ich kenne beim besten Willen nicht jeden Lieutenant. Mir laufen sogar hier täglich unbekannte Gesichter über den Weg.“

          Katherine erhob sich aus dem Sessel. „Ich werde mir morgen Abend Doktor Teenbaum mal vorknöpfen. Kann ich noch etwas für Sie tun, Commodore?“

          Becker setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. „Nein, Major, das war vorläufig alles. Danke für Ihre Zeit und für die wertvollen Informationen. Wenn Sie irgendetwas brauchen, können Sie sich jederzeit an mich wenden. Bringen Sie mir Beweise! Aber bitte seien Sie vorsichtig.“
          Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

          Mission accomplished.

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            #35
            An Bord der Korvette Rampage war es heiß und stickig. „Die Luftumwälzanlage ist mal wieder defekt“, sagte ein junger Sergeant zur Begrüßung, als Joan und Takashi das angedockte Shuttle verließen. „Der alte Kasten gehört eigentlich auf den Schrottplatz“, meinte er grinsend und wurde gleich von seiner Vorgesetzten getadelt.

            „Na, na, na, Sarge! Der alte Kasten, wie Sie ihn respektlos nennen, hat Sie bisher immer gut nach Hause gebracht!“ Die hübsche Mittdreißigerin mit den dunkelbraunen Locken und den braunen Augen lächelte mit breitem Mund und streckte Joan die Hand entgegen. Sie wirkte mit ihren maorischen Zügen äußerst sympathisch. „Captain Jenny Simmons, erster Offizier der Rampage. Und Sie sind?“

            „Lieutenant Joan Landor und Captain Takashi Yokomuri, Weltraumpolizei“, antwortete Joan, ebenfalls lächelnd während sie Simmons die Hand schüttelte. „Wir würden gerne mit Ihrem Kommandanten sprechen.“

            „Der steckt wahrscheinlich wieder bis zum Bauch in der Maschine. Ich lasse ihn ausrufen. Kommen Sie mit, wir gehen so lange auf die Brücke.“ Sie bedeutete dem Sergeant, den Kommandanten ausrufen zu lassen und ging mit federnden Schritten voraus.

            „Takashi, hör auf ihr auf den Hintern zu starren, du bist verheiratet!“, zischte Joan dem Japaner zu. „Ich denke, ICH werde sie vernehmen. Du bist zu abgelenkt.“

            Bevor Takashi eine anzügliche Antwort geben konnte, dröhnte eine Lautsprecherdurchsage über den Flur: „Kommandant bitte auf die Brücke!“

            Die Gänge der Korvette waren eng und ein wenig erdrückend. Das Schiff maß mit einhundertsechzig Metern Länge und fünfundvierzig Metern Breite gerade mal etwas über ein Zehntel der Tennessee. Die Rampage gehörte zu den drei Angriffskorvetten der Marauder-Klasse mit schwerer Bewaffnung. Ihre Aufgabe war es, im Falle eines feindlichen Angriffs, kleinere und mittlere Kampfschiffe auf Distanz zu halten. Bedingt durch die kompakte Bauform musste natürlich jeder zur Verfügung stehende Raum ausgenutzt werden, dementsprechend beengt ging es auf diesem Schiff zu, kein Vergleich zu den fast verschwenderisch großen Räumen auf dem Schlachtkreuzer. Der einzig halbwegs geräumige Bereich war die Brücke mit dreißig Metern Breite und einem großen Panoramafenster, das einmal komplett um den ganzen Brückenbereich herumreichte. Von hier aus konnte man sich einen phänomenalen Eindruck von der gewaltigen Größe des Flaggschiffes machen, das in etwa fünf Kilometern Entfernung lag.

            „Wahnsinn! Ist das Ding riesig, ist mir gar nicht aufgefallen, als ich hierherkam“, stieß Takashi hervor.

            Simmons konnte sich ein stolzes Grinsen nicht verkneifen. „Nicht wahr? Ich bin jedes Mal aufs Neue beeindruckt, wenn ich dieses Riesenschiff sehe. Nur die Schlachtschiffe Republic und Constitution sind noch mal fünfhundert Meter länger. Was verschafft uns denn die Ehre Ihres Besuchs, wenn ich fragen darf?“

            Joan, die mit Jenny Simmons bis jetzt um die Wette gelächelt hatte, wurde ernst. „Captain Simmons, kennen Sie diese drei Männer?“ Sie hielt ihr ein Datapad mit den drei Phantomzeichnungen hin. Simmons betrachtete sie eingehend und nickte.

            „Ja, das sind Lieutenant Sakow, Lieutenant Junior Grade Allister und Lieutenant Junior Grade Meinhardt, alles Waffenoffiziere. Was ist mit ihnen?“ Simmons hatte offensichtlich, dadurch, dass sie die Namen so unverblümt nannte, keine Ahnung. Joan und Takashi tauschten einen vielsagenden Blick aus.

            „Danke Captain. Das hat uns schon sehr weitergeholfen. Sagen Sie bitte, wo war Lieutenant Commander Ullman am Tage des Amoklaufes?“ Takashi musterte Simmons‘ Gesichtsausdruck. Augenscheinlich fühlte sie sich etwas überrumpelt.

            „Er hatte dienstfrei und sich von Bord gemeldet. Normalerweise verbringt er seinen dienstfreien Tag im Erholungsbereich auf der Cherish. Warum fragen Sie?“

            „Wann war er wieder zurück an Bord?“, fragte Joan.

            „Etwa gegen dreiundzwanzig Uhr und ziemlich angesäuselt.“

            Takashi bohrte weiter: „Wo waren die drei Lieutenants an dem Tag?“

            Simmons überlegte kurz, dann antwortete sie: „Soweit ich mich erinnere, hatten die drei ebenfalls dienstfrei und wollten den Tag unten auf Sameda II verbringen. Ich habe ihre Ausgangsscheine gesehen.“

            „Wer hat die Ausgangsscheine unterschrieben?“, fragte Joan. Sie ließ Simmons keine Zeit zum Ausweichen.

            „Ullman. Aber sagen Sie mir doch bitte, was die Fragerei soll?“ Simmons‘ milchkaffeebrauner Teint war eine Spur blasser geworden.

            „Letzte Frage, Captain, werden Sie morgen auf dem Offiziersball zugegen sein?“, fragte Joan, wieder eine Spur freundlicher.

            „Ja, natürlich.“

            „Gut“, antwortete Joan knapp. Hinter Captain Simmons war Frank Ullman erschienen. Er war ölverschmiert und sein Scheitel hing ihm in wirren Strähnen ins Gesicht.

            „Kommandant auf Brücke!“, rief jemand und Simmons drehte sich um, um zu salutieren. Ullman winkte genervt ab. „Ja, ja, ist schon gut. Miss Landor, schön Sie zu sehen“, rief er mit knarrender Stimme. „Es tut mir Leid, aber dieses Schiff hat so manchmal seine Zicken. Die Klimaanlage hat einen Schaden, ich bitte die schlechte Luft vielmals zu entschuldigen. Was führt Sie zu uns?“

            Joan nickte Simmons lächelnd zu und sagte: „Danke Captain.“ Simmons wandte sich ab und ging zum Platz des Navigators – noch in Hörweite. An Ullman gerichtet sagte Joan: „Sir, wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen. Können wir das irgendwo in Ruhe tun?“

            „Sicher, gehen wir in den Einsatzraum. Bitte hier entlang.“ Ullman wies auf einen verglasten Raum im hinteren Bereich der Brücke.
            Der Einsatzraum war wie auf der Tennessee ein schalldichter, von der Brücke mit einer dicken Glaswand abgetrennter Bereich, der auch durch Verdunkelung der Glasfront komplett abgeschottet werden konnte, nur ein vielfaches kleiner. Ullman ließ den beiden Polizisten den Vortritt und schloss die Tür hinter sich, als er ebenfalls eintrat.
            „Was gibt es denn?“, wollte er wissen. In seiner Stimme schwang eine leichte Ungeduld mit.

            Takashi ergriff das Wort. „Lieutenant Commander Ullman, wo waren Sie am Tage des Amoklaufes?“

            „Ich hatte meinen freien Tag und habe ihn auf der Cherish verbracht. Sauna, Schwimmen, ausspannen, das volle Programm.“

            „Gibt es Zeugen dafür?“, fragte Joan misstrauisch.

            Ullman lachte. „Hunderte! Fragen Sie das Spa-Personal, die Ordonnanzen an der Bar und Rodriguez! Er war den ganzen Tag dabei!“

            „Wann waren Sie zurück an Bord?“

            „So gegen dreiundzwanzig Uhr, ich bin sofort ins Bett, weil ich reichlich getrunken hatte.“

            Joan fiel in dem Moment ein wichtiges Detail aus der Einsatzbesprechung in New York ein. „Sir, wann genau hat Ihr Schiff Colonel Tovin mit dem Raumjäger aufgebracht?“

            „Gegen ein Uhr Bordzeit. Ich wurde erst um sechs, nach dem Aufstehen darüber informiert. Da kein Schuss abgegeben wurde, war das in Ordnung.“

            „Das heißt, Sie haben Tovin bei seiner Festnahme nicht gesehen?“ Joan musterte Ullman misstrauisch.

            „Nein, das habe ich nicht!“, erwiderte der Kommandant energisch. „Was soll die ganze Fragerei? Wollen Sie mir etwa unterstellen, ich hätte etwas mit dem Amoklauf zu tun?“ Nervös gingen seine Augen zwischen Joan und Takashi hin und her. Er fühlte sich deutlich in die Enge getrieben.

            „Nein, Sir“, gab Joan ruhig und gelassen zurück. „Reine Routinefragen. Eine letzte Frage, Sir, dann sind Sie uns wieder los. Kennen Sie diese drei Männer?“ Sie hielt ihm das Datapad hin.

            Ullman nahm das Datapad, dabei bemerkten Takashi und Joan, dass seine Hand leicht zitterte. Er sah sich die Bilder flüchtig an und gab das Pad wieder zurück. „Nein, kenne ich nicht“, log Ullman.

            „So? Sie kennen Sie nicht? Wie stark ist Ihre Besatzung, Sir?“ Takashi wurde sauer.

            „Zweihundertzwanzig … aber …“

            „Wie kommt es dann“, fiel er Ullman ins Wort, „dass Ihr hübscher erster Offizier diese drei Mann von zweihundertzwanzig eindeutig identifizieren konnte und Sie nicht? Wollen Sie allen Ernstes behaupten, Sie kennen die wichtigsten Offiziere an Ihren Geschützen nicht und unterschreiben ihnen dennoch Urlaubsscheine?“

            „Meinhardt, Sakow, Allister“, gab Ullman entnervt zurück. „Sie waren in Samad und wollten dort im Vergnügungsviertel den Abend verbringen.“

            „Warum sagen Sie das nicht gleich, Sir?“, fragte Joan überfreundlich.

            „Weil die drei dafür bekannt sind, gerne zu Prostituierten zu gehen, Miss Landor. Die Flotte duldet so etwas nicht, aber ich kann es nicht verhindern. Ich will meinen Männern Ärger ersparen.“

            „Ob die drei fragwürdigen Vergnügen nachgegangen sind, ist uns ziemlich egal, Lieutenant Commander. Uns interessiert, warum Sie Ihre Männer gerade eben verleugnet haben. Waren Sie am fraglichen Abend auch in Samad?“, bohrte Takashi weiter.

            „Nein, Herrgott nochmal! Ich war mit Commander Rodriguez den ganzen Tag bis zu meiner Rückkehr auf der Cherish!“

            Joan atmete tief durch, ein leichtes Zittern ging durch ihren Körper. „Sir, wir müssen Sie bitten, mit uns auf die Tennessee zu kommen. Bitte erregen Sie jetzt kein Aufsehen und gehen mit uns zum Shuttle.“

            Takashi hatte seinen Kommunikator aus der Tasche gezogen: „Lieutenant Baxter, kommen Sie bitte mit fünf Mann zur Rampage und nehmen Sie die Lieutenants Allister, Sakow und Meinhardt vorläufig fest.“

            Joan deutete zur Tür. „Sir, wenn Sie uns dann bitte folgen wollen.“
            Zuletzt geändert von Nurara McCabe; 03.06.2014, 08:54.
            Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

            Mission accomplished.

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              #36
              Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
              Wenn Sie irgendetwas brauchen, können Sie sich jederzeit an mich wenden. Bringen Sie mir Beweise! Aber bitte seien Sie vorsichtig.“
              Na, dann will ich mal hoffen Becker gehört zu den wenigen "Guten", wenn sie ihm schon sooo vertraut.
              ZUKUNFT -
              das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
              Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
              Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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                #37
                Tja, wie ihr Becker einschätzt, überlasse ich vorläufig noch euch. Jetzt zeigen erst einmal ein paar andere Offiziere ihr wahres Gesicht.

                Marijke van den Bosch hatte Brückendienst. Commander Rodriguez hatte sich für eine Besprechung mit den Kommandanten der anderen Schiffe in den Einsatzraum zurückgezogen. Auf der Brücke selbst herrschte eine geschäftige und angespannte Stimmung, da draußen im All die Raumjäger- und Bombereinheiten der Courageous einen simulierten Angriff gegen die Tennessee flogen, welche wiederum vom 5. Jagdbombergeschwader und dem 3. Jägergeschwader, die beide zum Jägerkontingent des Schlachtkreuzers gehörten, verteidigt wurde. Van den Bosch wusste, dass die Brückenbesatzung ihren Job erstklassig machen würde und so beschränkte sich ihre Anwesenheit auf eine Beobachterin. Auch wenn van den Bosch „nur“ zweiter Offizier war, erfüllte die Effizienz und der Einsatz der Besatzung sie mit Stolz. Sie war glücklich, Mitglied einer so kampferprobten und souveränen Besatzung zu sein. Draußen, vor dem großen Panoramafenster lieferten sich zwei Jägergruppen den skurrilen Tanz eines Dogfights. Ihr privater Kommunikator brummte in ihrer Hosentasche.
                „Jenny! Was gibt es?“ Van den Bosch war verwundert, dass ihre gute Freundin Jenny Simmons sie während der Dienstzeit auf ihrem Privatgerät anrief.

                „Sie haben Ullman und drei Mann der Besatzung festgenommen, Rijke!“, knarrte es aus dem Lautsprecher. Simmons klang sichtlich aufgelöst.

                „Du machst Witze, Jen!“, antwortete van den Bosch erschrocken. „Was ist passiert?“

                „Landor und der Japaner waren hier. Sie werfen Ullman vor, etwas mit dem Amoklauf zu tun gehabt zu haben. Das ist doch Irrsinn, oder?“

                Van den Boschs Magen zog sich zusammen. Sie mochte Ullman ebenso wenig wie Rodriguez, aber sie konnte sich bis zu diesem Moment nicht vorstellen, dass die Verschwörung, von der sie glaubte, dass sie von der Tennessee ausgehen würde, die ganze Flottille betraf. Wer mochte noch drin stecken? Vielleicht noch Commander Walker von der Courageous? Das wäre eine Katastrophe. Aber wohin sollte das alles noch führen? „Jen, rede mit niemandem darüber! Halt unbedingt den Mund! Hier läuft eine Riesensache! Wir haben ein großes Problem! Mach deinen Dienst wie immer, verstanden?“

                „Ja, klar. Rijke, es gingen schon seit Tagen Gerüchte um, dass hier was läuft. Ist das so?“ Simmons‘ Stimme kam hörbar ängstlich aus dem Lautsprecher. „Sag mir bitte die Wahrheit!“

                „Ja, Jen, das ist so. Ich wünschte, ich könnte dir was anderes sagen. Ich glaube ernsthaft, dass in diesem Verband ein mieses Spiel läuft, aber ich weiß noch nicht genau, welches. Jen, ich muss Schluss machen, Rodriguez kommt! Wir sehen uns morgen Abend!“ Van den Bosch schaltete ab und steckte ihren Kommunikator weg. Rodriguez war aus dem Einsatzraum gekommen und ging direkt auf sie zu.

                „Captain van den Bosch!“, dröhnte sein Bariton durch den großen Raum. „Lassen Sie uns bitte Getränke und ein paar Knabbereien bringen, die Besprechung dauert etwas länger. Wo bleibt eigentlich Lieutenant Commander Ullman? Er sollte schon längst hier sein!“

                Rodriguez wusste also noch nichts. Van den Bosch überlegte ernsthaft, ob sie ihm berichten sollte, dass Ullman sich zwar schon an Bord befand, aber derzeit andere Termine wahrnehmen musste. Sie entschied sich dagegen. „Er hat sich noch nicht an Bord gemeldet, Sir. Soll ich auf der Rampage nachfragen?“

                Rodriguez winkte ab. Er wandte sich wieder in Richtung Einsatzraum. „Wenn er aufkreuzt, soll er sich einen Helm aufsetzen. Unpünktlichkeit gibt es hier nicht!“, knurrte er und verschwand wieder im Einsatzraum.


                „Ullman ist aufgeflogen, meine Herrschaften“, brummte er, als sich die Tür hinter ihm schloss.

                „Was ist los, Hernando?“, fragte ein großgewachsener Offizier im Range eines Commanders. Es war George Walker, der Kommandant der Courageous.

                Rodriguez machte eine wegwischende Handbewegung. „Ullman sollte seit einer Dreiviertelstunde hier sein. Wenn er verhindert gewesen wäre, hätte er sich bei mir persönlich abgemeldet. Ich fürchte, Ballard und Landor haben ihm einen Besuch abgestattet und er ist weich geworden, dieser Schwächling. Ich hätte es wissen müssen.“

                „Was machen wir mit der Rampage?“, wollte Captain Rylee MacDonald wissen. Die spröde Blondine kommandierte die Korvette Lynx, eines der drei Kanonenboote.

                „Wir müssen Simmons loswerden, dann könnten wir Heinrich auf den Posten des Kommandanten setzen“, meinte Lieutenant Commander Micaele Pizzuto, er kommandierte die Rover, ein Schwesterschiff der Rampage. „Simmons macht sowieso nur Probleme.“

                „Auf die Rampage können wir verzichten“, antwortete Rodriguez. „Ohne Ullman ist sie nichts wert und das Schiff ist technisch ohnehin unzuverlässig.“ Er beschrieb mit zwei Fingern ein Kreuz in der Luft. Rodriguez hatte soeben das Todesurteil für die Rampage und ihre zweihundertzwanzig Männer und Frauen besiegelt.

                „Was passiert mit Ullman?“, fragte Walker.

                Rodriguez setzte ein bösartiges Grinsen auf. „Ullman soll morgen noch mal so richtig schön feiern. Wenn er aufwacht, saugt er Vakuum. Ganz einfach!“ Er ließ ein dreckiges Lachen vernehmen. Die anwesenden Offiziere fielen in das Lachen ein. Rodriguez bat mit erhobenen Händen um Ruhe. „Meine Damen und Herren, bitte. Ich möchte jetzt Ihre Statusmeldungen hören. Commander Walker?“

                Der Kommandant der Courageous nickte. „Stammbesatzung fünfundachtzig Prozent. Fliegendes Personal zweiundneunzig Prozent.“

                „Pizzuto?“

                Rover fünfundneunzig Prozent, Sir!“, antwortete der kleine, drahtige Italiener.

                „MacDonald?“

                Lynx einhundert Prozent!“, antwortete die Schottin mit Stolz in der Stimme.

                „Xiang?“

                Li Xiang war Kommandant der Leopard, ebenfalls einem Kanonenboot. „Neunzig Prozent, Sir“, rief der Chinese.

                Es fehlten nur noch die Redneck und die Tiger. Delvos und Linke, die beiden Kommandanten sahen sich ein wenig ratlos an. Delvos antwortete dann: „Redneck und Tiger jeweils achtunddreißig Prozent, Sir!“

                Rodriguez sah die Frau und den Mann einen Moment entgeistert an. Dann schlug er mit der Faust auf den Tisch. „Wollen Sie beide mich verarschen?“, brüllte er. Die anwesenden Offiziere zuckten allesamt zusammen. „Sie haben bis morgen Abend Zeit, mir für Ihre beiden Seelenverkäufer mindestens achtzig Prozent zu melden, sonst ist für Sie beide der Ofen aus! Haben Sie mich verstanden? Wenn Sie Ihre Besatzungen nicht im Griff haben, werden Sie die Konsequenzen dafür zu spüren bekommen! Und es wird schmerzhaft für Sie ein! Habe ich mich klar ausgedrückt?“

                Linke nickte und antwortete kleinlaut: „Ja, Sir, voll und ganz. Wir werden unser Bestes geben.“

                Rodriguez ging um den Tisch herum, baute sich vor dem deutschen Captain auf und sah ihn einen Moment streng an. Dann schlug er ihm ohne Vorwarnung mit der Faust ins Gesicht. Linke blutete aus Nase und Mundwinkel. Rodriguez legte eine seiner kräftigen Hände um Linkes Hals und drückte zu. „Ihr Bestes reicht nicht, Hans. Ich will alles! Ich will, dass Sie Ihr Schiff im Griff haben! Im Moment sieht es nicht danach aus, oder?“

                Linke röchelte. „Nnnein, Sir … Sie ha-haben R-r-recht!“

                Rodriguez ließ Linke los. Er sah Linke jetzt freundlich an und sprach mit sanfter Stimme: „Sie haben bis morgen Abend Zeit, Captain …“ Dann packte er Linke am Hinterkopf und schlug ihn mit aller Gewalt auf die Tischplatte. „… danach ist die Beule an Ihrer Stirn Ihr kleinstes Problem!“ Er wandte sich an Lieutenant Commander Delvos, einer zierlichen Blondine aus Belgien. „Und was Sie angeht, Delvos, Sie und Ihr Schiff sind mir schon lange ein Dorn im Auge! Ihre Besatzung ist disziplinlos und Sie haben anscheinend schon jedes männliche Besatzungsmitglied in Ihrer Koje gehabt, nicht wahr?“

                Francine Delvos lief rot an. “Sir, das … das ist ungeheuerlich! Wie können Sie …“

                Rodriguez brachte sie mit einer schallenden Ohrfeige zum Schweigen. „Halten Sie den Mund!“, zischte er. „Für Sie gilt das gleiche! Wenn Sie mir nicht ebenfalls bis morgen Abend mindestens achtzig Prozent Bereitschaft melden, finden Sie sich nackt in den Mannschaftsquartieren wieder! Meine Männer werden sich freuen!“

                Rodriguez erntete dafür ein verhaltenes Lachen der anderen Offiziere, außer von Linke. Der versuchte, das Blut aus seiner Nase mit einem Taschentuch zu stillen.

                „Wann geht es denn los, Hernando? Wann legen wir los?“, fragte Walker. „Was machen wir mit der Cherish?“

                „Ich warte auf die Rückmeldung der Befehlshaber. Wenn sich das Militär den Rebellen angeschlossen hat, haben wir leichtes Spiel.“ Rodriguez gönnte sich ein höhnisches Grinsen. „Übermorgen früh sollte es soweit sein, George. Hab noch etwas Geduld.“ Rodriguez überlegte einen Moment. „Die Cherish … es ist schade um die süßen Krankenschwestern, nicht wahr?“ Er formte die Finger seiner rechten Hand zu einer Pistole und zielte auf Walker. Dann drückte er imaginär ab. „Pow! Futter für deine Bomber, George!“

                In diesem Moment betraten Lieutenant Commander Teenbaum und zwei Gefreite den Einsatzraum. Die beiden Mannschaftsdienstgrade brachten einen kleinen Schwebewagen mit, auf dem zwei große Kannen Kaffee, Geschirr und mehrere Schalen mit Gebäck und Süßigkeiten standen. Die beiden jungen Männer salutierten und verließen sofort wieder den Einsatzraum. Teenbaum wirkte gehetzt und angespannt. Etwas erschrocken blickte er auf Captain Linke, der immer noch blutete.
                „Paul, was gibt es?“, fragte Rodriguez gut gelaunt und goss sich eine Tasse Kaffee ein.

                „Major Ballard ist gerade bei mir gewesen. Sie hat mich nach dem Medikament befragt.“

                „Und?“ Rodriguez schob sich wie bei einem Kaffeekränzchen ganz entspannt einen Keks in den Mund. „Hast du ihr erzählt, was sie noch nicht weiß?“

                „Hernando! Es ist ernst. Ballard ist erstaunlich gut informiert. Sie fängt an gefährlich zu werden.“

                Rodriguez begann schallend zu lachen. „Paul, mein lieber Paul, schön dass du es auch schon merkst. Major Ballard ist gefährlich. Das gefällt mir an ihr.“ Rodriguez sah sinnierend zur Decke. Dann sah er in die Runde. „Ballard ist mein Problem, verstanden? Niemand wird sie anrühren! Sie gehört mir!“

                „Was ist mit Landor und der Polizeitruppe?“, fragte Teenbaum. „Sie haben Ullman und drei seiner Leute festgenommen. Ich bin ihnen gerade begegnet.“

                Rodriguez blieb erstaunlich gelassen. „Wenn der Ball vorüber ist, schaffen wir Landor von Bord. Javeed kann sich um sie kümmern. Der Japaner und seine Leute werden sich das Schiff von außen ansehen dürfen …“ Er sah in die Runde. „Ja, ich weiß, was Sie fragen wollen. Becker und van den Bosch werden zu gegebener Zeit liquidiert. Erst müssen wir aber den Verband verlegen.“ Er sah die anwesenden Offiziere mit einer Miene an, als würde der Teufel persönlich zu ihnen sprechen.
                Zuletzt geändert von Nurara McCabe; 03.06.2014, 09:51.
                Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                Mission accomplished.

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                  #38
                  Ein langer Abschnitt, an dessen Ende die erste Katastrophe eintritt.


                  Katherine saß im Büro vor einer Tasse Kaffee und raufte sich die Haare. Sie hatte Lieutenant Commander Teenbaum nach ihrem Gespräch mit Commodore Becker noch einmal aufgesucht und ihn zu dem Medikament Lythobromphine befragt. Bereitwillig hatte er ausgesagt, dass er zwar über die Entwicklung dieses Präparates in Kenntnis sei, über dieses jedoch nicht verfüge, da es ja nicht erhältlich wäre. Darüber hinaus würde er es als Internist und praktischer Arzt ohnehin nicht anwenden dürfen. Daher gäbe es kein solches Medikament im medizinischen Bereich des Flottenverbandes. Katherine gab Teenbaum vor, ihm zu glauben und beließ es erst einmal mit dieser Befragung. Sie hatte sich vorgenommen, einige Nachforschungen über Teenbaum anstellen zu lassen, eine weitere Aufgabe für John. John! Er hatte sich bisher noch nicht gemeldet. Joan und Takashi vernahmen in diesem Moment Lieutenant Commander Ullman, drei andere Sergeants hatten sich zur Vernehmung auf die drei Waffenoffiziere der Rampage verteilt.

                  Katherine war nicht wohl im Magen, bei dem was hier gerade passierte. Sie hatte sich wider besseren Wissens über einen Befehl Marshall Garnies hinweggesetzt. Alles, was in den nächsten Stunden und vielleicht noch Tagen passieren könnte, würde sie mit zu verantworten haben. Katherine war sich darüber bewusst, dass sie an diesem Tage ihre Karriere aufs Spiel gesetzt hatte. Sollte sie mit ihren Kollegen heil aus dieser Situation herauskommen, erwartete sie zwei Optionen: die Beförderung zum Commander und eine Belobigung – wenn es gut lief oder die fristlose Entlassung aus dem Polizeidienst und ein Disziplinarverfahren wegen Befehlsmissachtung. Selbst letztere Option war für Katherine noch einigermaßen akzeptabel, als sie an die dritte Möglichkeit dachte, hier heraus zu kommen – nämlich tot.

                  Das Piepen ihres Kommunikators riss sie aus ihren Gedanken. Es war John, er meldete sich wie auf Kommando. „Hey Southern Belle! Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat, aber es ist wirklich schwierig, an die Pläne der Tennessee zu kommen. Ich brauche noch etwas Zeit. Schatz, ich bewege mich hier auf sehr dünnem Eis, weißt du das? Vielleicht fragst du doch besser Garnie.“ Es war eine reine Audioverbindung. Seine Stimme klang leicht aufgeregt.

                  „Willkommen im Club, Cowboy“, antwortete Katherine missmutig. „Ich glaube nicht, dass du gerade mit uns tauschen möchtest. Hast du nicht wenigstens eine gute Nachricht für mich? Konntest du was aus der Datei herausbekommen?“

                  „Ja, ich hab da was für dich, Kat. Ist schon auf dem Weg. Kat?“

                  „Ja, John?“

                  „Du klingst so bedrückt, verrätst du mir, was los ist?“

                  Katherine musste tief durchatmen, bevor sie John antwortete. „Cowboy, ich will nach Hause. Ich will einfach nur nach Hause, zu dir, in meine Wohnung, in mein Bett. Ich habe von diesem Auftrag die Nase so gestrichen voll, das kannst du dir nicht vorstellen. Zum Glück muss ich nur noch bis übermorgen hier auf diesem Schiff aushalten, dann ist der Alptraum endlich vorbei. John, ich wünsche mir nichts sehnlicher, als wieder in deinen Armen zu liegen.“

                  „Geht mir genauso, Kat. Die Acer ist übrigens auf dem Weg ins Samedi-System und wird planmäßig übermorgen bei euch eintreffen, so um die Frühstückszeit. Halt durch, Süße! Ich freu mich auf dich!“

                  „Das klingt doch schon mal gut. Danke, John.“ Katherine wollte gerade abschalten, da fiel ihr noch etwas ein. „John? Bis ich zu Hause bin, kannst du dir schon mal Farben fürs Kinderzimmer ausdenken.“

                  Auf der anderen Seite war einen kurzen Moment nur ein statisches Rauschen zu hören, dann ein Husten. „Kat? W…was heißt das? Bist du schwanger?“

                  Katherine kicherte. „Nee, das nicht, aber ich denke, wir sollten mal dran arbeiten. Ich liebe dich!“

                  Noch bevor John etwas antworten konnte, hatte Katherine bereits abgeschaltet. Der Gedanke, mit John eine Familie zu gründen, hob ihre Laune immens. Es erfüllte sie mit neuer Energie und Durchhaltevermögen. Auf ihrem Kommunikator wies eine Blinkleuchte darauf hin, dass eine Textnachricht von John eingegangen war. Katherine lehnte sich auf dem Stuhl zurück und begann zu lesen. Und sie traute ihren Augen nicht, was sie dort las. Die Nachricht, die an Colonel Tovin geschickt worden war, enthielt die Dateisignaturen der Tennessee und eine genaue, jedoch kodierte Ortsangabe, gab an, von wo genau sie auf dem Schiff kam. Die Kodierung würde Captain van den Bosch auflösen können. Sofort sprang Katherine auf und verließ mit einem schnellen Sprint den Polizeitrakt. Während sie im Laufschritt noch eine Nachricht an John in ihren Kommunikator tippte, in der sie ihn bat, über Teenbaum einige Nachforschungen anzustellen, stieß Katherine unvermittelt mit Commander Rodriguez zusammen. Vor Schreck ließ sie ihr Gerät fallen, welches scheppernd auf dem Stahldeck landete.
                  „Oh, Commander, ich bitte Sie um Entschuldigung“, stieß Katherine erschrocken hervor. Dann hockte sie sich hin und wollte nach ihrem Kommunikator greifen. Rodriguez war schneller und hatte das Komm bereits in der Hand. Die Hände der beiden berührten sich kurz, was Katherine veranlasste, die ihre schnell zurück zu ziehen.

                  „Wir sollten uns treffen, Katherine“, sagte Rodriguez mit einem charmanten Lächeln und gab ihr den Kommunikator zurück, nicht ohne einen schnellen Blick auf das Display zu werfen. „Glauben Sie an Schicksal?“

                  Katherine nahm das Gerät an sich und wedelte damit. „Ich nehme mein Schicksal gerne selbst in die Hand, wenn Sie das meinen, Commander.“ Ihr war es nicht entgangen, dass Rodriguez sie ostentativ mit Vornamen ansprach.

                  Rodriguez lachte kurz auf. „Ich meine etwas anderes, Katherine. Meinen Sie nicht, dass das Schicksal uns zusammengeführt hat? Hier, auf diesem Schiff, in diesen schwierigen Zeiten?“

                  Jetzt war es an Katherine, zu lachen. „Commander, hergeführt, beziehungsweise her befohlen hat mich mein Chef, Marshall Garnie. Dass ich immer noch hier bin, ist den äußeren Umständen zuzuschreiben, Pech eben. Und dass ich mit Ihnen gerade zusammengestoßen bin, ist auf meine Schusseligkeit zurück zu führen. Ich hätte besser aufpassen sollen.“

                  Rodriguez war aufgestanden und stützte sich lässig mit einer Hand an der Wand ab. „Katherine, Sie sind wunderbar. Sie haben Witz, Charme und Esprit. Ich wünschte, es gäbe mehr solch wundervolle Wesen wie Sie.“

                  „Oh, es gibt durchaus mehr von meiner Sorte, Sir. Sie sollten nur mal Ihr Beuteschema überdenken“, gab Katherine frech zurück. „Commander, ich würde gerne noch weiter mit Ihnen plauschen, aber ich habe es wirklich eilig. Ich stehe Ihnen morgen den ganzen Abend gerne für lockere Konversation zur Verfügung, jetzt muss ich leider wirklich weiter. Sie entschuldigen mich?“ Sie machte Anstalten, weiter zu gehen, aber Rodriguez legte eine Hand auf ihre Schulter und fuhr sanft den Ärmel ihrer Lederjacke herab. Sie spürte einen Schauer des Unwohlseins in sich aufsteigen, seine Berührung stieß sie ab, ebenso der lüsterne Blick von Rodriguez, der sie in diesem Moment traf.

                  Er trat noch einen Schritt auf sie zu und flüsterte mit einem schmierigen Grinsen: „Darauf freue ich mich schon sehr, Katherine. Wir werden einen schönen Abend haben, da bin ich mir sicher.“



                  Joan und Takashi hatten soeben Ullman und seine drei Lieutenants gehen lassen müssen. Sie hatten in getrennten Verhören wortwörtlich das gleiche zu Protokoll und sich somit gegenseitig ein Alibi gegeben. Für die beiden Polizisten war es klar, dass sie sich die Aussagen regelrecht eingebläut hatten. Zerknirscht lehnte sich Takashi an eine Zellentür und zog ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche. Er steckte sich eine Zigarette in den Mund und zündete sie mit einem altmodischen Benzinfeuerzeug an. „Takashi, hier ist doch absolutes Rauchverbot!“, rief Joan empört und stieß dem vorgesetzten Offizier spielerisch an die Schulter.

                  „Mir doch egal“, brummte Takashi und nahm einen tiefen Zug. „Der Kahn wird schon nicht in die Luft fliegen. Das war nichts, Joan. Wir haben es hier mit einer ganz verschworenen Truppe zu tun. An sie heranzukommen, erscheint mir unmöglich. Wenn du noch eine Idee hast, dann wäre ich dir jetzt sehr dankbar dafür.“

                  Joan nahm Takashi die Zigarettenschachtel aus der Hand und zündete sich selbst eine an. Gleich beim ersten Zug musste sie fürchterlich husten.

                  Takashi konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Du rauchst nicht oft, was?“

                  „Die erste und letzte Zigarette habe ich mit dreizehn geraucht und eigentlich ist es gegen meine Prinzipien, aber vielleicht hilft es mir beim Denken.“ Joan setzte sich im Schneidersitz auf das Deck und dachte kurz nach. Sie wollte nach ihrem Kommunikator greifen, aber dann fiel ihr ein, dass sie ihn heute Vormittag dem Shuttlepiloten überlassen hatte, damit er ihn zu Tabra, der Kellnerin bringt. „Wenn Tabra sich wirklich meldet“, begann Joan und zog an der Zigarette, „und ihre Aussage bestätigt, haben wir eine realistische Chance, Ullman und seine Offiziere aus dem Verkehr zu ziehen.“

                  „Und dann?“, warf Takashi ein. „Dann haben wir drei kleine Lichter, denen wir bestenfalls einen Giftanschlag auf Colonel Tovin anhängen können. Wir werden nicht erfahren, wer ihnen den Befehl gegeben hat, so etwas zu tun.“

                  Joan ließ missmutig den Kopf hängen. „Es war sogar einfacher, Kuolun zur Strecke zu bringen.“




                  Katherine fand Captain van den Bosch auf der Brücke. Etwas außer Atem kam sie auf die junge Niederländerin zu gerannt. „Captain van den Bosch, ich benötige Ihre Hilfe, bitte!“

                  Van den Bosch sah Katherine erwartungsvoll an. „Natürlich, Major“, sagte sie, „was kann ich denn für Sie tun?“

                  Katherine hielt ihr den Kommunikator unter die Nase. „Können Sie mir sagen, was das bedeutet?“

                  Van den Bosch nahm Katherines Kommunikator und las. Mit einem breiten Schmunzeln gab sie das Gerät an Katherine zurück und antwortete: „Das bedeutet, dass dieser John der glücklichste Mann im Universum sein muss, wenn die Frau, die ihn so liebt, wieder nach Hause kommt und das einlöst, was sie ihm gerade versprochen hat.“

                  Katherine fiel die Kinnlade herunter, sie nahm ihr Komm und las selbst. Dann wurde sie knallrot im Gesicht. „Oh …“, murmelte sie verlegen, „das war eigentlich nicht für Sie bestimmt …“ Sie sah van den Bosch in die tiefblauen Augen, hinter denen sich gerade etwas schalkhaftes versteckte. Ihre Blicke trafen sich für eine Sekunde, dann brachen beide Frauen in lautes Gelächter aus. Das Eis zwischen den beiden war gebrochen.

                  „Da ich jetzt Ihre intimsten Geheimnisse kenne, wäre es doch nur angemessen, dass wir uns duzen?“, fragte Marijke und wischte sich eine kleine Lachträne weg. „Rijke!“

                  „Kat“, antwortete Katherine, immer noch lachend. Sie hatte sichtlich Mühe, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. „Mein Gott, ist mir das peinlich. Ich kann mich gar nicht oft genug entschuldigen. So etwas würde ich nicht einmal Joan zeigen, und sie ist meine beste Freundin!“

                  „Dann habe ich Joan ja jetzt etwas im Voraus. Aber nette Ideen hast du, sollte ich auch mal ausprobieren!“ Marijke zwinkerte Katherine süffisant zu, wurde dann aber eine Spur ernster. „Okay, Kat. Ich weiß, du bist nicht zu mir gekommen, um mit mir deine geheimen Phantasien zu teilen. Was gibt es denn wirklich?“

                  Katherine war mehr als dankbar, dass Marijke so schnell das Thema wechselte. Sie rief die korrekte Nachricht auf und hielt sie Marijke wieder hin. „Was bedeutet OBD43AL? Das muss ein Ort auf diesem Schiff sein.“

                  „Das ist eine Raumangabe, OB ist ein Bereich der Unteroffziersquartiere, D43AL bezeichnet den exakten Raum. Ist aber nur eine Bezeichnung der Konstrukteure, in der Praxis sind die Räume anders bezeichnet. Du willst jetzt sicher wissen, wo genau das auf dem Schiff ist, richtig?“

                  „Du hast es erfasst, Rijke. Kannst du mir sagen, was für ein Raum das ist?“

                  Marijke nickte. „Kein Problem, dazu muss ich nur die Deckspläne der Tennessee aufrufen. Komm mit!“ Sie zog Katherine am Ärmel zu einem Computerterminal und ließ den Schlachtkreuzer als dreidimensionale Holographie über dem Tisch erscheinen. „Ich kann dir dann auch sofort sagen, wie der Raum genutzt wird und ob jemand beziehungsweise wer darin wohnt.“ Sie gab den Code ein und sofort verwandelte sich das detailliert texturierte Modell der Tennessee in eine Gitterdarstellung. Tief im Bauch im vorderen Drittel des Schiffes blinkte ein kleines, rotes Licht. Marijke zoomte näher heran und wechselte in eine Draufsicht. Sie zoomte weiter hinein, bis jede einzelne Kabine auf dem Deck erkennbar war. „Oh!“, machte Marijke nur.

                  „Was denn, Rijke?“, fragte Katherine verwundert. „Wessen Unterkunft ist das?“

                  „Sven Johansson. Chief Petty Officer, meine Abteilung.“ Etwas leiser sagte sie dann: „Wir haben ein heimliches Verhältnis, Kat. Jetzt weißt du auch ein kleines Geheimnis von mir.“

                  Katherine wusste um diesen Umstand bereits von Joan und machte ein trauriges Gesicht. Sie sagte so einfühlsam wie möglich: „Marijke, es tut mir Leid, aber Chief Johansson steht hiermit unter Verdacht, maßgeblich an einer Verschwörung beteiligt und vielleicht auch mitschuldig an fünfundsiebzig toten Samedanern zu sein.“

                  Marijke sah noch einmal genau auf den Decksplan. „Nein!“, stieß sie hervor. „Nein, sag bitte, dass das nicht stimmt! Wenn ich den in die Finger kriege! Den mach ich fertig!“

                  Katherine legte sanft eine Hand auf Marijkes Unterarm. Sie konnte spüren, wie sie zitterte. „Du wirst niemanden in die Finger kriegen, das ist unser Job.“

                  „Wie konnte er mich nur so hintergehen? Er hat meine Dienststellung und mein Vertrauen missbraucht und ich Dummchen hab ihn auch noch zu mir ins Bett gelassen.“

                  „Wo ist Chief Johansson zur Zeit?“, fragte Katherine und rief gleichzeitig von ihrem Komm den Polizeitrakt an. Lieutenant Baxter meldete sich. „Ballard hier, einen Moment, Baxter.“ Sie sah Marijke fest an. „Wo?“

                  Marijke seufzte. „Er hat Dienst und sollte in der Abteilung sein.

                  Katherine nickte ihr knapp zu. „Baxter? Gehen Sie mit zwei Mann in die Sicherheitsabteilung und nehmen Sie Chief Petty Officer Sven Johansson vorläufig fest. Seien Sie vorsichtig, eventuell ist Johansson bewaffnet.“



                  Lieutenant Baxter und die beiden Sergeants Romanow und Oobe betraten relativ gelassen die Sicherheitsabteilung. Da Baxter Johansson nicht kannte, fragte er den ersten Unteroffizier, der seinen Weg kreuzte. „Chief Johansson?“, fragte dieser. „Der ist gerade mal raus, müsste gleich wieder kommen.“

                  Just in diesem Moment öffnete sich die automatische Tür und der rotblonde Chief stand im Rahmen. Als er die drei Beamten der Weltraumpolizei mit ihren Schnellfeuergewehren sah, zischte er nur leise „Scheiße“, machte auf den Hacken kehrt und stürmte davon.

                  Sergeant Oobe bemerkte ihn als erster. „Lieutenant, er haut ab!“, rief er und lief hinterher. Baxter und Romanow folgten ihm. Johansson war den kurzen Gang hinunter gelaufen, der an einen Quergang mündete. Hinter einer Ecke suchte er Deckung und zog eine schwere militärische Blasterpistole. Oobe hatte gesehen, wie Johansson hinter der Ecke nach rechts verschwunden war und suchte seinerseits Deckung in einer kleinen Nische, nur etwa fünfzehn Meter vom Quergang entfernt. Mit einem Handzeichen deutete er seinen Kameraden an, sich dicht an die Wand zu drängen. Oobe versicherte sich, dass Romanow und Baxter ihm Feuerschutz gaben und verließ die relative Sicherheit der Nische. Er ging in die Hocke, sodass die beiden hinteren Beamten freies Schussfeld hatten. Etwa drei Meter vor ihm gab es auf der gegenüberliegenden Wand eine ähnliche Nische, die Oobe erreichen wollte. Der Gang war etwa vier Meter breit, was ihn dazu zwang, einen kurzen Sprint zu machen. Er setzte an zum Sprung und rannte los. In diesem Moment eröffnete Johansson das Feuer. Er schoss dreimal in Oobes Richtung, zwei Schüsse gingen in Wand und Decke, der dritte jedoch traf ihn in die Hüfte. Mit einem gellenden Schmerzensschrei ging Oobe zu Boden und blieb leblos liegen. Sein Gewehr fiel klappernd zu Boden und schlitterte in Johanssons Richtung. Johansson verschwand wieder hinter der Deckung. Auch er musste auf die andere Seite wechseln, um fliehen zu können. Er blickte vorsichtig um die Ecke und wurde von blauen Stunnerstrahlen eingedeckt. Sofort zog er sich wieder zurück. Dann nahm er allen Mut zusammen, ging ein paar Schritte zurück und lief los. Im Kreuzungsbereich warf er sich auf den glatten Stahlboden und rollte sich auf die andere Seite. In der Bewegung gab er ein paar ungezielte Schüsse in die Richtung der beiden Polizeibeamten ab. Johansson hatte aber nicht mit dem Instinkt Romanows gerechnet. Romanow deckte den gesamten Bodenbereich mit Blasterfeuer ein und traf Johansson in Schulter, Brust und Lende. Schwer getroffen sackte Johansson noch in seiner Rollbewegung zusammen. Auch er blieb reglos liegen, die Waffe noch in der Hand.

                  Baxter und Romanow gingen langsam mit den Waffen im Anschlag vorwärts. Als sie bei Oobe ankamen, hockte sich Romanow hin und versuchte, Oobes Puls am Hals zu fühlen. Baxter sah ihn fragend an, Romanow jedoch schüttelte wortlos den Kopf. Sie schritten weiter, zu Johansson, welcher ein leises Stöhnen von sich gab. Baxter kickte die Waffe aus Johanssons Hand und griff zu seinem Kommunikator, während Romanow Johansson Handschellen anlegte.
                  „Ballard hier“, krächzte es aus dem Lautsprecher.

                  „Baxter“, antwortete er. „Major, wir hatten hier eine kleine Schießerei mit Johansson. Er ist gesichert und entwaffnet. Sergeant Oobe ist tot.“
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                    #39
                    Garnie reißt Katherine gehörig den Allerwertesten auf.

                    Baxters letzter Satz traf Katherine wie in Schlag in die Magengrube. Sie hatte nie in all den Einsätzen der vergangen Jahre, in denen sie Teams geleitet hatte, je ein Mitglied verloren. Starr vor Schreck, Trauer und Wut starrte sie auf ihr Komm. Verzweifelt kämpfte sie gegen die Tränen, die ihr in die Augen stiegen. Marijke hatte alles mitbekommen, sie war nicht weniger betroffen als Katherine, und schlug sich die Hände vors Gesicht. Dann schüttelte sie ihren blonden Wuschelkopf und sah Katherine mitfühlend an.
                    „Es … es tut mir so unendlich leid, Kat“, wisperte sie. Auch sie war den Tränen nahe. „Ich hatte keine Ahnung …“

                    Katherine schniefte und tätschelte Marijkes Schulter. Wortlos wandte sie sich ab und verließ die Brücke.
                    Etwa eine halbe Stunde lang irrte Katherine wie betäubt durch die langen und verworrenen Gänge des Schlachtkreuzers. Die Besatzungsmitglieder, denen sie begegnete, nahm sie nur entfernt wahr, die Stimmen hallten wie Echos von den Wänden. Irgendwann stand sie vor dem großen, rot lackierten Schott, das den Polizeitrakt vom Rest des Schiffes abtrennte. Katherine konnte sich nicht erinnern, wie sie überhaupt dorthin gekommen war. Wie in Trance gab sie den Zugangscode in das kleine Zahlenfeld ein und betrat die Halle. Baxter und Romanow waren bereits zurück und hatten den toten Sergeant auf einem Tisch aufgebahrt. Von Johansson war nichts zu sehen, allem Anschein nach hatte man ihn bereits in eine Zelle gesperrt. Die gesamte kleine Polizeitruppe hatte sich um den Tisch geschart, inklusive Joan und Takashi. Allen war der Schreck und die Trauer ins Gesicht geschrieben.
                    Langsam und mit gesenktem Kopf trat Katherine zu ihren Kameraden. „Ich …“, begann sie, brach dann aber ab.

                    Joan nahm ihre Freundin behutsam in den Arm. „Katherine, sag nichts. Es ist nicht deine Schuld. Es hätte jeden von uns treffen können.“

                    „Es ist aber meine Schuld, Joan. Ich habe den Befehl gegeben. Er hätte alle drei töten können“, antwortete Katherine mit zitternder Stimme. „Es war so unnötig!“

                    Lieutenant Baxter legte eine Hand auf Katherines Schulter. „Machen Sie sich keine Vorwürfe, Major. Sie haben uns gewarnt und befohlen, vorsichtig zu sein. Wir waren nicht vorsichtig genug. Wenn jemanden die Schuld trifft, dann mich als Truppführer. Ich habe nicht genug auf Amir aufgepasst. Ich hätte ihn zurückpfeifen sollen. Ich übernehme die volle Verantwortung für Sergeant Oobes Tod.“

                    Katherine schenkte Baxter ein schwaches Lächeln. „Danke, Lieutenant, aber das liegt nicht in Ihren Händen. Offiziell haben wir seit heute Mittag den Befehl, die Ermittlungen einzustellen und auf unsere Abholung zu warten. Ich habe mich bewusst über diesen Befehl hinweggesetzt und werde die Konsequenzen dafür auf mich nehmen. Ich werde jetzt Marshall Garnie Meldung machen. Hatte Sergeant Oobe Familie?“

                    Baxter blickte fragend in die Runde. Einhelliges Kopfschütteln. „Er war nicht verheiratet oder hatte Kinder, wenn Sie das meinen, Ma’am“, antwortete Romanow, „aber es wartet eine Verlobte in Douala auf ihn. Amir stammt aus Kamerun.“

                    „Danke, Sarge“, antwortete Katherine, dann drehte sie sich um und ging in das kleine Büro, warf die Tür lautstark ins Schloss und verriegelte sie.

                    Marshall Garnie hatte, während Katherine Bericht erstattete, mit stoischer Ruhe zugehört. Als Katherine geendet hatte, rieb er sich die Augen. Er atmete tief ein und sah sie mit eiskaltem Blick an. Sie erwartete in diesem Moment das Donnerwetter ihres Lebens, aber zu ihrem Erstaunen blieb Garnie unerwartet ruhig.
                    „Ich bin sehr enttäuscht von Ihnen, Major“, sagte er. „Sie haben meinen ausdrücklichen Befehl missachtet und das Leben meiner Männer aufs Spiel gesetzt. Nicht nur das, ein Mann ist tot. Was, glauben Sie, soll ich jetzt davon halten? Katherine, ich war immer der letzte, der Ihre unkonventionellen Ermittlungsmethoden infrage gestellt hat. Ich habe mich immer schützend vor Sie gestellt. Erinnern Sie sich an Captain Luther? Ich habe Sie gedeckt und den Fall unter den Tisch fallen lassen. Jetzt kann ich das nicht mehr! Sie haben eindeutig die Grenzen überschritten, Major! Ich muss ein Disziplinarverfahren gegen Sie einleiten, das ist Ihnen klar?“

                    „Voll und ganz, Sir“, antwortete Katherine. „Ich will mich auch nicht herausreden, Sir. Ich bedaure über alle Maßen, was passiert ist. Aber wir sind hier ganz dicht dran. Wenn wir Chief Johansson verhören, könnten wir …“

                    „Nichts werden Sie, Ballard!“, fiel Garnie Katherine harsch ins Wort. „Es reicht mir! Sie hören jetzt ein für alle Mal auf! Sie sind raus, verstanden? Captain Yokomuri hat ab sofort das Kommando, ist das klar? Sie werden gar nichts mehr tun. Habe ich mich klar ausgedrückt?“ Garnie war kurz vor dem Explodieren.

                    Katherine nahm noch einmal allen Mut zusammen und sagte mit energischer Stimme: „Sir, die Tennessee wird von einer feindlichen Gruppe übernommen. Ich glaube, dass diese Gruppe das Schiff in die Dienste der Revolutionären auf Sameda II überstellen will. Der Anschlag, der Aufstand und das merkwürdige Verhalten von Besatzungsmitgliedern in Schlüsselpositionen! Sir, das was hier vor sich geht, übersteigt unsere Vorstellungskraft!“ Katherine setzte jetzt alles auf eine Karte und äußerte ihre Vermutungen. Sie hatte keinerlei Beweise, für das, was sie jetzt sagte. „Wir haben hier Verräter, die ein wertvolles Kriegsschiff in die Hände von Verbrechern spielen wollen! Ein paar Offiziere unserer Flotte wollen eine Planetenregierung umstürzen! Wir dürfen nicht zulassen, dass das passiert!“

                    Garnies Augen wurden groß und sein dichter, grauer Schnurrbart zuckte. „Major Ballard, das ist eine ungeheuerliche Behauptung, die Sie aufstellen.“ Er atmete wieder tief durch und überlegte kurz. Dann sagte er leise, aber bestimmt: „Katherine, ich werde Sie mit eigenen Händen erwürgen, wenn Sie falsch liegen.“ Katherine wusste, dass Garnie das nicht einfach nur so sagte. „Ich gehe ein verdammt großes Risiko ein, aber ich gebe Ihnen eine letzte Chance. Sie haben in den letzten zehn Jahren wirklich gute Arbeit geleistet und mein Vertrauen in Sie ist groß. Ich weiß, dass Sie mich niemals anlügen würden, daher werden Sie hiermit die Ermittlungen wieder aufnehmen. Bringen Sie mir die Verräter!“

                    Katherine fiel ein ganzes Gebirge vom Herzen. „Danke Sir, ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll.“

                    „Katherine“, unterbrach Garnie sie, „ich warne Sie. Wenn Sie falsch liegen, bekommen Sie nicht einmal mehr einen Job in einem Callcenter, dafür sorge ich.“

                    „Verstanden, Sir“, antwortete Katherine erleichtert, obwohl sie wusste, dass Garnie nur selten im Dienst Scherze machte. „Ich hätte aber noch eine Bitte an Sie.“

                    „Und was?“, grollte Garnie gereizt, seine bildhübsche Mitarbeiterin konnte manchmal eine echte Nervensäge sein.

                    „Ich brauche dringend Bau- und Deckspläne der Tennessee“, antwortete Katherine mit einem hilflosen Lächeln. „Ich habe John schon darum gebeten, sie mir zu besorgen, aber ihm ist das zu gefährlich.“

                    Garnie sah Katherine einen Moment entgeistert an. Eigentlich wollte er fragen, wofür, aber er schüttelte resigniert den Kopf und antwortete: „Nein, ich will gar nicht wissen, was Sie damit vorhaben. Geben Sie mir eine Stunde, dann haben Sie die Unterlagen auf Ihrem Komm.“

                    Bevor Katherine noch eine Antwort des Dankes geben konnte, hatte Garnie abgeschaltet. Katherine starrte einen Augenblick auf den schwarzen Bildschirm, dann reckte sie die Faust triumphierend in die Höhe und rief nur: „Ja!“
                    Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                    Mission accomplished.

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                      #40
                      Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
                      Rodriguez ging um den Tisch herum, baute sich vor dem deutschen Captain auf und sah ihn einen Moment streng an. Dann schlug er ihm ohne Vorwarnung mit der Faust ins Gesicht. Linke blutete aus Nase und Mundwinkel. Rodriguez legte eine seiner kräftigen Hände um Linkes Hals und drückte zu. [/B]
                      Boah. Hammer! Jetzt zeigt Hot Rod sein wahres Gesicht.

                      Zitat von Nurara McCabe Beitrag anzeigen
                      aber Chief Johansson steht hiermit unter Verdacht, maßgeblich an einer Verschwörung beteiligt und vielleicht auch mitschuldig an fünfundsiebzig toten Samedanern zu sein.“
                      Das überrascht mich jetzt aber. Ich dachte er gehört zu den GUTEN.
                      ZUKUNFT -
                      das ist die Zeit, in der du bereust, dass du das, was du heute tun kannst, nicht getan hast.
                      Mein VT: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...ndenz-steigend
                      Captain Future Stammtisch: http://www.scifi-forum.de/forum/inte...´s-cf-spelunke

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                        #41
                        Zitat von avatax Beitrag anzeigen
                        Boah. Hammer! Jetzt zeigt Hot Rod sein wahres Gesicht.


                        Hot Rod ist noch viel schlimmer, meine Liebe. Warte nur ab...
                        Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                        Mission accomplished.

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                          #42
                          Jelana packte reflexartig seinen Zeigefinger und versuchte mit dem ersten Zahn hineinzubeißen.
                          Diese Erfahrung hat mein Schwager gemacht, als er meinem Sohn ungebeten in den Mund fasste, um zu fühlen, ob da schon Zähne wüchsen. Söhnchen trieb seine beiden ersten Schneidezahnpaare bis auf Onkels Blut hinunter.
                          Die Sternenflotte bescheinigt hiermit, dass zur Erzeugung dieses Textes kein Rothemd gemeuchelt, gephasert, erstochen, erschlagen, gesteinigt, transporterverunfallt noch in irgendeiner anderen Weise grob ausgebeutet, misshandelt oder an körperlicher oder geistiger Unversehrtheit geschädigt wurde.

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                            #43
                            Ich finde die Szene zwischen Emelda, Curtis und Jelana einfach nur genial. *seufz*
                            Echt superschön beschrieben
                            Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                            Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                            Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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                              #44
                              Wollt ihr euch weiter über Rodriguez ärgern? Bitte sehr!




                              Nur Sekunden, nachdem die Verbindung beendet wurde, summte Katherines Kommunikator. Ein Blick auf das Display verriet ihr, dass die Kellnerin Tabra mit Joans Komm anrief. Eher als vermutet. Katherine nahm das Gespräch an und ging zur Tür, wo sie Joan und Takashi heran winkte. „Katherine Ballard hier, Tabra, sind Sie es?“, fragte Katherine.

                              „Ja, ich bin es, Major. Shuct, der Pilot sagte mir, ich könne Sie über dieses Gerät erreichen, wenn ich Informationen für Sie habe.“

                              „Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich melden. Hört Ihnen gerade jemand zu?“, fragte Katherine die Samedanerin und schaltete den Lautsprecher ein, sodass ihre Kollegen mithören konnten.

                              „Nein, niemand“, antwortete Tabra.

                              Katherine, Joan und Takashi hatten sich hingesetzt. „Dann legen Sie mal los, Tabra. Was haben Sie uns zu sagen?“

                              „Der Aufstand hat sich ausgeweitet. Heer, Luftwaffe und Raumflotte haben sich auf die Seite der Rebellen geschlagen. Die Regierung steht kurz vor der Übernahme.“

                              „Captain Takashi Yokomuri hier. Was haben die Aufständischen vor?“, fragte Takashi. „Mittlerweile geht es doch nicht mehr um Tovins Auslieferung?“

                              „Ging es nie. Seit Jahren arbeiten revolutionäre Zellen im Untergrund und planen, die Macht zu übernehmen. Sie wollen Sameda II isolieren und vom Rest der Galaxis abtrennen. Fremdwesen aller Art und Rassen sollen inhaftiert und in Straflagern zusammengepfercht werden. Zwangsarbeit und Repressalien erwarten sie.“

                              „Faschisten …“, keuchte Joan. „Das gab es auf der Erde auch schon mal und ist nicht gut ausgegangen.“

                              „Was macht Sie so sicher, Tabra?“, wollte Katherine wissen.

                              „Ich habe in den Daten meines Onkels herumgeschnüffelt. Er ist ein Handlanger von Javeed Reebah, dem Baulöwen. Javeed ist eine ganz große Nummer in einer der revolutionären Zellen. Ich habe jede Menge Beweismaterial und Korrespondenz kopiert und würde Sie ihnen gerne übergeben. Bitte helfen Sie uns, damit wir auf Sameda weiter in Frieden leben können!“ Tabras Stimme hatte einen flehenden Klang angenommen. „Meine Schwester Lilla ist auch daran beteiligt.“


                              Auf der Brücke wurde Captain van den Bosch von der Kommunikationsstation gerufen. „Ziviles Shuttle im Anflug, Captain. Sie bitten um Landeerlaubnis. Ein Passagier.“

                              Van den Bosch nickte. „Landeerlaubnis erteilt. Weitermachen.“

                              „Captain?“, rief ein Lieutenant von der Taktikstation. „Wir haben zwei neue Signale auf dem Schirm, zwei Raumjäger der Draltekh-Klasse. Sie nehmen Kurs auf das Shuttle. Sie scheinen es abfangen zu wollen.“

                              Der weibliche Sergeant von der Nachrichtenstation meldete sich wieder. „Captain, die Jäger rufen das Shuttle und fordern es auf, umzukehren. Anderenfalls werden die Jäger das Feuer eröffnen.“

                              Van den Bosch musste jetzt eine schnelle Entscheidung fällen. Es war selbstverständlich für sie, Zivilisten zu schützen, andererseits könnte man einen solchen Versuch als Einmischung in innere Angelegenheiten der Samedanischen Regierung auslegen. Das hätte möglicherweise schwere, politische Kontroversen zur Folge. „Kommunikation, fragen Sie den Shuttle-Piloten, was der Zweck des Fluges ist.“

                              „Ma’am, an Bord befindet sich ein weiblicher Passagier, der zu Major Ballard und Lieutenant Landor möchte“, kam die prompte Antwort.

                              Damit war für van den Bosch alles klar. Sie hatte eine Entscheidung getroffen. „Jägerkommando! Wen haben wir zurzeit draußen? Wer ist dem Shuttle am nächsten?“

                              „Zwei Broadswords, Captain. Vukovic und Becker.”

                              Van den Bosch wandte sich der Konsole des Jägerkommandos zu. „Abfangkurs! Sie sollen die beiden Jäger vertreiben. Nicht schießen, solange die zwei Draltekhs nicht selbst das Feuer eröffnen. Sie sollen ihnen nur ein wenig Angst einjagen. Taktik, wie lange, bis die Draltekhs in Feuerreichweite sind?“

                              „Sechs Minuten, Ma’am.“

                              „Wie lange brauchen Vukovic und Becker?“

                              „Etwa siebeneinhalb Minuten, Ma’am“

                              „Verbindung zum Wingcommander!“

                              „Vukovic hier“, kam die verzerrte Stimme aus dem Lautsprecher.

                              „Captain van den Bosch. Lieutenant Commander Vukovic, holen Sie alles aus Ihren Maschinen raus und schützen Sie die Raumfähre! Der Passagier an Bord ist eine Zivilistin!“

                              „Verstanden, Captain! Vukovic Ende!“



                              Vukovic lehnte sich in dem engen Cockpit der Broadsword zurück, schob den Schubhebel über die Leistungsgrenze hinaus und funkte Major Becker an. „Gib Gas, Pete! Das Shuttle ist wichtig!“

                              „Klar Danny, jagen wir die zwei Blechkübel zum Teufel“, antwortete Becker und gab ebenfalls vollen Schub. In enger Formation schossen die beiden eleganten Jagdbomber mit gezündeten Nachbrennern dem Shuttle und seinen Verfolgern entgegen. Draltekh-Jäger waren in Sachen Geschwindigkeit, Bewaffnung und Panzerung den modernen Broadswords hoffnungslos unterlegen, aber diese beiden Jäger waren näher dran und das unbewaffnete, ungepanzerte und schwerfällige Shuttle hatte keine Chance, den anfliegenden Jägern zu entkommen.


                              Joan, Takashi und Katherine sahen sich einen Moment mit großen Augen an. Einen politischen Umsturz dieses Ausmaßes hätten sie nicht erwartet. „Welche Rolle spielt der Flottenverband, Tabra? Ist Ihnen diesbezüglich etwas bekannt?“, wollte Katherine wissen.

                              „Soweit ich weiß, hat Javeed Rodriguez und den anderen Kommandanten Geld und einflussreiche Posten versprochen, wenn sie den Kreuzer und die Begleitschiffe in den Dienst der neuen Regierung stellen. Die Flotte soll in den Asteroidenring am Systemrand verlegt und dort neu bemannt werden. Alle Besatzungsmitglieder, die nicht mitgehen, sollen exekutiert werden.“

                              „Oh mein Gott!“, rief Joan und schlug die Hände vor den Mund. „Was können wir tun?“

                              Aus dem Lautsprecher war plötzlich eine männliche Stimme zu hören, die etwas auf samedanisch sagte.
                              „Wer war das?“, rief Katherine. „Ist noch jemand bei Ihnen?“

                              „Nur der Pilot“, sagte Tabra. „Ich bin gerade auf dem Weg zu Ihnen. Er sagt, dass wir verfolgt werden.“



                              Commander Rodriguez stürmte auf die Brücke. „Was ist hier los, Captain?“, rief er.

                              „Sir, ein samedanisches Shuttle ist im Anflug und hat um Landeerlaubnis gebeten. Es wird von zwei Jägern verfolgt. Sie drohen, das Shuttle abzuschießen, wenn es nicht umkehrt. Ich habe zwei Broadswords entgegen geschickt und das Shuttle zu schützen“, antwortete van den Bosch pflichtbewusst.

                              „Rufen Sie sie zurück. Das geht uns nichts an!“, grollte Rodriguez.

                              „Aber Sir, es ist ein unbewaffnetes, ziviles Shuttle mit einem Passagier an Bord.“

                              „Pfeifen Sie die Jäger zurück! Sofort! Das ist ein Befehl!“, schrie der Commander und ohne eine Antwort van den Boschs abzuwarten, lief er zur Kommstation. „Commander Rodriguez hier. Abfangjäger umkehren! Sofort!“, brüllte er ins Mikrofon.

                              „Lieutenant Commander Vukovic hier, Sir, ich verstehe nicht!“

                              „Drehen Sie sofort ab, oder ich bringe Sie beide vors Kriegsgericht, Vukovic! Ist das klar?“, kreischte Rodriguez‘ Stimme aus dem kleinen Helmlautsprecher Vukovic ins Ohr.

                              „Abdrehen, Pete. Abdrehen. Zurück zum Schiff!“, gab Vukovic resigniert den Befehl. Sie waren in Feuerreichweite, als die beiden Piloten auf Gegenkurs gingen. Auf dem Radar sahen sie, dass die beiden Draltekhs ebenfalls abdrehten, anscheinend hatte die Drohgebärde gewirkt. Plötzlich erschien ein neues Signal auf dem Schirm. Zwei kleine Punkte bewegten sich rasend schnell auf die wehrlose Fähre zu.

                              „Raketen! Danny, sie haben Raketen abgefeuert!“ Aus dem Augenwinkel konnte Peter Becker noch sehen, wie die Fähre in einer gleißenden Explosion verging.



                              „Tabra, Sie werden verfolgt? Wer ist hinter Ihnen her?“, fragte Katherine.

                              „Ich vermute, es sind die ersten übergelaufenen Einheiten der Flotte …“, sagte Tabra. Aus dem Hintergrund war die panische Stimme des Piloten zu hören. Dann brach die Verbindung ab.
                              Bestürzt sahen sich die drei Polizisten an. Sie hatten soeben die wichtigste Zeugin in diesem Fall verloren und womöglich auch schwer belastendes Material. Es schien, als sollten sie einfach keinen Erfolg haben. Katherine wirkte in dies Moment schwer angeschlagen, übermüdet und kränklich. Joan hatte den Eindruck, als wäre ihre beste Freundin in den letzten drei Tagen um Jahre gealtert.

                              Katherine gab Joan und Takashi schweigend einen Wink und bedeutete ihnen, ihr nach draußen zu folgen. Sie ließ die kleine Truppe neben dem immer noch aufgebahrten Amir Oobe antreten. Seine Kameraden hatten ihn zwischenzeitlich mit einem weißen Laken zugedeckt.
                              „Heute war ein schrecklicher Tag“, begann Katherine mit brüchiger Stimme. „Nicht nur, dass wir heute einen geschätzten Kameraden und Freund verloren haben, Lieutenant Landor, Captain Yokomuri und ich wurden vor wenigen Minuten auch noch Zeugen am Mord an einer wichtigen Zeugin. Sie war mit einer Fähre auf dem Weg zu uns und wollte uns Beweismaterial übergeben. Ihr Schiff wurde von uns nicht näher bekannten Raumschiffen zerstört. Ich gehe nicht davon aus, dass es sich um Jäger dieses Verbandes gehalten hat, sondern um aufständische samedanische Militärs.“ Katherine umschrieb mit kurzen Worten die gegenwärtige Lage und schloss mit den Worten: „Bringen Sie Sergeant Oobe ins Kühlhaus. Wir nehmen ihn mit nach Hause. Danach ist für Sie Dienstschluss. Wenn Sie von Amir Abschied nehmen wollen, können Sie das tun. Gehen Sie heute was Trinken, gehen Sie gut Essen. Versuchen Sie, sich den heutigen Abend so angenehm, wie es in dieser Situation machbar ist, wie möglich zu machen. Ab morgen wird niemand, ich wiederhole, niemand mehr unbewaffnet diesen Bereich verlassen. Sie werden nur noch mindestens zu zweit durch das Schiff gehen und Schusswesten tragen. Verstanden?“

                              „Jawohl Major!“, kam es im lauten Chor von der angetretenen Truppe zurück.

                              „Gut, wenn Sie keine weiteren Fragen haben, können Sie wegtreten. Dienstschluss!“ Katherine blickte auf ihre Uhr, es war mittlerweile kurz vor fünf am Nachmittag. An Joan gewandt sagte sie: „Okay, Baby. Mach dich fein und triff dich mit dem Piloten. Versuche, herauszubekommen, wie die Stimmung unter dem fliegenden Personal ist und zu wem sie loyal sind.“ Joan nickte und wollte gerade gehen, als Katherine sie an der Schulter festhielt. „Und, Joan …“

                              „Ja, Kat?“

                              Katherine lächelte Joan mit tiefer, freundschaftlicher Zuneigung an. „Tu bitte nichts, was du eventuell hinterher bereuen könntest, wir verstehen uns?“

                              „Okay, Mama!“, antwortete Joan und salutierte lässig. Trotz des unangenehmen Tages freute sich Joan auf den heutigen Abend. Sie freute sich darauf, einen Mann kennenzulernen, der so irgendwie anders war – als Curtis.

                              Katherine sah Joan noch einen Moment nach, wie sie durch das schwere Panzerschott den Polizeitrakt verließ. Dann grinste sie Takashi bösartig an und fragte: „Na, Takashi? Lust auf ein „Good-Cop-Bad-Cop“-Spielchen mit Johansson?“

                              „Willst du nicht erst einmal in Erfahrung bringen, wer das Shuttle abgeschossen hat?“, fragte Takashi erstaunt.
                              Katherine schüttelte müde den Kopf. „Nein, ich werde Rodriguez morgen ausquetschen, wie eine Zitrone. Heute habe ich echt keine Kraft und keine Lust mehr, diesem Kerl nochmal unter die Augen zu treten. Lass uns Johansson verhören, danach …“

                              „… lade ich dich auf ein Bier und ein richtig dickes Steak ein, Kat. Du siehst aus, als könntest du etwas in dieser Richtung vertragen“, beendete Takashi grinsend den Satz.
                              Für mich ist Gleichberechtigung dann erreicht, wenn es genauso viele weibliche wie männliche Idioten gibt.

                              Mission accomplished.

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                                #45
                                Hm... Hot Rod ist schon übel drauf. Zeit, dass der mal so eine richtige Abreibung erhält *Händereib*.
                                Unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination
                                Ein Holodeck ist klasse! Man kann überall hin, obwohl man gar nicht weg muss :)
                                Außerirdische Technologie + menschliche Dummheit = unschlagbare Ergebnisse :)

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