Also, für den Text MÜSST Ihr euch Zeit nehmen, der ist echt gut. Ich habe mir mal die Mühe gemacht den abzutippen. (Als ich den gelesen habe, habe ich mich fast halbtot gelacht... - Ich hatte den schonmal woanders gepostet, deshalb will ich ihn Euch nicht vorenthalten. )
Mit vielen Dank an Markus Hammerschmidt. (Aus: c't Nr. 13/2001)
Abenteuerspielplatz
Linux, dieses freundliche und sichere Betriebssystem, diese kosten- und nervensparende Alternative zu Windows, der Tritt den Hintern von Bill Gates, der Triumph der Open-Source-Philosophie. Das war vielleicht was. Es sollte Suse Linux 6.2 sein, weil es der Marktführer war, und obwohl mir das auch schon wieder Microsoft-ähnlich vorkam, und obwohl mir nicht ganz klar war, warum ich für drei CDs mit frei verfügbarer Sorftware 99 Mark bezahlen musste, dachte ich doch: Es muss sein. Das ist überhaupt die größte Falle im Umgang mit Computern, der Gedanke, es müsse einfach sein. Nun ja, vielleicht sollte ich einfach zugeben, dass ich ein neues Spielzeug wollte. Computer sind schlicht und ergreifend meine Eisenbahn, und das ständige Herumgebastele an ihnen hat den Vorteil, als Beweis für Zukunftskompetenz zu gelten, es ist in den Augen der Öffentlichkeit kein regressives Kind-im-Mann-im-Hobbykeller-Gescheiße, sondern das Gelbe vom Ei, das, worauf es ankommt, ernsthafte Arbeit.
Suse Linux 6.2 und der Compaq Armada 1575D: Uiuiuiui. Ich öffnete die Verpackung, und das Handbuch klappte wie von selbst an der Stelle auf, wo es hieß: 'Linux in 30 Minuten.' Das ermutigte mich, denn eine Neuinstallation von Windows nimmt einen ganzen Abend in Anspruch, und ein Betriebssystem, das in seinem Handbuch von sich selbst behaupten konnte, es sei unter günstigen Umständen in 30 Minuten startklar, beeindruckte mich.
Also krempelte ich die Ärmel hoch. 20:00 Uhr. Zwei Stunden später bemerkte ich, dass das mit der halben Stunde nichts mehr werden würde. Eigentlich hätte ich jetzt aufhören wollen, aber das ging leider nicht: Die Festplatte meines nigelnagelneuen Laptops war so blank wie ein Kinderpopo, und hätte ich jetzt mit allem aufgehört, hätte ich den Laptop genauso gut als Topfuntersetzer beim Mittagessen benutzen oder zum Fenster hinauswerfen können, es hätte keinen Unterschied gemacht. Dieses eigenartige Gefühl, wenn man genau weiß, dass man den Bogen überspannt hat, dass der Spieltrieb einen zu weit in unerforschte Gebiete hineingetragen hat. Handbuch hin oder her, und wenn man zusätzlich weiß, dass es kein Zurück gibt, weil das Ding jetzt, wenn es dumm kommt, nicht einmal mehr startet, un der Service auch nicht weiter weiß, und man das Ganze am besten zum Händler zurückträgt und um Gnade winselt, dieses Gefühl beherrschte meinen ganzen Unterleib.
'3000 Mark', dachte ich, '3000 Mark.' Die Festplatte war neu partitioniert, Windows war völlig verschwunden, und jetzt hieß es, Linux wirklich aufspielen. Klappte eigentlich ganz gut. Nachts um zwölf meldete sich immerhin schon ein Bildschirm, der mich zur Eingabe meines Root-Passworts aufforderte, und das doch immerhin schon was. Aber ich wollte mehr. Ich wollte eine grafische Benutzeroberfläche, die so ähnlich war wie Windows, ich wollte eine funktionierende Internetanbindung, ich wollte ein funtkionierendes Schreibprogramm und ein genauso funktionierendes Grafikprogramm, und zwar noch vor dem Morgengrauen.
Um es kurz zu machen: Es ging schief. Den X-Server konnte ich noch aufspielen und laden, aber als ich zum ersten Mal dieses bescheidene GUI (Anm.: Graphic User Interface) ansah, und als ich bemerkte, wie schneckenlangsam die Maus über den Bildschirm kroch, und als ich außerdem feststellen musste, dass Programme zum Laden eine schier unglaubliche Zeit benötigten, nämlich etwa viermal so lang, wie ihre Brüder und Schwestern auf Windows, da wusste ich: Linux hatte verloren. GAU statt GUI. Natürlich war mir klar, dass das an Konfigurationsfehlern lag, die beseitigt werden konnten, natürlich wusste ich, dass das nicht das letzte Wort zu Linux war, aber es war 02:00 Uhr morgens, und ich wollte auf keinen Fall mit dem Gefühl ins Bett gehen, einen neuen Rechner ruiniert und ihn für mindestens zwei Wochen unbenutzbar gemacht zu habe. Denn so lange, schätze ich, würde es dauern, bis ich mich halbwegs in Linux eingearbeitet, den Rechner mit seinem Drucker und seinem Modem versöhnt und das ganze Chaos in Ordnung gebracht hätte, und es würde einige Nachtschichten einschließen, Telefonate, und jede Menge Angstschweiß, und das wollte ich nicht. Ich wollte etwas, was ich kannte. Ich wollte etwas, das funktionierte, jedenfalls manchmal, und ich wollte es gleich. Ich wollte zurück von der Traufe in den Regen. Ich wollte Windows wiederhaben.
Daher zog ich um 02:30 Uhr die Notbremse und machte Linux wieder platt. Dem Compaq lag eine CD bei, die das Grundsystem (nämlich Windows) wiederherstellte, wenn es beschädigt worden war. Das war eine gute Idee, denn Windows zerstört sich bekanntermaßen ja manchmal ganz oder in Teilen selbst, und es gibt ausßerdem Benutzer, die zerspanen es auch noch freiwillig, indem sie es zum Beispiel durch Linux ersetzen wollen. Also schob ich die CD ins Laufwerk, und machte tabula rasa. Etwa um 04:00 Uhr morgens war der Zustand wiederhergestellt, der vor dem Linux-Experiment auf der Festplatte meines Laptops geherrscht hatte. Nun ja, das Defragmentierungstool von Windows entdeckte 5 MByte an kaputten Sektoren, als es die Festplatte prüfte, aber die lagen irgendwo an ihrem Ende, ich ließ sie für endgültig unbenutzbar erklären und akzeptierte das als Preis für meine Dummheit. Nachdem ich ein bisschen geweint hatte, fiel ich in einen tiefen und traumlosen Schlaf.
Ich erzählte dem Softwarehändler, Linux wäre auf meinem Laptop uninstallierbar. Das war vielleicht nicht ganz wahr, aber es wahr viel wahrer als die Behauptung, es brauche zur Installation nur 30 Minuten. Ich bekam mein Geld zurück.
Kann man glauben, dass ich noch einmal einen Versuch mit Linux startete? Man muss, denn es ist wahr. Ich versuchte, das Gelumpe in einer späteren Version auf einem großen Rechner zu erproben, und kam nicht einmal bis zur Plattenpartitionierung, denn meine Platte war zu groß, zu klein, zu unbenutzt für das beigelegte Partitionierungstool, ich gab es auf und bekam ein zweites Mal mein Geld zurück.
Linux ist das Betriebssystem der Zukunft, aber es stammt aus einer noch ferneren Vergangenheit als DOS, und um der Zukunft gerecht zu werden, wird es sich noch gewaltig anstrengen müssen.
Linux, dieses freundliche und sichere Betriebssystem, diese kosten- und nervensparende Alternative zu Windows, der Tritt den Hintern von Bill Gates, der Triumph der Open-Source-Philosophie. Das war vielleicht was. Es sollte Suse Linux 6.2 sein, weil es der Marktführer war, und obwohl mir das auch schon wieder Microsoft-ähnlich vorkam, und obwohl mir nicht ganz klar war, warum ich für drei CDs mit frei verfügbarer Sorftware 99 Mark bezahlen musste, dachte ich doch: Es muss sein. Das ist überhaupt die größte Falle im Umgang mit Computern, der Gedanke, es müsse einfach sein. Nun ja, vielleicht sollte ich einfach zugeben, dass ich ein neues Spielzeug wollte. Computer sind schlicht und ergreifend meine Eisenbahn, und das ständige Herumgebastele an ihnen hat den Vorteil, als Beweis für Zukunftskompetenz zu gelten, es ist in den Augen der Öffentlichkeit kein regressives Kind-im-Mann-im-Hobbykeller-Gescheiße, sondern das Gelbe vom Ei, das, worauf es ankommt, ernsthafte Arbeit.
Suse Linux 6.2 und der Compaq Armada 1575D: Uiuiuiui. Ich öffnete die Verpackung, und das Handbuch klappte wie von selbst an der Stelle auf, wo es hieß: 'Linux in 30 Minuten.' Das ermutigte mich, denn eine Neuinstallation von Windows nimmt einen ganzen Abend in Anspruch, und ein Betriebssystem, das in seinem Handbuch von sich selbst behaupten konnte, es sei unter günstigen Umständen in 30 Minuten startklar, beeindruckte mich.
Also krempelte ich die Ärmel hoch. 20:00 Uhr. Zwei Stunden später bemerkte ich, dass das mit der halben Stunde nichts mehr werden würde. Eigentlich hätte ich jetzt aufhören wollen, aber das ging leider nicht: Die Festplatte meines nigelnagelneuen Laptops war so blank wie ein Kinderpopo, und hätte ich jetzt mit allem aufgehört, hätte ich den Laptop genauso gut als Topfuntersetzer beim Mittagessen benutzen oder zum Fenster hinauswerfen können, es hätte keinen Unterschied gemacht. Dieses eigenartige Gefühl, wenn man genau weiß, dass man den Bogen überspannt hat, dass der Spieltrieb einen zu weit in unerforschte Gebiete hineingetragen hat. Handbuch hin oder her, und wenn man zusätzlich weiß, dass es kein Zurück gibt, weil das Ding jetzt, wenn es dumm kommt, nicht einmal mehr startet, un der Service auch nicht weiter weiß, und man das Ganze am besten zum Händler zurückträgt und um Gnade winselt, dieses Gefühl beherrschte meinen ganzen Unterleib.
'3000 Mark', dachte ich, '3000 Mark.' Die Festplatte war neu partitioniert, Windows war völlig verschwunden, und jetzt hieß es, Linux wirklich aufspielen. Klappte eigentlich ganz gut. Nachts um zwölf meldete sich immerhin schon ein Bildschirm, der mich zur Eingabe meines Root-Passworts aufforderte, und das doch immerhin schon was. Aber ich wollte mehr. Ich wollte eine grafische Benutzeroberfläche, die so ähnlich war wie Windows, ich wollte eine funktionierende Internetanbindung, ich wollte ein funtkionierendes Schreibprogramm und ein genauso funktionierendes Grafikprogramm, und zwar noch vor dem Morgengrauen.
Um es kurz zu machen: Es ging schief. Den X-Server konnte ich noch aufspielen und laden, aber als ich zum ersten Mal dieses bescheidene GUI (Anm.: Graphic User Interface) ansah, und als ich bemerkte, wie schneckenlangsam die Maus über den Bildschirm kroch, und als ich außerdem feststellen musste, dass Programme zum Laden eine schier unglaubliche Zeit benötigten, nämlich etwa viermal so lang, wie ihre Brüder und Schwestern auf Windows, da wusste ich: Linux hatte verloren. GAU statt GUI. Natürlich war mir klar, dass das an Konfigurationsfehlern lag, die beseitigt werden konnten, natürlich wusste ich, dass das nicht das letzte Wort zu Linux war, aber es war 02:00 Uhr morgens, und ich wollte auf keinen Fall mit dem Gefühl ins Bett gehen, einen neuen Rechner ruiniert und ihn für mindestens zwei Wochen unbenutzbar gemacht zu habe. Denn so lange, schätze ich, würde es dauern, bis ich mich halbwegs in Linux eingearbeitet, den Rechner mit seinem Drucker und seinem Modem versöhnt und das ganze Chaos in Ordnung gebracht hätte, und es würde einige Nachtschichten einschließen, Telefonate, und jede Menge Angstschweiß, und das wollte ich nicht. Ich wollte etwas, was ich kannte. Ich wollte etwas, das funktionierte, jedenfalls manchmal, und ich wollte es gleich. Ich wollte zurück von der Traufe in den Regen. Ich wollte Windows wiederhaben.
Daher zog ich um 02:30 Uhr die Notbremse und machte Linux wieder platt. Dem Compaq lag eine CD bei, die das Grundsystem (nämlich Windows) wiederherstellte, wenn es beschädigt worden war. Das war eine gute Idee, denn Windows zerstört sich bekanntermaßen ja manchmal ganz oder in Teilen selbst, und es gibt ausßerdem Benutzer, die zerspanen es auch noch freiwillig, indem sie es zum Beispiel durch Linux ersetzen wollen. Also schob ich die CD ins Laufwerk, und machte tabula rasa. Etwa um 04:00 Uhr morgens war der Zustand wiederhergestellt, der vor dem Linux-Experiment auf der Festplatte meines Laptops geherrscht hatte. Nun ja, das Defragmentierungstool von Windows entdeckte 5 MByte an kaputten Sektoren, als es die Festplatte prüfte, aber die lagen irgendwo an ihrem Ende, ich ließ sie für endgültig unbenutzbar erklären und akzeptierte das als Preis für meine Dummheit. Nachdem ich ein bisschen geweint hatte, fiel ich in einen tiefen und traumlosen Schlaf.
Ich erzählte dem Softwarehändler, Linux wäre auf meinem Laptop uninstallierbar. Das war vielleicht nicht ganz wahr, aber es wahr viel wahrer als die Behauptung, es brauche zur Installation nur 30 Minuten. Ich bekam mein Geld zurück.
Kann man glauben, dass ich noch einmal einen Versuch mit Linux startete? Man muss, denn es ist wahr. Ich versuchte, das Gelumpe in einer späteren Version auf einem großen Rechner zu erproben, und kam nicht einmal bis zur Plattenpartitionierung, denn meine Platte war zu groß, zu klein, zu unbenutzt für das beigelegte Partitionierungstool, ich gab es auf und bekam ein zweites Mal mein Geld zurück.
Linux ist das Betriebssystem der Zukunft, aber es stammt aus einer noch ferneren Vergangenheit als DOS, und um der Zukunft gerecht zu werden, wird es sich noch gewaltig anstrengen müssen.
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