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    Was ist Wissenschaft?

    liebes Forum-Team, liebe User-Gemeinde,

    ich hoffe, dass dieses Thema hier richtig plaziert ist. Da es sich um ein philosphisches Thema handelt (Wissenschaftstheorie), scheint es mir im Unterforum für "Technik und Wissenschaft" deplaziert zu sein.

    Die Frage lautet: Was ist Wissenschaft?

    Dieser Frage möchte ich auf Basis der Universitätsvorlesungen von Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene nachgehen und beginne mit dem ersten Teil.


    Ab 12:20 Min ewähnt er, dass in manchen wissenschaftlichen Disziplinen Vorhesagen getätigt werden, aber nicht in allen. Wobei hier noch nicht explizit von Naturwissenschaften die Rede ist, sondern von Wissenschaft im allgemeineren Sinne (s. auch Zeitindex 13:27 - 13:33).
    Zitat von Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene (Zeitindex 12:20 - 13:00):
    Dann gibt es in manchen Disziplinen Vorhesagen, durchaus nicht in allen, aber in manchen Gebieten gibt es Vorhhersagen. Manche Wissenschafter. Naturwissenschaftler, experimentierende Naturwissenschaftler meinen, dass etwas nur dann eine anständige Wissenschaft ist, wenn es auch zu Vorhersagen fähig ist. Dass ist eine sehr engstirnige und falsche Meinung, weil es viele Disziplinen gibt, die nicht vorhersagen und deren Wissenschaftsstatus aber unbestritten ist. Selbst wenn man mit Naturwissenschaftlern redet, wird man natürlich sagen: Schau Dir doch mal die Paläontolöogie an. Und als Paläontologe kann man nichts vorhesagen.
    Den letzten hier zitierten Satz kritisiere ich, denn gem. dem Scienceblogs-Artikel von Martin Bäker werden auch in der Paläontologie falsifizierbare Beobachtungsvorhersage getätigt. Möglicherweise spielte Hoyningen-Huene darauf an, dass es auch wissenschaftliche Veröffentlichungen in der Paläontologie gibt, die auch unbestritten als Wissenschaft anerannt sind, in denen nichts vorhergesagt wird, sondern schlicht die biologische Geschichte anhand von Fossilien rekonstruiert wird. Könnte man sagen, Paläontologen verhalten sich zu Biologen so, wie Archäologen zu Historikern?

    Prof. Hoyningen-Huene führt insgesamt neun "Dimensionen", auf, die Wissenschaft kennzeichnen. Die Vorhersagen sind hier die "3, Dimension". Besonders hebt der Professor die Verteidigung von Wissensansprichen hervor ("4. Dimension", s. Folie Zeitindex 16:00 min). Diese kann auf verschiedene Weise erfolgen.
    In der nächsten Folie Zeintindex 17:33 führt er acht Positionen auf, die sich bereits mit der Antwort auf die Frage, "was ist Wissenschaft", beschäftigt haben [Aristoteles, Descartes, Kant, logscher Empirismus (Wiener Kreis), Popper, Kuhn, Feyerabend, Rescher].
    Im Laufe der Geschichte veränderte sich das Verständis dessen, was wir heute Wissenschaft nennen. Grob präsentiert Prof. Hoyningen-Huene die historische Entwicklung in vier Phasen, siehe bitte ab Zeitindex 31 min.

    1. Phase: Antike bis 17. Jh. - "Etablierung der Sicherheit des Wissens durch einen Beweis" in Philosphie/Wissenschaft (Aristoteles)

    2. Phase: 17. Jh. bis Mitte 19. Jh - Wissenschaft vermittelt sicheres Wissen. Die Verteidigung dieses Anspruch erfolgt über den wissenschaftlichen Beweis und nun insbesondere über die wissenschaftliche(n) Methode(n) (Descartes).

    3. Phase: Mitte des 19. Jh. bis zum letzten letzten Drittel des 20. Jh. - "Wissenschaftliches Wissen ist fehlbares Wissen", bleibt aber methodisch (die Mathematik verlor um 1900 den Gegenstandsbezug und wurde zur Formalwissenschaft)

    4. Phase: Ab letzten Drittel des 20. Jh. bis heute: Nun bröckelt auch die Methodik als Kriterium für Wissenschaft (Wissenschaftshistorie, Kuhn, Feyerabend).
    Ab Zeitindex 39:33 (ich empfehle, die Vorlesung ab hier bis 45:20 min. zu hören und zu sehen) nimmt er Bezug auf Thomas Kuhn und Paul Feyerabend und führt an, dass sie wissenschaftshistorisch ermittelt haben, das die Orientierung an Methodik keineswegs immer ein Kritierium für Wissenschaft ist.

    Soviel im ersten Teil zur Wissenschaftsphilosophie.

    Nachtrag:
    Als Stützen für seine Argumentation verweist Prof. Hoyningen-Huene auf Thomas Kuhn und sein Buch „Die strukturwissenschaftliche Revolution“ (1962) und Paul Feyerabend.
    Zitat aus Zeitindex 41:50 min:
    Schlage mir eine wissenschaftliche Methode vor. Also sagt mal irgendwas, zum Beispiel: Irgendwelche Ansprüche müssen immer experimentell überprüft werden, oder soweit du ein Gegenbeispiel hast, muss du aufgeben – schlag mir irgendwas vor, was du meinst, es sei die wissenschaftliche Methode, und ich bringe dir Beispiele von anerkannten wissenschaftlichen Fortschritt, der nur durch Verletzung dieser Methode möglich war. … Es gibt einfach keine substantiellen Regeln für die Wissenschaftsausübung, die nicht aus guten Gründen und mit gutem Erfolg in den Wissenschaften nicht schon verletzt worden wären.
    Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene bezieht sich mit seiner Fragestellung (Was ist Wissenschaft?) allerdings nicht nur auf Naturwissenschaften, sondern er meint alles, was im deutschen Sprachgebrauch mit dem Begriff Wissenschaft gemeint ist.
    Zitat von Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene:
    Also, von der Theologie bis zur Mathematik und Elementarteilchenphysik und Germanistik und Ethnologie, Informatik – alles. Also alles, was Sie an so einer Volluniversität finden … an dem, was da irgendwie daherkommt als Wissenschaften soll hier subsumiert sein, also in der größtmöglichen disziplinären Breite. ... Selbst die Theologie wird an Hochschulen gelehrt und sollte irgendwie Wissenschaft sein, mal sehen, ob sie das ist.
    Zitatquelle: Zeitindex 03:05 min
    Ihm geht es um die Abgrenzung zum Alltagswissen, er deutet allerings schon an, dass Pseudowissenschaft und Metaphysik keine Wissenschaften sind.
    Besonders ernst ist die Diskussion über Abgrenzung von Wissenschaft zur Pseudowissenschaft in den USA, was mit dem Anspruch des Kreationismus zusammenhängt, wissenschaftlich sein zu wollen.
    Allerdings weiß der Professor auch darauf hin, dass Wissenschaft nicht immer scharf abgrenzbar ist. Als Analogie nennt er die Farbe Rot. Wie wissen natürlich was rot ist, doch wir können sie nicht vollkommen scharf von gelb abgrenzen.

    Zitat von Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene:
    Es gibt zum Beispiel Tätigkeiten, wissenschaftliche Tätigkeiten der Forschung, die können sie, wenn sie nur die Tätigkeit anschauen, nicht von der Anwendung von Wissenschaft zu praktischen Zwecken unterscheiden.
    Zitatquelle: Zeitindex 21:02 min

    Die Abgrenzung von Forschung und Entwicklung in Unternehmen ist nicht immer scharf bestimmbar, z.B. bei der Fusionsforschung. So führt er die Plasmaforschung an, die aus dem Entwicklungsprozess heraus entstanden ist. - Also, Entwicklungsschritte sind nicht immer scharf von Grundlagenforschung abgrenzbar.

    Wenn also die Methodik nicht immer kennzeichnend für das ist, was wir als Wissenschaft bezeichnen und nur die Fallibilität beibt, was macht sie denn so besonders? In der Vorlesung wird eine These (Zeitindex 36:00 min.) aufgestellt, die im weiteren untersucht wird.
    Wissenschaftliches Wissen unterscheidet sich vom Alltagswissen von anderen Wissensarten, besonders dem Alltagswissen, primär durch seinen höheren Grad an Systematizität.

    #2
    Zitat von Halman Beitrag anzeigen

    Den letzten hier zitierten Satz kritisiere ich, denn gem. dem Scienceblogs-Artikel von Martin Bäker werden auch in der Paläontologie falsifizierbare Beobachtungsvorhersage getätigt. Möglicherweise spielte Hoyningen-Huene darauf an, dass es auch wissenschaftliche Veröffentlichungen in der Paläontologie gibt, die auch unbestritten als Wissenschaft anerannt sind, in denen nichts vorhergesagt wird, sondern schlicht die biologische Geschichte anhand von Fossilien rekonstruiert wird. Könnte man sagen, Paläontologen verhalten sich zu Biologen so, wie Archäologen zu Historikern?
    Nach meinem Dafürhalten haben wissenschaftliche Prognosen oder Vorhersagen einen Zukunftsbezug. Die Beispiele im verlinkten Artikel haben den aber nicht. Wenn ein Archäologe heute zig Leichen aus dem 6 Jahrhundert findet und die sind alle ertrunken, dann kann er wohl schließen, dass es ne Flut gab, wenn ihm ein Geologe hilft wohl mehr. Aber sagen sie dann ne Flut voraus?
    Selbst wenn man dann Aufzeichnungen findet, die den Schluss, dass es ne Flut gab bestätigen, fühlt sich das nicht nach Unwettervorhersage an.

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      #3
      Wissenschaft ist ein System von Regeln und Konventionen oder anders gesagt: Eine Summe von vorläufigen, nach logischen Grundsätzen aufeinander abgestimmter Aussagen.
      Und vor diesem Hintergrund kann man nach logischen Grundsätzen die kommenden Aussagen voraussagen. Und wenns stimmt, dann freut man sich. Die Grundlagen der Wissenschaft sind dabei vorwissenschaftlich.

      Es gibt zwei Formen von Wissenschaften: Die empirischen Wissenschaften (alles, was auf Beobachtung basiert) und eben Philosophie/Mathematik.

      Eine wissenschaftliche Voraussage bezieht sich also auf weitere Aussagen: sie führt die Reihe von vorläufigen, nach logischen Grundsätzen aufeinander abgestimmter Aussagen fort.
      Das muss selbstverständlich nicht zwingend die "Zukunft" zum Thema haben.

      Davon klar zu unterscheiden: Prognosen/Voraussagen über Ereignisse, die noch kommen. Das ist etwas ganz anderes, wobei auch hier ein Grundsatz gilt, dass sie am besten in einfachen Systemen funktionieren. Je komplexer ein Sachverhalt, desto schwieriger ist es auch, zu sagen, was wohl passieren könnte. Aber das sind im Prinzip nur Anwendungen bereits bekannter Ausssagen, keine "wissenschaftlichen Voraussagen".

      Der Wetterbericht ist eben nur angewandter Kenntnisstand und keine tägliche wissenschaftliche Forschung.
      Republicans hate ducklings!

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        #4
        endar, Tibo,
        vielen Dank für eure konstruktiven Beiträge. Ich hoffe, dass wir uns hier im philosphischen Thema besser verstehen werden als im gesellschaftspolitischen Streitthemen.

        Vielen Dank für Deine sachkundige Definition von Wissenschaft, endar.

        Ist die Demoskopie eine Wissenschaft? Wenn ja, was bedingt, dass es sich um eine Wissenschaft handelt. Falls nein, woran scheitert es?

        Was macht Wissenschaft zur Wissenschaft? Prof. Hoyningen-Huene entwickelte zur Klärung dieser Frage eine Wissenschaftstheorie mit "neun Dimensionen".
        Der in Hannover lehrende Wissenschaftsphilosoph Paul Hoyningen-Huene gibt in seinem Buch «Systematicity – The Nature of Science» der Frage nach dem Wesen der Wissenschaft eine neue Wendung.
        Diesbezüglich verweise ich auf die Rezension von Markus Seidel (Universität Münster). Darin rezensiert er eileitend:
        Insgesamt ist das Buch sehr empfehlenswert. Zum Ersten ist es zu begrüßen, dass sich H-H hier einer Fragestellung annimmt, die tatsächlich zentral für den Zusammenhalt der inzwischen recht disparaten Forschungstendenzen in der Wissenschaftstheorie ist, vor deren Bearbeitung allerdings viele aktuelle Wissenschaftstheoretiker zurückschrecken. Zum Zweiten scheint mir H-H tatsächlich einen wichtigen und auch richtigen Beitrag zur Beantwortung der Frage zu leisten: Von den gleich anzumerkenden Ausnahmen einmal abgesehen argumentiert er für seine Thesen überzeugend, solide und klar. Zum Dritten kann das Buch als Musterbeispiel für professionelle Wissenschaftstheorie dienen, die sich einem interessierten, aber nicht mit wissenschaftstheoretischen Spezialdebatten beschäftigten Publikum nicht verschließt. Aus meiner Sicht bietet das Buch neben der Argumentation für die Kernthese quasi nebenbei eine exzellente Einführung in viele Kerndiskussionen der Wissenschaftstheorie. (... Die Lebhaftigkeit der kontroversen und teilweise sehr kritischen Diskussionen, die auch wesentlich in die kritischen Bemerkungen dieser Rezension eingeflossen sind, ist aus meiner Sicht ein Beleg für die Qualität und Zugänglichkeit des Buches.)
        Es scheint also eine kritische und fruchtbare Diskussion durch Hoyningen-Huene angstoßen worden zu sein. Könnte man ihn als "Pionier" der Wissenschaftstheorie bezeichnen?

        Als Beispiel für „anything goes“ führt Feyerabend Galileo Galilei an. Mich persönlich überzeugt dieses Beispiel zugebendermaßen nicht. Zwar ist es richtig, dass Galilei gegen die damals gängige Methode verstieß und eine neue Methode entwickelte, doch damit begann erst das, was man unter Naturwissenschaft versteht (die Mathematisierung der Naturphilosophie) bis heute gängige Methode in der experimentellen Naturwissenschaft.
        Einen methodischen Paradigmenwechsel als Beispiel zu bringen, scheint mir eine zu "dünne" Argumentationsbasis zu sein. Zumal Hoyningen-Huene in seiner Vorlesung ausführte, wie sich das, was man unter Wissenschaft versteht, im Lauf der Zeit veränderte. Wissenschaftliche Revolutionen, welche gegen die seinerzeit geltenen Regeln verstießen, als Grundlage dafür heranzuziehen, was HEUTE unter Wissenschaft zu verstehen ist, scheint mir methodisch problematisch zu sein.

        Was sind Eure Meinungen dazu?

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          #5
          Ein großes Problem scheint zu sein, daß Forschung oft, aufgrund kommerzieller Interessen, ergebnisorientiert anstatt ergebnisoffen betrieben wird. Hier kann ich die Ägyptologie als Beispiel anführen.
          "Ganz egal wo Ihr hingeht - da seid Ihr dann." (Buckaroo Banzai)

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            #6
            Wenn dies der Fall ist, so wird die Wissenschaft in solchen Fällen korrumpiert. Die Forschung sollte frei und ergebnisoffen arbeiten können.


            Gem. Prof. Paul Hoyningen-Huene mangelt es an Veröffentlichungen zur Wissenschaftstheorie. Zu Beginn des ersten Teils der zweiten Doppelstunde stellt der Professor fest (2013 ):
            Zitat von Paul Hoyningen-Huene:
            Es hat in den letzten zwanzig Jahren eigentlich kein Buch mehr gegeben, was sich wirklich nur dieser Frage, "was ist Wissenschaft?", gewitmet hat und das finde ich doch relativ schlecht, weil die Wissenschaftsphilosphie das beantworten sollte.


            Schauen wir uns den 1. Teil der zweiten Doppelstunde an, angefangen mit der ersten Folie:
            Hier vertretende These:
            Wissenschaftliches Wissen unterscheidet sich von anderen Wissensarten, insbesondere dem Alltagswissen, primär durch seinen höheren Grad an Systematizität.
            Als erstes historisches Beispiel eines Philosophen, der etwas Ähnliches formuliert hatte, führt er John Dewey (1903) an.
            Als zweites Beispiel verweist er auf Charles Morris (1960), einem Vertreter des "Wiener Kreises" (logischer Empirismus/Neopositivismus).
            Das dritte Beispiel liefert Carl Gustav Hempel, der folgenden Gedankengang vermittelte:
            Alle wissenschaftlichen Erklärungen, die versuchen systematisches Verständnis der empirischen Phänomene zu erzeugen, indem sie zeigen, dass diese Phänomene ... in einem naturgesetzlichen Zusammenhang gestellt werden.
            Dazu passt meiner Meinung nach die einstein'sche Überzeugung, die in folgenden Worten zum Ausdruck kommt:
            Zitat aus "Die Evolution der Physik" (Einstein, Infeld), Seite 318-319 (Schlussgedanken):
            ... Ohne den Glauben daran, daß es grundsätzlich möglich ist, die Wirklichkeit durch unsere theoretischen Konstruktionen begreiflich zu machen, ohne den Glauben an die innere Harmonie unserer Welt könnte es keine Naturwissenschaft geben. Dieser Glaube ist und bleibt das Grundmotiv jedes schöpferischen Gedankens in der Naturwissenschaft. Alle unsere Bemühungen, alle dramtischen Auseinandersetzungen zwischen alten und neue Auffassungen werden getragen von dem ewigen Drang nach Erkenntnis, dem unerschütterlichen Glauben an die Harmonie des Alls, der immer stärker wird, je mehr Hindernisse sich uns entgegenstürmen.
            Dann führt Hoyningen-Huene Ernest Nagel (1961) an:
            Wissenschaft wird erzeugt durch das Bedürfnis nach Erklärungen, die gleichzeitig systematisch und kontrollierbar sind.
            Gibt es denn keine neuzeitlichen wissenschaftsphilosophischen Aussagen zum Thema? Diesbezüglich verweise ich auf Zeitindex 14:42.
            In den letzten Hundert Jahren ist Nicholas Rescher eigentlich der einzige Philosoph, der sich wirklich ausführlich mit Systematizität und auch eventuell mit Beziehungen auf die Wissenschaften beschäftigt hat. Das hat Rescher, der sehr viel Literatur kennt, sieht das auch so. Also das war in den letzten Hundert Jahren gab es keine nennenswerte Diskussion, außer diese paar Splitter und die sind nicht entwickelt worden.
            Im Jahre 1979 veröffentlichte Rescher ein Buch, dass nahe an der hier diskutierten Vorlesung ist.
            Im Weiteren führt Hoyningen-Huene weitere historische Beispiele aus der Physik und Biochemie, der Mathematik, kognitiven Enticklungspsychologie, Geschichtswissenschaft, Bildsemiotik und die Theologie an (insgesamt 11 Beispiele).

            Ab Zeitindex 34:35 beginnt er mit fünf Erläuterungen zu seiner These:
            1. Teminologisch: Wissen nicht im philosphischen Sinn von "begründeter wahrer Überzeugung" (plantonisch), sondern im Sinne von "scientific belief", d.h. Wissen nicht mit absoluten Wahrheitsanspruch.
            "Höherer Grad an Systematizität": nicht quantitativ gemeint
            Als Beispiel führt er die Komplexizität an, die analog zur Systematizität nicht quantizierbar ist, obgleich es verschiedene Grade an Komplexizität und Systematizität gibt.

            2. Erläuterung: These ist deskriptiv, nicht normantiv.

            3. Komparativ: Andere Wissensarten müssen nicht unsystematisch sein.
            Zitat von Hoyningen-Huene:
            Andere Wissensarten müssen eben deswegen nicht unsystematisch sein, weil meine Behauptung lediglich ist, dass das wissenschaftliche Wissen eine höhreren Grad an Systematizität hat, als das nichtwissenschaftliche Wissen; damit nicht ausgeschlossen ist, dass das nichtwissenschaftliche Wissen selber auch systematisch ist.
            Daraus folgt die Möglichkeit eines gleitenden Überganges von Nichtwissenschaft zur Wissenschaft.
            Zuletzt geändert von Halman; 28.06.2017, 13:56. Grund: Ein Buchstabe war falsch.

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              #7
              Immer mal langsam mit den jungen Pferden.

              Zunächst sollte man das Prinzip verstehen, bevor man sich den Details und negativen Auswüchsen widmet. Ansonsten hopst man Punkt zu Punkt - so wie die Biene von Blume zu Blume (wobei die eher fliegt, aber egal) und versteht alles nur halb.

              Das meiste erledigt sich aber von selbst, wenn man das Prinzip verstanden hat. Ich beziehe mich auf Karl Popper.

              Wiederholung:
              Wissenschaft ist ein System von Regeln und Konventionen oder anders gesagt: Eine Summe von vorläufigen, nach logischen Grundsätzen aufeinander abgestimmter Aussagen.

              Ich nehme jetzt mal die Punkte "vorläufig" und "aufeinander abgestimmt".

              "vorläufig" = Eine wissenschaftliche Aussage (=Forschungsergebnis) zum Thema XY gilt solang als richtig, bis sie auf eine andere Aussage trifft, die eine bessere Erklärung für das Thema liefert und die erste Aussage damit widerlegt. Manchmal wird die erste Aussage auch nur modifiziert, aber das sind schon wieder Details.

              Und das "aufeinander abstimmen" geschieht im wissenschaftlichen Diskurs. Arbeiten werden veröffentlicht und von der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Kenntnis genommen, nachvollzogen, überprüft und kritisiert (Kritik ist hier wertneutral). Das ist eine Grundlage der Wissenschaftlichkeit. Deswegen ist auch niemals "kühn", eine Arbeit fundiert zu kritisieren, sondern die Aufgabe eines Wissenschaftlers. Anders geht es auch nicht, denn nur durch ständiges Abgleichen, forschen, verwerfen etc. entsteht wissenschaftlicher Fortschritt.

              nachvollzogen = Hier kommt ein entscheidender Punkt ins Spiel, nämlich die Frage, wie das überhaupt passiert.
              Eine wissenschaftliche Arbeit muss alle Bestandteile enthalten, für die eine Nachvollziehbarkeit/Reproduktion notwendig sind. Oder anders gesagt: Es zählt nicht nur das Ergebnis, sondern der Weg dahin.

              Denn nur wenn man detailliert angibt, wie man zu einem Ergebnis kommt, können andere Menschen überprüfen, ob das Ergebnis auch richtig ist oder ob Fehler vorliegen.
              Bei Chemie z.B. der entsprechende Versuchsaufbau, in rechts- und anderen humanwissenschaftlichen Arbeiten die korrekten Quellenangaben etc. pp.

              Letztendlich gibt es verschiedene Herangehensweisen an Phänomene. Das reicht von standardisierten Methoden, die sich durchgesetzt haben bis zu speziellen Entwürfen, d.h. methodischen Entwürfen, die speziell für ein Forschungsvorhaben entwickelt werden.

              Wenn diese Prinzipien eingehalten werden, kann man von Wissenschaftlichkeit sprechen. Dementsprechend sind statistische Erhebungen dann wissenschaftlich, wenn sie ihr Vorgehen begründen und dokumentieren: Der Weg ist genausowichtig wie das Ergebnis, denn ohne Weg kann nicht bestimmt werden, ob das Ergebnis richtig ist oder nicht.
              Und das ist nochmal das Kritierium der Vorhersagbarkeit: Die sagt nichts anderes als: Wenn du die Dinge genauso machst wie ich [wenn du dieselben Rahmenbedingungen verwendest], dann kommst du zu demselben Ergebnis!

              Ein Beispiel: Wenn man z.B. untersucht, mit welchen Mitteln "wilde Abtreibungen" in Köln und Hamburg im Kaiserreich durchgeführt wurden, dann muss man alle Quellen angeben, die man verwendet hat: Medizinische Akten, Tagebücher, polizeiliche und gerichtliche Quellen, Tageszeitungen etc.
              Verbunden mit solchen Arbeiten ist ein Anspruch auf Generalisierbarkeit: Wenn es in Köln und Hamburg so war, dann wird es auch in Düsseldorf und Berlin so gewesen sein.

              In der Regel versucht man, Phänome von allgemeiner Aussagekraft von ihren Rahmenbedingungen weitgehend zu lösen: Ich habe hier auch einen solchen Konrollmechanismus angedeutet: Köln ist katholisch, Hamburg ist evangelisch.

              Wenn sich beide Städte unterscheiden, dann kommt man zu der These, dass die Religion eine größere Rolle gespielt hat und muss das dann anhand von Berlin und Düsseldorf überprüfen. Wenn sich die Leute in beiden Großstädten ähnlich verhielten, dann kann man die Religion als entscheidende Rahmenbedingung vernachlässigen und von einem allgemeinen Phänomen sprechen und überprüft das dann mit Düsseldorf und Köln nur.

              Wenn sich aber Hamburg, Düsseldorf und Berlin (2x evanglisch, 1x katholisch) gleichen, Köln aber nicht, muss man nach einer weiteren Rahmenbedingung suchen, die das erklärt: Sozialstruktur der Städte z.B.

              Wie auch immer: Man nimmt die Methode und versucht, das Ergebnis zu reproduzieren. Ergeben eine Auswertung von medizinische Akten, Tagebüchern, polizeilichen und gerichtlichen Quellen, Tageszeitungen etc. aus Berlin dasselbe oder nicht?

              Aber es gibt keinen gleitenden Übergang zwischen Wissenschaft und Nichtwissenschaft, auch wenn das Wort "poplärwissenschaftlich" das andeutet. Es sind das in der Regel Essays oder Büchern von Wissenschaftlern wie z.B. die an die Allgemeinheit gerichteten Bücher von Stephen Hawking. Dort werden der nicht-wissenschaftlichen Allgemeinheit wissenschaftliche Ergebnisse illustriert. Sie sind aber nicht geeignet, den Erkenntisprozess nachzuvollziehen (Herr Hawking lässt z.B. mit gutem Grund die Mathematik weg).

              Auch "Grenzwissenschaften" haben mit Wissenschaft nichts zu tun, sondern benutzen das Wort, um sich aufzuwerten.
              Zuletzt geändert von endar; 28.06.2017, 13:47.
              Republicans hate ducklings!

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                #8
                Zitat von endar Beitrag anzeigen
                Wiederholung:
                Wissenschaft ist ein System von Regeln und Konventionen oder anders gesagt: Eine Summe von vorläufigen, nach logischen Grundsätzen aufeinander abgestimmter Aussagen.
                Deine Defintion gefällt mir sehr gut. Danke für Deine fundierte und ausführliche Antwort, endar.

                Zitat von endar Beitrag anzeigen
                Letztendlich gibt es verschiedene Herangehensweisen an Phänomene. Das reicht von standardisierten Methoden, die sich durchgesetzt haben bis zu speziellen Entwürfen, d.h. methodischen Entwürfen, die speziell für ein Forschungsvorhaben entwickelt werden.
                In den Vorlesungen betont Prof. Paul Hoyningen-Huene, dass es nicht die eine wissenschaftliche Methode gibt, durch die sich Wissenschaft von Nichtwissenschaft abgrenzen lässt. Seine Wissenschaftstheorie ist aus der Fragestellung erwachsen: Was unterscheidet Alltagswissen und Wissenschaft? Wie werden Wissenansprüche verteidigt und da hängt es ganz davon ab, in welcher wissenschaftlichen Disziplin Wissen erworben wurde. Insofern stimmt Deine Aussage meiner Rezeption nach mit der von Hoyningen-Huene überein.

                Zitat von endar Beitrag anzeigen
                Wenn diese Prinzipien eingehalten werden, kann man von Wissenschaftlichkeit sprechen. Dementsprechend sind statistische Erhebungen dann wissenschaftlich, wenn sie ihr Vorgehen begründen und dokumentieren: Der Weg ist genausowichtig wie das Ergebnis, denn ohne Weg kann nicht bestimmt werden, ob das Ergebnis richtig ist oder nicht.
                Und das ist nochmal das Kritierium der Vorhersagbarkeit: Die sagt nichts anderes als: Wenn du die Dinge genauso machst wie ich [wenn du dieselben Rahmenbedingungen verwendest], dann kommst du zu demselben Ergebnis!
                Danke für Deine Antwort und Deine nachfolgenden Erklärungen.

                Zitat von endar Beitrag anzeigen
                Aber es gibt keinen gleitenden Übergang zwischen Wissenschaft und Nichtwissenschaft, auch wenn das Wort "poplärwissenschaftlich" das andeutet. Es sind das in der Regel Essays oder Büchern von Wissenschaftlern wie z.B. die an die Allgemeinheit gerichteten Bücher von Stephen Hawking. Dort werden der nicht-wissenschaftlichen Allgemeinheit wissenschaftliche Ergebnisse illustriert. Sie sind aber nicht geeignet, den Erkenntisprozess nachzuvollziehen (Herr Hawking lässt z.B. mit gutem Grund die Mathematik weg).

                Auch "Grenzwissenschaften" haben mit Wissenschaft nichts zu tun, sondern benutzen das Wort, um sich aufzuwerten.
                Ja, aber wie grenz man "Grenzwissenschaften", Ufologie, Astrologie und Kreationismus von wissenschaftlichen Disziplinen ab? Wenn man sagt: Diese Erkenntnis wurde wissenschaftlich ermittelt, was bedeutet dies im Unterschied zum Alltagswissen?
                Könnte man sagen: Wissenschaftliche Aussagen müssen sich kohärent und nachvollziehbar aus logischen Grundsätzen ableiten lassen? Ist es korrekt, wenn ich diese Erkenntnis aus Deinen Beitrag ableite?

                Hoyningen-Huene kommt (bezugnehmend auf Kuhn und Feyerabend) zu dem Schluss, dass auch die Anwendungen wissenschaftlicher Methoden kein Kriterium für Wissenschaft ist, welches stehts und immer zutrifft. Diesbezüglich verweise ich auf seine historischen Bemerkungen.
                Zitat von Feyerabend:
                Schlage mir eine wissenschaftliche Methode vor und ich bringe dir Beispiele von anerkannten wissenschaftlichen Fortschritt, der nur durch Verletzung dieser Methode möglich war.
                Seiner Wissenschaftrstheorie zufolge ist den Wissenschaften ein höherer Grad an Systematizität gemeinsam, wodurch sie sich vom Alltagswissen unterscheiden.
                Allerdings arbeite auch ich systematisch in der öffentlichen Verwaltung, würde aber nie behaupten, wissenschaftlich zu arbeiten.

                Falls es Dich interessiert: Hier äußert Prof. Dr. Paul Hoyningen-Huene sich zu den Formalwissenschaften (Mathematik und formale Logik) und etwas später zur Kausalität (≠ Korrelation). Diesen Abschnitt fand ich sehr lehrreich.


                Besonders interessant finde ich, dass sich die moderne Naturwissenschaft aus der der Naturphilosophie entwickelte. Diesbezüglich verweise ich auf Prof. em. Dr. Josef Honerkamp:
                Der Galileische Paradigmenwechsel war ein singulärer Prozess. Danach sah die Welt der Naturforschung ganz anders aus. Es gab nun die Naturphilosophie mit ihren Begriffen und qualitativen Vorstellungen und anderseits die Naturwissenschaften, in der quantitative, mathematisch formulierbare und damit exakt überprüfbare Aussagen eine vorherrschende Rolle spielten. Wir können uns heute keine weitere Wende eines solchen Kalibers vorstellen.
                Dieser Ansicht stimmte auch Einstein zu:
                Zitat aus "Die Evolution der Physik" (A. Einstein, L. Infeld, Seite 67):
                Naturgesetze für die Zusammenhänge zwischen aufeinanderfolgenden Ereignissen waren den Griechen unbekannt. Die Wissenschaft im Sinne einer Verknüpfung von Theorie und Experiment begann eigentlich erst mit Galilei.
                Was sich verändert hatte, war also die Methodik. Anstelle von naturphilosophischen Spekulationen, die man allenfalls durch die Gesetze der Logik bewerten konnte, wies Galilei den revolutionären Weg, Theorien so zu entwickeln, dass sie exakte, mathematische Vorhersagen lieferten, die man experimentell überprüfen konnte. Salopp gesagt, hatte man nun, anstelle von Einschätzungen und Meinungen, die Möglichkeit der Berechnung.
                Dies war ein Paradigmenwechsel in der wissenschaftlichen Arbeitsweise. Stand die Naturphilosophie noch auf einen Bein, steht die Naturwissenschaft nun auf zwei Beinen standfester da. Honerkamp stellt fest:
                Zitat von Prof. Josef Honerkamp:
                "an einer Theorie zwei Ebenen zu unterscheiden [hat], die formal mathematische einerseits und die begriffliche andererseits."

                Wissenschaftstheorie kann sich somit erst mit der Entwicklung seit Galilei befassen. Eine Entwicklung der Naturforschung vor Galilei ist Teil einer Geschichte der Philosophie.

                Im deutschsprachrigen Raum unterscheiden wir meines Wissens zwischen Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften. Laut Wikipedia gehören die Geschichtswissenschaften zu den Geisteswissenschaften.
                Zitat aus
                Geisteswissenschaften, u. a.:
                Geschichtswissenschaften
                Kunstwissenschaft
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                Meiner Meinung nach ist die Historie ungemein wichtig. Selbst in der Naturwissenschaft ist die Wissenschaftshistorie hilfreich.
                Ein Beispiel: Wheeler brauchte für sein Buch "Gravitation und Raumzeit" eine Parabel, mit der eine doppelte Krümmung beschrieben werden kann und bat hierzu den Wissenschaftshistoriker Marshall Clagett um Hilfe. Er Verwies ihn auf Apllonius von Perga und seinem fünften Buch der Kegelschnitte (247 - 205 v. Chr.). Mit Hilfe dieser antiken Geometrie konnte Wheeler ohne Tensoren die Schwarzschild-Geometrie beschreiben.


                Bildquelle
                aus Apollonius 5. Buch Kegelschnitte

                Kommentar


                  #9
                  Zitat von Halman Beitrag anzeigen
                  In den Vorlesungen betont Prof. Paul Hoyningen-Huene, dass es nicht die eine wissenschaftliche Methode gibt, durch die sich Wissenschaft von Nichtwissenschaft abgrenzen lässt.
                  Das ist richtig.
                  Vielleicht hast du das falsch verstanden, was daran liegt: "Methode" wird als Begriff ganz unterschiedlich verwendet, weswegen ich von "wissenschaftlichen Prinzipien" bwz. "wissenschaftlichem Vorgehen" gesprochen habe (oder es hätte tun sollen ).
                  Worte und Begriffe brauchen einen Rahmen, der ihnen eine Bedeutung verleiht.

                  Im Prinzip ist das wissenschaftliche Vorgehen in den empirischen Wissenschaften immer dasselbe, egal, ob du Psycholgen, Architekten oder Chemiker hast. Das ist das Postualt der Einheitswissenschaft von Karl Popper.

                  Innerhalb dieses prinzipiell immer gleichen Vorgehens gibt es dann verschiedene Methoden. So gibt es bei der soziologischen Meinungsforschung z.B. qualitative Methoden, die Einzelfälle in der Tiefe untersuchen und quantitative Methoden, die eben viele Personen oberflächlicher per Fragebogen befragen.

                  Und natürlich gibt es Meinungsunterschiede.

                  Ja, aber wie grenz man "Grenzwissenschaften", Ufologie, Astrologie und Kreationismus von wissenschaftlichen Disziplinen ab? Wenn man sagt: Diese Erkenntnis wurde wissenschaftlich ermittelt, was bedeutet dies im Unterschied zum Alltagswissen?
                  Könnte man sagen: Wissenschaftliche Aussagen müssen sich kohärent und nachvollziehbar aus logischen Grundsätzen ableiten lassen? Ist es korrekt, wenn ich diese Erkenntnis aus Deinen Beitrag ableite?
                  Sämtliche Wissenschaftskritieren der Reihe müsste ich jetzt auch nachgucken.
                  Wissenschaftliche Arbeiten dokumentieren den Weg, wie sie zu ihren Behauptungen kommen, damit sie nachvollzogen (überprüft) werden können. So werden sie in den wissenschaftlichen Diskurs einordnet und von anderen Wissenschaftlern überprüft, die Fehler finden oder eben auch nicht.
                  Frei nach Fontane: Tand, Tand, ist alles Werk von Menschenhand.

                  Hoyningen-Huene kommt (bezugnehmend auf Kuhn und Feyerabend) zu dem Schluss, dass auch die Anwendungen wissenschaftlicher Methoden kein Kriterium für Wissenschaft ist, welches stehts und immer zutrifft. Diesbezüglich verweise ich auf seine historischen Bemerkungen.
                  Das ist richtig. Man kann natürlich eine wissenschaftliche Methode anwenden und trotzdem Kokolores schreiben. Z.B. wenn man rein verifizierend arbeitet, d.h. nur beachtet, was der eigenen These nützt und ignoriert, was dagegen spricht. Oder wenn man seine Ergebnisse einfach fälscht.

                  Das ist z.B. bei den Ufologen so, wenn z.B. ein Wandschmuck so fotographiert wird, dass eine Vase mit Ähren aussieht wie wie uns heute einen Außerirdischen vorstellen. Das ist dann offensichtliche Manipulation. Da hört nämlich die Betrachtung immer genau dann auf, wenn es der These nützt.
                  Guck hier mal dem Thread "Anicent Aliens", da habe ich auch was dazu geschrieben.

                  Seiner Wissenschaftrstheorie zufolge ist den Wissenschaften ein höherer Grad an Systematizität gemeinsam, wodurch sie sich vom Alltagswissen unterscheiden.
                  Allerdings arbeite auch ich systematisch in der öffentlichen Verwaltung, würde aber nie behaupten, wissenschaftlich zu arbeiten.
                  Wissenschaftliches Wissen ist geordnet, Alltagswissen ist oft kurzschlüssig, d.h. es wird nicht einen Zusammenhang eingeordnet.

                  Besonders interessant finde ich, dass sich die moderne Naturwissenschaft aus der der Naturphilosophie entwickelte. Diesbezüglich verweise ich auf Prof. em. Dr. Josef Honerkamp:
                  Die ganze Wissenschaft entstammt der Philosophie. Wenn dich ein älteres Werk interessiert, so befasse dich mit Bertrand Russel, Philosophie des Abendlandes. Das ist auch 70 Jahre alt, aber ein schönes Buch.

                  Was sich verändert hatte, war also die Methodik. Anstelle von naturphilosophischen Spekulationen, die man allenfalls durch die Gesetze der Logik bewerten konnte, wies Galilei den revolutionären Weg, Theorien so zu entwickeln, dass sie exakte, mathematische Vorhersagen lieferten, die man experimentell überprüfen konnte. Salopp gesagt, hatte man nun, anstelle von Einschätzungen und Meinungen, die Möglichkeit der Berechnung.
                  Dies war ein Paradigmenwechsel in der wissenschaftlichen Arbeitsweise. Stand die Naturphilosophie noch auf einen Bein, steht die Naturwissenschaft nun auf zwei Beinen standfester da. Honerkamp stellt fest:
                  Kopernikus hat auch gerechnet und wurde auch überprüft.
                  Galilei hatte natürlich bessere Möglichkeiten für seine Forschung, indem er z.B. neue Teleskope hatte, mit denen man den Himmel weitaus besser beobachten konnte. Berechnung anzustellen war dabei ein Schritt hin zum modernen Denken, aber noch Newton war auch Naturphilosoph.

                  Im deutschsprachrigen Raum unterscheiden wir meines Wissens zwischen Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften. Laut Wikipedia gehören die Geschichtswissenschaften zu den Geisteswissenschaften.

                  Stimmst Du dieser Auflistung zu? Bist Du Geisteswissenschaftler?
                  Ich habe diese Frage schon beantwortet. Es gibt nur zwei Arten von Wissenschaft: die empirischen und nicht-empirischen.
                  Die klassische Geisteswissenschaft gibt es seit den 1960er Jahren nicht mehr, auch wenn sich der Begriff sich gehalten hat.

                  Heute spricht man von Humanwissenschaften, die in die Naturwissenschaften übergehen.
                  Was wäre denn z.B. ein Verhaltensbiologe, der sich zu menschlichem Verhalten äußert?

                  Oder Psychologen, die im übrigen mehr Mathematik anwenden, als man generell so meint.
                  Republicans hate ducklings!

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