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Diskussion zu "All das vergiss bitte nie"

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    #31
    Joh, vor allen Dingen "wir" - der gute Jack ist ja im Moment der einzige, der da was macht.
    Ich hab zumindest im Moment überhaupt gar keine Zeit..., also Freiwllige ran - wir lesen aber Korrektur.
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      #32
      Kurze Anmerkung zu "17. Januar 1991: Der Zweite Golfkrieg beginnt":

      Die Flugverbotszonen sind, wenn ich mich richtig erinnere, einseitig von den USA, UK und Frankreich eingerichtet worden. Und auch erst nach der Niederschlagung der Aufstände der Schiiten durch die irakische Armee.

      Die Inspektoren wurden 1998 wegen der Angriffe der USA (Operation 'Desert Fox') abgezogen und danach wegen Spionagevorwürfen nicht mehr in den Irak gelassen. Laut von von Sponeck, einem UNO-Diplomaten, der für das Embargo zuständig war, waren die Vorwürfe auch berechtigt.

      Ich verspreche, dass ich auch mal ein paar Beiträge schreibe, die Jack dann zerpflücken kann
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        #33
        Die Aussage mit der Flugverbotszone bezieht sich auf Woykes "Handwörterbucg Internationale Politik" - zugegebenermaßen ist da von Schutzzone die Rede, es könnte also theoretisch auch was anderes gemeint sein. Auswendig weiß ich es ehrlich gesagt nicht so genau, und hatte auch keine Zeit weiter nachzuforschen.
        Zur zweiten Sache: Soweit ich mich erinnere stellte Hussein damals zuerst die Zusammenarbeit mit den Kontrolleuren faktisch ein - juristisch zwar keine Ausweisung, aber von der Bedeutung letztlich das gleiche. "Operation Desert Fox" erfolgte jedenfalls nicht einfach so, während die Inspekteure (unter denen ziemlich definitiv tatsächlich Spione waren) ungehindert liefen, sondern erst nach deren Beendigung. Das das ganze den Plänen der USA vermutlich nicht unbedingt zuwiederlief ist eine andere Frage.

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          #34
          Zu 21. Februar 1848: Das Kommunistische Manifest wird veröffentlicht: http://www.scifi-forum.de/showthread...5&pagenumber=3

          Ich verstehe nicht ganz, wie du erst schreiben kannst:
          Das 1850 auf englisch im Red Republican in London, und 1871 in Amerika erschienene Werk hatte zunächst kaum direkte Auswirkungen
          später aber richtig bemerkst:
          Bis zu seinem Tod 1883 war der Kommunismus eine ernsthafte und mächtige Bewegung in allen Ländern Europas geworden.
          Also die Geschichte der I. und II. Internationale durchaus würdigst.
          Die Revolution in Russland erfüllte jedoch nicht in allem die Vorhersagen von Marx: weder gab es in Russland (in dem erst im Februar der Zar gestürzt worden war) eine Dualismus zwischen Kapital und Arbeiterschaft (die kaum entwickelt waren), noch einen Massenaufstand der Arbeiter.
          Es gab keinen Dualismus zwischen ArbeiterInnen und Kapital? Sorry, schon mal etwas von den Putilow-Werken gehört? Aus was für Leuten bestand die Demo, die zu der russischen Revolution von 1905 führte? Wer dominierte in den Räten, sowohl 1905, als auch 1917? Wer hat die Februar-Revolution durchgeführt?

          Es ist klar, dass in Russland 1917 die Bauern die klare Mehrheit stellten, aber es gab Orte, die komplett industrialisiert waren und in denen der Gegensatz zwischen ArbeiterInnen und Kapitalisten das politische Leben bestimmte, z.B. Petrograd, Moskau ... Warum waren die Bürgerlichen (Kadetten) gegen eine Demokratie? Weil sie vielleicht Angst vor der Arbeiterbewegung hatten? Die Februar-Revolution war ein spontaner Massenaufstand der Arbeiter unterstützt von den Soldaten. Die Oktober-Revolution stützte sich auf die Mehrheit der Bolschewiki und der Linken Sozialrevolutionäre in den Räten. Die ArbeiterInnen von Petrograd und später z.B. in Moskau spielten eine Schlüsselrolle. Dies wird nur anscheinend deswegen gerne vergessen, weil sie in der Mehrheit die Bolschewiki unterstützten.

          und um 1950 lebte ca. die Hälfte der Weltbevölkerung unter sozialistischen Regierungen.
          Bei einer genaueren Untersuchung der Politik dieser Regierungen sollte es doch wohl klar sein, dass diese Regierungen keine sozialistische (und auch keine kommunistische) Politik verfolgt haben. Es ist doch wohl wichtig zwischen der Propaganda der Stalinisten - und der westlichen Antikommunisten- und der Realität zu unterscheiden. Im Ostblock gab es keine sozialistischen Staaten, sondern staatskapitalistische Regime.
          Mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Regime in Osteuropa 1990 bleibt die heftig umstrittene Frage, ob der Kommunismus an systemimmanten Widersprüchen, oder ungünstigen Umständen scheiterte.
          Der Staatskapitalismus ist an systemimmanten Widersprüchen gescheitert. Wie auch im Westen führten die dortigen Herrschenden einen Wechsel zu einer neoliberalen Politik durch (im Westen natürlich ausgehend von einer keynesianistischen), wobei die Ursache u.a. die Stagnationstendenzen der Wirtschaft und dadurch Rückgang in der Wettbewerbsfähigkeit (Technologien)waren.
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            #35
            Original geschrieben von max
            Zu 21. Februar 1848: Das Kommunistische Manifest wird veröffentlicht: http://www.scifi-forum.de/showthread...5&pagenumber=3

            Ich verstehe nicht ganz, wie du erst schreiben kannst:

            später aber richtig bemerkst:
            "direkte Auswirkungen" meint Unmittelbare; soll heißen: Am nächsten Tag war nicht Tagesgespräch: "Oho, hast du schon das Manifest gelesen?". Es entfaltete seine Wirkung eben langfristiger, nicht mit einem "großen Knall", und im Rahmen der ja schon bestehenden sozialistischen Bewegung.
            .
            Es gab keinen Dualismus zwischen ArbeiterInnen und Kapital? Sorry, schon mal etwas von den Putilow-Werken gehört? Aus was für Leuten bestand die Demo, die zu der russischen Revolution von 1905 führte? Wer dominierte in den Räten, sowohl 1905, als auch 1917? Wer hat die Februar-Revolution durchgeführt?
            *seufz* Selbstverständlich wollte ich nicht behaupten, daß es in Russland überhaupt keine Arbeiterschaft oder kein Kapital gegeben hätte. Der Konflikt zwischen ihnen bildete aber keinesfalls die große Struktur der russischen Gesellschaft aus - die war größtenteils argrarisch und feudal geprägt. sie war ohne Zweifel nicht jener "reife Kapitalismus", den Marx als conditio sine qua non der Revolution vorhergesagt hatte. Nicht umsonst gab es im Vorfeld der Oktoberrevolution heftige Auseinandersetzungen zwischen den Bolschewisten unter Lenin, die die sofortige revolutionäre Errichtung des Kommunismus wollten, und den Menschewiki und linken Sozialrevolutionären, die auf der marxschen Geschichtsnotwendigkeit der bürgerlichen Gesellschaft als Entwicklungsfeld des Proletariats bestanden.

            Es ist klar, dass in Russland 1917 die Bauern die klare Mehrheit stellten, aber es gab Orte, die komplett industrialisiert waren und in denen der Gegensatz zwischen ArbeiterInnen und Kapitalisten das politische Leben bestimmte, z.B. Petrograd, Moskau ... Warum waren die Bürgerlichen (Kadetten) gegen eine Demokratie? Weil sie vielleicht Angst vor der Arbeiterbewegung hatten? Die Februar-Revolution war ein spontaner Massenaufstand der Arbeiter unterstützt von den Soldaten. Die Oktober-Revolution stützte sich auf die Mehrheit der Bolschewiki und der Linken Sozialrevolutionäre in den Räten. Die ArbeiterInnen von Petrograd und später z.B. in Moskau spielten eine Schlüsselrolle. Dies wird nur anscheinend deswegen gerne vergessen, weil sie in der Mehrheit die Bolschewiki unterstützten.
            Sicherlich gab es solche Orte - ob sich daraus aber die Legitimität der Herrschaft über einen Flächenstaat mit starken nationalen Minderheiten wie Russland ableiten läßt?
            Ob die Februarrevolution nun primär von Arbeitern geführt und nur von den kriegsmüden Soldaten "gestützt" wurde, und inwieweit auch (etwa die mitgliederstarke Kadettenpartei) bürgerliche daran entscheident beteiligt waren, will ich jetzt nicht unbedingt untersuchen (ist spät und der entsprechende Seminarordner befindet sich am Studienort). Tatsache ist aber, daß der Aufstand v.a. deswegen Erfolg hatte, weil es durch das kollabierende Zarenregime gar keinen ernsthaften Widerstand mehr gab. Die Oktoberrevolution schließlich war - entgegen Eisensteins Film - überhaupt kein Massenaufstand, die Bewohner von Petrograd bekamen davon so gut wie gar nichts mit. Entscheident war auch hier die Auflösung des Gegners, der Provisorischen Regierung, die im Winterpalais nur noch von einigen Kadetten (Offiziersanwärtern, nicht der Partei ) und einem sog. "Amazonenregiment" bewacht wurden. Der Regierungschef konnte vorher fliehen, aber kaum loyale Truppen zur Verteidigung auftreiben. Sicher wurden die Bolschewiki zunächst von der politischen Mehrheit unterstützt, denn die Provisorische Regierung hatte ja auch absolut nichts vernünftiges zustande gebracht. Die Loyalität konnten sich die neuen Machthaber dann auch rel. "leicht" durch die Erfüllung der zwei Elementarforderungen sichern, der Landreform und dem Kriegsaustritt im Diktatfrieden von Brest-Litovsk (hier hatten sie Glück - oder Weitsicht - daß Dtl. den Krieg verlor). Die Auflösung der Konstituante, der Bürgerkrieg und der "Rote Terror" dürfte allerdings schon bald Symphatie gekostet haben. Im übrigen übernahm im Oktober ja nicht "die" Arbeiterbewegung die Herrschaft, sondern nur die Bolschewiki - tlw. in erbitterter Gegnerschaft (auch im Bürgerkrieg) zu Menschewiki und Sozialrevolutionären, die sehr wohl von großen Teilen der Arbeiterschaft unterstützt wurden.

            Bei einer genaueren Untersuchung der Politik dieser Regierungen sollte es doch wohl klar sein, dass diese Regierungen keine sozialistische (und auch keine kommunistische) Politik verfolgt haben. Es ist doch wohl wichtig zwischen der Propaganda der Stalinisten - und der westlichen Antikommunisten- und der Realität zu unterscheiden. Im Ostblock gab es keine sozialistischen Staaten, sondern staatskapitalistische Regime.
            Alle diese Regime beriefen sich aber auf Marx und sein Manifest - und sind in gewisser Weise Folge davon. Ich habe nicht behauptet, daß sie sich auch daran gehalten haben.

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              #36
              Original geschrieben von Jack Crow
              "direkte Auswirkungen" meint Unmittelbare; soll heißen: Am nächsten Tag war nicht Tagesgespräch: "Oho, hast du schon das Manifest gelesen?". Es entfaltete seine Wirkung eben langfristiger, nicht mit einem "großen Knall", und im Rahmen der ja schon bestehenden sozialistischen Bewegung.
              Ok, es ist ja selbstverständlich, dass die sozialistische Arbeiterbewegung nicht innerhalb eines Tages entstand. Aber dies würde ja auch niemand realistisch erwarten. Die direkte Auswirkung war aber genau das Entstehen der sozialistischen Arbeiterbewegung, wobei es schon Vorläuferorganisationen gab und dies ein längerfristiger Prozess als ein paar Tage war.

              Der Konflikt zwischen ihnen bildete aber keinesfalls die große Struktur der russischen Gesellschaft aus - die war größtenteils argrarisch und feudal geprägt. sie war ohne Zweifel nicht jener "reife Kapitalismus", den Marx als conditio sine qua non der Revolution vorhergesagt hatte.
              Russland war sicher damals kein überreifer Kapitalismus. Aber Trotzki hatte bereits nach der Revolution von 1905 die Theorie aufgestellt, dass die Bürgerlichen ein Hindernis für eine demokratische Revolution werden würden und sich mit dem zaristischen Regime verbünden würden, da das Bürgertum selbst zu schwach wäre um den Zarismus zu stürzen. Und sich deshalb mit den Monarchisten und Grossgrundbesitzern gegen die Arbeiterklasse und die Bauern verbünden würde um ihre Privilegien zu schützen. Trotzki forderte deshalb die „permanente Revolution“, also dass die Arbeiterklasse gleich die Macht ergreifen solle und selbst die Demokratisierung durchführen solle. Also die bürgerliche Stufe überspringen solle.
              die auf der marxschen Geschichtsnotwendigkeit der bürgerlichen Gesellschaft als Entwicklungsfeld des Proletariats bestanden.
              Es gab auch im Marxismus eine Weiterentwicklung der Theorien. Und eine davon war eben resultierend aus den Erfahrungen in der Revolution von 1848 und in Russland 1905 die Theorie der permanenten Revolution Trotzkis. Diese stellte zwar ursprünglich eine Minderheitenposition dar, wurde aber durch das Eingreifen Lenins im April 1917 in Russland zu der Mehrheitsposition der Bolschewiki. Stalin war übrigens zeitlebens gegen diese Theorie.

              Angesichts des Versagens der provisorischen Regierung, die sich vor allem auf die Menschewiki stützte, wechselten die Linken Sozialrevolutionäre auf die Seite der Bolschewiki und unterstützten sie im Oktober 1917.

              Tatsache ist aber, daß der Aufstand v.a. deswegen Erfolg hatte, weil es durch das kollabierende Zarenregime gar keinen ernsthaften Widerstand mehr gab.
              Sicher, so ist das eben in Revolutionen. Im übrigen war der Aufstand gegen die provisorische Regierung, das Zarenregime wurde bereits in der Februarrevolution gestürzt. Das Problem der provisorischen Regierung und der Menschewiki war, dass diese zwischen den gesellschaftlichen Gegensätzen aufgerieben wurde. Das „fortschrittliche“ Bürgertum löste sich angesichts der Stärke der Arbeiterbewegung in Nichts auf und lief auf die Seite der monarchistischen Grossgrundbesitzer über. Es gab also niemanden, der eine bürgerliche Republik mehr unterstützte. Die Kadetten unterstützen die Versuche der Konterrevolutionäre, die die Errungenschaften der Februarrevolution wieder rückgängig machen wollten. So z.B. bei dem gescheiterten Putsch Kornilows im August 1917, der vor allem am Widerstand der Bolschewiki und der Linken Sozialrevolutionäre scheiterte. Die provisorische Regierung rührte dagegen fast keinen Finger um sich zu verteidigen. Es ist sicher realistisch anzunehmen, dass wenn Kornilow Erfolg gehabt hätte, das Wort Faschismus russischen und nicht italienischen Ursprungs wäre.

              Die provisorische Regierung war so weder nicht in der Lage die Forderungen der Kadetten zu erfüllen, noch die Forderungen der Arbeiter, Bauern und Soldaten nach „Land, Brot und Frieden“. Genau deshalb verlor sie jeden Rückhalt und die Bolschewiki im Bündnis mit den Linken Sozialrevolutionären konnte eine Mehrheit in den Räten gewinnen. Der Grossteil der Truppen und der Ostseeflotte stellte sich schon vor der Oktoberrevolution auf die Seite der Bolschewiki. Deshalb war der Sturm auf den Winterpalais eigentlich rein symbolisch.

              Den Bolschewiki um Lenin und Trotzki war es von Anfang klar, dass ein Arbeiterstaat nur bei einem Erfolg einer Revolution in einer der imperialistischen Grossmächte überleben würde. Sie setzten deshalb auf eine Revolution in Deutschland. Allerdings scheiterte diese. Deshalb gab es für das verwüstete Russland keine wirtschaftliche Unterstützung. Die Bolschewiki konnten den Bürgerkrieg gewinnen, in dem ein entscheidendes Element war, dass die Bauern nicht zurück wollten, sondern ihr Land behalten wollten. Im Bürgerkrieg gab es damals keinen Mittelweg zwischen den faschistischen Weissen mit ihren Progromen gegen die Juden und den Bolschewiki. Und genau das war das Problem der Menschiwiki, die weiter an die Notwendigkeit einer bürgerlichen Revolution glaubten, die unter diesen Bedingungen vollkommen unrealistisch war.

              Aber in diesem Bürgerkrieg wurde die soziale Basis der Bolschewiki, die Arbeiterklasse, grösstenteils vernichtet. Den Bürgerkrieg überlebte nur die Partei. Diese stand vor dem Problem, wie sie angesichts der internationalen Isolierung das Land entwickeln sollten. Die Wirtschaft war durch den 1. Weltkrieg und den Bürgerkrieg grösstenteils zerstört. Unter diesen Bedingungen setzte sich Stalin durch. Er veränderte die Partei, in dem er zahlreiche Karrieristen und ehemalige zaristische Beamte und Offiziere in die Partei aufnahm (‚Leninaufgebot‘ ). Er führte eine Industrialisierung auf dem Rücken der Bauern und ArbeiterInnen durch. Diese mussten massive Opfer auf sich nehmen, die Stalin nur durch die Errichtung eines Terrorapparates, der Ausschaltung der alten Bolschewiki und der Vernichtung aller Reste der Errungenschaften der Oktoberrevolution durchsetzen konnte.

              Stalin führte also eine Konterrevolution durch. Er machte damit eine kapitalistische Entwicklung in Russland möglich, die angesichts der historischen Ereignisse und der Schwäche des Bürgertums die besondere Form des Staatskapitalismus annahm. Dabei behielt er die Teile der marxistischen Rhetorik bei, kehrte sie aber in ihr Gegenteil um. Diese Form der auf den Staat gestützten Industrialisierung übernahmen nach den 2. Weltkrieg viele Staaten (z.B. in Afrika), die aber deshalb nicht sozialistisch waren.
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                #37
                Original geschrieben von max
                [B]
                Russland war sicher damals kein überreifer Kapitalismus. Aber Trotzki hatte bereits nach der Revolution von 1905 die Theorie aufgestellt, dass die Bürgerlichen ein Hindernis für eine demokratische Revolution werden würden und sich mit dem zaristischen Regime verbünden würden, da das Bürgertum selbst zu schwach wäre um den Zarismus zu stürzen. Und sich deshalb mit den Monarchisten und Grossgrundbesitzern gegen die Arbeiterklasse und die Bauern verbünden würde um ihre Privilegien zu schützen. Trotzki forderte deshalb die „permanente Revolution“, also dass die Arbeiterklasse gleich die Macht ergreifen solle und selbst die Demokratisierung durchführen solle. Also die bürgerliche Stufe überspringen solle.

                Es gab auch im Marxismus eine Weiterentwicklung der Theorien. Und eine davon war eben resultierend aus den Erfahrungen in der Revolution von 1848 und in Russland 1905 die Theorie der permanenten Revolution Trotzkis. Diese stellte zwar ursprünglich eine Minderheitenposition dar, wurde aber durch das Eingreifen Lenins im April 1917 in Russland zu der Mehrheitsposition der Bolschewiki. Stalin war übrigens zeitlebens gegen diese Theorie.
                Ja, das ist mir schon klar. Der Artikel bezog sich ja aber auf das Manifest, und da steht eben was anderes drin. Zitat aus dem "Remember":
                Die Revolution in Russland erfüllte jedoch nicht in allem die Vorhersagen von Marx
                Nur darum ging es mir dabei.

                Im übrigen war der Aufstand gegen die provisorische Regierung, das Zarenregime wurde bereits in der Februarrevolution gestürzt.
                Äh, ja, sicher:
                Ob die Februarrevolution nun primär von Arbeitern geführt und nur von den kriegsmüden Soldaten "gestützt" wurde, und inwieweit auch (etwa die mitgliederstarke Kadettenpartei) bürgerliche daran entscheident beteiligt waren, will ich jetzt nicht unbedingt untersuchen (ist spät und der entsprechende Seminarordner befindet sich am Studienort). Tatsache ist aber, daß der Aufstand v.a. deswegen Erfolg hatte, weil es durch das kollabierende Zarenregime gar keinen ernsthaften Widerstand mehr gab.


                Das Problem der provisorischen Regierung und der Menschewiki war, dass diese zwischen den gesellschaftlichen Gegensätzen aufgerieben wurde. Das „fortschrittliche“ Bürgertum löste sich angesichts der Stärke der Arbeiterbewegung in Nichts auf und lief auf die Seite der monarchistischen Grossgrundbesitzer über. Es gab also niemanden, der eine bürgerliche Republik mehr unterstützte. Die Kadetten unterstützen die Versuche der Konterrevolutionäre, die die Errungenschaften der Februarrevolution wieder rückgängig machen wollten. So z.B. bei dem gescheiterten Putsch Kornilows im August 1917, der vor allem am Widerstand der Bolschewiki und der Linken Sozialrevolutionäre scheiterte. Die provisorische Regierung rührte dagegen fast keinen Finger um sich zu verteidigen. Es ist sicher realistisch anzunehmen, dass wenn Kornilow Erfolg gehabt hätte, das Wort Faschismus russischen und nicht italienischen Ursprungs wäre.

                Die provisorische Regierung war so weder nicht in der Lage die Forderungen der Kadetten zu erfüllen, noch die Forderungen der Arbeiter, Bauern und Soldaten nach „Land, Brot und Frieden“. Genau deshalb verlor sie jeden Rückhalt und die Bolschewiki im Bündnis mit den Linken Sozialrevolutionären konnte eine Mehrheit in den Räten gewinnen. Der Grossteil der Truppen und der Ostseeflotte stellte sich schon vor der Oktoberrevolution auf die Seite der Bolschewiki. Deshalb war der Sturm auf den Winterpalais eigentlich rein symbolisch.

                Den Bolschewiki um Lenin und Trotzki war es von Anfang klar, dass ein Arbeiterstaat nur bei einem Erfolg einer Revolution in einer der imperialistischen Grossmächte überleben würde. Sie setzten deshalb auf eine Revolution in Deutschland. Allerdings scheiterte diese. Deshalb gab es für das verwüstete Russland keine wirtschaftliche Unterstützung. Die Bolschewiki konnten den Bürgerkrieg gewinnen, in dem ein entscheidendes Element war, dass die Bauern nicht zurück wollten, sondern ihr Land behalten wollten. Im Bürgerkrieg gab es damals keinen Mittelweg zwischen den faschistischen Weissen mit ihren Progromen gegen die Juden und den Bolschewiki. Und genau das war das Problem der Menschiwiki, die weiter an die Notwendigkeit einer bürgerlichen Revolution glaubten, die unter diesen Bedingungen vollkommen unrealistisch war.

                Aber in diesem Bürgerkrieg wurde die soziale Basis der Bolschewiki, die Arbeiterklasse, grösstenteils vernichtet. Den Bürgerkrieg überlebte nur die Partei. Diese stand vor dem Problem, wie sie angesichts der internationalen Isolierung das Land entwickeln sollten. Die Wirtschaft war durch den 1. Weltkrieg und den Bürgerkrieg grösstenteils zerstört.
                Dem kann ich mich im großen und ganzen anschließen. Es gab allerdings im Bürgerkrieg durchaus Leute, v.a. verarmte Bauern, die sich als "Grüne" ihren eigenen Mittelweg des Überlebens suchten...
                Auch würde ich die extrem heterogenen "Weißen" nicht unbedingt pauschal als faschistisch kennzeichnen.

                Unter diesen Bedingungen setzte sich Stalin durch. Er veränderte die Partei, in dem er zahlreiche Karrieristen und ehemalige zaristische Beamte und Offiziere in die Partei aufnahm (‚Leninaufgebot‘ ). Er führte eine Industrialisierung auf dem Rücken der Bauern und ArbeiterInnen durch. Diese mussten massive Opfer auf sich nehmen, die Stalin nur durch die Errichtung eines Terrorapparates, der Ausschaltung der alten Bolschewiki und der Vernichtung aller Reste der Errungenschaften der Oktoberrevolution durchsetzen konnte.

                Stalin führte also eine Konterrevolution durch. Er machte damit eine kapitalistische Entwicklung in Russland möglich, die angesichts der historischen Ereignisse und der Schwäche des Bürgertums die besondere Form des Staatskapitalismus annahm. Dabei behielt er die Teile der marxistischen Rhetorik bei, kehrte sie aber in ihr Gegenteil um. Diese Form der auf den Staat gestützten Industrialisierung übernahmen nach den 2. Weltkrieg viele Staaten (z.B. in Afrika), die aber deshalb nicht sozialistisch waren.
                Stalin allein die Verantwortung für den Weg der Sowjetunion zuzuschieben greift m.E. dann doch ein wenig zu kurz. Anti-Demokratische (auch im sozialistischen Sinne) Tendenzen gab es weit vorher, ebenso den "Roten Terror" und die Tscheka. Mann muss nicht auf Richard Pipes zurückgreifen, um zuzugeben, daß auch Lenin nicht gerade zimperlich in der Wahl seiner Rhetorik und Mittel war. Beispielhaft sei der "Kriegskommunismus" und die Niederschlagung des Kronstadt-Aufstandes erwähnt, beides vor Stalin.

                Kommentar


                  #38
                  Original geschrieben von Jack Crow
                  Es gab allerdings im Bürgerkrieg durchaus Leute, v.a. verarmte Bauern, die sich als "Grüne" ihren eigenen Mittelweg des Überlebens suchten...
                  Sicher gab es Machno & Co. Dieser kämpfte abwechselnd gegen die Bolschewiki und die Weissen. Seine Art von Kriegsführung würde ich aber auch nicht als demokratisches und humanes Vorbild darstellen.
                  Auch würde ich die extrem heterogenen "Weißen" nicht unbedingt pauschal als faschistisch kennzeichnen.
                  Anfangs waren sie sicher heterogen. Aber charakteristisch ist wohl das Ende der Gegenregierung der Menschewiki und der Rechten Sozialrevolitionäre in Samara (KOMUCH). Diese verboten erst die demokratisch gewählten Soviets und gaben die Banken und Konzerne an die früheren Besitzer zurück. Ihr Armeehauptquartier wurde zu einer Hochburg der rechten Offiziere (erinnert etwas an die Freikorps, die von der SPD aufgestellt wurden und später die Basis für die Nazis bildeten). Auf Druck durch die Alliierten fusionierte KOMUCH mit einer zweiten weissen Gegenregierung in Omsk. Sie bildeten ein fünfköpfiges Direktorium und beanspruchten für sich die provisorische Regierung von Russland zu sein, besassen aber keinerlei demokratische Legitimation. Diese Regierung wurde aber kurz darauf von Admiral Kolchak mit Unterstützung des britischen General Knox gestürzt. Von da an bestimmten die faschistischen Kräfte die Politik der Weissen.
                  Stalin allein die Verantwortung für den Weg der Sowjetunion zuzuschieben greift m.E. dann doch ein wenig zu kurz. Anti-Demokratische (auch im sozialistischen Sinne) Tendenzen gab es weit vorher, ebenso den "Roten Terror" und die Tscheka.
                  Es stimmt, dass während des Bürgerkriegs, an dem 300 000 französische, britische, US-amerikanische, italienische, japanische, deutsche, polnische, griechische, finnische, tschechische, slowakische, estnische und lettische Truppen teilnahmen, anti-demokratische Tendenzen auf bolschewistischer Seite aufkamen. So z.B. die Beschlagnahmung von Getreide für die hungernde Stadtbevölkerung und die Rote Armee. Diese Massnahmen waren aber nicht ein Produkt der kommunistischen Ideologie, sondern wurden als notwendig für die Zeit des Krieges erachtet. Sie waren teilweise mehr als problematisch, nicht nur weil die Bolschewiki dadurch viele Sympathien bei den Bauern dadurch verloren.

                  Die Massnahmen der Bolschweki bereiteten aber nicht automatisch den Weg für Stalin, obwohl sie seine Konterrevolution erleichterten. Die Bolschewiki versuchten angesichts der Bedrohung durch die Weissen und die alliierten Truppen, sowie der katastrophalen wirtschaftlichen Lage die Revolution so lange am Leben zu lassen, bis Unterstützung von aussen kommen würde. Diese kam aber nie, was mit dem Scheitern (besser Tatenlosigkeit) der KPD im Oktober 1923 klar wurde.

                  Stalin dagegen kämpfte nicht für den Erhalt der Errungenschaften der Revolution, sondern er zerstörte diese. Er stellte die Theorie von ‚Sozialismus in einem Land‘ auf, die im krassen Gegensatz zum Marxismus steht. Stalin brach in fast jedem Punkt mit den Bolschewiki. Das geht von dem Ersatz einer internationalistischen Perspektive durch grossrussischen Nationalismus, über die Wiedereinführung von Privilegien für Offiziere, den Ersatz von Fabrikkomitees durch hoch-bezahlte Manager zur Abschaffung der Reformen gegen den Sexismus und die Förderung einer streng-konservativen Familien- und Sexualmoral. Es gab auch fast keine personelle Kontinuität. Alle Mitglieder des Politbüros von 1917 bis auf Stalin, die nicht in den frühen 20ern eines natürlichen Todes starben, wurden ermordet. Etwa 50% der Parteimitglieder, die im Bürgerkrieg kämpften, wurden getötet, verhungerten oder starben an Seuchen. Dies ermöglichte Stalin sie durch Karrieristen zu ersetzen und den Charakter der Partei grundlegend zu wandeln.

                  Stalin ordnete auch die III. Internationale seiner Aussenpolitik unter. Er unterstützte nicht mehr die Revolutionäre, sondern wie in China und Spanien die Bürgerlichen. Die spanische Revolution z.B. versuchte er in bürgerlich-demokratische Fahrwasser zu lenken, wofür er die Revolutionäre brutal unterdrückte. Sein Ziel war damals Frankreich und Grossbritannien nicht zu verprellen um mit ihnen ein Bündnis gegen Hitler aufzustellen. Diese scheiterte aber bekanntlich, worauf der Hitler-Stalin-Pakt geschlossen wurde. Spätestens dies hätte dem letzten klar machen sollen auf welcher Seite Stalin steht.

                  P.S. entschuldige die Erbsenzählerei mit dem Sturz des Zarenregimes, ich wollte nur darauf aufmerksam machen, weil der von mir zitierte Abschnitt irreführend sein könnte.
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                  Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
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                  Kommentar


                    #39
                    Original geschrieben von max
                    Sicher gab es Machno & Co. Dieser kämpfte abwechselnd gegen die Bolschewiki und die Weissen. Seine Art von Kriegsführung würde ich aber auch nicht als demokratisches und humanes Vorbild darstellen.
                    Welche Kriegsführung ist das schon

                    Es stimmt, dass während des Bürgerkriegs, an dem 300 000 französische, britische, US-amerikanische, italienische, japanische, deutsche, polnische, griechische, finnische, tschechische, slowakische, estnische und lettische Truppen teilnahmen, anti-demokratische Tendenzen auf bolschewistischer Seite aufkamen. So z.B. die Beschlagnahmung von Getreide für die hungernde Stadtbevölkerung und die Rote Armee. Diese Massnahmen waren aber nicht ein Produkt der kommunistischen Ideologie, sondern wurden als notwendig für die Zeit des Krieges erachtet. Sie waren teilweise mehr als problematisch, nicht nur weil die Bolschewiki dadurch viele Sympathien bei den Bauern dadurch verloren.
                    Nun ja, natürlich war in der Ideologie nicht vorgesehen sich wie im 30jährigen Krieg zu verhalten. Es ist ja klar daß sich die Rote Armee "versorgen" musste, aber hungern mussten nun halt die Bauern. Zudem beschränkten sich die antidemokratischen Verhaltensweisen ja nicht nur auf den Kriegskommunismus, der nach dem Wahlspruch "der Zweck heiligt die Mittel" vorging, sondern enthielten auch die Auflösung der gewählten Konstituante, die Erichtung einer sich selbst zur "Avantgarde" erkorenen Einparteienherrschaft ohne Oppositionsrecht, eines Terrorapparates zur Sicherung dieser Machtstellung, und die Inanspruchnahme der Alleinvertretung der Arbeiterklasse. Essentielle demokratische Elemente wie sie als Reaktion auf die Oktoberrevolution etwa der "demokratische Sozialismus" in Deutschland zum Programm erhob (Bürgerrechte, Meinungspluralismus, freie und gleiche Wahlen), wurden von den Bolschewisten nie propagiert. Schon Lenin ließ massiv politische Gegner verhaften und in Lager sperren. Stalin wandte dann diese Maßnahmen auch auf die Partei selbst an, um sie seiner Kontrolle zu unterwerfen.
                    Um eins klarzustellen, es besteht kein Zweifel, daß Stalin ein schlimmer Diktator war und die emanzipatorischen Ansätze der Revolution endgültig zum Teufel warf, ebensowenig darüber, daß die Umstände sicherlich wenig hilfreich für eine erfolgreiche sozialistische Gesellschaftsordnung waren (wobei der notwendige Bürgerkrieg im Bewußtsein der Bolschewisten selbst fest verankert war). Dennoch kann nicht übersehen werden, daß die Oktoberrevolution faktisch den Charakter eines Putsches hatte, der (trotz sicherlich vorhandener gesellschaftlicher Unterstützung) zunächst auf Machtsicherung ausgelegt war. Das mag in weiten Teilen am "schwächsten Glied der Kette" gelegen haben, nichtsdestotrotz war auch die Herrschaft Lenins eine autokratische und undemokratische.

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                      #40
                      Original geschrieben von Jack Crow
                      Dennoch kann nicht übersehen werden, daß die Oktoberrevolution faktisch den Charakter eines Putsches hatte, der (trotz sicherlich vorhandener gesellschaftlicher Unterstützung) zunächst auf Machtsicherung ausgelegt war
                      Es mag eine heute weit verbreitete Ansicht sein, dass die Oktoberrevolution ein Putsch war. 1917 waren aber selbst die Gegner der Bolschewiki anderer Meinung. Der bekannte Menschewik Suchanow schrieb:
                      Von militärischer Verschwörung statt von nationalen Aufstand zu reden, als der Partei die überwältigende Macht und Autorität erobert hatte – war ganz klar absurd. Seitens der Gegner der Bolschewiki war es eine bösartige Absurdität, aber seitens der ‚alten Freunde‘ [Sinojew, Kamenew] eine der Panik entspringenede Verwirrung. In diesem Punkt hatte Lenin recht ...
                      Martow, der Führer der linken Fraktion der Menschewiki-Internationalisten:
                      Verstehen Sie bitte, vor uns haben wir letztendlich einen siegreichen Aufstand des Proletariats – fast das gesamte Proletariat unterstützt Lenin und erwartet von dem Aufstand die soziale Befreiung.
                      Die Menschewiki und die Rechten Sozialrevolutionäre (RSR) verloren in dem Umfang politische Unterstützung, in dem die Bolschewiki und die Linken Sozialrevolutionäre (LSR) an Unterstützung gewannen. Nach der Abwehr des Kornilow-Putsches wurde Trotzki am 8.9.1917 zum Vorsitzenden des Petrograder Sowjets gewählt. Der Anteil der Bolschewiki bei den Wahlen zum gesamtrussischen Kongress der Sowjets stieg von 13% am 1.6.1917 auf 51% am 12.10.17. Bei den Wahlen im Jahre 1918 stieg der Anteil auf über 60%.

                      Es bildete sich vor dem Sturz der provisorischen Regierung eine Doppelherrschaft aus. Die provisorische Regierung auf der einen Seite, die sich zuletzt nur noch auf die Rechte und die schrumpfenden gemässigten Sozialisten stützen konnte. Sie war für eine bürgerliche Demokratie, die Fortführung des Krieges und eine kapitalistische Gesellschaft. Auf der anderen Seite waren die Sowjets, in denen im Oktober 1917 die Bolschwiki und die LSR dominierten. Die Mehrheit der Arbeiter, der Bauern und der Soldaten war für die Rätedemokratie (‚Alle Macht den Sowjets‘ ). Unter diesen Bedingungen war der Sturz der nicht-gewählten provisorischen Regierungen durch die gewählten Räte kein Putsch sondern die Ausführung des Willens der Mehrheit der russischen Bevölkerung.
                      Original geschrieben von Jack Crow
                      Zudem beschränkten sich die antidemokratischen Verhaltensweisen ja nicht nur auf den Kriegskommunismus, der nach dem Wahlspruch "der Zweck heiligt die Mittel" vorging, sondern enthielten auch die Auflösung der gewählten Konstituante, die Erichtung einer sich selbst zur "Avantgarde" erkorenen Einparteienherrschaft ohne Oppositionsrecht, eines Terrorapparates zur Sicherung dieser Machtstellung, und die Inanspruchnahme der Alleinvertretung der Arbeiterklasse.
                      Die Bolschewiki vertraten die klare Mehrheit der Arbeiterklasse. Die Menschewiki hatten die Anfang 1917 grosse Unterstützung, wie in den Wahlen zu den Sowjets auch deutlich wurde, fast komplett eingebüsst. Die Bolschewiki regierten Anfangs gemeinsam mit den LSR, die die Mehrheit der Bauern vertraten.

                      Von den Delegierten des 2. allrussischen Kongress der Sowjets waren 75% für ‚Alle Macht den Räten‘. Sie stimmten also gegen eine parlamentarische Demokratie, also gegen die Konstituierte Versammlung und für eine Rätedemokratie. Vor der Oktoberrevolution zögerte die Menschewiki, RSR und Kadetten die Wahlen heraus. Nach der Oktoberrevolution versuchten sie die Konstituierte Versammlung zu nutzen um die verlorene Macht zurückzuhalten, wie auch später in Deutschland wurde sie zum Sammelpunkt für die Konterrevolution. Sogar Kongresse der Sozialrevolutionäre (damals noch nicht gespalten) hatten zuvor für die Rätedemokratie gestimmt. Die Wahlbeteiligung war sehr gering, in manchen Teilen Russlands fanden kein Wahlen statt. Die Sozialrevolutionäre gingen mit 38% der Stimmen als stärkste Fraktion aus den Wahlen hervor, wobei die RSR überrepräsentiert waren, da viele Wahllisten vor der Spaltung aufgestellt wurden. Da wo es getrennte Listen gab, dominierte klar die LSR. Die Bolschewiki bekamen 24%, die Menschewiki 3%, die Kadetten 5% und die nationalistischen Parteien der unterdrückten Minderheiten zusammen 24% (15% davon Sozialisten). Diese Ergebnisse zeigten aber nicht die wahren Machtverhältnisse, diese durch die Ergebnissen für die Wahlen zu den Sowjets deutlich wurden. Gegen die Auflösung der Versammlung gab es keine nennenswerten Proteste in Russland (aber um so mehr im Ausland).

                      Der Ereignisse des Bürgerkriegs können nicht ohne Betrachtung der wirtschaftlichen Umstände und des Weissen Terrors bewertet werden. Die Wirtschaft wurde durch den Krieg schon stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Besetzung der Ukraine durch die Deutschen bedeutete den Verlust der Hauptnahrungsquellen. Der Bürgerkrieg verschlimmerte die Situation noch einmal drastisch. Der Rote Terror entstand unter dem Eindruck des Terrors der Weissen in Finnland. Wie die Massaker an Sozialisten, nationalen Minderheiten und Juden in den Gebieten der Weissen zeigten, musste der Bürgerkrieg gewonnen werden. General Kornilow machte die Perspektive der Weissen klar:
                      Je grösser der Terror, desto grösser die Siege. Wir müssen Russland retten, selbst wenn wir die Hälfte davon in Brand stecken und das Blut drei Vierteln aller Russen vergiessen müssen!
                      Die Situation eskalierte weiter als die Sozialrevolutionäre wieder zu ihren alten terroristischen Methoden der Zeit der Narodniki zurückfanden und sie gegen die Bolschewiki verwendeten. Der Bürgerkrieg führte zu einer totalen Verrohung aller Parteien. Durch die Beschlagnahmung von Getreide nahmen die Konflikte zwischen den Bauern (und ihren kleinbürgerlichen politischen Vertretern) und den Bolschewiki zu, die ihren Höhepunkt im dem Aufstand der Matrosen in Kronstadt fanden.

                      Den Bürgerkrieg gewannen zwar die Bolschewiki, obwohl die Weissen von allen damaligen Grossmächten militärisch unterstützt wurden, es blieb aber von der Revolution nur noch die Partei an der Regierung übrig. Oppositionelle Gruppierungen in der Partei existierten noch (z.B. die Arbeiteropposition). In den Bolschewiki dominierten aber nicht mehr die alten Revolutionäre, sondern Bürokraten um Stalin. Lenin forderte zwar die Entmachtung Stalins, konnte sie aber bis zu seinem Tod nicht mehr durchsetzen. Die ‚Linke Opposition‘ um Trotzki nahm 1923 den Kampf (eher zu spät) auf und forderte innerparteiliche Demokratie, Kontrolle der Betriebe durch gewählte Räte, rasche Industrialisierung, ein Bündnis mit den Bauern und die internationale Ausweitung der Revolution. Sie wurde aber von Stalin vernichtet, der Grossteil der Aktivisten wurde ermordet oder mussten ins Exil. Stalin musste die alten Bolschewiki vernichten um seine Konterrevolution durchzusetzen.
                      Original geschrieben von Jack Crow
                      wobei der notwendige Bürgerkrieg im Bewußtsein der Bolschewisten selbst fest verankert war
                      Die Bolschewiki hatten angenommen, dass Sozialismus nur durch eine Revolution erreicht werden kann. Sie waren sich im klaren, dass die Kapitalisten und Grossgrundbesitzer sich nicht freiwillig einer demokratischen Mehrheit beugen würden. Die Menschewiki (und die anderen Parteien der II. Internationale wie die SPD) meinten, dass Sozialismus durch parlamentarische Reformen graduell eingeführt werden könne und dass die bürgerliche Revolution ein essentieller Schritt dahin sei. Die Geschichte zeigt deutlich, dass Plechanow, Kautsky und Bernstein sich geirrt hatten. Dieser Irrtum führte dazu, dass die Menschewiki und die SPD die brutale Unterdrückung der Revolutionäre organisierten (in Deutschland leider erfolgreich). Ihr Eintreten für eine graduellen Weg machte sie zu Verteidigern des Kapitalismus und zu Verfechtern des Bürgerkriegs gegen die Revolution.
                      Resistance is fertile
                      Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
                      The only general I like is called strike

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                        #41
                        Ich weiß nicht, warum mir das nicht schon Freitag aufgefallen ist, aber ist das nicht Octavianus, genannt der Erhabene ("Augustus") und nicht sein Adoptivvater Gaius Iulius Caesar?
                        »We do sincerely hope you'll all enjoy the show, and please remember people, that no matter who you are, and what you do to live, thrive and survive, there are still some things that make us all the same. You, me, them, everybody!«

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                          #42
                          Laut "google" und Dateiname ist das Cäsar - aber stimmt, klassischeweise ist der Hakennasiger...ich such noch mal ein besseres raus...

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                            #43
                            Naja, vermutlich wird Augustus auch Caesar u. Imperator (genannt) worden sein...

                            Den Dateinamen würde ich also nicht überinterpretieren...

                            Und vor allem hat Caesar eigentlich auf keiner Darstellung soviele Haare
                            »We do sincerely hope you'll all enjoy the show, and please remember people, that no matter who you are, and what you do to live, thrive and survive, there are still some things that make us all the same. You, me, them, everybody!«

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                              #44
                              Ist natürlich formell richtig, daß mit dem Titel, aber im Allgemeinen wird in 99% er Fälle mit "Cäsar" schon Gaius Julius gemeint sein...Hab nochmal geguckt und jetzt zwei bessere Bilder eingefügt.

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                                #45
                                1.) Vielleicht könnte einer der Mods mal den Link im eigentlichen Thread anpassen, da steht noch die Studentencity Adressse drin und das gibt zumindest bei mir ne dicke Fehlermeldung Danke.

                                2.) Fällt mir nicht erst seit heute auf, aber warum sind eigentlich 99,9 % der Meldungen reine Katastrophen? Gab es in 7.000 Jahren Geschichte keine positiven Ereignisse an die man sich erinnern kann?
                                Ja, ich weiß, wenn ich sowas anspreche, dann sollte ich vielleicht Beispiele bringen, aber da sitzt ein RIESEN Schweinehund davor Mal schauen ob der sich mit nem Kottelett bestechen lässt
                                »We do sincerely hope you'll all enjoy the show, and please remember people, that no matter who you are, and what you do to live, thrive and survive, there are still some things that make us all the same. You, me, them, everybody!«

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