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Irak außer Kontrolle

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    #61
    Also ich habe jetzt nicht alles gelesen, weil es viel und nun schon spät ist, aber wer sind wir eigentlich, dass wir uns anmaßen, da unten Regierungen installieren zu wollen, die uns gefällig und unterwürfig sind?
    Genau diese Haltung hat erst zu diesem Konflikt geführt und mit den Rezepten, die gestern gescheitert sind, kann man morgen keine Zukunft aufbauen.
    Ganz abgesehen davon, dass uns das nicht zusteht.
    Denn dort im Irak leben Menschen mit denselben Rechten und sicherlich auch mit derselben Intelligenz. Das sind keine Heloten, die man nach Belieben behandeln kann.

    Lucky und ich haben schon mal drauf hingewiesen, dass man die arabischen Staaten hätte involvieren müssen - so Ägypten z.B.. Es hat auch nichts mit Schadenfreude zu tun, wenn man sagt, dass die Politik, die zu dem Krieg geführt hat, falsch war und ist - sie dauert ja immer noch an. Und diese Kritik lässt sich auch nicht mit Freude über die Toten etc. übersetzen: wer dieses unterstellt, ist nur unwillig, sich mit dem Gehalt der Kritik auseinanderzusetzen und schiebt ein erfundenes moralisches Argument vor, um es auch nicht tun zu müssen.

    Ich halte nichts von einem Rückzug in der jetzigen Situation, aber von der "jetzt wird aufgeräumt" Tatik von Bremer oder der "wir haben kein Problem" Masche halte ich auch nichts. Wenn ich nicht in der Lage bin, MIT der Bevölkerung zu regieren (wozu mich die demokratischen Grundregeln zwingen ) und nicht in der Lage bin, GEGEN sie zu regieren, dann muss ich jemanden suchen, der das kann.
    Wieso setzt sich Bush nicht mit den Arabern (und der Uno) zusammen? Zeigten die arabischen Staaten keine große Solidarität mit den USA nach dem 11.9.? Ach ja, weil er gerne eine gefällige und unterwürfige Regierung installieren möchte, womit ich wieder beim Anfang meines Beitrages wäre...
    Republicans hate ducklings!

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      #62
      Erstmal vorneweg - natürlich kann man mit den arabischen Staaten, wie z.B. Saudi-Arabien vernünftig reden und muss als westlicher Staat nicht auf Konfrontation mit denen gehen, aber das es sich bei den Saudis, wie bei eigentlich ausnahmslos allen arabischen Staaten um, in welchem Maße auch immer, Unrechtsstaaten handelt brauche ich hoffentlich nicht erwähnen. Ich finde es natürlich auch beschämend, wenn unsere Regierung mit diesen reaktionären Kerlen Geschäfte macht und wenn's nach mir ginge, würde ich das schon gestern beenden.

      Des Weiteren kann ich den "Optimismus" unserer selbsternannten "Demokraten" nicht verstehen. So traurig es ist... aber Demokratie lässt sich nicht durch Demokratie herstellen, vor allem in einem Land, dass damit einfach keine richtige Erfahrung hat. In Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg haben wir unsere demokratische Grundordnung auch nicht bekommen, weil uns die Alliierten einfach gleich alle Rechte in die Hand gedrückt haben und dann abgezogen sind, sondern weil sie mit starker und lenkender Hand durchgegriffen haben, bis die Zeit reif war. Dazu gehörte auch, Teile der demokratische Prinzipien und Rechte auszusetzen und erst nach und nach wieder zu etablieren.
      Genau dasselbe fordere ich auch für den Irak. Es herrscht Kriegsrecht. Und das mit gutem Grund, da kann ich den Menschen dort einfach nicht alle ihre Rechte gleich zugestehen... sie würden eh nicht damit zurecht kommen, da sie zu lange unterdrückt wurden und genauso wie z.B. wir Deutschen nicht bereit sind, ihnen das Verständnis von Demokratie fehlt, so wie wir es heute haben. Deshalb muss man hart aber herzlich vorgehen und darf ihnen ihre volle Souveränität und demokratischen Rechte im Zuge eines Lern-, Aufbau- und Gewöhnungsprozesses erst langsam zugestehen.

      Ansonsten sieht man ja was passiert: Aufstände, Revolten ... Bürgerkrieg und am Ende ein weiterer Mullahstaat.

      Okay, vielleicht geht bei manchen das Selbstbestimmungsrecht der Völker so weit, dass die Iraker ja das "demokratische, freiheitliche" Recht auf IHREN Mullahstaat haben... bei mir nicht. Weil es genug Menschen im Irak und auch allen anderen "freiwilligen Diktaturen" gibt, die sich nicht wehren können und weil diese achso regierungsfähigen Menschen sich die Vernichtung von mir, dir, uns allen auf die Fahnen geschrieben haben und spätestens, wenn wieder ein Zug explodiert, ein Flugzeug abstürzt oder gar ein Kernkraftwerk hochgeht, ist Schluss mit lustig. Wir haben in diesem Sinne ein recht irgendwelchen Staaten etwas zu diktieren, da deren Verhalten uns direkt betrifft... und ich glaube einfach, dass unsere Regierungsformen einfach das beste ist, was die Menschheit bis jetzt hervorgebracht hat und man - wenn man schon dort ist - ihnen auch diese Regierungs- und Gesellschaftsformen näher bringen sollte.
      Aber wenn man meint, dass das in arabischen Ländern nicht geht - weil es "der Kultur widerspricht" und wir auch kein Recht dazu haben, dann gibt man einerseits zu, dass aber die Araber das (selbstbestimmte) Recht haben uns zu vernichten, und das Araber/Moslems im Allgemeinen wohl nicht zu Demokratie in der Lage sind. Beides möchte ich verneinen und mitunter deswegen sind die Koalitionstruppen da unten. (Mal abgesehen vom Öl, Wahlkampf, usw... das streite ich ja nicht ab, aber es nicht alles so schwarz-Weiß)

      Im Irak und allgemein gegen den islamistischen Fundamentalismus funktioniert es einfach nicht, die Menschen einfach mit allen Freiheiten und Rechten zu überschütten, wenn sie mit den dazugehörigen Pflichten nicht umgehen können. Hier muss man mit dem berühmten Zuckerbrot und der Peitsche arbeiten.
      Ekelhafte Doppelmoral die der Demokratie widerspricht ist das nicht. Das ist einfach eine Portion gesunder Menschenverstand und Realismus. Demokratie und Freiheit kann man Menschen nicht einfach geben. Sie müssen es lernen, notfalls leider mit (Nach-)Druck. Mag sein, dass die Amerikaner und wir Europäer nicht die perfekten Vorbilder dafür sind, aber was Besseres gibt es nun mal leider nicht auf dieser unperfekten Welt.
      Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
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        #63
        Zitat von Harmakhis

        Des Weiteren kann ich den "Optimismus" unserer selbsternannten "Demokraten" nicht verstehen. So traurig es ist... aber Demokratie lässt sich nicht durch Demokratie herstellen, vor allem in einem Land, dass damit einfach keine richtige Erfahrung hat. In Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg haben wir unsere demokratische Grundordnung auch nicht bekommen, weil uns die Alliierten einfach gleich alle Rechte in die Hand gedrückt haben und dann abgezogen sind, sondern weil sie mit starker und lenkender Hand durchgegriffen haben, bis die Zeit reif war. Dazu gehörte auch, Teile der demokratische Prinzipien und Rechte auszusetzen und erst nach und nach wieder zu etablieren.
        Genau dasselbe fordere ich auch für den Irak. Es herrscht Kriegsrecht. Und das mit gutem Grund, da kann ich den Menschen dort einfach nicht alle ihre Rechte gleich zugestehen... sie würden eh nicht damit zurecht kommen, da sie zu lange unterdrückt wurden und genauso wie z.B. wir Deutschen nicht bereit sind, ihnen das Verständnis von Demokratie fehlt, so wie wir es heute haben. Deshalb muss man hart aber herzlich vorgehen und darf ihnen ihre volle Souveränität und demokratischen Rechte im Zuge eines Lern-, Aufbau- und Gewöhnungsprozesses erst langsam zugestehen.
        Das is alles nicht ganz richtig. Demokratie war damals kein Fremdwort und es gab auch viele Demokraten in Deutschland. 1945 hatten in allen größeren deutschen Städten sogenannte Antifaschistische Ausschüsse, Demokratisch gesinnte Deutsche!,die Grundversorgung der Städte übernommen. Sie wurden durch die Alliierten wieder aufgelöst, was zum Versorgungschaos führte, weil nun unerfahrene US Offiziere die Versorgung übernehmen sollten, Paralellen zum Irak sind erkennbar.
        Demokraten gibt es im Irak auch, aber die Besatzungspolitik treibt auch die eigentlich unpoitischen Irakis in die Hände der Fundamentalisten. Wie endar schon sagte, ist es ein großer Irrtum zu Glauben, gerade die stolzen Araber zur Demokratie zwingen zu können.
        Wenn man mit undemokratischen Mitteln Zwang ausübt, wird daraus keine Demokratie enstehen. Wenn man den Irakis nicht zeigt, was Demokratie bedeutet, nämlich, dass sie wählen dürfen, welche Verfassung, ob nun islamisch oder pro westlich, sie haben werden, werden sie weiter radikalisiert werden.
        Möp!

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          #64
          Zitat von Harmakhis
          Des Weiteren kann ich den "Optimismus" unserer selbsternannten "Demokraten" nicht verstehen.
          Willkommen im Club, ich kann beim besten Willen den Optimismus der "Kriegsrechtler" nicht nachvollziehen. Die bisherigen Ergebnisse jedenfalls sprechen nicht gerade für einen Erfolg dieses Konzeptes.

          Da also beide Konzepte ungeeignet scheinen, könnte ja vielleicht ein neuer Ansatz Erfolg bringen. Und diesen (Einbeziehung der arabischen Welt) habe ich ja vorgestellt.

          Zitat von Harmakhis
          und ich glaube einfach, dass unsere Regierungsformen einfach das beste ist, was die Menschheit bis jetzt hervorgebracht hat und man - wenn man schon dort ist - ihnen auch diese Regierungs- und Gesellschaftsformen näher bringen sollte.
          Das ihre Form des Gemeinwesens die beste sei, dachten die alten Römer auch. Bei 70% Sklavenanteil...
          Aber abgesehen davon, ich bin auch der Meinung, dass die Demokratie von allen denkbaren Übeln (sämtliche Gesellschaftssysteme, inklusive Anarchie ) das geringste ist.
          Und ich bin ebenfalls der Meinung, dass man anderen Menschen diese Ideale näher bringen sollte.
          Nur halte ich es für zynisch, ausgerechnet eine Militärdiktatur zum geeigneten Mittel dafür zu erklären.

          Zitat von Harmakhis
          Freiheit kann man Menschen nicht einfach geben.
          Interessant. und ich dachte immer, das sei ein Menschenrecht, also nicht an Voraussetzungen gebunden (mit Ausnahme schwerer Straftaten).
          So kann man sich irren.
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            #65
            @Harmakhis: Der Vergleich zu 1945 hinkt an allen Ecken und Enden - die Situation war eine gänzlich andere. Bei Gelegenheit (= irgendwann) bin auch gerne bereit, das detailliert aufzuführen. Du könntest übrigens auch einen anderen Vergleich ziehen (der auch hinken würde, aber sei's drum): den zu 1918. Was passiert wohl, wenn man einem Volk die Demokratie "aufzwingt", während man gleichzeitig große Gebiete besetzt hält?

            Man muss sich nicht immer nur nach dem Wünschenswerten richten und solange daran festhalten, bis dort 1000de mehr sterben, man kann auch einmal das Wahrscheinliche und Notwendige betrachten. Die Besatzungsmacht ist jedenfalls voll dabei, eine große Opposition gegen ihre Demokratie heranzuziehen und damit könnte sie doch von vornherein zum Scheitern verurteilt sein.
            Demokratie kann man nunmal nicht tröpfchenweise oder scheibchenweise einführen - man muss sich dem Risiko stellen, welches mit ihr verbunden ist: dass sie scheitert. Eine "unscheiterbare" Demokratie kann nur durch Waffengewalt sichergestellt werden, diese führt wiederum Widerstand aufs Feld und so weiter.

            Des weiteren wirfst du Islamisten, Moslems, Araber und Terroristen alle in einen Topf. Als ob sich die gesamte irakische Bevölkerung die Vernichtung des Westens auf die Fahnen geschrieben hätte... Der Westen ist aber dabei, dafür zu sorgen, dass es eines Tages noch so kommt.
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              #66
              Was wollt ihr denn? Wenn man einfach Saddam rausgeholt und dann den Dingen ihren Lauf gelassen hätte, denkt ihr, dass sich irgendwas wesentliches geändert hätte? Es wäre halt ein neuer Warlord gekommen und hätte die Demokratiebewegung erstickt. Danach hätte es dann dieselbe Unterdrückung wie vorher gegeben. Ganz toll...

              Des weiteren wirfst du Islamisten, Moslems, Araber und Terroristen alle in einen Topf. Als ob sich die gesamte irakische Bevölkerung die Vernichtung des Westens auf die Fahnen geschrieben hätte... Der Westen ist aber dabei, dafür zu sorgen, dass es eines Tages noch so kommt.
              Tja, der Westen versucht aber auch unterschiedliche Konzepte durchzusetzen. Hier wirfst du also ebenfalls viele in einen Topf der immer nur für einige der richtige ist. Sicher, man kann davon ausdgehen, dass fanatisierte Personen da keine so feine Unterscheidung treffen aber wir sind ja noch nicht ganz und gar fanatisiert, stimmts
              »We do sincerely hope you'll all enjoy the show, and please remember people, that no matter who you are, and what you do to live, thrive and survive, there are still some things that make us all the same. You, me, them, everybody!«

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                #67
                @Sterni: Das war aber eine etwas unbeholfene Retourkutsche.
                Ich gehe von der entscheidenden Kraft der Koalition aus und das sind die Amerikaner. Es ist dabei auch vernünftig (und nicht "fanatisch"), von den Amerikanern auszugehen, eben weil sie den Ton angeben. Bitte verzeih mir, dass ich die wohlmeinenden Konzepte der Lichtensteiner, Deutschen und Schweizer bei meiner Bewertung der Amerikaner nicht berücksichtigt habe.
                Harmakhis hingegen schreibt so, als wären die Attentäter vom 11.9. von Saddam selbst ins Flugzeug gesetzt worden, was ungefähr so richtig ist, wie es eine Überlegung wäre, die IRA durch eine Militäraktion in Island(sic!) oder die ETA in Italien bekämpfen zu wollen.
                Das sind einfach zwei verschiedene paar Schuhe. Der Irak und El Kaida hatten eben nichts miteinander zu tun. JETZT haben sie es aber.

                Was ich mir vorstellen und wünschen würde? Habe ich schon drei Mal geschrieben, schreibe es aber gerne noch einmal: Einbindung der arabischen Staaten in den Wiederaufbau des Irakes, um die Situation für die Bevölkerung erträglicher zu gestalten (zumindest versuchen kann man das), Rücksicht der Besatzungstruppen auf lokale Traditionen, Dialog und Einbindung der gemäßigten islamischen Geistlichkeit, Abwahl von George Bush im November.
                Ansonsten muss ich keine Konzepte auffahren, erstens - ich bin kein Militärexperte und zweitens - ich bin nicht für die Privatkriege des George W. zuständig.
                Insgesamt brauchen wir einen POLITIKWECHSEL auf lange Sicht: Weg von der arroganten und dummen Einschätzung, man könne mit denen machen, was man wolle ("Zuckerbrot und Peitsche") hin zu der Überzeugung, dass man Terrorismus nur dadurch bekämpfen kann, dass man ihm den ideologischen Boden entzieht. Mit "Zuckerbrot und Peitsche" oder, sagen wir es doch mal ehrlich: Brot und Bomben, wie vorgeschlagen wird, schaffst du nur den idealen Nährboden für Terrorismus.
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                  #68
                  "Zuckerbrot und Peitsche" ist zudem eine erfolgreiche Technik aus der Tierdressur. Eine solche Aussage zeugt nicht unbedingt von der Überzeugung, in Arabien wohnten uns als Menschen gleichgestellte und gleichwertige Individuen gegenüber.

                  Wer gibt uns das Recht, andere Menschen zu "dressieren"? Im Hintergrund höre ich da doch wieder den guten alten Herrenmenschen hämmern...

                  Junge, Junge, und da wundern sich hier einige, wenn die Araber die Schnauze voll haben!
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                    #69
                    Mit Herrenmenschen hat das absolut nichts zu tun, sondern damit, dass wenn man ihnen nur "das Zuckerbrot" gibt, dann werden sie sich die Rosinen rauspicken (also die Rechte einer demokratischen Gesellschaft) und die schlechten Sachen (also die Pflichten) links liegen lassen. Damit wäre dann die Demokratie gescheitert und auch der Versuch dem Terrorismus den ideologischen Hintergrund unter den Füßen wegzuziehen.
                    Die Fundamentalisten würden diese laisse-faire Situation ausnützen, um ihre Position zu stärken und noch mehr Terror zu verbreiten und damit letztlich ein Ende des Terrors erst recht unmöglich machen.
                    Der Punkt ist nämlich, dass nicht nur El Kaida der Terror ist, sondern auch in den Köpfen fast jeden Mullahs der Westen schon seit Jahren der Teufel ist und deswegen vernichtet werden muss. Nur El Kaida hat den entsprechenden Organisationsgrad, um das durchzuführen... das ändert aber nichts, daran, dass "der Rest" uns auch umbringen will.

                    Außerdem unterbitte ich mir die Unterstellung ich würde die Menschen in Arabien für Untermenschen halten. Die indirekte Abstemplung als Nazi oder bestenfalls Rassist geht mir hier langsam etwas zu weit. Bei "Zuckerbrot und Peitsche" handelt es sich einfach um in Deutschen gebräuchlichen Ausdruck, wenn man auf der einen Seite mit Druck und auf der anderen mit Belohnung arbeitet. Das kommt nicht unbedingt aus der Tierzucht, sondern wurde schon sehr sehr häufig (erfolgreich) beim "Nation-building" seit Ewigkeiten angewandt.

                    Ich glaube auch, dass der Vergleich mit 1945 gar nicht so hinkt, weil die Parameter stellenweise schon sehr übereinstimmend sind. Natürlich haben wir Deutsche und die Alliierten von damals mehr gemeinsam und so war es einfacher einen gemeinsammen Nenner zu finden, das ändert aber nichts daran, dass das alliierte Konzept von "Teile und Herrsche", sowie "Zuckerbrot und Peitsche" wunderbar aufgegangen ist. Die Ideallösung war es wohl nicht, aber eine sehr praktikable.

                    Und ich wiederhole mich gerne nochmal: die Einbindung arabischer Staaten ist nur oberflächlich eine Lösung. Für die Iraker mag es eine Lösung sein, aber nicht für uns. Denn wie schon gesagt, gibt es eigentlich keinen arabischen Staaten (außer vielleicht ansatzweise Ägypten), der den westlichen Demokratie-Grundsätzen standhalten könnten, wenn man sie mal ernsthaft anlegen würde. Nur, da es sich hierbei um Geschätfspartner usw. handelt, dürfen sie weiter ihre Unterdrückerregierungen ausleben.
                    Ich fände es nicht gut, wenn man dies durch eine Beteiligung am Aufbau des Irak noch weiter unterstützt und damit sowieso davor kapituliert eine Demokratie im Irak aufzubauen. Die arabischen Nationen werden das nämlich sicherlich nicht durchsetzen.

                    Ich würde auch gerne mal einen Fall hören, wo es funktioniert hat einer besiegten Bevölkerung, die vorher keine Demokratie hatte, sofort ohne Übergang alle freiheitlichen Rechte zu geben?!
                    Demokratie kann man nicht nur "scheibchenweise" austeilen, man muss es sogar, da die Fülle an Freiheiten, Pflichten und Rechten die Menschen sonst einfach überfordert und sie sich einfach alles nehmen werden, ohne etwas dafür hergeben zu wollen. So kann der Hase aber nicht laufen.

                    Ich denke letztlich hat man zwei Alternativen:

                    1. Rückzug bzw. Übergabe an arabische Nationen - läuft dann wohl auf einen irakischen Gottesstaat oder zumindest eine Pseudodemokratie hinaus, in der die eine oder andere Bevölkerungsgruppe wieder, wie unter Saddam, unterdrückt wird. Die Kurden springen ab, die Türkei marschiert ein und wir haben den Salat.

                    2. USA & friends bleiben und versuchen mithilfe der UNO und starker Hand eine Demokratie nach westlichen Vorbild aufzubauen. Dauert ewig, ist schmerzhaft und unarabisch. Aber auf Dauer gewöhnen die Leute sich dran, können damit umgehen und in ein paar Generationen hat man, wie heute in der BRD auch ein gesundes Demokratieverständnis. Dazu gehört, aber wie bei Deutschland ein extrem langer Atem der Weltgemeinschaft.
                    Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
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                      #70
                      Zitat von Harmakhis
                      Außerdem unterbitte ich mir die Unterstellung ich würde die Menschen in Arabien für Untermenschen halten. Die indirekte Abstemplung als Nazi oder bestenfalls Rassist geht mir hier langsam etwas zu weit.
                      Sorry, mein Fehler.

                      Ich wollte nicht behaupten, Du seiest ein Nazi (letztere dürften in ST-Foren eh nur selten zu finden sein, wenngleich auch Trekkies mit Sicherheit keine "Insel der Glücksseeligen darstellen. ).

                      Aber wenn Du die Meinung vertrittst, man dürfe Freiheiten nicht unbedacht einräumen, dann befindest Du Dich auf direktem Konfrontationskurs zur UNO-Charta der Menschenrechte.
                      Freiheitsrecht ist ein Gut, das ein Mensch automatisch besitzt. Schon allein aus der Tatsache heraus, dass er ein Mensch ist. Die Einschränkung dieses Rechtes bedarf einer Begründung, nicht dessen Gewährung.
                      Und schon gar nicht ist "Sippenhaft" zulässig, also die Aberkennung von Freiheitsrechten allein aufgrund der Tatsache, dass jemand die irakische Staatsbürgerschaft besitzt.

                      Wer pauschal Freiheitsrechte einschränkt, der schränkt auch pauschal Menschenrechte ein.

                      "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt." Richter Aaaron Sartie, zitiert von Cpt. Picard.

                      Wo wir schon bei ST-Folgen sind:

                      Äußerungen wie: "Die Amerikaner würden ja viel mehr Freiheiten gewähren wollen. Die Amerikaner halten Ihre Hand zum Friedensschluss hin, sie bauen das Land wieder auf, aber die Reaktionen dieser sturen Iraker zwingen Amerika zu harten Maßnahmen!" erinnern mich frappierend an die Äußerungen von Dukat in DS9-"Das Gute und das Böse"...
                      *schauder*

                      Zitat von Harmakhis
                      Und ich wiederhole mich gerne nochmal: die Einbindung arabischer Staaten ist nur oberflächlich eine Lösung. Für die Iraker mag es eine Lösung sein, aber nicht für uns. Denn wie schon gesagt, gibt es eigentlich keinen arabischen Staaten (außer vielleicht ansatzweise Ägypten), der den westlichen Demokratie-Grundsätzen standhalten könnten, wenn man sie mal ernsthaft anlegen würde.
                      Im Wiederholen bin ich ebenfalls ein As.

                      Eine Lösung für uns kann nur etwas sein, was auch eine Lösung für die Iraker darstellt. Schon wieder willst Du über die Köpfe anderer hinweg entscheiden. Eine Lösung kann nur durch einen beiderseitigenKonsens entstehen, nicht aber durch ein einseitiges Diktat.

                      Im Übrigen dürften Tunesien und Marokko recht erstaunt über Deine Ansichten zu ihrer Demokratie sein (wenngleich Marokko eine konstitutionelle Monarchie darstellt. Der König ist aber meilenweit von absoluten Herrschaftsansprüchen entfernt. Weiter zumindest als George Bush in den USA ).
                      Möglicherweise hätten die Iraker dezente Schwierigkeiten mit Marokko und Tunesien (schließlich liegen diese beiden Länder nicht gerade vor der Haustür, wenngleich dort arabisch gesprochen wird). Jedenfalls hätten sie aber deutlich weniger Schwierigkeiten als mit den USA.
                      Und diese beiden Staaten bewegen sich weit jenseits von jeglichem Verdacht, mit Terroristen zu sympathisieren.

                      Zitat von Harmakhis
                      Ich würde auch gerne mal einen Fall hören, wo es funktioniert hat einer besiegten Bevölkerung, die vorher keine Demokratie hatte, sofort ohne Übergang alle freiheitlichen Rechte zu geben?!
                      Nun, es war zwar kein Krieg, aber ich kann Dir zumindest einen Fall nennen, in dem sofort und ohne jede Einschränkung volle Demokratie zugestanden wurde, obwohl die Menschen dort, bis auf ein misslungenes, 13 Jahre andauerndes Experiment, dass aber auch schon volle 59 Jahre her war, keinerlei Demokratieerfahrung hatten: Die neuen Bundesländer.
                      Allerdings gebe ich zu, dass die Situation dort ein andere als im Irak war. Aber Du wolltest ein Beispiel haben.
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                        #71
                        Zitat von endar
                        @Sterni: Das war aber eine etwas unbeholfene Retourkutsche.
                        Ich gehe von der entscheidenden Kraft der Koalition aus und das sind die Amerikaner. Es ist dabei auch vernünftig (und nicht "fanatisch"),
                        Das fanatisch bezog sich auf die Drohungen gegen JEDES westliche Land, egal was es mit dem Krieg zu schaffen hatte oder nicht. Sicher, die Jungs da unten haben im Normalfall keine Chance auf eine gleichwertige Bildung, aber wenn man deutsche Rotkreuzler beschiesst weil die Amis sich wie die Axt im Walde benehmen ist das für mich nur noch verblendeter Fanatismus und nichts sonst.

                        von den Amerikanern auszugehen, eben weil sie den Ton angeben. Bitte verzeih mir, dass ich die wohlmeinenden Konzepte der Lichtensteiner, Deutschen und Schweizer bei meiner Bewertung der Amerikaner nicht berücksichtigt habe.
                        Dann schreib auch "die Amerikanischen Streitkräfte" und nicht "die Amerikaner" oder "der Westen". Nicht mal alle Amis im Irak sind Kriegsverbrecher auch wenn sich Leute wie max redlich Mühe geben das wegzudiskutieren.

                        Harmakhis hingegen schreibt so, als wären die Attentäter vom 11.9. von Saddam selbst ins Flugzeug gesetzt worden, was ungefähr so richtig ist, wie es eine Überlegung wäre, die IRA durch eine Militäraktion in Island(sic!) oder die ETA in Italien bekämpfen zu wollen.
                        Naja, ich bin eher davon überzeugt, dass der Iran als sehr eigenwilliger Staat noch weniger mit El Quaida zu tun hatte als der Irak. Die haben ihre eigenen Schergen, die brauchen keinen Bin Laden.. insofern geht der Wortwitz ein wenig daneben.
                        Grundsätzlich stimme ich dir aber schon zu. Nur dass es eben nicht der Westen ist, der den Zorn verdient hat

                        Das sind einfach zwei verschiedene paar Schuhe. Der Irak und El Kaida hatten eben nichts miteinander zu tun. JETZT haben sie es aber.

                        Was ich mir vorstellen und wünschen würde? Habe ich schon drei Mal geschrieben, schreibe es aber gerne noch einmal: Einbindung der arabischen Staaten in den Wiederaufbau des Irakes, um die Situation für die Bevölkerung erträglicher zu gestalten (zumindest versuchen kann man das), Rücksicht der Besatzungstruppen auf lokale Traditionen, Dialog und Einbindung der gemäßigten islamischen Geistlichkeit, Abwahl von George Bush im November.
                        und damit hätte sich auch nur EIN Anschlag verhindern lassen? Kommen doch die wesentlichen Schlagworte drin vor: Besatzungstruppen, Einmischung von aussen, Besudelung islamischen BOdens durch ungläubige usw... das reicht den Bekloppten schon lange um sich in die Luft zu jagen.

                        Ansonsten muss ich keine Konzepte auffahren, erstens - ich bin kein Militärexperte und zweitens - ich bin nicht für die Privatkriege des George W. zuständig.
                        Nun, es kam ja die Forderung im Thread auf, dass die Amis Stante Pede wieder rausgehen sollen... das würde aber meiner Überzeugung nach den Irakern selbst auch nicht helfen, von daher klingt das hier besser als so manches "Konzept" das hier schon angedacht wurde. nur den Halben weg zu denken ist ebensoschlimm wie alles beim alten zu lassen, ein Riesenproblem hat man in beiden Fällen.

                        Insgesamt brauchen wir einen POLITIKWECHSEL auf lange Sicht: Weg von der arroganten und dummen Einschätzung, man könne mit denen machen, was man wolle ("Zuckerbrot und Peitsche") hin zu der Überzeugung, dass man Terrorismus nur dadurch bekämpfen kann, dass man ihm den ideologischen Boden entzieht.
                        Stimmt, das bräuchten wir... aber ebenso wenig wie es erstmal eine Änderung der Politik in Bezug auf Stärkung der Großkonzerne für die Schnappsidee der Globalisierung geben wird, wird es möglich sein von heute auf Morgen diese Punkte umzusetzen.

                        Und schon gar nicht wenn die Parolen dann noch härter werden und gleich das Ende von Imperialismus und Kapitalistischer Ausbeutung verlangen.. damit sorgt man nur für eine Verhärtung der Fronten und erreicht rein gar nichts.


                        Mit "Zuckerbrot und Peitsche" oder, sagen wir es doch mal ehrlich: Brot und Bomben, wie vorgeschlagen wird, schaffst du nur den idealen Nährboden für Terrorismus.
                        Seien wir ebenso ehrlich: ich habe keine Ahnung was man im Gaza-Streifen, Westjordanland usw machen muss um eine "Garantie" zu erhalten, dass keine Attentate mehr stattfinden. Die elende Situation und die Willkür der israelischen Behörden ist ja nur ein Teil des problems... solange da noch Dinge wie "Tod den Ungläubigen" und "Palästina den Palästinensern" mitschwingen, wird der Konflikt auf lange Sicht unauflösbar bleiben. Nichtmal eine einseitige und wirklich durchgehaltene Verzichtserklärung bzw Besserung der Lage hilft da...
                        Wie will man Gotteskrieger aufhalten die kein Interesse haben vernünftig zu reden? Sollen wir die Erde räumen nur damti sich die islamischen Nationen zufrieden geben können? Selbst wenn das ginge, geht der Sch**** dann nicht auf der nächsten Welt einfach weiter?

                        Wenn aber nach 60 Jahren nichtmal diese Lage ausgeräumt werden konnte, wie soll dann in 1 oder 6 oder 30 jahren der Irak in den "Griff" bekommen werden? Nie wieder Ausländer im Land? Dann geht das Gekloppe zwischen Schiiten und Sunniten aber garantiert wieder los usw.

                        Ich bin wirklich der letzte, der verlangen würde den Konflikt unaufgelöst zu lassen, wegen mir dürfen gerne alle auf der Welt in Frieden und Wohlstand leben, bricht mir gar nichts bei ab, haben sie gerne verdient.
                        Aber ich sehe keine Chance für so manche Idee die hier geäußert wird.
                        »We do sincerely hope you'll all enjoy the show, and please remember people, that no matter who you are, and what you do to live, thrive and survive, there are still some things that make us all the same. You, me, them, everybody!«

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                          #72
                          Ich finde es etwas anmaßend zu sagen, dass nur Demokratie der richtige Weg ist. Für uns mag das stimmen. Im arabischen Raum ist das einfach nur sehr schwer bis gar nicht möglich. Warum sollte man den Menschen eine Regierung aufzwingen? Sollen sie ihren islamischen Staat haben und basta. Wenn es den westlichen Nationen wirklich um die Menschen und den Wiederaufbau ginge, dann wäre dies kein Hindernis.

                          Islamischer Staat != Terroristen.

                          Eher das Gegenteil ist der Fall. Wenn die Bevölkerung ein System aufgedrückt bekommt, dass es nicht will, finden sich schnell Anhänger für radikale Bewegungen, anders herum fehlt der Nährboden für die Verhetzung gegen den Westen. Ich denke da gleich wie endar und LuckyGuy. Es würde die Lage entschärfen und würde sicher auch eine bessere und vorallem friedlichere langfrisigere Lösung geben.

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                            #73
                            Nun sind aber doch unverhaeltnismaessig viele fundamental-religioes motivierte Anschlaege der letzten Zeit in vornehmlich arabischen/ muslimischen Laendern veruebt worden (Marokko, Tunesien, Saudi Arabien, Aegypten, von Algerien gar nicht zu sprechen).
                            Diese Anschlaege waren eigentlich immer zumindest auch gegen das jeweilige Regime gerichtet, das offensichtlich also doch einigen Naehrboden fuer Verhetzung liefert. Was sollte der Vorteil sein, wenn Saudi Arabien oder Marokko (um zwei gegenpole zu nennen) sich an der Besatzung im Irak beteiligen, wenn diese Laender doch auch selbst Ziele fundamentalistischen Terrors sind?
                            Der Mensch ist endlich auch ein Federvieh, denn gar mancher zeigt, wie er a Feder in die Hand nimmt, dass er ein Viech ist.
                            Johann Nestroy

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                              #74
                              Original geschrieben von Sternengucker
                              Nicht mal alle Amis im Irak sind Kriegsverbrecher auch wenn sich Leute wie max redlich Mühe geben das wegzudiskutieren.
                              Ich habe nie geschrieben, dass alle Amerikaner, US-Amerikaner oder US-Soldaten Kriegsverbrecher sind. Ich habe geschrieben, dass die Besatzungsmacht Kriegsverbrechen verübt, wie schon der ganze Krieg ein Kriegsverbrechen ist. Leider bin ich mit meiner Liste noch nicht weiter gekommen, weil ich noch nicht einmal durch ein Drittel des inzwischen gesammelten Materials durch bin.
                              Original geschrieben von Harmakhis
                              Mit Herrenmenschen hat das absolut nichts zu tun, sondern damit, dass wenn man ihnen nur "das Zuckerbrot" gibt, dann werden sie sich die Rosinen rauspicken (also die Rechte einer demokratischen Gesellschaft) und die schlechten Sachen (also die Pflichten) links liegen lassen. Damit wäre dann die Demokratie gescheitert und auch der Versuch dem Terrorismus den ideologischen Hintergrund unter den Füßen wegzuziehen.
                              Wann hat ein westlicher Staat Arabern "Zuckerbrot" geboten? Mir fallen nur Militärputsche und Invasionen gegen Demokratiebewegungen ein, u.a. auch im Irak in den späten 50ern.
                              Original geschrieben von Harmakhis
                              Ich glaube auch, dass der Vergleich mit 1945 gar nicht so hinkt, weil die Parameter stellenweise schon sehr übereinstimmend sind. Natürlich haben wir Deutsche und die Alliierten von damals mehr gemeinsam und so war es einfacher einen gemeinsammen Nenner zu finden, das ändert aber nichts daran, dass das alliierte Konzept von "Teile und Herrsche", sowie "Zuckerbrot und Peitsche" wunderbar aufgegangen ist.
                              Du hast wahrscheinlich vollständig falsche Vorstellungen von der Situation Ende 1945. Es geht hier nicht um Gemeinsamkeiten, sondern darum, dass damals - worauf auch schon Endar und Cu Chulainn hingewiesen haben - eine Mehrheit der Deutschen eine Demokratie wollte. Wobei sicher eine bedeutende Gruppe mehr als eine bürgerliche (parlamentarische) Demokratie wollte, was man daran sehen kann, dass sich sogar die CDU als "sozialistische Volkspartei" bezeichnete und ihren Programm anfangs die Abschaffung des Kapitalismus (der damals eben stark mit dem Faschismus identifiziert wurde) forderte. In dieser Situation war schon Gewalt von Seiten der Besatzungsmacht (kombiniert mit dem Unsinn, den die KPD verzapft hat) nötig, um in einem Teil Deutschlands (DDR) wieder eine Diktatur zu errichten.

                              Es gibt bisher im Irak keine Versuche der Besatzungsmacht eine Demokratie aufzubauen, weil sich Bremer & Co klar sind, dass sie keine ihnen genehme Mehrheit erhalten werden. Deshalb werden auch die einzelnen "Ethnien" und "Religionsgruppen" gegeneinander ausgespielt. Und wahrscheinlich wurde auch deshalb so provozierend gegen Sadr vorgegangen, um eine Gelegenheit zu erhalten die schiitischen Organisationen zu zerstören. Nur bewirkt die Kombination aus mehr als mangelhafter Hilfe und brutaler Unterdrückung, dass im Irak alle "moderaten" Kräfte, die mit der Besatzungsmacht zusammenarbeiten, unglaubwürdig werden und die radikalen Islamisten gestärkt werden.

                              Die Besatzungsmacht setzt momentan darauf, alle Kräfte, die sich gegen die Besatzungsmacht stellen und ein wirklich unabhängigen Irak fordern (z.B. auch gegen den Raub des Öls), zu vernichten. Dabei wird alleine auf militärische Mittel gesetzt, wobei natürlich das Problem ist, dass in vielen Teilen Iraks die Mehrheit gegen die Besatzung ist. Es gibt also eigentlich nur einen mögliche Ausgang, wenn die Besatzung anhält: die Errichtung eine neuen Diktatur, einen neuen Stellvertreter der US-Imperialismus, eben einen neuen Saddam. Eventuell wird ein neues Regime dabei genauso fundamentalistisch werden, wie Saudi-Arabien oder das Taliban-Regime, die beide von westlichen Imperialismen mitaufgebaut wurden. Schliesslich setzte die US-Politik seit den 70ern oft genug auf islamische Fundamentalisten.

                              Es ist einfach nicht möglich, einen kriegsverbrecherischen Eroberungsfeldzug, als "Aufbau einer Demokratie" oder gar mit Hilfe eines UN-Mandats und der NATO als "friedensbringend" zu bezeichnen. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass eine nennenswerte Zahl von Irakern nach dem bisherigen Erfahrungen so etwas je glauben werden - was auch gut so ist, da sonst zusätzliche Eroberungsfeldzüge Bushs (oder Kellys) mehr als wahrscheinlich werden.
                              Resistance is fertile
                              Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
                              The only general I like is called strike

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                                #75
                                Anders als max halte ich den Vorwurf der bewussten gegeneinander Ausspielung verschiedener Ethnien und der bewussten Provozierung el Sadrs, die eine weitere Destabilisierung der Lage bewirkt, für an den Haaren herbeigezogen.
                                Zwar sind die Amis nicht an einer Stabilisierung der Lage interessiert, wenn dies ihren Interessen nicht dienlich ist, aber auf der anderen Seite war eine Stabilisierung gegen Amerika auch ohne Zerstrittenheit der Oppositionsgruppen weit und breit nicht in Sicht. Eben weil es unter geordneten Umständen eh niemals zugelassen worden wäre, dass eine amerikafeindliche Regierung installiert wird. In letzterem Falle wäre Amerika eine chaotische Lage im Irak in der Tat vermutlich lieber ("Wenn wir aufgrund der chaotischen Lage nicht an das Öl herankommen, dann tun es andere auch nicht!"), aber so weit war es ja nicht.
                                Es ist vielmehr so, dass die derzeitige Lage im Irak nicht von den USA gewollt, sondern ein Produkt falscher Politik ist.

                                Ansonsten stimme ich der Analyse von max aber zu (merke ich selbst mit Befremden ).

                                Zitat von Locksley
                                Was sollte der Vorteil sein, wenn Saudi Arabien oder Marokko (um zwei gegenpole zu nennen) sich an der Besatzung im Irak beteiligen, wenn diese Laender doch auch selbst Ziele fundamentalistischen Terrors sind?
                                Die bereits radikalisierten Bevölkerungsschichten wären mit dieser Maßnahme in der Tat kaum bis gar nicht zu überzeugen.
                                Aber alle noch nicht radikalisierten Iraki, die sonst vielleicht aus purem Widerstand gegen die Amis in die Radikalisierung getrieben würden, sähen hier vielleicht eine Möglichkeit zu einem "gemäßigten Arabinismus (oder wie sagt man da? )".
                                Wer zur Zeit von einem Araber regiert werden will, der kann sich quasi nur den Radikalen anschließen, weil die gemäßigten Kräfte innerhalb des Irak als reine Marionetten Amerikas wahrgenommen werden.
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