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SciFi "must have" und Todsünden

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    #61
    Zitat von Apeiron Beitrag anzeigen
    Von Fantasyelementen stand in deiner Definition nichts.
    Kommentar #57, erster Satz nach den Zitaten?

    und siehe auch Kommentar #54. Da habe ich die Unterscheidung doch deutlich beschrieben.
    .

    Kommentar


      #62
      Zitat von xanrof Beitrag anzeigen
      - wenn die Fantasy-Elemente fehlen würden, dann ja. Da diese aber eindeutig vorherrschen, ist es Fantasy.
      Demnach wäre auch eine Serie, die das Leben von Bauern in der Jungsteinzeit behandelt, nur eben nicht auf der Erde, sondern in einer fiktiven Welt, eine "Science Fiction"-Serie.

      Ich finde diese Definition unangemessen. Außerdem ist es keine hübsche Definition, zu sagen: "Alles ist SciFi, was alternative Konstellationen zeigt, aber keine Fantasy ist".

      Viel naheliegender finde ich die Definition: Science Fiction ist jede Geschichte, in der eine fiktive Technik oder Wissenschaft eine Rolle spielt. Ich wüsste zu dieser Definition jedenfalls kein einleuchtendes Gegenbeispiel.

      Kommentar


        #63
        Zitat von xanrof Beitrag anzeigen
        Kommentar #57, erster Satz nach den Zitaten?

        und siehe auch Kommentar #54. Da habe ich die Unterscheidung doch deutlich beschrieben.
        Nicht in deiner Definition, die lässt sich prima auch auf alle Fantasywerke anwenden. Dann müsstest du noch Fantay und Fantasyelemente definieren.

        Da ist es doch leichter, Science Fiction als spekulative Geschichten zu bezeichnen, die sich direkt oder indirekt mit den Auswirkungen von Technik und wissenschaftlichen Erkenntnissen auseinandersetzt.
        Oder man bezeichnet Science Fiction als Geschichten, die heutigen Technik- und Wissenschaftsstand extrapolieren, dann kann man darunter auch Alternativ History einordnen.
        Aber um Technik und Wissenschaft kommt man dabei nicht herum.

        Kommentar


          #64
          Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
          Demnach wäre auch eine Serie, die das Leben von Bauern in der Jungsteinzeit behandelt, nur eben nicht auf der Erde, sondern in einer fiktiven Welt, eine "Science Fiction"-Serie.
          JA, richtig. Siehe weiter unten.
          Viel naheliegender finde ich die Definition: Science Fiction ist jede Geschichte, in der eine fiktive Technik oder Wissenschaft eine Rolle spielt.
          Dies ist eine treffende Definition für die meisten SciFi-Geschichten. Aber eben nicht für alle.
          Zitat von Apeiron Beitrag anzeigen
          Aber um Technik und Wissenschaft kommt man dabei nicht herum.
          Eindeutig doch! Siehe unten.


          =>
          Mir ist klar, dass dieses Thema sehr umfangreich ist. SciFi umfast ein weites Feld an Subgenres. Trotzdem will ich versuchen, das ganze jetzt mal etwas grundlegender aufzurollen. Back to the roots.

          Der Überbegriff lautet ''Phantastische Literatur'', im englischen ''speculative fiction''.
          Die englische Wikipedia gibt hier -nach meiner Meinung- bessere Definitionen:
          ''Science fiction is a genre of fiction with imaginative but more or less plausible content such as settings in the future, futuristic science and technology, space travel, parallel universes, aliens, and paranormal abilities. Exploring the consequences of scientific innovations is one purpose of science fiction, making it a "literature of ideas" /''
          (Hervorhebung von mir, Definition nach Gilks, Fleming & Allen, 2003) Diese Formulierung 'one purpose' (und nicht etwa 'the purpose') trifft es genau: Technik kann dabei sein, muss es aber nicht.

          Es findet sich eine Auflistung verschiedener Subgenres der SciFi. Darunter sind auch
          • Soft and Social SciFi: ''The description "soft" science fiction may describe works based on social sciences such as psychology, economics, political science, sociology, and anthropology. ... The term can describe stories focused primarily on character and emotion. (...) Related to social SF and soft SF are utopian and dystopian stories; George Orwell's Nineteen Eighty-Four, Aldous Huxley's Brave New World, and Margaret Atwood's The Handmaid's Tale are examples. Satirical novels with fantastic settings such as Gulliver's Travels by Jonathan Swift may also be considered science fiction or speculative fiction.''

          Also: Geschichten um Psychologie, Wirtschafts-, Politik- und Sozialwissenschaften sowie Anthropologie gehören ebenso zur SciFi wie rein utopische oder dystopische Geschichten. Bei einer Fokussierung auf Charaktere und Gefühle muss da keine Technik/Naturwissenschaft dabei sein. In einem Kommentar weiter oben wurden auch die Beispiele ''1984'' und ''Brave new world'' bzw. ''Fahrenheit 451'' gebracht. Auch diese lassen sich in dieses Subgenre der SciFi einordnen.

          • Alternate History: Alternate (or alternative) history stories are based on the premise that historical events might have turned out differently. These stories may use time travel to change the past, or may simply set a story in a universe with a different history from our own.''

          Hervorhebung von mir. Also, die Platzierung einer Story in einem Universum, dessen Geschichte sich von unserer unterscheidet. Auch hier ein Beispiel für SciFi ohne Technik/NatWiss, und zugleich das Subgenre, in welches ich Game of Thrones einordnen würde, wenn die Fantasy-Elemente fehlen würden. (Ich benutze den Konjunktiv! Selbstverstaendlich ist GoT eindeutig Fantasy) In dieses Subgenre der SciFi liesse sich auch 3of5 's Beispiel der ''Bauern in der Jungsteinzeit'' einordnen, falls die Geschichte nicht auf der Erde spielte.

          Ich will an dieser Stelle natuerlich keine abschließende Definition von SciFi erwarten oder vorschlagen. Das haben schon wesentlich kompetentere Leute erfolglos versucht. Mir kommt es an dieser Stelle nur darauf an, darzulegen und zu zeigen, dass man für SciFi insgesamt eine ausreichend breite Definition braucht, die Geschichten mit einschließt, welche keine Technik oder Naturwissenschaft enthalten.

          Wer weiter diskutieren will, dem empfehle ich eine Liste mit Definitionen für Science-Fiction
          (ja, die englische Wikipedia hat hierfür eine eigene Seite, sortiert in chronologischer Reihenfolge)

          Mein Favorit ist die aktuellste Definition von Jeff Prucher (2006):
          Science fiction is "a genre (of literature, film, etc.) in which the setting differs from our own world (e.g. by the invention of new technology, through contact with aliens, by having a different history, etc.), and in which the difference is based on extrapolations made from one or more changes or suppositions; hence, such a genre in which the difference is explained (explicitly or implicitly) in scientific or rational, as opposed to supernatural, terms."
          Zuletzt geändert von xanrof; 14.04.2013, 23:25.
          .

          Kommentar


            #65
            1984 und Fahrenheit 451 kann man auch so drehen, dass es da auch um die spekulative Auswirkungen von Technik geht, gerade wenn man es historisch betrachtet. Da werden die möglichen politischen Auswirkungen der Technik erzählt, die Auswirkungen von Technik und wissenschaftlicher Erkenntnisse auch psychologischer, ökonomischer Natur sein.
            Und wenn man eine postapokalyptische Welt schildert, ist es meistens auch Science Fiction, weil es ja auch die Auswirkungen von Technik schildert, diesmal die negativen, wie durch die Klimakatastrophe oder Atomkriege. Im Report der Magd geht es ja auch um eine Welt, die durch nukleare Zerstörung verwüstet wurde, also durch Technik zerstört wurde, da haben wir unsere Auswirkungen der Technik wieder.
            Und die Technik muss auch nicht erklärt werden.

            Alternativ History ist für die meisten ein eigenständiges Genre.
            Manchmal ist es Science-Fiction wie bei Sliders, da ist der Sprung durch die Welten auch durch Technik verursacht.

            Zeitreise können sowohl Fantasy, als auch Science-Fiction, es kommt darauf an, wie die Zeitreisen erklärt werden, durch Magie oder durch Zeitmaschinen.

            Kommentar


              #66
              Zitat von Apeiron Beitrag anzeigen
              Und wenn man eine postapokalyptische Welt schildert, ist es meistens auch Science Fiction, weil es ja auch die Auswirkungen von Technik schildert, diesmal die negativen, wie durch die Klimakatastrophe oder Atomkriege.
              Wie würdest du eine Geschichte einordnen, die 5 Jahre in einer Zukunft spielt, in der die Zivilisation durch einen Naturkatastrophe (Asteroid?) vernichtet wurde und in der es nur um Menschen und Gefühle geht?

              Oder eine Geschichte, die in einem Jahr spielt und in der zwei Menschen darueber diskutieren, dass gerade vor dem höchsten Gericht darueber verhandelt wird, dass Affen volle Menschenrechte erhalten sollen.

              Beides ist SciFi.


              Zeitreise können sowohl Fantasy, als auch Science-Fiction, es kommt darauf an, wie die Zeitreisen erklärt werden, durch Magie oder durch Zeitmaschinen.
              Ja, das ist klar, Zeitreise und andere ''sehr unwahrscheinliche'' Techniken sind natuerlich nur schwer der SF oder Fantasy zuzuordnen. Das kann man dann im Zweifel nur als SF-Fantasy bezeichnen.
              .

              Kommentar


                #67
                Zitat von xanrof Beitrag anzeigen
                Wie würdest du eine Geschichte einordnen, die 5 Jahre in einer Zukunft spielt, in der die Zivilisation durch einen Naturkatastrophe (Asteroid?) vernichtet wurde und in der es nur um Menschen und Gefühle geht?

                Oder eine Geschichte, die in einem Jahr spielt und in der zwei Menschen darueber diskutieren, dass gerade vor dem höchsten Gericht darueber verhandelt wird, dass Affen volle Menschenrechte erhalten sollen.

                Beides ist SciFi.
                Letzteres Auswirkung eine wissenschaftlicher Erkenntnis, nämlich das Menschenaffen über 98 % unserer Gene teilen.
                Beim ersten wäre es die Auswirkung der Verlust der Technik durch eine Naturkatastrophe. Auswirkung der Technik kann Auswirkungen der Verlust der Technik beinhalten.

                Kommentar


                  #68
                  Zitat von Apeiron Beitrag anzeigen
                  1984 und Fahrenheit 451 kann man auch so drehen, dass es da auch um die spekulative Auswirkungen von Technik geht, gerade wenn man es historisch betrachtet. Da werden die möglichen politischen Auswirkungen der Technik erzählt, die Auswirkungen von Technik und wissenschaftlicher Erkenntnisse auch psychologischer, ökonomischer Natur sein.
                  Und wenn man eine postapokalyptische Welt schildert, ist es meistens auch Science Fiction, weil es ja auch die Auswirkungen von Technik schildert, diesmal die negativen, wie durch die Klimakatastrophe oder Atomkriege. Im Report der Magd geht es ja auch um eine Welt, die durch nukleare Zerstörung verwüstet wurde, also durch Technik zerstört wurde, da haben wir unsere Auswirkungen der Technik wieder.
                  Und die Technik muss auch nicht erklärt werden.

                  Alternativ History ist für die meisten ein eigenständiges Genre.
                  Manchmal ist es Science-Fiction wie bei Sliders, da ist der Sprung durch die Welten auch durch Technik verursacht.

                  Zeitreise können sowohl Fantasy, als auch Science-Fiction, es kommt darauf an, wie die Zeitreisen erklärt werden, durch Magie oder durch Zeitmaschinen.
                  Besonders 1984 kannst du eben nicht so drehen. Die Regimestruktur benötigt die Techniken, um den Überwachungsstaat zu perfektionieren und schafft sie - das ist in 1984 die Reihenfolge und damit sind Ursache und Wirkung klar definiert. In diesem Fall führt die Planung einer gesellschaftlichen Entwicklung zur Notwendigkeit der Technik. In deiner Argumentation müßte die Technik aber vorher da gewesen sein und sich jemand gesagt haben, "hey, damit kann ich ja jetzt meinen Überwachungsstaat bauen". Die Technik zum Erreichen der rudimentären Ausgangssituation in 1984 - eine Welt nach einem Atomkrieg - war schon vor Schreiben des Romans real und eingesetzt worden. 1984 füllt das Vakuum mit 3 Großmächten und umkämpften Gebieten. Es ist eine gewollte politische Entwicklung der Führungsebenen, die Welt im dauernden Kriegszustand zu halten, weil dadurch die Bevölkerun leichter zu kontrollieren und manipulieren ist. Ob Orwell dazu technisch das Archivsystem, in dem Winston Smith arbeitet und Zeitungsartikel der jeweils gegebenen, politischen Situation nach Auftragt "anpasst", verwendet oder sich visionär ein zentral manipulierbares Computersystem à la zensiertes Internet ausgedacht hätte, ist für die Story völlig Banane und allenfalls Plot Device. Es geht nur darum, wie sich ein vollständiger Überwachungsstaat im Dauerkriegszustand auf soziales Verhalten und Strukturen auswirkt, angefangen von Profanitäten wie ausgegangenen Rasierklingen über die Nichtbereitschaft, dieses knappe Gut zu teilen, wenn man noch welche hat, bis hin zum Paarungsverhalten. Die verwendeten Methoden zur Manipulation sind alle sehr untechnisch und funktionieren im bzw zielen auf den Kopf der Unterdrückten. Die beschriebene Herrschaft über die Vergangenheit und das System Unperson wurden prinzipiell unter Stalin in der Sowjetunion schon betrieben; in 1984 gesteht Orwell dem Regime nur zu, daß es nach ewig langer Anwendung diese Methoden optimiert hat. Und Newspeak wird auch von zeitgenössicher Politik immer wieder gerne rudimentär verwendet - kling doch viel freundlicher, wenn neben deinem Haus ein "Entsorgungspark" gebaut wird statt einer "Müllkippe", oder ?

                  Wenn du 1984 wirklich auf die Auswirkung von Technik gedreht hast: Schalt diese Sichtweise ab und lies das Buch nochmal. Es lohnt sich
                  Karl Ranseier ist tot. Der wohl erfolgloseste Foren-Autor aller Zeiten wurde heute von einem Bus auf der Datenautobahn überfahren.

                  "Ich mag meine Familie kochen und meinen Hund" - Sei kein Psycho. Verwende Satzzeichen!

                  Star Wars 7? 8? Spin-Offs? Leute, das Haftmittel für meine Dritten macht bessere Filme!

                  Kommentar


                    #69
                    Zitat von xanrof Beitrag anzeigen
                    JA, richtig. Siehe weiter unten.
                    Dies ist eine treffende Definition für die meisten SciFi-Geschichten. Aber eben nicht für alle.

                    Eindeutig doch! Siehe unten.


                    =>
                    Mir ist klar, dass dieses Thema sehr umfangreich ist. SciFi umfast ein weites Feld an Subgenres. Trotzdem will ich versuchen, das ganze jetzt mal etwas grundlegender aufzurollen. Back to the roots.

                    Der Überbegriff lautet ''Phantastische Literatur'', im englischen ''speculative fiction''.
                    Die englische Wikipedia gibt hier -nach meiner Meinung- bessere Definitionen:
                    ''Science fiction is a genre of fiction with imaginative but more or less plausible content such as settings in the future, futuristic science and technology, space travel, parallel universes, aliens, and paranormal abilities. Exploring the consequences of scientific innovations is one purpose of science fiction, making it a "literature of ideas" /''
                    (Hervorhebung von mir, Definition nach Gilks, Fleming & Allen, 2003) Diese Formulierung 'one purpose' (und nicht etwa 'the purpose') trifft es genau: Technik kann dabei sein, muss es aber nicht.
                    Natürlich hat SciFi noch andere "purposes" als die Darstellung einer fiktiven Technik oder Wissenschaft. Zum Beispiel die Beschäftigung mit ethischen Fragen oder die Erzählung einer spannenden Story. Aber eine fiktive Technik oder Wissenschaft ist trotzdem das definierende Merkmal, das SciFi von anderen Genres, welche die sonstigen Zwecke mit Science Fiction gemeinsam haben können, abgrenzt.

                    Ähnliches gilt für alle Genres. Eine gute Fantasy-Geschichte kann noch andere Zwecke verfolgen als die Auftritte von Elfen und Magiern, aber ohne derartige Elemente wär's eben keine Fantasy-Geschichte. In einem Krimi können philosophische Fragen diskutiert werden, aber wenn es nicht um ein Verbrechen und seine Aufklärung geht, dann ist es kein Krimi.

                    Also: Geschichten um Psychologie, Wirtschafts-, Politik- und Sozialwissenschaften sowie Anthropologie gehören ebenso zur SciFi wie rein utopische oder dystopische Geschichten.
                    Dann frage ich mich allerdings, warum überhaupt eine alternative Konstellation nötig ist, um von SciFi zu sprechen. Geschichten um Psychologie oder Politikwissenschaft können schließlich auch in der Realität spielen. Aber wer würde z.B. "Das Experiment" als Science Fiction-Film bezeichnen?

                    Alternate History: (...)
                    Alternate History ist allerdings in der Systematik der englischsprachigen Wikipedia nicht unter Science Fiction subsumiert, sondern eine eigene Kategorie unter "Speculative Fiction":



                    Im Artikel heißt es auch nur vorsichtig: "It can be variously seen as a sub-genre of literary fiction, science fiction, and historical fiction; different alternate history works may use tropes from any or all of these genres."

                    Wer weiter diskutieren will, dem empfehle ich eine Liste mit Definitionen für Science-Fiction
                    (ja, die englische Wikipedia hat hierfür eine eigene Seite, sortiert in chronologischer Reihenfolge)
                    Ich finde die Definition von Asimov 1975 am besten:

                    "Science fiction can be defined as that branch of literature which deals with the reaction of human beings to changes in science and technology."

                    Man könnte höchstens monieren, dass es nicht zwangsläufig human beings sein müssen. "Conscious beings" würde die Definition perfekt machen.

                    Wie auch immer. Der Begriff Science Fiction ist natürlich bis zu einem gewissen Grad unscharf. Trotzdem glaube ich, dass die wenigsten eine Geschichte über jungsteinzeitliche Bauern in einer anderen Welt als Science Fiction bezeichnen würden, falls nicht doch noch Astronauten, Zeitreisende etc. auftreten.
                    Zuletzt geändert von 3of5; 15.04.2013, 01:56.

                    Kommentar


                      #70
                      Zitat von Karl Ranseier Beitrag anzeigen
                      Besonders 1984 kannst du eben nicht so drehen. Die Regimestruktur benötigt die Techniken, um den Überwachungsstaat zu perfektionieren und schafft sie - das ist in 1984 die Reihenfolge und damit sind Ursache und Wirkung klar definiert. In diesem Fall führt die Planung einer gesellschaftlichen Entwicklung zur Notwendigkeit der Technik. In deiner Argumentation müßte die Technik aber vorher da gewesen sein und sich jemand gesagt haben, "hey, damit kann ich ja jetzt meinen Überwachungsstaat bauen". Die Technik zum Erreichen der rudimentären Ausgangssituation in 1984 - eine Welt nach einem Atomkrieg - war schon vor Schreiben des Romans real und eingesetzt worden. 1984 füllt das Vakuum mit 3 Großmächten und umkämpften Gebieten. Es ist eine gewollte politische Entwicklung der Führungsebenen, die Welt im dauernden Kriegszustand zu halten, weil dadurch die Bevölkerun leichter zu kontrollieren und manipulieren ist. Ob Orwell dazu technisch das Archivsystem, in dem Winston Smith arbeitet und Zeitungsartikel der jeweils gegebenen, politischen Situation nach Auftragt "anpasst", verwendet oder sich visionär ein zentral manipulierbares Computersystem à la zensiertes Internet ausgedacht hätte, ist für die Story völlig Banane und allenfalls Plot Device. Es geht nur darum, wie sich ein vollständiger Überwachungsstaat im Dauerkriegszustand auf soziales Verhalten und Strukturen auswirkt, angefangen von Profanitäten wie ausgegangenen Rasierklingen über die Nichtbereitschaft, dieses knappe Gut zu teilen, wenn man noch welche hat, bis hin zum Paarungsverhalten. Die verwendeten Methoden zur Manipulation sind alle sehr untechnisch und funktionieren im bzw zielen auf den Kopf der Unterdrückten. Die beschriebene Herrschaft über die Vergangenheit und das System Unperson wurden prinzipiell unter Stalin in der Sowjetunion schon betrieben; in 1984 gesteht Orwell dem Regime nur zu, daß es nach ewig langer Anwendung diese Methoden optimiert hat. Und Newspeak wird auch von zeitgenössicher Politik immer wieder gerne rudimentär verwendet - kling doch viel freundlicher, wenn neben deinem Haus ein "Entsorgungspark" gebaut wird statt einer "Müllkippe", oder ?

                      Wenn du 1984 wirklich auf die Auswirkung von Technik gedreht hast: Schalt diese Sichtweise ab und lies das Buch nochmal. Es lohnt sich
                      Aber ohne die Techniken kann er sie auch nicht perfektionieren. Wobei die Techniken der Überwachungen ja auch Techniken sind, wenn ich Euphemismen durch Neusprech vorgebe.
                      Irgendwie muss man das ja in Science-Fiction einordnen können, sonst wäre es nur eine Parabel oder Utopie, was ja auch nicht schlechtes ist.
                      Ich finde den Hintergrund dafür eigentlich spannender, also Bücher über Stalin.

                      Wenn ich einerseits eine Geschichte über die Kolonalisierung einer fremden Welt in das Weltall und auf fremde Planeten verpflanze, ist es die Auswirkung der Technik, weil diese durch Technik überbrückt worden ist, natürlich werde ich mich dann auch daran orientieren, was in der Vergangenheit bei solchen Kolonisationen passiert ist, vielleicht auch überspitzen.

                      Ich glaube, die meisten Menschen können solche euphemistische Sprechblasen wie Entsorgungspark entschlüsseln. Nett klingende Wörter können irgendwann nur schwer Tatsachen übertünchen. Irgendwann bekommt selbst ein Entsorgungspark einen schlechten Klang.
                      Manchmal ist ja eher das Problem, dass kaum eine Sache nicht gleichzeitig negative und positive Folgen hat.
                      Man kann bei einer Firma, die am Rande der Insolvenz steht und Arbeitsplätze abbauen muss, sagen: Die Firma wird fit gemacht, dass sie überleben kann und somit werden wenigstens Arbeitsplätze erhalten. Oder man kann sagen: Jetzt müssen die Arbeitnehmer die Fehler der Firmenleitung ausbaden und das ist nicht gerecht.
                      Wahrscheinlich stimmen beide Sichtweisen.

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                        #71
                        Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                        Diese Definition ist in meinen Augen zu weit. Sie schließt ja nicht mal Fantasy aus. Schließlich ist auch eine Welt, in der es Elben und Zauberer gibt, eine "alternative Konstellation".

                        Auch eine Geschichte, in der z.B. die Nazis den 2. Weltkrieg gewonnen habe, ist in meinen Augen nicht zwangsläufig SciFi, sondern zunächst mal nur "Phantastik". Erst wenn es zu Reisen zwischen den Zeitlinien u. dgl. kommt, würde man den Bereich der SciFi betreten.
                        Gut dass du gerade das Beispiel mit dem gewonnenen WW2 erwähnst - denn das ist tatsächlich SF. Eine solche Geschichte gibt es übrigens, und sie löppt unter SF, wie das Cover eindrucksvoll und deutlich aussagt:



                        Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                        Demnach wäre auch eine Serie, die das Leben von Bauern in der Jungsteinzeit behandelt, nur eben nicht auf der Erde, sondern in einer fiktiven Welt, eine "Science Fiction"-Serie.
                        Das wäre sie tatsächlich. Zwar mag die Story um den Bauern bekannt vorkommen, aber die Welt wäre eine fremde - eben eine fiktive.
                        Und würde dieser Bauer nun das Zaubern lernen dann wäre es wiederum Fantasy...

                        Es ist nicht entscheidend für ein Genre WAS erzählt wird, sondern auf welche Art und Weise man es erzählt...!! Nur dies legt letztlich fest, wohin der Bauer (dieses Beispiels) gehört...
                        Ich mag Menschen... wenn es nicht zu viele sind. Laut dürfen sie auch nicht sein. Kleine Friedhöfe sind schön.

                        STAR TREK - ICICLE || STAR TREK EXPANDED - WIKI || SONS OF ANARCHY - WIKI || RED UNIVERSE || SPACE 2063 WIKI

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                          #72
                          Zitat von hawk644 Beitrag anzeigen
                          Gut dass du gerade das Beispiel mit dem gewonnenen WW2 erwähnst - denn das ist tatsächlich SF. Eine solche Geschichte gibt es übrigens, und sie löppt unter SF, wie das Cover eindrucksvoll und deutlich aussagt:
                          Löppt?

                          Es gibt eine ganze Reihe von solchen Geschichten. Trotzdem bin ich der Meinung, dass sie nicht zwangsläufig zur Science Fiction zählen (selbst wenn sie unter diesem Label vermarktet werden). Science Fiction würde vorliegen, wenn die Deutschen eine neuartige Technologie entwickelt hätten, die über den derzeitigen Stand hinausgeht, oder wenn Reisen zwischen unserer und der alternativen Zeitlinie vorkämen. "Das Orakel vom Berge" ist ein Beispiel dafür. Denn erstens spielt eine futuristische Technologie eine Rolle (die Deutschen sind schon 1962 Jahren zum Mars geflogen), zweitens wird eine Reise in unsere Welt zumindest angedeutet.

                          Hingegen eine bloße Beschreibung der Geschichte, wie sie sich mutmaßlich entwickelt hätte, wenn die Deutschen gewonnen hätten, ist für meine Begriffe "Phantastik", aber keine "Science Fiction".

                          Das wäre sie tatsächlich. Zwar mag die Story um den Bauern bekannt vorkommen, aber die Welt wäre eine fremde - eben eine fiktive.
                          Tjoa, und in meinen Augen ist das eben nicht hinreichend. Aber egal. Über diesen Punkt wird man wohl keine Einigkeit herstellen können

                          Kommentar


                            #73
                            Nun, Alternativweltgeschichten werden für gewöhnlich in die Science Fiction-Ecke gepackt. Dabei spielt es keine Rolle, welche Epoche sie behandeln oder wie weit die Technologie entwickelt ist.

                            Generell kann man aber sagen, dass der Übergang zur reinen Phantastik sehr, sehr fließend ist.

                            Anbei mal ein älterer Thread von mir, über Alternativweltgeschichten:

                            http://www.scifi-forum.de/off-topic/...schichten.html

                            Auch der dort auftauchende Wikipedia-Link ist zu empfehlen.
                            "All dies könnte bloß eine aufwändige Simulation sein,
                            die in einem kleinen Gerät auf jemandes Tisch läuft."
                            (Jean-Luc Picard über das Wesen der Wirklichkeit)

                            Kommentar


                              #74
                              Zitat von hawk644 Beitrag anzeigen
                              Gut dass du gerade das Beispiel mit dem gewonnenen WW2 erwähnst - denn das ist tatsächlich SF. Eine solche Geschichte gibt es übrigens, und sie löppt unter SF, wie das Cover eindrucksvoll und deutlich aussagt:


                              Ein Verleger verkaufte das unter Science-Fiction, das kann man so sehen, das muss man nicht so sehen. Heute würde es unter einem anderen Label erscheinen, weil man denkt, da verkauft es sich besser. Der Krachtroman über die Schweizer Sowjetrepublik lief nicht unter Science-Fiction.
                              Und in welches Genre man etwas packt, bedeutet ja nicht, dass eine Geschichte dadurch schlechter wird. Ich mag eigentlich Geschichten mit Alternativer Historie.

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                                #75
                                Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                                Löppt?
                                Plattdeutsch für "läuft"
                                Ist so reingerutscht in den Text.

                                Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                                Es gibt eine ganze Reihe von solchen Geschichten. Trotzdem bin ich der Meinung, dass sie nicht zwangsläufig zur Science Fiction zählen (selbst wenn sie unter diesem Label vermarktet werden). Science Fiction würde vorliegen, wenn die Deutschen eine neuartige Technologie entwickelt hätten, die über den derzeitigen Stand hinausgeht, oder wenn Reisen zwischen unserer und der alternativen Zeitlinie vor kämen. "Das Orakel vom Berge" ist ein Beispiel dafür. Denn erstens spielt eine futuristische Technologie eine Rolle (die Deutschen sind schon 1962 Jahren zum Mars geflogen), zweitens wird eine Reise in unsere Welt zumindest angedeutet.

                                Hingegen eine bloße Beschreibung der Geschichte, wie sie sich mutmaßlich entwickelt hätte, wenn die Deutschen gewonnen hätten, ist für meine Begriffe "Phantastik", aber keine "Science Fiction".
                                Das ist IMO der Knackpunkt.
                                Jeder SIEHT die SF anders, also was dazu gehört und was nicht - aber deswegen gibt es ja eine (sehr einfache) Definition dafür, damit man im Bilde ist und bleibt was SF am Ende IST...

                                Ob diese Definition den Leuten dann in ihren jeweiligen Kram passt steht auf einem ganz anderen Blatt, ist aber gleichfalls - hart ausgedrückt - nicht im Mindesten relevant, da es nichts an den Fakten ändert OB eine Story SF ist oder nicht.

                                Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                                Tjoa, und in meinen Augen ist das eben nicht hinreichend.
                                Danke, dass du das korrekt ausgedrückt hast: "In deinen Augen..."

                                Zitat von 3of5 Beitrag anzeigen
                                Aber egal. Über diesen Punkt wird man wohl keine Einigkeit herstellen können
                                Subjektiv bestimmt nicht - objektiv gibt es hingegen eine ganz klare und leicht zu verstehende Richtlinie, per Definition.
                                Ich mag Menschen... wenn es nicht zu viele sind. Laut dürfen sie auch nicht sein. Kleine Friedhöfe sind schön.

                                STAR TREK - ICICLE || STAR TREK EXPANDED - WIKI || SONS OF ANARCHY - WIKI || RED UNIVERSE || SPACE 2063 WIKI

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