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    #16
    Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen
    Du brauchst mich nicht über die Defizite dieses Systems belehren, die sehe ich so auch, siehe den Rest meines Posts. Ich wollte lediglich der Befürchtung widersprechen, die Gefahr sei groß, dass wir einen Bundestag voller Lageristen bekämen.
    Erst findest du die Idee "gar nicht so schlecht", eine Kammer einzurichten, die willkürlich mit irgendwelchen Leuten besetzt wird und über Wohl und Wehe des Landes entscheidet, indem sie sämtliche Gesetzesvorlagen abnicken soll.

    Wobei ich sagen muss, dass auch die letzten Bundestage und Bundesregierungen, insbesondere die aktuelle, nicht gerade durch Sachkompetenz und Realitätsbezug glänzen.
    Ja, die übliche Politikverdrossenheits-Polemik darf natürlich nicht fehlen. Ich bin sicher, dass willkürlich ausgewählte Leute das alles viel besser hinbekommen. Meine Bäckereifachverkäuferin kann nicht mal eine Brotbestellung entgegennehmen, wenn ihre Kasse kaputt ist und soll dann über Strafrechtsnovellen und Gesundheitsreformen abstimmen?

    Jeder Kaninchenzüchterverein wählt seine Vorsitzenden sorgfältig, aber die Staatsführung eines Volkes von 80 Mio lässt man verlosen?

    Aber sowas ist halt modern in der schönen wikipedia Welt.

    @HerrHorst: Und welche mächtige Instanz bestimmt, welche Experten einen dieser begehrten Vorzugsplätze erhalten? Wieder irgendwelche Leute von der Straße?
    Und was Schöffen und Richter anbetrifft, so lassen sich die Schöffen im Zweifelsfall vom Richter an der Nase herumführen und merken es nicht einmal.

    Diese "von der Straße" Volksvertreter wären ein Spielball der Bürokratie und ihres Expertenstabes und würden wahrscheinlich nach wenigen Wochen ohnehin einen Nervenzusammenbruch erleiden oder Depressionen bekommen. Und das sicherlich auch welche mit höherem Bildungsniveau.
    Zuletzt geändert von endar; 16.02.2013, 18:22.
    Republicans hate ducklings!

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      #17
      Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
      ... Würde ein solches System also: a. funktionieren, b. als legitim betrachtet werden, c. gegenüber dem jetzigen System im Vorteil sein?
      Nein. Das würde natürlich nicht funktionieren, schon weil dann Laien die Geschicke des Staates lenken würde. Das verbietet sich von selbst. Auch wenn unser Politiksystem sicherlich nicht perfekt ist, so macht es keinen Sinn Berufspolitiker durch Laien zu ersetzen. Das würde nur zu Chaos führen. Den Laien müssten also Experten an die Seite gestellt werden, die dann zwangsläufig die Politik machen würden, ohne das sie jemand gewählt hat. Außerdem: Wer wählt die Experten/Berater aus?

      Übrigens hatte das Lossystem in Griechenland, wo natürlich nur unter Kandidaten gelost wurde, schwere Nachteile. Durch Verleumdung wurden so manche Leute aus dem politischen System entfernt, die aber besser innerhalb des Systems geblieben wären.
      "Vittoria agli Assassini!"

      - Caterina Sforza, Rom, 1503

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        #18
        Zitat von endar Beitrag anzeigen
        Landru lässt grüßen.
        Der Gedanke ist eigentlich keinesfalls albern. Letztlich ist jedes internationale Großunternehmen nichts anderes als eine Planwirtschaft, die ihre Ressourcen mit Hilfe von ERP-Software steuert.

        - - - Aktualisiert - - -

        Zitat von Admiral Ahmose Beitrag anzeigen
        Nein. Das würde natürlich nicht funktionieren, schon weil dann Laien die Geschicke des Staates lenken würde. Das verbietet sich von selbst. Experten/Berater aus?
        Aha. Das verbietet sich von selbst, weil dann Laien die Geschicke des Staates lenken würden. Und was ist der Unterschied zur jetzigen Situation? Das Parlamentarier in 99% aller Fälle eigentlich überhaupt keine Ahnung haben, worüber sie abstimmen, ist doch allgemein bekannt. Der ganze Grundgedanke unseres Parlamentes ist der eines Laienparlaments. Berufspolitiker sind leider keine Experten, was die Führung eines Staatswesens angeht, Berufspolitiker sind Experten darin, in der Struktur einer Partei aufzusteigen und sich Ämter und Pfründe zu sichern.
        "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
        -Cpt. Jean-Luc Picard

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          #19
          Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
          Der Gedanke ist eigentlich keinesfalls albern. Letztlich ist jedes internationale Großunternehmen nichts anderes als eine Planwirtschaft, die ihre Ressourcen mit Hilfe von ERP-Software steuert.

          - - - Aktualisiert - - -
          Und an der Anzahl an BWLern innerhalb eines Konzerns, an der Häufigkeit von Umstrukturierungen, Restrukturierungen, an den Honoraren von Unternehmensberatern und den vielen bürokratischen Ineffizienzen, die jeder schon erlebt hat, der in einem Groskonzern gearbeitet hat, sieht man ja wunderbar wie "grandios" diese Planwirtschaft schon bei nur 200000 Mitarbeitern und einem großen gemeinsamen Hauptziel Gewinn funktioniert. Wie toll das dann erst bei 80 Mio und sich widersprechenden Zielvorstellungen funktionieren muss.

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            #20
            Zitat von Admiral Ahmose Beitrag anzeigen
            Übrigens hatte das Lossystem in Griechenland, wo natürlich nur unter Kandidaten gelost wurde, schwere Nachteile. Durch Verleumdung wurden so manche Leute aus dem politischen System entfernt, die aber besser innerhalb des Systems geblieben wären.
            Inwiefern hängen die Verleumdungen mit dem Lossystem zusammen?

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              #21
              Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
              Statt den Bundestag zu wählen, werden seine Mitglieder durch das Los bestimmt, wobei jeder wahlberechtigte Bürger mit gleicher Wahrscheinlichekeit in Frage kommt.

              Angesichts dessen, dass die Hälfte der Abgeordneten bereits heute über keinerlei demokratische Legitimität verfügen, weil sie sich über starre Parteilisten in die Gänge der Mächte durchgemogelt haben, wäre dies sogar nur eine Redukton des Wahlanteils von 50% auf 0%. Als Resultat erhalten wir eine Volksvertretung, die das Volk wahrscheinlich recht gut abbildet. So wird der Frauenanteil bei ungefähr 50 % liegen, der Akademikeranteil bei 20 %, der Hochintelligentenanteil bei 2 % usw...
              Anwälte, Beamte, Funktionäre und Parteimitglieder würden auf ihren tatsächlichen Anteil in der Bevölkerung reduziert und könnten den Gesetzbildungsprozess nicht mehr usurpieren.
              Müsste man, um Deutschland abzubilden, nicht eine riesige Grundgesamtheit benötigen? Ich würde so ca. 5000 Personen schätzen.
              Alles darunter wäre nicht repräsentativ, und die politische Richtung des Landes wäre dem Zufall überlassen, wenn z.B. per Zufall einmal überproportional mehr Sozialdemokraten dabei wären etc.

              Zudem vermute ich auch, dass in diesem Verfahren die Macht auf einigen wenigen zugespitzt wird, z.B. einem Bundestagspräsidenten oder sonstigem Verfahrenshüter, der allen das Prozedere erklärt.
              Oder auf wenigen, hinzugewählten, eloquenten Personen, um die sich dann viele andere scharen werden. Jeder mit einer persönlichen Agenda.
              Das wäre kaum ausrechenbar was wir da bekämen.
              When I feed the poor, they call me a saint.
              When I ask why the poor are hungry, they call me a communist.


              ~ Hélder Câmara

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                #22
                Zitat von endar Beitrag anzeigen
                Erst findest du die Idee "gar nicht so schlecht", eine Kammer einzurichten, die willkürlich mit irgendwelchen Leuten besetzt wird und über Wohl und Wehe des Landes entscheidet, indem sie sämtliche Gesetzesvorlagen abnicken soll.
                Nö, ich habe Enas Yorls Vorschlag ganz gut gefunden, eine zweite Kammer einzurichten, oder alternativ vorgeschlagen nur einen Teil des Bundestages zu losen. Die gesamte Legislative zu losen, so wie KdE es vorgeschlagen hat, habe ich nirgendswo unterstützt.


                Ja, die übliche Politikverdrossenheits-Polemik darf natürlich nicht fehlen.
                Was soll da jetzt polemisch dran sein? Die jetzige Regierung nebst Parlamentsmehrheit ist gerade im ökonomischen Bereich zu blöd für irgendwas und lebt offenbar samt und sonders in irgendeiner schaumigen, rosaroten Parallelwelt. Anders ist dieses Dauergeschwafel wie toll es doch bergauf geht in Deutschland und Europa nicht mehr zu erklären.

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                  #23
                  Zitat von newman Beitrag anzeigen
                  Und an der Anzahl an BWLern innerhalb eines Konzerns, an der Häufigkeit von Umstrukturierungen, Restrukturierungen, an den Honoraren von Unternehmensberatern und den vielen bürokratischen Ineffizienzen, die jeder schon erlebt hat, der in einem Groskonzern gearbeitet hat, sieht man ja wunderbar wie "grandios" diese Planwirtschaft schon bei nur 200000 Mitarbeitern und einem großen gemeinsamen Hauptziel Gewinn funktioniert. Wie toll das dann erst bei 80 Mio und sich widersprechenden Zielvorstellungen funktionieren muss.
                  Nichts für ungut, aber das sind nur ein paar alberne Gemeinplätze... Ineffizienzen findet man überall da, wo Menschen arbeiten, sei es in einem Unternehmen oder einer Behörde oder einer gemeinnützigen Stiftung. Das liegt dann aber an den Menschen, nicht an der Technik. Ein Argument, warum der informationstechnische Fortschritt der letzten zwanzig Jahre nicht eine effizientere Planwirtschaft ermöglichen sollte, kann ich hier nicht erkennen.

                  Jedenfalls kann man sich ein System über das der Kunde automatisch seine Bestellung aufgibt und dass dann sämtliche logistischen Schritte selbstständig einleitet, von der Bestellung der Komponenten bei den Zulieferern bis Lieferung, der Einleitung des Fertigungsprozesses und der Auslieferung an den Kunden, natürlich auch zunutze machen, um eine Wirtschaft in größerem Maßstab zu lenken. Insbesondere, wenn man sich anschaut, das wir erst am Anfang einer technischen Entwicklung stehen, die letztlich alles umwälzen wird. Beispielsweise wird es in absehbarer Zeit flächendeckend Mobilfunknetze der vierten Generation geben, die alles mit Geschwindigkeiten von 50 Mbit+ ans Internet anschließen.

                  Das kann man dann mit Machine-to-Machine Trends und stetig wachsender Rechenkapazität und gewaltigen Serverzentren kombinieren kombinieren und sich Fragen, ob eine derartige allgegenwärtige Informationstechnologie nicht auch eine völlig neue Wirtschaft ermöglichen könnte.

                  Es war ja letztlich ein Problem aller bestehenden Planwirtschaften, dass die zentralen Planer nur wenig Informationen und vor allem wenig verlässliche Informationen zur Verfügung hatten und deswegen weder den Bedarf richtig vorhersagen konnten, was zur Fehlallokation von Ressourcen geführt hat, noch aufgrund von falschen Erfolgsmeldungen der unteren Ebenen überhaupt wussten, was tatsächlich produziert worden ist... Das ganze mit der (Schnecken)Geschwindigkeit von Papier, Briefen und Akten...

                  Jetzt stellen wir uns eine Planwirtschaft vor, in der jedes technische Gerät permanent mit dem Internet verbunden ist und ständig seinen Zustand an Rechenzentren weitergibt. Wenn das eigene Auto eine Panne hat, dann muss man nicht hoffen, dass die Zentralplaner in Berlin für diesen Fünf-Jahresplan genug Ersatzvergaser eingeplant haben, sondern dann gibt das Auto automatisch eine Anforderung in das ERP-System, das dann automatisch bei den Zulieferern die entsprechenden Einzelteile bestellt und die Fertigung durch automatisierte Systeme und die Auslieferung an eine Werkstatt in die Nähe einleitet. Ist das Science-Fiction? Klingt zwar so, aber eigentlich nicht. Viele Unternehmen, z.B. Miele seine Waschmaschinen, liefern ihre Geräte mittlerweile mit Internetanschluss aus. Wenn eine solche Waschmaschine eine Fehlfunktion an Miele sendet, wird automatisch ein Servicetechniker zum Kunden gesendet. Wie gesagt, wir sind noch nicht soweit, eine ganze Volkswirtschaft auf diese Weise zu planen und zu führen, aber Rechenkapazität, Software, Informationsnetze entwickeln sich ständig weiter, und es gibt jetzt schon Unternehmen, deren Umsatz das BSP von Staaten übersteigt und die sich auf diese Weise managen.
                  Zuletzt geändert von Valdorian; 17.02.2013, 13:22.
                  "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
                  -Cpt. Jean-Luc Picard

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                    #24
                    Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen

                    Wobei KdE jetzt nicht erläutert hat, wie genau das ablaufen soll. Wird da wirklich aus 80 Mio Bürgern zufällig ausgewählt, oder wird nur unter Kandidaten ausgewählt? Und darf man die Wahl auch ablehnen? Wenn bestimmte Teile der Bevölkerung nicht wählen gehen wollen, warum sollten sie dann selbst Politiker sein wollen? Andere Gruppen wiederum, z.B. Schüler oder Studenten sind aus Zeitgründen nicht repräsentiert. Ich hätte jetzt ehrlich gesagt keine Zeit, neben meinem Studium noch Abgeordneter zu sein. Allenfalls könnte ich nach den vier Jahren das Studium wieder aufnehmen, was aber extrem ineffizient wäre
                    Ich wollte mich nicht zu sehr an den technischen Fragen aufhängen, wobei die Auswahlgruppe sicherlich eine interessante Frage darstellt. Ich finde in der Tat den Gedanken attraktiv, Kandidaten unabhängig von einer Bewerbung aus dem Bereich der Wahlberechtigten (also etwa keine schulpflichtigen Kinder) auszuwählen. So wie obligatorischer Wehr-, Wahl- oder Sozialdienst, den es in zahlreichen demokratischen Staaten gibt und gab, wäre der Dienst als Volksvertreter eine bürgerliche Pflicht. Es würde in dem Fall zwar eine Härtefallreglung geben (schwere Krankheiten, sicherheitsverwahrt etc.), aber "Ich habe keine Lust auf Politk" sollte nicht als Ausrede gelten. Denn im heutigen System ist es ja nicht anders, als dass man irgendwie schon erwartet, dass praktisch jeder ein politisches Urteil abgibt und seine Stimme demjenigen anvertraut, mit dessen politischen Überzeugungen er am meisten sympatisiert. An der Wahlurne ist das zwar tatsächlich eine Illusion, aber diese politische Bürgerpflicht wird de facto bereits postuliert.

                    Doch wenn das dem Herrn Studenten nicht genehm ist, dann gehen wir halt von einer Auswahl unter registrierten Wählern aus. Das System funktoniert so oder so (oder so oder nicht, je nach Standpunkt).


                    Zitat von endar Beitrag anzeigen


                    Das Problem mit solchen Vorstellungen ist die Grundannahme, dass Leute, die sich wählen lassen (Politiker) im Prinzip alles Verbrecher seien, die nur an sich selbst denken würden und ihre Taschen füllen, während die "Gelosten" im krassen Gegensatz dazu für das Allgemeinwohl arbeiten würden.
                    Menschen die gewählt werde wollen, brauchen bestimmte Eigenschafte, damit sie gewählt werden. Wahlprozesse selektieren nicht nach politischer Weisheit, Altruismus oder großartigen Visionen, sondern schlicht nach der Fähigkeit Wahlkämpfe zu gewinnen. Nein, deswegen sind sie nicht böse sowie zufällig ausgewählte Menschen nicht automatisch gut sind. Die traurige Ausgangslage ist die, dass kein Selektionsverfahren bekannt ist, das zuverlässig kompetentes politisches Personal bereitstellt. Wahlkämpfe sind hierfür leider auch nicht besser als die Berufung von Gottes Gnaden. Die Aufgabe dieses Unterfangens, sprich die Delegierung an den Zufall, ist da nur äußerst pragmatisch.


                    Zitat von Admiral Ahmose Beitrag anzeigen
                    Außerdem: Wer wählt die Experten/Berater aus?
                    Es geht um die Reformierung der Demokratie, nicht um die Einführung einer Technokratie.


                    Zitat von Kid Beitrag anzeigen
                    Müsste man, um Deutschland abzubilden, nicht eine riesige Grundgesamtheit benötigen? Ich würde so ca. 5000 Personen schätzen.
                    Alles darunter wäre nicht repräsentativ, und die politische Richtung des Landes wäre dem Zufall überlassen, wenn z.B. per Zufall einmal überproportional mehr Sozialdemokraten dabei wären etc.
                    600 Leute sind für ein Parlament schon eine ziemlich große Anzahl, die sollte man nicht nicht dafür erhöhen, dass man die Geselleschaft am Ende auf das Prozent genau repräsentiert ist. Ja, vielleicht kommt es zu einem 55 % Frauen-Parlament, oder zu einem Parlament der Studenten, der Selbstständigen etc. . Aber statistische Schwankunge würde sehr wahrscheinlich keine Verklumpungen bestimmter Profile erzeugen, wie das heute der Fall ist. Zur Überproportionalität von Parteigängern sei angemerkt, dass bereits jetzt demokratischen Systeme verbreitet sind , die bewusst Mehrheiten im Parlament erzeugen, die in der Wählerschaft nicht existieren (etwa durch Mehreitswahlrecht oder Sperrklauseln). Dies wird für gewöhnlich nicht groß hinterfragt, obgleich hier gewisserweise Vorsatz herrscht. In unserem Zufallsparlament stellt sich das Problem jedoch gar nicht so da. Die wenigstens Menschen haben feste Parteizugehörigkeiten, sondern sind ihrer Erstwahl nur flüchtig verbunden.
                    I reject your reality and substitute my own! (Adam Savage)

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                      #25
                      "Die" griechische antike Demokratie gab es nicht, sondern die in Stadtstaaten.
                      Das bekannteste/einflussreichste Demos war die

                      Attische Demokratie ? Wikipedia.

                      In dieser waren praktisch zu jeder Zeit ca 5% Amtsträger, 20% Schöffen und gut 30% nahmen an den Versammlungen teil. Bei den wichtigsten Themen gab es bei den ekklesias ein Quorum von ca 20% der freien Vollbürger über 20 Jahren.

                      Das angesprochene, aber nicht als Begriff genannte Scherbengericht betraf im Wesentlichen gescheiterte Strategoi (Feldherren) die für bis zu 10 Jahren aus Attika verbannt, oder sogar hingerichtet wurden.
                      Slawa Ukrajini!

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                        #26
                        Zitat von HerrHorst Beitrag anzeigen
                        Dazu war im Rahmen ihres Modells sowieso die Industrie verstaatlicht, womit sich das Problem ohnehin nicht stellt.
                        Als ob ein Staatsbetrieb keine eigenen Interessen verfolgen würde.

                        Ansonsten kann ich den Vorschlag nur ablehnen. Volksvertreter sollten sich dadurch auszeichnen, dass sie sich für Politik interessieren und dies auch öffentlich demonstrieren. Immerhin müssen sie sich sowohl bei der Wahl als auch innerhalb ihrer Partei einem Wettbewerb stellen. Unerfahrene und lustlose Individuen per Los ins Parlament zu hieven würde die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung nur potenzieren. Am Ende käme wieder der Wunsch nach einer Diktatur, nur um die ausgelosten Idioten wieder aus den Ämtern loszuwerden.
                        "En trollmand! Den har en trollmand!"

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                          #27
                          Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
                          Kandidaten unabhängig von einer Bewerbung aus dem Bereich der Wahlberechtigten (also etwa keine schulpflichtigen Kinder) auszuwählen. So wie obligatorischer Wehr-, Wahl- oder Sozialdienst, den es in zahlreichen demokratischen Staaten gibt und gab, wäre der Dienst als Volksvertreter eine bürgerliche Pflicht. Es würde in dem Fall zwar eine Härtefallreglung geben (schwere Krankheiten, sicherheitsverwahrt etc.), aber "Ich habe keine Lust auf Politk" sollte nicht als Ausrede gelten.
                          Genau hier liegen gleich 2 wesentliche Kritikpunkte:

                          (1) Man kann nicht immer mal eben jemanden fuer 3 Monate aus seinem Job entfernen. Das mag beim Fliessbandarbeiter oder bei der Putzfrau noch gehen, aber jeder Mensch, der einen etwas spezielleren Job hat, kann man nicht so einfach austauschen. Vom kleinen Einmannbetrieb ganz zu schweigen. Selbst, wenn man jemanden findet, der die gleiche Ausbildung hat, so gibt es doch in jeder Firma besondere Arbeitsweisen. Fuer 3 Monate einen Ersatz anzulernen, ist unsinnig. Das bedeutet immer einen Nachteil fuer so eine Firma. In der heutigen Konkurenzsituation ist das nicht vertretbar. Und wenn die drei Monate rum sind, dann muss der/die Ex-Abgeordnete die Versaeumnisse der Ersatzkraft aufholen. Die Person wird sich freuen und hat ganz sicher Lust auf den Abgeordneten-Job. Und das fuehrt direkt zum naechsten Punkt:

                          (2) Was ist mit Leuten, die auf diese verantwortungsvolle Taetigkeit keine Lust haben. ZB, weil man sie in einer unguenstigen Situation aus ihrem Job gerissen hat oder weil sie halt schlicht keinen ''Bock'' auf Staat haben. Ja doch, man kann sie vielleicht zwingen, ihr ''Ehrenamt'' anzutreten, sprich fuer 3 Monate in die Hauptstadt zu ziehen und dort regelmaessig im Buero und bei den Abstimmungen zu erscheinen. Aber was tun sie dann dort? Bewusst fuer die Vorschlaege der Extremparteien stimmen? (Ich gehe mal davon aus, dass es in deinem Modell noch geheime Wahlen gibt) Ergo: Man wird nicht verhindern koennen, dass Unlust-behaftete Leute dort Mist anstellen. Und selbst, wenn es nur wenige seien: 1 einzelne/r Abgeordnete/r vertritt viele Menschen. Das sollten Leute tun, die es tun wollen.

                          Nachtrag
                          (3) Auch bzw. GERADE ''Kurzzeit-Abgeordnete'' sind auf den ganzen Beraterstab im Parlament angewiesen. Es mag Themen geben, wo sich einzelne Abgeordnete gut auskennen, aber bei den meisten Themen wird das nicht der Fall sein. Also versucht man, auf die Berater zu hoeren. Und damit haetten diese eine gigantische -und nicht vertrebare- Machtposition. Ein Neuling im Politgeschaeft merkt doch gar nicht, wenn er/sie beeinflusst wird. Und die ganzen Lobby- und Korruptionbemuehungen zielen dann eben auf die Berater ab.
                          .

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                            #28
                            Demarchie, nein danke.
                            Ich hätte nichts dagegen unser repräsentativ-universaldemokratisches System durch eins mit größeren direktdemokratischen und/oder meritokratischen Zügen zu ersetzen, aber die Demarchie würde wie die Anarchie höchst problematisch sein und mehr Probleme schaffen als es lösen würde.

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                              #29
                              Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
                              600 Leute sind für ein Parlament schon eine ziemlich große Anzahl, die sollte man nicht nicht dafür erhöhen, dass man die Geselleschaft am Ende auf das Prozent genau repräsentiert ist. Ja, vielleicht kommt es zu einem 55 % Frauen-Parlament, oder zu einem Parlament der Studenten, der Selbstständigen etc. . Aber statistische Schwankunge würde sehr wahrscheinlich keine Verklumpungen bestimmter Profile erzeugen, wie das heute der Fall ist. Zur Überproportionalität von Parteigängern sei angemerkt, dass bereits jetzt demokratischen Systeme verbreitet sind , die bewusst Mehrheiten im Parlament erzeugen, die in der Wählerschaft nicht existieren (etwa durch Mehreitswahlrecht oder Sperrklauseln). Dies wird für gewöhnlich nicht groß hinterfragt, obgleich hier gewisserweise Vorsatz herrscht. In unserem Zufallsparlament stellt sich das Problem jedoch gar nicht so da. Die wenigstens Menschen haben feste Parteizugehörigkeiten, sondern sind ihrer Erstwahl nur flüchtig verbunden.
                              Bliebe immer noch das Problem der großen Beeinflussbarkeit durch charismatische Personen, deren Agenda systembedingt nicht bekannt ist.

                              Beispiel: Adel wird reingewählt und lässt sich Vorteile in die Verfassung schreiben, nachdem sie das halbe Parlament um den Finger gewickelt haben.
                              Stichwort Guttenbergs und deren Zustimmungsraten.
                              When I feed the poor, they call me a saint.
                              When I ask why the poor are hungry, they call me a communist.


                              ~ Hélder Câmara

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                                #30
                                Zitat von SF-Junky
                                Nö, ich habe Enas Yorls Vorschlag ganz gut gefunden, eine zweite Kammer einzurichten, oder alternativ vorgeschlagen nur einen Teil des Bundestages zu losen. Die gesamte Legislative zu losen, so wie KdE es vorgeschlagen hat, habe ich nirgendswo unterstützt.
                                Ob meine Bäckereifachverkäuferin nun die Gesetze macht oder darüber abstimmen soll, ist doch Jacke wie Hose. Ich sehe da keinen großartigen Unterschied. Beides erfordert ein nicht gerade kleines Maß an Kenntnissen und Erfahrung.

                                In einer komplizierten Welt, in der wir nunmal leben, lässt sich leider nicht alles mit "gesundem Menschenverstand" lösen. Es ist auch nicht die Funktion von Gesetzen, "allgemeinverständlich" zu sein. Gesetze müssen juristisch einwandfrei und eindeutig sein. Das Juristendeutsch ist nämlich nicht dazu da, die Leute zu ärgern.

                                Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
                                Menschen die gewählt werde wollen, brauchen bestimmte Eigenschafte, damit sie gewählt werden. Wahlprozesse selektieren nicht nach politischer Weisheit, Altruismus oder großartigen Visionen, sondern schlicht nach der Fähigkeit Wahlkämpfe zu gewinnen. Nein, deswegen sind sie nicht böse sowie zufällig ausgewählte Menschen nicht automatisch gut sind. Die traurige Ausgangslage ist die, dass kein Selektionsverfahren bekannt ist, das zuverlässig kompetentes politisches Personal bereitstellt. Wahlkämpfe sind hierfür leider auch nicht besser als die Berufung von Gottes Gnaden. Die Aufgabe dieses Unterfangens, sprich die Delegierung an den Zufall, ist da nur äußerst pragmatisch.
                                Das ist eine pessismistisch-misagonistische Auffassung von dir. Du magst es vor dir weisen oder es nicht bemerken, aber der Unterbass deiner Aussage ist "Alle Politiker sind Verbrecher".

                                Das Prinzip der Demokratie ist nämlich die Teilhabe des Bürgers, welches du durch eine Zwangsverpflichtung ersetzen möchtest.

                                Letztendlich redest du der Abschaffung der Demokratie - nämlich der politischen Teilhabe des Bürgers - das Wort. Und das ist das prinzipiell antidemokratische an deinen Ausführungen.
                                Republicans hate ducklings!

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