Mal wieder haben wir ein (Bundes-)Wahljahr. Das bedeutet, dass wie üblich viel Geld für stupide Wahlkämpfe mit all ihrem Ramba-Zamba bar jeden Inhalts verschwendet werden wird. Die Gralshüter der deutschen Politik diskutieren inzwischen, ob die Bürger mehr für die Wahl begeistert werden können, wenn Stefan Raab das TV-Duell (ein blödsinniger Import aus den USA) moderiert. Obgleich abzusehen ist, dass sich im Oktober wieder gegenseitig bezugs des vermeintlich hohen demokratischen Niveaus auf die Schultern geklopft wird, hat dies meiner Meinung nach wenig mit Volksherrschaft zu tun.
Man sollte nicht darüber diskutieren, wer das TV-Duell zur Wahl moderiert. Als Analogie können wir die dahinvegitierenden TV-Politikdiskussionsrunden heranziehen. Jedes Mal wenn Jauch, Hart aber Blöd etc. zu Ende sind, überschlägt sich der Feuilleton damit, die Unterentwickeltheit der öffentlichen Debatta zu bemängeln. Zu glauben, eine weitere vom Bundesmetzger höchstpersönlich moderierte Talk-Runde würde daran etwas ändern, lenkt aber von der grundlegenderen Frage ab, ob wir solche TV-Formate überhaupt benötigen. Entsprechend sollte die Debatte geführt werden, ob Wahlen in einer Demokratie wirklich nötig sind. Ausgehend von der Meinung, dass dem nicht so ist, schlage ich folgende grundlegende Reform vor:
Statt den Bundestag zu wählen, werden seine Mitglieder durch das Los bestimmt, wobei jeder wahlberechtigte Bürger mit gleicher Wahrscheinlichekeit in Frage kommt.
Angesichts dessen, dass die Hälfte der Abgeordneten bereits heute über keinerlei demokratische Legitimität verfügen, weil sie sich über starre Parteilisten in die Gänge der Mächte durchgemogelt haben, wäre dies sogar nur eine Redukton des Wahlanteils von 50% auf 0%. Als Resultat erhalten wir eine Volksvertretung, die das Volk wahrscheinlich recht gut abbildet. So wird der Frauenanteil bei ungefähr 50 % liegen, der Akademikeranteil bei 20 %, der Hochintelligentenanteil bei 2 % usw..
Anwälte, Beamte, Funktionäre und Parteimitglieder würden auf ihren tatsächlichen Anteil in der Bevölkerung reduziert und könnten den Gesetzbildungsprozess nicht mehr usurpieren.
Das Modell hat viele Vorteile:
- Die Rolle der Medien wird angemessen zurückgestutzt. Sie übt keinen manipulativen Einfluss auf das Wahlergebnis mehr aus, weil niemand mehr da ist, der manipuliert werden könnte. Sie können sich dank neuen human interest-Geschichten (a la "Klaus Wagner- vom gedemütigten Harz IV-Bezieher zum stolzen Volksvertreter") der Aufmerksamkeit der Kunden weiterhin gewiss sein.
- Jeder Bürger hat die Chance selbst einmal in ein hohes öffentliches Amt zu gelangen, auch wenn er seine Seele und Entscheidungsfähigkeit nicht an eine Partei verkauft.
- Das unsägliche Verunglimpfen von Politkern fände womöglich ein Ende, weil der Berufspolitker, der es sich über Jahrzehnte in seiner Abgeordnetenparallelwelt gemütlich macht, durch tatsächliche Vertreter des Volkes abgelöst wird.
- Man spart und erspart sich Wahlen mit ihren unsäglichen Lügenwahlkämpfen, die am Ende eh gerne von unpolitischen Faktoren entschieden werden (Gerd in Gummistiefeln). Man erspart sich ferner andere ärgerliche Begleitumstände der Wahlgesellschaft (Lobbykontakte, Wahlkreispflege, Parteiarbeit).
- Wie angesprochen herrscht keine Dominanz von kleinen gesellschaftlichen Subgruppen mehr. Außerdem keine Dominanz von professionalisierten Machtmenschen.
- Es erfolgt die Repräsentation von heute unterrepräsentieren Gruppen (Mütter, Arbeitslose, Studenten etc.).
- Die grundlegende demokratische Funktion der Machtkontrolle ist im höchsten Maße gegeben.
Die Auswahl des politischen Personals per Losentscheid ist historisch nichts Neues. Schon im alten Griechenland, also der Wiege der Demokratie, wurden zahlreiche öffentliche Ämter durch den Zufall besetzt. In England wurden bis ins 17. Jahrhundert kommunale Ämter verlost- teilweise sogar Sitze im Unterhaus. Noch heute spielt das Los in angelsächsischen Ländern eine große Rolle im judikativen Bereich (Geschworenengerichte).
Will man sich Personalwahlen auf Bundesebene komplett sparen, so behielte man das parlamentarische System bei und würde die Regierung weiterhin durch das (Los-)Parlament besetzen lassen. Sollte die Regierung wie jetzt aus den Reihen des Parlamentes stammen, so hätte man den weiteren positven Nebeneffekt einer de facto Wiederwahlsperre, da es sehr unwahrscheinlich ist, dass einer der neuen Bundestagsmitglieder zweimal in Folge gewählt wird. Politische Dynastien a la Adenauer oder Kohl wären also ausgeschlossen.
Der Verzicht auf Personalwahlen muss keinen Verzicht von Wahlen insgesamt bedeuten. Nichts spricht dagegen, den Bürger bei Sachsthemen mitreden zu lassen und ich würde einen solche Schritt sehr begrüßen. Direkte Demokratie auf Bundesebene könnte das Gefühl der politischen Fremdbestimmung noch weiter zurückdrängen und seinen Teil dazu tun, aus Querulanten stolze Bürger zu machen. Letztendlich handelt es sich hier aber um einen Verbesserungsvorschlag unabhängig von der Loseinführung, weswegen ich hier nicht weiter darauf eingehe.
Bleibt das Problem der Umsetzung, das ziemlich finster erscheint. Wenn schon in den USA das Gerüst der intellektuell hochgerüsteten Gründerväter sich mehr und mehr als ungeeignet für aktuelle Probleme erweist, so sollte man vom Gerüst der 65 intellektuell moderater begabten Beamten des parlamentarischen Rates auch nicht mehr erwarten. Nichtsdestotrotz würde jede grundlegende Änderung des politischen Systems (ob zum Besseren oder zum Schlechteren) vermutlich eine Revolution, einen Krieg oder eine sonstige kollossale Umwälzung benötigen. Ich sehe hier daher auch einmal vom praktischen Problem der Implementierung ab und möchte den Fokus auf die Stimmigkeit des Modells selbst legen.
Würde ein solches System also: a. funktionieren, b. als legitim betrachtet werden, c. gegenüber dem jetzigen System im Vorteil sein?
Man sollte nicht darüber diskutieren, wer das TV-Duell zur Wahl moderiert. Als Analogie können wir die dahinvegitierenden TV-Politikdiskussionsrunden heranziehen. Jedes Mal wenn Jauch, Hart aber Blöd etc. zu Ende sind, überschlägt sich der Feuilleton damit, die Unterentwickeltheit der öffentlichen Debatta zu bemängeln. Zu glauben, eine weitere vom Bundesmetzger höchstpersönlich moderierte Talk-Runde würde daran etwas ändern, lenkt aber von der grundlegenderen Frage ab, ob wir solche TV-Formate überhaupt benötigen. Entsprechend sollte die Debatte geführt werden, ob Wahlen in einer Demokratie wirklich nötig sind. Ausgehend von der Meinung, dass dem nicht so ist, schlage ich folgende grundlegende Reform vor:
Statt den Bundestag zu wählen, werden seine Mitglieder durch das Los bestimmt, wobei jeder wahlberechtigte Bürger mit gleicher Wahrscheinlichekeit in Frage kommt.
Angesichts dessen, dass die Hälfte der Abgeordneten bereits heute über keinerlei demokratische Legitimität verfügen, weil sie sich über starre Parteilisten in die Gänge der Mächte durchgemogelt haben, wäre dies sogar nur eine Redukton des Wahlanteils von 50% auf 0%. Als Resultat erhalten wir eine Volksvertretung, die das Volk wahrscheinlich recht gut abbildet. So wird der Frauenanteil bei ungefähr 50 % liegen, der Akademikeranteil bei 20 %, der Hochintelligentenanteil bei 2 % usw..
Anwälte, Beamte, Funktionäre und Parteimitglieder würden auf ihren tatsächlichen Anteil in der Bevölkerung reduziert und könnten den Gesetzbildungsprozess nicht mehr usurpieren.
Das Modell hat viele Vorteile:
- Die Rolle der Medien wird angemessen zurückgestutzt. Sie übt keinen manipulativen Einfluss auf das Wahlergebnis mehr aus, weil niemand mehr da ist, der manipuliert werden könnte. Sie können sich dank neuen human interest-Geschichten (a la "Klaus Wagner- vom gedemütigten Harz IV-Bezieher zum stolzen Volksvertreter") der Aufmerksamkeit der Kunden weiterhin gewiss sein.
- Jeder Bürger hat die Chance selbst einmal in ein hohes öffentliches Amt zu gelangen, auch wenn er seine Seele und Entscheidungsfähigkeit nicht an eine Partei verkauft.
- Das unsägliche Verunglimpfen von Politkern fände womöglich ein Ende, weil der Berufspolitker, der es sich über Jahrzehnte in seiner Abgeordnetenparallelwelt gemütlich macht, durch tatsächliche Vertreter des Volkes abgelöst wird.
- Man spart und erspart sich Wahlen mit ihren unsäglichen Lügenwahlkämpfen, die am Ende eh gerne von unpolitischen Faktoren entschieden werden (Gerd in Gummistiefeln). Man erspart sich ferner andere ärgerliche Begleitumstände der Wahlgesellschaft (Lobbykontakte, Wahlkreispflege, Parteiarbeit).
- Wie angesprochen herrscht keine Dominanz von kleinen gesellschaftlichen Subgruppen mehr. Außerdem keine Dominanz von professionalisierten Machtmenschen.
- Es erfolgt die Repräsentation von heute unterrepräsentieren Gruppen (Mütter, Arbeitslose, Studenten etc.).
- Die grundlegende demokratische Funktion der Machtkontrolle ist im höchsten Maße gegeben.
Die Auswahl des politischen Personals per Losentscheid ist historisch nichts Neues. Schon im alten Griechenland, also der Wiege der Demokratie, wurden zahlreiche öffentliche Ämter durch den Zufall besetzt. In England wurden bis ins 17. Jahrhundert kommunale Ämter verlost- teilweise sogar Sitze im Unterhaus. Noch heute spielt das Los in angelsächsischen Ländern eine große Rolle im judikativen Bereich (Geschworenengerichte).
Will man sich Personalwahlen auf Bundesebene komplett sparen, so behielte man das parlamentarische System bei und würde die Regierung weiterhin durch das (Los-)Parlament besetzen lassen. Sollte die Regierung wie jetzt aus den Reihen des Parlamentes stammen, so hätte man den weiteren positven Nebeneffekt einer de facto Wiederwahlsperre, da es sehr unwahrscheinlich ist, dass einer der neuen Bundestagsmitglieder zweimal in Folge gewählt wird. Politische Dynastien a la Adenauer oder Kohl wären also ausgeschlossen.
Der Verzicht auf Personalwahlen muss keinen Verzicht von Wahlen insgesamt bedeuten. Nichts spricht dagegen, den Bürger bei Sachsthemen mitreden zu lassen und ich würde einen solche Schritt sehr begrüßen. Direkte Demokratie auf Bundesebene könnte das Gefühl der politischen Fremdbestimmung noch weiter zurückdrängen und seinen Teil dazu tun, aus Querulanten stolze Bürger zu machen. Letztendlich handelt es sich hier aber um einen Verbesserungsvorschlag unabhängig von der Loseinführung, weswegen ich hier nicht weiter darauf eingehe.
Bleibt das Problem der Umsetzung, das ziemlich finster erscheint. Wenn schon in den USA das Gerüst der intellektuell hochgerüsteten Gründerväter sich mehr und mehr als ungeeignet für aktuelle Probleme erweist, so sollte man vom Gerüst der 65 intellektuell moderater begabten Beamten des parlamentarischen Rates auch nicht mehr erwarten. Nichtsdestotrotz würde jede grundlegende Änderung des politischen Systems (ob zum Besseren oder zum Schlechteren) vermutlich eine Revolution, einen Krieg oder eine sonstige kollossale Umwälzung benötigen. Ich sehe hier daher auch einmal vom praktischen Problem der Implementierung ab und möchte den Fokus auf die Stimmigkeit des Modells selbst legen.
Würde ein solches System also: a. funktionieren, b. als legitim betrachtet werden, c. gegenüber dem jetzigen System im Vorteil sein?
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