Zitat von endar
Anteile an der Gesamtbevölkerung:
48% Arbeiter (AK), 18% neue Mittelklasse (nMK), 32% alte Mittelklasse (aMK)
SPD-Wähler: (21,6% der Stimmen)
57% AK, 28% nMK, 15% aMK
KPD-Wähler: (14,5%)
81% AK, 13% nMK, 6% aMK
Zentrum: (12,5%)
38% AK, 18% nMK, 43% aMK
DDP/DVP: (2,2%)
33% AK, 30% nMK, 37% aMK
DNVP: (6,2%)
38% AK, 27% nMK, 35% aMK
NSDAP: (37,4%)
39% AK, 19% nMK, 42% aMK
Quelle: The Nazis, capitalism and the working class, Gluckstein, London 1999
Diese Wahl war der grösste Erfolg, den die NSDAP je bei freien Wahlen erreichen konnte. Man sieht deutlich, dass die Mittelschichten überrepräsentiert sind, währen die Arbeiterklasse unterrepräsentiert ist. Bei den beiden Arbeiterparteien ist es umgedreht, wobei berücksichtigt werden muss, dass diese tatsächlich nicht alle Arbeiter mehr erreichen konnten. Einerseits gab es noch christliche Arbeiter, die relativ konstant Zentrum wählten, aber auch einen Teil, der die NSDAP wählte. Dabei handelt sich es mehrheitlich um Arbeiter aus Kleinbetrieben und ländlichen Regionen, sowie Arbeitslosen. In der Industriearbeiterschaft konnte die NDSAP nie eine grössere Unterstützung gewinnen, selbst bei den Betriebsratswahlen 1934 verlor die NSDAP noch haushoch. Die Ursache dafür, dass auch Arbeiter die NSDAP wählten, liegt hierbei natürlich in erster Linie in den katastrophalen Politik der SPD und KPD, die sich hauptsächlich durch Passivität auszeichnete.
Es stimmt, dass in der SA Arbeiter (hauptsächlich Arbeitslose) sogar mit einem Anteil von 64% sogar überrepräsentiert waren (wobei hier von einem Anteil der Arbeiterklasse von 53% ausgegangen wird, gleiche Quelle wie oben).
Aber bei der gesamten Mitgliedschaft der NSDAP sieht man wieder deutlich, dass die Mittelschichten und besonders deren privilegierten Teile und die herrschende Klasse (zusammen "Elite") überrepräsentiert sind, während die Arbeiterklasse unterrepräsentiert ist:
Anteil der neuen NSDAP-Mitglieder im Jahre 1933:
Arbeiter 30,7% (Gesamtbevölkerung 54,6%)
Mittelschichten 57,1% (Gesamtbevölkerung 42,7%)
Elite 12,2% (Gesamtbevölkerung 2,8%)
Quelle: The Nazi Party, Kater, Cambridge, 1983
Zitat von endar
Zitat von endar
Es stimmt, dass das Scheitern der Weimarer Republik nicht alleine mit der ökonomischen Entwicklung erklärt werden kann. Genauso wie die Mentalitäten und politischen Einstellungen im Staatsapparat, den Mittelschichten und dem Bürgertum nicht als Erklärung ausreichen. Wenn nicht zwischen den einzelnen Klassen und Schichten in dieser Beziehung differenziert wird, kann man zu keiner vernünftigen Aussage mehr kommen.
Die ökonomische Entwicklung ist aber dahingehend aussagekräftig, dass sie die Krisen der Weimarer Republik erklärt, die ja nicht in den Boom-Jahren lagen. Dazu war die wirtschaftliche Krise in Deutschland damals im Vergleich zu anderen Staaten (Ausnahme Polen und USA) deutlich stärker. Ein entscheidender Unterschied zwischen Deutschland und Frankreich, UK und USA liegt aber darin, dass es der Arbeiterklasse in der Novemberrevolution gelungen war weitgehende Zugeständnisse zu erlangen. Durch diese halbe Revolution waren die gesellschaftliche Polarisierung auch grösser in Deutschland grösser als in den anderen Staaten. Das Gleichgewicht zwischen den Klassen war in Deutschland in der Folge der Revolution zugunsten der Arbeiterklasse verschoben und genau dies sah die herrschende Klasse auch als wesentliches Hindernis an, wenn sie ihre wirtschaftliche Interessen durchsetzen wollte und aussenpolitisch wieder ein Expansionskurs einschlagen wollte. Dies ist auch der wesentliche Grund, warum grosse Teile der herrschenden Klasse - insbesondere Schwerindustrielle, Banker und hohe Militärs - die Nazis als letzte Lösungsmöglichkeit in der Krise unterstützten.
Noch mal: wie schon geschrieben gibt es wesentliche Unterschiede zwischen dem geringen Widerstand aus der Arbeiterklasse auf der einen Seite und aus den Mittelschichten und den herrschenden Klasse andererseits. Eine gemeinsame Erklärung ist hier nicht möglich. Dies gilt auch für die Unterschiede in den Höhepunkten der Widerstandsaktivitäten.
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