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    #61
    Naja, das ist doch aber schon eine recht naive Vorstellung. Wie will man denn feststellen was "der Wähler" will? Das geht vielleicht bei einer Einheitspartei mit vorgeschriebener Teilnahme an OV-Sitzungen, aber nciht in unserer pluralistischen Demokratie. Ganz davon abgesehen daß dies wohl noch mehr zu einer maßgeblich von BILD bestimmten Politik führen würde. Dazu kommen die praktischen Probleme, die auftreten wenn jeder Abgeordnete quasi andauernd damit rechnen muss abgelöst zu werden - einarbeiten ist dann wohl kaum noch möglich. Und was ist wenn "der Wähler" wieder mal unzufrieden mit dem Abgeordneten Kanzler ist (also quasi immer), wird der dann auch gleich abgesetzt? Ganz ehrlich, solche urdemokratische Ideen halte ich für ein Land mit 80 Millionen Einwohnern für unpraktikabel.

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      #62
      Zitat von Jack Crow
      Naja, das ist doch aber schon eine recht naive Vorstellung. Wie will man denn feststellen was "der Wähler" will?
      Sage ich ja: Rein normativ (also frei wertend) über den Wählerwillen zu orakeln halte ich für hochgradig undemokratisch, weil das auf die SED rausläuft (die wußte auch immer, was alle "ihre" Arbeiter wollten). Andererseits eine Pflicht zur Abstimmung über jede noch so kleine Entscheidung ist in höchstem Maße unpraktikabel.
      Es hat schon immer Science-fiction gegeben - die Wettervorhersage im Fernsehen.
      -Peter Ustinov

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        #63
        Zitat von Jack Crow
        Wie will man denn feststellen was "der Wähler" will?
        Wie wäre es mit fragen und einer Abstimmung? Nur eben keine Abstimmung alle vier - oder noch schlimmer fünf - Jahre, sondern eben zu allen entscheidenden Fragen. Alles andere führt eben dazu, dass die einzige demokratische Kontrollmöglichkeit die Wahlen alle vier oder fünf Jahre sind und in diesen werden "kleinere Übel" gewählt, die nach der Wahl oft genug eine andere Politik als im Wahlprogramm versprochen machen. Und dann eben ein Jahr vor der Wahl ihre eigentliche Politik stoppen (auf was matrix089 ja öfters hinweist), um noch vor der Wahl einen anderen Eindruck zu machen, um so trotz ihrer Politik gewählt zu werden.

        Der Einfluss von Medien heute ist eben viel grösser, da die BILD z.B. kaum über die ganzen unsozialen Bestandteile von Schröders Politik oder von dem Union-Wahlprogramm berichtet hat.

        Das Problem wird noch dadurch verstärkt, dass der Wähler keine direkte Kontrolle hat und durch den dauernden Bruch der Wahlversprechen sowieso immer mehr frustiert und deshalb desinteressiert ist. Einem so frustrierten Wähler kann die BILD auch viel mehr vormachen - oder diese Leute gehen einfach gar nicht mehr zu Wahl, was dazu führt, dass mir keine Landesregierung bekannt wäre, die tatsächlich von der Mehrheit der Wähler gewählt wurde.
        Zitat von Jack Crow
        Dazu kommen die praktischen Probleme, die auftreten wenn jeder Abgeordnete quasi andauernd damit rechnen muss abgelöst zu werden - einarbeiten ist dann wohl kaum noch möglich.
        Was für ein Argument Der Abgeordnete müsste sich halt an den Wählern orientieren und nicht an seinem "Gewissen" (Dresdner-Bank, diverse Energiekonzerne, VW, Auftraggeber bei Anwälten etc. oder einfach nur seiner Meinung, die im Widerspruch zu deren seiner Wählern stehen kann).
        Zitat von Jack Crow
        Und was ist wenn "der Wähler" wieder mal unzufrieden mit dem Abgeordneten Kanzler ist (also quasi immer), wird der dann auch gleich abgesetzt?
        Tja, das würde eben bedeuten, dass der Kanzler eine Politik machen müsste, die die Mehrheit zufrieden macht. Das ist ja auch der Sinn der Demokratie.
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          #64
          Zitat von max
          Wie wäre es mit fragen und einer Abstimmung? Nur eben keine Abstimmung alle vier - oder noch schlimmer fünf - Jahre, sondern eben zu allen entscheidenden Fragen.
          Und wer legt anhand welcher Kriterien fest, welche Fragen entscheidend sind? Und schon wieder ist eine Wertung in die Sach gekommen. Ich sehe schon, worauf Du raus willst, aber ganz ohne die Wertungen irgendeiner Instanz geht es nicht, mit anderen Worten: An irgendeiner Stelle wird doch delegiert werden müssen - und damit ist man beim Repräsentationsprinzip.

          Zitat von max
          Tja, das würde eben bedeuten, dass der Kanzler eine Politik machen müsste, die die Mehrheit zufrieden macht. Das ist ja auch der Sinn der Demokratie.
          Das ist richtig, und das wird auch keiner ernsthaft in Abrede stellen wollen. Das Problem ist aber, daß auch die sogenannten "unpopulären Entscheidungen" von Zeit zu Zeit eben auch mal getroffen werden müssen. Ich gebe nur mal folgendes zu bedenken: Wenn es nach "Volkes Stimme" ginge, hätten wir sehr wahrscheinlich wieder die Todesstrafe, wenn mal wieder ein Kind entführt und/oder getötet wird.

          Damit will ich bestimmt nicht sagen, daß das Volk vor sich selbst geschützt werden muß oder gar bestimmte Entscheidungen nicht treffen sollte. Es schadet aber nichts, wenn nicht aus Launen heraus Bauchentscheidungen getroffen werden.
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          -Peter Ustinov

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            #65
            JA! Genau! Endlich eine Politik, die macht was der Wähler will! Damit würden wir wohl endgültig ins sozialistische Paradies einziehen! Obwohl, warum eigentlich? Schließlich könnte die Bundesregierung auch einfach die Bundesbank anweisen, jedem Bundesbürger 100000 € zu überweisen, das Geld wird schon einfach irgendwie gedruckt werden, oder so! Dann gehts uns auch im Kapitalismus super. Und all das nur weil die Bundesregierung endlich das tut, was der Wähler will. Hurra!

            Wer jetzt noch glaubt, dass es möglich oder gar sinnvoll wäre, die Bürger zu jedem einzelnen Detail zu befragen, soll mir mal erklären, wie ein normaler Deutscher zusätzlich zu seiner Arbeit und Familie darüber klar werden soll, ob es sinnvoll ist, die Elbe weiter auszubauen oder doch eher verwildern zu lassen. Am nächsten Tag sollte er wissen, wie der Forschungsetat am sinnvollsten zwischen Universitäten und privaten Zuschüssen aufgeteilt wird (selbstverständlich für jede Wissenschaft im einzelnen), nachts noch über die EU-Verordnung zur Einfuhr von Karamellbonbons brüten, weil am nächsten Tag die Kandidaten zum Generalbundesanwalt zum Kaffee vorbeischauen....
            Klar, man kann die Leute auch nur zu Steuern und Soziales befragen, was ja eh der Kern jeder linken Kritik ist, aber da wird natürlich keiner auf die Idee kommen, dass man den Menschen ja auch erklären muss, was denn gut für sie ist bei soooo einem komplizierten Thema, hat unser Durchschnittsdeutscher eigentlich schon "Das Kapital" gelesen? Nein? Sollte er sofort nachholen, damit er überhaupt weiss, was gut für ihn ist.
            können wir nicht?

            macht nix! wir tun einfach so als ob!

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              #66
              Zitat von Sandswind
              Und wer legt anhand welcher Kriterien fest, welche Fragen entscheidend sind? Und schon wieder ist eine Wertung in die Sach gekommen. Ich sehe schon, worauf Du raus willst, aber ganz ohne die Wertungen irgendeiner Instanz geht es nicht, mit anderen Worten: An irgendeiner Stelle wird doch delegiert werden müssen - und damit ist man beim Repräsentationsprinzip.
              Wer entscheidet, über was entschieden wird? Ja, ganz einfach, da kann man z.B. einführen, dass über gewisse Fragen grundsätzlich abgestimmt werden muss (z.B. den Haushalt) und ansonsten eine Abstimmung von einer gewissen Zahl beantragt werden muss. Man braucht eben keine zusätzliche Instanz, keine Delegation. Eine Delegation braucht man meiner Meinung nach nur für die Exekutive, aber nicht für die Legislative.
              Zitat von Sandswind
              Das ist richtig, und das wird auch keiner ernsthaft in Abrede stellen wollen. Das Problem ist aber, daß auch die sogenannten "unpopulären Entscheidungen" von Zeit zu Zeit eben auch mal getroffen werden müssen. Ich gebe nur mal folgendes zu bedenken: Wenn es nach "Volkes Stimme" ginge, hätten wir sehr wahrscheinlich wieder die Todesstrafe, wenn mal wieder ein Kind entführt und/oder getötet wird.

              Damit will ich bestimmt nicht sagen, daß das Volk vor sich selbst geschützt werden muß oder gar bestimmte Entscheidungen nicht treffen sollte. Es schadet aber nichts, wenn nicht aus Launen heraus Bauchentscheidungen getroffen werden.
              Tja, wenn du aber nicht sagen willst, dass das Volk vor sich selbst beschützt werden muss, dann macht deine Aussage aber keinen Sinn. Du kannst entweder behaupten, dass es keine Demokratie geben kann, weil demokratische Entscheidungen grundsätzlich problematisch seien oder es gibt kein Argument, gegen demokratische Entscheidungen. Also was ist deine Position? Du könntest eben genauso argumentieren, dass Wahlen ingesamt falsch seien, weil ja die Wähler komplizierte Zusammenhänge nicht verstehen würden oder Entscheidungen nur aus dem Bauch heraus treffen würden.
              Zitat von blueflash
              aber da wird natürlich keiner auf die Idee kommen, dass man den Menschen ja auch erklären muss, was denn gut für sie ist bei soooo einem komplizierten Thema,
              Das du gegen Demokratie und für die Herrschaft einer Minderheit von Technokraten/Experten/Kapitalisten/wer überhaupt? argumentierst, weil die Mehrheit der Menschen deiner Meinung nach zu blöd ist sich selbst zu regieren, überrascht mich nicht wirklich. Oder wolltest du etwas anderes sagen? Dann überleg mal, für was du hier eigentlich argumentiert hast. Für eine Demokratie hast du auf jeden Fall nicht argumentiert.
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                #67
                Zitat von max
                Wer entscheidet, über was entschieden wird? Ja, ganz einfach, da kann man z.B. einführen, dass über gewisse Fragen grundsätzlich abgestimmt werden muss (z.B. den Haushalt) und ansonsten eine Abstimmung von einer gewissen Zahl beantragt werden muss.
                Wie führt man das ein? Wer legt das jeweils nötige Quorum fest? Kann dieses wiederum im Wege einer Volksentscheidung reduziert werden, so daß der Minderheitenschutz am Ende eine Sperrminorität wird? Das kann gewaltig aus dem Ruder laufen, ich sehe das wirklich sehr kritisch.

                Zitat von max
                Du könntest eben genauso argumentieren, dass Wahlen ingesamt falsch seien, weil ja die Wähler komplizierte Zusammenhänge nicht verstehen würden oder Entscheidungen nur aus dem Bauch heraus treffen würden.
                Nein, sage ich nicht, jedenfalls nicht in dieser absoluten Ausprägung. Es gibt meiner Meinung nach eben nicht nur schwarz und weiß, sondern auch Zwischentöne. Du stellst die momentane Regelung als regelrecht undemokratisch dar, nur direkte Demokratie sei wahrhaft demokratisch. (Das ist übrigens eine Minderheitsmeinung in der Politikwissenschaft und deckt sich auch nicht mit der Meinung der Mehrheit der Bevölkerung, da bin ich mir ziemlich sicher.)

                Ich sage vielmehr, daß wir uns für das Repräsentationsprinzip entschieden haben - und zwar aus den von mir genannten Gründen. Es geht nicht um eine Entmündigung, sondern um Delegation. Wesentliche Entscheidungen werden vom alleinig demokratisch legitimierten Gesetzgeber, also dem Parlament, getroffen, die Legitimation geht von dort aus und setzt sich nach unten hin (sog. "ununterbrochene Legitimationskette"). Ich habe Dir ja schon ein Beispiel genannt, wesehalb ich diesen Ansatz präferiere. Aus meiner Sicht läßt sich die Einführung der Todesstrafe nicht mit dem Argument legitimieren, die Mehrheit wolle sie. Es gibt eben doch einen gewissen Rahmen, der diese absolute Demokratie einschränkt und begrenzt und begrenzen muß. Um eine absolute Volksherrschaft zu etablieren müßte dieser Rahmen ebenfalls zur Disposition stehen - und das widerspricht jeglichem Gedanken eines Rechtsstaates.

                Aber zurück zum Thema: Ich denke, daß sich hier jeder über die Diäten der Abgeordneten in ihrer momentanen Ausprägung ärgert - dem will sicher niemand das Wort reden. Zudem kann man gerne über zusätzliche Elemente direkter Demokratie sprechen. Deswegen aber gleich das gesamte System und unser Verständnis von "Wahlen" in Frage zu stellen, halte ich für überzogen und eher anderweitig motiviert.
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                -Peter Ustinov

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                  #68
                  Zitat von Sandswind
                  Wie führt man das ein? Wer legt das jeweils nötige Quorum fest? Kann dieses wiederum im Wege einer Volksentscheidung reduziert werden, so daß der Minderheitenschutz am Ende eine Sperrminorität wird? Das kann gewaltig aus dem Ruder laufen, ich sehe das wirklich sehr kritisch.
                  Wenn das ganze falsch ausgearbeitet wird, kann es problematisch sein. Aber wo ist das eigentliche Problem? Die Einführung könnte mal durch eine demokratische Abstimmung über die Verfassung erfolgen (die es bis heute nicht gab).
                  Zitat von Sandswind
                  Du stellst die momentane Regelung als regelrecht undemokratisch dar, nur direkte Demokratie sei wahrhaft demokratisch.
                  Die heutige Form ist doch offensichtlich problematisch, weil es kaum Möglichkeiten des direkten Einfluss und der Korrektur gibt. Das heutige System begünstigt den Populismus und beruht darauf, dass viele frustiert und resigniert sind, so dass Politik ohne mehrheitliche Unterstützung der Wähler gemacht werden kann. Das heutige System begünstigt, dass eine Partei bei der Wahl alles mögliche ankündigt und verspricht, danach mehrere Jahre eine andere Politik macht und vor der Wahl ein paar kleinere Korrekturen und Geschenke macht und auf die Vergesslichkeit setzt, um so wieder gewählt zu werden.
                  Zitat von Sandswind
                  Aus meiner Sicht läßt sich die Einführung der Todesstrafe nicht mit dem Argument legitimieren, die Mehrheit wolle sie. Es gibt eben doch einen gewissen Rahmen, der diese absolute Demokratie einschränkt und begrenzt und begrenzen muß. Um eine absolute Volksherrschaft zu etablieren müßte dieser Rahmen ebenfalls zur Disposition stehen - und das widerspricht jeglichem Gedanken eines Rechtsstaates.
                  Also erstens ist eine Behauptung, dass die Mehrheit etwas wolle, noch lange keine Legitimation und zweitens solltest du dich fragen, wie dieser Rahmen zu stande kommt. Ist dieser Rahmen etwas feststehendes? Offensichtlich nein, wie die Quasi-Abschaffung des Asylrechts durch die Union, SPD und FDP in den 90ern gezeigt hat. Dort wurde eben ein eigentlich essentielles Grundrecht soweit zerstört, dass es heute nicht mehr wirksam ist. Die Union fordert dazu laufend weitgehende Änderungen der Verfassung, d.h. Einschränkung der Grundrechte, um die Befugnisse des Gewaltapparats erweitern zu können, den Einsatz der Bundeswehr im Inneren etc.

                  Der Rahmen ist also nicht einfach garantiert und unveränderbar, sondern er wird verändert. Ich sehe also nicht, wo hier dein Argument gegen direkte Demokratie sein soll.
                  Zitat von Sandswind
                  Aber zurück zum Thema: Ich denke, daß sich hier jeder über die Diäten der Abgeordneten in ihrer momentanen Ausprägung ärgert - dem will sicher niemand das Wort reden. Zudem kann man gerne über zusätzliche Elemente direkter Demokratie sprechen. Deswegen aber gleich das gesamte System und unser Verständnis von "Wahlen" in Frage zu stellen, halte ich für überzogen und eher anderweitig motiviert.
                  Die Höhe der Diäten sind für mich nicht der Grund, sondern die Erfahrung, dass Parteien routinemässig eine andere Politik machen, als für die sie bei Wahlen geworben haben. Eben die Erfahrung, dass Wahlen kaum einen Einfluss auf die Politik haben, sondern eine Kontinuität der Politik trotz der Wahlen besteht. Es ist genau diese Erfahrung, die zur Parteienverdrossenheit führt, die zu den starken Rückgängen bei der Wahlbeteiligung führt - eben zu dem Zustand, dass die heutigen Landesregierungen nicht von einer Mehrheit, sondern eine Minderheit gewählt wurden.
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                    #69
                    Zitat von max
                    Wie wäre es mit fragen und einer Abstimmung? Nur eben keine Abstimmung alle vier - oder noch schlimmer fünf - Jahre, sondern eben zu allen entscheidenden Fragen. Alles andere führt eben dazu, dass die einzige demokratische Kontrollmöglichkeit die Wahlen alle vier oder fünf Jahre sind und in diesen werden "kleinere Übel" gewählt, die nach der Wahl oft genug eine andere Politik als im Wahlprogramm versprochen machen. Und dann eben ein Jahr vor der Wahl ihre eigentliche Politik stoppen (auf was matrix089 ja öfters hinweist), um noch vor der Wahl einen anderen Eindruck zu machen, um so trotz ihrer Politik gewählt zu werden.

                    Der Einfluss von Medien heute ist eben viel grösser, da die BILD z.B. kaum über die ganzen unsozialen Bestandteile von Schröders Politik oder von dem Union-Wahlprogramm berichtet hat.

                    Das Problem wird noch dadurch verstärkt, dass der Wähler keine direkte Kontrolle hat und durch den dauernden Bruch der Wahlversprechen sowieso immer mehr frustiert und deshalb desinteressiert ist. Einem so frustrierten Wähler kann die BILD auch viel mehr vormachen - oder diese Leute gehen einfach gar nicht mehr zu Wahl, was dazu führt, dass mir keine Landesregierung bekannt wäre, die tatsächlich von der Mehrheit der Wähler gewählt wurde.

                    Was für ein Argument Der Abgeordnete müsste sich halt an den Wählern orientieren und nicht an seinem "Gewissen" (Dresdner-Bank, diverse Energiekonzerne, VW, Auftraggeber bei Anwälten etc. oder einfach nur seiner Meinung, die im Widerspruch zu deren seiner Wählern stehen kann).

                    Tja, das würde eben bedeuten, dass der Kanzler eine Politik machen müsste, die die Mehrheit zufrieden macht. Das ist ja auch der Sinn der Demokratie.
                    Ach was, das sind doch bloß schöne Worte, sorry. Wie willst du denn sowas bitte praktisch organisieren? Das ging vielleicht in der antiken Polis (und auch da nur weil Sklaven in der Zeit die Arbeit machten), aber nicht in einem modernen und hochgradig komplexen Flächenstaat. Ich bin überhaupt nicht gegen Elemente partizipativer Demokratie, aber es ist schlicht illusorisch anzunehmen daß man damit einen kompletten Staat organisieren kann, wenn man eben nicht ein Zwangsystem dazu aufbaut. Guck dir doch die Wahlbeteiligungen bei direkten thematischen Abstimmungen an - die sind im günstigen Falle um 20%. Und eine Antwort auf das z.B. von Sandswind vorgebrachte Problem der Todesstrafe o.ä. hast du auch nicht geliefert. Oder man könnte auch auf den ersten Blick weniger dramatische Sachen nehmen, wie z.B. der von dir erwähnte Haushalt - ich wage zu prognostizieren daß der Anteil an Entwicklungshilfe nochmal ein bischen zurückgehen würde...
                    Man muss gar kein strikt hobbessches Weltbild haben um anzumerken, daß die Menschen eben im Allgemeinen nciht unbedingt in ihrem angeblich "objektivem" Interesse handeln.

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                      #70
                      Zitat von max
                      Wenn das ganze falsch ausgearbeitet wird, kann es problematisch sein.
                      Geschenkt. Gehen wir von mir aus vom Idealfall aus - schiefgehen kann immer was, das ist bei der gegenwärtigen Regelung nicht anders, als bei der von Dir vorgeschlagenen.

                      Zitat von max
                      Die Einführung könnte mal durch eine demokratische Abstimmung über die Verfassung erfolgen (die es bis heute nicht gab).
                      ...was ich für falsch halte. Eine Abstimmung über das Grundgesetz wäre 1991 eine zwingende Notwendigkeit gewesen. Allerdings muß ein solches System, eine Verfassung, wiederum von Einzelnen ausgearbeitet werden. Man wird wiederum Partikularinteressen darin finden, wiederum interessensgeleitete Politik und Ideologie. Die Objektivität, die Du am liebsten hättest wird man nicht erreichen können.

                      Zitat von max
                      Das heutige System begünstigt, dass eine Partei bei der Wahl alles mögliche ankündigt und verspricht, danach mehrere Jahre eine andere Politik macht und vor der Wahl ein paar kleinere Korrekturen und Geschenke macht und auf die Vergesslichkeit setzt, um so wieder gewählt zu werden.
                      Das System das Du vorschlägst begünstigt den Populismus nicht? Wie Jack Crow sagt - Du lieferst keine Antwort auf die Frage nach der Todesstrafe. Wie willst Du denn das Notwendige durchsetzen? Die Mehrheit wird niemals Nachteilen für den eigenen Geldbeutel zustimmen, selbst wenn sie notwendig zum Erhalt des Ganzen sind. Es ist eben nicht so, daß in solchen Situationen einfach nur nach besseren Lösungen gesucht werden muß, sondern man wird immer mal wieder dem einen oder anderen etwas nehmen müssen - das ist leider so, hätte aber bei Deiner Konzeption keine Chance auf Realisierung.

                      Zitat von max
                      Also erstens ist eine Behauptung, dass die Mehrheit etwas wolle, noch lange keine Legitimation und zweitens solltest du dich fragen, wie dieser Rahmen zu stande kommt. Ist dieser Rahmen etwas feststehendes?
                      Dazu (und zur Asylproblematik) nur folgendes: Das Bundesverfassungsgericht hat die Neuausrichtung gebilligt. Ob Du das als Quasi-Abschaffung ansiehst, kann insofern dahinstehen, als das Deine persönliche Wertung ist (und vermutlich gerade nicht die Wertung der Mehrheit der Bevölkerung...).

                      Zitat von max
                      Eben die Erfahrung, dass Wahlen kaum einen Einfluss auf die Politik haben, sondern eine Kontinuität der Politik trotz der Wahlen besteht.
                      Ja, und trotzdem frage ich mich, wo Du den angeblichen Willen der Mehrheit zu einer anderen Politik hernehmen willst, wenn immer noch die ganz große Mehrheit diese Politik durch die Wahlen trägt - es gäbe durchaus andere Entwürfe, die von zur Wahl stehenden Parteien vertreten werden. Diesen Punkt läßt Du regelmäßig aussen vor und behauptest, daß es eine Mehrheit für Deine Ideen gäbe.
                      Es hat schon immer Science-fiction gegeben - die Wettervorhersage im Fernsehen.
                      -Peter Ustinov

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                        #71
                        @ Jack Crow und Sandswind:
                        Eure Argumentation hat einen grundsätzlichen Hacken. Ihr könnt euch nicht entscheiden, ob jetzt demokratische Abstimmungen richtig sind oder ob das "Volk" vor sich selbst geschützt werden muss, d.h. durch andere regiert werden sollte. Ihr könnt euch in eurer Argumentation nicht zwischer einer Demokratie und der Diktatur einer "aufgeklärten" Minderheit entscheiden.

                        Entsprechend auch eure Kritikpunkte.
                        1.) Wie wird die Wiedereinführung der Todesstrafe verhindert? Warum meint ihr den, dass sie nicht schon wieder eingeführt wurde?! Gibt es den weisen Herrscher, der dies verhindert? Wenn die Mehrheit für die Todesstrafe wäre, warum drückt sich dies dann nicht in den Programmen und der Politik der Parteien aus? Gibt es etwa gerade keine Demokratie? Deshalb doch genau der Punkt mit dem Asylrecht, was nach der Meinung von allen Flüchtlingsgruppen heute im Endeffekt nicht mehr existiert. Hier geht es um ein Grundrecht, was die Rechte von Minderheiten schützt, eben politischen Flüchtlingen aus Regimen, wo sie unterdrückt werden. Wenn ich jetzt das Argument mit der Todesstrafe als Massstab nehme, ist doch hier genau dies passiert, was eurer Meinung nach in einer direkten Demokratie passieren würde! Es gab eine Welle von ausländerfeindlichen Anschlägen, dazu ausländerfeindliche Stimmungsmache in den Medien (z.B. eben der BILD) und der Union (und den Nazi-Parteien) und die Union, SPD und FDP und das Bundesverfassungsgericht (also Richter, die den selben Parteien angehörten) haben das Asylrecht durch die Drittstaatenregelung im Endeffekt abgeschafft. Man könnte also sagen, dass rechter Populismus ein essentielles Grundrecht vernichtet hat. Also denkt mal über euer Argument nach. Entweder gibt es eine Demokratie, d.h. der Wille der Mehrheit wird umgesetzt oder es gibt eine Herrschaft einer Minderheit. Aber zu behaupten, dass es eine Demokratie gibt, aber irgendwelche Mechanismen gegen die Mehrheit die Grundrechte durchsetzen ist einerseits eine undemokratische Ansicht und andererseits doch recht naiv. Also was schützt uns heute vor der Todesstrafe?

                        2.) Aus irgend einem, mir nicht verständlichen Grund argumentiert ihr, dass eine Kritik an einer bestimmten Politik bedeuten würde, dass automatisch alle meiner Ansicht wären (z.B. "Ja, und trotzdem frage ich mich, wo Du den angeblichen Willen der Mehrheit zu einer anderen Politik hernehmen willst, wenn immer noch die ganz große Mehrheit diese Politik durch die Wahlen trägt"). Wir kommt ihr auf diese seltsame Idee? Man kann zwar beobachten, dass neoliberale Parteien (Union, SPD) und Politikentwürfe (Europäische Verfassung) bei allen Abstimmung massive Verluste und Niederlagen hinnehmen mussten und heute alle Landesregierungen nicht einmal von der Mehrheit der Wahlberechtigten gewählt wurden, aber dies Ablehung bedeutet doch offensichtlich noch lange nicht, dass es eine Mehrheit für eine andere Politik bereits vorhanden ist. Dies bedeutet nur, dass es das Potential gibt, andere Mehrheiten zu gewinnen - und nicht mehr.

                        3.) In eine ähnliche Richtung gehen eure Fragen, wie man den Willen der Wähler feststellen will. Was soll eine Demokratie ermöglichen? Sie soll eben eine Politik entsprechend der Meinung der Mehrheit der Wähler ermöglichen. Wie wird dies heute ermittelt? Auf eine sehr primitive und mangelhafte Weise: Parteien schlagen Programme vor und über diese und die Personen, die diese vertreten, wird abgestimmt - es besteht also keine Möglichkeit bei dieser Form den Willen der Wähler direkt zu ermitteln, weshalb ja alle mit Meinungsforschung operieren, die oft nur eine Form der Meinungsmanipulation ist (wegen der Auswahl der Fragen und der Antwortmöglichkeiten). Die einzige Korrekturmöglichkeit des Wählers sind Wahlen alle vier bis fünf Jahre, weshalb oft Landes- und Kommunalwahlen als Abstimmungen über die Bundespolitik "missbraucht" werden. Das sind aber alles sehr, sehr indirekte Elemente. Wenn sich also jemand fragen sollte, wie man den Willen der Wähler feststellen kann, um eine demokratische Politik zu machen, dann sollten dies die Anhänger des heutigen Systems machen!

                        4.) Genauso problematisch ist euer Einwand, dass doch auch unangenehme, aber notwendige Entscheidungen durchgestetzt werden müssten. Also was jetzt? Muss das Volk vor sich selbst geschützt werden oder seit ihr für Demokratie? Man kann nicht einerseits dem Wähler die Mündigkeit absprechen, wenn es darum geht, eine direkte Demokratie zu kritisieren, aber andererseits dann doch für die repräsentative Demokratie sein. Eine Demokratie braucht mündige Wähler. Alles andere ist keine Demokratie, sondern nur Manipulation.

                        Meiner Meinung nach ist das Problem des heutigen politischen und gesellschaftlichen Systems zu wenig demokratische Kontrolle und damit zu viel Möglichkeiten für eine Minderheit, andere zu etwas zu zwingen, sie zu manipulieren etc. Einerseits sind die demokratischen Einflussmöglichkeiten auf politische Entscheidungen sehr gering, eben nur über die Wahl alle paar Jahre, wenn man nicht selbst Entscheidungsträger (Berufspolitiker) werden will. Andererseits stehen grosse Teile der Medien und im Endeffekt heute fast die gesamte Wirtschaft nicht unter demokratischer Kontrolle, was eben den Kapitalbesitzer zahlreiche Möglichkeiten eröffnet, Meinungen über Medienkonzerne zu manipulieren bzw. Leuten ihren Willen (z.B ihre Renditevorstellungen) aufzuzwingen.

                        Um hier etwas zu ändern, muss man (also Leute z.B. meiner Meinung) eben eine Mehrheit für eine andere gesellschaftliche Struktur gewinnen - aber man muss sie eben erst gewinnen, weil es ja offensichtlich z.B. noch Leute gibt, die meinen, dass der Wähler (also im Endeffekt auch sie selbst!) nicht mündig sei und vor sich selbst geschützt werden müsse (also auch sie vor sich selbst!). Oder meint ihr, dass ihr etwas besseres seit und nur die anderen unmündig?!

                        Wie gesagt: überlegt doch erst mal, was eure Position überhaupt ist.
                        Resistance is fertile
                        Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
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                          #72
                          Oder meint ihr, dass ihr etwas besseres seit und nur die anderen unmündig?!
                          Das hat niemand behauptet. Du hast aber immer noch nicht beantwortet, woher der durchschnittliche Bürger den Zeitaufwand nehmen soll, die ständig anfallenden Abstimmungen sachlich richtig in seinem eigenen Interesse zu beantworten. Es muss dir doch klar sein, dass eine enorme Menge an Abstimmungen anfallen würden.
                          können wir nicht?

                          macht nix! wir tun einfach so als ob!

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                            #73
                            Zitat von max
                            Es gab eine Welle von ausländerfeindlichen Anschlägen, dazu ausländerfeindliche Stimmungsmache in den Medien (z.B. eben der BILD) und der Union (und den Nazi-Parteien) und die Union, SPD und FDP und das Bundesverfassungsgericht (also Richter, die den selben Parteien angehörten) haben das Asylrecht durch die Drittstaatenregelung im Endeffekt abgeschafft.
                            Du zitierst die Rechtsprechung immer nur dann, wenn sie in Dein Argumentationsschema paßt. Das Bundesverwaltungsgericht wird von Dir als unabhängige und relevante Instanz ins Feld geführt, wenn es um die Völkerrechtswidrigkeit des Irakkriegs geht, während Du dem Bundesverfassungsgericht durch die Hintertür die richterliche Neutralität und Unabhängigkeit absprichst (ausgerechnet dem BVerfG, das ja aus Sicht der regierenden Mehrheiten als geradezu unberechenbarer Risikofaktor gelten muß...!)

                            Zitat von max
                            Aber zu behaupten, dass es eine Demokratie gibt, aber irgendwelche Mechanismen gegen die Mehrheit die Grundrechte durchsetzen ist einerseits eine undemokratische Ansicht und andererseits doch recht naiv. Also was schützt uns heute vor der Todesstrafe?
                            "Moralisch" unsere Geschichte und in Konsequenz daraus juristisch das Grundgesetz und die unabhängige Justiz - zudem auch instaziell alle anderen Staatsorgane, die an das Grundgesetz gebunden sind. Es steht eben nicht zur Disposition des parlamentarischen Gesetzgebers, die Todesstrafe wieder einzuführen.

                            Zitat von max
                            Oder meint ihr, dass ihr etwas besseres seit und nur die anderen unmündig?!
                            Ganz sicher nicht, im Gegenteil. Ich kann ja in weiten Teilen Deine Kritik einfach so unterschreiben, vieles von der Analyse trifft meiner Meinung nach zu. Ich kann aber die Schlußfolgerung nicht teilen.

                            Mündigkeit setzt ein bewußte Auseinandersetzung mit der Materie voraus, über die entschieden wird. Das Desinteresse, das jetzt schon an politischen Vorgängen besteht, würde meiner Meinung nach nicht zwingend kleiner, wenn direkt über die Fragen abgestimmt würde. Im Gegenteil: Das öffnet Tür und Tor für Bauchentscheidungen und ist sicher auch nicht zielführend - nicht zuletzt aufgrund der bereits genannten organisatorischen Undurchführbarkeit.
                            Es hat schon immer Science-fiction gegeben - die Wettervorhersage im Fernsehen.
                            -Peter Ustinov

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                              #74
                              Zitat von blueflash
                              Du hast aber immer noch nicht beantwortet, woher der durchschnittliche Bürger den Zeitaufwand nehmen soll, die ständig anfallenden Abstimmungen sachlich richtig in seinem eigenen Interesse zu beantworten. Es muss dir doch klar sein, dass eine enorme Menge an Abstimmungen anfallen würden.
                              Ja, darauf hatte ich noch nicht geantwortet, weil Sandswind, Jack Crow und du ersteinmal grundsätzlich gegen die Demokratie argumentiert habt und den Wähler die Mündigkeit abgesprochen habt (z.B. hast du behauptet, dass das Wissen, um wirtschaftspolitische Entscheidungen zu treffen, nicht vorhanden sei). Ihr seit - nett ausgedrückt - weit über euer Ziel hinausgeschossen und habt im Endeffekt wie die argumentiert, die grundsätzlich gegen Demokratie und für die Herrschaft einer "aufgeklärten" Minderheit sind.

                              Das Argument, dass dies Abstimmungen Aufwand bedeuten würde, ist bisher auch das einzige Argument, was spezisch sich auf meine Vorstellungen ist und nicht grundsätzlich gegen die Demokratie gerichtet ist.

                              Bei den heutigen möglichen Kommunikationstechnologien ist es leicht und mit wenig Aufwand verbunden, an entsprechenden Abstimmungen teilzunehmen, die für einen relevant sind. Es wäre - je nach Interesse - vielleicht ein Aufwand von wenigen Minuten bis zwei Stunden pro Tag. Da es gleichzeitig möglich wäre eine drastische Arbeitsverkürzung in Anpassung an die heutige Produktivität durchzusetzen, hat man auch leicht die dafür notwendige Zeit.

                              Da die Entscheidungen leicht auch wieder rückgängig gemacht werden können, da jederzeit Abstimmungen möglich sind, können auch Fehler, die aus einem Buchgefühl heraus gemacht werden, leicht wieder korrigiert werden - und haben nicht zur Folge, dass eine Regierung vier oder fünf Jahre regieren kann. Es besteht eben die Möglichkeit sehr leicht zu lernen, was es bedeutet, selbst zu entscheiden, über sich selbst zu bestimmen und nicht von anderen regiert und beherrscht zu werden - also eben zu lernen, selbst die Verantwortung zu tragen.
                              Zitat von Sandswind
                              Du zitierst die Rechtsprechung immer nur dann, wenn sie in Dein Argumentationsschema paßt.
                              Es ging hier um etwas ganz anderes: eben den Fakt, dass dies, was du bei einer direkten Demokratie befürchtest, im heutigen System schon passiert ist. Darauf hattest du auch nicht geantwortet. Wie gesagt: das heutige System ist hierfür sogar anfälliger, weil es Desinteresse am politischen System fördert (wegen der geringen direkten Einflussmöglichkeiten) und dazu es erlaubt, dass kleine Gruppen dank ihres Besitz ihre Meinungen in einem Ausmass verbreiten können, was in keinem Verhältnis zu ihrer Zahl steht (s. Springer-Konzern).

                              Rechtssprechung ist eben nichts konstantes, sondern abhängig von politischen Meinung (der Legislative und der Judikative). Natürlich erwähne ich, wenn Leute, die meiner politischer Meinung eigentlich fern sind, trotzdem zur gleichen Schlussfolgerung kommen - wie eben im Falle der klaren Verurteilung der Beteilung am Angriffskrieg gegen den Irak durch das Bundesverwaltungsgericht.
                              Zitat von Sandswind
                              Es steht eben nicht zur Disposition des parlamentarischen Gesetzgebers, die Todesstrafe wieder einzuführen.
                              Das stimmt so einfach nicht. Die heutige Regierung könnte die Todesstrafe einführen, da sie dafür die entsprechenden Mehrheiten verfügt. Es gibt kein festes, nicht veränderbares Regelwerk, was alleine irgend etwas garantiert. Eigentlich sollte es reichen, auf die Ereignisse des Jahres 1933 zu verweisen, um zu zeigen, dass es kein konstantes festes Regelwirk gibt, was sich selbst durchsetzt.
                              Zitat von Sandswind
                              Mündigkeit setzt ein bewußte Auseinandersetzung mit der Materie voraus, über die entschieden wird. Das Desinteresse, das jetzt schon an politischen Vorgängen besteht, würde meiner Meinung nach nicht zwingend kleiner, wenn direkt über die Fragen abgestimmt würde. Im Gegenteil: Das öffnet Tür und Tor für Bauchentscheidungen und ist sicher auch nicht zielführend - nicht zuletzt aufgrund der bereits genannten organisatorischen Undurchführbarkeit.
                              Das sehe ich anders: das Desinteresse ist meiner Meinung nach die Folge der Erfahrung, dass auch mit Interesse nicht erreicht wird. Eben z.B. der Fall, dass eine Partei einen Punkt in ihrer Wahlpropaganda angreift, aber danach eine noch krassere Massnahme als die kritisierte Partei mitumsetzt (Mehrwertsteuererhöhung). Es lassen sich noch zahlreiche andere Beispiele dafür finden, alleine die Regierung Schröder liefert seit 1998 wahrscheinlich genügend Beispiele, um ein Buch zu füllen. Ein wesentlicher, wichtiger Punkt ist dazu, dass die Regierungen selbst oft genug behaupten, dass sie nichts gegen die Besitzer der Produktionsmittel machen könnten (mit wechselnden Begründungen, z.B. Eigentumsverhältnisse, Globalisierung etc.), womit sie ja eigentlich ausdrücken, dass die Wirtschaft eben nicht von einer demokratisch gewählten Regierung kontrolliert wird, sondern von ungewählten Bonzen. Damit argumentiert die SPD z.B. gegen die Illusionen, die sie die 100 Jahre zuvor vertreten hat: eben die Illusion, dass man den Kapitalismus mit parlamentarischen Mitteln zähmen könnte, ohne die Wirtschaft selbst demokratisch zu kontrollieren. Die Folge ist z.B., dass die Mehrheit bei Umfragen keiner Partei heute zugetraut wird, dass sie die wesentlichen heutigen Probleme wie die Massenarbeitslosigkeit lösen kann. Entsprechend gibt es auch weniger Interesse an den Wahlen, wenn man der Meinung ist, dass man (zumindest so) sowieso nicht ändern kann.

                              Interesse beruht darauf, dass man etwas erreichen, etwas verändern kann - eben seine Interessen wahrnehmen kann.
                              Resistance is fertile
                              Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
                              The only general I like is called strike

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                                #75
                                (z.B. hast du behauptet, dass das Wissen, um wirtschaftspolitische Entscheidungen zu treffen, nicht vorhanden sei).
                                Na und? Ist das jetzt schon eine Beleididung des Wählers? Bin ich undemokratisch, wenn ich sage, dass die Themen mittlerweile so komplex sind, dass man sie sich eben nicht in 2h durchschauen kann? Oder bist du ein wenig realitätsfern, wenn du das Gegenteil behauptest?

                                Da die Entscheidungen leicht auch wieder rückgängig gemacht werden können, da jederzeit Abstimmungen möglich sind, können auch Fehler, die aus einem Buchgefühl heraus gemacht werden, leicht wieder korrigiert werden
                                Aha. Häufiges Abstimmen bringt irgendwann auch eine gute Entscheidung oder was? So eine Art Trial and Error?
                                können wir nicht?

                                macht nix! wir tun einfach so als ob!

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