Das Ende der Demokratie in Europa: Der ESM-Vertrag - SciFi-Forum

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Das Ende der Demokratie in Europa: Der ESM-Vertrag

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    Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen
    Also laut Claudia Roth ist durch den ESM das alles jetzt endlich mal demokratisch legitimiert.
    Was aber nicht deren Verdienst ist, sondern der der Kläger. Deren Liste ist ja lang, aber dass eine solche überhaupt nötig war, finde ich schon beunruhigend. Denn unsere Helden im Bundestag ... ach nee, das Fass lass ich jetzt zu.

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      Zitat von Chloe Beitrag anzeigen
      Ich sehe das auch so wie Degenhardt, die Hauptziele der Klage sind erreicht. Mit den ersten Entwürfen, die vom ESM kursierten, hat dieses Ergebnis glücklicherweise nicht mehr viel zu tun. Es gibt keine Blanko-Einzugsermächtigungen und keine Geheimkammer-Entscheidungen. Ich bin auch der Meinung, dass die Haftungsbeschränkung eine Banklizenz ausschließt (denn Banklizenz bedeutet automatisch mehr Haftung). Eigentlich ist er jetzt eine dauerhafte EFSF. Die Klage hat sich auf jeden Fall gelohnt.
      Ich find's trotzdem zum Kotzen. Da wird Jahr und Tag von allen Parteien vorgelabert Europa müsse demokratischer, transparenter und näher am Menschen und dann kommt sowas wie dieses ESM-Dings. Da warte ich schon fast drauf, dass die ersten vom linken Grünen-Flügel angerannt kommen man müsse das Ding doch jetzt mal demokratischer und transparenter machen...

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        Zitat von Sinclair_ Beitrag anzeigen
        Tatsächlich? Ist das so? Gut! Denn: Tut sie das nicht? Ich will dir deinen Optimismus nicht nehmen, aber ich finde zum Beispiel eine Troika im Land und den immer mehr drohenden Brüsseler Zentralismus nicht sehr demokratisch.
        Ich folge damit der realen politischen Geschichte. Die Demokratie war in den letzten zwei Jahrhunderten vieles, aber nicht am Untergehen. Und da wir in den letzten zwei Jahrzehnten einen starken Trend in Richtung Deliberation, Partizipation und Anwaltschaft beobachten können, wird die Demokratie auf internationaler Ebene vielleicht etwas zentralistischer nach Brüssel übertragen, aber im kleinen, auf Kommunen- und Provinzebene, sich eher erweitern als verringern.

        Man kann davon ausgehen, dass der ESM in der Theorie unangreifbar ist, aber das wird in der Praxis nicht recht viel Bestand haben. Wenn jemand nicht mehr mitmachen will, wird er es auch nicht tun. Der ESM ist ein schlechtes Vorzeichen, aber im extremsten Fall nur einer von vielen Sargnägeln.

        Zitat von Sinclair_ Beitrag anzeigen
        Aus einer Folge daraus werden in den nächsten Jahren europaweit viele bzw. SEHR viele Menschen verarmen und alles verlieren. Hältst du es denn für so ausgeschlossen, dass diese Menschen von der Demokratie enttäuscht sein werden und sich anderen Parteien und Weltordnungen zuwenden?
        Nein. Seit die Demokratie Gesellschaftsmodell ist und zumindest im Westen keine Alternative, sondern alternativlos ist, ist das recht unwahrscheinlich.

        Zitat von Sinclair_ Beitrag anzeigen
        Ich wünsche mir, dass sich dein Optimismus bestätigt.
        Das wünsche ich mir auch.

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          Am 11. und 12. Juni findet die mündliche Verhandlung im Hauptsacheverfahren zum ESM-Vertrag und Fiskalpakt vor dem Verfassungsgericht statt. Auch die Staatsanleihenkäufe der EZB sollen in diesem Verfahren eine wesentliche Rolle spielen. Hierzu vorbereitend die Stellungnahmen der Bundesbank und EZB, die in einige Fragen (Target2-Salden, Auswirkungen von Bundesbank- oder EZB-Verlusten auf Staatshaushalte etc.) noch etwas mehr Klarheit bringen:

          Stellungnahme Bundesbank (pdf)

          Stellungnahme EZB (pdf)

          Da für das Verfassungsgericht geschrieben, sind die Stellungnahmen auch für gebildete Nicht-Ökonomen verständlich.

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            Di Fabio zur EZB-Politik:

            Früherer Verfassungsrichter Di Fabio: "Notfalls ist Deutschland zum Euro-Austritt verpflichtet" - FAZ

            Monetäre Staatsfinanzierung ist verboten. Verletzt die EZB das Verbot, muss das Verfassungsgericht notfalls einen Austritt aus der Währungsunion in die Wege leiten. Das steht in einem Gutachten des früheren Verfassungsrichters Di Fabio, das der F.A.Z. vorliegt.
            Interessante Ansichten.

            Zitat von FAZ
            Um das Prinzip der Eigenverantwortung zu stärken, spricht sich Di Fabio für Regeln über eine geordnete Staateninsolvenz aus. Denkbar seien auch Vorkehrungen für einen Ausschluss aus der Währungsunion und die vorübergehende Einführung einer nationalen Parallelwährung mit Abwertungsspielräumen.
            Soweit ist es schon; Verfassungsrichter a.D., die vor drei Monaten höchstwahrscheinlich das Wort noch nicht kannten, plädieren für Parallelwährungen. Sage noch einer die AfD hätte nichts erreicht.
            Zuletzt geändert von Chloe; 02.06.2013, 19:18.

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              Hier die Langfassung des Gutachtens von Di Fabio:

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                Noch drei Einschätzungen zur bevorstehenden Verhandlung:

                EZB und Bundesbank vor dem Bundesverfassungsgericht - SPIEGEL ONLINE

                Eurokrise: Draghis Wunder - Frankfurter Rundschau

                Experte: Verfassungsgericht steht vor Dilemma | EUROPE ONLINE


                Und die EZB begrenzt schon einmal ihre unbegrenzten Anleihenkäufe:

                Vor der Verfassungsgerichts-Verhandlung: Europäische Zentralbank begrenzt Anleihekäufe - FAZ

                Einst hat EZB-Chef Mario Draghi die Schuldenkrise beruhigt, indem er unbegrenzte Käufe von Staatsanleihen versprach. Doch jetzt nennt die EZB Grenzen für ihr Kaufprogramm - offenbar aus Angst vor dem deutschen Verfassungsgericht.

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                  Ich muss zugeben, dass ich bisher nicht verstanden habe, inwiefern das OMT-Programm einen Verstoß gegen das Grundgesetz darstellt. Welche Artikel werden da berührt?

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                    Haushaltsrecht, dasselbe wie beim ESM. Weil die Bundesbank zu fast einem Drittel beteiligt ist und deren Gewinne bzw. Verluste wiederum auf den Bundeshaushalt Auswirkungen haben.

                    Aus einer E-Mail, die ich heute morgen von Mehr Demokratie e.V. erhalten habe:

                    Zitat von Roman Huber
                    Aussagen von Präsident Voßkuhle wie (fast wörtlich): "Die EZB trifft mit Ihrem Plan Staatsanleihen zu kaufen im Grunde politische Umverteilungsentscheidungen, die EZB ist aber demokratisch nicht legitimiert, sie kann nicht kontrolliert werden, weil sie unabhängig ist, sie ist politisch nicht verantwortlich und trifft dennoch weitreichende Entscheidungen. Das ist im Grunde für alle Akteure perfekt. Bis auf die, die am Ende die Zeche zahlen müssen.... (die Bürger)."

                    Richter Huber (sinngemäß):
                    "In einem Mehrebenensystem muss es auch für einzelnen Bürger die Möglichkeit geben Kontrolle auszuüben. Denn die europäische Union ist kein Selbstzweck, auch die Bundesrepublik ist kein Selbstzweck. Der Staat muss den Menschen dienen und nicht die Menschen dem Staat. Die Aufgabe des Staates ist es, den Bürgern zu ermöglichen ihr Selbstbestimmungsrecht zu verwirklichen."
                    Ob die Klagen zulässig sind, war ja auch gestern durchaus eine längere Diskussion.

                    Sinn und Fuest vor der BVerfG heute offenbar sehr kritisch gegenüber dem OMT

                    Ich muss sagen, mich nervt zunehmend, wie von diesen Ökonomen inkl. SVR in alle Richtungen nur quergeschossen wird, aber kein einziger vernünftiger Vorschlag kommt. Gegen die AfD wird geschossen; man will erst gar nicht über Ausstiegsszenarien diskutieren, obwohl man selber zugibt, dass der Fortbestand der Eurozone zweifelhaft ist. Das finde ich gradezu unverantwortlich. Gegen die EZB wird auch geschossen, die die einzige Institution ist, die den Laden noch zusammenhält. Aber konstruktive Vorschläge - Fehlanzeige. Abgesehen von diesem Schuldentilgungsfonds, der wahrscheinlich auch verfassungswidrig ist.

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                      Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen
                      Ich muss zugeben, dass ich bisher nicht verstanden habe, inwiefern das OMT-Programm einen Verstoß gegen das Grundgesetz darstellt. Welche Artikel werden da berührt?
                      Dem OMT-Programm speziell wird der Verstoß gegen Artikel 123 AEUV vorgeworfen. Da ist man direkt noch gar nicht beim GG, aber die erwarteten Folgen aus einem solchen Verstoß wären für einige wohl das Infragestellen der Integration/Abgabe von Befugnissen bzw. Souveränität betreffend Bundesbank und EZB nach Artikel 88 GG in der geltenden Neufassung aus den 90ern:

                      Zitat von Grundgesetz Artikel 88
                      Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank. Ihre Aufgaben und Befugnisse können im Rahmen der Europäischen Union der Europäischen Zentralbank übertragen werden, die unabhängig ist und dem vorrangigen Ziel der Sicherung der Preisstabilität verpflichtet.
                      Die EZB hat hier wohl nach Meinung der Kläger vorrangiges Ziel und Verpflichtung verfehlt und Befugnisse überschritten. Des weiteren wird in der Verhandlung auf die verbleibenden "Reaktionsmöglichkeiten von Bundestag und Bundesregierung" (aus der Pressemitteilung) eingegangen, womit wohl am Ende Richtung Artikel 20, Absatz 2/Staatsgewalt und Souveränität gezielt werden könnte:

                      Zitat von Grundgesetz Artikel 20 Absatz 2
                      Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
                      Mit dem Punkt "Auswirkungen von OMT-Programm u.a. auf das Budgetrecht und die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Bundestages" (auch Pressemitteilung des BVerfG) wird ebenfalls auf teilweise Aufgabe der Staatssouveränität gezielt. Aber zu dem Thema wäre es auf dem Weg zu einem vereinten Europa so oder so zu Gesetzesänderungen und -streits gekommen, denn "vereintes Europa" und "Souveräne Einzelstaaten" funktioniert nicht in so wirklich in allen Bereichen.

                      DISCLAIMER: Das ist so, wie ich es verstanden habe, und ich bin kein Jurist. Post erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf absolute Richtigkeit

                      EDIT:Ah, Chloe war schneller
                      Karl Ranseier ist tot. Der wohl erfolgloseste Foren-Autor aller Zeiten wurde heute von einem Bus auf der Datenautobahn überfahren.

                      "Ich mag meine Familie kochen und meinen Hund" - Sei kein Psycho. Verwende Satzzeichen!

                      Star Wars 7? 8? Spin-Offs? Leute, das Haftmittel für meine Dritten macht bessere Filme!

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                        Wenn das alles zutrifft, was Asmussen sagt, und so bleiben soll, ist das Programm sowieso nicht mehr viel wert. Jetzt haben sie schon quantitative Grenzen eingezogen, dann heißt es, eine Staatspleite um jeden Preis zu verhindern sei nicht Sinn und Zweck des Programms, nun habe ich gelesen, dass Spanien und Griechenland nicht in Frage kommen, weil sie die Kriterien nicht erfüllen.

                        Das alles ist natürlich ein Resultat dieses Drahtseilakts zwischen "Märkte beruhigen" und "Mandat nicht überschreiten". Aber so wird die "unbegrenzte Ankaufsgarantie" natürlich faktisch ad absurdum geführt.

                        Ich bin der Meinung, dass der Eingriff im letzten Sommer juristisch nicht "richtig", aber ökonomisch unvermeidlich war, um einen totalen Kollaps zu verhindern. Ich bin aber auch der Meinung, dass dieses ständige Unterlaufen geltenden Rechts kein Dauerzustand werden darf und jetzt einmal aufhören muss. Entweder es werden die Gesetze und Vertragswerke so angepasst, dass sie mit der Währungsunion kompatibel sind, oder es muss eben die Währungsunion abgewickelt werden. Alles, selbst der SVR und Leute wie Fuest, scheint irgendwie zu hoffen, dass die Krise mit Gesundbeten irgendwann von selber vorbeigeht oder irgendeine Lösung vom Himmel fällt. Ich prognostiziere, dass daraus nichts wird.

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