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  • Fritz Lang
    antwortet
    Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
    Ich bezog mich nicht konkret auf deinen Beitrag [...]
    Ok, akzeptiert...
    Das US-Modell funktioniert auch nicht gerade mustergültig.
    Whrs ohne es zu merken hast du hier mit Begriffen wie Modell und Muster etwas Wichtiges benannt: Wir sollten nämlich schon Theorie und Praxis auseinanderhalten.
    Auf der Ebene der Praxis oder Realität sind die demokratischen Systeme sicherlich noch weniger perfekt als in der Theorie und man kann dort vieles kritisieren. Auf dieser Ebene würde ich dir aber dann entgegenhalten, dass das polit. System der USA jetzt seit über 200 Jahren existiert und damit zumindest einen gewissen Beweis für seine Handlungsfähigkeit erbracht hat, während das für dein Los-Modell nicht gilt.
    Was wir also sowieso nur tun können, ist die Modelle der Theorie nach miteinander zu vergleichen und bereits da sind die Schwächen des Los-Modells weitaus größer als die der demokratischen Modelle, und zwar sowohl was die Legitimation als auch was die Handlungsfähigkeit betrifft. Zumindest wurden hierfür von anderen und auch von mir eine Reihe von Argumenten vorgebracht, warum das so sein dürfte.
    Wenn du also weiter oben sinngemäß vom „idealisierten Bild von Wahlen“ sprichst, was auch sicher nicht unrichtig ist, dann solltest du dabei nicht ganz vergessen, dass im Grunde dein komplettes Los-Modell erst mal nichts weiter als ein idealisiertes Bild ist.
    Alles sehr seltene Fälle, die man auch unter Härtefallreglungen packen kann.
    Die Liste ist doch beliebig erweiterbar. Karrierezeitpunkte, wo jemand unabkömmlich ist, weil selbige ansonsten erheblichen Schaden nimmt, dürfte es es in nahezu jeder Erwerbsbiographie geben. Und bei Leuten ab ca. 50 wird es generell hoch problematisch einfach mal so für 2 Jahre den Beruf aufzugeben und dann wieder hineinfinden zu müssen.
    Jetzt haben wir auch noch gar nicht von den vielen Familien gesprochen, die entweder aufgrund staatlicher Anordnung auseinandergerissen werden, weil Mama oder Papa nach Berlin umziehen müssen oder bei denen die Kinder aus ihrem gewohnten Umfeld herausfallen (Schulklasse, Freunde, Aufgabe der Wohnung usw.).
    (Die erwähnten Ordnungsgelder sind übrigens entweder so niedrig, dass wir auch gleich die Freiwilligkeit einführen können oder so hoch, dass der Zwang nur noch für die sozial Schwachen gilt, während sich die Reichen von ihrer Pflicht loskaufen können).
    Ich kann nicht nachvollziehen, dass du diese Bedenken einfach so als „seltene Fälle“ wegwischst. Du sprichst ja an anderer Stelle gerade von der Mündigkeit, die du den Leuten zutraust und dass du ihnen größere Entscheidungsmöglichkeiten zugestehen willst. Gleichzeitig hast du aber keinerlei Problem damit, mal eben über deren Köpfe hinweg in existentielle Lebensbereiche hinein entscheiden zu wollen, was sie zu tun oder zu lassen haben.
    Nein, an diesem Punkt kommen wir definitiv nicht näher zusammen.
    Habe ich den Vorabschnitt falsch verstanden, oder stellst du dort nicht ebenfalls eine Beziehung von Konsens und Legitimation her?
    Richtig, zwischen Konsens und Legitimation, aber der Konsens per se hat erst mal überhaupt nichts mit dem Los zu tun. Wo soll da auch die Verbindung sein? Im Gegenteil: Eine 2-jährige Zwangsverpflichtung zu parlamentarischer Arbeit (s.o.), nein, das ist in unserer Gesellschaft ganz bestimmt nicht konsensfähig.
    Noch nicht mal hier im Thread kannst du einen Konsens zur Einführung des Losverfahrens erreichen, ich würde fast meinen, du erhältst noch nicht mal eine einfache Mehrheit dafür.
    Worauf du aber wohl eher hinauswolltest war ja der Begriff der „Repräsentation“ durch Auslosung eines Bevölkerungsquerschnitts. Diese Form der Repräsentation wäre nach deiner Vorstellung konsensualer als die Repräsentation durch gewählte Parlamente.
    Und hier könnte vlt wirklich der grundsätzliche Denkfehler bei deinem Modell liegen. Admiral Ahmose hat auch schon ein wenig in diese Richtung argumentiert: Wenn man einfach nur einen Querschnitt auslost ist das nicht automatisch gleichbedeutend mit Repräsentation. Diese Leute repräsentieren nämlich erst mal niemanden außer sich selbst (und vlt ihre Familien).
    Eine entscheidende Idee der Repräsentation ist doch, das jemand (sei es eine Person oder eine Partei) öffentlich und _im Vorhinein_ Ziele formuliert für die er/sie einzutreten gedenkt. Er/sie bündelt damit Interessen und ist dann beauftragt, diese zu vertreten. Erst durch den Auftrag der Repräsentierten wird jemand zum Repräsentanten.
    All das entfällt beim Los. Nur wenn die Gruppe klein und homogen genug wäre (und hier sind wir wieder beim Thema Komplexität moderner Gesellschaften), so dass _vorab_ sowieso schon fast alle die gleichen Interessen und Ziele haben, wäre echte Repräsentation ohne die Formulierung von Zielen möglich.
    Und ein zweiter wichtiger Punkt kommt hinzu: Die Güte der Repräsentation muss im Nachhinein beurteilt werden können! Ohne eine Form der Rückkopplung ist Repräsentation sinnlos und wird zur puren Willkür.
    In demokratischen Systemen erfolgt diese Rückkopplung in Gestalt der nächsten Wahl. Bei einem Losverfahren entfällt auch dieser zweite Punkt komplett.
    Wenn andere Verfahren scheitern, ist das Los gut genug. Wahlen als politischer Selektionsprozess scheitern regelmäßig, ergo ist das Los gut genug. Oder um die Fußballanalogie aufzugreifen: das Publikum zieht Elfmeterschießen einer zeitlich nicht begrenzten Verlängerung, in der sich beide Mannschaft irgendwann nur noch über Platz schleifen, vor
    Dass Wahlen als Selektionsprozess regelmäßig scheitern, behauptest du. Deshalb muss es aber noch lange nicht stimmen. Aber vor allem: Selbst wenn man das Ergebnis von Wahlen als defizitär betrachtet, warum sollte man es durch ein noch schlechteres und illegitimeres Verfahren ersetzen? (Warum es mE per se illegitimer ist, habe ich oben und in anderen Beiträgen zu erklären versucht). Das wäre in etwa so, als wenn das zweite der kleinen Schweinchen sagen würde: „Mein Haus ist aus Reisig und hält nur bis Windstärke 5. Darum reiße ich es ab und ersetze es durch eines aus Stroh.“
    Nebenbei: Das Elfmeterschießen ist gerade _kein_ Losentscheid! Es wurde ja überhaupt erst eingeführt, weil man den Münzwurf am Ende eines KO-Spiels als unzulänglich und ungerecht empfand. Es dürfte also im Publikum insgesamt nur sehr wenige geben, die diese Entwicklung wieder würden rückgängig machen wollen.
    Das Vertrauen in die eigene Bevölkerung ist nicht sehr groß, wenn man davon ausgeht, dass diese größtenteils von faulen Äpfeln gebildet wird.
    Es reicht schon eine Minderheit an faulen Äpfeln, damit diese irgendwann gezogen werden, das ist doch das Entscheidende! Diese Art von „Fehler“ ist systemimmanent vorhanden.
    Beim Russischen Roulette gibt es fünf leere Kammern und nur eine gefüllte. Dennoch würde kein vernünftiger Mensch ohne Zwang an einem solchen Spiel teilnehmen.
    Weniger dramatisch könnten wir sagen: niemand würde bei existentiellen Entscheidungen also z.B. bzgl. Berufswahl, Lebenspartnerschaften, Freundschaft, Hobbies usw. auch nur ansatzweise auf die Idee kommen, das Los für sich entscheiden zu lassen, selbst diejenigen Hirnforscher, die Freiheit für eine Schimäre halten, würden das nicht tun.
    Fast ebenso intuitiv sollte es einleuchten, dass das Los für die Auswahl von Entscheidungsträgern ungeeignet ist, behaupte ich.
    Wie gesagt, wenn es um mehr Partizipation geht, gibt es andere Möglichkeiten. Das Los braucht es dazu nicht.
    Grüße FL

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  • newman
    antwortet
    Zitat von Seether Beitrag anzeigen
    Je weniger detailiert eine Regelung ist, desto größer ist die Gefahr von Missbrauch im Einzelfall. Es entstünden dann Lücken, die wohl nicht mehr durch den Gesetzgeber, sondern noch stärker als bisher durch Richterrecht gefüllt werden müssten.
    Richtig. Es entstehen durch ungenau definierte Begrifflichkeiten oder einer lediglich oberflächlichen allgemeinen Regelung, die nicht weiter ins Detail der nunmal komplexen Realität geht, eine Unmenge an Auslegungsmöglichkeiten. Diese könnten dann z.B. - zumindest bis zu einem Richterspruch - von der öffentlichen Verwaltung nach gutdünken des (nicht gewählten) Bürokraten angewendet werden. Das könnte dann mit der Zeit u.U. wieder zu einer stärkeren Betonung des Gewohnheitsrecht führen. Man macht es so, weil es halt alle Bürokraten der Vergangenheit auch so gemacht haben.

    Die Realität sieht nun einmal ganz einfach so aus, dass die schlechsten Gesetzte, wo am meisten Humbug mit betrieben werden kann, eben genau die auf den ersten Blick einfachen, allgemein und undetailliert gehaltenen sind.

    Damit wird der Bürger der Willkür nicht gewählter Instanzen wie Richtern oder Bürokraten ausgesetzt.

    Eine Stärkung des Richterrechts könnte man ja noch in Systemen vertreten, in denen auch Richter vom Volk gewählt werden.
    Hier ist aber das Parlament die zentrale Institution, um den Willen des Volks zu repräsentieren. Und das einzige, das dieses Parlament tun kann, ist Gesetze schreiben. Um dem Volkswillen gerecht zu werden, müssen in einem System mit einer derart starken Rolle des Parlaments die Gesetze eben möglichst genau geschrieben werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass auch tatsächlich der Volkswille und nicht die Auslegungsfreiheit demokratisch nicht gewählte Personen umgesetzt wird.

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  • Admiral Ahmose
    antwortet
    Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
    ... Von den Qualifikationen stehen sie dem Wahlparlament in nichts nach (noch einmal: Wahlen selektieren nicht nach politischer Qualifikation), von der Motivation werden sie sich ebenfalls stark differenzieren (einige gucken in erster Linie auf die Diäten, andere fühlen sich berufen, andere fühlen sich bürgerlich verpflichtet), Legitimation entsteht durch die Gerechtigkeit des Losaktes und die Repräsentatvität der Abgeordneten und sicherlich könnte man theoretisch eine Art Recall (Abwahl) ermöglichen, wobei Letzteres bei unserem gegenwärtigen Parlament nicht möglich ist.
    Die Loswahl ist weder gerecht noch legitim. Gerecht schon allein deswegen nicht, weil niemand mehr bestimmen kann wer gewählt wird. Alles wird dem blanken Zufall überlassen, eine Mitbestimmung des Bürgers gibt es nicht mehr. Es ist nicht einmal mehr eine Wahlverweigerung möglich. Die ausgelosten Abgeordneten sind auch keinesfalls repräsentativ für das Volk. Es unterliegt alles dem Zufall, nicht der Wissenschaft. Hier werden keine Leute gezielt ausgesucht um das Volk zu repräsentieren sondern einfach per Wahl-Tombola Leute in die Regierung berufen. Ihre Qualifikationen spielen genausowenig eine Rolle wie ihre Repräsentationsfähigkeit. Eine Lotterie entscheidet über die Zusammensetzung der Regierung und nicht mehr der Wähler. So etwas will ich auf gar keinen Fall haben.

    Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
    ... Vom Wähler erwartet man ebenfalls (in der Theorie), dass er fähig ist, die wichtigen politischen Themen seiner Zeit zu begreifen und in Bezug auf seine Wahl in Parteien-Entscheidungen umzusetzen. Dieser Glaube an die Vernunft bildet die Basis einer Demokratie. Dementsprechend sollte auch ein Abgeordneter in der Lage sein, sich in die wichtigsten Fragestellungen einarbeiten zu können, um dann mit allgemein verständlichen Gesetzenentwürfen auf sie zu reagieren (Gesetze, die juristisch so verklausuliert sind, dass sie vom Normalbürger nicht verstanden werden können, sind einer Demokratie unwürdig).
    Das ist Quatsch. Wenn man die Gesetze so sehr vereinfacht das sie jeder Bürger sofort versteht und begreift, dann landen wir wieder im Mittelalter oder noch davor. Gesetze sind nun mal kompliziert und das ist auch gut so, siehe die Posts der anderen Diskussionsteilnehmer. Da wurde ja schon genug dazu geschrieben.

    Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
    ... Es werden keine Engel sein, es werden keine Teufel sein. Welches Fachwissen gegenwärtig im Parlament vorherrschen soll, das nicht durch zufällig berufene Bürger kompensiert werden kann, weiß ich nicht (die Fähigkeit akadamische Grade zu erschleichen, würde ich am Stammtisch eventuell vermuten).
    Bei einem Losverfahren kannst du gar nicht wissen, und auch nicht kontrollieren, wer ins Parlament gelost wird. Alles wäre dem Zufall überlassen. Und wenn du wirklich glaubst das es im Parlament keinerlei Fachwissen gibt, oder es erbärmlich niedrig sein soll, dann frage ich mich warum wir hier posten können. Der Staat müsste doch längst zusammengebrochen sein. Aber irgendwie steht die BRD so mit an der Spitze der Staatengemeinschaft was Wirtschaftskraft und Wohlstand und auch persönliche Freiheit des Bürgers betrifft. Wenn wir das mit totalen Deppen geschafft haben, dann müsste bei etwas Sachverstand ja ein Ewiges Goldenes Zeitalter ausbrechen, oder? ...

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  • Seether
    antwortet
    Phoenow, es ist einfach nicht möglich, alle Vorgänge des (etwa) zivilrechtlichen Verkehrs auf eine Art und Weise zu regeln, die auch dem Laien gegenüber bei einfacher Lektüre des Gesetzes den Zugang ermöglicht. Den meisten Menschen ist einfach nicht vermittelbar, wo sich im Alltag des Rechtsverkehrs Probleme ergeben, und für diese Probleme muss es eben auch Regelungen geben, die versuchen, fair und vertretbar zu ausgewogenen Ergebnissen zu kommen.
    Dies ist nämlich, vorneweg, die Praemisse. Ordnen wir diese Zielvorgabe dem Verständnisvermögen des Laien unter, wird das praktische Leben im Rechtsverkehr einfach nochmal viel, viel schwieriger, als es momentan mit einer "komplexen Gesetzeslage" der Fall ist. Natürlich kann man ein "Auge um Auge"-System im BGB feststellen und das gesamte Abprüfen von Vertraglichen Anspürchen, Vertragsähnlichen, Delikt und Bereicherungsrecht mit all ihren dutzenden Untervorschriften streichen, klar. Aber das ist wie bei allem: Je weniger detailiert eine Regelung ist, desto größer ist die Gefahr von Missbrauch im Einzelfall. Es entstünden dann Lücken, die wohl nicht mehr durch den Gesetzgeber, sondern noch stärker als bisher durch Richterrecht gefüllt werden müssten.
    Das mag man als Laie nicht einleuchtend finden, aber sich auf "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht" zu berufen, reicht eben nur "soweit".
    Außerdem wird hier der Schwerpunkt falsch gesetzt. Zum einen ist nicht alles im Rechtsverkehr eine Frage des "Dürfens". Zum anderen: Wer als normaler Verbraucher im Rechtverkehr unterwegs ist, weiß in der Regel eben sehr wohl, was er NICHT darf, und eher nicht, was er überhaupt für Rechte hat. Wer demgegenüber als Unternehmer oder so auftritt, ja, von dem darf man wohl erwarten, wie die Rechtslage in seinem Tätigkeitskreis ist, oder?
    Zuletzt geändert von Seether; 28.02.2013, 14:32.

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  • Dannyboy
    antwortet
    Zitat von Phoenow Beitrag anzeigen
    Man muss sich aber auch mal vor Augen führen, was es bedutet, wenn die Prämisse ist, dass der einfache Bürger die Gesetz nicht verstehen können muss.
    Wenn er sie nämlich nicht verstehen kann, kann er sie nicht kennen. Dann wiederum kann man nicht erwarten, dass er sich daran hält, was die Gesetz wiederum sinnlos macht.
    Gibt es denn die Prämisse?

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  • Phoenow
    antwortet
    Zitat von Seether Beitrag anzeigen
    In einem ansonsten sehr zustimmungsfähigen Post leider ein totaler argumentativer Ausrutscher, den ich herauspicken muss. Es kann und darf nicht Maßstab eines Gesetzes sein, ob es vom Otto Normalo verstanden werden kann.
    Was ist, ganz simpel, mit dem BGB? 95% des Regelungsgehalt dieses größten aller deutscher Einzelgesetze erschließt sich dem Ottonormalo nach der Lektüre eben doch nicht. Gesetze zu formulieren ist ein ausgesprochen defiziler Akt. Legt man den Maßstab an, dass es nicht rechtswissenschaftlichen Ansprüchen, sondern nur denen des gemeinen Bürgers genügen muss, käme unser zivilrechtliches Alltagsleben entweder zum Erliegen, oder entspräche der (extrem ungerechten) Praxis vorgesetzlicher Zeit in grauen Vorzeiten.
    Ich verstehe ja sehr gut, dass es schwierig ist Gesetze eindeutig zu formulieren und dass dabei komplizierte und zum Teil für den einfachen Bürger unverständliche Gesetze rauskommen.

    Man muss sich aber auch mal vor Augen führen, was es bedutet, wenn die Prämisse ist, dass der einfache Bürger die Gesetz nicht verstehen können muss.
    Wenn er sie nämlich nicht verstehen kann, kann er sie nicht kennen. Dann wiederum kann man nicht erwarten, dass er sich daran hält, was die Gesetz wiederum sinnlos macht.
    Gesetze sind die Regeln unsere Gesellschaft, wenn aber die Teilnehmer dieser Gesellschaft die Gestze nicht verstehen, wissen sie nicht woran sie sich halten sollen.

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  • Seether
    antwortet
    Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
    (Gesetze, die juristisch so verklausuliert sind, dass sie vom Normalbürger nicht verstanden werden können, sind einer Demokratie unwürdig).
    In einem ansonsten sehr zustimmungsfähigen Post leider ein totaler argumentativer Ausrutscher, den ich herauspicken muss. Es kann und darf nicht Maßstab eines Gesetzes sein, ob es vom Otto Normalo verstanden werden kann.
    Was ist, ganz simpel, mit dem BGB? 95% des Regelungsgehalt dieses größten aller deutscher Einzelgesetze erschließt sich dem Ottonormalo nach der Lektüre eben doch nicht. Gesetze zu formulieren ist ein ausgesprochen defiziler Akt. Legt man den Maßstab an, dass es nicht rechtswissenschaftlichen Ansprüchen, sondern nur denen des gemeinen Bürgers genügen muss, käme unser zivilrechtliches Alltagsleben entweder zum Erliegen, oder entspräche der (extrem ungerechten) Praxis vorgesetzlicher Zeit in grauen Vorzeiten.

    Vom Bundestag erwarte ich nun, dass seine Ausschussmitglieder darüber informiert sind, worum es geht, und dass die Medien auch endlich mal berücksichtigen, wie der Parlamentarismus funktioniert, anstatt bei Abstimmungen über den ESM ausgerechnet die 15 Abgeordneten rauszuziehen, die wirklich keinen Plan haben, und dann zu behaupten, das "wäre bei den anderen Abgeorgneten auch so gewesen, wir haben sie nur nicht gefragt!".

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  • Gast
    Ein Gast antwortete
    Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
    Vom Wähler erwartet man ebenfalls (in der Theorie), dass er fähig ist, die wichtigen politischen Themen seiner Zeit zu begreifen und in Bezug auf seine Wahl in Parteien-Entscheidungen umzusetzen. Dieser Glaube an die Vernunft bildet die Basis einer Demokratie. Dementsprechend sollte auch ein Abgeordneter in der Lage sein, sich in die wichtigsten Fragestellungen einarbeiten zu können,
    Ein Wähler muss die Sachverhalte nicht auf dem gleichen Niveau verstehen wie ein Fachpolitiker, der letztendlich irgendwelche Gesetzentwürfe mit ausarbeitet. Eigentlich sollte sich ein Wähler darauf verlassen können, dass Politiker bzw. Parteien glaubhaft erklären, für welche Ideen und Ziele sie stehen und was sie grundsätzlich erreichen wollen. Die Details werden dann auf dem Weg abgearbeitet und werden sich, schon weil sich die wirtschaftliche und politische Lage ändert, von dem unterscheiden, was irgendwann mal geplant war. Dazu sind außerdem noch Kompromisse zugunsten des Koalitionspartners nötig.

    Und selbst wenn ein Wähler gewillt ist, sich in bestimmte Themen wirklich einzuarbeiten, kann er das rein praktisch nur auf wenigen Gebieten machen, genauso wie sich ein Parlamentarier heute auch nicht in alle Sachthemen einarbeiten kann und dann eben die Mitglieder des jeweiligen Ausschusses stellvertretend für die gesamte Partei abstimmen. Und das könnte eben auch in einem gelosten Parlament nicht anders sein, weshalb sich dann auch da Meinungsführer herausbilden müssen, den man vertraut und nach deren Empfehlung man sich richtet. Dabei kann es sich dann um Personen innerhalb des Parlaments oder auch um Organisationen außerhalb des Parlaments handeln.

    Ähnliches sieht man aktuell ja auch innerhalb der Piratenpartei. Viele Leute nehmen am liquid Feedback einfach gar nicht mehr teil, und das obwohl sie für ihre Mitgliedschaft sogar Geld bezahlen, außerdem bilden sich zunehmend wohl informelle Strukturen heraus, die denen der etablierten Parteien ähneln. Verwunderlich ist das IMHO nicht, große Gruppen brauchen einfach Strukturen und Hierarchien um effektiv funktionieren zu können.

    um dann mit allgemein verständlichen Gesetzenentwürfen auf sie zu reagieren (Gesetze, die juristisch so verklausuliert sind, dass sie vom Normalbürger nicht verstanden werden können, sind einer Demokratie unwürdig).
    Da stimme ich grundsätzlich zwar zu, allerdings sollten Gesetze juristisch schon halbwegs eindeutig formuliert werden, sonst entscheidet sich am Ende erst vor Gericht, was das alles eigentlich bedeutet.

    Es werden keine Engel sein, es werden keine Teufel sein. Welches Fachwissen gegenwärtig im Parlament vorherrschen soll, das nicht durch zufällig berufene Bürger kompensiert werden kann, weiß ich nicht (die Fähigkeit akadamische Grade zu erschleichen, würde ich am Stammtisch eventuell vermuten).
    Da gibt es durchaus Leute, die sich schon eine Weile mit bestimmten Themen beschäftigt und da dann auch gewisse Kompetenzen vorzuweisen haben. Zudem hat die Regierung noch die Ministerien im Rücken, wo dann wirkliche Fachleute vorhanden sind. Aber welcher geloste Abgeordnete soll ein Ministerium leiten?

    Das Vertrauen in die eigene Bevölkerung ist nicht sehr groß, wenn man davon ausgeht, dass diese größtenteils von faulen Äpfeln gebildet wird. Dabei ist es der Wahlprozess, der der Komplexität der Gesellschaft nicht gerecht wird und ein Zerrbild der Gesellschfat zu seinen Repräsentanten erhebt.
    Für mich wirkt das teilweise ein Bisschen so als ob jetzt gelost werden soll, weil man die Wähler für zu doof hält, um die richtigen Leute/Parteien zu wählen.

    Dazu besteht der Sinn von Wahlen für mich nicht darin, ein besonders genaues Abbild der Gesellschaft zu wählen, sondern eben Interessenvertreter. Ich wähle die, deren Ideen ich für sinnvoll befinde und wenn dann ein ausgefuchster Anwalt im Parlament landet, der zudem noch überdurchschnittlich intelligent, überdurchschnittlich fleißig und politisch erfahren ist, dann ist mir das irgendwo bloß recht, denn der erreicht für mich mehr als jemand, der mir vielleicht eher entspricht.
    Das Problem ist, dass man darauf vertrauen muss, dass nach der Wahl auch ungefähr das gemacht wird, was vorher versprochen wurde.

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  • Tibo
    antwortet
    Zitat von endar Beitrag anzeigen
    Ach, sind wir inzwischen von der Tombola"demokratie" zur Diktatur auf Zeit gekommen? Du bist echt total kleinlich, newman. Ich finde, Völkermord und Beginn von Weltkriegen wäre eine Hürde, bei der man zumindest mal ein Referendum abhalten könnte und wenn nicht, scheißegal, Hauptsache die Bundesrepublik wird endlich abgeschafft.
    Ein System, mit Gewaltenteilung und, ner gewählten Regierung, die man nach vier Jahren erstmals abwählen kann und Mandatsträgern, die nach 10 Jahren nicht mehr kandidieren dürfen. Ist keine Diktatur, wenn Du und Newman das als Diktatur auf Zeit bezeichnen wollen, dann kann ich wie gesagt mit dieser Dikatur auf Zeit ganz gut leben.

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  • KennerderEpisoden
    antwortet
    Zitat von Admiral Ahmose Beitrag anzeigen

    Sicher nicht. Aber warum sollten diese 600 Leute mitmachen? Welche Motivation haben sie dafür? Welche Qualifikationen bringen sie mit? Wer hat sie legitimiert? Kann das Volk sie auch abwählen? Wenn nein, warum nicht? Wie kann eine Auslosung den Willen den Volkes ausdrücken?
    Das sind alles gute Fragen, die sich allerdings auf ein gewähltes Parlament ebenso anwenden lassen.

    Von den Qualifikationen stehen sie dem Wahlparlament in nichts nach (noch einmal: Wahlen selektieren nicht nach politischer Qualifikation), von der Motivation werden sie sich ebenfalls stark differenzieren (einige gucken in erster Linie auf die Diäten, andere fühlen sich berufen, andere fühlen sich bürgerlich verpflichtet), Legitimation entsteht durch die Gerechtigkeit des Losaktes und die Repräsentatvität der Abgeordneten und sicherlich könnte man theoretisch eine Art Recall (Abwahl) ermöglichen, wobei Letzteres bei unserem gegenwärtigen Parlament nicht möglich ist.

    Das ist idealisiert dargestellt. Wenn man per Los auswählt, kann man auch 600 Leute bekommen die keine Ahnung von der Materie haben, keine Lust haben, sich sogar aktiv gegen dieses System aussprechen, usw. Es ist vermessen zu glauben das diese 600 Leute sich hochmotiviert in ihre neue Arbeit stürzen. Es würde auch mehr als genug Leute darunter geben, die ihre eigenen Fähigkeiten korrekt einschätzen können. Ebenso wie endar bin auch ich überzeugt das ICH nicht zur Leitung eines Staates befähigt bin.
    Vom Wähler erwartet man ebenfalls (in der Theorie), dass er fähig ist, die wichtigen politischen Themen seiner Zeit zu begreifen und in Bezug auf seine Wahl in Parteien-Entscheidungen umzusetzen. Dieser Glaube an die Vernunft bildet die Basis einer Demokratie. Dementsprechend sollte auch ein Abgeordneter in der Lage sein, sich in die wichtigsten Fragestellungen einarbeiten zu können, um dann mit allgemein verständlichen Gesetzenentwürfen auf sie zu reagieren (Gesetze, die juristisch so verklausuliert sind, dass sie vom Normalbürger nicht verstanden werden können, sind einer Demokratie unwürdig).

    Du lost 600 Leute an die Spitze des Staates die, aufgrund mangelnder Erfahrung und Wissens, auf zig Berater angewiesen sein werden. Das mag auch heute so sein, aber kleiner werden die Beraterstäbe garantiert nicht. Außer natürlich die Los-Gewinner entscheiden allein. Da weiß ich aber nicht was schlimmer wäre. Ich weiß auch nicht warum diese 600 Leute Pragmatiker sein sollen. Das können mehrheitlich doch genausogut Idealisten, Spinner, Weltverbesserer oder Fanatiker sein.
    Es werden keine Engel sein, es werden keine Teufel sein. Welches Fachwissen gegenwärtig im Parlament vorherrschen soll, das nicht durch zufällig berufene Bürger kompensiert werden kann, weiß ich nicht (die Fähigkeit akadamische Grade zu erschleichen, würde ich am Stammtisch eventuell vermuten).

    Zitat von Dannyboy Beitrag anzeigen
    Die eigenen Interessen zu vertreten, ist die Aufgabe der Lobbyisten. Du bekommst also ein Lobbyisten-Parlament.
    Wenn ich meine Interessen verfolge, macht mich das zu einem Lobbyisten. Gut, wenn man den Begriff so weit fast, hat er keinen abwertenden Beigeschmack mehr.

    Üblicherweise wurde die Wehrpflicht zwischen Schule, Ausbildung und Berufseinstieg abgeleistet. Meiner Erfahrung nach war die Wehrpflicht auch nicht besonders Motivationsfördernd. Es gibt auch gute Grunde, warum nur die unteresten Ränge der Armee mit Wehrpflichtigen besetzt sind. Aus diesem Grund gehe ich davon aus, dass dein Pflichtparlament aus Leuten besetzt sein wird, die überwiegend nicht an verantwortlicher Regierung interessiert sind.
    Ein Wehrplichtiger wurde weder gut bezahlt, noch ergab sein Dienst einen höheren Sinn. Der Sinn der Wehrpflicht war im Übrigen auch nicht die Motivation, sondern man wollte den "Staatsbürger in Uniform". Analog dazu möchte ich den Staatsbürger im Hosenanzug.

    Die wichtigste Errungenschaft der Demokratie ist mMn nicht, dass man eine Regierung wählt, sondern dass man die Machthaber abwählen kann.
    Inwiefern kann man das gegenwärtig? Selbst wenn ich die Regierungspartei abwählen wollte, könnte sie noch als Koalitionspartner zurückommen. Tatsächlich gingen die meisten Regierungswechsel nicht von irgendwelchen veränderten Volksmehrheiten aus. Ohne Wiederwahlverbot wird es zudem immer wieder "Dynastien" a la Adenauer geben, während das Zufallsparlament und die von ihr gebildete Regierung nur eine Legislaturperiode an der Macht sind.

    Den Satz verstehe ich nicht. Die Schwierigkeit bei der Gesetzgebung liegt doch im Detail. Ich persönlich wäre nicht kompetent, die Folgen von Änderungen der Steuergesetzgebung abzuschätzen.
    Die Folgen einer Gesetzgebung zu antizipieren, können normale Parlamentarier auch nicht besonders gut.

    Zitat von Fritz Lang Beitrag anzeigen
    Also ich habe hier jetzt schon in mehreren Beiträgen zum Thema (es dürften insgesamt mehrere DinA-4 Seiten sein) sachlich und wie ich meine auch fundiert argumentiert, da muss ich mir jetzt nicht vorwerfen lassen, ich sei an der Diskussion nicht interessiert. Oder ist hier nur erwünscht, wer das Losverfahren bejubelt?
    Ich bezog mich nicht konkret auf deinen Beitrag, sondern generell auf den Stammtischvorwurf (ich habe da jetzt keine mentale Liste gefertigt, wer den wann geäußert hat). Ein solcher lässt sich zu jedem beliebigen Thema äußern, ohne dass dadurch argumentativ irgendetwas gewonnen wird. Und nein, natürlich kann man sich gerne kritisch äußern, wenn man dabei sachlich bleibt (was bei deinen Beiträgen meiner Meinung nach auch absolut der Fall ist).

    Hier liegt einfach immer noch ein grundsätzliches Missverständnis vor. Mit der entscheidenden Zweitstimme wählt man bekanntlich bei uns eine Partei und deren Programm. Die Partei hat im Programm zuvor Ziele formuliert, für deren Umsetzung sie dann auch eintreten sollte, sofern sie die Mehrheit erhält.
    Abgesehen davon, dass das wieder ein sehr idealisiertes Bild von Wahlen darstellt, weil praktisch niemand ein streng-rationaler Programmwähler ist, so sehe ich immer noch nicht, wo hier die Legitimität des Abgeordneten herkommen soll. Im besten Fall ist die Partei legitimerweise berechtig eine Zahl X Angehörigen ins Parlament zu bringen, doch das rechtfertigt kaum, dem Bürger unter X Leute zu präsentieren, gegen die keiner Einspruch erheben kann und deren Auswahl nicht transparent ist.

    Aber wie gesagt, dafür gibt es ja auch ein funktionierendes demokratisches Modell: Das präsidentielle System. Da braucht man immer noch kein Los.
    Das US-Modell funktioniert auch nicht gerade mustergültig. Letztes Jahr wurden für Präsdentschafts und Kongresswahlen 6 Mrd $ Dollar verpulvert, nur damit man wieder darüber streiten konnte, wer beim TV-Duell die lustigsten Grimassen geschnitten hat. Und ob ein geloster Kongress ebenso politsch blockierend und unbeliebt in den Augen der Bürger (Zustimmungsraten konstant unter 20 %) wäre, lässt sich zumindest anzweifeln.

    An den Wehrdienst hatte ich auch schon mal gedacht, der ist/war ja auch in der Tat problematisch.
    Bedenke aber, dass dieser idR zumindest noch auf einen klar definierten Lebensabschnitt festgelegt ist, und zwar ziemlich genau nach der Schule (oder Lehre) und noch vor dem eigentlichen Berufseintritt, also in einer Phase in der sowieso alles im Umbruch ist.
    Was macht denn bei unserem Losparlament und einer 2-jährigen Zwangsverpflichtung z.B. der 50-jährige Selbständige, der in dieser Zeit vlt seinen ganzen Kundenstamm verliert? Was macht der Studierende in der Mitte des Studiums, der nach 2 Jahren dann vieles noch einmal lernen darf? Was der Wissenschaftler oder Entwickler, der kurz vor dem großen Karrieredurchbruch steht und dem ein anderer nun sein Projekt wegschnappt? Was der Profisportler, der seine Karriere beenden muss oder der selbst haftende Unternehmer, der sein Geschäft in die Hände eines anderen legen muss. Oder nehmen wir irgendwelche normalen Büroangestellten, die sich im Umfeld ihrer Kollegen einfach nur so pudelwohl fühlen, dass sie dort schlicht nicht wegmöchten. Und werden z.B. auch Rentner zwangsverpflichtet? Da wöge der Zwang zur Arbeit ja quasi doppelt schwer und wenn man sie ausnimmt, wären sie als Gruppe nicht repräsentiert.
    Also mit meinem Verständnis von freier Entfaltung ist das alles jedenfalls unvereinbar.
    Alles sehr seltene Fälle, die man auch unter Härtefallreglungen packen kann. Und wenn sie nicht darunter fallen, wird halt eine Strafe gezahlt und damit hat es sich (ähnlich wie bei Wahlpflichten in einigen Demokratien).
    Nur: was Konsens-Elemente innerhalb einer Demokratie mit dem Losverfahren zu tun haben sollen, erschließt sich mir dann immer noch nicht.
    Habe ich den Vorabschnitt falsch verstanden, oder stellst du dort nicht ebenfalls eine Beziehung von Konsens und Legitimation her?

    Wie du ja richtig sagst, bei Stimmengleichheit entscheidet das Los, damit ist doch genau ausgedrückt, dass der eigentlichen Wahl der Vorzug vor dem Los zu geben ist, das Los ist quasi nur die Notlösung. So wie bei Fußball-WM-Gruppen erst x andere sportliche (!) Kriterien ausgeschöpft werden, bevor man lost. Nicht nur beim Sport ist doch der Grundgedanke dahinter, dass sich im Wettbewerb letztlich das bessere Prinzip (oder der bessere Kandidat) durchsetzen möge und nicht der Zufall.
    Wenn andere Verfahren scheitern, ist das Los gut genug. Wahlen als politischer Selektionsprozess scheitern regelmäßig, ergo ist das Los gut genug. Oder um die Fußballanalogie aufzugreifen: das Publikum zieht Elfmeterschießen einer zeitlich nicht begrenzten Verlängerung, in der sich beide Mannschaft irgendwann nur noch über Platz schleifen, vor.

    Ich komme auch hier noch mal auf die Komplexität moderner Gesellschaften zu sprechen: Ansatzweise gerecht kann ein Los immer nur dann sein, wenn aus einer möglichst homogenen Gruppe ausgelost wird. Als einfaches Beispiel nehmen wir einen Korb mit 10 Äpfeln unterschiedlicher Sorten. Wenn ich jetzt Apfelliebhaber bin, dann kann ich bei der Auswahl getrost das Los entscheiden lassen, denn ich werde in jedem Fall einen Apfel erhalten (auch wenn ich manche Sorten vlt bevorzugen würde und andere nicht). Wenn ich aber einen Korb mit 10 unterschiedlichen Früchten habe, von denen einige vlt noch faul sind, dann werde ich natürlich keinesfalls das Los entscheiden lassen, sondern immer selbst auswählen wollen, weil andernfalls die Gefahr besteht, eine Frucht zu erhalten, die mir nicht schmeckt (oder gar eine, die faul ist)...
    Das Vertrauen in die eigene Bevölkerung ist nicht sehr groß, wenn man davon ausgeht, dass diese größtenteils von faulen Äpfeln gebildet wird. Dabei ist es der Wahlprozess, der der Komplexität der Gesellschaft nicht gerecht wird und ein Zerrbild der Gesellschfat zu seinen Repräsentanten erhebt.

    Wenn ich deine Ausführungen richtig verstehe, dann geht’s dir doch in Teilen auch einfach nur darum, dass abseits der Parteien „normale“ Leute von nebenan mehr einbezogen werden.
    Ja, die Bürgernähe der Politk und die Eindämmung von Politikverdrossenheit, liegt mir durchaus am Herzen und freilich gibt es viele Verbesserungsvorschläge, die in komplett andere Richtungen gehen.

    Aber darüber hinaus ging es mir auch ganz abstrakt darum, im Wahljahr die ketzerische Frage zu stellen, ob man Wahlen überhaupt braucht. In der Regel werden diese ja als erstes genannt, wenn es um eine Beschreibung von Definition geht (selbst im Studium wird das vorausgetzt, bevor dann auf zusätzliche Elemente eingegangen wird). Wenn etwas so selbstverständlich erscheint, dann lohnt es sich häufig den advocatus diaboli zu spielen und zu fragen: Was wenn nicht?

    Vom Gegenteil der Sozialkunde-Weisheit bin ich aber nach wie vor nicht überzeugt. Viele tragen hier eine technokratische Vorstellung des Staatswesen vor, nachdem nur Experten politische Verantwortung übernehmen sollten. Abgesehen davon, dass die meisten Parlamentarier keine Experten sind, läuft das völlig meinem Verständnis entgegen, nachdem Poltik (in einer Demokratie wohlgemerkt) eine Angelegenheit aller Bürger sein sollte. Die mutmaßlichen Verfechter der Demokratie scheinen sich nicht im Klaren zu sein, wie komisch es klingt, wenn ständig die Unreife, Manipulierbarkeit und Beschränktheit von Nicht-Insidern hervorgehoben wird.

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  • endar
    antwortet
    Ach, sind wir inzwischen von der Tombola"demokratie" zur Diktatur auf Zeit gekommen? Du bist echt total kleinlich, newman. Ich finde, Völkermord und Beginn von Weltkriegen wäre eine Hürde, bei der man zumindest mal ein Referendum abhalten könnte und wenn nicht, scheißegal, Hauptsache die Bundesrepublik wird endlich abgeschafft.

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  • newman
    antwortet
    Zitat von Tibo Beitrag anzeigen
    Es gibt wie immer auch die Möglichkeit, dass die Hürde ne angemessene Höhe hat. Sonst kenne ich Dich gar nicht so in schwarz-weiß Denken. Ne zehnjährige Legislatur, mit der Option auf Abwahl nach vier, sieben und neun Jahren, ohne Option der Wiederwahl, wäre zum Beispiel ne Diktatur auf Zeit, die sich ertragen ließe. Zumal ja auch bei einer zehnjährigen Legislaturperdiode das Parlament nicht entmachtet würde und sich Koalitionen neu bilden dürfen.
    Das Problem ist, wie definiere ich eine angemessene Höhe? Das könnte man, in dem man die durchschnittliche Regierungszeit zum Maßstab nimmt. Nur wäre es dann nicht von vorne herein effektiver diese angemessene Regierungszeit als Legislaturperiode festzulegen anstatt durch Versuch und Irrtum Jahre vergehen zu lassen bis man sie ermitteln geschweige denn anpassen kann

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  • Tibo
    antwortet
    Zitat von newman Beitrag anzeigen
    Sehe ich nicht so.
    Es gäbe zwei Möglichkeiten. Die Hürde zur Abwahl ist so niedrig, dass die hohe Legislaturperiode nur eine zahl auf einem Blatt Papier ist. Die Realität ist durch ständige Regierungswechsel geprägt. Also keineswegs stabil.
    Oder die Hürde zur Abwahl ist so hoch, dass es sich nur um ein pseudodemokratisches Instrument handelt, dass den Eindruck von Einflussnahme durch das Volk erwecken soll, aber eigentlich nutzlos ist. Dann würde die hohe Legislaturperiode faktisch eine art Diktatur auf Zeit bedeuten
    Es gibt wie immer auch die Möglichkeit, dass die Hürde ne angemessene Höhe hat. Sonst kenne ich Dich gar nicht so in schwarz-weiß Denken. Ne zehnjährige Legislatur, mit der Option auf Abwahl nach vier, sieben und neun Jahren, ohne Option der Wiederwahl, wäre zum Beispiel ne Diktatur auf Zeit, die sich ertragen ließe. Zumal ja auch bei einer zehnjährigen Legislaturperdiode das Parlament nicht entmachtet würde und sich Koalitionen neu bilden dürfen.

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  • newman
    antwortet
    Zitat von Tibo Beitrag anzeigen
    Das erscheint so wegen der relativ kurzen Legislaturperioden. Du hast einerseits Recht, dass die Beschneidung der Macht, des Staats eine große Errungenschaft der modernen westlichen Demokratien ist (Stichwort Checks & Balances). Andererseits machen kurze Intervalle bei Wiederwahlen, das Regieren schwer. Ne lange Legislatur mit Möglichkeit der Abwahl durch das Volk hätte da andere Konsequenzen, würde meiner Ansicht nach mehr Stabilität bringen.
    Sehe ich nicht so.
    Es gäbe zwei Möglichkeiten. Die Hürde zur Abwahl ist so niedrig, dass die hohe Legislaturperiode nur eine zahl auf einem Blatt Papier ist. Die Realität ist durch ständige Regierungswechsel geprägt. Also keineswegs stabil.
    Oder die Hürde zur Abwahl ist so hoch, dass es sich nur um ein pseudodemokratisches Instrument handelt, dass den Eindruck von Einflussnahme durch das Volk erwecken soll, aber eigentlich nutzlos ist. Dann würde die hohe Legislaturperiode faktisch eine art Diktatur auf Zeit bedeuten

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  • Tibo
    antwortet
    Zitat von Dannyboy Beitrag anzeigen
    Komplett anders ist es nun auch nicht.
    Das erscheint so wegen der relativ kurzen Legislaturperioden. Du hast einerseits Recht, dass die Beschneidung der Macht, des Staats eine große Errungenschaft der modernen westlichen Demokratien ist (Stichwort Checks & Balances). Andererseits machen kurze Intervalle bei Wiederwahlen, das Regieren schwer. Ne lange Legislatur mit Möglichkeit der Abwahl durch das Volk hätte da andere Konsequenzen, würde meiner Ansicht nach mehr Stabilität bringen.

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