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Machtkampf in der Ukraine

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    Machtkampf in der Ukraine

    Nunmehr seit Ende November ist der werte EU-Nachbar praktisch permanent im Fadenkreuz unserer Medien. Was mit Demonstrationen gegen ein geplatztes Assozierungsabkommen mit der EU begann, nimmt inzwischen bürgerkriegsähnliche Zustände an, mit kolportierten Todesopfern im hohen zweistelligen Bereich.

    Die Lage ist verzwickt und würde vermutlich nicht viele Leute zu näheren Erkunden einladen, läge das Land nicht zufällig im Spannungsfeld zwischen Russland und der EU. Dass unsere Medien durch ihren anti-russischen Kampagnenjournalismus seit dem Anfang der Krise nur sehr einseitig über die Vorgänge berichten, macht die Sache nicht einfacher. Die Narrative lautete hier bislang in etwa: 1. Janukowitsch ist ein Tyrann, der es auf die eigene Bevölkerung abgesehen hat. 2. Klitschko ist die Figur des demokratischen Widerstandes, von dem RTL am besten schon mal für die Rechte für den zweiten Mauerfall erwerben sollte. Man stelle sich hingegen vor, in Berlin würden "Aktivisten" Ministerien besetzen und brennende Barrikaden erichten, um sich gegen die undemokratische Merkel-Regierung und ein etwaiges Freihandelsabkommen mit den USA zu stellen. Würde man die frei gewähren lassen, weil man den Liberalismus hierzulande mit Löffeln gefressen hat? Vermutlich nicht!

    Die jüngste Eskalation der Gewalt hat nun jedenfalls nicht nur das Öffentlich-Rechtliche und CNN, sondern auch die "Friedensmacht" EU auf den Plan gerufen, die vorübergehend selbst ihren Kampf gegen den eidgenössischen Fremdenfeinden-Terror hinten anstellt, um ihren eigenen Fahrplan für den Frieden vorzustellen.

    Lange Vorrede... wer ist denn nun Schuld, wer hat die Gans gestohlen und was sollte jetzt möglichst passieren oder nicht passieren?

    Meinungen?!
    I reject your reality and substitute my own! (Adam Savage)

    #2
    Der Staat hat das Recht seine Rechtsordnung und auch die verfassungsgemäßen Grundsätze in Übereinstimmung mit seinen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zu schützen, hier in Deutschland, wie auch in der Ukraine.
    Wer etwa dem Verwaltungsakt, einen bestimmten Platz nicht zu räumen, darf mit verhältnismäßigen Mitteln notfalls Gewaltsam entfernt werden. Hier wie in der Ukraine.
    Aber wir sind eben in der Ukraine längst nicht mehr im Stadium einer "Demonstration", die sich weigert, sich aufzulösen.
    Wir haben einen großen, oder zumindest politisch sehr engagierten Teil der Bevölkerung, der eine Änderung herbei führen will. Nicht wenige wollen wohl eine derart grundsätzliche Änderung der Zustände, dass die Verfassung der Ukraine selbst bedroht ist, und wir somit in den Bereich von revolutionären Zuständen geraten sind.
    Die Rolle, wer hier Recht hat oder nicht, ist insofern zweitrangig. Es werden Nägel mit Köpfen gemacht. Entweder, dem lautstarken, für Änderungen eintretenden Teil der Bevölkerung gelingt es, seine Interessen teilweise oder komplett durchzusetzen, oder das Establishment mit der (bisher auffällig stillen) Rückendeckung der Ostukraine erhält den Status Quo.
    Dieses Ringen wird offenbar nicht friedlich, nicht ohne Opfer, verlaufen. Die Ukraine hat in der Orangenen Revolution recht friedlich das alte Establishment gestürzt. Scheinbar waren die herbeigeführten Veränderungen aber nicht ausreichend, und die korrumpierte politische Kaste konnte sich wieder in altbekannte Positionen hieven.
    Ich kann den Ukrainern, die einen Wechsel wollen, insofern schwerlich vorwerfen, dass sie einer zunehmenden Radikalisierung zugeneigt sind.

    Was es allerdings an der gezielten Tötung von Demonstranten durch mit Ak-47 Sturmgewehren bewaffneten Heckenschützen noch zu relativieren gibt, weiß ich nicht. Der Staat ist eben kein wütender Mob, bei dem einige spinnerte Radikale über die Stränge schlagen, sondern trägt eine besondere Verantwortung. Ein Polizist, der von Dächern aus mit Kalashnikovs auf Demonstranten schießt, folgt offenbar einer vorgegebenen Agenda und handelt nicht zum Schutze der Rechtsordnung: Der Heckenschützeneinsatz hat mit Durchsetzung von Verwaltungsakten im Rahmen einer verhältnismäßigen Polizeilichen Maßnahme nichts mehr zu tun.
    Die Grenze zum Bürgerkrieg droht damit überschritten zu werden.

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      #3
      Inzwischen darf von Scharfschützen gezielt auf Demonstranten (auch friedliche) geschossen werden. Ob das noch demokratisch vereinbar ist?!

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        #4
        Es ist nicht gesagt worden, ob sie das "dürfen", und es ist insbesondere kein Problem demokratischer Vereinbarkeit. Es ist erstmal nur ein Fakt, dass dies geschehen ist.
        Es mag tatsächlich unter sehr, sehr engen Grenzen rechtmäßig sein, um gezielt Angreifer auszuschalten, die selber mit Schusswaffen etwa auf Polizisten oder Unbeteiligte schießen.
        Das ist möglich, trägt aber natürlich zu einer weiteren Eskalation der Situation bei, unabhängig von der "Schuldfrage".

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          #5
          Natürlich hat ein demokratischer Staat das Recht, rechtswidrige Handlungen mit angemessenen Polizeiaufkommen und Gewalt zu unterbinden. Darunter fällt auch die Auflösung der Besetzung eines Platzes.

          Eine demokratisch gewählte Regierung hat aber auch die Pflicht, die Bedürfnisse und Wünsche alle Staatsbürger zu hören und dementsprechend zu handeln. Wie ausgeprägt das im Endeffekt ist, ist von Land zu Land unterschiedlich.

          Wenn jedoch ein solch großer Teil der Bevölkerung gegen das Verhalten der Regierung ist, dann kann und darf keine dem. Regierung das ignorieren.
          Die Lösung wäre ein Kompromiss. In diesem Fall hieße das, dass der Vertrag mit der EU unterzeichnet wird oder eben Neuwahlen.
          Wer hingegen diesen (alles andere als kleinen) Bevölkerungsteil einfach ignoriert und lieber mit immer mehr Polizei und Gewalt anrückt, der hat nicht nur seine Legitimation als dem. Herrscher verloren, sondern braucht sich auch nicht wundern, wenn einige radikale (auf beiden Seiten) anfangen scharf zu schießen.

          Und der Protest der Demonstranten war durchaus berechtigt. Die sehr einseitige pol. Ausrichtung auf Russland schadet im Endeffekt nur der Ukraine und dessen Bevölkerung und lässt außerdem den Anschein von Bestechung aufkommen, was noch schlimmer ist, da jegliche Korruption das dem. System untergräbt. Ein korrupter Politiker ist so gesehen der Feind eines jeden dem. Staates.

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            #6
            Bedenklich sind hier auch die geopolitischen Implikationen. Der Westen der Ukraine ist pro-westlich und anti-russisch eingestellt, während im Osten eine große russische Minderheit lebt, russisch gesprochen wird und viele Leute dort sich gar nicht als Ukrainer betrachten. Während im Westen teilweise schon weite Gebiete nicht mehr unter der Kontrolle der Regierung stehen, steht man den Protesten im Osten feindselig gegenüber.

            Das sind die Zutaten für einen regelrechten Bürgerkrieg. Was passiert, wenn das ukrainische Militär mit wirklich massiver Gewalt gegen die Demonstranten vorgeht, was passiert, wenn sich militärische Einheiten aus der West-Ukraine gegen die Regierung stellen, wenn das ganze zu einem offenen Krieg eskaliert? Was wird Putin tun? Er möchte die Ukraine näher an Russland binden und hat bereits bewiesen, dass er jede noch so verbrecherische Diktatur stützt, solange diese seinen Interessen dient.

            Was wird die EU tun, was wird Deutschland tun, wenn ein Land mit 45 Millionen Einwohnern, das eine Grenze mit Polen hat, in einen Bürgerkrieg stürzt, wenn es zu Massakern an der Bevölkerung kommt, wie z. B. in Syrien oder Libyen, und sich infolge dessen Millionen Flüchtlinge in Richtung Westen aufmachen? Das sind Implikationen, über die man gar nicht nachdenken möchte...
            "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
            -Cpt. Jean-Luc Picard

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              #7
              Leider berichten unsere Mainstreammedien nur einseitig über diesen Konflikt, sodass wir nicht wirklich sagen können, was wirklich in Kiew passiert.
              Aber man stelle sich vor, radikale, bewaffnete Randalierer wüten in einer unserer Großstädte. Wäre man da nicht auch froh, wenn sich die Einsatzkräfte darum kümmern und für Ruhe und Ordnung sorgen?
              Man sehe sich mal diese Randalierer an, die Rädelsführer kommen doch aus dem Umfeld der "Swoboda" Partei, die sich ja öffentlich zu ihrem Rechtsextremismus bekennt. Und woher sind eigentlich die Schusswaffen, mit welche auf die Einsatzkräfte geschossen wird? Sicherlich nicht legal erworben.
              Dann noch dieser Klitschko, nur wegen seiner Popularität in Deutschland ist er jetzt der neue Messias der Ukraine, wahrscheinlich fließt Milch und Honig in Strömen, sobald er an der Macht ist. Wird bei uns berichtet, dass er in der Ukraine überhaupt nicht als Oppositionsführer angesehen wird, als der er bei uns immer hingestellt wird? Wird darüber berichtet, dass im Oppositionsbündnis auch die "Swoboda" Partei vertreten ist, deren Chef lässt sich ja auch gerne mit Klitschko ablichten. Ach ja, und seit Klitschko auf der politischen Bühne aufgetreten ist, haben unsere Medien ihre vielgepriesene Timoschenko anscheinend vergessen, jetzt ist er die neue Gallionsfigur der westlichen Einheitspresse. Was für ein Theater wurde um diese Gaunerin Timoschenko nur gemacht, obwohl sie sich nahtlos in die Reihe korrupter politischer Führer der Ukraine eingefügt hat. Aber sie war ja russlandkritisch, das reichte für unsere Medien schon um sie als Heilige zu stilisieren.
              Ach ja, dann auch noch zur Berichterstattung, es wird immer nur vom Maidan-Platz berichtet, was dort abgeht. ABer macht sich ein Journalist die Mühe in andere Stadtteile von Kiew zu gehen und von dort zu berichten, dort Interviews zu führen? Wenn mal von woanders berichtet wird, hört man nur in Lviv oder Odessa gibt es auch Proteste gegen die Regierung. Aber wird vom Osten der Ukraine berichtet, der traditionell zu Russland bzw. zu Janukowitsch steht? Nein weil das passt ja nicht, wenn man Bürger zeigt, die für die Regierung sind.
              Meine Beiträge sind genderfrei und das ist gut so

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                #8
                Eigentlich haben sie im ZDF heute ausdrücklich gesagt, dass die Regierung im Osten und Süden der Ukraine noch überwiegend Unterstützung erfährt; und auch im ARD konnte man hören, dass die radikalisierten "Demonstranten" vermeintliche Polizisten entführen, ja, es sei sogar von "Lynchjustiz" die Rede. Beide Sender haben davon gesprochen, dass die EU explizit auch gegen die "Rädelsführer" Sanktionen verhängen will, sofern man diese identifizieren kann.
                So völlig einseitig ist die Berichterstattung nun wirklich nicht.

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                  #9
                  Ja. Das ist alles in den letzten drei Sendungen, die ich den "mainstreammedien" gesehen habe, zur Sprache gekommen. Da reicht schon Brennpunkt und Zapp.

                  Vielleicht sollte man die Jobs in Zeitungen und im Fernsehen durch Los vergeben. Das würde der Politikverdrossenheit in diesem Land sicher entgegenwirken.
                  Republicans hate ducklings!

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                    #10
                    @ Mr.Viola
                    Über 1000 Schusswaffen sollen aus Polizeistandorten im Westen (um Lemberg) stammen.
                    Anscheinend brauchte dort auch keine Gewalt angewendet werden, da dort die Opposition besonders stark ist.
                    Die Bevölkerung hat im Westen wohl die Polizei nach Hause geschickt und verhindert dort selber Übergriffe.
                    Ich schätze es könnte auf eine Spaltung der Ukraine herauslaufen. Der Teil östlich der Krim am Asowschen Meer könnte zu Russland abfallen.
                    Im wiki-Artikel zur Ukraine ist übrigens ein Karte mit dem Anteil der ethnischen Ukrainer in den einzelnen Provinzen. Dieser schwankt von über 90% bis rund 30%.
                    Slawa Ukrajini!

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                      #11
                      Zitat von endar Beitrag anzeigen
                      Ja. Das ist alles in den letzten drei Sendungen, die ich den "mainstreammedien" gesehen habe, zur Sprache gekommen. Da reicht schon Brennpunkt und Zapp.
                      Wenn du drei Sekunden lang die Mainstreammedien gesehen hast, und diese mit Berichten der obigen Art angefüllt waren, beträgt deine Berichterstattungsquote "Pro Regierungsperspektive" ja 100%. Also worüber reden wir hier?

                      Fakt ist nunmal, wie schon in Syrien gibt es Ausschreitungen und Übergriffe auf beiden Seiten der Konfliktgrenze. Im Gegensatz zum Syrienkonflikt aber werden hier Verfehlungen der "Demonstranten" bereits frühzeitig von den Mainstreammedien aufgegriffen.

                      Über den quantitativen Umfang mag man ja mäkeln, aber wer wirklich einseitige Berichterstattung hören will, kann ja mal einen Russen seiner Wahl bitten, einen russischen Nachrichtensender zu den Vorgängen in Kiew zu synchronisieren.

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                        #12
                        Ich antwortete auf Mr.Viola, nicht auf dich.

                        Er hat gefragt, ob über dieses und jenes berichtet werden würde und das habe ich bejaht. Ich habe alle diese Dinge, die er vermisst durchaus wahrgenommen.
                        Republicans hate ducklings!

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                          #13
                          Gott sei Dank hat sich die Lage ja mittlerweile etwas entspannt. Janukowitsch hat seine Milizen zurückgerufen, es gibt eine Rückkehr zur Verfassung von 2004, welche die Machtbefugnisse des Präsidenten einschränkt, und es gibt vorgezogenen Neuwahlen. Sehr schön auch, dass das ukrainische Parlament mit überwältigender Mehrheit die Freilassung von Julia Timoschenko beschlossen hat. Diese wird von den üblichen linken Verdächtigen (auch hier im Forum) gerne als Kriminelle verhöhnt, während ihr Prozess in der Realität natürlich politisch motiviert war, um die Opposition zu enthaupten. Mit ihrer politisch motivierten Inhaftierung hat es nach dem Votum des ukrainischen Parlaments hoffentlich bald ein Ende.
                          "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
                          -Cpt. Jean-Luc Picard

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                            #14
                            Nanu ? Janukowitsch vergleicht die aktuelle Lage in der Ukraine mit Deutschland 1933 - er spricht vom FASCHISMUS ...?

                            Wider einer der von der Geschichte überholt wurde - aber die Timoschenko ist doch auch nicht viel besser..

                            Bin gespannt wie es weiter geht und was Väterchen Putin dazu sagt..
                            Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.
                            Also sprach Zarathustra (nietzsche)

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                              #15
                              Väterchen Putin ist mit Sicherheit not amused... Er war ja ursprünglich sein Ziel, die Ukraine von Europa fern zu halten, weil er sie gerne in seiner "Eurasischen Union" hätte. Ohne die Ukraine als zweitgrößter ehemaliger Sowjetischer Staat hätte diese Eurasische Union sicher einen schlechten Start. Dafür wollte er ja ursprünglich bis zu 15 Milliarden Dollar an Krediten flüssig machen, um die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit Europa zu verhindern. Das ist nun gründlich nach hinten los gegangen.

                              Außerdem herrschte mit Janukowitsch und seiner Clique in der Ukraine eine ähnlich korrupte, sich selbst bereichernde Bande wie Putins Mafia-Oligarchie in Russland. Diese Clique in der Ukraine wurde nun vom Volk fortgejagt. Ich bin sicher, Putin wird das mit Besorgnis betrachten.
                              "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
                              -Cpt. Jean-Luc Picard

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