The Time-Machine - SciFi-Forum

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

The Time-Machine

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    #91
    Zitat von KennerderEpisoden Beitrag anzeigen
    Die Einführung der Landwirtschaft (Grundlage für eine technische Gesellschaft) war zunächst kein großer Wurf, weil sie u.a Dinge wie Mangelernährung, Unterdrückung der Frau, soziale Schichtung und organisierte Kriegsführung mit sich brachte. Die Industrialisierung führte schließlich zu Umweltverschmutzung, noch tödlicheren Kriegen und noch ausgeprägteren sozialen Unterschieden. Irgendwann kommt man zwar vielleicht zu einem Punkt, wo die Lebensqualität aller deutlich besser ist als die der primitiven Vorfahren (so wie es bei uns der Fall ist), aber man kommt eben nicht sofort dahin. Die Elois würden ebenfalls bald ihre Differenzen entwickeln, sich in verschiedene Stämme aufspalten, ihre Weibchen unterdrücken und ihre natürlichen Lebensgrundlagen zugrunde richten.
    So sehe ich das auch. Ich denke, es reicht nicht, einen langwierigen Prozess der technischen Entwicklung anzustoßen, der irgendwann über Steinzeit, Altertum, Mittelalter usw. ins Heute führt. Z.B. ist es wünschenswert, dass die Medizin möglichst schnell auf einen fortgeschrittenen Stand gelangt und z.B. auch Verhütungsmittel wie die Pille zur Verfügung stehen.

    Zitat von Logan5 Beitrag anzeigen
    Also ich brauche keine speziellen Bücher, um mir im Notfall Pfeil und Bogen zu basteln, mir einen primitiven Pflug zu bauen, Getreidesamen auszusähen, Obst zu ernten, für Dünger zu sorgen, mir aus Fellen oder Tierhäuten Kleidung herzustellen, einen Webrahmen zu bauen, grobe Fäden aus Hanf zu spinnen, aus Knochen oder Holz eine Nadel zu machen etc..
    Natürlich kann man auch ohne spezielle Bücher erst mal eine primitive Landwirtschaft usw. aufbauen. Aber diese Primitivität kann auch schnell zu Unzufriedenheit führen, wenn es Missernten usw. gibt. Außerdem ist Töten für die Jagd auch ethisch nicht günstig.

    Zitat von Logan5 Beitrag anzeigen
    Eine ethische Lebensgrundlage für eine Gesellschaft zu schaffen - wo man es vielleicht nicht mehr ignoriert, wenn gerade jemand ertrinkt - und wieder einen Fragen stellenden, forschenden Geist zu entwickeln, wieder Kultur hervorzubringen usw. halte ich in diesem Fall für wesentlich notwendiger als Bücher über Landwirtschaft und Technik.
    Die Frage ist, ob die Eloi diese ethische Lebensgrundlage nicht schon längst hatten, bevor der Zeitreisende kam. Wären sie von den Morlocks nicht gefressen worden, wären sie die perfekte Gesellschaft gewesen, abgesehen davon, dass ihr Leben ziemlich flach und sinnlos ist, aber es ist eben nicht jeder ein Captain Picard, und am Ende bringt Shakespeare eben auch nichts.

    Was haben wir heute von Shakespeare?
    Zitat von Logan5 Beitrag anzeigen
    Was der Wohlstand vor allem mit sich bringt, ist Bequemlichkeit, die es Ausbeutern leichter macht, die Ausgebeuteten unter Kontrolle zu halten.

    Der Wohlstand in Europa, kaum anders als auch der in den USA, ist ein Wohlstand Weniger, der von Schicht zu Schicht, je nach Macht und Einfluss, kontinuierlich abnimmt und sich auf der Armut Vieler ausruht, die zu eben diesem Zweck gnadenlos ausgebeutet werden.
    Solange des unterste Wohlstandslevel hoch genug ist, geht es den "Ausgebeuteten" ja nicht schlecht, und es stellt sich die Frage, wie Ausbeutung überhaupt definiert ist, wenn es allen gut geht.

    Nehmen wir nur mal Länder, wie Irland, Deutschland, Griechenland: Welchen Leuten geht es da wirklich schlecht? Leben 90% der Bevölkerung Irlands, Deutschlands, Griechenlands heute besser oder schlechter als vor ca. 50, 100, 150 und 200 Jahren?
    Zitat von Logan5 Beitrag anzeigen
    Der H&M-Pullover, der unsere fetten Wohlstandsbäuche bedeckt
    Du verallgemeinerst etwas übertrieben.
    Zitat von Logan5 Beitrag anzeigen
    So gesehen, sind wir wohlstandsverwöhnten Europäer selbst nichts Anderes als wahlweise Eloy oder eben Morlocks.
    Du vereinfachst etwas übertrieben. Was soll das überhaupt sein, ein heutiger "Eloi" oder "Morlock". Und wieso überhaupt wahlweise?
    Zitat von Logan5 Beitrag anzeigen
    Als totalitär würde ich Platons Politeia jetzt nicht gleich bezeichnen, zumal es sich hier um eine Philosophie handelt und um keine verbindliche Verfassung. Und auch wenn ich Platons Haltung zu Homer nicht ganz nachvollziehen kann und generell nicht viel von Zensur halte, kann ich mir schlechtere Ideen vorstellen, als dass die Gerechtigkeit das oberste Ziel einer Gesellschaft sein sollte.

    Mich würde es außerdem viel zu sehr reizen, von einer neuen Grundlage aus eine möglicherweise bessere Gesellschaft mitzugestalten, als dass ich mir Experimente verkneifen könnte.

    Letztendlich habe ich aber auch nicht geschrieben, dass man Platons Werke 1:1 umsetzen sollte, sondern nur, dass das ein diskussionswürdiger Stoff für eigene Vorstellungen einer neuen Gesellschaft wäre.
    Diskutieren kann man bis in die Unendlichkeit, nur was bringt es den Eloi? Ein Buch wird für eine Zielgruppe von Lesern geschrieben. Die Eloi können kaum zu Platons Zielgruppe gerechnet werden.

    Kommentar


      #92
      Zitat von irony Beitrag anzeigen
      So sehe ich das auch. Ich denke, es reicht nicht, einen langwierigen Prozess der technischen Entwicklung anzustoßen, der irgendwann über Steinzeit, Altertum, Mittelalter usw. ins Heute führt. Z.B. ist es wünschenswert, dass die Medizin möglichst schnell auf einen fortgeschrittenen Stand gelangt und z.B. auch Verhütungsmittel wie die Pille zur Verfügung stehen.
      Wieso willst du eine dekadente Gesellschaft, die keine Kultur, keine Ethik und keine Geschichte mehr kennt, unbedingt von jetzt auf gleich in die Neuzeit katapultieren?

      Das Problem der Eloi besteht doch vor allem darin, dass sie in ihrer Funktion als gemästetes Schlachtvieh der Morlocks, jegliche Eigenmotivation verloren haben und zu einem Haufen dekadenter, kulturloser, lethargischer, konsumverwöhnter, denkfauler, stumpfsinniger Ignoranten geworden sind - eben genau das, wozu sich unsere Gesellschaft, dank des Wohlstandes in dem wir es uns so bequem gemacht haben, auch allmählich entwickelt, wenn wir nicht aufpassen.

      Solchen Leuten gleich wieder die moderne Wissenschaft überzustülpen, wäre in meinen Augen so sinnlos, wie es gefährlich sein könnte. Zunächst müsste man sie doch eher wieder an eigenständiges Denken und Forschen gewöhnen, also ihre Neugier und Begeisterungsfähigkeit wiederbeleben und ihnen helfen, Ziele, Ideale und Wertvorstellungen zu entwickeln, die sie dazu motivieren.

      Ein altes Sprichwort sagt: "Die Not macht erfinderisch." Gibt man ihnen wieder nur vor, wie sie was zu tun hätten, ohne ihren eigenen Forscherdrang anzutreiben, machen sie vermutlich genau das, was sie all die Jahre unter der Herrschaft der Morlocks auch getan haben - stumpf kopieren und gedankenlos konsumieren. Der Stumpfsinn würde weiterhin der unsichbare Herrscher der Eloi bleiben - nur dass sie jetzt nach Vorgabe Flugzeuge bauen könnten.

      Statt dessen bin ich der Meinung, dass man sie da abholen müsste, wo sie gerade stehen und das ist eben auf einer sehr primitiven Stufe, von der aus sie sich langsam und schrittweise wieder hoch arbeiten können. Alles Andere hätte in meinen Augen keinen Zweck, weil es an den entsprechenden Grundlagen mangelt. Darüber hinaus wäre hoch entwickelte Technologie in einer Gesellschaft ohne ethisches Fundament in meinen Augen eine Gefahr.

      Mit der Medizin ist es natürlich so eine Sache - da hast du schon recht. Es stellt sich die Frage, wie das bisher gehandhabt wurde. Verfügten die Morlocks über medizinisches Wissen, das sich erforschen, bzw. nutzen ließe? Denn was nutzt einem die Medizin des gerade zu Ende gegangenen 18. Jahrhunderts gegen die Krankheiten einer so fernen Zukunft, in der vielleicht längst neue gesundheitliche Bedrohungen bestehen. Dazu kommt auch, dass man davon ausgehen kann, dass es sich bei den Eloi zunächst um eine gesundheitlich relativ robuste Gesellschaft handeln dürfte, da sie von den Morlocks entsprechend "gezüchtet" wurden - so abartig sich das auch anhört.

      Zitat von irony Beitrag anzeigen
      Natürlich kann man auch ohne spezielle Bücher erst mal eine primitive Landwirtschaft usw. aufbauen. Aber diese Primitivität kann auch schnell zu Unzufriedenheit führen, wenn es Missernten usw. gibt.
      Natürlich kann das zu Unzufriedenheit führen. Na und? Das kommt schon vor. Man ist im Leben ab und zu unzufrieden und dann muss man sich überlegen, wie man diese Unzufriedenheit in Zukunft vermeiden kann. Das ist gut so. Ständige Zufriedenheit birgt keine große Motivation zur Forschung und Weiterentwicklung, oder? Es ist doch gerade diese Unzufriedenheit, die uns antreibt, einen Zustand zu erreichen, der unsere Zufriedenheit wieder herstellt und verbessert. Um das zu bekommen, muss man sich eben etwas einfallen lassen.

      So, und wenn dir an genau der Stelle die ethisch-philosophischen und auch kulturellen Grundlagen fehlen, kommt man recht schnell auf die Idee - zumal die Eloi schnellen und einfachen Konsum gewöhnt sind und sich im Grunde einen Dreck umeinander scheren, weil die Herrschaft der Morlocks sie dahin gehend abgestumpft hat, könnte man recht schnell auf die Idee kommen, sich einen Nachbarn zu suchen, dem es besser geht, ihn zu erschlagen und sich an seinem Besitz zu bereichern. Voila - Zufriedenheit ohne ethische Skrupel. Aber Hauptsache Technik, oder?

      Im Übrigen gibt es ja noch vereinzelte Naturvölkerstämme, denen es mit ihren primitiven Lebensbedingungen sehr gut geht und die sich damit sehr wohl fühlen. Immerhin hat unser moderner Wohlstand auch ein wenig den Wert von Freunden und Familienverbänden abgelöst, die bei diesen Völkern einen viel höheren Stellenwert einnehmen und damit auch einiges kompensieren können.

      Unsere Wohlstandsgesellschaft im Jahre 2011 ist nicht das Nonplusultra eines erfüllten Lebens. Es gibt auch andere Möglichkeiten, zu existieren, ohne sich allzu sehr von der Technik abhängig machen zu müssen. Daraus entsteht nicht zwangsläufig eine grundlegende Unzufriedenheit.

      Zitat von irony Beitrag anzeigen
      Außerdem ist Töten für die Jagd auch ethisch nicht günstig.
      Da hast du natürlich irgendwo recht und es handelt sich dabei um einen Konflikt, den der Mensch seit Urzeiten mit seinem Gewissen austragen muss. In antiken Zeiten war es noch üblich, getötete Tiere den Göttern zu opfern (für die lediglich die Knochen bestimmt waren) und sich gewissermaßen für die Tötung zu entschuldigen oder zu rechtfertigen.
      Bevor das Töten, Schlachten und Auswerten von Tieren industrialisiert und der persönliche Bezug zwischen Jäger und Beute, durch die Fleischtheke im Supermarkt abgelöst wurde, hat das die Leute durchaus immer beschäftigt.

      Andererseits sind ja auch Pflanzen Lebewesen, deren Existenz man erheblich verkürzt, indem man sie zur Nahrung erklärt. Aber natürlich hat eine Tomate oder Möhre kein Gesicht, aus dem sie uns mit großen Augen ansehen kann.

      In irgend einer Star Trek - Episode lässt Mr. Spock mal etwas vom Stapel wie: "Wir alle leben vom Tod - selbst die Vegetarier." Da ist durchaus etwas dran.

      Zitat von irony Beitrag anzeigen
      Die Frage ist, ob die Eloi diese ethische Lebensgrundlage nicht schon längst hatten, bevor der Zeitreisende kam. Wären sie von den Morlocks nicht gefressen worden, wären sie die perfekte Gesellschaft gewesen, abgesehen davon, dass ihr Leben ziemlich flach und sinnlos ist, aber es ist eben nicht jeder ein Captain Picard, und am Ende bringt Shakespeare eben auch nichts.
      Also zumindest in der Verfilmung aus den 1960ern, wo das mit den Büchern ja auch vorkam, lässt sich diese Frage recht deutlich mit "Nein" beantworten. Der Zeitreisende rettet Weena vor dem Ertrinken, während die anderen Eloi teilnahmslos zusehen. Es interessiert sie auch nicht, was mit denen geschieht, die von den Morlocks geholt werden. Unter einer perfekten Gesellschaft stelle ich mir etwas Anderes vor.

      Der Grund, warum die Eloi so sinnlos und flach vor sich hin vegetieren ist ja gerade der, dass sie in absoluter Konsumhaltung gelebt haben. Sie wurden mit allem Nötigen reichlich versorgt und hatten keinen Grund zur Unzufriedenheit und damit auch keinen Grund zur Weiterentwicklung und irgendwann auch nicht mehr zum eigenständigen Denken. Alles Andere haben sie in ihrer Wohlstandsbequemlichkeit brav hingenommen.

      Zitat von irony Beitrag anzeigen
      Was haben wir heute von Shakespeare?
      Shakespeares Stücke sind Morality Plays, die alle erdenklichen Facetten des Menschseins ansprechen, beleuchten und zur Diskussion stellen. Darüber hinaus verfügen sie über einen immensen ästhetischen, als auch einen historischen Wert. Shakespeares Sprache ist unglaublich wirkungsvoll und einprägsam.

      Um Ackerbau zu betreiben oder Flugzeuge zu bauen nutzt uns das selbstverständlich gar nichts. Um über das Leben, die Welt, die Gesellschaft, ethische Werte, das eigene Dasein als soziales Wesen nachzudenken - sprich: zur Persönlichkeitsbildung kann man seine Dichtung kaum hoch genug einschätzen.

      Vielleicht liest du mal etwas von ihm und findest es heraus.

      Zitat von irony Beitrag anzeigen
      Solange des unterste Wohlstandslevel hoch genug ist, geht es den "Ausgebeuteten" ja nicht schlecht, und es stellt sich die Frage, wie Ausbeutung überhaupt definiert ist, wenn es allen gut geht.
      Das hängt wohl stark von der persönlichen Definition von "gut" und "schlecht" ab. Das unterste Wohlstandslevel wäre wohl ein Obdachloser, dem es immerhin gut genug geht, dass er sich notfalls in einer ehrenamtlich eingerichteten Suppenküche verköstigen lassen und ebenso in einem dafür eingerichteten Schlafsaal dem Winter entkommen kann. Geht es dem jetzt "gut", weil es ihm noch nicht so schlecht geht, dass er verhungern oder erfrieren muss? Geht es jedem "gut", dem es nicht "noch schlechter" geht?
      Und geht es Kindern gut, die in Fabriken arbeiten müssen, statt eine Kindheit zu haben, damit wir in schicken Turnschuhen herum laufen können?

      "Gut" geht es einem Menschen in meinen Augen dann, wenn seine Grundbedürfnisse nach Nahrung, Wohnmöglichkeit, Liebe und Gesellschaft, sowie der Möglichkeit zur Selbstverwirklichung bei Wahrung seiner Menschenwürde gewährleistet sind. Das trifft auf den Obdachlosen nicht mehr zu und auf einen ALGII - Empfänger, der 40 Jahre lang geschuftet hat und seines Alters wegen keine neue Stelle mehr bekommt, wohl auch nur noch ganz am Rande.

      Was ich unter Ausbeutung verstehe - auch wenn es allen gut genug geht, dass ihnen nicht auch noch das letzte Existenzminimum entrissen wird - kann ich dir sagen. Wenn Politiker, die vom Volk bezahlt werden, dem sie per Definition eigentlich zu dienen hätten, vorrangig in die eigene Tasche wirtschaften und eine Politik betreiben, bei der die Reichen immer reicher werden, während die Armut der Armen zunimmt, dann spreche ich von Ausbeutung. Wenn Unternehmen ins Ausland abwandern, weil man dort keine Löhne zahlen muss, die sich für eine anständige Lebensgrundlage eignen, es keinen Kündigungsschutz gibt oder Kinderarbeit noch legal ist, um sich dann hier am Profit zu bereichern, den sie dadurch machen, dann spreche ich von Ausbeutung. Wenn Chancengleichheit untergraben wird, weil man selbst von Studenten horrende Studiengebühren verlangt, damit sie bereits mit immensen Schulden ins Berufsleben starten, dann rede ich von Ausbeutung. Wenn man sozialen Einrichtungen kontinuierlich die Mittel kürzt und erwartet, dass Arbeiten, für die früher ausgebildete Kräfte bezahlt wurden, heute ehrenamtlich unentgeltlich ausgeführt werden, dann spreche ich von Ausbeutung. Vielleicht ist dir das Definition genug.

      Zitat von irony Beitrag anzeigen
      Nehmen wir nur mal Länder, wie Irland, Deutschland, Griechenland: Welchen Leuten geht es da wirklich schlecht? Leben 90% der Bevölkerung Irlands, Deutschlands, Griechenlands heute besser oder schlechter als vor ca. 50, 100, 150 und 200 Jahren?
      Sorry, aber um die politischen und geschichtlichen Kenntnisse darzulegen, die nötig wären, um so eine Frage adäquat zu beantworten, fehlt mir einfach die Zeit und die Lust.

      Wenn es dich wirklich interessiert, wie es den Leuten vor 100 oder 200 Jahren ging und was man im Allgemeinen unter Armut versteht, kann ich empfehlen, mal hiermit anzufangen und dann selbständig vielleicht noch ein bisschen nachzuforschen.

      Arbeiterbewegung ? Wikipedia

      Arbeiterbewegung ? Wikipedia

      Armutsbericht: Forscher loben zielgerichtete Gaben - Armutsbericht - FOCUS Online

      Man kann sich auch ein gutes Bild noch nicht allzu lang vergangener Zeiten und der dort herrschenden Lebensumstände machen, wenn man mal einen Roman von Charles Dickens liest, der mit seinen Werken übrigens tatsächlich zur öffentlichen Diskussion über Armengesetze und Kinderarbeit beigetragen hat, was letztlich sogar zu Veränderungen führte. Wozu wir Schriftsteller brauchen, hmm??

      Aber schließlich sind wir ja gerade bei H.G.Wells und gerade im Roman "Die Zeitmaschine" geht es im Grunde genau um dieses Thema. Im Film wurde das Ganze erheblich abgeschwächt, aber das Buch thematisiert vornehmlich Unterdrückung, Ausbeutung und Klassenunterschiede. Die Eloi und die Morlocks sind niemand anderes als wir selbst. Es handelt sich um eine verfremdet-übertriebene Darstellung der Lebenszustände im England des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

      Zitat von irony Beitrag anzeigen
      Du verallgemeinerst etwas übertrieben.
      Ist das so?

      Firmenliste - alphabetische Übersicht [Aktiv gegen Kinderarbeit]

      Zitat von irony Beitrag anzeigen
      Du vereinfachst etwas übertrieben. Was soll das überhaupt sein, ein heutiger "Eloi" oder "Morlock". Und wieso überhaupt wahlweise?
      Das hat doch nichts mit "Vereinfachung" zu tun.

      Wells hat die Eloi und die Morlocks im Grunde genau so angelegt, dass sie eine Parallele zu den Zuständen moderner Industriegesellschaften aufweisen.

      Die Eloy im Film sind kulturlos, dekadent, stumpfsinnig und lassen sich von den raffgierigen, im wörtlichen Sinne Menschen fressenden Morlocks gnadenlos ausbeuten, weil sie zu bequem sind sich zu wehren, zumal sie von den Morlocks ja auch gleichzeitig versorgt werden, was wiederum zu besagter Bequemlichkeit geführt hat.

      Darin liegt nicht nur eine Anklage gegenüber den "ausbeutenden" Morlocks, sondern auch gegenüber den "sich ausbeuten lassenden" Eloi, die ihr eigenes Denken, ihre Kultur und ihre Geschichte vernachlässigt haben und zum Schlachtvieh geworden sind - frei nach dem Motto: "Die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber."

      Selbstverständlich ist diese Darstellung überspitzt dargestellt, aber das ist ja auch der Sinn und Zweck jeglicher Verfremdung - durch Übertreibungen auf Dinge aufmerksam zu machen, die in ihrer Alltäglichkeit und des Gewöhnungseffekts wegen ansonsten kaum mehr auffallen. In einer solchen Überspitzung liegt immer symbolisch aufgeladene Wahrheit (zumindest aus Sicht des Autoren und der Leser, die diesen Standpunkt teilen).

      Und wahlweise heißt, dass es eben drauf ankommt, ob man sich zu den Ausbeutern oder den Ausgebeuteten zählt, ob man symbolisch gesehen ein Eloi oder ein Morlock ist.

      Zitat von irony Beitrag anzeigen
      Diskutieren kann man bis in die Unendlichkeit, nur was bringt es den Eloi? Ein Buch wird für eine Zielgruppe von Lesern geschrieben. Die Eloi können kaum zu Platons Zielgruppe gerechnet werden.
      Dieses moderne Zielgruppendenken war zu Platons Zeiten nicht halb so verbreitet, wie du zu denken scheinst und der gute Mann hat seine Schriften tatsächlich weniger deswegen geschrieben, weil er sie irgend jemandem verkaufen wollte, sondern vielmehr, weil er tatsächlich etwas zu sagen hatte.

      Andererseits wollte er natürlich vor allem mit denen in Dialog treten, die des Lesens mächtig waren und ein gewisses Interesse an Gesellschaft und Philosophie mit sich brachten, was damals - zumindest unter den Lesefähigen - in etwa 90 - 100% der gebildeten Bevölkerung gewesen sein dürften, denn das Streben nach philosophischer Weisheit, war damals immens in Mode.

      Immerhin hat es für die vielleicht nicht ganz so Gebildeten, die seine Texte etwas konkreter auffassten, dazu gereicht, dass sich aus seiner Ideenlehre eine religiöse Strömung, die als Gnosis (das griechische Wort für "Erkenntnis") bezeichnet wird, entwickelt hat, die auch das junge Christentum maßgeblich beeinflusst hat. Auch da müssen also Platons Schriften mächtig viel Diskussionsstoff geliefert haben, der letztlich zu einer Lebensausrichtung führen sollte.

      Und Diskussionen sind es eben, die gute Literatur auslösen sollte. Von Dickens und seinem Diskussionsbeitrag bezüglich Armut und Kinderarbeit war ja bereits die Rede. Platons "Politeia" kann durchaus dazu anregen, sich Gedanken über ein gerechtes Gesellschaftsmodell als solide Lebensgrundlage zu machen.

      Was lässt dich glauben, dass den Eloi das nichts bringen würde und für welche "Zielgruppe" glaubst du denn, dass Platon geschrieben hätte?

      Kommentar


        #93
        Das Remake hat nicht das Flair vom Vorgänger aus dem Jahr 1960. Ihm fehlt der ideelle Aspekt, der im Vorgängerfilm vom Hauptdarsteller getragen wurde.
        Am Anfang ist Hartdegen ein zerstreuter Professor, nach dem Tod der Verlobten mutiert er zum Besessenen, der eine Antwort auf eine Frage haben will, die er ohnehin nie bekommen wird. Am Schluss wird er zum zähen und harten Kämpfer und besiegt noch den Ober-Morlock. Das ist keine konsistente Darstellung. Sein „Vorgänger“ George ist von Anfang bis Ende ein Idealist.

        Die Einführung des Ober-Morlock als steuerndes Element ist ein interessanter Einfall. Hierdurch erfahren wir, wie die Morlocks organisiert sind. Aber der Ober-Morlock ist eine zweischneidige Sache. Die Morlocks werden dadurch entzaubert und verlieren an Reiz des Geheimnisvollen. Ich fand die Morlocks im Vorgängerfilm unheimlicher, auch weil sie so plump wirken, dafür sind die neuen Morlocks umso schneller.

        Die Eloi sind intelligenter, aber warum wehren sie sich nicht oder wandern aus? Warum lassen sie sich dann unterdrücken?

        Gelungen ist sicher die Tricktechnik, das ist der Vorteil der späteren Entstehung. Ich stufe den Film als durchschnittlich ein.

        Kommentar


          #94
          Zitat von hismoom Beitrag anzeigen
          Das Remake hat nicht das Flair vom Vorgänger aus dem Jahr 1960. Ihm fehlt der ideelle Aspekt, der im Vorgängerfilm vom Hauptdarsteller getragen wurde.
          Der Unterschied zwischen den beiden Zeitreisenden ist, dass der 1960-er keine Frau hatte, sondern erst in der Zukunft eine junge Frau vorm Ertrinken rettet und sich dann in sie verliebt. Der vom Remake hatte eine Frau, seine große Liebe.

          Dass der 1960-er ein großer Idealist ist, kann ja sein, im Film spielt es keine Rolle. Er sieht, wie die Zivilisation durch Kriege untergeht und verzweifelt, als er feststellen muss, wie gleichgültig die Eloi sind, weil sie keinen Finger rühren, um eine junge Frau zu retten oder Bücher vor dem Verfall zu bewahren. Da hätte so ziemlich jeder andere Nichtidealist auch so empfunden.

          Zitat von hismoom Beitrag anzeigen
          Aber der Ober-Morlock ist eine zweischneidige Sache. Die Morlocks werden dadurch entzaubert und verlieren an Reiz des Geheimnisvollen.
          Den Reiz des Geheimnisvollen hatten sie im Original ganz sicher nicht. Da waren die Morlocks auch einfach nur widerwärtige Menschenfresser.

          Zitat von hismoom Beitrag anzeigen
          Die Eloi sind intelligenter, aber warum wehren sie sich nicht oder wandern aus? Warum lassen sie sich dann unterdrücken?
          Wohin sollen sie auswandern? Wie es anderswo aussieht, wissen wir nicht. Solche Fragen kann man auch beim Original haben, warum tun die Eloi nichts Sinnvolles?

          Kommentar


            #95
            Zitat von irony Beitrag anzeigen
            Dass der 1960-er ein großer Idealist ist, kann ja sein, im Film spielt es keine Rolle.
            Ich sehe George schon als Idealist, dazu gehört auch die Abwesenheit von Realismus. So wünscht er sich Frieden, obwohl er immer Krieg vorfindet. Die zerstörten Bücher beenden seinen Traum von einer friedlichen und entwickelten Menschheit.

            Zitat von irony Beitrag anzeigen
            Wohin sollen sie auswandern? Wie es anderswo aussieht, wissen wir nicht. Solche Fragen kann man auch beim Original haben, warum tun die Eloi nichts Sinnvolles?
            Für die neuen Eloi wäre das Suchen eines neuen Lebensraums zunächst mal eine sinnvolle Sache und sicher besser, als sich abschlachten zu lassen. Natürlich wissen wir nicht, wie die Welt im Jahre 802701(?) genau aussieht. Wenn überall Morlocks herrschen, wäre es schlecht für die Eloi.

            Die Eloi von 1960 besitzen hingegen kaum Intelligenz und keinen Antrieb, ihr Schicksal ist ja vorgezeichnet. Sie sind, wie in einem früheren Beitrag festgestellt wurde, nur Schlachtvieh.

            Aber die Eloi aus dem neuen Film besitzen Intelligenz, da würde ich eine andere Handlungsweise erwarten, als vielleicht auf einen unerwarteten Befreier zu hoffen.

            Kommentar


              #96
              Zitat von hismoom Beitrag anzeigen
              Ich sehe George schon als Idealist, dazu gehört auch die Abwesenheit von Realismus. So wünscht er sich Frieden, obwohl er immer Krieg vorfindet. Die zerstörten Bücher beenden seinen Traum von einer friedlichen und entwickelten Menschheit.
              Es gibt doch immer noch die sprechenden Ringe, die als haltbares Medium die Bücher überdauert haben. Nicht die zerstörten Bücher beenden seinen Traum, sondern die Botschaft der Ringe. Bücher kann er ja jederzeit aus der Vergangenheit in die Zukunft bringen, was er am Ende ja auch tut.

              Zitat von hismoom Beitrag anzeigen
              Für die neuen Eloi wäre das Suchen eines neuen Lebensraums zunächst mal eine sinnvolle Sache und sicher besser, als sich abschlachten zu lassen. Natürlich wissen wir nicht, wie die Welt im Jahre 802701(?) genau aussieht. Wenn überall Morlocks herrschen, wäre es schlecht für die Eloi.
              Mein Eindruck war genau der, dass die Morlock im Landesinneren weit verbreitet sind, und die Eloi an der Küste leben.

              Zitat von hismoom Beitrag anzeigen
              Die Eloi von 1960 besitzen hingegen kaum Intelligenz und keinen Antrieb, ihr Schicksal ist ja vorgezeichnet. Sie sind, wie in einem früheren Beitrag festgestellt wurde, nur Schlachtvieh.
              Die Eloi von 1960 besitzen dieselbe Intelligenz wie alle Menschen, sie sind auch äußerlich ganz normale Menschen, aber sie sind einfach allem gegenüber ziemlich gleichgültig, und das ist nicht normal.

              Kommentar


                #97
                Das Remake ist kein schlechter Film. Aber an den Flair der Verfilmung von 1960 kommt er nicht im geringsten ran.

                Wieso eigentlich dieser Mad Max 3 Verschnitt?!?!

                Kommentar


                  #98
                  Hallo liebe SciFi-Freunde,

                  bereits 1949 gab es eine "Verfilmung" der Zeitmaschine nach dem Buch von H.G. Wells. Ich konnte es nicht glauben, als ich eben zufällig auf diese Webseite gestoßen bin.

                  https://colemanzone.com/Time_Machine...ct/bbcprod.htm

                  Aber leider gab es bei der BBC erst ab 1950 eine Technik, um Fernsehsendungen aufzuzeichnen. Die Sendungen wurden damals einfach "live gesendet", also so wie Theater mit Live-Übertragung. Zweimal wurde 1949 diese Aufführung "Live" in der BBC übertragen. Laut der Webseite wurde alles eingesetzt, was damals an Tricktechnik im Fernseh möglich war. Auch die Story soll sich näher an der Original-Geschichte orientiert haben.

                  D.h. es war z.B. zu sehen, wie der Zeitreisende nach seinem Aufenthalt im Jahre 800.000 weiter in die Zukunft reist...

                  Leider gibt es keinen Film von dieser "Verfilmung", aber...

                  Die einzige Aufnahme außerhalb der Reihenfolge befand sich auf einer 78-U / min-Diskette (Nummer DLO 46072), die im Broadcasting House geschnitten wurde. Obwohl bereits 1947 mit der Filmfernaufzeichnung experimentiert worden war, war dies sehr primitiv, und erst in den frühen 1950er Jahren begann man, das Programm in größerer Zahl zu erhalten.
                  Fan-Page : http://colemanzone.com/Time_Machine_Project/project.htm

                  Galaktische Grüße aus Delmenhorst
                  Starcat66


                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: BBC%20page%202.jpg Ansichten: 0 Größe: 725,3 KB ID: 4600208
                  Danger - save your ears - this thread is under prog rock: Progressiv Rock und artverwandte Musik

                  Kommentar


                    #99

                    Zitat von irony Beitrag anzeigen
                    "Außerdem ist Töten für die Jagd auch ethisch nicht günstig."
                    Da hast du natürlich irgendwo recht und es handelt sich dabei um einen Konflikt, den der Mensch seit Urzeiten mit seinem Gewissen austragen muss.
                    Die Natur hat es so eingerichtet das es Pflanzen- und Fleischfresser gibt. Das erfüllt einen Zweck. Aus den prähistorischen Primaten konnte sich der Mensch mit seiner Intelligenz erst entwickel als diese sich auch von tierischen Eiweiß ernährten. Nur mit Nüssen und Beeren hätte es nicht für unsere heutige Hirnentwicklung gereicht. Unsere Eckzähne sind rudimentäre Reißzähne eines Raubtiergebisses und unser rückgebildeter Blinddarm lässt die Verwertung von Zellulose wie bei einem reinen Pflanzenfresser nicht zu. Die Natur hat uns so gemacht. Da ist Scham nicht angebracht. Und nebenbei: Pflanzen sind auch Lebewesen (die z.B. auch biochemisch kommunizieren), die müssen auch (ab)getötet werden. Allerdings geben sie keine Töne dabei ab und winden sich nicht hin und her. Das ist alles nur eine Kopfsache, in der Natur selber gibt es keine Grausamkeit u. daher gibt es keinen "natürlichen" Konflikt.. Das ist eine rein menschliche "Eigenschaft" u. Interpretation.

                    Verwerflich kann die Jagd zur Nahrungsafnahme ( plus zusätzliche Gewinnung von Rohsoffen) nicht sein. Die Massentierhaltung hingegen schon. Denn in der liegt eine wiedernatürliche Grausamkeit oder darin Tiere nur zu töten um an ihr Fell oder Elfenbein zu kommen ohne das Tier auch ernährungstechnisch zu nutzen. In diese Bild gehört auch das abstruse Bild das man "edle" Tiere (Pferd, Hund) nicht essen darf. Ernährungsphysiologisch kann man das wohl, denn von Natur aus gibt es diese Einteilung nicht. Da hilft sich die Natur objektiv mit Ungenießbarkeit oder Giftlichkeit..
                    Zuletzt geändert von Holger58; 06.08.2022, 08:20.

                    Kommentar

                    Lädt...
                    X