Gute Frage und auch nicht so einfach zu beantworten. Die Tendenz dazu ist (nach heutigem Stand) da und einiges spricht dafür:
- Die Bücher sind derzeit in extrem vielen Haushalten. So wie ich in dem Bücherschrank meiner Großeltern und meiner Eltern Werke entdeckt (und tlw. sogar empfohlen bekommen habe) so werden künftige Generationen sicher auch die Werke wieder entdecken.
- Ich denke mal, die Tatsache, dass die Reihe in gewisser Weise relativ zeitlos ist, ist von Vorteil. Das ausgehende 20. und das beginnende 21. Jahrhundert kommt nicht wirklich zum Tragen, da der Großteil der Bücher in Hogwarts spielt und nur gelegentlich Referenzen auf die wirkliche Welt eingestreut wird. Die Reihe könnte ohne so problemlos in den Siebzigern, Achtzigern bzw. heute entstanden sein bzw. kann man von der Phantasie des Lesers dahingehend übersetzt werden. Wir stellen uns ja auch in unserem Geist einen älteren Roman optisch und stilistisch anders vor, als der Autor und die Leser zum Zeitpunkt der Entstehung.
- Es stimmt, die Reihe ist lang. Die gute Schreibe von Joanne K. Rowling und die phantasievolle Geschichte werden ihren Reiz weiterhin ausüben. Der überschaubare erste Teil ist für das Anfixen sicher weiterhin gut. Auch die Tatsache, dass Harry und seine Freunde - abseits von Lord Voldemort und Co. - über die 7 Bücher erwachsen werden, mit allen Problemen die zwischen den Lebensjahren 11 und 18 so liegen (Schule und Lehrer, Eltern, erste Liebe, Selbstzweifel, seinen Platz im Leben finden etc.) wird auch künftig für genug Identifikation sorgen.
- Keinesfalls unterschätzen darf man die Filmreihe. Ich meine, auf wie viele Werke wurde man durch Filme und Fernsehserien aufmerksam? Würden wir heute noch "Die Schatzinsel" oder "Sherlock Holmes" kennen, wenn es nicht alle paar Jahre immer wieder neu verfilmt / neu interpretiert würde? Hätte "James Bond" ohne die langlebige Filmreihe überhaupt einen Eindruck hinterlassen? Welchen popkulturellen Wert hätte Jerry Cotton, wenn es ähnlich wie "James Bond" eine langjährige Filmreihe hätte und nicht als Groschenroman versauern würde? Jekyll und Hyde, Fünf Freunde, Harry Potter, Herr der Ringe, dutzendfach immer wieder verfilmte Krimis (oben erwähnter Sherlock Holmes, Miss Marple, Hercule Poirot, Maigret - wobei letzterer vermutlich unbekannter ist; sicherlich auch weil es schon ewig keine Maigret-Verfilmung mehr gab) und gerade aktuell George R. R. Martins 'Ein Song von Feuer und Eis' waren vor ihrer ersten Verfilmung bereits "Bestseller". Aber gerade durch Filme und Fernsehserien wird ein Interesse immer wieder neu angefacht und verbreitet. Sollte - und das halte ich für nicht unwahrscheinlich - die Harry Potter Filmreihe einen ähnlichen, jährlichen Rerun-Wahn erleben, wie wir es im deutschen Fernsehen etwa bei "Indiana Jones", "Star Wars", "Sissi", "Drei Nüsse für Aschenbrödel" usw. haben, dann wird Harry Potter noch sehr lange präsent bleiben.
Letztendlich spielen für die künftige Entwicklung auch die Eltern von "kurz nach vorgestern", heute und übermorgen eine Rolle. Meine Generation (bin derzeit 29) wird ihrem Nachwuchs sicher auch Werke nahe bringen, von denen sie in ihrer Kindheit/Jugend selbst begeistert war. Bei mir wird das vermutlich so etwas wie "Das kleine Gespenst", "Die kleine Hexe", "Der kleine Wassermann", "Krabat" (Ja, ich mag Ottfried Preussler), "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer/und die wilde 13" oder eben auch "Harry Potter" sein.
Absoluten Zahlen kann man wohl in den nächsten Jahren nicht wirklich trauen, da die Bücher sich derart gut verkauft haben, dass ein Nachkauf erstmal auf sich warten lässt. Sukie hat das sehr gut getroffen:
Zitat von Sukie
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Ähnlich sieht es im übrigen nicht nur bei Kinderliteratur aus: Ein Teil meiner Agatha Christie Sammlung ist auch schon zeitweise im Speicher von Oma, Opa und Mama gestanden, bevor ich sie "gerettet" habe.
Und noch was zum Thema Amazon-Ranglisten: Schaut euch mal spaßeshalber den Rang von "TNG Staffel 7 (Bluray" und "TNG Staffel 7 DVD" an. Dasselbe fiktionale Werk verkauft sich kurioserweise unterschiedlich

Aber auf eines muss ich dann doch noch antworten:
Zitat von sternenkind
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Sicher wird Harry Potter trotz der oben erwähnten Zeitlosigkeit Patina ansetzen. Genauso wie die Bücher von Agatha Christie, Arthur Conan Doyle, Ottfried Preussler, Michael Ende, Enid Blyton, George Orwell, Ray Bradbury (um nur mal querbeet einige ältere Semester zu nennen) usw. heute ihren Staub haben. Aber abgesehen davon, dass die Werke nach wie vor gut sind, haben diese Bücher sogar für mich den "Reiz des Vergangenen".
Ich schätze, schwieriger werden es Werke haben, die eindeutig die Zeit reflektieren, in der sie entstanden sind bzw. die Umstände der Zeit thematisieren. Der Film "Easy Rider" hat meinem Vater sicher mehr gegeben als mir.
Zitat von succo
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"Mein Vater hatte mir das Buch 'Flegeljahre' gegeben, dass ich als verspannten Mist empfand"

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