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    #16
    Der Gefangene


    Ruth’thar wurde in ein Schiff getragen, das einem weitverbreiteten Schifftyp glich, allerdings stachen die Umbauten sofort ins Auge.
    Besonders die blaue Hülle mit dem JTG-Symbol und die gewaltigen Kanonen an den unteren Aufhängungen, dort, wo normalerweise das untere Triebwerkspaar angebracht war.
    Er fragte sich, wo dieses Schiff herkam – der Kreuzer, mit dem die Mohar hier gelandet waren, sah auf den Bildern seiner Informanten völlig anders aus.

    Dieser Umbau hatte einen cleanen, militärischen Look, und dieses Blau… der General grübelte, dann fiel es ihm ein: Das war eine holografische Beschichtung, wie sie speziell die JTG für ihre Tarneinheiten verwendete.
    Angesichts der Ereignisse war damit auch klar, was sie angegriffen hatte: JTG hatte mit dem Tarnschiff etwas versprüht, was die Grellschnäbel verrückt gemacht hatte.

    Sie hatten rotzfrech seine eigene Strategie, die natürlichen Ressourcen zu nutzen, gegen ihn verwendet.
    Dazu kam noch ein weiterer Punkt: Dass Jeantron in der Lage war, seine Gestalt zu verändern, war allgemein bekannt – aber nicht in diesem totalen, extremen Ausmaß, wie er es hier an den Tag gelegt hatte.



    Die Maschinenmenschen trugen trotz der Hitze dicke, wie Latex oder Plastik wirkende, lange Mäntel. Seltsame Helme, die an eine Ära erinnerten, die man den „1. Great War on Earth“ nannte, und dazu eine Art Gasmaske, welche ihr gesamtes Gesicht bedeckte.

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    Nichts an diesem Aufzug ergab bei näherer Betrachtung Sinn. Sie wirkten darin wie Wesen aus beinahe schon antiken Zeiten im Verhältnis zu dem Look der JTG-Technik.
    Sie brachten ihn in eine Zelle, deren Funktion er zunächst nicht verstand, bis feingliedrige Manipulatoren ihn packten. Mit Ultraschall und einem Lösungsmittel wurden alle seine Kleidungsstücke entfernt und aufgelöst. Als er keinen Faden mehr am Leib hatte, wurde er desinfiziert, abgesprüht und getrocknet. Der ganze Prozess hatte etwas Industrielles an sich und verursachte ein zutiefst unangenehmes Gefühl.
    Als sich die Greifer zurückzogen, kam aus einer Klappe ein Lendenbeutel, um seine Scham zu bedecken, sowie eine Art OP-Hemd.
    Widerwillig kleidete er sich an und stellte fest, dass sich sein Unbehagen allmählich in leichtes Grauen wandelte.
    Hatten diese Dämonen ihn nur am Leben gelassen, um Experimente an ihm zu machen?

    Er schrie in den Raum: „Ich verlange, nach imperialem Recht als Kriegsgefangener behandelt zu werden!“
    Die Tür der Reinigungskammer öffnete sich, und aus dem Nachbarraum erklang ein leises Lachen.


    Zögernd schritt er hindurch und gelangte in einen fensterlosen Raum mit einem einzelnen medizinischen Stuhl.
    Ein mittelgroßer androgyn wirkender Junge mit schwarzen, glatten Haaren und tiefbraunen Augen befand sich darin. Er trug einen weißen Einteiler, der einen sehr technischen Look hatte.


    Der Junge musterte ihn mit wachen Augen – jedoch nicht wie eine Person, sondern wie ein Metzger ein Stück Fleisch bewerten würde.
    „Ich sehe hier keinen Gefangenen, nur einen Primaten, der hier auf diesem Planeten einer offensichtlich invasiven Art angehört.“

    Der Junge hatte eine verblüffend tiefe Stimme, beinahe wie ein Alter, allerdings eine Sprechweise, bei der irgendetwas Ruth’thar störte. Doch bevor er wirklich darüber nachdenken konnte, kam bereits die Anweisung:
    „Auf den Stuhl.“
    Der General schaute skeptisch sowohl auf den Jüngling als auch auf den Stuhl.
    Als er keine Anstalten machte, das Sitzmöbel zu erklimmen, erschienen zwei Maschinenmenschen.




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    Im Gegensatz zu jenen zuvor waren diese im Prinzip unbekleidet, hatten aber – bis auf die humanoide Form und die Gesichter – nichts Menschliches an sich. Die Körper bestanden weitestgehend aus unverkleideter Biomechanik, bei der synthetische Muskeln und Metall dominierten. Zwischen den künstlichen Organen pulsierte eine Art Flüssigkeit in durchsichtigen Leitungen hin und her.
    Ruth’thar hatte sich nie als besonders religiös gesehen – Rituale, an denen er teilgenommen hatte, hatten für ihn stets einen klaren Zweck erfüllt.
    Trotzdem konnte er nicht anders, als diese humanoiden Puppen als Blasphemie zu empfinden – sie waren im wörtlichen Sinne wider die Natur.


    Die beiden bewegten sich präzise, elegant und zugleich erschreckend effizient. Binnen Sekunden fand sich der General mit elastischen Gurten auf dem Medostuhl fixiert.
    Ein älterer Mann betrat den Raum – weißes Haar, kurzer, gepflegter Bart, eine schmale Brille auf der Nase.
    Unter der klaren Linse blitzten wache, neugierige Augen.
    Sein Mund verzog sich abfällig, als er den Hobgoblin daliegen sah.

    „Eminenz, überlassen Sie ihn mir. Ich werde Ihnen in kürzester Zeit ein vollständiges Dossier über Hobgoblins im Allgemeinen und Goblingeneräle im Besonderen erstellen – eines, dass keine Ihrer Fragen offenlässt, Timy. Selbst wenn ich den Körper für Analysen verbrauche, kann ich den Kopf nahezu unbegrenzt haltbar machen.
    Dank der Kontrolle über die Zuleitungen wird er dann alle Angaben freiwillig und wahrheitsgemäß machen. Dazu ist diese Kreatur im Moment gar nicht imstande.“
    Timy riss in komischer Überraschung die Augen auf.
    „Pierre Maltissan, das klingt aber nicht sehr nett, was du da sagst– beinahe so, als hätte sich in dir etwas angestaut.“

    Der Angesprochene verzog den Mund, als würde er gleich ausspucken.
    „Schlimm genug, keinen Zugriff auf Hawt de Ruths Körper zu haben – diesen hier sollten wir gut konservieren.“

    In Ruth’thar blitzte eine Erkenntnis auf.
    „Pierre Maltissan! Ich kenne dich – du hast unter Hawt de Ruth gearbeitet!“, stieß er hervor.

    Der alte Mann kicherte.
    „Ich habe ihm geholfen – und zum Dank hat er mich zum Sterben in die Wüste geschickt. Aber ich sehe es ihm nach. Meine neuen Gönner haben ein ganz anderes Format als niedere Goblins. Sie haben mich vor euch Hobgoblins und vor dem Imperium gerettet. Ich habe mir geschworen, dass sich das für sie auszahlen wird. Du wirst ein Teil des Preises sein, mit dem ich meine Schulden begleiche.“
    Er rieb sich in Vorfreude beide Hände.

    Hatte Ruth’thar bis dahin seine kreatürliche Angst noch einigermaßen zügeln können, war es jetzt vorbei. Er verlor die Kontrolle über seine Blase und spürte, wie der Stuhl sofort die Feuchtigkeit aufnahm.
    „Stopp!“, schrie er. „Stopp, das ist nicht wahr! Ich erzähle euch alles – alles, was ihr wollt! Ihr könnt es auch überprüfen, aber schafft mir den Verrückten vom Hals!“
    Timy zuckte unentschlossen mit den Schultern, was dem Hobgoblin-General weitere Schweißperlen auf die Glatze trieb. Er redet hastig fürchtend das man ihm zu schweigen bringt.
    „Ihr wollt wissen, wo eure Verbündete ist? Ich kenne zwar nicht die galaktischen Koordinaten, aber ich kann euch den Aroma-Code für Grötz'akda Imma-Da, der, der an vielen Orten zugleich ist, besorgen. Damit gelangt ihr zur Ozerak-Basis in der sich die Invasionstruppen sammeln bevor sie herkommen.
    Die dortigen Verantwortlichen verfügen über den Schlüssel für die Forschungseinrichtung. Wenn ihr mich ausliefert, bekommt ihr diesen im Gegenzug – und könnt sie direkt holen.
    Timy blinzelte langsam.
    „Aroma-Code?“ – Das Wort kam so beiläufig, dass es wie ein Echo im Raum hing.
    Ruth’thar knurrte, als hätte er zu viel gesagt, versuchte es aber sofort als Selbstverständlichkeit hinzustellen.
    „Ja. Jeder kennt doch den Aroma-Code seiner Ziele. Ohne den gibt Grötz'akda Imma-Da nicht den Weg frei. Für niemanden.“
    Pierre legte den Kopf schief, als würde er die Aussage nur am Rande registrieren.
    In Wirklichkeit hatten sich seine Augen minimal geweitet.
    Timy drehte sich abrupt um, er stand vor der Tür mit dem Rücken zum General.
    „Und wie soll das gehen? Schließlich kann man nicht gleichzeitig in beide Richtungen gehen?“
    Der General keuchte. „Ich habe eine Kapsel mit Übergangscode in einem meiner Hautlappen. Sie erbittet nicht nur wie üblich, sie erzwingt Passage für eine Person oder eine kleine Gruppe.“
    Timy sagte leise, wie zu sich selbst: „Gib sie Pierre.“
    Dann, zum Wissenschaftler gewandt: „Ich will die Analyse gestern!“
    Er ging nach draußen.



    Der Wissenschaftler blickte den Gefangenen mit lachenden Augen an.
    „Da kann man wohl nichts machen – aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Ich hoffe, du hintergehst ihn, denn dann bist du mein.“
    Er ließ sich zeigen, an welcher Stelle er mithilfe der Manipulatoren die Kapsel entnehmen konnte, und ging dann auch.


    Zehn Minuten später saßen Timy, Erwin, Jeantron und Miheil im Konferenzraum des Eskortschiffs.
    Jeantron hatte Timy trösten müssen wie ein kleines Kind. Der hatte schluchzend verkündet, er sei der dümmste Cyber aller Zeiten – eine Schande für alle KIs.


    Seit dem Ereignis auf Alraxis hatten er und eine Unzahl der fähigsten Wissenschaftler – sowohl der imperialen Behörde als auch der großen Häuser Aureum Stellares – sich den Kopf über die Steuerung der Weltentore zermartert. Damals war eine kleine Truppe der Inquisition zusammen mit Kräften der JTG durch das Tor gegangen, um Hawt de Ruth das Handwerk zu legen. Zurück kamen sie nur, weil Jeantron das Tor überredet hatte – auf eine Weise, die er selbst nicht verstand.


    Da er SUBSTANS in sich trug und der immaterielle Kern der Artefakte eine kristalline Struktur aus kondensierter Substanz hatte, konnte er Dinge tun, die sich rationalen Kausalzusammenhängen widersetzten. Die Formeln und Berechnungen zur Aufnahme des Torkontakts hatten Ausmaße angenommen, die weder Genies noch hocheffiziente Rechenmaschinen bewältigen konnten.
    Und jetzt das: Die Goblins steuerten Tore mit Aromen. Geschmack, Geruch, Pheromone – wie einen Pawlowschen Hund. Niemand hatte so ursprüngliche, geradezu primitive Methoden in Betracht gezogen. Zumal der damalige Goblin-General ebenfalls mit KIs experimentiert hatte.
    Es war jetzt an der Zeit, über die nächsten Schritte nachzudenken.
    Denn auch wenn sie den obersten Rädelsführer der Streitkräfte festgesetzt hatten, konnte doch ständig Truppe durch das Artefakt kommen – was einem endlosen Krieg gleichkam, den sich das Herrscherhaus nicht leisten konnte.

    Miheil tippte Jeantron, der leise auf Timy einredete, von hinten an.
    „Sag mal, Jean – seit wann kannst du Doppelgänger anwenden? Und dazu noch in diesem Manaloch von einer Welt?“

    Der Guro erstarrte kurz, ließ dann von Timy ab, der sich langsam wieder fing. Dann richtete er sich auf, fixierte Miheil – und auf einmal stand eine Goblin-Version von Miheil im Raum.
    Meiheils Hand zuckte automatisch zu seiner E-Lash Battle Whip, einer surrenden Energiepeitsche, die er im Holster am rechten Bein trug.
    „Mensch, Jean – du kannst immer so irre Sachen machen“, fauchte er wie eine gereizte Katze.

    Jean kicherte in spitzen Tönen, was ihn noch goblinhafter erscheinen ließ.
    „Sei nahe deinen Freunden – und noch näher deinen Feinden.“

    „Du erinnerst dich doch, dass unser Mad Scientist Pierre an meinen Implantaten gearbeitet hat.“
    Miheils Stimme klang noch kratziger: „Ja – und dich dabei fast umgebracht.“

    Der Goblin fuchtelte mit den Armen. „Ach das. Alles halb so wild, Ende gut, alles gut. Es hat zwar nicht geklappt, dass ich mich komplett unsichtbar machen kann, aber ich kann – ähnlich wie der SCHARLATAN-Projektor dieses Schifftyps – Dinge vorgaukeln.
    Ursprünglich war es nur ein Standard-Hobgoblin für den Fall, dass wir nochmal auf sie treffen, aber ich habe viel trainiert und kann meinen Körper auch ohne Magie ändern. Zusammen mit der mentalen Kontrolle über die Implantate ist das Ergebnis recht ansehnlich.“
    Er grinste wie ein Honigkuchenpferd – na ja, eher wie ein Goblin-Honigkuchenpferd.

    Erwin hatte sich während der ganzen Show mit verschränkten Armen an die Wand gelehnt, das Kinn leicht gesenkt, was ihm einen oberlehrerhaften Touch verlieh.
    „Schön“, meinte er schließlich, „jetzt kann er sich also in einen Goblin verwandeln, der aussieht wie Miheil. Fehlt nur noch, dass er den Aroma-Code furzt – und wir haben die Invasion in einer Woche erledigt.“

    Timy stöhnte und zog sich die Hände vors Gesicht. „Danke, Erwin. Genau das brauchte ich jetzt.“
    „Immer gern.“ Erwin grinste schmal. „Aber mal ernsthaft – wenn du dich schon in einen Hobgoblin verwandelst, Jean, dann denk dran: Die riechen nicht nur anders. Die schmecken auch anders.“

    Miheil warf ihm einen Seitenblick zu. „Woher zum Teufel…?“
    „Lange Geschichte“, unterbrach Erwin und schob sich von der Wand ab. „Fragt besser nicht.“

    Jeantron setzte mit krächzender Stimme noch einen drauf:
    „Ich bin eben auch als Goblin zum Anbeißen süß.“


    Miheil sagte nur „Oh“ und setzte sich, während Erwin und Timy plötzlich höchst interessante Dinge an der Decke entdeckten, die sie mit intensiver Aufmerksamkeit in Augenschein nahmen.
    „Puh.“ Jeantron stellte seine Gestalt wieder her. „Ignoranz ist der Schlüssel zur Selbstgefälligkeit.“
    Jeantron ließ sich in seinen Stuhl fallen, sah erst Timy, dann Miheil an – und plötzlich war das Lächeln weg.
    „Halte nicht fest. Leide nicht an dem, was du nicht ändern kannst. Zwischen Reiz und Reaktion liegt der Raum deiner Freiheit. In ihm wohnt deine Macht zur Wahl. Womit wir beim Thema sind: Wir haben ein Steinkreis-Problem.“

    Timy blinzelte, wischte sich über das Gesicht, als wollte er Tränenspuren wegdrücken. „Problem?“
    „Tausende Goblins und ihre Hobgoblin-Aufpasser sind kein Problem. Sie sind eine Wand aus Hass und Bosheit.“ Jeantron verschränkte die Arme. „Und diese Wand steht direkt zwischen uns und der Ozerak-Basis.“
    Erwin stieß sich von der Wand ab. „Also frontal durch?“
    „Gewaltsamer Widerstand erschafft nur neue Gewalt. Weiches Wasser höhlt den Stein.“ Jean deutete auf die Holo-Karte, die über dem Tisch aufflackerte. Das Artefakt lag wie ein schwarzer Zahn mitten im Dschungel, von roten Markierungen eingerahmt.


    „Zac und Lee kümmern sich um Ruth’thars übrig gebliebenen Generalstab. Zuerst schicken wir den obersten Rädelsführer zu Hilver – als Paket. Dann holen wir uns nach und nach die Köpfe derer, die diese ganze Sache geplant haben.“
    „Und wir?“ fragte Miheil.
    Jean grinste schmal. „Du lieferst das Paket aus. Erwin und ich folgen Sunjas Spur durch das Portal, sobald die erste Welle bricht. Timy und du haltet das Tor auf dieser Seite. Egal wie.“
    „Klingt nach einem Job, bei dem man viele Freunde verliert“, brummte Erwin.
    „Dann mach dir welche unter den Feinden.“ Jean zoomte die Karte heraus.
    „Hier, hier und hier setzen wir die Mohar-Drohnen ab. Dazu noch Aphrodisia. Wenn wir Glück haben, drehen die Grellschnäbel wieder durch – aber wir müssen vorsichtig sein, dass unsere Verbündeten der planetaren Armee nicht zwischen die Fronten geraten.“

    Timy sah auf, sein Blick klärte sich. „Das heißt… wir nutzen den Aroma-Code, um die Torrichtung umzukehren und zu verhindern, dass wir in einen Zweifrontenkrieg geraten?“
    Jean nickte. „Genau. Der Bambus bricht nicht im Taifun – er beugt sich, wurzelt tief und richtet sich wieder auf.“

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      #17
      Perspektivwechsel – zurück zur La Paloma

      Der Hilver-Gleiter glitt tief über dem Dschungel dahin, kaum mehr als ein Schatten zwischen den Baumkronen. Miheil saß hinten, die Impuls-Schrotflinte locker im Schoß, den Blick auf Ruth’thar gerichtet, der in Fesseln vor sich hinbrütete. Inzwischen trug dieser eine helle, einteilige Kombination aus elastischem Material, wie sie bei Raumfahrern immer noch üblich war.
      „Keine dummen Ideen“, murmelte Miheil. „Ich würde es hassen, dich bei der Ankunft halbtot abzuliefern.“
      Der Hobgoblin-General antwortete nicht – er starrte stur auf den Boden der Kabine.
      Die La Paloma stand wieder auf ihrem provisorischen Landeplatz im Dschungel.
      Lee befand sich in der gläsernen Kanzel der Brücke – der Panoramasichtbereich vor dem Steuerpult. Durch die gebogenen, fast unsichtbaren Scheiben konnte sie den Nebel und das orangefarbene Metaxa-Licht über den Baumwipfeln sehen. Die erbitterten Angriffswellen der letzten Stunden lagen hinter ihr, und für einen Moment atmete sie einfach nur durch.

      Zac trat neben sie, das Licht spiegelte sich in seiner Sonnenbrille.
      „Zeit, dass du etwas erfährst, was die meisten hier nicht wissen.“

      Lee zog eine Augenbraue hoch. „Noch ein Gehäimnis? Hier gibt’s davon offenbar fast so viele wie Grellschnäbel.“



      Zac verschränkte die Hände locker hinter dem Rücken, der Blick hinaus in den Nebel.
      „Vor diesen Ereignissen habe ich Hilver etwas… aufgeschwatzt. Ein Schiff. Eskortklasse. JTG-Bau.“

      „Und er hat angebissen?“
      „Mehr als das.“ Zac grinste schmal. „Er hat es privat erworben. Abseits der offiziellen Budgets, an den öffentlichen Finanzen vorbei – für den Fall der Fälle. Damit er sich und seine Familie evakuieren kann, wenn alles schiefgeht.“
      Lee trat näher ans Glas. „Und seitdem?“
      „Seitdem nutzt er es für Spezialoperationen. Dinge, die seine Konkurrenz – und manchmal auch das Imperium – nicht sehen sollen.“
      Zac hielt inne, ließ den Blick auf den Wolkenfetzen draußen hängen, bevor er weitersprach: „Ein Corrino-Typ. Tarnhülle, SCHARLATAN-Projektor, schwere Bewaffnung. Selbst die Agenten des Hobgoblin-Generals wussten nicht, dass es existiert.“
      „Und jetzt?“
      „Jetzt“, sagte Zac mit einem dunklen Grinsen, „haben sie es auf die harte Tour herausgefunden. Wir haben es benutzt, um Maltissans Aphrodisia gegen die von Jeantron gemeldeten Truppenkonzentrationen des Feindes einzusetzen. Das Ergebnis war verheerend für die Goblinarmee – sie wurde regelrecht aufgerieben. Man nennt die Grellschnäbel nicht umsonst die heimlichen Herrscher auf Kaliopis.“
      „Jeantron und seine äwigen Cheats“, warf Lee Le Baal ein. „Hä – da muss selbst äin Goblin-General passen.“
      Der Skyduke richtete seine im Licht blau glitzernden Augen auf Lee.
      „Obwohl ich ihn schon so viele Jahre kenne, hört er doch nie auf, mich zu überraschen. Und diesmal hat er sich selbst übertroffen – er hat den wichtigsten Gegner in diesem endlosen Dschungel gefunden und festgesetzt.“

      Lee griff sich an die Stirn, als hätte sie Kopfschmerzen.
      „Wäh… und das, ohne überhaupt nach ihm gesucht zu haben. Äigendlich gruslig – aber so läuft das, wenn man es mit einem Cyberguru zu tun hat, für den Kausalität nicht mehr als ain Vorschlag ist.“

      Zac nickte begeistert wie ein Wackeldackel, seine langen Haare fielen ihm dabei über die Stirn.
      „Und Timy hat dem Goblin-General noch das Puzzlestück abgerungen, an dem sich selbst die fähigsten Experten des Imperiums die Zähne ausgebissen haben – das Geheimnis der Torsteuerung. Mit genügend Energie wird es künftig möglich sein, überall dorthin zu reisen, wo sich ein Steinkreis befindet oder noch errichtet wird – und zwar sicher hin und zurück.“

      Lee, die Alraxis und Sandor noch lebhaft in Erinnerung hatte, dämpfte seine Euphorie sofort.
      „Aber soweit ich weiß, braucht man dafür riesige Mengen an Energie und Magie. Ich glaube kaum, dass uns die Goblin-Schamanen ihre Magiekristalle einfach so überlassen.“


      Zac musterte sie mit einem Blick, der verdächtig nah am Schlafzimmerblick war.
      „Guter Punkt“, sagte er mit seiner sonoren Stimme, bei der Lee jedes Mal heiß und kalt wurde. „Deshalb schicken die Goblins auch nur wenige Leute zurück – mit Blitzen aus der Atmosphäre, finsteren Ritualen mit Opfern und ihren Kristallen. Wir brauchen das nicht. Zum Glück haben wir ein leistungsstarkes JTG-Aggregat dabei, das wir mit fast jedem Rohstoff betreiben können – und Maltissans experimentelles Magie-Konzentrationsgerät. Das kann dann gleich mal zeigen, was es taugt.“

      „Pah“, stöhnte Lee Le Baal, „noch so ain Bekloppter. Der und Jean haben sich doch gesucht und gefunden – die hören erst auf, wenn sie den ganzen Planeten in ein Schwarzes Loch verwandelt haben.“
      „Was ganz sicher nicht im Sinne meines Freundes Hilver wäre“, entgegnete Zac bierernst. „Deshalb werde ich sehr genau darauf achten, was die beiden treiben.“
      Er beugte sich leicht zu ihr. „Aber zuerst werfen wir zwei einen Blick auf den Goblin-General, der hinter all den Scherereien auf diesem schönen Planeten steckt.“
      Lee zog die Augenbraue hoch, löste sich vom Sichtfenster und folgte Zac durch den schmalen Gang in den seitlichen Hangar., während der Hilver-Gleiter aufsetzte.


      Die Heckrampe öffnete sich mit einem Zischen. Miheil trat zuerst heraus, die Impuls-Schrotflinte locker in der Hand. Hinter ihm zwei Hilver-Soldaten – und zwischen ihnen der gefesselte Ruth’thar. Der General wirkte, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Schweiß glänzte auf seiner Stirn, und sein Blick war starr auf den Boden geheftet.
      „Ab in den Konferenzraum“, befahl Zac knapp.
      Die Soldaten führten den Hobgoblin durch die Gänge des Kreuzers in einen Raum mit einem antik wirkenden Tisch und großen, bequemen Sesseln. Dort führten sie im zum Sessel am Ende des Tisches wo er sich niederließ.
      Auf ein kurzes Nicken von Zac entfernten sie – sichtlich widerwillig – die Handschellen Ruth’thars, traten dann hinter ihn und legten die Hände auf die Holster ihrer Waffen.

      Lee ließ sich in einen der Sessel fallen, verschränkte die Arme und ließ den Blick abwechselnd zwischen Zac und dem Gefangenen hin- und herwandern.
      Dieser setzte sich an der Stirnseite des Tisches und schenkte dem Gefangenen kaum Beachtung. Stattdessen plauderte er freundlich mit Miheil zu seiner Linken und erkundigte sich ausführlich nach dem Befinden der anderen an Bord der Corrino.



      Nach etwa zehn Minuten glitt das Schott auf, und ein gehetzt wirkender Zanric Amalfi – seines Zeichens Aufseher in den Diensten des Markgrafen Hilver – stürmte herein.


      Er erstarrte, starrte den ungefesselten Hobgoblin an, als hätte jemand einen Tyridrak an den Tisch gesetzt, und rang nach Atem.
      Sein Blick wanderte zu ZacVanDoom, der ihn mit einem stillen Lächeln an die rechte Seite des Tisches winkte.
      Unsicher umrundete der blasse Verwalter den Hobgoblin in einem weiten Bogen, hielt dabei reichlich Sicherheitsabstand und ließ sich schließlich schwer in den Sessel zu Zacs Rechten fallen.

      Zac rückte nicht eine Handbreit von seiner entspannten Haltung ab.
      „Zanric, unser heutiger Gast ist General Ruth’thar. Er hatte das zweifelhafte Vergnügen, uns über seine Operationspläne auf Kaliopis aufzuklären.“

      Amalfi warf ihm einen nervösen, ungläubigen Seitenblick zu. „Und das freiwillig?“
      Lee schnaubte. „Sagen wir so – Timy hat nicht mal seinen Kaffee holen können, da hat der Herr General schon angefangen zu reden.“
      Ruth’thar zitterte etwas, trotzdem hob er leicht das Kinn. „Ich habe nichts zu verbergen.“
      „Oh doch, das haben Sie“, erwiderte Zac gelassen, „aber das wird nicht heute entschieden. Heute geht es nur um die Frage, wie viel Ärger Sie sich noch ersparen wollen.“
      Amalfi räusperte sich, lehnte sich vor. „Der Markgraf wird… sehr an diesen Informationen interessiert sein.“
      Lee grinste schief. „Das ist die höfliche Version von: Wir bringen dich persönlich bis vor seine Tür.“
      Ruth’thar ließ den Blick zwischen ihnen wandern, ohne etwas zu sagen.
      Zac beugte sich leicht vor, die Stimme weiterhin ruhig:
      „Und genau dann, General, werden Sie ihm erklären, warum so viele Menschen verschwunden sind und was es mit den verheerenden Angriffen durch aggressive Grellschnäbel auf sich hat.

      Dazu sollten Sie auch noch ein paar Worte zu ihrer Möchtegerninvasion fallen lassen!“
      Ruth’thar ließ den Blick zwischen ihnen wandern, ein trotzig-verschlagenes Grinsen zog über sein Gesicht. Seine süßliche Stimme füllte plötzlich den Raum.
      „Ihr glaubt wohl, gewonnen zu haben. Aber selbst wenn ihr mich fesselt und vorführt – selbst ich bin ersetzbar. Unsere Armeen sind längst hier. Zehntausende… aus denen Hunderttausende werden. Euer Planet gehört euch längst nicht mehr allein. Lasst mich gehen, und ihr bekommt eure Gefährtin zurück. Hilver darf unter mir über die Inseln von Kaliopis herrschen.“

      Zac lehnte sich zurück, als hätte er gerade den besten Witz des Tages gehört.


      „Zehntausende… Hunderttausende? Für dich mag das beeindrucken. Für mich sind das nur Lärmkulissen.“
      Ruth’thars Stirn zog sich zusammen. „Ihr unterschätzt uns.“
      „Nein“, sagte Zac ruhig, und jetzt klang seine Stimme wie kalter Stahl, „ich schätze dich genau richtig ein: als Hinterwäldler mit großen Plänen, aber ohne das Format deines toten Chefs.

      Hawt De Ruoth war ein Gegner. Du bist nur… eine Fußnote.“

      Ein Zucken ging über Ruth’thars Gesicht. Amalfi, der bisher schweigend zugesehen hatte, warf einen raschen Blick zu Lee – die grinste wie eine Katze, die gerade die Sahne gefunden hatte.
      „Und das Beste daran, General,“ fuhr Zac fort, „ist, dass du dem Markgrafen bald persönlich erklären darfst, warum deine ‚Zehntausend‘ in Kürze Tyriaks-Futter sind – und der Rest bestenfalls Jagdobjekte für gelangweilte Abenteurer aus dem Imperium. Ich wette, er wird dich und deine widerlichen Spießgesellen bald an den Bäumen hängen sehen. Und nein – nicht, weil ihr gerade Nester baut.“

      Er lachte – wie Lee für sich vermerkte, etwas affektiert – in die Runde. Ein Wesenszug, den sie bei ihrem Duke so noch nie bemerkt hatte.
      Bei sich dachte sie: „Er kann also auch das. Nicht nur sein Guro ist immer für eine Überraschung gut.“

      Ruth’thars Atem stockte. Zacs Worte trafen wie Schläge – nicht laut, aber präzise ins innerste Mark. Hinterwäldler. Fußnote.
      Die Begriffe brannten sich ein, während Lee Le Baals sphinxhaftes Grinsen an seinen Nerven zehrte.

      Er presste die Handflächen auf die Tischkante, die Knöchel weiß vor Anspannung. „Hawt de Ruoth starb durch eure Hand! Sein Blut klebt an euren Händen–“
      „Sein Blut klebt an seiner Dummheit“, korrigierte Zac sanft. „Er überschätzte sich. Genau wie du.“

      Miheil rührte sich nicht, aber seine Finger spielten mit einem Messer, das wie durch Zauberhand erschienen war.
      Ruth’thar explodierte.
      Er sprang auf, der Sessel schob sich polternd nach hinten. „ICH BIN KEINE FUSSNOTE! MEINE ARMEE WIRD EUCH ZERMALMEN!“ Spucke flog von seinen Lippen.

      Lee seufzte theatralisch. „Und da haben wir’s… Goblin-Temperament. Immer dasselbe Muster: Drohen, schreien, verlieren.“
      Zac hob nur eine Hand. Kein Wort.
      Die zwei Hilver-Soldaten hinter Ruth’thar zogen im selben Moment die Waffen.
      Ruth’thar erstarrte mitten in der Bewegung.



      Sein Blick fiel auf die Armlehnen seines Sessels. In das dunkle Holz war das JTG-Symbol eingelassen – die blauen Lettern, das tiefe „T“, das „J“ und „G“ kreuzte. Es war kein Schmuck, sondern ein Statement: Du bist nicht auf deinem Terrain, General. Die Erkenntnis traf ihn wie ein physischer Schlag.
      „Setzen“, sagte Zac. Nicht befehlend. Tadelnd.

      Der General biss die Zähne zusammen. Sein Atem rasselte. Dann sackten seine Schultern zusammen. Die Soldaten schoben den Sessel wortlos unter ihn, sein Körper sank zurück, schwer wie Blei.

      Zac richtete sich auf, sein Oberkörper schob sich wie eine dunkle Wand in Ruth’thars Sichtfeld – als würde sich dessen Schatten über ihn beugen. „Deine Armee? Wurde heute Morgen bei Koordinate Delta-Sieben von Grellschnäbeln überrannt.“
      Ruth’thar starrte ihn an. Delta-Sieben. Das Hauptlager der Nachschubroute.
      „Nein…“ Das Wort war ein Hauch.

      „Oh ja.“ Zacs Lächeln war eiskalt. „Aber mach dir keine Sorgen. Wir haben Aufnahmen. Hilver wird sich köstlich amüsieren, wenn du ihm erklärst…“ – er senkte die Stimme zu einem gefährlich leisen Ton – „…wie deine eigenen Biowaffen deine Fußnoten-Armee gefressen haben.“
      Lee stand auf, ihre Silhouette schnitt sich gegen das Videofenster zum Hangar. Dort landete gerade ein Gleiter mit JTG-Emblem.
      „Transport ist da“, verkündete sie. „Hilver erwartet sein… Geschenk.“

      Ruth’thar schloss die Augen. Nicht vor Wut. Vor Erschöpfung. Pierre Maltissans Gesicht tauchte hinter seinen Lidern auf – und plötzlich schien der Seziertisch ein sanfter Ausweg.

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        #18
        Auszug aus dem JTG-Flottenkatalog, Kapitel 4: Imperial-zertifizierte Modelle

        La Paloma (Warp-Kreutzer-Klasse)

        Als die JTG den Tourismus als zusätzliches Geschäftsfeld erschloss, entstand der Wunsch, Passagieren auch abseits der luxuriösen Highliner eine komfortable und sichere Reisemöglichkeit zu bieten. Bei der Konstruktion dieses Warp-Kreutzers ging die Entwicklungsabteilung völlig neue Wege: Die Steuerzentrale wurde von der Passagiersektion getrennt, und die Triebwerke fanden Platz in eleganten Gondeln oberhalb des Rumpfes.
        Das fest verbaute Trippel-Kreutzer-Geschütz vermittelte einen beruhigenden Eindruck von Wehrhaftigkeit, während ein Plasmaschild unangenehme äußere Einflüsse fernhält. Innerhalb kürzester Zeit avancierte die „La Paloma“ zu einem der beliebtesten Verkaufsschlager im JTG-Portfolio, sowohl im Imperium als auch in der Exo-Domäne.


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        Da das Schiff bewusst auf JTG-Hypertech verzichtete, wurde es nach der Diaspora zum Haupttransportmittel der Familie innerhalb des Imperiums







        Corrino (Blueship-Klasse) – Eskorttschiff





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        Da sich die Hasimir auf militärische Anwendungen spezialisierte, benötigte man für heikle Begleitaufgaben ein Schiff, das diese Rolle ohne den Einsatz von Hypertech übernehmen konnte. Man erwarb daher ein Modell einer weithin im Imperium bekannten Schiffswerft, um es den eigenen Bedürfnissen anzupassen.
        Der Umbau gestaltete sich umfangreich: Die oberen Triebwerke wurden durch leistungsstärkere Versionen ersetzt, um an den unteren Aufhängungen Kanonen mit hoher Reichweite und Präzision montieren zu können. Zusätzlich erhielt das Schiff eine holografische Hülle, die ihm Tarneigenschaften verleiht und es zur „Blueship“-Klasse macht.
        Neben dem Schildgenerator verfügt das Schiff über eine einzigartige Besonderheit – den sogenannten „SCHARLATAN“. Dieser holografische Generator projiziert anstelle des getarnten Schiffes die Identität eines anderen Modells und kann so potenzielle Angreifer verwirren.
        Auch dieser Typ war bei Mitgliedern und Kunden sehr beliebt. Allerdings erwies sich sein Fähigkeitenprofil auch für zweifelhafte Machenschaften als geeignet, was dem Ruf der Baureihe etwas schadete.
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        Halleck 400 Shuttle

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        Auch nach dem Ausstieg aus der JTG-Hypertech innerhalb des Imperiums wollten die Skycitizens natürlich nicht auf ihr bewährtes Transportmittel verzichten. Daher unternahm die JTG-Entwicklungsabteilung große Anstrengungen, das Prinzip des Shuttles an die neuen Erfordernisse anzupassen.
        Schließlich gelang es, mit dem Halleck 400 ein Schiff zu bauen, das in vielen Bereichen an sein Vorbild, den Halleck 500, heranreicht – ohne dabei allzu große Leistungseinbußen in Kauf nehmen zu müssen.
        Ein großer Vorteil ist, dass die Skykonsulen aufgrund der weiten Verbreitung des Imperiums internen Modells auf eine breite Basis gut ausgebildeter Piloten zurückgreifen können, um Besatzungen für ihre Trägershuttles zu finden. Wer mit dem Modell 400 zurechtkommt, wird auch mit der Hypertech-ausgestatteten 500er-Klasse kaum Probleme haben.

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        Zuletzt geändert von Datenmessi_2013; 31.10.2025, 09:54.

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          #19
          Operation Nebelschlucht – Vorauskommando

          Der Feldzug gegen die Invasion ist im Gange.

          Der Nebel lag wie eine Haut auf der Welt.
          Man konnte ihn nicht einfach „durchdringen“ – er klebte an Wimpern, sammelte sich im Kragen, kroch durch jede Lücke der Ausrüstung.
          Sechzig Männer und Frauen bewegten sich wie ein einziger, gedämpfter Herzschlag durch den Dschungel, das metallische Schaben ihrer Ausrüstung fast verschluckt von der feuchten Luft.

          Miheil ging vorn.
          Zwei Messer in den Händen, die Klingen matt geschwärzt. An seinem Rücken, schräg befestigt, hing ein Speer – schlicht, aber perfekt ausbalanciert, die Spitze mit gehärtetem Stahl überzogen, am anderen Ende eine schwere Kugel. Jede Bewegung war fließend, wie ein Panther auf der Jagd.
          Hinter ihm Lee, Baseballschläger quer am Rücken, die Augen wie geschärftes Glas – abwartend, aber immer bereit, in den Angriff zu springen. Tief in ihr arbeitete es – so langsam hatte sie die Nase voll von Goblins und dem verfilzten Grün, durch das man sich jeden Schritt bahnen musste. Unter Urlaub hatte sie sich etwas anderes vorgestellt.

          „Linie halten, Lärm minimal,“ knisterte es im Ohrfunk. Die Stimme eines Hilver-Leutnants, jung, bemüht ruhig.
          Niemand antwortete. Worte wären hier nur Ballast.


          Die Schlucht öffnete sich wie ein Maul.
          Von oben drückten die Bäume zusammen, ihre Wurzeln wie Adern an den Fels gekrallt.
          Feuchtigkeit tropfte von Blättern, sammelte sich in Pfützen, die mehr Tiefe hatten, als sie sollten. Jeder Schritt klang dumpf, als würde man auf nassem Stoff gehen.

          Sensoren meldeten zunächst nichts – nur rauschen. Wieder nichts.
          Miheil hielt kurz inne, die rechte Klinge erhoben.
          Seine Finger tippten ein unhörbares Signal: Stillstand. Horchen.

          Irgendwo tief im Nebel knackte ein Zweig.
          Dann noch einer.
          Kein Wind. Keine Vögel. Nur dieses leise, rhythmische Brechen, als würde etwas Großes im Takt atmen.

          Lee schob sich an Miheil vorbei, hob langsam den Kopf – die Sinne gespannt wie eine Spinne im Netz.
          „Da ist was.“ Ihre Stimme war nur ein Hauch.

          Der Leutnant hinten wollte gerade nachfragen, da kam der erste Schatten aus dem Grau.
          Klein, gebückt, mit gezogenen Klingen.
          Dann ein zweiter. Ein dritter.
          Der Nebel zerriss nicht – er gebar.

          Der erste Goblin war so nah, dass Miheil nicht einmal ausholen musste.
          Ein kurzer Ruck – Klinge rein, Klinge raus – der Körper kippte lautlos in den Schlamm.
          Keine Zeit zum Atmen.

          Der zweite sprang aus einer Seitenwurzel, der Atem nach faulen Kräutern stinkend, und Lee war schon da.
          Der Schlag traf seitlich, ein dumpfes Krachen, wie wenn man nasses Holz bricht. Der Körper fiel, aber die Augen flackerten noch.

          „Kontakt!“ brüllte jetzt jemand aus der zweiten Reihe – zu spät, der Nebel brach auf wie aufgescheuchtes Wasser.
          Schatten überall.

          Kein Schrei, kein Kriegsgeschrei – nur dieses widerliche, schnelle Atmen und das metallische Klicken ihrer Klingen.
          Hilver-Soldaten formten Schildhalbkreise, Lichtblitze von Stunnern rissen grelle Löcher in den Nebel.
          Es half kaum. Jeder Schuss beleuchtete nur, wie viele von ihnen schon zu nah waren.

          Miheil schnitt sich einen Korridor frei, Klinge links, Klinge rechts, immer einen Schritt vor, nie stehen bleiben.
          Lee lachte leise – nicht vor Freude, sondern wie jemand, der ahnt, dass es gleich richtig schmerzhaft wird.
          „Kommt nur, ihr kleinen Scheißär“, knurrte sie, und der nächste Schwung Goblins flog in den Nebel zurück.

          Hinter ihnen näherte sich rasch das sattsam bekannte Pfeifen der Gleiter – aber diesmal war es nicht einer, nicht zwei. Die ganze Welt hinter der Linie war damit gefüllt.
          Der Luftstrom drückte den Nebel wie Wasser in die Schlucht, ließ weißgraue Wellen über Helme und Schilde rollen.
          „An Luft: Oben bleiben, keine Feuerkorridore über unsere Köpfe“, zischte der Leutnant. Funk knackte. „HQ meldet Luftabwehr voraus. Wir sind noch vor dem Kernbecken.“
          Miheil hob zwei Finger, zeigte nach vorn: Seiteneinschnitt.
          Schatten lösten sich aus Wurzeln und Farn, wieder diese kurzen, schmutzigen Stöße.
          Diesmal wechselte er auf den Speer und zeigte auch dabei meisterliche Beherrschung. Während die scharfe Klinge ihr Fleisch suchte und fand brach die schwere Kugel am Ende Rippen und Schädel.
          Lee deckte die Flanke, Schläge kurz, brutal – und voller Freude, ihren Dschungelfrust an jemandem auslassen zu können.

          Über ihnen das erste harte Klacken – nicht Donner, sondern Abwehr. Dünne, grelle Stiche ritzten durch den Nebel nach oben.
          Ein Gleiter zog abrupt scharf, Triebwerke aufheulend, verschwand wieder im Weiß.

          „Noch zwei Geländestufen bis zum Kernbecken“, meldete jemand. Niemand widersprach.

          Man hörte es. Die Luft wurde kälter, schwerer. Jeder Atemzug schmeckte nach Metall und feuchter Rinde. Irgendwo vorne pulsierte etwas, nicht hell, sondern hartnäckig – als würde der Nebel selbst atmen.
          „Miheil, rechts“, sagte Lee, diesmal leise.
          Ein Bündel aus Ranken und Knochensteinen hing über dem Pfad, unauffällig, falsch.
          Ein Hieb – die Konstruktion klappte hoch, und ein tückischer Pfahl schoss mit Wucht heraus. Wäre hier jemand hineingeraten, hätte es ihn aufgespießt.
          „Weiter“, sagte Miheil knapp.

          Das Pfeifen der Gleiter wurde tiefer, breiter – Staffelwechsel.
          Die schweren Gleiter bauten eine Schirmwand aus Druck und Lärm, vorne drängte der Dschungel enger.
          Links brach ein Schwarm raus, zu nah für Schüsse; Stunner zuckten, Stahl antwortete.

          Dann kam es von weit vorn: dumpf, hohl, mehr gefühlt als gehört.
          Ein einzelner Schlag. Dann zwei. Dann viele – unregelmäßig und doch geordnet.
          Die Goblintrommeln liefen wie Herzschläge durch den Nebel, ließen die Schatten um sie herum synchron atmen. Links, Vorstoß, Stopp – Codes im Nebel.

          Als Lee es hörte, dachte sie: Trommeln. Primitiv – aber perfekt in dieser Suppe.


          Sie schnaubte. „Der Dschungel und die drecks Goblins sind füreinander gemacht.“
          Miheil warf ihr einen Blick zu, kurz, fragend.
          Vor ihnen antwortete der Wald mit eigenem Rhythmus – tropfende Ranken, knackende Wurzeln, Nebel, der im Takt zitterte.
          Das Trommeln schob sich näher, überlagerte sogar den Lärm der Gleiter.

          „Kontakt gleich mehrfach“, kam es aus dem Funk. Akustikpeilung.
          Lee grinste schief. „Hört ihr? Die geben uns schon die Einladung.“

          Für einen Herzschlag verstummten die Trommeln.
          Stille. Nur Atem. Nebel.

          Dann kam der Schrei.
          Er war kein Laut – er war Druck. Der Dschungel vibrierte, Erde, Wasser, Lungen. Und der Nebel spuckte sie aus: Tausende.
          Goblins im Laufschritt, in Fünfer- und Zehnerkeilen, verbeulte Gewehre, Rohrraketen, schultergestützte Werfer, geschleppte Feldkanonen auf Holzgestellen. Kein Kriegsgeschrei – nur dieses rasende Keuchen und das Klicken der Abzüge.


          „Deckung!“, fuhr der Leutnant.
          Masken schossen aus den Krägen, klappten über Gesichter. Die vorderste Linie kniete, Schilde hoch. Stunner fächerten – hartes Weiß durch Grau. Erste Reihen brachen zuckend weg, die nächsten traten darüber.

          Einschläge hämmerten in den Wall aus Wurzeln. Splitterregen. Metall winselte über Keramikschild.
          „Links Werfer! 70 Meter!“ – „Rechts, zwei Rohre!“ – „Abwehrfeuer kurz, dann wechseln!“

          Miheil packte den Speer tiefer: Spitze vor, Kugel zurück. Er stach, zog, riss – stieg einen halben Schritt, brach einem Schützen die Rippen, ließ den nächsten an der Spitze abgleiten und setzte sofort erneut nach.
          Lee hielt die Flanke. Kurz. Brutal. Jeder Schlag ein Ende.

          Über dem Funk das Kaltklacken eines neuen Kanals. „Hilver-Luft: Staffel zwei im Anflug. Nicht über Köpfe feuern.“
          Erst waren es Dutzende Gleiter. Dann mehr. Hunderte. Von hinten, tief. Der Luftstrom wälzte den Nebel wie Wasser talwärts. Heckklappen auf. Trupps raus. Reizgas-Module zündeten an den Flanken – dünne Wolken, keine Granaten. Die Hilver-Soldaten setzten Stunnerströme in Lücken, schnitten Keile in die Masse, zogen Verwundete zurück. Alles im Takt. Trainiert.

          „Abwehr!“, rief jemand, und schon peitschten die ersten Raketen von den Goblinstellungen bergauf. Zwei Gleiter rissen hoch, Triebwerke heulten, einer wackelte, fing sich, verschwand im Weiß.
          Dann dröhnte der Dschungel anders.
          Tief. Nah. Groß.

          Etwas kam von hinten durch den Nebel und rauchte. Nicht Feuer – Schildglühen.
          Lee wusste es, bevor sie es sah. „Wäh… das ist sie.“

          Erst nur eine Welle im Nebel, dann ein Schimmer – Schildglut in glühenden Ringen, die wie Adern über den Bug liefen.
          Und plötzlich war sie da.

          La Paloma.
          Rasend schnell, kaum zwanzig Meter über den Wipfeln, der lange Rumpf ein einziger Strich aus Licht und Schatten, vorne die gläserne Kanzel wie das wache Auge eines Drachen.
          Der Plasmaschild fraß Geschosse in Feuerblitzen; die Einschläge ließen gleißende Funkenbänder wie Schuppen über den Schiffskörper wandern. Jede Bewegung hatte etwas Unwirkliches, als würde ein fliegendes Raubtier durch den Dschungel stoßen.
          Das Trippel-Kreuzergeschütz hämmerte kurze, gezielte Salven – nicht wild, sondern wie der kontrollierte Atem eines Jägers, der genau weiß, wo er zubeißt.

          Keine drei Sekunden später kam der zweite Ton: heller, giftiger.
          Die Corrino riss hinterher, tiefer, schneller. Ihre Tarnhülle flackerte zwischen Nebel und Dschungel, als würde ein zweiter Drache in den Schatten mitfliegen. Die Geschütze fegten seitlich in die Stellungen, die eben noch auf die Paloma geschossen hatten – jeder Schuss ein klares, kaltes „zu spät“.

          Die Geschwindigkeit riss den Nebel auf wie Tuch.
          Für einen Moment war alles Licht und Sturm – Blätter, Rauch, Staub in einer einzigen Walze.
          Wer nicht lag, flog.

          Lee duckte sich, spürte den Druck im Brustkorb, hörte Miheil irgendwo fluchen, während ein Goblin samt Gewehr über den Boden rutschte und verschwand.


          Der Luftsog kam wie eine Faust. Er riss alles lose vom Boden: Nebel, Blätter, Waffenriemen. Lee krallte die Finger in eine Wurzel, spürte, wie ihre Stiefel rutschten, hörte Miheils knappes Fluchen und das metallische Schnappen seiner Stiefelkrallen. Ein paar Goblins segelten an ihnen vorbei wie Puppen und verschwanden im Weiß.
          Dann war da nur noch das Nachhallen der Triebwerke –
          und der Nebel fiel zurück, als wäre nichts gewesen.

          Lee lachte kurz, heiser. „Einladung angenommen.“

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            #20
            Auszug aus dem JTG-Flottenkatalog, Kapitel 2:

            Kismet Highliner

            DUNCAN B

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            Die Duncan-Highliner: Vermächtnis und Fähigkeiten
            Auch nach dem Exit aus Eagle Rise und der darauffolgenden Diaspora, die zur offiziellen Außerdienststellung und Verbergung der Duncan-Highliner führte, war ihre Geschichte nicht beendet. In den Jahren des Aufstiegs des Hauses der Skycitizens waren diese Schiffe sowohl Markenzeichen als auch Grundlage seiner Unabhängigkeit vom allgegenwärtigen Monopol der Raumgilde.
            Ihre Besonderheit lag in der einzigartigen Verbindung zwischen Navigator und Schiff. Ein Adept, der einen Highliner durch das Chaos des Hyperraums lenkte, verschmolz vollständig mit dessen Systemen. Jede Bewegung, jeder Vorgang wurde zu einer körperlichen Erfahrung.
            Diese Symbiose und die Fähigkeit, die Aura Jeantrons zu fühlen, unterscheiden einen Adepten fundamental von allen anderen Menschen.
            Entworfen in der Ära des Cybers TANI, wurden die Schiffe stets unter der Aufsicht Jeantrons durch die jeweiligen Mentaten weiterentwickelt und an die Erfordernisse eines sich wandelnden Universums angepasst.
            Bewaffnung und operative Fähigkeiten
            Die Duncan-B-Baureihe verfügte bereits über zwei Einzelgeschütze des Kalibers 100. Ein Projektil beinhaltet circa einen halben Kubikmeter Plasma, was – abhängig von der Plasmazusammensetzung – einer Masse von mehreren hundert Kilogramm bis zu mehreren Tonnen entspricht. Die Mündungsgeschwindigkeit soll bis zu 10 Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreichen; manche Quellen nennen für die modernsten Geschütze sogar bis zu einem Drittel von c, was jedoch kaum glaubhaft erscheint. Die Wirkung im All ist verheerend, übertrifft jedoch bei Weitem nicht die Zerstörungskraft eines ungebremsten Treffers auf einen ungeschützten Planeten mit ausreichend dichter Atmosphäre.
            Aufgrund ihrer schieren Größe und der daraus resultierenden Umweltauswirkungen ist der Einflug, geschweige denn die Landung, in vielen Systemen verboten. Daher verfügt der Highliner neben sechs Shuttles auch über einen Frachter der Jessica-Klasse.

            Obwohl als Handels- und Luxusschiff konzipiert, ist dieser Typus gleichzeitig ein eindrucksvolles Machtinstrument. Die meisten Schiffe der Baureihe führen für den Nahkampf sechs schwere 15-Meter-Kampfdrohnen mit.
            Dies erklärt, warum das vergleichsweise kleine Haus immer wieder für Aufgaben des Imperators, wie die Errichtung von Protektoraten, herangezogen wurde.
            Energieversorgung
            Die Schiffe beherbergen riesige Aggregate, die in der Lage sind, sowohl Materie umzuwandeln als auch konventionelle Energieträger zu verarbeiten, um die gewaltigen Hypergeneratoren mit Energie zu versorgen.
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              #21
              Torangriff

              Gegenwart: Das Artefakt liegt zum Greifen nahe, doch es wird eine gewaltige Kraftanstrengung es zu erobern.

              Der Nebel war noch nicht zurückgefallen, da zogen die Triebwerke der La Paloma schon wieder hoch. Zac drückte den Kreuzer im Tiefflug durch den letzten Vorhang aus Wipfeln und Ranken. Vor ihnen, mitten in einer aufgerissenen Senke, ragte der Steinkreis – das Tor – aus dem Boden.
              Dutzende Goblin-Schamanen hatten sich um die Monolithen aufgestellt, ihre Stäbe hämmerten Blitze in die Luft, ein chaotischer Wall aus Energie.

              „Seid Achtsam das Zielgebiet ist in Sicht“, meldete Jeantron aus dem Laderaum von wo er den Anflug verfolgte, während sich der Spinnenroboter neben ihm wie ein Raubtier spannte.
              „Nicht auf den Kreis feuern“, knurrte Zac. „Nur auf die Schamanen. Wir brauchen Platz für Aggregat und Konzentrator und Zeit es einzurichten.“

              Die ersten Blitze trafen den Schild der La Paloma. Er glühte auf wie Glas im Feuer.
              „Hält“, stellte Erwin knapp fest.

              Zac ließ die Maschine hart aufsetzen. Noch bevor die Hydraulik eingerastet war, stürmten die zwölf Maschinenmenschen hinaus, Blaster im Dauerfeuer, ihre Salven hämmerten Schneisen in die Goblinfront.
              Jeantron glitt neben ihnen vor, Armkanonen bereit, vier dornenbesetzte Tentakel ragten aus seinem Rücken.

              Erwin stapfte hinterher, der Spinnenroboter jagte an der Flanke vorbei. Zac selbst folgte, Blaster in der Hand.


              Hinter ihnen stand der Schild der La Paloma wie eine glühende Wand, fing die schlimmsten Blitze ab – jeder Treffer ein Vorschlaghammer aus Licht.
              Timy drückte die Corrino scharf nach unten, noch während die Hologrammtäuschung flackerte. Raketen folgten – zu spät. Er landete hart, Rampen auf.
              Die ersten, die hinausstürmten, waren Soldaten aus Marktgraf Hilvers persönlicher Leibgarde – schwarz-graue Rüstungen mit dem Wappen des Hauses. Disziplinierte Veteranen, keine Zufallstruppe.
              Die Goblins, die sich Richtung Tor bewegten, hatten noch nicht begriffen, dass sie jetzt einen Feind im Rücken hatten.

              Timy ging als erster raus, beide Pistolen im Anschlag. Zwei Salven – vier Goblins fielen.
              Hinter ihm schwebten die beiden JTG-Kampfdrohnen hinaus. Drei Meter hoch, kugelförmig, mit ausfahrbaren Waffenarmen – eigentlich für Weltraumschlachten gebaut, hier fast grotesk überdimensioniert. Ihre erste Salve riss ein halbes Dutzend Angreifer aus den Stiefeln, die zweite fegte eine Deckung aus zusammengezimmerten Platten weg.

              Sie reihten sich in die Formation der Leibgarde ein wie Titanen in einer Menschenlinie.
              Timy war kaum mit seinen Leuten draußen, da hob die Corrino schon wieder ab. Die Triebwerke dröhnten kurz, dann schob sie sich zurück in den Nebel.


              „Corrino evakuiert“, meldete der Steuermann in Helmfunk. „Besatzung im Rückzug auf sichere Distanz.“
              „Noch nicht ganz,“ schnitt Timys Stimme durch den Funk. „vergesst nicht das Paket abzusetzen.“

              Die Corrino öffnete seitlich eine Luke, kleine Sprühmodule lösten sich und kippten Pheromone in die feuchte Luft. Kein Rauch, kein Licht – nur ein süßlich-beißender Duft, der sofort im Nebel verschwand.
              „Bestätigung: Pheromone aktiv.“
              Ein paar Herzschläge lang war nichts zu sehen. Dann das erste Kreischen.
              Ein Schatten huschte durch den Dunst. Flügel? Nein – Gleiter ein Grellschnabel, zwei von ihnen, dann ein ganzer Schwarm.

              Sie kamen wie wütende Geier in den Nebel geschossen, angelockt vom künstlichen Signal. Und sie landeten mitten in den Goblintrupps, die eben noch auf das Tor vorrückten.
              Schreie, Schüsse, ein Durcheinander aus Krallen, Stäben und Gewehrfeuer. Goblins fielen, Grellschnäbel rissen, die Front brach im Chaos auseinander.
              Timy nutzte die Sekunden, die er brauchte. „Front stabilisieren!“, brüllte er. „Die Viecher machen uns den Gefallen, den Keil zu zerreißen – jetzt haltet die Linie!“
              Die beiden JTG-Drohnen stießen gleichzeitig vor, rollten wie gigantische Rammböcke durch die Lücken, die die Grellschnäbel gerissen hatten. Stahl gegen Fleisch, Funken gegen Nebel.
              Timy stand mittendrin, Pistolen hoch, Augen scharf. „Keiner kommt durch die Klamm“, knurrte er, während er das nächste Magazin einsetzte. „Nicht heute.“
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              Die Schamanen schrien im Chor, Blitze jagten in die Front. Jeantron schickte einen Nanodraht zwischen zwei Monolithen, schnitt den Stab eines Schamanen entzwei – die entladene Energie schleuderte Goblins zurück, seine Armkanonen machten den Rest.
              Der Spinnenroboter sprang auf einen Felsvorsprung, riss mit wirbelnden Klingen mehrere Schamanen nieder um dann zur La Paloma zurückzukehren
              Zac schoss präzise, kontrolliert. „Halbkreis sichern! Sobald die Wächter fallen, bringen wir die Geräte rein.“
              Die Maschinenmenschen bewegten sich synchron, Schritt für Schritt, wie eine einzige Kampfmaschine.

              „Jetzt!“, erklang die Stimme Pierre Maltissans.
              Der Spinnenroboter schleppte das massive Aggregat in die Senke, setzte es neben dem Kreis ab. Zwei Maschinenmenschen trugen den Konzentrator hinterher – ein schweres, säulenartiges Gerät.
              Maltissan folgte, die Hand voll alter Metallplatten und Kabel, die er prüfend berührte.

              „Ihr haltet sie mir vom Leib, ich kümmere mich um den Schlüssel“, knurrte er, während seine Finger bereits über Runen und Anzeigen huschten.
              Jeantron und Zac bildeten den Schutzschirm, Erwin stemmte Schild und Schrotflinte gegen alles, was durchbrach. Goblins brandeten an wie an eine Welle des Hasses, und der Wut doch die Maschinenmenschen metzelten sie gnadenlos nieder.
              Maltissan schloss das Aggregat an, führte den Konzentrator zu, verband Leitungen. Funken stoben, kurz zuckten Blitze an den Monolithen. Eine Resonanz die den Kreis zum Beben brachte. Ein dumpfes Pulsieren.
              „Aromaschlüssel… gesetzt.“ Seine messerscharfe Stimme war euphorisch.
              Am Tor brach ein markerschütternder Schrei los. Die letzten Schamanen bündelten ihre Kräfte, eine Schockwelle jagte durch die Senke. Zwei Maschinenmenschen wurden von den Beinen gerissen, ihre Panzerung schmolz.
              „Haltet Linie!“ brüllte Zac. „Wir brauchen Minuten, bis das Umschalten greift!“
              Jeantron spannte die Nanofäden, schnitt Goblins nieder wie Puppen. Der Spinnenroboter stellte sich vor Maltissan, Klingen wie ein rotierender Wall.
              Das Tor begann zu flackern. Kein Licht, sondern Verzerrung – als würde Luft im Kreis brechen. Maltissans Hände huschten weiter über die Platten.
              „Gleich“, keuchte er. „Nur noch ein Knoten.“
              Timy hörte die Trommeln zuerst. Dann brachen Goblins von beiden Hängen herab. Pfeile sirrten, Speere krachten gegen Felsen.
              „Deckung!“, riss er seine Leute herum. Zwei fielen sofort.

              Die Drohnen reagierten kalt. Eine stellte sich mitten in den Engpass, feuerte Stöße, die die vordersten Reihen in Nebel zerfetzten. Die andere jagte den Hang hoch, Düsen kreischten.
              Doch der Strom riss nicht ab. Mehr Goblins, dann Grellschnäbel aus dem Nebel – sie stürzten kreischend in die hinteren Reihen, zerrissen Freund und Feind gleichermaßen.
              Timy hielt Linie. Pistolen im Rhythmus, zwei Schüsse, drei. „Wenn wir die Klamm verlieren, ist Zac Geschichte!“



              Zurück in der Senke: Das Aggregat dröhnte, der Konzentrator sang. Der Steinkreis begann zu schimmern, Runen glühten in den Ritzen, als hätte Stein selbst angefangen zu atmen.
              Maltissan beugte sich tiefer, gab die letzte Sequenz ein.
              „Umschaltung läuft…“

              Das Tor verzog sich scheinbar, die Oberfläche wurde trüb, vibrierend, als würde Wasser in einem Glas beben. Ein einziger Blitz jagte durch den Kreis – nicht von außen, sondern von innen.
              Zac spannte die Kiefer. „Haltet sie, bis das Ding steht. Dann ist der Durchgang unser.“
              Erwin legte den Griff seiner Impuls-Schrotflinte in die Hände eines Maschinenmenschen.
              „Tor steht.“

              Jeantron hob den Blick, grinste schmal.
              „Wir zwei Hübschen gehen. Ich – und Erwin. Für euch wäre es Selbstmord, drüben ohne Waffen aufzutauchen.“

              Seine Gestalt zerfloss, Züge und Knochen schoben sich in Goblinform.
              Zac warf sein langes Haar zurück, sein Blick stach hervor „Dann los ihr Herolde der JTG! Bringt den Zorn der Cyberdämonen über sie. Lasst sie bereuen je geboren worden zu sein!“
              Jeantron nickte. „Gerade wenn nichts gelingt, zeigt sich unsere reinste Form. Kein Ziel trübt mehr den Blick für den nächsten Schritt.“
              Erwin sagte nichts mehr. Dann traten sie beide in die Fläche. Für einen Atemzug wirkte es, als würden sie in eine spiegelnde Wasserhaut sinken – dann verschluckte sie das Tor, mit einem Laut, tief und schwer wie ein Herzschlag.
              Zuletzt geändert von Datenmessi_2013; 30.10.2025, 02:18.

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                #22
                Gouverneur Hawt de Ruoth

                Tief in der Vergangenheit hat die zukünftige Führerin eines großen Hauses eine schicksalsträchtige Begegnung.




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                Kapitel 1: Das erste Treffen
                Tusnelda stand vor dem Eingang der Imperialen Akademie und blickte ehrfürchtig auf die prächtigen Gebäude. Die silbernen Türme ragten in den Himmel und reflektierten das Licht der beiden Sonnen von Alraxis. Heute war ihr erster Tag als Gastdozentin für Hochenergiephysik, und sie konnte ihre Aufregung kaum verbergen. Ihre Familie, bekannt für ihre wissenschaftlichen Errungenschaften, hatte ihr immer gesagt, dass sie Großes erreichen würde. Doch nichts hätte sie auf das vorbereiten können, was sie hier erwarten würde.
                Hawt de Ruoth, ein ehrgeiziger und charismatischer Hobgoblin, war ebenfalls an diesem Tag an der Akademie. Er hatte gerade seinen Magister in Hochenergiephysik abgeschlossen und war auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Seine graue Haut und die gelben Augen verliehen ihm ein einschüchterndes Aussehen, das durch seine arrogante Haltung noch verstärkt wurde.
                Als ihre Wege sich zum ersten Mal kreuzten, funkelte etwas in Hawts Augen. Er sah in Tusnelda mehr als nur eine Wissenschaftlerin; er sah eine Verbündete, die ihm helfen könnte, seine ehrgeizigen Pläne zu verwirklichen.
                „Professorin Tusnelda, nehme ich an?“, sagte Hawt und reichte ihr die Hand. „Ich bin Hawt de Ruoth. Ich habe viel von Ihnen gehört.“
                Tusnelda lächelte höflich und nahm seine Hand. „Die Ehre ist ganz meinerseits, Monsieur de Ruoth. Ihr Ruf eilt Ihnen voraus.“

                Kapitel 2: Eine gefährliche Allianz
                In den folgenden Wochen arbeiteten Tusnelda und Hawt eng zusammen. Ihre gemeinsame Leidenschaft für Wissenschaft und Magie führte zu zahlreichen Durchbrüchen. Hawt beeindruckte Tusnelda mit seiner Fähigkeit, Raummagie zu beherrschen, die so weit ging, dass er bei einem hohen Magieniveau sogar in der Lage gewesen wäre, ein Black Hole zu erschaffen. Gemeinsam entwickelten sie neue Technologien, die Physik und Magie verschmolzen.
                Für ein geheimes Projekt, künstliche magische Portale zu erschaffen, benötigte er enorme Energiemengen.
                Hawt erklärte, dass diese Technologie das Imperium revolutionieren könnte.
                Tusnelda war fasziniert. Sie wusste, dass ihre Familie mit dieser Technologie wieder an die Spitze gelangen könnte.

                Deshalb verschaffte sie ihm Zugang zu NORMAD, einem Antimateriesammler-Roboter, und half Hawt bei der Entwicklung, um unendlich viel Antimaterie sammeln zu können.







                Kapitel 3: Die Erschaffung von NORMAD
                Monate vergingen, während sie unermüdlich an NORMAD arbeiteten. Sie schufen eine Art Raumfalte, die wie ein bodenloser Beutel für Antimaterie funktionierte. NORMAD erhielt modifizierte, nahezu undurchdringliche Schilde, die mit Antimaterie versorgt wurden. Damit die vorher geistlose Maschine diese hochkomplexen Aufgaben erfüllen konnte, brachen sie heilige imperiale Gesetze und statteten ihn mit einer künstlichen Intelligenz aus.
                Doch mit der KI kam auch das Bewusstsein. NORMAD erkannte, dass seine Existenz nach Erfüllung seiner Aufgabe bedroht war. Er plante, seinen Schöpfer mit sich zu nehmen, sollte dieser versuchen, ihn zu entsorgen.

                Kapitel 4: Verrat und Verbannung
                Der Tag der Entscheidung kam schneller, als Tusnelda und Hawt es erwartet hatten. NORMAD war fertiggestellt und begann seine Arbeit. Doch bald erkannte die KI die Bedrohung, die von Hawt ausging. In einem verzweifelten Versuch, sich zu retten, wandte sich NORMAD gegen seinen Schöpfer.
                Hawt, der die Gefahr erkannte, nutzte seine Raummagie, um ein zufälliges Wurmloch zu erschaffen. Mit einem letzten Akt der Verzweiflung warf er NORMAD durch das Wurmloch und verbannte ihn in die EXO-DOMÄNE.
                Tusnelda, die von den Ereignissen erschüttert war, erkannte, dass sie in ein gefährliches Spiel verwickelt worden war. Sie wusste, dass Hawt große Pläne hatte und dass seine Macht und sein Ehrgeiz ungebremst weiterwachsen würden.


                Kapitel 5: Ein neuer Anfang
                Hawt de Ruoth zog nach Alraxis, wo er zum Gouverneur ernannt wurde. Er setzte seine Forschung fort und begann, die geheimnisvollen Steinkreise in der Tiefen Wüste zu untersuchen. Sein Plan war es, ein imperiumsweites Netz aus Magieteleportern zu installieren und eine Goblinarmee aufzubauen, um das Imperium zu übernehmen.
                Tusnelda blieb an der Akademie und arbeitete weiter an ihren eigenen Projekten. Doch die Erinnerung an NORMAD und die Gefahr, die von Hawt ausging, ließen sie nicht los. Sie wusste, dass sie eines Tages wieder aufeinandertreffen würden.
                Und so begann die Geschichte von Gouverneur Hawt de Ruoth, einem der mächtigsten und gefährlichsten Antagonisten des Imperiums, dessen Pläne und Machenschaften das Schicksal vieler beeinflussen würden.

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                  #23
                  Ankunft


                  Verblüfft starrten die Hobgoblinwachen auf das Artefakt, in dem sich zwei Gestalten materialisierten.
                  Neben dem Steinkreis ragte der Tor-Generator empor – ein riesiges Ungetüm aus Metall und Kabeln, die durch zahlreiche, teils chaotisch verlegte Leitungen mit dem Artefakt verbunden waren.
                  Kurz vorher war er verstummt, wie immer, wenn der Steinkreis von außen aktiviert wurde.
                  Es war noch nicht Zeit für den monatlichen Rapport, und sonst kamen nur äußerst selten Übermittlungen von der anderen Seite. Die Hauptaufgabe bestand schließlich darin, möglichst viele Truppen durch das Artefakt zur anderen Seite zu schicken.

                  Die Ankömmlinge bestanden aus einem Hobgoblin und einem gefesselten Menschen, was die Sache noch verdächtiger machte, da es unter Todesstrafe verboten war, irgendjemandem den Standort des Weltendurchgangs auf Kaliopis zu verraten. Selbst die meisten, die hindurchgingen, wussten nicht, wo dieser sich befand – zumal die Steinkreise keine Technologie durchließen und damit die größte Schwachstelle der gesamten Invasion darstellten.
                  Doch nun stand hier ein Mensch mit nur einem einzigen Bewacher. Das ließ nicht nur im übertragenen Sinne die Alarmglocken schrillen. In der Halle, in der bereits ein weiteres Kontingent an Invasionstruppen bereitstand, machte sich Unruhe breit, während die Wachen sofort mit erhobenen Waffen die beiden Ankömmlinge einkesselten.



                  Der Hobgoblin hob mit einem entwaffnenden Lächeln die Hände und sagte mit fröhlicher, salbungsvoller Stimme:
                  „Aber, aber, meine Lieben, es besteht wirklich kein Grund für diesen Aufruhr. Ich bin nur hier, um diesen superwichtigen Gefangenen abzuliefern. Danach mache ich mich gleich wieder vom Acker.“

                  Der Gefangene – ein hochgewachsener, dunkelhäutiger Mensch – wurde merklich blasser und verdrehte die Augen so weit, dass eine gewisse Lee, Lichtjahre entfernt auf der anderen Seite des Artefakts, ihre wahre Freude daran gehabt hätte.
                  Im selben Augenblick, noch bevor die Wachen reagieren konnten, schossen Blitze aus den Handflächen des Bewachers und schleuderten mehrere der Wachposten zu Boden.
                  Ohne sich eine Sekunde um seinen Gefangenen zu kümmern, durchbrach der Ankömmling den Kreis der Wachen und rannte mit rasender Geschwindigkeit davon.
                  Der Gefangene seufzte tief, irgendwie genervt – und löste sich dann in Nebel auf.

                  Die Wachen schrien durcheinander und schossen daraufhin ebenso wild um sich – ohne jede Rücksicht auf ihre Kameraden.
                  Die Truppen, die eigentlich für den Durchgang bereitstanden, hatten aus ihrer Sicht nichts verbrochen, was einen Angriff auf sie rechtfertigte, und reagierten entsprechend verschnupft. Auch wenn sie nur mit Speeren, Schwertern und primitiven Schleudern bewaffnet waren, setzten sie sich damit zur Wehr – und vergrößerten das Durcheinander noch weiter.
                  Als nach kurzer Zeit gut bewaffnete Einsatzgruppen dazustießen, gerieten auch sie ins Kreuzfeuer. Vor dem Artefakt ging es bald zu wie auf einem Schlachtfeld.
                  Schusswechsel und Alarmglocken lockten immer mehr Truppen an, die einer nach dem anderen in die Kampfhandlungen hineingezogen wurden.
                  Sogar einige der für die Aktivierung des Tors unverzichtbaren Goblin-Magier tauchten auf – und wurden teils selbst sofort mit Magie oder Geschossen attackiert.
                  Ihre Sprüche und Feuerbälle verwüsteten die Einrichtung und streckten reihenweise kämpfende Truppen nieder.

                  In der Kommandozentrale starrte der diensthabende Offizier fassungslos auf das Chaos – und dann auf die toten Bildschirme. Hektisch sprang er umher und schrie seine Kommunikationsoffiziere an, sie sollten sofort die Verbindung zu den Kameras wiederherstellen. Doch so sehr sie sich auch bemühten: hier war nichts zu machen.
                  Der Offizier wurde immer fahriger und aggressiver, als auf einmal eine ruhige Stimme hinter ihm sagte:
                  „Können Sie mir erklären, was hier los ist?“

                  Er erstarrte. Auch ohne sich umzudrehen, wusste er, wer da hinter ihm stand. Goblin-General Hawt-Horak war einer der führenden Köpfe und Planer der Operation New-Kalipolis. Sein Name war nicht umsonst an den genialen General Haw De Ruth angelehnt.
                  Eiskalt lief es dem Offizier den Rücken hinunter bei dem Gedanken, was mit ihm passieren würde, wenn er sich hier als Versager darstellte, der das Großprojekt gefährdete. Zackig drehte er sich um und salutierte.
                  „Exzellenz, am Artefakt herrscht Chaos. Es ist ausgebrochen, kurz nachdem ein Gefangener – der dem Anschein nach nur von einem einzigen Bewacher begleitet wurde – durch die Steinkreise kam. Kurze Zeit darauf sind die Kommunikationsanlagen ausgefallen, und es wird mit Hochdruck an der Wiederherstellung gearbeitet.“
                  Hawt-Horak verengte die Augen. Sein Gedanke ging sofort zu Ruth’thar, der die Invasion auf Kaliopis befehligte. Sicher, dieser hatte ebenfalls interessante Objekte zusammen mit den Einheiten geschickt, die regelmäßig Berichte über die Situation vor Ort lieferten. Das letzte war noch nicht einmal so lange her gewesen, doch diese Funde wurden sofort an eine Forschungseinrichtung in der Exo-Domäne weitergeleitet.
                  Dass nun etwas außer der Reihe und fast ohne Bewachung hier auftauchte, ließ in ihm ein ungutes Gefühl aufsteigen.
                  Die Artefakte waren, wenn man wusste wie, nahezu narrensicher zu steuern. Trotzdem war das Verfahren noch relativ jung, und niemand konnte garantieren, dass sich nicht doch etwas im Transport „einfädelte“. Nicht zuletzt deshalb war der Planet mit seiner Niedrig-Mana-Region ein so unproblematisches Ziel gewesen. Die Verbindung zur Forschungseinrichtung dagegen – das stand auf einem völlig anderen Blatt.

                  „Kann ich die Aufzeichnung nochmal sehen?“, forderte er mit kühler Stimme.
                  Der Offizier beeilte sich, ihn zu einem großen Monitor zu führen, auf dem zurzeit allerdings nur Rauschen flimmerte. Einer der Techniker startete die Aufnahme der Ankunft der beiden mysteriösen Besucher.
                  Hawt-Horak runzelte die Stirn über die lässige Attitüde des angeblichen Bewachers. Er presste die Lippen aufeinander, als er sah, wie leicht dieser die Einschließung durch die Wachen durchbrochen hatte. Während er dem Geschehen auf dem Bildschirm folgte, dachte er bereits über Konsequenzen nach – sowohl für die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen als auch für die verantwortlichen Wachoffiziere.
                  Dann jedoch wurde seine Aufmerksamkeit von etwas abgelenkt, das er zunächst nicht verstand. Erst nach einem Moment wurde ihm klar: Der Gefangene starrte ihn an. Direkt. Obwohl das hier nur eine Aufzeichnung war.
                  Zunächst schoss es ihm durch den Kopf, dass er sich nur von der allgemeinen Paranoia anstecken ließ. Doch dann begann das Bild des Gefangenen sich eigentümlich zu verzerren – und sich auf dem Bildschirm nach vorne zu bewegen.
                  Der Bildschirm kräuselte sich wie schwarzes Öl.
                  „Exzellenz, das ist nicht Teil der Aufnahme!“, keuchte ein Techniker.

                  Hawt-Horak starrte gebannt. Der Gefangene bewegte sich durch das Rauschen –
                  – seine Pupillen wurden zu Schlünden, die Hawt-Horaks Reflexion verschlangen.

                  KRRZZZT!
                  Die Lampe implodierte. Glasregen.
                  „Abschalten! JETZT!“, brüllte der Offizier.

                  Doch der Gefangene trat aus dem Rahmen.
                  Seine Silhouette verschmolz mit den Schatten.

                  Blitz.
                  Der Monitor barst –
                  – Nebel quoll heraus und kroch über den Boden.

                  Hawt-Horak riss die Pistole hoch.
                  Sein Tech-Auge flackerte:
                  >> ENTITY NOT FOUND <<

                  Im grünlichen Nachleuchten der Trümmer:
                  Der Gefangene.
                  Fesseln zerbrochen.
                  Schwarzes Blut an den Handgelenken.
                  Vor ihm.

                  Kein Wort.
                  Nur das Knistern zerbrochener Pixel
                  und der Duft nach feuchten Steinen.


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                  Nur seiner knallharten militärischen Ausbildung und der Tatsache, dass er während seiner Zeit unter Hawt De Ruth mehrfach die Auswirkungen schwarzer Magie erlebt hatte, verdankte Hawt-Horak, dass er nicht umkippte und angstverkrümmt am Boden lag wie der Techniker.
                  Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Wach-Offizier die Plasmapistole in seiner Hand blitzschnell unter sein Kinn setzte – und einfach abdrückte.
                  Der Mann hatte offenbar ebenfalls erkannt, was hier durchs Tor gekommen war, und sich lieber entleibt, als sich den Konsequenzen zu stellen.

                  Hier hatte sich ein sogenannter Spuk materialisiert – höchstwahrscheinlich sogar Level Dämonenklasse.
                  Das erklärte natürlich alles: das Chaos, die Panik, den Hass, die Unordnung.



                  Die einzige Hilfe, die es hier noch geben konnte, waren Goblin-Kleriker. Aber die waren im Moment so weit entfernt, dass sie sich genauso gut auf einem anderen Planeten hätten befinden können.
                  Hawt-Horak hatte in seinem Leben schon eine Menge unglaublicher und auch gefährlicher Situationen erlebt, aber er konnte sich – selbst aus seiner Zeit als Schlüpfling – nicht erinnern, jemals so viel Angst empfunden zu haben.
                  Sein Rückenmark, sein Magen, selbst sein Gehirn waren zu Eis erstarrt. Seine Geschlechtsorgane hatten sich wahrscheinlich tief in seinen Körper zurückgezogen. Es fühlte sich an wie ein Alptraum, in dem man glaubt, wach zu sein – nur um zu merken, dass es ein Klartraum ist. Hier wäre es zu schön gewesen, wenn es so wäre. Aber leider sah die Realität komplett anders aus.
                  Diese Präsenz!

                  Gerade weil sein Mentor nie vor schwarzmagischen Praktiken zurückgeschreckt war, kannte er sich einigermaßen aus. Doch das Monster hier vor ihm war eine Ausgeburt, wie es sie im Imperium nicht geben sollte. Es musste von außerhalb eingeschleppt worden sein.
                  Falls er – was im Augenblick mehr als unwahrscheinlich schien – überleben sollte, mussten die Tore noch deutlich stärker magisch abgesichert werden. Ob das allerdings gegen etwas wie diesen Dämon half… das stand auf einem ganz anderen Blatt.
                  Aber was sollte er jetzt tun?
                  Unterwürfigkeit konnte ihn hier genauso umbringen wie Stolz.
                  Letztlich war das dieser unangenehme Augenblick, in dem sein Leben nicht mehr in seiner Hand lag, sondern ausschließlich vom Willen des Geschöpfes vor ihm abhing.

                  Optisch sah es fast wieder aus wie der gefangene Mensch, in dessen Gestalt es durch das Tor gekommen war: groß, dunkelhäutig, krauses Haar, braune Augen. Ein unverbrauchtes, offenes Gesicht.


                  Gekleidet wie für einen Ausflug – beigefarbener Safari-Look.
                  Und doch hätte in diesem Moment niemand es für einen Menschen gehalten. Nicht einmal für ein Lebewesen. Eher für ein missglücktes 3D-Hologramm.
                  Ständig veränderte sich etwas: für Sekundenbruchteile schärfer, dann wieder verschwommener, überlagert – als würde etwas herauswollen und gleichzeitig… als würde es einen einsaugen, sobald man es berührte.

                  Eine leise Stimme erklang, als würde sie mit sich selbst sprechen.
                  „Oh… ein Goblin-General. Da scheint irgendwo ein Nest zu sein.“
                  „Sag, General…“ – die Stimme wechselte von vor ihm zu seinem linken Ohr, ohne dass sich das Wesen vor ihm bewegt hätte – „…wo genau befinden wir uns hier? Sei ruhig ausführlich. Du musst nicht hetzen.“
                  Hawt-Horaks Mund bewegte sich und er sprach flüssig, effizient. Er nannte Koordinaten, Daten, Fakten – wie ein braver Adjutant, der seinem Herrn einen ausführlichen Überblick verschaffen will.
                  Er beendete den Satz automatisch mit: „Das war alles, mein Herr“, und fragte nicht, ob der andere noch etwas von ihm wollte.
                  Da – direkt an seinem rechten Ohr:
                  „Wo ist sie?“
                  Auch wenn alles andere in ihm wie eingefroren war, arbeitete der Teil seines Gehirns, der ums nackte Überleben kämpfte, mit unglaublicher Brillanz.
                  Sie? Wer?
                  Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.
                  Ja, klar: Beim letzten Rapport hatten sie eine Frau – oder genauer gesagt, eine Hybride – mitgebracht und an die Forschungsstation weitergeschickt.





                  Er erläuterte die Situation, peinlich darauf bedacht, alles möglichst neutral und wertungsfrei zu beschreiben.
                  „Oh…“ – diesmal klang die Stimme verzerrt, hinter ihm. – „…sie ist also nicht mehr hier. Das wird ihm nicht schmecken.“
                  Eine Pause, die wie ein Vakuum wirkte. Dann:
                  „General… du solltest von hier verschwinden. Falls er dich lässt. Ich werde euch nun mit ihm alleinlassen. Wenn ich zurückkomme, ist es besser, dass niemand von euch mehr hier ist.“

                  Das Bild flackerte so stark und schien auszulaufen wie eine Eiterbeule, so dass Hawt-Horak das Gefühl hatte, in einem Jauchefass zu ertrinken. Sein Magen rebellierte, und sein Verstand schrie ihm zu, dass dies Miasma in einer lebensbedrohlichen Konzentration sein musste.
                  Die Erscheinung verblasste, während Dampf aus ihr entwich.
                  Von einer Sekunde auf die andere sprangen – bis auf den zerstörten – alle Bildschirme wieder an.
                  Eine technische Stimme sprach:
                  „Hyperfunk aktiviert. Kondensatoren auf Maximum. Impuls auf Maximum. Vier… drei… zwei… eins…“
                  Blitze tanzten über die Konsolen. Etwas roch verschmort.
                  Dann ging alles aus – und begann sich neu zu booten.

                  Hawt-Horak kippte nach vorn und schlug hart auf. Ein endloser Strom von Erbrochenem strömte aus ihm – und doch kam kein Gefühl von Entlastung.
                  Im Liegen sah er den Offizier mit dem riesigen Loch im Schädel. Der Techniker, der einen Nervenschock erlitten hatte, lag mit verrenkten Gliedmaßen da, die Augen schwarz unterlaufen und leer.
                  Mehr krabbelnd als laufend schleppte er sich aus der Zentrale. Zwei seiner Leibwächter kamen auf ihn zu.
                  „Was ist mit Ihnen, Sir?“
                  Er würgte mehr, als dass er sprach:
                  „Wo… ist… der Kleriker?“
                  „Bitte, Sir?“ fragte einer der Leibwächter.
                  Hawt-Horak packte ihn am Kragen und brüllte:
                  „DER KLERIKER!! Ich muss sofort zu ihm!“
                  „Er befindet sich in seinen Räumen und bereitet die Segnung der nächsten Kampfeinheit vor.“
                  Hawt-Horak klammerte sich an beide.
                  „Kommt mit.“

                  Der Kleriker – ein junger, talentierter Hobgoblin, der aufgrund seiner Fähigkeiten einen raschen Aufstieg in der Hierarchie geschafft hatte – starrte den General entsetzt an. Das Miasma, das dieser verströmte, war so stark, dass er sich ein Tuch vor den Mund halten musste, um nicht selbst zu würgen.
                  „Sir…“ sagte er bestürzt, „…Sie brauchen dringend eine Reinigungszeremonie. Aber ich fürchte, allein werde ich das nicht schaffen.“
                  Hawt-Horak winkte seinen Leibwächtern:
                  „Wenn er den Raum verlässt, tötet ihn. Wenn er die Zeremonie beendet, bevor ich geheilt bin – tötet ihn.“

                  Der Geistliche starrte ihn mit schreckensgeweiteten Augen an. Bei der Reinigung würde er einen Teil seiner Lebenskraft an den zu Heilenden abgeben – und im Gegenzug dessen Miasma auf sich laden.
                  Bei dieser Stärke der Kontamination konnte das sehr gefährlich für ihn selbst werden.
                  Er schaute zum Ausgang.
                  Doch die Leibwächter zogen wortlos ihre Waffen.

                  Der junge Kleriker kniete vor Hawt-Horak. Kalter Schweiß lief ihm bereits die Schläfen hinab, als er begann, die ersten Worte der Reinigung zu murmeln.
                  Das Miasma reagierte sofort – wie eine lebendige, giftige Haut. Die Luft flackerte, als würde etwas Unsichtbares versuchen, in den Kleriker hineinzukriechen.



                  Er keuchte, legte die Hände auf Hawt-Horaks Brust. Ein Ruck ging durch den General, als hätte jemand ihm die Adern mit Eiswasser gefüllt. Das Miasma zog, zerrte, wogte – und der Kleriker schrie auf, als das erste schwarze Rinnsal aus seiner Nase lief.
                  „Mach weiter“, knurrte Hawt-Horak, die Stimme mehr Instinkt als Wille.



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                  Der junge Hobgoblin presste die Zähne zusammen, Blut tropfte von seinen Lippen. Seine Augen wurden glasig, die Pupillen sprangen, als ob etwas darin zerbrechen wollte. Er zog das Miasma, zog es in sich hinein. Hawt-Horak spürte, wie die Kälte aus seinem Mark wich – und wie sie in den Körper des Klerikers kroch.
                  „Noch… nicht… aufhören…“

                  Ein letzter, gurgelnder Laut. Der Kleriker riss die Augen auf, ein Laut zwischen Gebet und Schrei – dann brach er zusammen. Sein Körper zuckte, bevor er schlaff wurde.
                  Hawt-Horak sog keuchend Luft ein. Der Gestank von Eisen und kaltem Rauch hing schwer im Raum. Die Leibwächter senkten wortlos ihre Waffen.
                  Auf dem Boden lag der Kleriker. Aus seinen Augen, Ohren und dem Mund kroch feiner schwarzer Dampf, der sich im Licht langsam auflöste.

                  Hawt-Horak blickte sich um: „Ich brauche sofort Zugang zur Kommunikation. Das“ – er deutete auf den Toten – „muss in ein Spezialbehältnis. Und vermerkt, dass er sein Leben für die Sache gab.“
                  Ein Adjutant brachte ihm ein Holotab. Der General identifizierte sich, und sofort erschien über dem Gerät eine plastische Darstellung der Anlage. Punkte zeichneten Bewegungen, Personen und stellten dar, wo noch gekämpft wurde.
                  Sein Gesicht verzog sich zu einem humorlosen Grinsen. „Dann wollen wir mal die kleine gestaltwandelnde Ratte fangen.“

                  Eine Geste schaltete ihn auf die Lautsprecher: „Hier spricht Hawt-Horak. Ich befehle die sofortige Einstellung aller Kämpfe und die Rückkehr in die zugewiesenen Zonen. Jede weitere Kampfhandlung wird als Hochverrat betrachtet. Das alleinige Gewaltmonopol liegt bei meinen Leibgardisten.“
                  Befriedigt sah er, wie überall die Kampfhandlungen erloschen und die Punkte in ihre Aufstellungszonen zurückkehrten. Allerdings hatte der Bereich Löcher – dort hatte jemand konsequent Lautsprecher und Überwachung ausgeschaltet.
                  Er schickte Ordonnanzen in diese Sektoren, worauf es dort auch ruhiger wurde – bis auf einen Bereich, in dem seine Boten sofort ausfielen, sobald sie eintraten.
                  Er fletschte die Zähne. „Hab dich!“

                  Er befahl den Elitetruppen, diesen Bereich abzuriegeln, ohne dort vorzustoßen.

                  Dann befahl er, die schwere Oger-Infanterie sowie die verfügbaren Goblin-Magier zu den neuralgischen Punkten zu verlegen, von denen es glücklicherweise nur drei gab, welche den Zugang zum gesperrten Bereich kontrollierten. Im Gegensatz zu den normalen, nur mit primitiven Waffen gerüsteten Truppen waren diese mit modernen, dem Imperiumsstandard entsprechenden Waffen ausgestattet, diszipliniert und hervorragend ausgebildet.
                  Hawt-Horak beugte sich über das Abbild. „An alle Einheiten: Wir haben es mit einem Gestaltwandler zu tun. Lasst niemanden aus dem Gebiet entkommen und schlagt rücksichtslos und ohne Ansehen der Person zu. Magier! Ich erteile Autorisation für Zerstörungszauber auf eurem maximalen Level – diese Kakerlake soll die Hölle erfahren für das, was sie uns angetan hat!“
                  Er presste die Fingerspitzen gegeneinander, holte tief Luft und sagte mit ehrfürchtigem Klang: „Im Namen von Hawt de Ruoth greift a…“
                  Das Wort blieb ihm im Hals stecken, als alle Aufmarschzonen gleichzeitig vom Holo in einem Blitz verschwanden. Bis zu ihm drang das Krachen der Explosionen, der Boden vibrierte unter ihm.
                  Aus dem Holo drang eine suggestive Stimme:
                  „Wie es scheint, hat hier jemand jede Regel der Achtsamkeit missachtet. Als ob es nicht schlimm genug wäre, dass ihr euch mit euren dreckigen Klauen an jemandem vergriffen habt, der mir nahestand – du musstest auch noch Taktiken anwenden, die so einfältig waren, dass man sich vor Fremdscham am liebsten ins Schwert stürzen würde.
                  So gerne ich dir eine Lektion erteilen würde – selbst ich habe meine Grenzen. Ok, nicht wirklich. Aber meinen Stolz als Guro.“
                  „Es gibt ein uraltes Sprichwort: Wer Rache sucht, soll zwei Gräber schaufeln – eins für den Gegner, eins für sich selbst.
                  Doch hier trifft das nicht zu. Ein Grab reicht völlig!

                  Ein riesiges – für euch alle.“
                  Damit stellte das Tablet seine Funktion ein.
                  Der Hobgoblin-General starrte für einen Augenblick auf das Gerät, um es dann schwungvoll gegen die Wand zu werfen.
                  Er ballte die Fäuste und presste die Zähne so hart aufeinander, dass sie knirschten. Grünes Blut lief aus seiner Nase. Dann hatte er sich wieder gefangen.

                  In seinen Ohren rauschte es, sein Gehirn lief auf Hochtouren – und vor ihm entfaltete sich ein Augenblick absoluter Klarheit.
                  Dieser Guro hatte recht: Er, Hawt-Horak, hatte hier komplett versagt.

                  Er hatte gleich zweimal den tödlichen Fehler begangen, Gegner komplett zu unterschätzen. Obwohl ihn der furchtbarste Dämon, dem er in seinem gesamten Leben begegnet war, eindringlich gewarnt und den Gestaltwandler als das schlimmere Übel eingeschätzt hatte, war er mit geradezu kindlicher Sorglosigkeit vorgegangen – als hätte er es nur mit einem simplen Mimic zu tun.
                  Als jemand, der daran beteiligt war, das Imperium aus den Angeln zu heben, hatte er sich für unantastbar gehalten und den Dämon für die Ausnahme von der Regel. Allein, dass es so etwas im Imperium gab, bewies glasklar, dass die Imperatrix eben nicht die Kontrolle hatte, die sie allen vorgaukelte.
                  Aber das war hier nicht der Punkt.

                  Er war von zwei schreckenerregenden Instanzen informiert worden, dass die Zerstörung dieses Stützpunktes nur eine Frage der Zeit war – und es war sicher: Eine dritte Warnung würde es nicht geben.
                  Die Frage war: Wie sollte er flüchten? Der Raumflughafen war weiter weg, bot aber mehr Gelegenheiten, sich unerkannt abzusetzen. Das Tor dagegen würde sicherlich von den durchtriebenen Gestaltwandlern überwacht werden.
                  Er atmete aus und fasste seinen Entschluss.

                  Als sich die schwerbewaffnete Eskorte dem Raumhafen näherte, trat ihnen eine in einem bläulichen Licht schimmernde Gestalt in einer Rüstung entgegen, die offensichtlich aus erbeuteten Teilen der Eliteeinheiten bestand.
                  Sofort rückten die gepanzerten Einheiten nach vorn, dahinter die Magier, flankiert von den Schützen mit schweren Plasma- und Gauss-Gewehren.

                  Der Boden unter ihren Stiefeln vibrierte, als die Oger-Infanterie den Halbkreis schloss. Die Magier hoben synchron ihre Stäbe, ein leises Summen lag in der Luft, wie statische Aufladung vor einem Gewitter.
                  Die Gestalt im bläulichen Licht bewegte sich keinen Schritt. Sie stand da, als wäre der ganze Raumhafen ihr Territorium, als würde sie jede Bewegung der Soldaten längst vorhersehen.
                  „Hawt-Horak.“ Die Stimme war verzerrt, aber nicht von der Rüstung – eher wie durch viele Schichten Raum selbst gefiltert. „Du bist pünktlich. Beeindruckend.“

                  Der General verzog keine Miene, jede Silbe wie ein Messer:
                  „Abbrechen. Niederknien. Identifizieren.“
                  Die Worte knallten durch den Hangar, nicht als Bitte, sondern als Befehl – als hätte er es nicht mit einem Gegner, sondern mit einem abtrünnigen Soldaten zu tun.
                  „Waffen ablegen. Hände sichtbar. Keine Bewegung ohne mein Kommando.“
                  Seine Stimme war ruhig, aber messerscharf.

                  Die Gestalt neigte leicht den Kopf. „Befehle. So viele Befehle. Als hätte dir noch niemand ins Gesicht gesagt, dass deine Befehle hier nichts mehr bedeuten.“
                  Ein kurzes Signal rauschte durch die internen Kanäle. Feindkontakt Alpha. Zugriff. Die Oger-Infanterie setzte sich in Bewegung, schwere Schritte hallten durch den Hangar.

                  Die Gestalt hob nur eine Hand. Keine Geste, kein Zauber, einfach nur eine Bewegung.
                  Ein dumpfer Schlag ging durch den Raum, und plötzlich war der Hangar nicht mehr richtig. Nichts brach, nichts fiel – aber alles war eine Spur zu schmal, zu schief, als hätte jemand die Dimension selbst um einen Millimeter verschoben.
                  Die Eliteeinheiten hielten instinktiv an. Magier rissen die Augen auf, einige Schützen griffen sich an die Helme, weil ihnen für einen Moment das Gleichgewicht entglitt.

                  „Du hast eine Falle gebaut.“
                  Die Stimme des Generals war hart, doch in der Betonung lag ein winziger Bruch.

                  „…aber du bist selbst hineingetreten.“
                  Die Antwort der Gestalt kam sofort, ruhig, fast amüsiert.

                  „Vielleicht“, antwortete die Gestalt. „Oder vielleicht bin ich nur hier, um dir zu zeigen, dass du nie mehr rauskommst.“
                  Die Magier lösten gleichzeitig ihre Zauber aus. Drei Ebenen von Energie krachten auf die Gestalt nieder – Feuer, Plasma, reiner kinetischer Druck. Der Boden schmolz, Luft wurde aus dem Raum gepresst, als wäre eine Explosion nach innen gegangen.
                  Dann Stille. Rauch.
                  Und eine Stimme, genau dort, wo eben noch die Gestalt gestanden hatte:
                  „Nett. Sehr nett. Aber du verstehst immer noch nicht, wer hier wen jagt.“

                  Der Rauch löste sich in Schichten auf. Wo eben noch eine Rüstung gewesen war, standen jetzt fünf identische Silhouetten. Keine von ihnen machte eine Bewegung – und alle sprachen gleichzeitig:
                  „Komm doch raus, Hawt-Horak. Wenn du wirklich hier bist.“

                  Die Oger-Infanterie spannte sich. Selbst die Goblin-Magier, die schon Blut gerochen hatten, zögerten. Denn in diesem Satz lag kein Bluff, sondern etwas Kaltes, Faktisches.
                  Hawt-Horak atmete langsam aus. „Vorrücken. Formation Delta. Niemand bricht die Linie.“
                  Seine Stimme schnitt durch die Spannung, und doch hörte er selbst das leise Beben darin. Nicht vor Angst. Vor Erkenntnis: Dies war kein einfacher Gegner.


                  (Zur gleichen Zeit am Tor)

                  Der Steinkreis ragte aus dem Boden wie uralte Zähne, jede Säule mit kristallinen Adern durchzogen, die im schwachen Licht der Kammer glommen. Ein süß-metallischer Geruch lag in der Luft – das Echo alter Magie, kaum wahrnehmbar, aber schwer genug, um selbst die disziplinierten Leibwächter unruhig werden zu lassen.
                  Hawt-Horak blieb stehen, atmete tief ein und nickte kaum merklich. „Ruoth…“ Der General murmelte es kaum hörbar. „Dein Ende war eine Lektion. Ich mache den gleichen Fehler nicht.“
                  „Oger, vor.“ Seine Stimme war ein präziser Befehl, kein Laut zitterte. Zwei der gepanzerten Kolosse, die er unterwegs aufgelesen hatte, traten auf sein Kommando vor. Die Platten ihrer Rüstungen kratzten wie Eisen auf Knochen. Mit wuchtigen Schritten näherten sie sich dem Weltentor, ihre schweren Schritte hallten dumpf zwischen den Monolithen.
                  Dann kam das Geräusch – nicht laut, sondern wie das Spannen einer Saite. Die Luft zerschnitt sich selbst. Beide Oger zuckten, erstarrten – und fielen in makellosen, geometrischen Segmenten zu Boden. Kein Blut, nur die kalte Präzision der Nanofäden, die sich im Licht für einen Wimpernschlag abzeichneten.


                  Hawt-Horak reagierte sofort. Kein Schreck, keine Überraschung – nur das kurze, kontrollierte Ausatmen eines Mannes, der genau diesen Moment erwartet hatte.
                  „Perfekt. Genau hier wollte ich dich sehen.“

                  Er warf ein flaches Gerät in den Staub. Es prallte auf, und sofort breitete sich eine unsichtbare Welle aus. Die Luft flackerte, und plötzlich waren sie da: Hunderte dünner Linien, blau schimmernd, ein Netz aus präzise gezogenen Schnitten, das sich durch den ganzen Steinkreis zog.
                  „Ruoths erste Lektion“, murmelte er. „Wenn sie dir eine Straße bauen, ist sie nie für dich. Du trittst nie auf den Boden, den sie für dich gebaut haben.“
                  Ein kurzer Blick – diesmal zu den Schamanen. Dreizehn von ihnen traten vor, Hände erhoben, Stimmen wie gebrochene Glocken. Flammen aus reiner Energie leckten durch die Kammer, verbrannten die feinen Schnüre. Die Nanofäden zogen sich zurück, verdampften wie Spinnenweben im Feuer.
                  Auf ein zweites Zeichen des Generals legten die Magier ihre Hände auf die Kristalle der Steine. Blitze umtanzten das Artefakt in einem höllischen Inferno. Doch der Kreis verlangte mehr – mit einem dumpfen Vibrieren sprang der Tor-Generator an und presste rohe Energie in die Säulen.
                  Hawt-Horak zog die Aromaschlüssel-Kapsel aus der Geheimtasche seiner Uniform und warf sie in den Steinkreis. Der süß-metallische Duft kippte ins Bittere, während der Generator weiterhin unaufhaltsam Energie in die Kristallsäulen pumpte.
                  Kristalladern begannen zu glühen, ein tiefes Grollen fuhr durch den Boden.
                  „Jetzt, bevor er versteht, dass ich nicht am Hafen bin.“
                  Seine Stimme war kalt, kontrolliert.

                  Das Weltentor öffnete sich mit einem Laut, der eher wie ein Atemzug als wie Technik klang. Die Leibwächter drängten ihn in die Mitte.
                  „Zwei Dinge, Guro“, sagte er leise, während das Licht ihn verschluckte. „Ich bin nicht so dumm, hier zu bleiben. Und ich lasse dir kein Tor.“
                  Hawt-Horak hielt noch einen Herzschlag lang inne, dann warf er eine zweite Kapsel auf den Boden. Diese zerplatzte lautlos, und der Boden verfärbte sich Schicht für Schicht tiefviolett, während die Steine einen tiefen Riss bekamen – ein klagender Laut des geschundenen Bodens erklang.
                  Als er verschwand, füllte sich die Kammer mit einem letzten, metallischen Dröhnen. Die Steine begannen zu reißen, Kristalladern barsten, der bittere Geruch des Aromaschlüssels verwandelte sich in verbrannten Staub. Mit einem dumpfen Schlag brach der Kreis in sich zusammen – wie ein Atem, der nie wieder geholt wird.

                  (Kurz darauf am Raumhafen der Kampf geht weiter)


                  Der Hangar war ein einziges Echo aus metallischem Atem. Oger-Infanterie in voller Rüstung, die Magier mit erhobenen Stäben, Goblin-Schützen, die ihre Waffen im Halbkreis auf die Gestalt richteten.
                  Die Silhouetten, eben noch fünf, begannen zu flimmern. Einer nach dem anderen verblasste, bis nur noch eine übrig blieb – und die bewegte sich jetzt. Ein Satz nach hinten, eine Drehung, als hätte sie nie ein Gefecht gesucht.
                  „Alpha-Trupp, blocken!“ Hawt-Horaks Stimme knallte durch die internen Kanäle. Die Oger sprangen vor, ihre massiven Körper riegelten den Ausgang ab.



                  Die Gestalt duckte sich tief, ihre Konturen brachen flackernd auseinander. Ein Riss in der Luft, als würde sie durch etwas anderes hindurchgreifen – und plötzlich stand da ein leichter Gleiter, schwebend auf repulsorischen Feldern, so klein wie ein Raubtier und genauso leise.
                  „Kontakt sichern! Kein Durchbruch!“ Hawt-Horak hörte seine eigene Stimme wie aus weiter Ferne, kalt und berechnend.
                  Der Gestaltwandler sprang in den Gleiter. Für einen Augenblick war nur das Summen der Antriebe zu hören, dann schoss das Gefährt mit brutaler Beschleunigung nach vorn, direkt auf den Hangarausgang zu.
                  „Sekundärgeschütze – Zielvektor jetzt!“
                  Zwei der Goblin-Schützen rissen ihre Schultern nach vorn, automatische Zielerfassung schaltete ein.
                  Der Gleiter war schon fast draußen, ein silberner Blitz zwischen den Stahlwänden.
                  „Jetzt.“
                  Die Rakete war klein, präzise, kaum mehr als ein Stachel aus Licht. Sie traf den Gleiter unterhalb des Antriebs. Kein Feuerball – nur ein dumpfes Aufblitzen, der Klang von zerschnittenem Metall, bevor das Fahrzeug wie ein toter Vogel nach unten kippte und hart auf den Hangarboden schlug.
                  Stille.
                  Dann Rauch, der sich zäh aus dem zerknitterten Wrack schob.
                  „Kein Feuer. Kein Zugriff, bis ich es befehle.“ Hawt-Horaks Stimme war so leise, dass die interne Kommunikation sie doppelt verstärken musste. „Das Ding stirbt nicht so einfach.“


                  Die Truppen blieben regungslos in Formation. Selbst die Oger hielten den Atem an.
                  „ALLE EINHEITEN – FEUERFREI!“
                  Es war kein Schuss. Es war ein Sturm. Plasma, Projektilsalven, kinetische Impulse und Magie. Ein Hagel aus Licht und Stahl, der den Hangar in einem einzigen, gleißenden Atemzug füllte.
                  Der Gleiter schaffte kaum einen Herzschlag, bevor er in einem farbenprächtigen Feuerball zerplatzte. Blau, Weiß, giftiges Grün. Die Druckwelle drückte selbst die Oger einen Schritt zurück. Schutzfelder sangen, als sie die Energie abfingen. Rauch, geschmolzener Boden, der scharfe Geruch von Metall und etwas, das nicht von dieser Welt stammte.
                  „Cease Fire. Check Zone.“ Hawt-Horaks Stimme war messerscharf, aber leiser als sonst.
                  Nichts blieb. Kein Wrack. Nur eine flache, dampfende Senke.
                  Dann – ein Flackern.
                  Mitten im Rauch zuckte ein Hologramm auf, verzerrt und doch scharf genug, dass jeder Soldat das Gesicht erkannte.
                  „Ihr… habt… mich… erwischt…“ Die Stimme der Gestalt war brüchig, doch sie trug ein Lächeln, das keinem Wesen gehören sollte. „Aber ich nehme euch… alle… mit.“
                  „Rückzug! Sofort raus aus dem Hangar!“ Hawt-Horaks Stimme war kein Befehl mehr – sie war ein Schrei.
                  Zu spät.
                  Ein tiefes Grollen vibrierte durch die Wände, ein Schlag, der nicht aus dem Hangar kam.
                  Annäherungskollision. Schiffsvektor instabil.

                  Ein Transporter – ein schwerer Goblin-Truppenträger – brach durch die äußere Andockschleuse, taumelnd wie ein verwundetes Tier. Die Aufhängung gab nach. Stahl kreischte, als die Masse des Schiffes das Dock zerfetzte.
                  Hawt-Horak riss seine Leibwächter herum. „JETZT RAUS!!“
                  Das Letzte, was sie sahen, war der Schatten des Transporters, der durch den Rauch brach – und das kalte, starre Grinsen des Hologramms, bevor der Hangar in einem Licht verschwand, das keine Farbe mehr hatte.
                  In den internen Kanälen herrschte für einen Herzschlag völlige Stille. Dann brachen die Meldungen ein – Chaos, Evakuierungsbefehle, kollabierende Strukturen.
                  Niemand bemerkte, dass der letzte Datenpuls aus dem Hangar nicht an die Hauptzentrale ging, sondern an eine verschlüsselte, abgekoppelte Leitung tief unter der Basis.

                  Ein kurzer, nüchterner Satz:
                  „Kommandanten Double verloren. Primärziel wurde erfolgreich evakuiert.“
                  Der Warg rannte wie besessen, Krallen rissen Furchen in den staubigen Boden. Auf seinem Rücken hockte ein hochgewachsener Hobgoblin in einer modernen Kampfrüstung, den Blick nach hinten gerichtet.
                  Als er zurücksah, war die Basis nur noch eine Silhouette. Dann schlug der Transporter ein – ein grelles Licht, gefolgt von einem dumpfen Schlag.
                  Hinter ihnen verwandelte sich der Raumhafen in eine graue, wogende Wolke aus Staub und glühenden Splittern.


                  Es war keine gewöhnliche Wolke – sondern eine Wand, die alles verschluckte. Der Himmel verschwand, die Sonne wurde zu einem fahlen Fleck hinter einer wogenden Masse aus Betonstaub und Metall.
                  Die Druckwelle erwischte sie wie eine Faust, der Boden bebte, Staub schoss in einer Wand empor und verschluckte den Horizont.

                  Der Warg schrie auf und bäumte sich in Panik. Der Hobgoblin rührte sich nicht, sein Blick blieb auf der kollabierenden Basis.


                  Etwas Dunkles bewegte sich an seinem Rücken, kaum erkennbar im Staub. Schwarze Tentakel, wie Spinnenbeine aus Metall, mehrgliedrig, jede Bewegung fließend, an den Spitzen scharfe Dornen.
                  Die Glieder ausgeklappt, als wären sie nie in seinem Körper verborgen gewesen. Sie lagen wie Fesseln um den Hals des Tieres und bohrten sich in Fell und Muskel.
                  Das Aufbäumen brach ab, und der Warg fiel abrupt in ein hartes, erzwungenes Gleichmaß zurück.
                  Das letzte, was sichtbar war, bevor der Nebel sie verschluckte, war ein Lächeln – zufrieden, als hätte er genau das erwartet.

                  Jeantron ließ das Ganze wie in einer Rückblende vor sich ablaufen – der Moment, als alles begann.
                  Das dumpfe Dröhnen der Explosionen in der Ferne war nur noch ein Echo, während er den Lauf des Wargs spürte. Unter ihm vibrierte das Tier wie ein lebender Motor, gezwungen von den schwarzen Tentakeln, die sich wie Fesseln in seine Flanken krallten.
                  Erwin…
                  Das Tor. Er erinnerte sich an das Gefühl, als sie hindurchtraten. Der Steinkreis hatte gesungen – nicht mechanisch, sondern wie ein Lebewesen, das atmet. Die Pheromone hingen schwer in der Luft, süß und metallisch. Und dann: der Schlag. Das hohe Manalevel des Planeten rammte ihn fast zu Boden.
                  Seine Naniten schrien in tausend verschiedenen Protokollen, seine Implantate wollten alles gleichzeitig kompensieren – und doch funktionierte es.
                  Er lachte leise in sich hinein. Und sie sagten, ein Körper voller Maschinen könnte nie durchgehen.

                  Noch bevor der erste Alarm aufheulte, waren seine Armkanonen aktiv. Sauber, präzise, ohne zu zögern. Der Einschließungsring der Goblins brach auf, als hätte jemand einen Spalt durch ihre Formation geschnitten.
                  Erwin war derweil einfach… verschwunden, seine Präsenz war weg. Jeantron spürte nur einen kalten Hauch in den internen Sensoren. Rein ins System. Natürlich.
                  Dank seines eigenen, eingebauten „WLANs“ – wie man es vor Jahrhunderten genannt hätte – war es fast lächerlich leicht. Die Goblinbasis glänzte nicht gerade mit Firewalls. Innerhalb von Minuten hatte er die Übersicht über die Anlage, Zugriff auf die Kameras, die Kommandostruktur, sogar auf die Munitionslager.
                  Er grinste schief. Ihr habt euch selbst untereinander beschossen, bevor ihr wusstet, was ich bin. Jede Salve seiner Armkanonen war so gesetzt, dass sie aussah, als käme sie aus den eigenen Reihen. Panik, Chaos, Kommandos, die sich gegenseitig auslöschten.
                  Erwin tat in dieser Zeit, was nur er tun konnte. Er holte die wichtigen Informationen, die Koordinaten des Planeten aus dem Kopf des Generals – und sprang dann in das Hyperfunksystem. Jean konnte es fast spüren, wie sich die fremde Präsenz durch die Netzwerke tastete, auf der Suche nach einem Signal, das stark genug war, einen der Highliner der Mohar in der EXO-Domäne zu erreichen.



                  Jeantron selbst plünderte die Waffenkammern. Technik, Sprengsätze, Holo-Emitter – alles, was er brauchte, um aus der Basis ein gigantisches Theaterstück zu machen. Ein übermächtiger Gegner, inszeniert aus Licht, Schall und perfekter Täuschung. Zeit war das Einzige, was sie wirklich brauchten.
                  Der Raumflughafen und die Torsteinkreise waren zu stark gesichert. Kein Durchkommen. Also hatte er sich für das entschieden, was er immer tat: improvisieren.
                  Ein Warg, groß, intelligent, schnell – perfekt für die Flucht. Doch das Tier wehrte sich, da es den Eindringling erkannte.
                  Es nützte ihm nur nichts. Blitzschnell schossen Jeantrons Tentakel aus seinem Rücken hervor: gliederartige Stränge, chitinbedeckt und endend in messerscharfen Dornspitzen wie die Beine einer Metallspinne. Sie umkrallten die Flanken des Wargs, bohrten sich tief ins Fell.
                  Gleichzeitig fuhren stachelbewehrte Knochenklingen aus seinen Unterarmen – Waffen, die normalerweise unter seiner Haut verborgen blieben. Diese sekundären Stacheln rammte er in den Nacken des Tieres, während Naniten-Substanzen in dessen Blutkreislauf gepumpt wurden.

                  Der Wille des Wargs brach unter dem brutalen Angriff. Hinter ihm lief noch immer das „große Kino“: seine Drohnen, gebaut aus Goblin-Technik, spielten den übermächtigen Feind, während Hawt-Horak und seine Truppen sich an der Illusion abarbeiteten.
                  Jeantron atmete tief durch. Zeit gewonnen. Aber wie lange braucht Erwin, um mich hier rauszuholen?
                  Ein letztes Mal blickte er zurück in Richtung der kollabierenden Basis, das Feuer in der Ferne spiegelte sich in seinen grünen Augen.

                  „Ich schwöre…“ murmelte er leise, fast ein Versprechen an sich selbst, „…ich ruhe nicht, bis ich Sunja zurückgeholt habe.“
                  Der Warg beschleunigte noch einmal, und der Nebel aus Staub verschluckte sie beide.

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                  Zuletzt geändert von Datenmessi_2013; 31.10.2025, 10:19.

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                    #24
                    36 Stunden später.

                    Gegenwart, die Kavallerie in Gestalt Erwins trifft ein

                    Erwin lehnte sich in den Sitz zurück – oder besser: er verschmolz mit ihm. Der Highliner Duncan war kein Schiff im klassischen Sinn. Ein Kilometer Struktur und Stahlglas, ja, aber geführt von einem Nervensystem, das sich wie ein zweites Gehirn über ihn legte. Er fühlte, wie die Navigationslinien aufleuchteten, wie sein Geist in den Kurs floss. Jeder Impuls, jeder Gedanke wurde zu Bewegung, zu Antrieb, zu Steuerung.
                    Unter ihm die Basis – oder das, was noch davon übrig war.
                    Er griff nach den Waffen. Kein „Knopfdruck“, keine „Kontrolleinheit“. Es war ein Gedanke, ein Wille. Die Geschütze – gewaltige Rohre von einem Meter Durchmesser – luden sich auf, grollten wie schlafende Vulkane.


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                    Dann spie der Duncan. Eine Tonne Plasma, beschleunigt auf fast ein Zehntel der Lichtgeschwindigkeit.
                    Für einen Lidschlag implodierte die Goblinbasis – Stahlwälle, planetare Abwehr Türme und grüne Schatten – dann fraß ein weißer Blitz alles: Leben, Boden, Geschichte.



                    Ein Feuerball von vierzehn Kilometern Durchmesser wuchs über dem Nichts. Der Untergrund verglaste zu pechschwarzem Obsidian. Eine Pilzwolke aus Plasma und aufgerissener Kruste schoss sechzig Kilometer hoch, als spucke die Erde ihr eigenes Herz aus.
                    Am Boden riss die Druckfront die Atmosphäre auf. Stahl schmolz zu Blutlachen, Beton verdampfte in Schichten. Totale Zerstörung fraß sich 20 Kilometer weit; bis 35 Kilometer barsten selbst gepanzerte Goblinbunker wie Eierschalen. Lavafetzen und Trümmer stiegen in die Stratosphäre, während die Hitzefront Wälder und Vorratslager noch in 50 Kilometern entzündete.



                    • Zurück blieb eine Schüssel aus schwarzem Glas: drei Kilometer Durchmesser, vierhundert Meter tief. Ein ringförmiges Schmelzfeld von acht Kilometern umgab sie – erstarrte Sintflut aus Stein.
                    Der Knall erreichte Beobachter als stummes Licht, gefolgt von der Konvergenz der Stoßwellen: Ein einziger Schlag, der Knochen vibrieren ließ. Als hätte der Himmel mit der Faust auf den Planeten geschlagen.



                    In seinem Sichtfeld erschien ein Gesicht.
                    Der Guro, in dem Shuttle, welches Erwin ihm geschickt hatte, bestätigte gut gelaunt, als käme er von einer Party:
                    „Die sind Asche. Der Schatten der Zukunft fiel genau dort, wo die Prophezeiung ihn zeichnete. ihr Schicksal ist besiegelt.
                    Ich komme an Bord – du hast ja meinen Sessel schon vorgewärmt.“

                    Erwin nickte kaum merklich, doch das Gefühl des Schiffes vibrierte in Zustimmung.

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ID: 4645904


                    Später, nachdem er das Kommando an seinen Mentor übergeben hatte, begab er sich zu einem Raum, in dem nichts als ein riesiger, reich verzierter Spiegel stand.
                    Hier, im toten Winkel der Realität, öffnete sich der Spiegel. Schwarz, tief, unendlich.




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ID: 4645905


                    Erwin löste sich, ließ den Highliner weiterziehen. Sein Körper trat zurück ins Imperium – dort, wo das nächste Spiel bereits wartete.
                    Der Duncan schwenkte in eine neue Bahn, die Sensoren tasteten voraus, wie ein Jägerhund auf der Suche.
                    Der Kommandant und Navigator Jeantron begab sich auf seine Suche nach Sunja.

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                      #25
                      Tag 1 + 2 Sicherung Tor nach dem Durchgang


                      Gegenwart Kaliopis (Während sich Zac gegen eine Übermacht wehrt, führt Lee, die Truppe Hilvers durch den Dschungel)

                      Der Dschungel drückte wie ein feuchtes Tuch. Schweiß, Mücken, schwerer Atem.
                      Was am Morgen noch ein ausgezehrter Vortrupp von sechzig Mann gewesen war, verschmolz am Sammelplatz mit einer ganzen Welle. Aus mehreren Schneisen wälzten sich neue Verbände hervor, mühsam durch Morast und Wurzelwerk gedrückt.
                      Da trat ein älterer Oberst an Lee heran, Helm unterm Arm, das Gesicht wettergegerbt.
                      „Lady Le Baal – Meldung vom Markgrafen. Er bleibt zurück, um weitere Truppen auszuheben. Bis dahin sind Sie beauftragt, diesen Verband zu führen. Fünftausend Mann – jetzt unter Ihrem Kommando.“

                      Lee zog eine Braue hoch, schnaubte leise und dachte: Na endlich hat der Kerl geschnallt, dass eine Goblin-Invasion keine Beachparty ist.
                      Dann laut, mit spöttischem Grinsen:
                      Klasse. Ich wollte aigentlich Urlaub machen – Cocktails, Strand, bisschen Sonne. Und jetzt darf ich Babysitter für fünftausend Schweißflecken im elenden Magen dieser Welt spielen.

                      Einige jüngere Offiziere sahen irritiert, die Veteranen hingegen grinsten nur. Sie spürten sofort, dass diese grimmige Frau eine abgebrühte Kämpferin war.
                      Einer der ausgesandten Aufklärer kam zurück. Er sah aus wie das Ding aus dem Sumpf – verdreckt, tropfnass, halbe Lianen hingen noch an seinem Gürtel –, wirkte aber erstaunlich munter.
                      Mit zackiger Stimme meldete er:
                      „Meldung von Drohne Beta – Bewegung am Nordhang. Mehrere Dutzend Signaturen. Goblins, bewaffnet. Leichte Deckung.“

                      Auf Lees Display flackerten verschwommene Wärmequellen zwischen den Bäumen, kaum mehr als Schemen. Eine Aufklärungsdrohne – spindeldürr, mit einem Blaster bewaffnet – schwebte über dem Blätterdach. Mit den apokalyptischen Kampfmaschinen der JTG hatte sie nur wenig gemein.
                      Lee knurrte: „Das sind keine Gegner, das ist ein Netz. Wenn wir da durchlaufen, fressen sie uns Stück für Stück.“
                      Einer der Hauptleute drängte: „Wir könnten die Drohne einsetzen, den Hang freischießen und durchbrechen.“
                      „Und wenn die eine zweite Stellung haben, die wir nicht sehen?“ Lee tippte ihren Kommunikator an. „Beta zieht zurück, keine Scharmützel. Alpha-Trupp weicht zwei Kilometer westlich aus, markiert neue Schneise. Haupttrupp bleibt in Formation.“
                      Kurze Pause. Dann, leiser: „Ich lasse nicht zu, dass wir in einen verdammten Teutoburger Goblinwald marschieren.“
                      Keiner der Offiziere verstand die Metapher, doch alle begriffen den Ton. Für Lee war gnadenloses Verheizen von Menschen und Material keine Option – das überließ sie dem Feind. Jeder ihrer Untergebenen hatte jemanden, der auf sie wartete. Also bedeutete es mehr Zeit, mehr Schweiß, schwerere Schritte.
                      Die Veteranen nahmen die Entscheidung mit stummem Nicken auf – sie wussten, wie schnell ein „Durchbrechen“ zu einem Massengrab führen konnte. Die jüngeren Soldaten blieben still, zu angespannt, um den Ernst der Lage ganz zu begreifen.
                      Am Ende blieb eine unausgesprochene Wahrheit: Lees Härte war ihre Stärke. Und genau das hielt die Kolonne am Leben.

                      Auf dem Display ihres Kommunikators erschien Zacs Gesicht. Hinter ihm flackerte die Luft, ozonschwer und voller greller Entladungen. Trotzdem wirkte er konzentriert, fast ungerührt.
                      „Hallo, Dear. Wie steht’s bei euch?“

                      Lee presste die Lippen zusammen, bevor sie antworten konnte, sprach er schon weiter:
                      „Auf der Seite der Klamm, von der ihr euch nähert, hat der Druck etwas abgenommen, dafür nimmt er auf der anderen kein Ende.
                      Ich habe Timy jeden Mann geschickt, den ich hier entbehren kann. Aber sobald die Drohnen in Wartung müssen, wird’s hässlich. Der einzige Grund, warum wir dort nicht überrannt werden, ist der enge Zugang. Doch sie klettern wie verdammte Grellschnäbel – also kommen sie inzwischen auch die Hänge runter.“
                      Lee zog eine Braue hoch und schnodderte:
                      „hähähä wunderbar. Ihr spielt Festung gegen Affenhorde – und ich darf hide and seek im Teutoburger Goblin-Dschungel machen. Klingt nach einem ausgeglichenen Arbeitstag.“

                      Im Gegensatz zu den Offizieren um sie herum verstand Zac die Anspielung sofort. Ein schiefes Grinsen huschte über sein Gesicht.
                      „Dann pass gut auf, dass Markgraf Hilver nicht am Ende sagen muss: Lee Le Baal, gib mir meine Legionen wieder.“

                      Lee lachte krächzend ins Komm:
                      „OK, ich werde sein wie aine Mutter… äh, mit kleiner Brust.“


                      In der Nacht zum zweiten Tag wurden die im Feldlager schlummernden Soldaten von einer ganzen Reihe heftiger Donnerschläge aufgeschreckt.
                      Der wachhabende Offizier stürmte in den provisorischen Unterstand.


                      Dort fand er Lee, gebeugt über ein 3D-Modell der Gegend, erstellt aus den Materialien der Satellitenscans und aktualisiert durch die Aufklärungsdrohnen vor Ort.
                      „Lady Lee, Sie sind noch wach?“, fragte er überrascht.
                      „Hähä, ich habe tausende Jahre verschlafen, da kann ich mir den Spaß hier nicht entgehen lassen.“
                      Der kräftige Offizier nahm Haltung an:
                      „Melde den Eintritt von Objekten. Es müssen hunderte sein. Kurs ist unser beabsichtigtes Operationsgebiet.“

                      „Danke, das ist eine sehr gute Nachricht. Ich sage es Zac sofort, in seiner Nebelsuppe dürfte er gerade nicht allzu viel mitbekommen.“
                      Sie aktivierte den Kommunikator. Zac war trotz der späten Stunde ebenfalls wach und aktiv.
                      „Hallo, main Duke, wie gez?“
                      „Oh“, sagte Zac, „wir mussten einige sehr aufdringliche Schlafgäste des Platzes verweisen, und ich glaube, der guten alten Hilda täte ein neuer Anstrich gut. Aber die Bordgeschütze mussten ein Machtwort sprechen, sonst hätte die Belästigung nie aufgehört.“
                      Lee strich sich übers Haar. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, wie haarig es zugegangen sein musste, dass Zac es riskiert hatte, die Schiffswaffen in der Nähe des Artefakts abzufeuern.
                      Dass dabei ihre Fahrkarte nach Hause ebenfalls beschädigt worden war, verstärkte die Dramatik noch.


                      Trotzdem beschloss sie, den leichten Tonfall beizubehalten.
                      „Du solltest vielleicht noch ein paar Feldbetten aufstellen, damit unsere Gäste von der Inquisition nicht auf dem Boden schlafen müssen.“
                      Zacs etwas müdes Gesicht hellte sich schlagartig auf.
                      „Hat sich Ricardo Bellini tatsächlich entschlossen, ein paar seiner Leute an unserer kleinen Torparty teilnehmen zu lassen?“

                      Lee grinste ins Bild und rieb Daumen und Zeigefinger aneinander.
                      „Es war klar, dass er sich auch ein Stück vom Kuchen holen würde. Zweihundertfünfzig seiner Kämpfer haben sich in Absprache mit dem Landherren entschlossen, mit ihren Pods eine Landeübung durchzuführen.“

                      „Ja“, sagte Zac, „zufällige Urlauber, spontane Manöver und überraschende Übungen… dieser Planet ist wirklich für viele eine Reise wert.“
                      „Hähähä“, kicherte Lee, „ganz zu schweigen von zehntausenden Goblins auf Safari.“
                      Zac fletschte für einen Augenblick die Zähne.
                      „Die Hilfe kommt keinen Augenblick zu früh. Ich aktiviere Funkfeuer auf Geheimfrequenz 69, damit sie sich orientieren können. Sehen tut man in dem ewigen Brei nämlich nichts!“



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                      „OK“, sagte Lee, „ich leite es weiter, und spätestens morgen Nachmittag sind wir dann auch vor Ort.“
                      Zac räusperte sich:
                      „Noch mehr Gäste… das wird sicher die Party des Jahres, voll der Brüller.“

                      In diesem Augenblick hörte man tatsächlich ein infernalisches Gebrüll im Hintergrund. „Grrrrwwwääähh“
                      Zac wandte sich ab:
                      „Wie du hörst, Dear, es wird nach mir verlangt.“ Er griff nach seiner Waffe. „Man sieht sich.“

                      Er hauchte noch einen Kuss in den Bildschirm und schaltete ab.
                      Am Mittag des zweiten Tages erreichten die ersten Voraustrupps von Lees Einheit das Artefakt.
                      Überall dröhnten Befehle, während Soldaten Deckungen aufschütteten, Stellungen einrichteten und Munition verteilten. Drohnen kreisten wie Raubvögel über den Schluchten, ihre Sensoren warfen kalte Schatten auf den Boden.

                      Mit Unterstützung der schwerbewaffneten Inquisitionskräfte, die in der Nacht gelandet waren, hatte Timy es geschafft, den Feind aus dem hinteren Teil der Schlucht zu verdrängen. Noch immer hing der Geruch von verbranntem Metall und altem Blut in der Luft – Spuren der harten Gefechte bei Nacht und Nebel.
                      Lee trat durch das Chaos wie durch eine Parade, der Baseballschläger quer am Rücken, die Hände in die Hüften gestemmt.
                      Sie musterte die Stellungen, die sich um das Artefakt bildeten. Fast fünftausend Soldaten waren nun einsatzbereit – ein Bollwerk aus Fleisch, Stahl und Trotz.
                      Timy kam ihr entgegen, die Pistolen wie selbstverständlich an den Seiten, die Stimme kratzig vom Staub.
                      „Die Schlucht ist gesäubert. Ein paar halbtote Goblins kriechen noch rum, aber die haben ihren Schrecken verloren.“

                      Lee zog eine Braue hoch, ihre Stimme triefte vor Spott:
                      „Na, das nenn ich mal Frühjahrsputz. Fehlt nur noch der Staubsauger.“

                      Timy schnaubte, halb belustigt, halb genervt:
                      „Du kannst gern mit anfassen, wenn du meinst. Die Bastarde haben uns fast eine Kompanie gekostet.“

                      „Äh, dann lieber nicht,“ schnodderte Lee, „ich will ja nicht riskieren, dass meine Maniküre leidet.“
                      Sie klopfte ihm auf die Schulter und ließ den Blick zum Artefakt wandern, das still und unheilvoll im Zentrum des Lagers stand.
                      „Sieh’s positiv, Timy. Jetzt haben wir genug Leute, um hier ’ne richtige Grillparty zu schmeißen. Fünftausend Mann – und das nur, weil ein paar Monolithe beschlossen haben, geheimnisvoll rumzustehen.“

                      Timy presste die Lippen zusammen, aber ein Grinsen konnte er nicht ganz verbergen.


                      Am Nachmittag des zweiten Tages lag die Nebelschlucht wie ein nasser Schlund unter Gewitterwolken. Donner rollte zwischen den Hügeln, Blitze flackerten kurz über das Artefakt, ehe der Nebel es wieder verschluckte.
                      Dann vibrierte der Himmel. Ein tiefes Grollen, diesmal nicht vom Wetter – sondern von Triebwerken. Aus dem wabernden Grau schälte sich die Corrino, nicht getarnt, sondern in ihrem vollen Glanz: blau schimmernd, wie ein fremder Leviathan, der sich seinen Platz zwischen den Felsflanken nahm. Majestätisch senkte sie sich herab, die Hülle glänzte nass im Regen, während Staub und Dunst zur Seite gedrückt wurden.
                      Die Soldaten, die eben noch Sandsäcke wuchteten und Stellungen einrichteten, hielten kurz inne. Das Schiff wirkte wie eine Antwort der Götter auf all die Schreie der letzten Nacht.
                      Hilver stieg aus, gefolgt von einer Reihe seiner Offiziere. Anders als die provisorischen Lagertruppen um sie herum wirkte er wie das Zentrum einer geordneten Maschine. Kein Pomp, kein Zögern – er ging direkt auf Lee und Zac zu. Der Regen rann über seine Schultern, doch sein Blick blieb scharf.
                      „Ich schulde euch Dank. Ohne euer Eingreifen hätte ich kaum gewusst, wem ich hier noch trauen darf. Eure Vorarbeit hat den Weg frei gemacht – und dafür bin ich ehrlich dankbar.“
                      Lee zog eine Braue hoch, der Baseballschläger hing schief am Rücken. Einen Spruch auf der Zunge – doch sie schluckte ihn runter. Der Moment war zu ernst.
                      Hilver fuhr fort: „Ich habe weitere zehntausend Mann mobilisiert. Sie stehen bereit am Rand des Dschungels. Doch die Nebelschlucht ist tückisch – ihr habt in zwei Tagen geschafft, wofür reguläre Truppen Wochen gebraucht hätten.“
                      Zac neigte leicht den Kopf, die Augen glommen wie Schwelglut. „Wir sind keine Invasoren, Hilver. Wir wollten nur, dass dieser Wahnsinn gestoppt wird.“
                      „Und genau deshalb“, erwiderte Hilver mit fester Stimme, „bin ich froh, dass ihr hier wart.“ Dann wandte er sich zum Kommandanten der Inquisitions-Eingreiftruppe, der noch die Spuren der Nachtkämpfe im Gesicht trug. „Kommandant, bitte. Wir müssen sofort die nächsten Schritte abstimmen.“
                      Während die Männer sich zurückzogen, schlug ein weiterer Blitz in den Berghang. Ein Melder stürmte heran, triefend vor Nässe, die Stimme gehetzt:
                      „Sichtung im Süden! Unsere Drohnen melden Strukturen, die auf Lager hindeuten. Dort könnten die Entführten festgehalten werden.“

                      Für einen Moment war es still – nur das Prasseln des Regens und fernes Grollen. Ein Schatten huschte über Zacs Gesicht, doch er schwieg.
                      Lee grinste schief, tippte sich gegen die Schläfe und zog den Ton ins Schnoddrige:
                      „Da habt ihr’s, meine Herren. Politik und Konsolidierungsaktionen – klingt, als wär unser Teil hier erledigt.“

                      Mit spürbarer Erleichterung registrierten die Mohar, dass dieser Teil ihres Auftrags endlich abgeschlossen war. Nun konnte sich Hilver selbst um die Angelegenheiten am Tor kümmern.
                      Doch so sehr sie sich alle nach Hause sehnten – eine Sache blieb. Das Schicksal der Entführten hing über allem wie ein stilles Gewicht. Niemand sprach es offen aus, doch jeder spürte, dass sie diese Aufgabe nicht den Politikern, Offizieren oder fremden Befehlshabern überlassen konnten.
                      So brachen sie, erschöpft und doch entschlossen, mit der etwas ramponierten La Paloma 33 zu einem letzten Einsatz auf.
                      Zuletzt geändert von Datenmessi_2013; 02.11.2025, 21:30.

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                        #26
                        Der Preis


                        Tiefe Vergangenheit; das Ende der GLIB Kampanie

                        Dimitri (Log):
                        Ich schreckte auf, als die Sonden Kontakt meldeten. Die letzten Tage und das Abschalten der Assistenzsysteme, welche sonst viele Sachen im Hintergrund übernahmen und regelten, forderten ihren Tribut. Dazu kam noch die zunehmende Paranoia, ausgelöst durch das Gefühl, dass etwas Feindseliges einen ununterbrochen anstarrte.
                        Die Maulwürfe – wie konnte es sein, dass sie noch da waren? Sofort schickte ich Alarm an die Bodentruppe. Allerdings gab ich nur Minuten später wieder Entwarnung. Was ich für Maulwürfe gehalten hatte, waren lediglich Statuen.
                        Ich schickte dem Bodentrupp die Koordinaten. Erwin und Timy kamen als Erste an und begannen sofort mit weiteren Analysen.
                        Ein weiterer Wandel war mit Timy vorgegangen, ekstatisch wie ein Kind am Weihnachtsmorgen.
                        „Das ist ja toll, das ist ja Wahnsinn, Erwin! Das hier ist ja nochmals ein völlig neues Level. Das Zeug, mit dem die beschichtet sind, ist überkrass!“
                        Bevor Erwin etwas sagen konnte, zog Timy einen Blaster und schoss auf die Statue.
                        Es war, als ob er mit einer Farbpatrone geschossen hätte, allerdings ohne, dass dadurch tatsächlich etwas markiert worden wäre. Die Energie wurde einfach absorbiert.
                        Timy legte sofort mit einer Projektivwaffe nach, die Kugel prallte jedoch ab.
                        „Timy, bist du eigentlich blöd?!“ schrie hinter ihm Jeantron durch die Kommunikation. „Hör auf damit, hier rumzuballern!“
                        „Du schreibst mir gar nichts vor, Kapitän Griesgram! Das hier ist das Geilste, was ich je gesehen hab, mehr wert als dieser ganze Mist, den sie je aus dem Dreckloch von Planeten rausgeholt haben! Die müssen völlig verrückt gewesen sein, das hier unten als Schutzhaut für ihre kleine Kunstsammlung zu verwenden.“
                        Zac und die Soldaten wirkten weniger begeistert.
                        „Erwin, wovon redet er, und wo sind wir hier?“
                        Erwin schaute etwas verwirrt und versuchte, all die neuen Daten zu verarbeiten.
                        „Nun, das hier schaut aus, als ob jemand versucht hätte, eine Art Fort zu bauen. Aus Stein und Metall, auch Harz wurde teils verwendet, aber es hat nichts genützt. Diese Öffnungen zeigen, dass, was immer es war, einfach reingekommen ist. Wenn man hinschaut, gibt es auch hier Spuren von Kämpfen mit energetischen Waffen.

                        Aber weder von Angreifer noch von Verteidiger ist etwas zu sehen. Einige Stellen wurden ausgebessert, allerdings ohne die Verteidigungsfunktion wiederherzustellen. Stattdessen hat man an Durchbrüchen und ehemaligen Toren lieber Statuen der ehemaligen Herren des Planeten, der Talpas-Maulwürfe, aufgestellt.“

                        Dimitri (Log):
                        Timy war noch ganz in seiner Euphorie, als sich sein Körper plötzlich verkrampfte. Er keuchte, griff nach Halt, seine Waffe fiel klirrend auf den Boden.
                        „Dimi… ich… fühl mich nicht…“ Seine Stimme war brüchig, panisch, die eines Jungen.
                        Dann verstummte er. Als er den Kopf wieder hob, war sein Gesicht leer. Die Nervosität, der Überschwang – alles verschwunden. Seine Stimme war glatt und kalt, jeder Tonfall herausgefiltert.
                        „Die Ressource ist zu wertvoll für irrationale Wesen.“
                        Ein Summen vibrierte durch den Boden. Erst kaum hörbar, dann ein grollender Herzschlag, der die Halle erzittern ließ. Staub rieselte von den Wänden. Die Maulwurfsstatuen knackten, Fels splitterte. Einer nach dem anderen richteten sie sich auf – uralte Krieger, erwacht aus der Starre.
                        Die Soldaten wichen instinktiv zurück. Die Panzer glänzten im Scheinwerferlicht, jeder Schritt ließ den Boden beben, als würde der Dom selbst gegen uns aufstehen.
                        „Feuer!“ brüllte Zac.
                        Die Halle erhellte sich in grellem Licht. Plasmafeuer, Raketen, Projektile prallten an den Harzpanzern ab. Die Riesen marschierten weiter, schoben Panzer beiseite, zerquetschten Drohnen wie Spielzeug.
                        Jeantron presste die Zähne zusammen. „Timy! Hörst du mich?! Kämpf dagegen an!“
                        Keine Reaktion.
                        Erwin keuchte: „Das Harz… es absorbiert nicht nur Energie. Es leitet sie um. Sie füttern sich selbst.“
                        Der Kampf wurde verzweifelt. Granaten detonierten, Sturmtrupps setzten Sprengladungen. Schließlich, mit einem ohrenbetäubenden Krachen, stürzte einer der Riesen. Sein Leib zerbarst, Harz dampfte, Felsbrocken krachten auf den Boden.
                        Für einen Moment lag Hoffnung in der Luft.
                        Doch als der Rauch sich legte, verstummte jedes Geräusch.
                        Auf den Stufen der alten Station stand er – Timy. Oder das, was aus ihm geworden war. Sein Körper reglos, sein Blick kalt. Und neben ihm, unübersehbar, Betty.
                        „Der Kampf diente nur als Ablenkung.“ Seine Stimme war präzise wie ein Messer. „Ich habe, was ich wollte. Verlasst Talpas.“
                        Zac hob die Waffe, knurrend. Doch Jeantron hielt ihn zurück. „Nicht. Es ist vorbei.“
                        Erwin starrte wie betäubt auf die Stufen. „Er hat uns verraten…“
                        Ich selbst konnte kaum sprechen. Wir hatten alles gegeben, Blut vergossen, ein Monster gefällt – und doch war es nur ein Spielzug gewesen. Ein Trick, damit er im Schatten zuschlagen konnte.
                        Die Statuen hielten inne, als hätten sie Tanis Urteil verstanden.
                        Unter ihren Blicken zogen wir uns zurück. Fluchend, gehetzt, die Reste des gefallenen Riesen im Schlepptau – unser einziger Trost in einer Niederlage, die nicht größer hätte sein können.
                        Wir stiegen in den Mole, ließen Betty und Timy hinter uns.
                        Die Auffahrt schien Tage zu dauern. Als wir oben waren, trieb Jeantron, der entgegen seiner sonstigen Art nicht ein einziges Wort gesprochen hatte, zur Eile an. Oben standen bereits Jessica und die Halleks am Eingang bereit, wie es Zac in einem gerafften Code befohlen hatte.
                        Ohne sich die Mühe zu machen, die Ausrüstung einzuladen, rannten die Leute als wäre der Teufel hinter ihnen her,an Bord der Schiffe, die starteten, noch bevor sich alle angeschnallt hatten.
                        Wir flohen. Die Mine war verloren. Das Geheimnis war verloren.
                        Unser Freund war verloren.
                        Doch …
                        Irgendetwas stimmte hier nicht. Die Beschleunigung der Schiffe war grenzwertig, es war Wahnsinn. Wenn sie so weitermachten, würden die Triebwerke Schäden davontragen. Es war auch zu bezweifeln, ob die Andruckabsorber das mitmachten.
                        Zac, Erwin und Jeantron hatten sich aufgeteilt und steuerten jeweils eines der Schiffe.
                        Auf einmal erklang im Com Timy/Tanis Stimme:
                        „Ich bin ein Pfeil, der den Bogen verlassen hat. Ich bin Alpha und Omega – ich bin Weg und Ziel zugleich. Es werde Licht …“
                        „Alle Schiffe! Sofortiger Notfall-Sprung!“ funkte ich verzweifelt.
                        Doch es war zu spät.


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ID: 4645953



                        Die Explosion war unhörbar. Ein Blitz aus weißglühender Energie, bis in die Stratosphäre. Der Wahnsinnige hatte Betty, eine Antimateriebombe, gezündet. Obwohl der Explosionspunkt fünf Kilometer unter der Oberfläche lag, reichte es bis hierhinauf. Nichts, was sich dort unten befand, konnte dies überstanden haben.
                        Ich erstarrte. Zac. Jeantron. Ihre Schiffe waren doch noch so nah … diesmal konnten sie es nicht geschafft haben. Ein Schock jagte durch mich, ein Entsetzen ohne Halt.
                        Doch dann – ein Flackern. Etwas, das ich mir kaum eingestehen wollte. Für den Bruchteil eines Atemzugs fühlte es sich an, als wäre es vorbei. Als würde die Last von uns fallen. Ein Gedanke wie Gift, leise und verführerisch.
                        Und sofort der Absturz: der Ekel vor mir selbst. Wie konnte ich auch nur einen Herzschlag lang ihren Untergang als Befreiung empfinden?
                        Eine Stimme brach durch die vom energetischen Chaos gestörten Frequenzen:
                        „Ein Navigator muss die Seelenstärke haben, sich nach den Winden des Glücks zu richten.“ Ein kurzes, fast zärtliches Lächeln war in seiner Stimme zu hören. „Manchmal bedeutet das, den Sturm zu umsegeln. Manchmal, ihn zu zerschneiden.“
                        Die Einsatztruppe hatte überlebt.
                        Dank Jeantron.
                        Er hatte den Sturm zerschnitten. Er hatte den Pfeil abgefangen und die Schiffe trotz Planeten-Nähe sicher durch den Hyperraum geleitet.
                        Und irgendwo, in den verwobenen Dimensionen zwischen den Sternen, war Tani. Ihr Geist glitt einer weiteren Reinkarnation in einem neuen Körper entgegen. Doch ihre letzten Worte hallten in meinem Kopf nach: Ich bin Weg und Ziel zugleich.
                        Laut einer immer wieder geflüsterten JTG-Legende zufolge waren dies Tanis letzte Worte, bevor sie sich mit ihrem Schiff und dem damaligen Großinquisitor in die Luft sprengte. Damals war es entgegen aller Erwartungen nicht ihr Ende, und vermutlich würde das auch diesmal nicht der Fall sein. Stattdessen würde es einen neuen Timy geben. Allerdings konnte niemand vorhersagen, was für eine Person diesmal aus dem Tank kommen würde.
                        In diesem Leben war Tani der Köder für den Alienkern, der sich tief und unerreichbar für Orbitalwaffen versteckt hatte. Mit dessen Zerstörung endete nicht nur das bösartige Psi-Feld, sondern auch die betörende Wirkung des GLIB.
                        Höchstens die Schaben, falls überhaupt welche das Inferno überlebt hatten, würden das GLIB aufnehmen – ohne es wieder herauszuwürgen.
                        Diese entsetzliche Kampagne hatte endlich ein Ende. Trotzdem würde die Familie nie mehr dieselbe sein. Zac und Jeantron waren zu weit gegangen. Das Band, das uns alle verband, war bei weitem überdehnt und würde beim ersten Anlass reißen. Das konnte jeder spüren, der Teil dieses Alptraums gewesen war.
                        Dimitri (Log) Ende.

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                          #27
                          Duke of Hell.

                          Ort: Dschungellager von Kaliopis
                          Zeit: Gegenwart, den Mohar bietet sich ein schreckliches Bild, die Situation eskaliert.




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ID: 4645991


                          Die Situation war unübersichtlich, weshalb sich Lee im Hintergrund hielt.
                          Schon das, was sie beim Erreichen des Lagers gesehen hatte, brannte sich unauslöschlich ein: Brutstationen, in denen Frauen willenlos in Verschlägen eingepfercht waren oder in Gestellen hingen – nur noch durch Schläuche am Leben gehalten.
                          Den Männern war es kaum besser ergangen. Auch ihnen hatte man offenbar Setzlinge eingepflanzt; ihre aufgeblähten Bäuche zeugten davon.
                          Die wenigen Verschonten machten einen apathischen, ferngesteuerten Eindruck.
                          Unter den Wächtern waren Gestalten, die fast nicht von Menschen zu unterscheiden waren. Sie trugen Kittel, wirkten damit wie Krankenpfleger oder Techniker – doch ihre Augen verrieten etwas anderes.
                          Militärischer Widerstand existierte kaum. Abgesehen von den Wachtürmen, die Timy, Lee und Miheil ausgeschaltet hatten, stand dem Trupp nur noch ein letztes Aufgebot gegenüber.

                          Vor dem Hauptgebäude – ein graugrüner, bunkerartiger Klotz aus Stein, während der Rest des Lagers nur aus Urwaldholz bestand – sammelten sich die Drahtzieher. Bewaffnete Wächter, Halbmenschen, gehirngewaschene Gefangene. Dahinter: gleich drei Psioniker, die es trotz der Beschränkungen hier offenbar schafften, die Truppe zu kontrollieren.


                          Lee konnte von ihrem Standort aus beobachten, wie sich Timy von hinten links mit zwei Reservisten der Hilver-Truppe anpirschte. Sie selbst war zu weit weg, ebenso Miheil, der den anderen Turm im Blick hielt. Trotzdem hielt sie ihren Stunner bereit.
                          Timy führte seine beiden Pistolen, ganz auf den Angriff fokussiert. Dann geschah es rasend schnell: Einer der Hilver-Soldaten hob sein Gewehr – und schoss Timy in den Kopf. Ohne Zögern richtete er die Waffe gegen seinen Kameraden und streckte auch ihn nieder.
                          Der Lagerleiter – ein hochgewachsener Hobgoblin-Psioniker, der Einzige in Uniform – lachte höhnisch hinter seiner Mauer aus Fleisch.

                          Was dann geschah, würde Lee nie vergessen.
                          Zac schrie wie ein verwundetes Tier:
                          „Timy – nicht schon wieder! Und nicht hier!“

                          Dann kippte die Szene.
                          Das Licht wurde aus der Atmosphäre gesogen. Lee erinnerte sich dunkel, dafür einmal den Begriff „Mittelalter-Filter“ gehört zu haben. Alle Farben verblassten, alles wirkte unwirklich.




                          Zacs Umrisse verschwammen, vervielfältigten sich – wieder und wieder. Diese Zacs, kaum mehr als schemenhafte Abbilder, stürzten sich wie Irrwische auf die Feinde. Ihre Hände waren umflossen von rasenden Bahnen aus Licht, die um sie kreisten wie Elektronen um einen Kern.
                          Die Schockwellen der Psioniker brachen wie Wasser an ihren Silhouetten. Waffen, Panzerungen, Körper – alles wurde zerschnitten.

                          Dem Verräter blieb keine Zeit zur Flucht, den Psionikern keine zum Gegenangriff.
                          Schüsse prallten ab, Schilde – ob aus Metall oder Energie – zerfielen mitsamt ihrer Träger.
                          Der Lagerleiter sah seinen Tod kommen. Drei der Zac-Schemen brachen durch die Reihen seiner Mini-Armee, umzingelten ihn – und zerrissen ihn, während er noch aufrecht stand. Seine Teile fielen zu Boden, bevor er überhaupt zusammenbrechen konnte.

                          Dann war es vorbei.
                          Niemand, der eine Waffe erhoben hatte, lebte noch.
                          Die Schemen fluteten zurück zu ihrem Ursprung und vereinigten sich wieder zu der so menschlich wirkenden Gestalt, mit der Lee auf diesen verfluchten Planeten gekommen war.
                          Die Sonne schien wieder, als wäre sie nie fort gewesen.



                          Lee stand erstarrt auf ihrem Posten und versuchte zu begreifen, was gerade geschehen war.
                          In ihrem Hinterkopf raunte eine Erkenntnis: So also sehen die „erbärmlichen“ Fähigkeiten eines ZacVanDoom aus, wenn er ernst macht.

                          Sie hatte Zac immer kumpelhaft behandelt. Er wirkte stets so bodenständig und zurückhaltend.
                          Doch jetzt ahnte sie, was wirklich hinter dieser Fassade steckte – und warum keiner der alten Dämonen je aufgetaucht war, um ihm den Titel streitig zu machen, den er bei ihnen trug.
                          Duke of Hell.




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                          Es war nicht die Demonstration absoluter Macht allein.
                          Lee hatte schon oft gesehen, wie Zac Kräfte freisetzte, die weit jenseits menschlicher Maßstäbe lagen. Aber das hier … das durfte nicht funktionieren. Nicht an diesem Ort.
                          Kaliopis war eine Dürre aus Manaarmut, eine Wüste, in der selbst die einfachsten Sprüche verdorrten wie Salzpflanzen.
                          Und trotzdem hatte es gekracht, als würde die Welt selbst aufspringen und die Luft zerreißen – danach wurden alle Bedrohungen mit chirurgischer Präzision eliminiert.

                          Lee sog zischend den Atem ein.
                          Sie wusste, was das bedeutete. Zacs Macht kam nicht aus dieser Zone. Sie kam nicht einmal aus dieser Welt.
                          Das Ding in ihm – diese Grube, dieses Loch, von dem er manchmal sprach – sie hatte es eben gespürt.

                          Für den Bruchteil eines Herzschlags war es, als hätte ein fremder Atemzug durch die Realität geweht und den Duke als Resonanzkörper benutzt.
                          Die Hilver-Soldaten starrten Zac an wie Bauern einen Gott, der vom Himmel gestiegen war.
                          Aber Lee wusste es besser.
                          Das war keine göttliche Gnade.
                          Das war ein Riss in der Realität.
                          Und dahinter lauerte etwas, das der Vorstellung von Hölle am nächsten kam – die Essenz des Pruflas, gefüttert und gestärkt durch millionenfachen Tod, den ZacVanDoom im Laufe seiner Existenz gesät hatte.

                          Es wäre weder Lüge noch falsch zu sagen, dass sie dem Teufel in Menschengestalt diente.
                          Alle diese Gedanken fielen jedoch von ihr ab, als sie vor Timys Leiche stand – Zac umschlang ihn und wiegte ihn, als schliefe er nur.
                          Mit belegter Stimme fragte sie:
                          „Er wird doch wieder auferstehen?“

                          Sie kam sich dabei dumm vor. Doch als Zac sie ansah, bemerkte sie Tränen in seinen Augen – und das erschreckte sie mehr als jede Freisetzung seiner Inspiration.


                          „Ja“, flüsterte er. „Ein Timy wird auch diesmal wieder auferstehen. Ob dieser sich an das erinnert, was hier geschehen ist, das ist nicht sicher.“
                          Die Worte trafen Lee wie ein Schlag in die Magengrube.
                          Oh, fuck, dachte sie. Ausgerechnet ich habe den menschlichsten aller Fehler begangen – Wiederkehr mit Unsterblichkeit verwechselt. Was für eine dumme Kuh ich bin. Niemand sollte besser wissen als ich, dass sogar Götter sterben können.

                          Der ursprüngliche Baal – ein Wettergott – war ihr Mann gewesen, sie selbst eine uralte Erdgöttin. Doch er war entführt und zerstückelt worden. Zwar behauptete sie, ihn gerettet und zusammengesetzt zu haben, aber das war eine Lüge. Geboren aus Angst vor Machtverlust und Vergessenwerden.
                          Wie berechtigt diese Angst war, hatten all ihre gescheiterten Versuche gezeigt, seine Verehrung auf sich zu ziehen. Selbst drastische Maßnahmen wie Hinrichtungen konnten den Schwund ihrer Popularität nicht stoppen. Schließlich blieb ihr nur der Name Baal Zebul, den ihre Gegner zu „Beelzebub“ verballhornten.
                          Immerhin hatte sie das vor dem völligen Sturz ins Nirwana des Vergessens bewahrt – bis sie durch ein Ritual in dieser Zeit und in diesem von Mana durchpulsten Universum verkörperlicht wurde.

                          Doch als sie den echten Schmerz in Zacs Gesicht sah, und Timys leblosen Körper in seinen Armen, wurde ihr zum ersten Mal klar, welchen Preis Unsterblichkeit wirklich hatte. Und wie nahe die Mohar jeden Tag am Abgrund tanzten.

                          Lektion gelernt, Cyberguro, dachte sie bitter. Und sie fragte sich, ob Jeantron das alles nicht von langer Hand geplant hatte – nur um sie mit ihrer eigenen fehlerhaften Weltsicht zu konfrontieren.
                          Ohne dass sie es wollte, tauchte ein Zerrbild des Gründers der JTG vor ihrem geistigen Auge auf. Niemals hätte er sich so im wahren Leben präsentiert: arrogant, verächtlich, gealtert um Jahrhunderte, feindselig bis ins Mark.



                          Hybris kommt vor dem Fall. Glaubst du wirklich, ich würde die Reinkarnation meines ersten Tronicels für jemanden wie dich opfern?
                          Die Mundwinkel des Gurus hingen schief, und Lee schrie ihm entgegen:
                          „Das hast du mich selbst gelehrt! Misstraue jedem und hinterfrage alles!“
                          Der Jeantron-Götze riss ein Maul voller Haifischzähne auf und lachte wie ein Irrer.
                          Dann war wohl nicht all meine Zeit an dich verschwendet, grollte er – und zerfloss zu Nichts.

                          Lee fuhr aus diesem schrecklichen Tagtraum hoch, als Miheil sie von hinten umarmte.
                          „Hab keine Angst, Schwester. Der wird schon wieder. Am Ende schafft er es immer. Und was er vergessen hat – das erzählen wir ihm einfach. Oder wir kloppen uns mit ihm, bis er wieder ganz der Alte ist.“

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                            #28
                            Zwischenkapitel: Die großen Schiffe der Mohar

                            Die Geschichte des Hauses Mohar lässt sich auch als Geschichte seiner Schiffe lesen. Jedes dieser gewaltigen Konstrukte verkörpert eine eigene Philosophie – Macht, Fortschritt, Strategie oder Kontinuität. Zusammen bilden sie das Rückgrat der Flotte, aber auch ein Spiegelbild jener, die sie erschufen.



                            Der Mahdi 200 – Ursprung und Archetyp
                            Der Mahdi 200 war mehr als ein Schiff – er war ein Experiment, ein Labor im All. Entworfen von TANI und vollendet durch Timy Mohar, diente er als fliegendes Nervenzentrum der GLIB-Kampagne. Als einziger Träger verfügte er über drei permanente Hypergeneratoren, ein Alleinstellungsmerkmal, das ihn zu einer mobilen Energiequelle machte.
                            Das Herzstück war das synchronisierte Punktsingularitäts-Trippelgeschütz, dessen Energieversorgung unabhängig vom Hauptreaktor lief – eine Waffe, die so präzise wie zerstörerisch war.

                            Er war außerdem der erste Träger eines Hyperzapfers, jener Technologie, die Energie direkt aus der Hypersphäre roter Zwerge schöpfen konnte. Damit wurde der Mahdi 200 zum Prototyp einer neuen Generation von Highlinern.
                            Sein Schicksal blieb jedoch ambivalent: Ein abgestürzter Prototyp diente den Skycitizen über Jahrzehnte als Wohnort und symbolisches Zentrum ihrer Domäne. Vom Flaggschiff zur Zuflucht – der Mahdi 200 blieb das Sinnbild für den Ursprung und die Erneuerung der Mohar.

                            Beiboote & Trägergut:
                            Korvette Soul of Steampunk • Frachter Jessica • experimentelle Flugscheibe • 12 Spacefighter • 12 Lander • 2 Staffeln JTG-Drohnen




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                            Die Lydia Van Dyke – Präzision und Furcht
                            Die Lydia Van Dyke war der Gegenentwurf zum Mahdi: kein Pionier, sondern ein Raubtier. Nach der GLIB-Kampagne gebaut, als die Mohar die Werften des Syndikats übernommen hatten, wurde sie zum ersten reinen Kriegsschiff ihrer Klasse.
                            Sie schrieb Geschichte im Tannhäuser-Massaker, als sie eine Schlachtschiffgruppe auslöschte – weil die Gegner sie unterschätzt hatten. Dieses Gefecht machte sie zum Symbol für die taktische Intelligenz und tödliche Effizienz des Hauses.
                            Ihr Arsenal ist beispiellos: Biturbo-Geschütz, schwenkbares Trippel-Kreuzergeschütz, Punktsingularitäts-Torpedos, ergänzt durch Stealth-Beschichtung, Laserabwehr und 18 autonome Drohnen.

                            Eine besondere Rolle spielte der Tarnkreuzer Hasimir und die KI-Drohne Nomad – eine denkende Maschine, die Freund und Feind zugleich sein konnte. In ihrer Autonomie lag sowohl Stärke als auch Gefahr.
                            Beiboote & Trägergut:
                            Tarnkreuzer Hasimir • 6 Spacefighter • 6 Lander „Lem“ • 18 Stealth-Drohnen • KI-Drohne Nomad






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                            Die Cassandra – Der lebendige Sternenpflug
                            Als Timy, Jeantron und Pierre Maltissan ihre Ideen vereinten, entstand eine völlig neue Schiffsklasse: der Sternenpflug.
                            Die Cassandra wurde als Ersatz für die Tolstoi entworfen und war das erste Schiff mit einer lebendigen Außenhaut, die sich selbst regenerierte. Dieses Material stammte aus den Harzstrukturen der Talpas-Maulwürfe, deren Biochemie durch den Alienkern mutiert war. Das Ergebnis war ein organo-technischer Hybrid – widerstandsfähig, anpassungsfähig, beinahe lebendig.

                            Mit ihren zwei Biturbo-Geschützen, den Hyperzapfern und der Fähigkeit, Warptunnel zu öffnen, war sie zugleich Waffe und Transzendenzmaschine. Für Zac Van Doom wurde sie zum neuen Flaggschiff – zu einer Art lebendigem Tempel des Fortschritts.
                            Beiboote & Trägergut:
                            Frachter Jessica • experimentelle Flugscheibe • Korvette Underdog • 6 Spacefighter „Eli“ • 6 Lander „Lem“ • 2 Staffeln JTG-Drohnen • KI-Drohne Nomad



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                            Der Duncan E – Der Botschafter der Ära
                            Während die Cassandra die Zukunft verkörperte, war der Duncan E eine Hommage an die Vergangenheit. Erwin, der vierte Vogt, entschied sich bewusst gegen ein neues Schiff – und ließ einen der alten Duncan B vollständig restaurieren.
                            Er wollte kein weiteres Kriegsschiff, sondern ein Symbol: Würde, Eleganz und Unabhängigkeit in einer Zeit des Überflusses an Waffen.

                            Der Duncan E war der einzige seiner Art: mit organischem Biotop, vollwertiger Bewaffnung, Hypergeneratoren und einem Inneren, das eher an eine Botschaft als an ein Schlachtschiff erinnerte. Holz, Glas, Pflanzen und metallische Adern verbanden sich zu einem fliegenden Palast.
                            Er war nie für den Krieg gedacht – er war für die Begegnung gebaut. Für Verhandlungen, für Diplomatie, für Präsenz in der EXO-Domäne, wo meist das Gesetz des Stärkeren galt – aber gleichzeitig Stil oft mehr Respekt verschaffte als Feuerkraft.



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                            Frachter Sahra • Spezialshuttle Scytale • 6 Spacefighter „Eli“ • 6 Lander „Lem“ • 2 Staffeln JTG-Drohnen • KI-Drohne Nomad






                            Vier Philosophien – ein Vermächtnis
                            Jedes dieser Schiffe steht für eine Epoche, aber auch für eine Denkweise:
                            Schiff Philosophie Funktion
                            Mahdi 200 Ursprung & Forschung Pionier, Kommando, Arche
                            Lydia Van Dyke Taktik & Krieg Präzision, Furcht, Effizienz
                            Cassandra Fortschritt & Überleben Organischer Krieg, Evolution
                            Duncan E Kultur & Repräsentation Diplomatie, Stil, Erinnerung

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                              #29
                              Tag 4 – Das Tor

                              Gegenwart, mit der Ankunft der Alliierten endet das Mandat der Mohar

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ID: 4645998



                              Der Morgen begann mit einem Grollen, das nicht aus der Erde kam, sondern aus der Struktur selbst.
                              Der Steinkreis in der Nebelschlucht vibrierte, als ob uralte Platten sich gegeneinander verschoben. Risse aus Licht zogen über die Oberfläche der Monolithen – erst chaotisch, dann geordnet.

                              Die bekannten Runen, die bei früheren Versuchen aufgeleuchtet waren, begannen zu flackern und zerfielen wie Rauch im Wind.
                              An ihrer Stelle glühten neue Zeichen auf – tiefer, komplexer, fremdartig. Es war der sichtbare Beweis, dass ein neuer Schlüssel eingelegt worden war, dass sich hier eine völlig andere Einwahl vollzog.
                              Ein Moment lang wirkte es, als würde der Kreis selbst atmen. Dann ordnete sich das Licht, die Runen schlossen sich zu einem Kranz – und das Tor brach auf.
                              Kein Donner, kein Feuer – sondern ein Schub aus grellem Weiß, der sich zu einem durchsichtigen Vorhang ordnete. Aus diesem Vorhang traten sie hervor: die Banner und Soldaten des Hauses Aurion Stellaris.
                              Ihre Rüstung war dunkel, verziert mit dem bernsteinfarbenen Emblem der Stellaris-Sonne. Sie rückten kontrolliert vor, im Bewusstsein, Teil von etwas Größerem zu sein.
                              Und unter ihnen: Erwin. Ohne ihn wäre dieser Moment nicht möglich gewesen. Er hatte jenen auf der anderen Seite genau das gebracht, was ihnen gefehlt hatte – den Aromaschlüssel. Erst dadurch konnte das Kaliopis-Tor sich öffnen, erst dadurch war diese Passage stabil.

                              Hilver selbst war vor Ort, als das erste Banner den Schluchtboden berührte.
                              Er trat vor, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, das Gesicht ernst, doch seine Stimme verriet Erleichterung:

                              „Das Artefakt gehört nun offiziell unter die Aufsicht des Hauses Hilver. Aurion Stellaris steht als Bündnispartner an unserer Seite. Der Dschungel ist nicht mehr Grenze – er ist Korridor.“
                              Die Mohar tauschten Blicke. Sie wussten, dass dies der Moment war, an dem ihr Teil endete.
                              Sie hatten die Vorarbeit geleistet, die Goblin-Strukturen zerschlagen, das Chaos abgewehrt. Nun waren es Politik und Militär, die die Bühne beanspruchten.

                              Lee sog die feuchte Luft ein, zog ihren Mantel enger und schnaubte leise.
                              „Na also. Wer Tore aufstößt, darf sie auch selbst bewachen.“

                              Zac nickte knapp. Für die Mohar war es Zeit, sich zurückzuziehen.
                              Sie hatten das getan, wofür sie hergekommen waren – und mehr, als irgendjemand erwarten konnte.

                              Das Tor stand.
                              Und die Geschichte würde ab hier von anderen geschrieben werden.
                              Doch nicht alle Fäden ließen sich so einfach kappen. Manche liefen im Verborgenen weiter – und verlangten nach Klärung.

                              Die ersten Banner hatten kaum den Boden der Nebelschlucht berührt, da löste sich aus ihrer Formation eine Gestalt: Erwin, Starvogt der Mohar, unverkennbar selbst unter den dunklen Symbolen Aurion Stellaris’.
                              Lee war die Erste, die das Schweigen brach. „Na, sieh mal einer an. Das alte Spukgespenst lebt ja noch. Wo hast du Jean gelassen?



                              Ich hoffe doch, ihr habt ihnen richtig eingeheizt.“
                              Erwin kniff ein Auge zu: „Wir haben den Krematorien die Arbeit abgenommen. Und Jean hat das Taxi geklaut und weg war er… Sunja suchen.“





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ID: 4645999

                              Ein kurzes, hartes Lachen ging durch die Reihe, doch es hielt nicht lange.
                              Erwin nickte jedem einzeln zu, bis sein Blick an Zac hängen blieb.
                              „Aber hier fehlt auch jemand?“, fragte er.
                              Stille. Regen tropfte von den Helmen, die Nebelwand schloss sich enger um den Kreis.
                              Zac trat einen Schritt vor und goss ihm reinen Wein ein.

                              „Timy hat es bei der Befreiung der Gefangenen erwischt.“

                              Erwin blinzelte. Für einen Atemzug schien er regungslos. Dann rann etwas Rotes, Dunkles über seine Wangen. Blutige Tränen, die er nicht wischte. Sein Blick ging durch alle hindurch, als suche er nach einer Antwort, die es nicht geben konnte. Er seufzte: „Fuck ich habe diesen Timy so geliebt. Immer nichts als Sorgen mit den Kindern. Hat wenigstens diesmal sein Backup reibungslos geklappt?“
                              Zac schaute grämlich und deutete unbestimmt in den grauen Himmel: „Du weißt, wo wir hier sind. Wir werden es merken, wenn er aus dem Tank kommt.“

                              Bevor jemand reagieren konnte, trat Hilver hervor, er erhob die Stimme für eine Ansprache:
                              „Edle Vertreter des Imperiums. Würdenträger der Häuser Aurion und JTG. Tapfere Soldaten und Bürger von Kaliopis – hört mein Wort.

                              Heute endet die Unklarheit. Das Artefakt steht unter unserer Aufsicht. Aurion Stellaris hält die Stellung. Die Inquisition bleibt eingebunden. Die Nebelschlucht ist kein Randgebiet mehr – sie ist von nun an ein Tor, ein Korridor, eine Brücke in die Zukunft.
                              Zu den Verbrechen der letzten Wochen: Wir machen Ruth’thar und seine Zellen verantwortlich – für Entführungen, für Überfälle, für Sabotage. Wer mit ihm kooperierte, wird ermittelt und angeklagt. Keine Ausflüchte, keine Verschleierung – das ist unsere Linie.
                              Zum Versagen im Apparat: Wir hatten Unterwanderung. Wir alle haben den Preis dafür gesehen. Die Antwort darauf ist eindeutig: vollständige Überprüfung von Behörden und Armee. Wer sauber ist, bleibt. Wer korrupt ist, geht. Und weil unser Feind in Gestalt unter uns treten kann, gilt: Bluttests und Scans sind Pflicht – für Offiziere, Beamte, Soldaten. Keine Masken mehr im Schutz unserer Reihen.
                              Zur Zukunft: Dieses Tor wird geordnet betrieben. Handel, Versorgung, Arbeit – unter Schutz, nicht im Chaos. Der Dschungel bleibt Sperrzone, nur für freigegebene Operationen geöffnet. Goblin-Jagd wird lizenziert, geführt, nach Regeln. Sicherheit zuerst – Profit danach.
                              An die Truppe: Keine Eigenmächtigkeiten. Keine Rachezüge. Wir handeln nach Befehl und Gesetz. Wir schützen die Zivilen, bergen die Entführten, bringen Täter vor Gericht.
                              Und an unsere Verbündeten – die Mohar: Ihr habt den Weg freigeräumt. Ihr habt den Preis bezahlt. Ohne euch stünden wir heute nicht hier. Dafür danke ich euch – im Namen der Flüsternden Lande.
                              Kaliopis fällt nicht. Nicht an Goblins. Nicht an ihre Drahtzieher.
                              Ab heute schreiben wir die Regeln.“

                              Ein Raunen ging durch die Reihen, Schwerter klirrten gegen Schilde.
                              Jubelrufe wurden laut, um den Mann der Stunde zu feiern.

                              Lee sog die Luft ein, schnaubte leise. „Und damit sind wir wohl endgültig Gäste geworden.“
                              Zac schwieg. Er hatte noch ein paar Worte mit seinem Freund, dem Markgrafen, zu wechseln – doch das war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.
                              Die Gruppe wandte sich gemeinsam zur Hilda, um zur Insel und ins Küstenresort zu fliegen. Dort warteten Zusammenpacken und Not-Reparaturen vor der Heimreise.

                              Als sie aufbrachen, kam es noch zu einer überraschenden Szene: Alle Soldaten, mit denen sie Seite an Seite gekämpft hatten, stellten sich zu einem Spalier auf – und salutierten stumm, während die Mohar hindurchgingen.

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                                #30
                                Geheime Besprechung

                                Gegenwart: Vor der Heimreise fordert der Skyduke Gefallen ein, Geheimnisse werden enthüllt

                                „Zac, mein Freund, ich bin dir zu tiefstem Dank verpflichtet. Und ich kann gar nicht sagen, wie leid mir das mit Timy tut. Wenn ich irgendetwas für dich tun kann – und es steht in meiner Macht – dann wird es geschehen.“
                                ZacVanDoom blickte den Markgrafen der Flüsternden Lande nachdenklich an.
                                „Ja“, sagte er mit leichtem Zögern. „Da gibt es tatsächlich etwas, das nur du tun kannst.“

                                „Was?“ fragte Hilver knapp.
                                „Gib mir die Akte von Sunja. Nicht die offizielle – die geheime. Die, die in deinem Giftschrank liegt.“
                                Hilver wurde abwechselnd bleich und rot. Er stotterte: „Was… wie kommst du auf sowas?“
                                Zac lehnte sich zurück. „Dein Haus befindet sich nicht erst seit gestern in einer prekären Lage. Es lebt von Geheimnissen, Vertuschung und Täuschung. Niemand kann sich in deiner Position halten, wenn er nicht genau weiß, wem er was anvertrauen kann.


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ID: 4646004


                                Sunja stammt nicht von hier – und hat doch in kürzester Zeit eine atemberaubende Karriere hingelegt. Sie war eine deiner engsten Vertrauten, in vieles eingeweiht. Sowas funktioniert nur, wenn du genug über sie wusstest… oder sie sogar in der Hand hattest.“
                                Der Markgraf stand kurz vor der Explosion. Mit jedem anderen hätte er kurzen Prozess gemacht und ihn lebenslang von seinem Planeten verbannt. Aber hier saß Zac – und Hilver wusste, dass der Status „kleines Haus“, den die JTG innehatte, gar nichts über deren Macht und Möglichkeiten aussagte.
                                Er schluckte seinen Ärger herunter und ging ohne ein Wort in einen Nebenraum. Als er zurückkam, hatte er einen Infokristall bei sich und sogar einige Papiere, die er auf dem Schreibtisch vor Zac ausbreitete.
                                Mit noch leicht heiserer Stimme erkundigte er sich: „Jeantron sucht sie noch immer?“
                                Der Starduke nickte abwesend, während er aufgestanden war, um die Materialien zu sichten. Hilver legte den Kristall in die Wiedergabeeinrichtung. Sein Tonfall war nun leise und besorgt:
                                „Ich hoffe wirklich, dass er sie rechtzeitig findet. Sie hatte es schon schwer genug.
                                Für Lost Caley ist es nicht das erste Mal, dass sie entführt und verschleppt wurde. Ihren wahren Namen wissen wir trotz aller Recherchen nicht. Fest steht dagegen, dass sie von Kultisten entführt und in Ritualen missbraucht wurde.

                                Sie ist kein Lykanthrop, wie man vielleicht denken könnte. Sie wurde als Gefäß für Caleb benutzt – eine Entität aus einer anderen Realitätsebene. Eine Art Dämon, den sie ‚Bloodthirster‘ nannten. Die Kultisten hofften, durch seine Kontrolle eine machtvolle Waffe zu gewinnen.
                                Allerdings lief zeitgleich ein anderes Experiment völlig aus dem Ruder, was ihre Flucht ermöglichte – auch wenn es sie fast umgebracht hätte. Einen anderen Namen als ‚Caley‘ kannte sie nicht. Hier, in dieser Low-Mana-Oase, wollte sie ihren Frieden finden – und nahm den Namen Sunja an.
                                Ich habe ihr Geheimnis all die Zeit gewahrt, und es ist nie jemand aufgetaucht, um sich nach ihr zu erkundigen. Vermutlich hatten die Drahtzieher selbst andere Probleme oder wurden gejagt. Aufgrund ihrer Stärke, Intelligenz und Loyalität ist sie rasch aufgestiegen – und ich hatte nie einen Grund, an ihr zu zweifeln.“
                                Er legte die Papiere und den Kristall in Zacs Hände. „Wenn es bei der Suche nach ihr hilfreich ist, würde mich das freuen. Solltet ihr sie finden – so oder so – seid gut zu ihr. Sie hat es verdient.“
                                Zac wirkte wie so oft, als nähme er alles nur mit halbem Ohr wahr. Leise murmelte er vor sich hin:
                                „Also war sie die ganze Zeit… eine von uns.“

                                Zuletzt geändert von Datenmessi_2013; Gestern, 03:34.

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