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Ist Hartz IV zu niedrig?

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    Also, zu den Sanktionen möchte ich noch folgendes hinzufügen:

    Ich persönlich habe nicht den Eindruck, dass die Mehrzahl der Betroffenen glaubt, zu Unrecht sanktioniert worden zu sein. Natürlich ist niemand begeistert, wenn er weniger Geld bekommt, aber wenn ich die Gründe für die Sanktionierung hinterfrage, dann drucksen die meisten rum oder geben offen zu, dass sie selber nicht ganz unschuldig daran sind. Wenn ich dann weiter frage, wie sie denn die Sanktion finanziell verkraften, dann wird auf kurzfristige Hilfen von Familienangehörigen oder Freunden verwiesen, was für mich nicht nachprüfbar ist bzw. mich aber auch nicht interessiert, da die Bezieher von ALG II in aller Regel ohnehin unpfändbar sind. Im Zweifel hinterfrage ich den Sachverhalt bei der ARGE.

    Mengenmäßig hält sich die Zahl der Sanktionierten in meinen Bezirken aber auch eher in Grenzen, so dass ich nicht den Eindruck habe, dass dieses Problem ein Massenphänomen ist. Dass es diejenigen, die betroffen sind, dennoch hart trifft, glaube ich gerne. Tränenreiche Vorsprachen bei Hartz-IV-Empfängern sind mir wahrhaftig nicht fremd.
    „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit. Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
    (Albert Einstein)

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      Na ja, ich kenn halt welche, die vor Gericht Recht bekommen haben, dass die Sanktionierung nicht rechtens war, aber das Amt weigert sich weiterhin, zu zahlen. Aber natürlich kenn ich auch welche, wo es voll berechtigt ist/sein mag.
      Nothing is forgotten, nothing is ever forgotten!

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        Zitat von DeLouise Beitrag anzeigen
        Sanktionieren kann man nur grobes Fehlverhalten. Wer Bewerbungen schreibt und abschickt wie gefordert, den kann man nicht sanktionieren.

        Jetzt muss ich aber mal lachen. Ich kenn Leute, die wurden sanktioniert, weil Sachbearbeiter meinte, das Anschreiben wäre zu schlecht.

        Wer zu einem Vorstellungsgespräch geht und extrem unangenehm auffällt (also wie ein Iltis stinkt, volltrunken oder gar nicht dort auftaucht), der hat es verdient sanktioniert zu werden.

        Und was ist mit denen, die Zeitarbeitsfirmen nach den illegalen Zeitkonten fragen und dann angeschissen werden beim Amt und Sanktionen kriegen? Obwohl sie nur Fragen stellen, die es im Gespräch nunmal gibt.

        Andererseits: wer sanktioniert die Jobcenter-Angestellten, die völlig sinnlose Stellenvermittlungen vornehmen wollen? (schönes Beispiel ist meine Freundin: kein Führerschein, kein Auto, ist also auf ÖPNV angewiesen und daher an diese Verkehrsmittel gebunden - ihr wurden aber mit Sanktionen gedroht, selbst wenn sie nachweisen konnte, dass es sinnlos ist sich bei Stellen zu bewerben [Gastronomie], von denen man bei Arbeitsende nicht oder erst am nächsten Morgen um 5 Uhr wieder nach Hause kommt)

        Alg II stellt das (zu niedrige) Existenzminimum laut Grundgesetz dar. Wenn dann sanktioniert und gestrichen wird, ist die Existenz nicht mal mehr minimal gesichert. Somit liegt ein grober Verstoß gegen das Grundgesetz vor.

        Ja, und das endet sicher öfter als gedacht in einer Privatinsolvenz.

        Das endet mit Hungern, Wohnung verlieren, Strom abgestellt kriegen.

        Ich wollte das dann doch gerne noch einmal schriftlich wiederholt haben. Da wird man dann auch schon als Steuerzahler angeblökt... - und ich bezahle diese unverschämten Personen immerhin mit meinen Steuergeldern!

        Du solltest dir als Steuerzahler mal Gedanken machen, warum so viele Millionen und Milliarden an Banken gegeben werden und bei Erwerbslosen in Sinnlosmaßnahmen verschleudert werden wie das zigste Bewerbungstraining.

        Die Grundsätze sind recht einfach strickbar. Eine Anzahl von X Bewerbungen pro Woche ist zu schreiben und in Kopie (wenn vorhanden mit Antwort) dem Amt vorzulegen. Wer zusätzlich Bewerbungen schreibt bekommt pro Bewerbung einen Betrag X, wer Bereitschaft zum Umzug zeigt um einen Job annehmen zu können sollte die Kosten dafür ersetzt bekommen und vielleicht einen kleinen "Bonus" bekommen (nicht zu viel, vielleicht 50 € oder so) oder wer Eigeninitiative zeigt könte auch belohnt werden.

        Quantität vor Qualität? Wenn es nach deinem System ginge, würden die Leute 100e Bewerbungen schreiben und das Geld kassieren und hätten immer noch keinen Job, weil es einfach nicht genug freie Arbeitsplätze gibt.

        Somit wäre sichergestellt, dass die Unwilligen nur den Grundbetrag bekommen, und diejenigen, die sich engagieren dafür belohnt werden.

        Wie wäre es mit in den Käfig sperren für die, welche z.B. ein bis zwei gut durchdachte Bewerbungen, die was bringen würden, besser fänden als Leute, die sich dann irgendwo bewerben, auch wenn sie wissen, dass sie gar nix kriegen?

        Es ist ja nicht nur der Fall. Da ich lange Zeit in Berlin z.B. gelebt habe und dort jeder Dritte ohne Erwerbstätigkeit ist könnte ich dir Fall über Fall darlegen, in denen es zu irrwitzigen Aussagen und Situationen kommt.
        Na dann schieß mal mit deiner Schlauheit los.

        Zitat von DeLouise Beitrag anzeigen
        Ist ja nur ein Beispiel, wie man so etwas bemessen könnte. Derzeit ist es halt so, dass man eine Zahl von X Bewerbungen pro Woche nachweisen mus. Ob sinnvoll oder nicht lassen wir dahingestellt. Wer darüber hinausgeht und mehr macht, der sollte belohnt werden.
        Es kommt nicht auf die Quantität an. Du kannst 100 Bewerbungen in einem Monat schreiben, was alles nichts bringt, wenn es keine zu besetzenden Arbeitsplätze gibt. Es werden überall Stellen abgebaut.

        Zitat von Achilles Beitrag anzeigen
        Also, zu den Sanktionen möchte ich noch folgendes hinzufügen:

        Ich persönlich habe nicht den Eindruck, dass die Mehrzahl der Betroffenen glaubt, zu Unrecht sanktioniert worden zu sein. Natürlich ist niemand begeistert, wenn er weniger Geld bekommt, aber wenn ich die Gründe für die Sanktionierung hinterfrage, dann drucksen die meisten rum oder geben offen zu, dass sie selber nicht ganz unschuldig daran sind.

        Und von wie vielen Betroffenen reden wir hier? Wie viele kennst du?

        Wenn ich dann weiter frage, wie sie denn die Sanktion finanziell verkraften, dann wird auf kurzfristige Hilfen von Familienangehörigen oder Freunden verwiesen, was für mich nicht nachprüfbar ist bzw. mich aber auch nicht interessiert, da die Bezieher von ALG II in aller Regel ohnehin unpfändbar sind. Im Zweifel hinterfrage ich den Sachverhalt bei der ARGE.

        Du gehst beim Amt petzen? (Hinterfragen)

        Mengenmäßig hält sich die Zahl der Sanktionierten in meinen Bezirken aber auch eher in Grenzen, so dass ich nicht den Eindruck habe, dass dieses Problem ein Massenphänomen ist. Dass es diejenigen, die betroffen sind, dennoch hart trifft, glaube ich gerne. Tränenreiche Vorsprachen bei Hartz-IV-Empfängern sind mir wahrhaftig nicht fremd.
        Oh weia. Hört sich an, als wären Alg II Bezieher Untermenschen für dich..

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          Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
          Oh weia. Hört sich an, als wären Alg II Bezieher Untermenschen für dich..
          Das liest sich zu keiner Sekunde aus dem Zitat heraus. Es ist ja verständlich, daß dieses Thema sehr emotional ist, aber dann sollte die Kirche trotzdem im Dorf gelassen werden.

          Kommentar


            Zitat von Halman Beitrag anzeigen
            Es gibt ja Fälle, in denen der Regelsatz um 60% für drei Monate gekürzt wird. Wie diese dann überleben wüsste ich gern.
            Wenn diese Betroffenen kurzfristig tatsächlich keine Arbeit finden - und dafür mag es vielfältige Gründe geben - und auch niemanden haben, der finanziell einspringt, dann leben sie vom Müll. Pfandflaschen sind eine Option, um wenigstens ein paar Euro für Essen zu bekommen. Ansonsten bleibt Betteln.
            "En trollmand! Den har en trollmand!"

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              Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
              Und von wie vielen Betroffenen reden wir hier? Wie viele kennst du?
              Es sind genügend Fälle, die eine entsprechende Einschätzung ermöglichen.

              Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
              Du gehst beim Amt petzen? (Hinterfragen)
              Der behördliche Austausch von dienstlich relevanten Daten und Informationen fällt unter den Begriff der Amtshilfe (Artikel 35 GG). Von „petzen“ oder ähnlichen Unterstellungen kann keine Rede sein.

              Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
              Oh weia. Hört sich an, als wären Alg II Bezieher Untermenschen für dich..
              Heute einen Troll gefrühstückt?
              Zuletzt geändert von Achilles; 13.09.2012, 23:22.
              „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit. Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
              (Albert Einstein)

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                Zitat von Liopleurodon Beitrag anzeigen
                Wenn diese Betroffenen kurzfristig tatsächlich keine Arbeit finden - und dafür mag es vielfältige Gründe geben - und auch niemanden haben, der finanziell einspringt, dann leben sie vom Müll. Pfandflaschen sind eine Option, um wenigstens ein paar Euro für Essen zu bekommen. Ansonsten bleibt Betteln.
                Oder sie leben von Semelbröseln und Wasser. So musste ein guter Freund von mir auch einige Tage überleben. Familie kann nicht helfen, und um mich zu fragen war er zu stolz. Und das finde ich einfach mehr als nur traurig, dass es dazu in unserer Gesellschaft kommen kann.

                Natürlich wäre die langfristige Lösung Arbeitsplätze zu schaffen. Aber mal ehrlich: welche Firma lässt sich von einem Staat schon zwingen oder motivieren Arbeitsplätze zu schaffen? Fördert man, dann stirbt der AP genau an dem Tag, an dem die Förderung ausläuft. Droht man, dann wandert die Firma ins Ausland ab (oder droht zumindest damit) und/oder vernichtet weitere AP.

                Im Moment bleibt uns Nichts anderes übrig als die Arbeitslosen staatlich zu finanzieren...
                Gregory DeLouise
                kommandierender Offizier der USS HORUS, NCC-90810
                --------------------------------------------------------------
                "Everybody is a genius. But if you judge a fish by its ability to climb a tree, it will live its whole life believing that it is stupid." - Albert Einstein

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                  Zitat von Liopleurodon Beitrag anzeigen
                  Wenn diese Betroffenen kurzfristig tatsächlich keine Arbeit finden - und dafür mag es vielfältige Gründe geben - und auch niemanden haben, der finanziell einspringt, dann leben sie vom Müll. Pfandflaschen sind eine Option, um wenigstens ein paar Euro für Essen zu bekommen. Ansonsten bleibt Betteln.
                  Die Würde des Menschen... usw.

                  Ist natürlich ganz toll, dass sie dann vom Müll leben können und von den wenigen Pfandflaschen, die man evtl. mal am Wochenende findet. Toll.

                  Dann kann ja ruhig weiter sanktioniert und den Leuten das Existenzminimum, was ihnen laut Grundgesetz zusteht, genommen werden.


                  Zitat von Achilles Beitrag anzeigen
                  Es sind genügend Fälle, die eine entsprechende Einschätzung ermöglichen.

                  Wie viele sind genügend? Oder doch nur die Sendungen auf RTL/RTL II/Pro7/SAT1 gesehen und die Bild gelesen?

                  Der behördliche Austausch von dienstlich relevanten Daten und Informationen fällt unter den Begriff der Amtshilfe (Artikel 35 GG). Von „petzen“ oder ähnlichen Unterstellungen kann keine Rede sein.
                  Natürlich, irgendeinen Namen muss das Kind ja haben. Aber am Ende bleibt es petzen, denunzieren...

                  Zitat von DeLouise Beitrag anzeigen
                  Oder sie leben von Semelbröseln und Wasser. So musste ein guter Freund von mir auch einige Tage überleben. Familie kann nicht helfen, und um mich zu fragen war er zu stolz. Und das finde ich einfach mehr als nur traurig, dass es dazu in unserer Gesellschaft kommen kann.

                  Das Existenzminimum steht jedem laut Grundgesetz zu und jetzt einfach mal fragen, warum das noch unterschritten werden darf, wenn es doch schon das Minimum ist.

                  Natürlich wäre die langfristige Lösung Arbeitsplätze zu schaffen. Aber mal ehrlich: welche Firma lässt sich von einem Staat schon zwingen oder motivieren Arbeitsplätze zu schaffen? Fördert man, dann stirbt der AP genau an dem Tag, an dem die Förderung ausläuft. Droht man, dann wandert die Firma ins Ausland ab (oder droht zumindest damit) und/oder vernichtet weitere AP.

                  Alle Firmen können auch nicht auswandern. Aber es werden lieber die großen Firmen gefördert, anstatt die Kleineren, die dann einfach Pleite gehen weil die Konkurrenz zu groß ist.

                  Im Moment bleibt uns Nichts anderes übrig als die Arbeitslosen staatlich zu finanzieren...
                  Und die Milliarden für die Euro Rettungsschirme aufzubringen und die Bundeswehreinsätze im Ausland... ach da kann man doch ruhig wieder auf diejenigen eintreten, die es eh schon am Beschi*ssensten haben - die Arbeitslosen, die Rentner mit kleiner Rente, die Kranken.

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                    Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
                    Wie viele sind genügend? Oder doch nur die Sendungen auf RTL/RTL II/Pro7/SAT1 gesehen und die Bild gelesen?
                    Ich kann es beurteilen. In meinem VT kannst du nachlesen, was ich beruflich mache. Die Antwort auf deine Fragen kannst du dir dann selbst geben.

                    Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
                    Natürlich, irgendeinen Namen muss das Kind ja haben. Aber am Ende bleibt es petzen, denunzieren...
                    Aha. Alle öffentlichen Dienststellen sind also Denunzianten. Hast du diese Informationen von RTL/RTL II/Pro7/SAT1 und der Bild?

                    Wir können auf sachlicher Ebene gerne weiterdiskutieren, aber vorher solltest du dringend deinen Diskussionsstil überdenken.
                    „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit. Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
                    (Albert Einstein)

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                      Was ist ein VT?

                      'Was ich mit denunzieren/petzen meine, weißt du sehr wohl. Wird ja auch anerkannt, wenn der Nachbar irgendwelche Infos "anonym" weitergibt, weil er den Arbeitslosen nicht leiden kann. Dann kommt gleich der Schnüffeldienst, der droht, die Leistungen einzustellen, wenn er nicht bei dem Arbeitslosen in den Schränken rumwühlen darf.

                      Mir sind da so einige Fälle bekannt und da die Betroffenen in den wenigsten Fällen aufgeklärt werden, was ihre Rechte sind, wirds echt arg übel: Stasi 2.0.

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                        Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
                        Was ist ein VT?
                        VT = Vorstellungsthread (Community-Bereich)

                        Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
                        'Was ich mit denunzieren/petzen meine, weißt du sehr wohl. Wird ja auch anerkannt, wenn der Nachbar irgendwelche Infos "anonym" weitergibt, weil er den Arbeitslosen nicht leiden kann. Dann kommt gleich der Schnüffeldienst, der droht, die Leistungen einzustellen, wenn er nicht bei dem Arbeitslosen in den Schränken rumwühlen darf.

                        Mir sind da so einige Fälle bekannt und da die Betroffenen in den wenigsten Fällen aufgeklärt werden, was ihre Rechte sind, wirds echt arg übel: Stasi 2.0.
                        Um es vorweg zu nehmen: Ich arbeite nicht bei der ARGE und gehörige nicht zu jenen Bediensteten, deren vorrangige Aufgabe es ist, vor Ort Feststellungen zu treffen, um diese dann an den jeweiligen Leistungsträger weiterzuleiten (im Volksmund gerne „Schnüffler“ genannt). In meiner Funktion als Vollziehungsbeamter (Gerichtsvollzieher) einer Stadtverwaltung komme ich täglich zwangsläufig mit Schuldnern in Berührung, die ALG II-Leistungen beziehen. Der Grund ist klar: Wenig Einkommen = höheres Verschuldungsrisiko. Aus der jahrelangen Erfahrung heraus kann ich sagen, dass es ALG II-Empfänger gibt, die mit der Situation relativ gut klarkommen (jedenfalls nach meiner Einschätzung, denn zugeben würde das aus verständlichen Gründen wohl niemand). Anderen wiederum sieht man die Armut, den Frust und den Kummer regelrecht an, und das meine ich nicht geringschätzig. Viele, zu denen ich im Lauf der Jahre ein solides Vertrauensverhältnis aufbauen konnte, nutzen immer wieder die Gelegenheit, mir von ihren alltäglichen Schwierigkeiten zu erzählen. Einige berichten mir, dass sie regelmäßig zur Tafel gehen. Die meisten fühlen sich auch persönlich ausgegrenzt, worunter offensichtlich auch ihr Selbstbewusstsein leidet. Tja, und dann beginnt nicht selten ein Teufelskreis, wobei ich es mir schon längst abgewöhnt habe, über einzelne Schuldner mit Hartz IV-Hintergrund zu urteilen (positiv wie negativ). Würde ich das tun, dann könnte ich meine Arbeit nicht mit der nötigen Distanz und Objektivität verrichten. Hinzu kommt, dass ich u.a. in einem sozialen Brennpunkt mit hohem Ausländeranteil tätig bin, was meine Arbeit auch nicht unbedingt erleichtert (Verständigungsprobleme etc.).

                        Aber um beim Thema zu bleiben:

                        Schuldner mit Sanktionen habe ich immer wieder mal dabei. Interessant ist, dass mir meistens erst dann auffällt, dass sie sanktioniert wurden, wenn ich ihren aktuellen Leistungsbescheid einsehe und feststelle, dass der Auszahlungsbetrag geringer ausfällt als gewöhnlich. Erst auf Nachfrage räumen die meisten aber ein, dass sie sanktioniert wurden. In kann mich in all der Zeit nur an ganz wenige Fälle erinnern, wo jemand offenbar zu Unrecht sanktioniert wurde. In einem Fall ging es darum, dass derjenige eine Vorladung zu einem Gespräch bei der ARGE nicht erhalten hatte. Da ich denjenigen seit Jahren kenne und weiß, dass er nicht lügt, habe ich ihm das geglaubt. Wie die Sache ausgegangen ist, weiß ich nicht. Die meisten geben aber zu, die Sanktion selbst verschuldet zu haben, sei es durch Schlampigkeit (wobei ich nicht behaupte, dass alle ALG II-Bezieher schlampig sind) oder was auch immer. In der Regel hinterfrage ich die Gründe aber nicht näher, denn dazu fehlt mir bei 5 Bezirken und ca. 2.000 Schuldnern schlicht und einfach die Zeit.

                        Oft kommt es auch vor, dass die Betroffenen ihren letzten Bescheid nicht finden (obwohl ich meinen Besuch i.d.R. ankündige). Ich weiß zwar, dass sie im Leistungsbezug sind, aber ich brauche für die Niederschrift eben die genauen (Stamm-)Daten des Schuldners, und diese erfrage ich bei der ARGE. Mit „schnüffeln“ oder „denunzieren“ hat das nichts zu tun; das sind routinemäßige Arbeitsabläufe. Ganz abgesehen davon, dass ich persönlich überhaupt keinen Nutzen davon hätte, denn wenn derjenige möglicherweise „bestraft“ wird und die Leistungen gekürzt werden, dann hätte das zur Folge, dass die Ratenzahlungen, die ich mit vielen Zahlungspflichtigen vereinbart habe, nicht mehr fortgesetzt werden könnten. Und damit würde ich mir dann ins eigene Knie schießen. In diesem Kontext ist übrigens interessant, dass viele Betroffene von sich aus eine Ratenzahlung beantragen, weil sie nicht noch tiefer reinrutschen wollen. Für viele ist das sozusagen eine „Frage der Ehre“.

                        Es gibt allerdings auch solche Kandidaten, bei denen man merkt, dass irgendwas nicht stimmt. Es handelt sich nach meiner Erfahrung zumeist um Schuldner mit Migrationshintergrund (und NEIN, ich bin KEIN Ausländerfeind!). Das gestaltet sich dann zumeist so: Die Familie bezieht ALG II, und der Mann arbeitet (angeblich) nicht. So weit, so gut. Merkwürdig ist nur, dass er ständig schick gekleidet in einschlägigen Kneipen und sonstigen Gaststätten verkehrt und auch immer mit den dicksten Autos – die aber natürlich nicht auf ihn zugelassen sind – durch die Gegend fährt. Hier ist offensichtlich, dass er auch noch andere Einkünfte hat, die er dem Amt verschweigt. Nachweisen kann man ihm aber so gut wie nichts.

                        Das Problem ist aber, dass ALG II-Betrüger – und ich rede hier ausdrücklich nur von den tatsächlichen Betrügern, d.h. diejenigen, die wissen, dass sie den Staat besch(...)en – mit ihrem Verhalten auch dazu beitragen, dass die ehrlichen ALG II-Bezieher oftmals mit ihnen zusammen in einen Topf geworfen werden. Das gesellschaftliche Ansehen der Hartz IV-Empfänger, um das es ja ohnehin schon nicht zum Besten steht, leidet dann darunter noch mehr.

                        In solchen Fällen wie dem oben geschilderten – und das ist kein Einzelfall – halte ich es für absolut legitim, dass das Amt dem Betreffenden auf die Finger schaut und auch entsprechende Nachforschungen anstellt (sofern überhaupt Personal dafür vorhanden ist). Betrügerischer Leistungsbezug ist nämlich kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat, die mit Haft- oder Geldstrafen geahndet werden kann – vorausgesetzt, der Nachweis wird erbracht. Im Zweifel entscheidet ein Gericht, genauso, wie es über ungerechtfertigte Sanktionen oder fehlerhafte Leistungsbescheide entscheidet.

                        Nachbarschaftliches Denunziantentum mag es selbstverständlich auch geben. Das beschränkt sich aber nicht nur auf den sozialen Bereich, sondern kommt in nahezu allen anderen gesellschaftlichen Bereichen ebenso vor. Hier wäre das Beispiel des Rentners zu nennen, dem es Spaß macht, Falschparker anzuschwärzen (so einen Kandidaten gibt es bei uns auch). Im Hartz IV-Bereich ist mir das bis dato nicht so stark aufgefallen, vielleicht aber auch, weil viele nicht darüber reden (wollen). Ich habe aber vielmehr die Erfahrung gemacht, dass „gemeinschaftliche Armut“ (das setze ich mal bewusst in Anführungszeichen) eher zusammenschweißt, d.h. viele Schuldner tauschen sich untereinander aus, was ja auch legitim ist.

                        Tja, und zu der Frage, ob Hartz IV zu niedrig bemessen ist: Ich kann es nicht direkt beurteilen, da ich persönlich nicht davon betroffen bin. Aber allein der Gedanke, mit 374 Euro Regelsatz zzgl. Unterkunftskosten über die Runden kommen zu müssen, lässt mich erschaudern, da bin ich ganz ehrlich.
                        „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit. Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
                        (Albert Einstein)

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                          Sanktionen

                          Ja, ich weiß - ich bin spät drann. Bitte sanktioniert mich nicht.

                          Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
                          Sanktioniert wird schon, wenn dem Sachbearbeiter nicht passt, dass der Arbeitslose ein Bewerbungsschreiben aufsetzt, was dem Sachbearbeiter nicht gefällt.
                          Das ist krass.

                          Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
                          Es wird sanktioniert, wenn man einmal den Termin vergisst. Hand hoch, wer noch nie was vergessen hat.
                          Vom menschlichen Standpunkt kann das natürlich jedem mal passieren. Aber das SGB II ist hier relativ streng. Jobcenter müssen das Gesetz ausführen, wie es der Gesetzgeber vorgesehen hat, in diesem Fall § 32 SGB II*Meldeversäumnisse.

                          Ferner verweise ich auf:
                          § 31a SGB II*Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen
                          § 31b SGB II*Beginn und Dauer der Minderung

                          Vergessen gilt rechtlich allgemein übrigens als fahrlässig und damit schuldhaft. Meldetermine beim Jobcenter werden gerne mit dem pünktlichem Erscheinen beim Arbeitgeber verglichen.

                          Meine Meinung steht auf einem anderen Blatt, aber eben nicht im Gesetz. Die Jobcenter können dafür auch nichts. Für fachliche Fehler in der Rechtanwendung aber schon. Aber vieles, was kritisiert wird, ist laut Gesetz so vorgesehen (siehe Sanktionen).

                          Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
                          Es wird sanktioniert, wenn man eine schwachsinnige Maßnahme (PC Grundkurs für Bürofachkräfte als Beispiel) abbricht.
                          Das fällt dann wohl unter § 31 SGB II I Nr. 3.
                          3. eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
                          Wobei dergleichen Sinnlosmaßnamen wirklich nur eine Schickanierung darstellen, die obendrein über unsere Steuergelder finanziert werden.
                          Aber das fällt eben unter der Mitwirkungspflicht.

                          Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
                          Man wird sanktioniert, wenn man kein Attest vorlegt vom Arzt, sondern nur eine einfache Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
                          Ja, dies wurde geändert. Eine AU reicht nicht mehr, um nachzuweisen, dass man außerstande ist, einen Meldetermin wahrzunehmen.

                          Zitat von Bethany Rhade Beitrag anzeigen
                          Damals gabs auch keine Schwemme von Billigjobs, wo die Leute, die Vollzeit arbeiten gehen, trotzdem Hartz 4 beziehen müssen.

                          Damals gabs Jobs, die vernünftig bezahlt wurden.

                          usw
                          Diese Entwicklung ist der von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft so gewollt.


                          Zitat von DeLouise Beitrag anzeigen
                          Andererseits: wer sanktioniert die Jobcenter-Angestellten, die völlig sinnlose Stellenvermittlungen vornehmen wollen? (schönes Beispiel ist meine Freundin: kein Führerschein, kein Auto, ist also auf ÖPNV angewiesen und daher an diese Verkehrsmittel gebunden - ihr wurden aber mit Sanktionen gedroht, selbst wenn sie nachweisen konnte, dass es sinnlos ist sich bei Stellen zu bewerben [Gastronomie], von denen man bei Arbeitsende nicht oder erst am nächsten Morgen um 5 Uhr wieder nach Hause kommt)
                          Nun, grundsätlich besteht die Möglichkeit einer Beschwerde.

                          Zitat von DeLouise Beitrag anzeigen
                          Bewerbungskostenbeihilfe? Ich kene nur wenige Fälle, in denen nicht von der IFK vorne herein gesagt wurde "Da haben Sie keinen Anspruch drauf..."
                          Nun, mir sind nur zwei Jobcenter näher von ihrer Arbeitsweise bekannt und bei beiden werden im Regelfall die Kosten für nachweisbare Bewerbungen auf Antrag übernommen.


                          Zitat von Taanae Beitrag anzeigen
                          Ich halte eine Verpflichtung zu einer bestimmten Anzahl von Bewerbungen für unsinnig, da man nie weiß, wo und wann man "artgerechte" Arbeitsmöglichkeiten findet. Viele unsinnige Bewerbungen kosten nur unnötig Geld. Wer gezielt sucht, kommt auch mit wenigen Bewerbungen zum Ziel, wenn der Arbeitsmarkt dies hergibt.
                          Ja, ich denke auch, dass die geziehlte Suche sinnvoller ist, als Bewerbungen aus der Pflicht heraus blind zu streuen. Wenn die Arbeitslosen aufgrund der EGV'en eine Bewerbungsquote erfüllen müssen, ist es für AG auch schwer einschätzbar, welche Motivation wirklich hinter der Bewerbung steht.


                          Zitat von TimeGypsy Beitrag anzeigen
                          Vermutlich ähnlich wie die, die 100% gesperrt werden? Ich kenn da welche, die das schonmal hatten (teils zu unrecht). Da muß man halt "kreativ" sein & Phantasie haben, oder so. Nee, aber ist schon echt heftig. Von denen, die dann nur diese Lebensmittelgutscheine bekommen, weiß ich, dass sie sich davon erstmal mit Pfandflaschen eindecken, um dann vom Pfand andere Sachen kaufen zu können. Ansonsten wird halt auch schonmal gehungert, geschnorrt...

                          Je nachdem, was man noch zur Verfügung hat, werden halt möglichst ergiebige Sachen gekauft, die man strecken kann, etc. Und wenns eben jeden Tag Nudeln mit (oder ohne) Ketchup gibt.
                          Also, bevor ich im Jobcenter eingestellt wurde, war ich ja selbst "Kunde". Glücklicherweise wurde ich nie sanktioniert (eine verhängte Sanktion konnte ich in einem Gespräch abwenden - absolute Ausnahme). Wäre ich sanktioniert worden, hätte dies meine wirtschaftliche Existenz bedroht. Dass konnte ich mir schlicht und ergreifend nicht leisten. Da war bei mir kein Spielraum.


                          Zitat von Achilles Beitrag anzeigen
                          Mengenmäßig hält sich die Zahl der Sanktionierten in meinen Bezirken aber auch eher in Grenzen, so dass ich nicht den Eindruck habe, dass dieses Problem ein Massenphänomen ist.
                          Am häufigsten dürften Sanktionen nach § 32 SGB II sein. Diese kann man noch verkraften, da sie den Regelsatz lediglich um gegenwärtig 37,40 € für drei Monate beschneiden.

                          Die Sanktionen bei Pflichtverletzungen nach § 31a SGB II sind aber sehr hart.

                          Zitat von Achilles Beitrag anzeigen
                          Dass es diejenigen, die betroffen sind, dennoch hart trifft, glaube ich gerne. Tränenreiche Vorsprachen bei Hartz-IV-Empfängern sind mir wahrhaftig nicht fremd.
                          Nun, ich kenne als ehemahliger "Kunde" und Mitarbeiter in einem Jobcenter beide Seiten.


                          Zitat von TimeGypsy Beitrag anzeigen
                          Na ja, ich kenn halt welche, die vor Gericht Recht bekommen haben, dass die Sanktionierung nicht rechtens war, aber das Amt weigert sich weiterhin, zu zahlen. Aber natürlich kenn ich auch welche, wo es voll berechtigt ist/sein mag.
                          Das Jobcenter bzw. Sozialzentrum weigert sich, trotz richterlicher Entscheidung zugunsten des Klägers?

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                            Zitat von Halman Beitrag anzeigen
                            Das Jobcenter bzw. Sozialzentrum weigert sich, trotz richterlicher Entscheidung zugunsten des Klägers?
                            jupp. Einer, mit dem ich näher zu tun hatte, hatte ganz schön zu kämpfen, über nen längeren Zeitraum. Ich hab aber null Ahnung, wie es letztendlich ausging oder ob er das ihm zustehende womöglich immernoch nicht bekommen hat.
                            Nothing is forgotten, nothing is ever forgotten!

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                              Ich habe mich jetzt mal schlau gemacht:

                              Das steuerfreie Existenzminimum beträgt schon seit 2005 8.004 Euro pro Person im Jahr (oder umgerechnet 667 Euro im Monat).
                              Das sächliche Existenzminimum wurde auf 7.896 Euro im Jahr für Ledige festgesetzt (oder 658 Euro monatlich).
                              Daneben gibt es das schuldrechtliche Existenzminimum von 985,15 Euro netto bei alleinstehenden Personen.

                              Der Hartz IV-Regelsatz liegt seit diesem Jahr bei 374 Euro.

                              Nun muss man natürlich Sachbezüge wie Mietkostenübernahme etc. mit berücksichtigen. Jedoch werden die meisten Geringverdiener, für die die Minialgrenzen zum Existenzminimum greifen, ebenso wie viele, die nur knapp darüber liegen, ebenfalls Mietkostenzuschüsse oder Wohngeld beantragen.

                              Von den also eh aus meiner Sicht zu niedrig angesetzten 374 Euro auch noch Sanktionen abzuziehen halte ich nicht nur für falsch, sondern sogar für menschenunwürdig.
                              Gregory DeLouise
                              kommandierender Offizier der USS HORUS, NCC-90810
                              --------------------------------------------------------------
                              "Everybody is a genius. But if you judge a fish by its ability to climb a tree, it will live its whole life believing that it is stupid." - Albert Einstein

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                                Das "Schöne" ist ja auch, dass es scheinbar seit ner Weile ja reicht, wenn in nem Schrieb steht, dass man bei Nichtbeachtung von diesem oder jenem sanktioniert werden kann. Das Jobcenter muß einem mein ich nicht nochmal extra mitteilen, dass man sanktioniert wurde und vor allem aber brauchen sie einem nicht sagen, ab wann sanktioniert wird. (Das Thema hatten wir ja schonmal im andern Thread, als das eingeführt werden sollte.)
                                Nothing is forgotten, nothing is ever forgotten!

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