Zitat von newman
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Und um zum Thema zurückzukommen: Fast jede Form der heutigen Personalführung ist Manipulation. Das System "Anweisung, Ausführung, Abrechnung" ist dem persönlichen Gespräch mit Endergebnis "freiwillige, unbezahlte Überstunden" gewichen. In einigen Fällen subtil, in häufigeren Fällen aus blanker Angst vor Jobverlust. Einfluss nehmen bedeutet Macht ausüben, und die Menge der verfügbaren Macht - ob durch Geld, Geburt oder Amt - multipliziert die Möglichkeiten des Einzelnen. Ausser Geburt - die als Faktor von Macht aber allein in der westlich-zivilisierten Welt kaum noch eine Rolle spielt - kann der Einzelne also Umwege machen, um sich die nötige Macht anzueignen, die benötigt wird, um das zu Beinflussen, was er ändern will.
Zwei der Haupthindernisse sind dabei im Kopf: Motivation und Moral. Moralisch kann der nötige Umweg jemandem unmöglich sein, weil man so "selbst zu dem Übel wird, das man bekämpfen will" - ein bekanntes Motiv von moralischen Dilemma aus Literatur und Philosophie. Eine Menge Menschen lehnen Manipulaiton von anderen zB aus moralischen Gründen ab und verbauen sich so einen Weg zur Machtvermehrung; manchmal den notwendigen, einzig möglichen Weg.
Motivation schlägt gleich doppelt zu: Einmal kann der lange Umweg vom Startpunkt an derart demotivierend wirken, daß man gar nicht erst anfängt; zum Zweiten kann man auf dem Umweg an einen Punkt kommen, an dem sich die persönliche Situation soweit verändert hat, daß man seinen ursprünglichen Plan aufgibt oder die Umsetzung desselben plötzlich zum persönlichen Nachteil wird.
Wille und Rücksichtlosigkeit bringen den Einzelnen in Positionen, in denen er Einfluss ausüben kann. Natürlich werden die Neunmalklugen hier wieder behaupten, "sein Einfluss beschränkt sich darauf, das Papier verfärbt zu haben", wenn Leute wie Putin Gesetze abzeichnen, die die Diskriminierung von Minderheiten in seinem Land legal machen, aber effektiv kippen Leute wie Putin die Gesellschaftsentwicklung damit in die Richtung, die sie sich wünschen. Das ist schon sehr viel Einfluss.
In der Praxis wird die Masse derer, die diesen Weg versuchen, aber scheitern. Das ist durch verschiedene Faktoren bedingt; der wichtigste dabei ist: Egal welche Form eine Gesellschaft hat, an der Spitze ist nur begrenzter Platz verfügbar. Andere wollen halt ebenfalls Einfluss nehmen, und der rücksichtslosere setzt sich durch.
Weitere Faktoren sind unkontrollierbare Zufallsgrößen (ein defektes Faxgerät hindert die Konkurrenz daran, ein Patent vor einem selbst anzumelden - Glück gehabt; ein Stau mit Vollsperrung nach Verkehrsunfall hindert einen selbst daran, einen wichtigen Termin wahrzunehmen - Pech gehabt; wie anders kann ein Leben laufen, wenn man sich an einem bestimmten Morgen nicht mit Kaffee bekleckert hätte?) und die Gegenwehr der anderen Seite. Den eins sollte man nicht vergessen: Wenn ein Umstand zum Nachteil von Millionen Menschen existiert, den man in der richtigen Position ganz leicht ändern könnte, heißt das nicht automatisch, daß man Schlauer ist als die Leute, die bisher in dieser Position waren - sondern viel häufiger, daß ein paar hundert enorm von diesem Umstand profitieren und diesen schützen; auch mit Leuten in besagter Position, die eben nichts ändern wollen. Hier wird die Einflussnahme zum Kampf, und mit dem richtigen Gegner....
Zitat von Tibo
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