Zitat von Bynaus
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Insofern wird es - trotz aller Redundanz in den Gehirnen von hochentwickelten Tieren - für jede Intelligenz eine Mindestgehirngröße geben. Bei einem Wesen mit der Gehirngröße eines Fisches könnte man z.B. ziemlich sicher sein, dass es keine Atomphysik betreibt.
Auch wäre die Zunahme des Hirnvolumens im Zuge der Hominisation unbegreiflich, gäbe es zwischen Gehirngröße und Intelligenz keinen Zusammenhang.
Und schließlich hat im Laufe der Evolution nicht nur das Hirnvolumen, sondern auch die Differenziertheit des Gehirns immer weiter zugenommen. Mit den Reptilien entstand die Großhirnrinde, mit den Säugetieren der Neocortex usw.
Aber selbst wenn es so wäre, dann bedeutet das keinen generellen Trend hin zu grösserer Intelligenz. Wenn man sich die Entwicklung irgend eines anderen evolutionären Merkmals ansieht, und man pickt eines heraus, das in einer heute lebenden Spezies besonders ausgeprägt ist (sagen wir, die Rüssellänge bei Elefanten), dann wird man ganz natürlicherweise in der Evolution einen "Trend" hin zur Bildung dieses Merkmals in seiner heutigen Ausprägung erkennen.
Warum soll der letzte gemeinsame Vorfahre von Mensch und Schimpanse hier eine Rolle spielen?
Hätte ich das Gedankenexperiment so konzipiert, dass nur Fische, Amphibien und noch primitivere Lebewesen übrig bleiben, dann sähe die Sache natürlich ganz anders aus.
Es geht doch nur darum, wie oft der offenbar ziemlich gewundene Weg zu einer zivilisationsfähigen Spezies beschritten wird. Dafür sind ausserordentliche Merkmalskombinationen nötig, wobei es wohl egal ist, welche Tierfamilie diese Kombination am Ende (wie auch immer) hervorbringt. Diese Merkmalskombination ist aber bisher erst ein einziges Mal aufgetreten. Sie hat sich zwar in den letzten 5 Mio Jahren entwickelt, aber die (mehrzellige) irdische Biosphäre musste erst über 500 Mio Jahre alt werden, bis sie zum ersten Mal auftrat.
Womit ich natürlich nicht andeuten will, dass es sich bei der Evolution um einen zielgerichteten Prozess handelt. Ich will nur sagen: Die Tatsache, dass wir die ersten sind, obwohl die Evolution der Vielzeller schon 500 Millionen Jahre läuft, beweist nicht, dass die Entwicklung von zivilisationsfähigen Wesen (irgendwann im Laufe einer Evolution) ein extremer Zufall ist. Die Tatsache, dass die Entwicklung der Vielzeller sogar 3 Milliarden Jahre gedauert hat, beweist ja auch nicht, dass die Entstehung von Vielzellern extrem unwahrscheinlich ist, sofern genug Zeit vorhanden ist.
Zudem, wenn es tatsächlich so wäre, dass die Kombination aus irgend einem Grund heute (und in Zukunft) wahrscheinlicher aufträte,
Du kannst ja behaupten, dass die Entwicklung einer neuen Zivilisation immer noch extrem unwahrscheinlich wäre, aber dass sie auf der Basis meines Gedankenexperiments zumindest viel wahrscheinlicher wäre, als wenn die Fauna noch einmal auf den Stand des Jura-Zeitalters zurückversetzt würde, lässt sich doch nicht bestreiten.
"Sofern genug Zeit vorhanden ist" ist der Schlüssel hier. Wie lange dauert es denn im Mittel, bis eine Zivilisation entsteht? Warum sollte es typischerweise ausgerechnet so lange dauern, wie ein typischer G Stern einem erdgrossen Planeten dafür gibt? Die typische Entwicklungszeit ist wohl kaum kürzer als auf der Erde, sonst hätte es auf dieser schon viele Zivilisationen gegeben. Die typische Entwicklungszeit kann aber sehr wohl sehr viel länger sein, ohne dass wir das merken würden: wir sind ja per Definition auf einem Planeten, auf dem es "rechtzeitig" geklappt hat (anthropische Selektion).
Letztlich kann man aufgrund einer einzigen Stichprobe eben keine sicheren Angaben darüber machen, wie wahrscheinlich die Entstehung einer Zivilisation ist oder wie lange es im Schnitt dauert. Was mich trotzdem optimistisch stimmt, ist diese Tendenz, die sich bei einem Vergleich der intelligentesten Vertreter aller Erdepochen zeigt. Hier scheint es schon einen gewissen Druck in Richtung immer komplexerer Gehirne zu geben.
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