Bleibt noch Kadett Tilly übrig bzw. "Captain Killy".
Dass es die USS Discovery in das uns bekannte Spiegeluniversum mit dem dominanten Terranischen Empire verschlagen hat, erlaubt es der Handlung, auch problemlos über die Strenge schlagen zu dürfen und trotz der Brutalität dieses Universums macht das Wiedersehen damit großen Spaß. Vor allem Tillys notwendige Wandlung ist herrlich.
Allerdings kommt sie mir am Schluss schon ein bisschen zu souverän in ihrer neuen Rolle vor. Bei Burnham hingegen "hilft" Connor mit, dass der zurückgekehrte Captain der Shenzhou standesgemäß die Brücke ihres Schiffes betreten kann und ihre Untergebenen sofort überzeugt.
Die Mentalität des Spiegeluniversums hat die Folge wirkliche hervorragend getroffen. Erstaunt hat mich, wie stark die USS Defiant in die Handlung eingebunden wurde und "Despite Yourself" damit direkt an die Enterprise-Doppelfolge "In a Mirror, darkly" anknüpft. Das gefällt mir als Fan sehr gut und ich bin gespannt, auf welche Verknüpfungen wir in der kommenden Folge (bzw. vielleicht dem Rest der Staffel) noch treffen werden. Der Schauplatzwechsel weg vom uninteressanten und distanziert stattfindenden Kriegsgeschehen (v.a. da von klingonischer Seite kaum etwas Relevantes beigetragen wurde) hin zum Terranischen Empire tut der Serie jedenfalls gut und als Fan von Filmen des "Heist"-Genres bin ich schon sehr gespannt, wie es Burnham und Lorca weiter auf ihrer Mission ergehen wird.
Ganz frei von typischen Problemen ist "Despite Yourself" aber auch nicht. So hätte man einige Seltsamkeiten nach ein paar weiteren Drehbuchüberarbeitungen auch leicht beseitigen können. Dass so viele praktische Informationen zum Empire aus dem Speicherkern eines Rebellenschiffes stammen und noch dazu aus jenem eines mickrigen Raiders, ist ein schöner Zufall. Wäre es nicht besser gewesen, hätte sich im Trümmerfeld auch das Wrack eines terranischen Schiffes befunden um dessen Speicherkern zu bergen? Um die Geheiminformationen zur Defiant abzurufen will sich später Burnham in den Bereitschaftsraum der Shenzhou begeben, aber offenbar gelingt es ihr eine ganze Weile lang nicht, den kurzen Weg vom Kommandosessel zu ihrem Schreibtisch zu beschreiten, obwohl sie nach längerer Abwesenheit als Captain eigentlich einen guten Vorwand hätte, sich in ihrem Bereitschaftsraum auf den neuesten Stand zu bringen und Computerabfragen durchzuführen. Kann doch nicht so schwer sein, die Speichellecker ein paar Minuten abzuschütteln. Generell muss ich sagen, dass es sogar ein kleiner Nachteil ist, dass sich in dieser Folge so viel tut. Die gesamte Crew wird neu eingekleidet, Betriebssysteme verändert, Insignien überall auf dem Schiff ausgetauscht und das wirkt schon übertrieben souverän, als habe man das trainieren können. Etwas mehr Improvisation wäre gut gewesen. (Wieder mein Beispiel von zuvor: Man plündert z.B. ein terranisches Schiffswrack, holt sich dort das allernötigste heraus, um nur einen oberflächlichen Anschein zu wahren und die Gefahr zu verschärfen, dass man auffliegen könnte.)
Der Großteil der Folge spielt im offenbar etablierten Spiegeluniversum, aber auch hier ist "Discovery" auf jeden Fall zumindest ein visueller Reboot. Auch hier keine Spur von TOS-Ästhetik wie man sie in "Ein Parallele-Universum" sah. Und auch die schematische Darstellung der USS Defiant wirft fragen auf, denn sie sieht jenem Schiff aus TOS und ETP ähnlich, aber weist doch auch deutliche Unterschiede auf. Visueller Reboot oder Änderungen, die das Empire vorgenommen hat? Und falls Letzteres: Warum "USS" statt "ISS"? An der Discovery sieht man, wie leicht sich die Hüllenbeschriftung ändern lässt. Jedenfalls keine Änderung hat das vulkanische Shuttle oder Runabout aus "Lethe" durchgemacht ... außer dass es jetzt ein "Kreuzer" ist. (Wir müssen uns wohl daran gewöhnen, dass "Kreuzer" in DSC nun kleine Schiffe bezeichnet. Auch Admiral Cornwells "Kreuzer" in "Lethe" bat um "Landeerlaubnis" - zumindest im O-Ton der Folge.)
Und auch eine unglückliche Erwähnung des Planeten Organia ist dabei. Irre ich mich, oder deuten Lorcas Worte am Beginn an, dass es im Prime-Universum auf/bei Organia die Sternenbasis 46 gegeben haben soll? Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, aber sieht man sich die Ereignisse 10 Jahre später in der TOS-Folge "Kampf um Organia" an, scheint die Sternenbasis dann nicht mehr zu existieren.
Trotz einiger Sonderbarkeiten ist "Despite Yourself" für mich die bisher beste Folge der Serie und bekommt von mir starke 5 Sterne.

Was die jetzt wohl im Ursprungsuniversum alles anrichten? Irgendwie glaube ich auch nicht, dass die Discovery einfach so in ihre Zeitlinie zurückkehrt, vermutlich gelangen die Pläne für den Sporenantrieb ja nie zur Förderation, außerdem gebe es interessante Storyansätze, wenn die Discovery im Spiegeluniversum bleibt oder andere Paralleldimensionen und - zeiten bereist...
Und den Tod des Doktors habe ich so gar nicht kommen sehen, aber es gibt ja anscheinend Hoffnung, vielleicht kann Stamets ihn wiederbeleben oder man übernimmt den Spiegel-Culbert oder ganz banal, die fortgeschrittene Medizin kann ihn irgendwie retten... Fänds schade, wenn man ihn hier tatsächlich über die Klinge springen lässt, hätte gerne noch mehr über ihn erfahren.
Wenngleich ich es immer noch für eine dämliche Story halte. Wieso sollte man ihm jeden Knochen brechen, jedes Organ zurecht schnippeln und ein anderes Bewusstsein über sein eigenes legen? Zudem erklärt es nicht, weshalb nun menschliches Blut in seinen Adern fließt und seine Gene menschlich sind. Wäre es nicht sinnvoller einfach einen Menschen "umzudrehen"? Dann könnte man sich den ganzen Aufwand sparen.
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