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Das Mittelalter - war es wirklich finster?

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    #91
    Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
    Ja? Zum Beispiel wie in Cordoba, das als Zentrum des maurischen Spaniens im 9. und 10. Jhr. geschätzt eine halbe Millionen bis eine Millionen Einwohner hatte und damit an das antike Rom heranreichte? ...
    Was ist mit anderen Großstädten Spaniens die es vorher gab? Carthago Nova, Italica, Emerita Augusta, Tarraco, Segobriga? Italica und Segobriga wurden aufgegeben, Emerita Augusta, Tarraco und Carthago Nova sanken zu kleinen Provinzstädten herab. Und auch Cordoba war vorher schon bedeutend. Das war ja keine Neugründung.

    Cordoba und einige andere Städte widerstanden zwar dem Niedergang, aber das heißt nicht, das es in Spanien unter den Westgoten und später den Muslimen nicht doch abwärts ging. Sicherlich weniger als anderswo in Europa, aber halt doch.

    Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
    Außerdem, wann endet für Dich eigentlich das Mittelalter? Das, was Du anführst, mag für das Frühmittelalter ja noch zutreffen, aber eine Periode raschen gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Fortschritts wie das Spätmittelalter als "Dunkle Zeit" zu bezeichnen, betrachte ich ein wenig als fragwürdig.
    Na ja, 6. bis 15. Jahrhundert eben. Zwar ging es ab dem 12. Jahrhundert langsam wieder aufwärts, aber was bedeutet das schon? Vergleiche das mal mit dem 17. oder dem 2. Jahrhundert. Auch die Endzeit des Mittelalter hält doch mit vorherigen und nachfolgenden Jahrhunderten keinen Vergleich aus. Da relativiert sich doch der "rasche" gesellschaftliche, technische und wirtschaftliche Fortschritt, denn du sehen willst, sehr stark.

    Zitat von Pyromancer Beitrag anzeigen
    Ich sehe hier ehrlich gesagt niemanden, der das Mittelalter irgendwie verklärt oder als goldenes Zeitalter hochstilisiert. Aber es war eben auch nicht alles so finster und grausam, wie die Intellektuellen des 19. Jahrhunderts uns weismachen wollten.
    In den Posts 39, 49, 52, 57 und anderen klingt das zumindest an. Ich denke da ist schon ein bisschen Verklärung vorhanden. Und auch Valdorian schreibt von "raschen gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Fortschritts" während des Mittelalters. Wenn wir da schon solche Worte verwenden, welche Superlative soll man denn dann für das 19. oder 20. Jahrhundert verwenden? Oder das 1. oder 2. Jahrhundert?
    "Vittoria agli Assassini!"

    - Caterina Sforza, Rom, 1503

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      #92
      Wie ich das 1. und 2. Jhr. nennen würde? Stagnation ohne bedeutende technische Fortschritte. Dagegen wurden im Mittelalter massenweise Fortschritte gemacht. Windmühlen, mechanische Uhren, Brillen, Buchdruck, richtige Bücher, Papierherstellung, Bankwesen, doppelte Buchführung, magnetischer Kompass, hochseetüchtige Schiffe. Genauso ist die ständig wiederhohlte Behauptung, die Bevölkerung hätte erst gegen Ende des Mittelalters wieder römisches Niveau erreicht, schlicht und einfach falsch. Schon im Jahr 1000 wurde die römische Bevölkerung übertroffen, was von einer fortgeschritteneren und produktiveren Landwirtschaft ermöglicht wurde (z.B. Dreifelderwirtschaft, effektivere Pflüge, Windmühlen)

      "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
      -Cpt. Jean-Luc Picard

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        #93
        Im 1. und 2 Jhr. war die bekannte Welt geprägt von kulturellen und gesellschaftlichen Wandel. Große Gebiete des römischen Reichs begannen autark zu werden, wobei immer noch eine Verbindung zu Rom aus strategischen Gründen aufrecht erhalten wurde. Hinzu kam der kulturelle Druck aus den vermeindlichen Barbaren-Stämmen, die ebenfalls am Wohlstand Roms teilhaben wollten. Dann gab es bis ins 4.-5. Jhr. vereinzelt Glaubenskriege. Hier kämpften der Polytheismus gegen Monotheismus (Christen-/Judentum) und die anderen heidnischen Religionen der "einheimischen" Barbaren.

        Im 4. Jhr. kam übrigens das neue Testament dazu, welches unter anderem den Slogan trug: "wenn dich einer auf die wange schlägt, halte ihm die andere hin"... eine doppeldeutige Message, die einerseit Stärke und andererseits den Willen zum Frieden zeigen sollte.

        In den darauffolgenden Jahrhunderten war die Elite der Gesellschaft, die zum großen Teil das Wissen der Antike beherbergte, mit Problemen von Außerhalb beschäftigt. Die Völkerwanderung der Goten hat einen wesentlichen Teil dazu beigetragen, dass Wissen aus der Antike verloren ging, weil niemand sich damit beschäftigte das alte Wissen z.B. auf Papyrusrollen zu erhalten und auf Pergament nieder zu schreiben. Das hätte Geld gekostet! Geld welches aber für Waffen und Schutzgeld benötigt wurde.

        Somit ist die Zeit um 6. - 8. Jhr. geprägt von nur wenigen schriftlichen Überlieferungen, die zudem zum großen Teil vom Christentum selbst stammen, welches schon zur damaligen Zeit alles Nichtchristliche echtete (ein Hoch auf Papst Gregor. Somit starb ein Großteil des antiken Wissens in der Übergangszeit zwischen der Antike und dem Frühmittelalter aus.

        Die Zeit damals war jedoch nicht finsterer als alle anderen Zeitalter auch. Es gab immer Krieg, Intriegen, Verfall und Wiederaufbau. Wie hätte im 8. Jhr. der erste christliche Kaiser ein Kaiserreich begründen können, wenn es in der Zeit davor keine Entwicklungen gegeben hätte? Das Fränkische Reich entstand schon ansatzweise während der Zeit der Antike und entwickelte sich weiter während des so genannten finsteren Mittelalters.

        Problematisch für die heutigen Historiker dürfte hingegen die Zeit der Renaissance gewesen sein. Denn damals wollte man das Wissen der Antike wieder erlangen.. das war total der letzte Schrei auf höfischen Festen. Dabei ist jedoch ein großer Teil des Wissens für immer verloren gegangen, so dass man nur aus wenigen Quellen sich damals etwas zusammentragen konnte. Die Zeit um dem 5.-10. Jhr. dürfte dabei sehr finster gewirkt haben, denn die meisten Werke waren eben nur durch das Christentum erstellt worden. Und für die damalig wachsende Aufklärung war der christliche Glaube.. naja, nur finster... weil nicht rational.

        Und deshalb wird fälschlicherweise dieser Begriff weiterhin verwendet. Es ist auch eine tolle Quelle für Mythen und Sagen. In dieser Zeit sollen Monster durch die Wälder geschlichen sein. Unsere modernen Vampire haben ebenfalls ihren Ursprung in dieser Zeit.

        Das ist der eigentliche Grund, warum noch an dem Begriff "finsteres Mittelalter" festgehalten wird. Es wäre einfach zu schade, wenn man diese Zeit einfach entzaubern würde
        Zuletzt geändert von Kristian; 21.10.2012, 12:07.

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          #94
          Hallo,

          mit diesem Thema kenne ich mich zwar nicht so gut aus, aber ich habe einen interessanten Artikel von Prof. Dr. Dorothea Weltecke gefunden, den ich hier mal verlinkten möchte. Vielleicht ist dieser "gutes Futter" für die Diksussion hier:
          Universität Konstanz|Archiv 2010|Das Mittelalter
          Ein Textabschnitt ist mir besonders aufgefallen und den möchte ich hier mal zitieren:
          Es gab Perioden, in denen es den Menschen in Mitteleuropa wirtschaftlich sehr schlecht ging. In anderen Zeiten prosperierten sie jedoch auch. Die Städte waren im 13. Jahrhundert zum Teil reicher und größer als in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges oder im 19. Jahrhundert. Die Menschen liebten im Mittelalter bunte Farben, an ihrer Kleidung und in der Kunst. Wer es sich leisten konnte, kleidete sich bunt wie ein Pfau. Auch Gebäude wurden farbenfroh an- und ausgemalt von denen, die dafür Mittel hatten. In den Schänken und auf den Straßen ging es bei den wirklich sehr zahlreichen Festen zweifellos sehr lebenslustig zu. Da waren das 16. und 17. Jahrhundert zum Beispiel sicher viel lustfeindlicher und dunkler, vom 19. Jahrhundert mit seiner strengen, bürgerlichen Etikette gar nicht zu reden.

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            #95
            Danke fuer den Link. Da ich mit dem Thema bisher nicht viel am Hut hatte, sind solche Einfuehrungen immer sehr interessant.
            .

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              #96
              Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
              Wie ich das 1. und 2. Jhr. nennen würde? Stagnation ohne bedeutende technische Fortschritte. Dagegen wurden im Mittelalter massenweise Fortschritte gemacht. Windmühlen, mechanische Uhren, Brillen, Buchdruck, richtige Bücher, Papierherstellung, Bankwesen, doppelte Buchführung, magnetischer Kompass, hochseetüchtige Schiffe. Genauso ist die ständig wiederhohlte Behauptung, die Bevölkerung hätte erst gegen Ende des Mittelalters wieder römisches Niveau erreicht, schlicht und einfach falsch. Schon im Jahr 1000 wurde die römische Bevölkerung übertroffen, was von einer fortgeschritteneren und produktiveren Landwirtschaft ermöglicht wurde (z.B. Dreifelderwirtschaft, effektivere Pflüge, Windmühlen) ...
              Die Bevölkerungszahl für Europa lässt sich vor 1700 nur schätzen. 1800 waren es 190 Mio, 1700 so 110-120 Mio, 1500 wohl eher 80-90 Mio. Aber man kann auch den höheren Wert nehmen, das ändert nichts. Denn so oder so ist hier ganz Europa gemeint. Das Röm. Reich hatte aber 100-150 Mio Einwohner, die Hälfte davon in Europa. Am Ende des Mittelalters hatte also ganz Europa ungefähr den Stand des europ. Teils des Röm. Reiches. Und dazwischen liegen sehr wohl mehr als 1000 Jahre.

              Und das 1. und 2. Jahrhundert soll eine Zeit der Stagnation gewesen sein? Wohl kaum. Glas kam gerade groß in Mode, Spiegel und Fenster wurden hergestellt. Kupferdraht wurde entwickelt, ebenso die großen Be- und Entwässerungssysteme, die Äquadukte gebaut, abertausende Kilometer Steinstraßen, ein Postsystem eingerichtet, ebenso wie ein bequemes Reisesystem. In Rom werden Operationsbestecke mit mehr als 100 Einzel-Instrumenten eingesetzt, usw. So genau operiert wurde erst wieder in der Moderne.

              Dazu kommen die sozialen und wissenschaftlichen, die philosophischen Leistungen. Die Anfänge des Christentums, aber auch des Mithras-Kultes und des späteren Neuplatonismus fallen in diese Epoche. Handwerker und Seefahrer wurden überregional zu so einer Art Genossenschaften zusammengeschlossen, etwas was es auch erst wieder in der Moderne gab. Allgemein war das 1. und 2. Jahrhundert kulturell eine äußerst lebendige Zeit.

              Na ja, und in die Zeit fällt ja auch das enorme Städtewachstum und die Neugründung vieler Städte. Rom expandierte und die Bauwut kannte manchmal keine Grenzen. Wenn das "Stagnation" sein soll, was sind denn dann die paar Windmühlen in Nordfrankreich im 15. Jahrhundert?
              "Vittoria agli Assassini!"

              - Caterina Sforza, Rom, 1503

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                #97
                Zitat von Admiral Ahmose Beitrag anzeigen
                Die Bevölkerungszahl für Europa lässt sich vor 1700 nur schätzen. 1800 waren es 190 Mio, 1700 so 110-120 Mio, 1500 wohl eher 80-90 Mio. Aber man kann auch den höheren Wert nehmen, das ändert nichts. Denn so oder so ist hier ganz Europa gemeint. Das Röm. Reich hatte aber 100-150 Mio Einwohner, die Hälfte davon in Europa.
                Ich kenne nur Schätzungen, die von 50 bis 60 Mio Einwohner für das ganze römische Reich ausgehen.

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                  #98
                  Die Bevölkerungszahl für Europa lässt sich vor 1700 nur schätzen. 1800 waren es 190 Mio, 1700 so 110-120 Mio, 1500 wohl eher 80-90 Mio. Aber man kann auch den höheren Wert nehmen, das ändert nichts. Denn so oder so ist hier ganz Europa gemeint. Das Röm. Reich hatte aber 100-150 Mio Einwohner, die Hälfte davon in Europa. Am Ende des Mittelalters hatte also ganz Europa ungefähr den Stand des europ. Teils des Röm. Reiches. Und dazwischen liegen sehr wohl mehr als 1000 Jahre.
                  Genau, man kann nur schätzen. Auch die Bevölkerung des römisches Reiches, oder hast Du exakte statistische Daten, die der heutigen Wissenschaft noch nicht bekannt sind? Zur Zeit des Augustus betrug die Bevöllkerung des ganzes Reiches übrigens geschätze 54 Millionen Einwohner, während man davon ausging, dass die Gesamtbevöllkerung seit Marc Aurel schon wieder schrumpfte.



                  Dagegen hatte alleine Westeuropa vor der kleine Eiszeit im 14. Jhr. schon geschätzte 35 Millionen Einwohner. Das ist doch auch ganz selbstverständlich, da die römische Landwirtschaft primitiv war und nichtmal einfach Techniken wie die Drei-Felder-Wirtschaft bekannt waren. Wie schon mehrmals erwähnt, wurde die Produktivität der römischen Landwirtschaft schon ab dem 10. Jhr. übertroffen, und es ist klar, dass damit in einer vorindustriellen Gesellschaft auch eine höhere Bevölkerung einhergeht.

                  Und das 1. und 2. Jahrhundert soll eine Zeit der Stagnation gewesen sein? Wohl kaum. Glas kam gerade groß in Mode, Spiegel und Fenster wurden hergestellt. Kupferdraht wurde entwickelt, ebenso die großen Be- und Entwässerungssysteme, die Äquadukte gebaut, abertausende Kilometer Steinstraßen, ein Postsystem eingerichtet, ebenso wie ein bequemes Reisesystem. In Rom werden Operationsbestecke mit mehr als 100 Einzel-Instrumenten eingesetzt, usw. So genau operiert wurde erst wieder in der Moderne.
                  Ja, es gab beeindruckende Bauleistungen, das bestreitet doch niemand. Doch welche bedeutenden technischen Fortschritte gab es denn, die die Geschichte der Menschheit so geprägt haben wie Dinge wie Buchdruck, Papierherstellung, Schießpulver, magnetischer Kompass und tausend andere, die im Mittelalter entwickelt wurden und von denen die Römer keine Ahnung hatten.

                  Dazu kommen die sozialen und wissenschaftlichen, die philosophischen Leistungen. Die Anfänge des Christentums, aber auch des Mithras-Kultes und des späteren Neuplatonismus fallen in diese Epoche. Handwerker und Seefahrer wurden überregional zu so einer Art Genossenschaften zusammengeschlossen, etwas was es auch erst wieder in der Moderne gab. Allgemein war das 1. und 2. Jahrhundert kulturell eine äußerst lebendige Zeit.
                  Gilden? das Zunftwesen? Handelsgesellschaften? Die Hanse? Die Universitätsgründungen in ganz Europa? Die großen italienischen Bankhäuser mit Fillialen in ganz Europa? Handel von Nordeuropa bis nach Indien? Das alles gab es selbstverständlich im Mittelalter auch.

                  Na ja, und in die Zeit fällt ja auch das enorme Städtewachstum und die Neugründung vieler Städte. Rom expandierte und die Bauwut kannte manchmal keine Grenzen. Wenn das "Stagnation" sein soll, was sind denn dann die paar Windmühlen in Nordfrankreich im 15. Jahrhundert?
                  Ja, man hat in Rom ein paar tolle Bauten gebaut, wie im maurischen Cordoba, in Paris, dem mittelalterlichen Konstantinopel, Florenz, Genua, Venedig, London...
                  "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
                  -Cpt. Jean-Luc Picard

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                    #99
                    Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
                    Genau, man kann nur schätzen. Auch die Bevölkerung des römisches Reiches, oder hast Du exakte statistische Daten, die der heutigen Wissenschaft noch nicht bekannt sind? Zur Zeit des Augustus betrug die Bevöllkerung des ganzes Reiches übrigens geschätze 54 Millionen Einwohner, während man davon ausging, dass die Gesamtbevöllkerung seit Marc Aurel schon wieder schrumpfte. ...
                    Nein, exakte Daten hat natürlich niemand. Aber ich berufe mich da auf Ward-Perkins und Heather, und deren Publikationen in diesem Jahrhundert. Das mit den 54 Mio kann kaum stimmen, wenn wir für Ägypten 7 Mio und Spanien 9 Mio annehmen. Diese Zahlen sind halbwegs gesichert, während die "alte" Schätzung von 3-4 Mio für Italien einer Meinung nach eine reine Phantasie-Schätzung ist. Jedenfalls meiner Meinung nach. Da, wo man Zahlen hat, sind sie jedenfalls deutlich höher als ältere Schätzungen. Ich sehe keinen Grund nicht auch für Italien 8-9 Mio und für Gallien 15 Mio anzunehmen. Klar sind das auch Schätzungen.

                    Und die röm. Landwirtschaft war auch keinesfalls primitiv. In Gebieten wie Nordafrika, der Levante oder auch Italien erreichte man schon das Maximum. Übertroffen wurde das erst in der Neuzeit.

                    Um eine höhere Bevölkerungszahl zu erreichen gehört auch mehr als nur die Produktivität theoretisch zu steigern. Rom hatte einen immensen Wirtschaftsraum und einen gigantischen Warenaustausch. Später, gerade im Mittelalter, gab es außer bei Luxuswaren nur winzig kleine Wirtschaftsräume. Das hemmt die Bevölkerungsentwicklung auch. Von den vielen Kriegen, Seuchen und Hungersnöten ganz zu schweigen. Rom konnte in Notzeiten immer noch Getreide von anderswoher importieren, später ging das nicht mehr.

                    Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
                    Ja, es gab beeindruckende Bauleistungen, das bestreitet doch niemand. Doch welche bedeutenden technischen Fortschritte gab es denn, die die Geschichte der Menschheit so geprägt haben wie Dinge wie Buchdruck, Papierherstellung, Schießpulver, magnetischer Kompass und tausend andere, die im Mittelalter entwickelt wurden und von denen die Römer keine Ahnung hatten. ...
                    Aber auch das geschah ja wieder zum Ende des Mittelalters. Nicht zuletzt deswegen gings dann ja auch zu Ende.

                    Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
                    Gilden? das Zunftwesen? Handelsgesellschaften? Die Hanse? Die Universitätsgründungen in ganz Europa? Die großen italienischen Bankhäuser mit Fillialen in ganz Europa? Handel von Nordeuropa bis nach Indien? Das alles gab es selbstverständlich im Mittelalter auch. ...
                    Zum Ende. Und dann war das Mittelalter auch zu Ende und ein neues Zeitalter begann. Nicht zuletzt deswegen endete ja das Mittelalter. Und die Wikinger waren ja eher plündernde Händler oder handelnde Plünderer, wie man will.

                    Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
                    Ja, man hat in Rom ein paar tolle Bauten gebaut, wie im maurischen Cordoba, in Paris, dem mittelalterlichen Konstantinopel, Florenz, Genua, Venedig, London ...
                    Nur eben in einem viel flächendeckenderen Maßstab als im Mittelalter. Nicht in ein paar Städten sondern so gut wie überall. Nicht nur in den Metropolen sondern auch in den Provinzstädten.
                    "Vittoria agli Assassini!"

                    - Caterina Sforza, Rom, 1503

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                      Zitat von Admiral Ahmose Beitrag anzeigen
                      Aber auch das geschah ja wieder zum Ende des Mittelalters. Nicht zuletzt deswegen gings dann ja auch zu Ende.
                      Da ich deine Argumentation teilweise überhaupt nicht nachvollziehen kann: Wann ungefähr endete denn für dich das Mittelalter?
                      Wenn ich gedanklich bei 1477 bin, und du bei 1250, dann würde das die Diskrepanz zumindest teilweise erklären.

                      Zu den genannten technischen Entwicklungen:
                      Schwarzpuler: 7. Jahrhundert
                      Buchdruck: 10. Jahrhundert
                      Kompass: 12. Jahrhundert
                      maschinelle Papierherstellung: 13. Jahrhundert

                      Ende des Mittelalters: 15. bzw. 16. Jahrhundert
                      Zuletzt geändert von Pyromancer; 22.10.2012, 16:12.

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                        Macht es überhaupt Sinn, von einem Mittelalter zu reden? Warum nicht einfach ein Altertum, das ab dem 17. Jahrhundert allmählich in die Neuzeit übergeht? Wirklich geendet hat das Altertum doch erst, als man aufgehört hat, Hexen zu verbrennen.

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                          Zitat von irony Beitrag anzeigen
                          Macht es überhaupt Sinn, von einem Mittelalter zu reden?
                          Natürlich.

                          Mit dem Niedergang des Römischen Reiches, dem Aufstieg Byzanz und den Völkerwanderungen hat man markante Punkte, um zu markieren, wo eine Epoche der Menschheitsgeschichte zu Ende ging.
                          Die Einteilung in "Altertum" und "Neuzeit" ist meines Erachtens recht unreflektiert, einfach weil die Unterschiede zwischen Antike und Mittelalter viel zu groß sind.
                          "But who prays for Satan? Who in eighteen centuries, has had the common humanity to pray for the one sinner that needed it most, our one fellow and brother who most needed a friend yet had not a single one, the one sinner among us all who had the highest and clearest right to every Christian's daily and nightly prayers, for the plain and unassailable reason that his was the first and greatest need, he being among sinners the supremest?" - Mark Twain

                          Kommentar


                            Zitat von Amaranth Beitrag anzeigen
                            Mit dem Niedergang des Römischen Reiches, dem Aufstieg Byzanz und den Völkerwanderungen hat man markante Punkte, um zu markieren, wo eine Epoche der Menschheitsgeschichte zu Ende ging.
                            Die Einteilung in "Altertum" und "Neuzeit" ist meines Erachtens recht unreflektiert, einfach weil die Unterschiede zwischen Antike und Mittelalter viel zu groß sind.
                            Der Untergang Roms im Westen, später im Osten, ein paar Völkerwanderungen, da sehe ich noch nichts Epochales. Es sind immer wieder Reiche aufgestiegen und untergegangen, das passiert ständig, nicht nur in Europa. Das macht noch kein Zeitalter aus. Das Ende des Aberglaubens, das markiert eine Epoche, sonst nichts.

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                              Zitat von irony Beitrag anzeigen
                              Der Untergang Roms im Westen, später im Osten, ein paar Völkerwanderungen, da sehe ich noch nichts Epochales. Es sind immer wieder Reiche aufgestiegen und untergangen, das passiert ständig, nicht nur in Europa. Das macht noch kein Zeitalter aus. Das Ende des Aberglaubens, das markiert eine Epoche, sonst nichts.
                              Was ist denn bitte ein "Ende des Aberglaubens" - heute gibt es noch oder wieder einen Haufen Esoteriker und/oder Romantiker, die die Welt verklären.

                              Und der Untergang Roms + Völkerwanderungen ist eine Kombination aus Ereignissen, die ganz Europa erschüttert hat. Unmengen an Wissen ging verloren, wie hier im Thread auch schon diskutiert: Es wurde nicht großartig von der Kirche verboten, es ging einfach verdammt viel verloren, vorwiegend im Zuge der Völkerwanderungen.
                              Und das Römische Reich war ungefähr vergleichbar mit einem hypothetischen Staat, der einen Großteil der Welt umfassen würde. Es war für seine Zeit gigantisch gewesen und dessen Niedergang bewertest du eventuell etwas geringer als es es wohl verdient hätte.
                              "But who prays for Satan? Who in eighteen centuries, has had the common humanity to pray for the one sinner that needed it most, our one fellow and brother who most needed a friend yet had not a single one, the one sinner among us all who had the highest and clearest right to every Christian's daily and nightly prayers, for the plain and unassailable reason that his was the first and greatest need, he being among sinners the supremest?" - Mark Twain

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                                Zitat von Amaranth Beitrag anzeigen
                                Was ist denn bitte ein "Ende des Aberglaubens" - heute gibt es noch oder wieder einen Haufen Esoteriker und/oder Romantiker, die die Welt verklären.
                                Ja, viele Menschen machen auf mich den Eindruck, dass sie mit ihrem Wesen noch im Altertum wurzeln. Neuzeitlich, modern würde ich die nicht nennen.

                                Zitat von Amaranth Beitrag anzeigen
                                Und der Untergang Roms + Völkerwanderungen ist eine Kombination aus Ereignissen, die ganz Europa erschüttert hat. Unmengen an Wissen ging verloren, wie hier im Thread auch schon diskutiert: Es wurde nicht großartig von der Kirche verboten, es ging einfach verdammt viel verloren, vorwiegend im Zuge der Völkerwanderungen.
                                So viel ging jetzt auch nicht verloren. Das Wissen der Antike ist nicht im Mindesten vergleichbar mit dem, was wir heute wissen. Wenn wir auf das Niveau von vor 1000 Jahren zurückfallen würden, dann könnte man sagen, dass Unmengen an Wissen verloren gegangen sein würden.

                                Zitat von Amaranth Beitrag anzeigen
                                Und das Römische Reich war ungefähr vergleichbar mit einem hypothetischen Staat, der einen Großteil der Welt umfassen würde.
                                Es war für seine Zeit gigantisch gewesen und dessen Niedergang bewertest du eventuell etwas geringer als es es wohl verdient hätte.
                                Es gibt eine Star Trek Folge, in der das römische Reich bis ins 20. Jhd. dauerte. Vielleicht hat es Chancen gegeben, vielleicht auch nicht, die durch den Untergang des römischen Reiches verpasst wurden. Wirklich gut ging es den meisten Leuten bis in die Neuzeit nicht.

                                Um wie viel erträglicher war das Leben in Italien während des römischen Reiches als in den 1000 Jahren danach?

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