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  • Zocktan
    antwortet
    Zitat von maestro Beitrag anzeigen
    Ich würde jetzt modellgerecht antworten, dass eben die "Kriegsmaschine" nicht handelt, sondern der verantwortliche Kommandant. Aus Ermangelung einer Erklärung für diese Aktion wird eben die Entscheidungsgewalt den Individuen übertragen. Es ist ein menschlicher Fehler und eigentlich zu einfach, wenn man sagt, "die Kriegsmaschine läuft". Hier hat ein (mehrere) Verantwortlicher eben (un-)wissentlich anscheinend einen Fehler gemacht. Wie kann denn der Zwang entstehen, ein Land zu überfallen?
    zwänge um ein land zu überfallen liegen in der jeweiligen gesellschaft begründet, da sich gesellschaften unterscheiden läßt sich ein "allgemeiner zwang" nicht feststellen, obwohl es sicherlich ähnlichkeiten gibt.

    Zitat von maestro Beitrag anzeigen
    Also, dann haben wir neben den wirtschaftstheoritschen noch den soziologischen und den kommunikationswissenschaftlichen Ansatz. Was steht eine Stufe darüber?
    es gibt keine rangfolge der wissenschaften...

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  • maestro
    antwortet
    Zitat von endar Beitrag anzeigen
    Eine Lehrerin gibt drei Schülerinnnen, die sie mag, früher frei, damit diese ihren Bus erreichen. Jetzt will eine vierte, die nur mit dem Fahrrad da ist, auch frei haben. Sie muss jetzt der vierten nun auch frei geben, auch wenn sie eigentlich nicht will, wei der objektive Grund - eben der Bus - bei ihr nicht vorliegt. Sonst würde sich die vierte nämlich beschweren und die Lehrerin bekommt eins auf die Mütze. Ihre freie Entscheidung hat sich nun in einen Zwang gewandelt. Das ist nur ein grobes Beispiel, wie Zwänge entstehen.
    Ich hab ja gesagt, dass das nur eine start vereinfachte Sichtweise ist, deren Zweck es ist, sich nicht mit milliarden Einzelentscheidungen und Sonderfällen zu beschäftigen, sondern einfach anzunehmen, dass jeder immer das tut, was für ihn am besten ist. Ich sehe die Grenzen des Modells auch.

    Und bei dem Lehrerinnenbeispiel ist eben die Grenze erreicht. Mein Modell erfasst eben nicht, dass die Lehrerin aus Sympathie den Schülern freigibt. Ihr Nutzen wäre geschmählert, wenn sie einzelnen Schülern freigibt und sich bei ihrem Rektor was anhören muss (hast du ja geschrieben). Mein Satz oben, dass sich Zwänge auflösen lassen, meine ich so: Wenn sich alle Beteiligten bei jeder Entscheidung beraten könnten und jedes Individuum ein Höchstmaß an Freiheiten hat, würde es den Zwang, Unterricht bis um 12 zu machen und alle Schüler gleich zu behandeln nicht geben. Ist natürlich Utopie.
    Zitat von endar Beitrag anzeigen
    Ein Beispiel ist, das der Kindermörder Gäfken nach Satzungsrecht eine Stiftung gründen darf und will. Eigentlich finden das alle "ziemlich daneben", aber er hat eben das Recht. Es bestehen Zwänge. Wegen Herrn Gäfken jetzt das gesamte Satzungsrecht zu ändern wäre albern und gar nicht praktikabel - ganz abgesehen davon, dass seine Stiftung sowieso zum Scheitern verurteilt ist.
    Ja, diese Zwänge sind aber zwecks Vereinfachung/Transparenz/Sicherheit usw. selbst auferlegt. Natürlich ist es auf der anderen Seite nicht wünschenswert, dass ein Rat beispielsweise entscheidet, welche Vereine gegründet werden und welche nicht. Die Fragestellung dahinter ist ja, warum haben wir uns einen Zwang auferlegt, jeden Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln? Das ist ein edles Ziel, aber anscheinend sehen viele das nicht so. Kann man ja an der derzeitigen RAF-Diskussion sehen. Viele poltern da gegen geltendes Recht und fordern den Sondertatbestand "Terrorismus" und verstehen nicht, warum lebenslänglich im Recht eben nicht lebenslänglich bedeutet.

    Zitat von endar Beitrag anzeigen
    Ein anderes Beispiel sind bsp. "Kriegsmaschinen", also die Gesamtheit eines Militärapparates. Der führt irgendwann ein Eigenleben und nur ein kleiner Fehler reicht aus, um die Maschine in Gang zu setzen.
    Ich würde jetzt modellgerecht antworten, dass eben die "Kriegsmaschine" nicht handelt, sondern der verantwortliche Kommandant. Aus Ermangelung einer Erklärung für diese Aktion wird eben die Entscheidungsgewalt den Individuen übertragen. Es ist ein menschlicher Fehler und eigentlich zu einfach, wenn man sagt, "die Kriegsmaschine läuft". Hier hat ein (mehrere) Verantwortlicher eben (un-)wissentlich anscheinend einen Fehler gemacht. Wie kann denn der Zwang entstehen, ein Land zu überfallen?

    Zitat von Zocktan Beitrag anzeigen
    nein, die individuen, die sich zu einer gruppe zusammenschließen, würde sich ergebnisorientiert organisieren müssen, was wieder zu einer entstehung von erwartungsbündeln führen würde, die auf mitglieder der gruppe zielen, woraus auch wieder zwang erwachsen würde.
    Zitat von Largo Beitrag anzeigen
    Das ist eigentlich kein Widerspruch, da Luhmann einfach eine andere Vorstellung von Gesellschaft hat. So stellt die Gesellschaft nicht die Summe aller Menschen, Gebäude, Normen und Handlungen dar – vielmehr ist Gesellschaft die Gesamtheit aller Kommunikationen.
    Also, dann haben wir neben den wirtschaftstheoritschen noch den soziologischen und den kommunikationswissenschaftlichen Ansatz. Was steht eine Stufe darüber?

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  • Largo
    antwortet
    Zitat von maestro
    Individualismus deswegen, weil nicht "Systeme" betrachtet werden, sondern ausschließlich die Aktionen der einzelnen Individuen. Gemäß dieser Sichtweise sind Formulierungen wie "die Politik hat beschlossen...", "der Kapitalismus zerstört..." falsch, sondern Aktionen können nur den Individuen zugeordnet sein; so gesehen können nicht Firmen handeln, sondern nur deren Mitglieder des Vorstandes z.B.

    Auf den ersten Blick mag das Luhmann entgegenstehen
    Das ist eigentlich kein Widerspruch, da Luhmann einfach eine andere Vorstellung von Gesellschaft hat. So stellt die Gesellschaft nicht die Summe aller Menschen, Gebäude, Normen und Handlungen dar – vielmehr ist Gesellschaft die Gesamtheit aller Kommunikationen. Die Gesellschaft, die Politik oder die Wirtschaft (als Teilsysteme der Gesellschaft) sind damit also keine kollektiven Akteure, sondern ein operatives Geschehen. Luhmann geht es daher nicht um die Frage, warum ein Akteur etwas bestimmtes tut, sondern darum, warum Kommunikation nicht abreißt – oder im Fall der Wirtschaft, warum Zahlungen nicht zum Stillstand kommen (sondern endlos weiterlaufen).
    Wenn es heißt, "die Wirtschaft beobachtet…", dann ist damit auch nicht gemeint, dass Herr Ackermann mit dem Fernglas aus seinem Hochhaus schaut, sondern, dass Umweltereignisse vom Wirtschaftssystem eben systemintern (in Form von Zahlungen) verarbeitet werden. Um das etwas zu verallgemeinern: Bezogen auf das Gesellschaftssystem (die Gesamtheit aller Kommunikationen) werden Umweltereignisse (z.B. ein Kugelblitz) zum Thema von Kommunikation gemacht (z.B. indem sich eine Diskussionsrunde über Kugelblitze unterhält). Der Kugelblitz kann dabei nur ein Konstrukt sein, weil der Kugelblitz etwas anderes ist als eine Diskussion über den Kugelblitz. Die Diskussionsrunde wiederum kann von einem Zuschauer (einem psychischen System) beobachtet werden, d.h. die Diskussionsrunde wird systemspezifisch (in Form von Gedanken) verarbeitet. Auch hier ist die Diskussionsrunde nur ein Konstrukt, da der Zuschauer die Diskussion lediglich mit seinen eigenen Mitteln (d.h. Gedanken) (re-)konstruiert.

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  • Zocktan
    antwortet
    Zitat von maestro Beitrag anzeigen
    (...) Die Zwänge, von denen du schreibst, sind also rein individuell, und man könnte leicht, wenn man zusammenarbeitet und sich einig würde, jedes Problem, jeden Zwang auflösen. (...)
    nein, die individuen, die sich zu einer gruppe zusammenschließen, würde sich ergebnisorientiert organisieren müssen, was wieder zu einer entstehung von erwartungsbündeln führen würde, die auf mitglieder der gruppe zielen, woraus auch wieder zwang erwachsen würde.

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  • endar
    antwortet
    Zitat von maestro Beitrag anzeigen
    Die Zwänge, von denen du schreibst, sind also rein individuell, und man könnte leicht, wenn man zusammenarbeitet und sich einig würde, jedes Problem, jeden Zwang auflösen.
    Das ist eben nicht möglich und wäre nur möglich, wenn a) alle dasselbe Interesse haben [so wie es sich die Wirtschaftswissenschaftler immer grob vereinfacht vorstellen ] und b) auch miteinander kommunzieren können.
    Ein Beispiel:
    Eine Lehrerin gibt drei Schülerinnnen, die sie mag, früher frei, damit diese ihren Bus erreichen. Jetzt will eine vierte, die nur mit dem Fahrrad da ist, auch frei haben. Sie muss jetzt der vierten nun auch frei geben, auch wenn sie eigentlich nicht will, wei der objektive Grund - eben der Bus - bei ihr nicht vorliegt. Sonst würde sich die vierte nämlich beschweren und die Lehrerin bekommt eins auf die Mütze. Ihre freie Entscheidung hat sich nun in einen Zwang gewandelt. Das ist nur ein grobes Beispiel, wie Zwänge entstehen.

    Wenn du nun nicht mehr fünf, sondern fünfzig Millionen Handelnde Personen hast, die zudem noch Verträge abgeschlossen, Recht gesetzt haben etc., dann entstehen schnell viele dieser Situationen.
    Ein Beispiel ist, das der Kindermörder Gäfken nach Satzungsrecht eine Stiftung gründen darf und will. Eigentlich finden das alle "ziemlich daneben", aber er hat eben das Recht. Es bestehen Zwänge. Wegen Herrn Gäfken jetzt das gesamte Satzungsrecht zu ändern wäre albern und gar nicht praktikabel - ganz abgesehen davon, dass seine Stiftung sowieso zum Scheitern verurteilt ist.

    Ein anderes Beispiel sind bsp. "Kriegsmaschinen", also die Gesamtheit eines Militärapparates. Der führt irgendwann ein Eigenleben und nur ein kleiner Fehler reicht aus, um die Maschine in Gang zu setzen. So sind z.B. deutsche Soldaten schon vier oder fünf Tage vor dem eigentlichen Kriegs"ausbruch" am 1.9.1939 in Polen einmarschiert und nur unter größter Anstrengung konnten sie zurückgeholt werden. In komplexen System können die einzelnen Mitglieder, die alle nur ihre Aufgaben erfüllen, am maschinennen Ablauf ihres Systems gar nicht mehr ändern. Die Maschine, sei es ein Staat, die Justiz oder auch eine Firma rollt.

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  • maestro
    antwortet
    Zitat von endar Beitrag anzeigen
    Natürlich handeln nicht Firmen. Aber dennoch entstehen dort, wo viele Menschen handeln, Zwänge und "Verselbständigungen", auf die der einzelne, aber auch die Gesamtheit der Handelnden dann keinen Einfluss mehr drauf ausüben haben.
    Wir sind ja kein Borgkollektiv.
    Naja, in den Wirtschaftswissenschaften folgt auf den "methodologischen Individualismus" das Konzept des "homo oeconomicus", also ein für die Ökonomie vereinfachtes Menschenbild, welches ausschließlich und bei allen Entscheidungen den eigenen Vorteil sieht und seinen Nutzen maximiert (also rein rational ist).

    Vielleicht bin ich vorbelastet, aber ich neige dazu, die Welt in diesem zugegeben recht eindimensionalen Menschenbild zu sehen. Der einzelne Vorteil dominiert alles und jede einzelne Entscheidung, die wir am Tag treffen. Die Zwänge, von denen du schreibst, sind also rein individuell, und man könnte leicht, wenn man zusammenarbeitet und sich einig würde, jedes Problem, jeden Zwang auflösen. Mir ist klar, dass das jede weitere Betrachtung wegwischt, aber ich bin ja hier, um was zu lernen. Im Luhmannschen Sinne bin also Teil des Systems und verarbeite die Informationen, wie ich es gelernt habe bzw. durch meine Brille.

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  • Zocktan
    antwortet
    Zitat von endar Beitrag anzeigen
    Natürlich handeln nicht Firmen. Aber dennoch entstehen dort, wo viele Menschen handeln, Zwänge und "Verselbständigungen", auf die der einzelne, aber auch die Gesamtheit der Handelnden dann keinen Einfluss mehr drauf ausüben haben.
    Wir sind ja kein Borgkollektiv.
    die gesellschaft stellt sanktionierbare forderungen/erwartungsbündel an die träger sozialer rollen.... wenn ich mal soziologie reinwerfen darf, diesen erwartungen muss, der rollenspieler genügen um seine soziale position zu halten.

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  • endar
    antwortet
    Zitat von maestro Beitrag anzeigen
    Als VWL-Student musste ich mich im ersten Jahr kurz mit dem "methodologischen Individualismus" (geht auf Karl Popper zurück, wenn ich mich recht erinnere) auseinandersetzen.
    Individualismus deswegen, weil nicht "Systeme" betrachtet werden, sondern ausschließlich die Aktionen der einzelnen Individuen. Gemäß dieser Sichtweise sind Formulierungen wie "die Politik hat beschlossen...", "der Kapitalismus zerstört..." falsch, sondern Aktionen können nur den Individuen zugeordnet sein; so gesehen können nicht Firmen handeln, sondern nur deren Mitglieder des Vorstandes z.B.
    Natürlich handeln nicht Firmen. Aber dennoch entstehen dort, wo viele Menschen handeln, Zwänge und "Verselbständigungen", auf die der einzelne, aber auch die Gesamtheit der Handelnden dann keinen Einfluss mehr drauf ausüben haben.
    Wir sind ja kein Borgkollektiv.

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  • maestro
    antwortet
    Zitat von Largo Beitrag anzeigen
    Da Luhmann Sozialtheoretiker ist, gilt seine Aufmerksamkeit nun nicht primär biologischen oder psychologischen Phänomenen, sondern der Gesellschaft. Analog zu lebenden und psychischen Systemen identifiziert Luhmann auf der Gesellschaftsebene zahllose geschlossene Systeme (z.B. Wirtschaftssystem, politisches System usw.), die eine spezifische Operationsweise haben und die Welt durch ihre Brille beobachten. Das Wirtschaftssystem produziert beispielsweise unaufhörlich Zahlungen (so wie der Geist Gedanken produziert) und es interpretiert Umweltereignisse einzig aus ökonomischer Perspektive.
    Na, da habe ich doch was gefunden, worauf ich antworten kann.

    Als VWL-Student musste ich mich im ersten Jahr kurz mit dem "methodologischen Individualismus" (geht auf Karl Popper zurück, wenn ich mich recht erinnere) auseinandersetzen.
    Individualismus deswegen, weil nicht "Systeme" betrachtet werden, sondern ausschließlich die Aktionen der einzelnen Individuen. Gemäß dieser Sichtweise sind Formulierungen wie "die Politik hat beschlossen...", "der Kapitalismus zerstört..." falsch, sondern Aktionen können nur den Individuen zugeordnet sein; so gesehen können nicht Firmen handeln, sondern nur deren Mitglieder des Vorstandes z.B.

    Auf den ersten Blick mag das Luhmann entgegenstehen, aber ich habe manchmal den Eindruck, dass solche philosophischen Konstrukte für den jeweiligen Zweck (in meinem Fall also eine Facette der Wirtschaftswissenschaften) instrumentalisiert bzw. mißbraucht werden und u.U. das Originalmodell verfälscht oder "gekürzt" wird.

    Übrigens diese "Sender-Empfänger" Ausdrucksweise erinnert mich irgendwie an Kommunikationswissenschaften.

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  • Phoenow
    antwortet
    Zitat von Largo Beitrag anzeigen
    Der springende Punkt ist, dass Informationen nicht ausgetauscht werden (im Sinne von: Information wandert von A nach B). Das leuchtet ein, weil die Information dem Sender nicht verloren geht und der Empfänger auch nichts erhält. Vielmehr wird der Empfänger das Mitgeteilte autonom verarbeiten – und dann eine (wie auch immer geartete) Information produzieren. Beispiel: Ein Schiff sinkt und setzt einen Funkspruch ab (Information: "Unser Schiff sinkt. Bitte rettet uns"). Die Hafenwacht erhält empfängt den Funkspruch und verarbeitet ihn (Information: "Da draußen sind Leute in Seenot" oder aber "Da macht mal wieder jemand einen üblen Scherz"). Die Information des Senders unterscheidet sich also in jedem Fall von der des Empfängers. Luhmann geht deshalb (meiner Ansicht nach) völlig zu Recht von operativ geschlossenen Systemen aus.
    ok.. Hier könnten wir uns wahrscheinlich vortrefflich über die Bedeutung des Wortes 'Informationsaustausch' streiten

    Ich denke aber ich weiß was du meinst. Ich sehe den Begriff 'Information' nur viel abstrakter. Das sich die interpretierte Information des Senders von der des Empfängers immer unterscheidet ist klar. Das zugrundliegende real objektive Ereignis ist jedoch für beide gleich und das ist für mich die eigentliche Information. Die Schnittstelle ist somit (logischerweise) die reale Welt.

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  • endar
    antwortet
    Zitat von Largo Beitrag anzeigen
    Off-Topic:
    Ich finde das mit Skymarshal eigentlich ziemlich schade. Das hätte nicht so weit kommen müssen. Vielleicht sollte man die Art des zwischenmenschlichen Umgangs hier im Forum mal zum Thema eines Threads machen.
    Kannst du meinetwegen gerne machen. Allerdings ist es nicht so gut, über Abwesende zu diskutieren. Ferner habt ihr User natürlich auch nur einen Teil des BIldes. Aber auch das ist eigentlich kein Thema für eine öffentliche Erörterung.

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  • Largo
    antwortet
    Zitat von Phoenow
    Man muss dabei aber denke ich sehr darauf aufpassen, wie man den Begriff "geschlossenes System" verwendet. Trotz der Geschlossenheit müssen gewisse Schnittstellen zwischen den Systemen existieren, wodurch ein Informationsaustausch stattfindet. Damit können dann "externe" Informationene "intern" interpretiert werden.
    Der springende Punkt ist, dass Informationen nicht ausgetauscht werden (im Sinne von: Information wandert von A nach B). Das leuchtet ein, weil die Information dem Sender nicht verloren geht und der Empfänger auch nichts erhält. Vielmehr wird der Empfänger das Mitgeteilte autonom verarbeiten – und dann eine (wie auch immer geartete) Information produzieren. Beispiel: Ein Schiff sinkt und setzt einen Funkspruch ab (Information: "Unser Schiff sinkt. Bitte rettet uns"). Die Hafenwacht erhält empfängt den Funkspruch und verarbeitet ihn (Information: "Da draußen sind Leute in Seenot" oder aber "Da macht mal wieder jemand einen üblen Scherz"). Die Information des Senders unterscheidet sich also in jedem Fall von der des Empfängers. Luhmann geht deshalb (meiner Ansicht nach) völlig zu Recht von operativ geschlossenen Systemen aus.

    Off-Topic:
    Ich finde das mit Skymarshal eigentlich ziemlich schade. Das hätte nicht so weit kommen müssen. Vielleicht sollte man die Art des zwischenmenschlichen Umgangs hier im Forum mal zum Thema eines Threads machen.

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  • endar
    antwortet
    Ich kenne "Konstruktionen" in anderen gesamtgesellschaftlichen Zusammenhängen. Heutzutage z.B. die Konstruktion des Arbeitslosen.

    Besser ist aber vielleicht die "Konstruktion" des Nationalsozialisten nach dem Zweiten Weltkrieg. Zu Anfang standen oftmals konkrete Fragen: War der Standesbeamte, der ab 1935 die "Nürnberger Rassegesetze" gesetzestreu angewendet hatte, ein Nationalsozialist? Der Reichsbahnbeamte, der dafür sorgte, dass die Züge in die "Vernichtungslager" rollten, ein Verbrecher? Niemand hat diese Fragen laut gestellt, aber es besteht kein Zweifel, dass sie präsent waren.

    Hier wurde ein völlig neues Bild des Nationalsozialismus regelrecht konstruiert, welches dann zur "Entschuldung" des deutschen Volkes eingesetzt wurde. Hier haben dann tatsächlich Begriffsgebungen und Vorstellungen eine Realität geschaffen: nämlich diejenige, dass man sich nichts vorwerfen brauche, während dahinter das Gefühl stand, moralisch schuldig geworden zu sein.

    Interessant ist, dass die ehemaligen Opfer an der Erschaffung dieses Bildes genauso beteiligt gewesen waren, wie die ehemaligen Täter und Mitläufer.

    Wie wir einen objektiven Sachverhalt wahrnehmen, ist ja stets von unserem geistigen Horizont geprägt: Ein Arbeitsloser auf einer Parkbank ist ein fauler Schmarotzer, ein Banker genießt seine wohlverdiente Mittagspause.
    Ein und dasselbe Verhalten gewinnt durch den unterschieden Bezugsrahmen eine völlig unterschiedliche Wertung.

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  • Phoenow
    antwortet
    hmm.. finde ich einen sehr interessanten Ansatz.

    Man muss dabei aber denke ich sehr darauf aufpassen, wie man den Begriff "geschlossenes System" verwendet. Trotz der Geschlossenheit müssen gewisse Schnittstellen zwischen den Systemen existieren, wodurch ein Informationsaustausch stattfindet. Damit können dann "externe" Informationene "intern" interpretiert werden.

    Ansonsten stimme ich mit der Theorie der 'eigenen Welt' überein. Ich denke die reale, objektive Welt ist ein Kontinuum. Der subjektive Beobachter schafft sich durch Abstraktion, die Ideen und Begriffe, die seine wahrgenommene Welt ausmachen.

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  • Largo
    antwortet
    Zitat von maestro
    Konsequenz ist, dass ich mit dem wissenschaftlichen Ansatz, der hier schon Einzug gefunden hat, nicht viel anfangen kann und daher gerne keine abstrakte, sondern konkrete Fragestellungen lesen/besprechen möchte.
    Ich habe mich in den letzten Monaten recht intensiv mit Niklas Luhmann (einem Konstruktivisten) beschäftigt und finde, dass das Thema eine recht große praktische Relevanz hat.

    Interessanterweise stellt der Konstruktivismus bei Luhmann nicht nur eine erkenntnistheoretische Methode dar, sondern der Konstruktivismus (bzw. die Idee die dahinter steht) selbst ist ein integraler Bestandteil seiner Sozialtheorie – aber das nur am Rande.

    Ausgangspunkt der Theorie von Luhmann ist die Erkenntnis, dass es in der Welt Systeme gibt und diese Systeme geschlossen sind. Was heißt das genau? Luhmann sagt zum Beispiel, dass Körper (lebendes System) und Geist (psychisches System) zwei unabhängig voneinander arbeitende (besser: operierende) Systeme sind. Innerhalb von lebenden Systemen werden z.B. Zellen und Organe (re)produziert – in psychischen Systemen sind es dagegen Gedanken. Beide Systeme operieren dabei autonom, d.h. die Umwelt (für den Körper ist z.B. der Geist Umwelt) kann die Reproduktion des Systems nicht bestimmen. Ein System erhält demnach keine Inputs aus der Umwelt, sondern es verarbeitet Umweltereignisse systemintern. Eine Verletzung wird von Körper und Geist also unterschiedlich verarbeitet: der Geist verarbeitet die Verletzung in Form von Schmerzen, der Körper in Form von biochemischen Prozessen. Der Schmerz ist demnach nur ein Konstrukt des Geistes – eben weil der Geist nicht in den Körper "hineinschauen" kann, sondern lediglich auf Grundlage eines Beobachtungsrasters "interpretiert", was im Körper vor sich geht.

    Da Luhmann Sozialtheoretiker ist, gilt seine Aufmerksamkeit nun nicht primär biologischen oder psychologischen Phänomenen, sondern der Gesellschaft. Analog zu lebenden und psychischen Systemen identifiziert Luhmann auf der Gesellschaftsebene zahllose geschlossene Systeme (z.B. Wirtschaftssystem, politisches System usw.), die eine spezifische Operationsweise haben und die Welt durch ihre Brille beobachten. Das Wirtschaftssystem produziert beispielsweise unaufhörlich Zahlungen (so wie der Geist Gedanken produziert) und es interpretiert Umweltereignisse einzig aus ökonomischer Perspektive. Im Falle einer Umweltkatastrophe (z.B. eines Tankerunglücks) bekommt das Wirtschaftssystem nur das mit, was zahlungsrelevant ist (z.B. anfallende Kosten für Bergung des Schiffes) (so wie der Geist im Falle einer Verletzung nur den Schmerz wahrnimmt) – moralische oder gesundheitliche Aspekte des Vorgangs werden vom Wirtschaftssystem dabei ausgeblendet. Demgegenüber betrachtet das Rechtssystem den gleichen Vorgang aus rein rechtlicher Perspektive.
    Damit lässt sich ganz gut zeigen, dass ein Phänomen nicht "an sich" existiert, sondern das Resultat einer Beobachtung ist. Was genau beobachtet wird, hängt dabei von den Kategorien ab, die dazu verwendet werden.

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