ich verfolge diesen Thread jetzt schon eine ganze Weile und wundere mich manchmal. Den Beitrag von Crane finde ich sehr gut, und möchte ihn nur etwas ergänzen.
Vorausschicken sollte ich vielleicht zunächst mal dass ich zwar eher kein "Trekkie" bin, aber gut gemachte SF zu schätzen weiß. Daher bezieht sich das Folgende in erster Linie aus TOS, TNG, DS9, die Filme und zu geringeren Teilen auch auf VOY. Mit ENT konnte ich nicht soviel anfangen. (Werd's jetzt aber auf K1 nochmal probieren...

Was ich also aus vielen Jahren Star Trek-Erfahrung mitgenommen habe, ist, dass es meiner Meinung nach kein Canon bzgl. Zeitreisen oder Parallel-Universen gibt. Oder besser gesagt, es gibt viele Canons. In den verschiedenen Folgen werden sehr unterschiedlich Zeitkonzepte verwendet. Am häufigsten ist sicherlich etwas, das man als "flexible Zeitlinie" bezeichnen könnte.
>>Flexible Zeitlinie: Indem man die Vergangenheit ändert, wird die bisherige Gegenwart ausgelöscht. So versuchen bspw. die Borg in "Der erste Kontakt" das Entstehen der Förderation zu verhindern oder McCoy sorgt (unfreiwillig) in "Griff in die Geschichte" ("The City on the Edge of Forever") für den Sieg der Nazis im 2. Weltkrieg. Glücklicherweise sind Kirk, Picard (oder Sisko oder Janeway...) jedoch durch besondere Umstände von diesen Veränderungen der Geschichte geschützt und so können Sie die durch die Zeit hinterher reisen und die Borg, McCoy (oder wer eben im Drehbuch vorgesehen ist) aufhalten.
(Manchmal wird die Zeit aber auch absichtlich "zum Guten" geändert. Z.B in "Temporale Paradoxie"/"Timeless" oder "Endspiel"/"EndGame", beides VOY.)
In diesem Zeitkonzept gibt es nur eine Zeitlinie, die jedoch verändert werden kann. (Die Zeitpolizei, die in VOY und ENT eingeführt wird, macht eigentlich nur für dieses Konzept Sinn.)
Ein anderes Konzept ist das einer fixen, unveränderbaren Zeitlinie. Auch das kommt bei ST vor:
>>Prädestinationskonzept: Es gibt eine einzige, nicht veränderbare Zeitlinie. Man kann zwar in die Zeit zurück reisen, sie dabei aber nicht verändern. Alle "Veränderungen" die man vornimmt, sorgen nur dafür, dass alles so abläuft, wie es in den Geschichtsbüchern schon steht. Dieses Konzept kommt z.B. in der TOS-Folge "Ein Planet, genannt Erde"/"Assignment: Earth" zum Tragen. Die Enterprise reist in die Vergangenheit um eine atomare Explosion im Jahr 1968 zu untersuchen und ist letztlich selbst die Ursache dafür. Andere Beispiele sind "Kleine grüne Männchen" ("Little Green Men") wo Quark und Nog den Roswell-Zwischenfall auslösen oder "Gefahr aus dem 19. Jahrhundert" ("Time's Arrow") wo die Enterprise einen 500 Jahre alten Kopf von Data findet, in die Vergangeheit reist und dort Data schließlich eben diesen Kopf verliert.
Und dann gibt es natürlich die parallelen Universen:
>>Viele-Welten-Konzept: Es gibt viele parallele Universen nebeneinander, die dadurch entstehen, dass sie sich an irgendeiner Stelle in der Geschichte trennen. Das bekannteste Beispiel in ST ist sicherlich das Spiegeluniversum. allerdings ist hier nicht klar, an welcher Stelle in der Geschichte die Welten verschiedene Wege gegangen sind. (Außerdem scheint das Spiegeluniversum mit "unserem" Universum weiterhin verbunden zu sein. Denn wer hier eine bedeutende Stellung hat, hat sie auch dort...). Andere Beispiele, in dem explizit unterschiedliche Zeitlinien erwähnt werden gibt es in TNG "Parallelen"/"Parallels" (auch wenn hier nicht durch die Zeit gereist, sondern "nur" zwischen den Zeitlinien gesprungen wird) und in der Voyager-Folge "Der Zeitzeuge" ("Living Witness"), die komplett in einer anderen Zeitlinie spielt.
Das dürften die drei Grundmuster sein, wobei die Drehbuchautoren aus dramturgischen Gründen wohl am liebsten das Konzept der veränderbaren Zeitlinie bemühen.
Daneben gibt es bei ST noch einige hier nicht einordbare, etwas paradoxe Zeiterscheinungen, wie Zeitschleifen (zB. TNG: Deja Vu) oder sich gegenseitig "durchdringende" Zeitebenen (etwa in "Die alte Enterprise"/"Yesterday's Enterprise"). Das alles in einen einheitlichen Canon zu pressen dürfte nicht einfach sein...
Als Vehikel für die Zeitreise wird bei Star Trek übrigens alles mögliche genommen: ein Warpflug um die Sonne (mehrfach), ein "Borgtunnel", ein Transporterunfall, ein Riss im Subraum, ein Wurmloch oder ein "Drehkörper der Zeit". Warum also nicht auch ein schwarzes Loch wie in Star Trek XI?
Letztlich kann man es sich also aussuchen, ob mit ST XI nun eine neue Zeitlinie entstanden ist (Viele-Welten-Konzept) oder ob die alte Zeitlinie ausgelöscht wurde (Flexible Zeitlinie). Ersteres scheint mir am besten zu passen, aber es wäre absolut "mit dem Canon vereinbar", wenn in ST XII Captain Picard (der mit seinem Schiff etwa von einem "polarisierten Tachyonenfeld" vor den Auswirkungen der Ereignisse in ST XI geschützt war) durch die Zeit zurück reisen würde um Nero vor der Zerstörung Vulkans aufzuhalten und alles wäre wieder in Butter und ST XI nie geschehen. Mit einem solchen Drehbuch rechnen würde ich aber nicht... ;-)
So, jetzt geh ich schon mal in Deckung

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