Zitat von Kaff
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Deshalb stellt sich eben die Frage, wie man die Missbrauchsmöglichkeiten begrenzt. Und da muss man eben feststellen, dass der Ansatz dies mittels kleiner Schritte zu erreichen, ein offensichtliches Problem hat. Warum wurden die Fortschritte, die man ja durchaus sich erkämpft hat, zum Teil von den Parteien, die sie erkämpft haben, wieder vernichtet? Warum konntest es sein, dass es in Endeffekt in allen Industrieländer seit etwa 30 Jahren in erster Linie Rückschritte gibt?
Die Sozialdemokratie und die Liberalen sagen, dass es heute halt die Globalisierung gibt, die diese Massnahmen erfordert. Aber was bedeutet dies? Warum erzwingt diese Verschlechterungen, obwohl immer durchschnittlich immer mehr Reichtum pro Person vorhanden ist?
Eigentlich ist es doch so, dass sich grundlengend nichts geändert hat. In den Phasen mit hohen Wachstums- und Profitraten waren die Kapitalisten zu Zugeständnissen bereit, die dazu geführt haben, dass man in manchen Industriestaaten sehr grosse Verbesserungen des Lebensstandards gesehen hat (was ermöglicht hat, dass die Nachfrage sich auch entsprechend massiv ausgeweitet hat). Die Profit- und Wachstumsraten sind aber in allen Industriestaaten zwischen den frühen 50ern und den frühen 70ern stark gefallen, so dass in den 70ern eine Situation erreicht war, in der sie eben keine Zugeständnisse mehr machen wollten. Im Gegenteil: sie haben versucht ihre Probleme (ihre zu geringe Rendite) dadurch zu lösen, in dem sie die Arbeitskosten so reduziert haben, dass die Arbeiter nicht nur relativ weniger erhalten haben, sondern eben auch absolut.
Man sieht daran eben auch, dass sie grundsätzlich nichts geändert hat. Die Macht der Kapitalisten ist nicht eingeschränkt und unter Bedingungen, die für die Kapitalisten selbst massive Probleme verursachen, können diese sich auf Kosten der Mehrheit der Menschheit auch durchsetzen. Dies liegt aber daran, dass die Gesellschaftstruktur eben unverändert gelassen wurde. Man hat eben den Fehler gemacht, dass man deren Macht nicht reduziert hat.
Wie hast du geschrieben: wer kontrolliert die Kontrolleure? Es ist eben heute wieder klar, dass man hier keinen Fortschritt erzielt hat. Diejenigen, die Produktionsmittel kontrollieren, können immer noch die gesamte Gesellschaft kontrollieren und die Kontrolleure der Kontrolleure (Parlamente, demokratisch gewählte Regierungen) haben sich als wirkungslos herausgestellt. Das haben aber die Kritiker der reformistischen Strategie ("Evolution") aber schon vor über 100 Jahren klar vorhergesagt!
Die "Evolutions"-Strategie hat dies aber nicht berücksichtigt! Sie haben versucht sich um die entscheidende Frage herumzudrücken. Eben die Frage, wie die Macht in der Gesellschaft verteilt ist, wie die Kontrolle der Gesellschaft erfolgt. Sie haben die Herrschenden eben in der Position gelassen, ihren Willen der Mehrheit aufzuwingen.
Entsprechend wälzen die Herrschenden ihre Probleme auf die Mehrheit mittels Reduktion ihrer Kosten ab. Diese Kostenreduktion der Kapitalisten beruht auf vier Massnahmen:
a) die Reduktion der Zahl der Arbeitskräfte. Dies verursachte Massenarbeitslosigkeit, was entsprechend die Binnennachfrage geschwächt hat. Die Nachfrage entwickelt sich nicht mehr entsprechend zur Produktivität, so dass viele Arbeitskräfte überflüssig werden. Dies verschärft natürlich auch die Konkurrenz zwischen den Konzernen massiv, erhöht also den Druck die Kosten zu senken, den Druck Konkurrenten vom Markt zu drängen (durch Aufkaufen, Billigpreise, Absprachen, Protektionismus etc. etc.)
b) die Senkung der Löhne. Dies geschieht einerseits relativ, d.h. trotz mehr Arbeit pro Zeit wird nicht mehr Lohn gezahlt. Andererseits ist es so, dass in vielen Industriestaaten die Löhne weit hinter der Entwicklung der Preise zurückbleiben, die Reallöhne also sinken. Die BRD ist im letzten Jahrzehnt für letzteres ein abschreckendes Beispiel.
c) durch Umverteilung der Steuer- und Abgabenlast, also der Finanzierung des Staates. Dies geschah in erster Linie durch eine Senkung der Steuern auf Gewinne und Einkommen aus Gewinnen und eine Anhebung der Verbrauchssteuern, Gebühren, Zuzahlungen und Sozialabgaben. Dies hat zu der Senkung der Löhne beigetragen, aber auch zur Reduktion der staatlichen Investitionen und einer zunehmenden Armut. Wobei es hier interessant ist, dass es in vielen Staaten die Tendenz gibt, dass zunehmend ein Teil des Einkommens der "Arbeitnehmer" nicht mehr von den Konzernen gezahlt wird, sondern vom Staat. Dies sieht man nicht nur in der BRD, sondern auch sehr stark in den USA.
d) durch Ausnutzung anderer Preisniveaus und von Diktaturen. D.h. Konzerne produzieren in Staaten, in den das Preisniveau geringer ist, sie also geringere Löhne zahlen müssen. In der Regel kommt dazu, dass in diesen Staaten die Arbeiter kaum Rechte haben und Gewerkschaftler massiv verfolgt werden, so dass die Konzerne noch einmal die Löhne drücken können und schlechtere Arbeitsbedingungen erzwingen können. Dies ist allerdings nichts neues. Im Kapitalismus wurden eigentlich immer ein Teil der Produktion, der arbeitsintensiv war, von Menschen geleistet, die unter erbärmlichsten Bedingungen leben mussten. So wurden schon in den 50er und 60er in südamerikanische Diktaturen (und auch Südafrika) produziert, während ein Teil der Agrar- und Rohstoffproduktion seit Bestehen des Kapitalismus unter diesen Bedingungen erfolgt.
Zitat von Kaff
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Das ist eber kein Fehler der Menschheit, sondern dies liegt daran, dass es eine Minderheit gibt, die aufgrund dieser Fehler sich massiv bereichern kann und die deshalb alles macht, dass diese Fehler nicht beseitigt werden - sie also ihre Macht erhalten und ausbauen können. Die Strategie der "Evolution" hat sich eben um diese Frage herumgedrückt und ging einfach davon aus, dass sich die menschliche Gesellschaft genauso wie die technischen Möglichkeiten entwickelt würde. Das macht sie aber eben nicht, wenn die Herrschenden davon profitieren, wenn alles so bleibt, wie es ist. Und die Beherrschten meinen, dass sie entweder nichts gegen diese winzige Minderheit machen könnten und deshalb Lohnsenkungen und Sozialabbau akzeptieren müssten - oder meinen sogar, dass sich irgendwie schon alles verbessern wird. Hauptsache man wählt halt die richtige Regierung (oder glaubt an das richtige überirdische Wesen), die bzw. dass dann für einen schon alles zum Guten wendet. Diese Passivität macht es aber den Herrschenden noch leichter, die Regierungen dazu zu zwingen, ihren Interessen zu dienen. Die meisten der Parteien, die mittels "Evolution" die Gesellschaft verbessert wollten, sind aber inzwischen so weiter gesunken, dass sie sich freiwillig als Diener anbieten. Sie verteidigen inzwischen den Status quo auf Kosten ihrer ursprünglichen Ziele. Es fehlt eben eine kritische Analyse der eigenen Strategie. Statt dessen macht man weiter mit der "Evolution". Nur eben jetzt eben in die andere Richtung: man betreibt eine Rückentwicklung und eine Zerstörung des schon Erreichten.
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