Wirtschaftaufschwung (?)/ Armut in Deutschland - SciFi-Forum

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Wirtschaftaufschwung (?)/ Armut in Deutschland

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    Zitat von Sinclair
    In der Firma, in der ich vor etlichen Jahren meine Lehre absolviert habe, werden ungelernte Kräfte für Lager- und Trockenarbeiten derzeit für 10,50 Einstellungslohn beschäftigt. Bei einem plötzlichen gesetzlichen Mindestlohn von 7,50 könnte es dann durchaus passieren, dass sich die Firma denkt ... na, du kannst es dir denken.
    Eherlich gesagt bezweifle ich ziemlich, dass die Firma die 10,50 bezahlt, weil sie so... nett ist.
    "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
    -Cpt. Jean-Luc Picard

    Kommentar


      Die Firmen zahlen diese Löhne jetzt, weil das mit Gewerkschaften so ausgehandelt wurde. Ein staatlich definierter Mindestlohn könnte dazu führen, dass diese Lohngruppen einfach nicht mehr verhandelt werden, da sich ja der Staat jetzt darum kümmert, was ungelernte Arbeiter verdienen. Eine Senkung auf dieses Niveau ist dann für die Gewerkschaft auch leichter zu schlucken (eben z.B. mit dem Argument der Arbeitsplatzsicherung), weil es ja überall gilt.
      können wir nicht?

      macht nix! wir tun einfach so als ob!

      Kommentar


        Zitat von blueflash Beitrag anzeigen
        Ein staatlich definierter Mindestlohn könnte dazu führen, dass diese Lohngruppen einfach nicht mehr verhandelt werden, da sich ja der Staat jetzt darum kümmert, was ungelernte Arbeiter verdienen. Eine Senkung auf dieses Niveau ist dann für die Gewerkschaft auch leichter zu schlucken (eben z.B. mit dem Argument der Arbeitsplatzsicherung), weil es ja überall gilt.
        Das halte ich für eine gewagte These. Gibt es dafür Untersuchungen aus Ländern, die vor absehbarer Zeit einen Mindestlohn eingeführt haben? GB wäre wohl ein passabler Vergleich (falls die dort überhaupt ein vergleichbares Tarifsystem haben).

        Kommentar


          Zitat von blueflash
          Die Firmen zahlen diese Löhne jetzt, weil das mit Gewerkschaften so ausgehandelt wurde. Ein staatlich definierter Mindestlohn könnte dazu führen, dass diese Lohngruppen einfach nicht mehr verhandelt werden, da sich ja der Staat jetzt darum kümmert, was ungelernte Arbeiter verdienen. Eine Senkung auf dieses Niveau ist dann für die Gewerkschaft auch leichter zu schlucken (eben z.B. mit dem Argument der Arbeitsplatzsicherung), weil es ja überall gilt.
          Der Mindestlohn würde ja nur da gelten, wo die Gewerkschaften nicht höhere Löhne aushalten. Von daher halte ich das für wenig gefährlich, zumal ich bezweifle, dass die Gewerkschaften einfach so darauf verzichten würden, ihre Aufgabe wahrzunehmen, nur weil es plötzlich eine absolute Untergrenze gibt.
          "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
          -Cpt. Jean-Luc Picard

          Kommentar


            Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
            Eherlich gesagt bezweifle ich ziemlich, dass die Firma die 10,50 bezahlt, weil sie so... nett ist.
            Woran soll es dann liegen?

            Kommentar


              Zitat von Sinclair
              Woran soll es dann liegen?
              Tarifverträge?
              "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
              -Cpt. Jean-Luc Picard

              Kommentar


                Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
                Tarifverträge?
                Ein Tarifvertrag, der ungelernten Hilfskräften einen Stundenlohn von 10,50 vorschreibt? Sowas mag es in der Auto- oder Mikrotechnikindustrie geben, aber bestimmt nicht in mittelständischen Firmen. Trotzdem interessiert mich das und werde bei Gelegenheit einen der alten Kumpane danach befragen.

                Kommentar


                  Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
                  Der Mindestlohn würde ja nur da gelten, wo die Gewerkschaften nicht höhere Löhne aushalten. Von daher halte ich das für wenig gefährlich, zumal ich bezweifle, dass die Gewerkschaften einfach so darauf verzichten würden, ihre Aufgabe wahrzunehmen, nur weil es plötzlich eine absolute Untergrenze gibt.
                  Die Gewerkschaften verhandeln grundsätzlich nicht mehr über Sachen, die von Staats wegen garantiert werden, siehe z.B. Kranken- und Arbeitslosenversicherung.
                  Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass das bei Lohnuntergrenzen anders wäre.
                  können wir nicht?

                  macht nix! wir tun einfach so als ob!

                  Kommentar


                    Zitat von blueflash
                    Die Gewerkschaften verhandeln grundsätzlich nicht mehr über Sachen, die von Staats wegen garantiert werden, siehe z.B. Kranken- und Arbeitslosenversicherung.
                    Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass das bei Lohnuntergrenzen anders wäre.
                    Im Falle von Arbeitslosen und Krankenversicherung haben die Gewerkschaften doch auch überhaupt keinen Spielraum zu verhandeln. Im Falle eines Mindestlohn hätten sie ja die Möglichkeit, weiterhin höhere Löhne durchzusetzen. Das ist ja auch ihre Aufgabe.
                    "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
                    -Cpt. Jean-Luc Picard

                    Kommentar


                      Die Gewerkschaften hätten natürlich genauso den Spielraum, bessere Kranken- und Arbeitslosenversicherungsbedingungen auszuhandeln (war ja auch schonmal so). Tun sie aber nicht!
                      können wir nicht?

                      macht nix! wir tun einfach so als ob!

                      Kommentar


                        Zitat von blueflash Beitrag anzeigen
                        Die Gewerkschaften hätten natürlich genauso den Spielraum, bessere Kranken- und Arbeitslosenversicherungsbedingungen auszuhandeln (war ja auch schonmal so). Tun sie aber nicht!
                        Die Gewerkschaften sind seit einiger Zeit allgemein in der Defensive - einerseits wegen der Massenarbeitslosigkeit, andererseits, weil die diverse Regierungen massiv auf Lohnsenkungen hingearbeitet haben.

                        Natürlich haben Gewerkschaften auch schon zusätzliche Sozialleistungen durchgesetzt. Aber das war in einer Zeit, in der sie insgesamt noch mehr durchsetzen konnten.

                        Ein Mindestlohn könnte - wenn er hoch genug ist - die Tendenz der Lohnsenkungen zumindest an einer bestimmten Grenze bremsen. Und das ist dringend notwendig, weil insbesondere im Dienstleistungssektor inzwischen oft nur noch Armutslöhne gezahlt werden.

                        Die Tendenz der sinkenden Löhne wird dadurch alleine nicht zu stoppen sein. Dafür müssten die Gewerkschaften wieder schauen, dass sie gegen den Klassenkampf von oben nicht mit laufenden Zugeständnissen, sondern mit Gegenwehr beantworten.
                        Resistance is fertile
                        Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
                        The only general I like is called strike

                        Kommentar


                          Zitat von blueflash
                          Die Gewerkschaften hätten natürlich genauso den Spielraum, bessere Kranken- und Arbeitslosenversicherungsbedingungen auszuhandeln (war ja auch schonmal so). Tun sie aber nicht!
                          Der Träger von Kranken und Arbeitslosenversicherung ist doch nicht der Arbeitgeber, sondern der Staat. Also hätten die Gewerkschaften auch keinen Spielraum, da irgendwas besseres auszuhandeln.
                          "Mit dem ersten Glied ist die Kette geschmiedet. Wenn die erste Rede zensiert, der erste Gedanke verboten, die erste Freiheit verweigert wird, dann sind wir alle unwiderruflich gefesselt."
                          -Cpt. Jean-Luc Picard

                          Kommentar


                            Zitat von Valdorian Beitrag anzeigen
                            Der Träger von Kranken und Arbeitslosenversicherung ist doch nicht der Arbeitgeber, sondern der Staat. Also hätten die Gewerkschaften auch keinen Spielraum, da irgendwas besseres auszuhandeln.
                            Erstens könnten die Gewerkschaften natürlich auch mit der Regierung verhandeln - auch wenn sie da kein vernünftiges legales Druckmittel haben, da politische Streiks verboten sind.

                            Zweitens könnten die Gewerkschaften natürlich über zusätzliche Leistungen verhandeln, die dann die "Arbeitgeber" zahlen müssten.

                            Das ändert alles nichts daran, dass man zwei Probleme realisieren muss und darauf Antworten finden muss:

                            1.) die letzten Regierungen, insbesondere die Regierung Schröder, haben durch ihre Politik bewusst darauf hingearbeitet, die Löhne zu senken. Dazu gehören einerseits die Massnahmen, die die Unsicherheit der "Arbeitnehmer" erhöhen, wie Leiharbeit, befristete Stellen etc. und andererseits die Massnahmen, die den Druck auf Arbeitslose erhöhen, jede Stelle, also auch jede noch so schlecht bezahlte, anzunehmen.

                            2.) die Gewerkschaften sind in den letzten Jahrzehnten unfähig gewesen, sich gegen die Massenentlassungen und Lohnsenkungen vernünftig zu wehren. Der letzte Teilerfolg war die 35-Stunden-Woche - und die ist auch schon wieder faktisch Geschichte. Die Gewerkschaften konnten in den letzten Jahrzehnten nicht das Sinken der Reallöhne verhindern. Verdi hat gerade erst wieder mit dem Bund und den Kommunen einen Abschluss vereinbart, der auf eine Reallohnsenkung hinauslaufen wird.

                            1.) bedeutet, dass die SPD als Unterstützer für die Gewerkschaften zumindest so lange ausfällt, bis sie die Konsequenzen aus der Politik Schröders gezogen haben. Dazu gehört einerseits, dass man sich eingesteht, dass diese Politik vollkommen falsch war und andererseits, dass man sich eingesteht, dass es nicht reicht, einfach zu der Politik von vor Schröder zurück zu gehen. Diese hat durch ihre Wirkungslosigkeit (s. Anstieg der Arbeitslosigkeit schon unter Schmidt) ja den Weg für Leute wie Schröder bereitet.

                            Schröders Politik - und das gilt noch verstärkt für die Politik der Union und FDP! - hatte die Grundlage, dass die Löhne in der BRD zu hoch seien und deshalb die Konkurrenzfähigkeit beeinträchtigt wäre (die zuvor nie auf niedrigen Löhnen beruhte, sondern auf einer höheren Produktivität, die wiederum auf einer besseren Technik beruhte). Die zweite Annahme war, dass für die Ungelernten nur der Weg in den Niedriglohnsektor noch offen war - der deshalb gefördert werden müssen. Rhetorisch hat man behauptet, man bräuchte als Antwort auch mehr Bildung. Aber da wurde kaum was gemacht, da dies deutlich mehr staatliche Investitionen benötigt hätte, was aber wegen den Steuersenkungen für Reiche und Konzerne (die Schröder wie seine Vorgänger und Nachfolger gemacht hat) nicht möglich waren.

                            Dazu kommt eben, dass die Gewerkschaften jahrelang auf Zugeständnisse setzten - und dafür nur weitere Angriffe geerntet haben. Jedes Zugeständnis bei Löhnen und Arbeitszeit wurde in ein paar Jahre später mit weiteren Zugeständnissen beantwortet - wieder um angeblich Arbeitsplätze zu sichern.

                            Die Folge ist ein sinkender Lebensstandard für die große Mehrheit und eine zunehmende Armut - und ein massive Umverteilung zu den Reichsten. Die Folge ist eine Stagnation der Binnennachfrage, während das die Reichen nicht mehr wissen, wie sie das zusätzliche Kapital, was ihnen Kohl, Schröder und Merkel geschenkt haben, noch investieren können. Worauf es in die Spekulation fliesst, was dann - zusammen mit den gelockerten Regeln ("Bürokratieabbau") - zu regelmässigen schweren Finanzkrisen geführt hat, die die konjunkturellen Krisen noch verschärft haben.
                            Resistance is fertile
                            Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
                            The only general I like is called strike

                            Kommentar


                              Ein sehr lesenswerter Beitrag von Peter Bofinger in der SZ: Wirtschaftspolitik - Deutschland lebt unter seinen Verhältnissen - Wirtschaft - sueddeutsche.de

                              Kommentar


                                Zitat von SF-Junky Beitrag anzeigen
                                Klingt sogar sehr überzeugend..besodners derteil mit Investitionen im Inland, dattalles isn AUsland zu karrenudn den binenmarkt zustärken. Aber um das zu erkenen muss ich kein Wirtschaftsweiser sein.
                                >ACHTUNG, freilaufender "Linker Gutmensch"! VORSICHT BISSIG!<

                                Kommentar

                                Lädt...
                                X