Zitat von Creator83
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Nehme ich die Welt, die Realität (und das ganze Drumherum) so hin wie sie ist oder bin ich damit unzufrieden und erdenke sie mir wie sie sein sollte bzw. wie ich sie mir erträume ? Und beabsichtige damit, sofern ich selbst nicht die Mittel dazu habe, daß Menschen mit besagten Mitteln das lesen und sich davon inspiriert fühlen um besagte Realität aktiv zu verändern?
Das trifft auf die Väter der SF wie etwa Jules Verne durchaus zu.
Inspiriert haben sie im laufe der Geschichte viele Menschen.
Heute haben wir eine Unterhaltungsindustrie, die sich u.a. auch der SF bedient. Den o.g. Ansatz sehe ich in dieser allerdings kaum noch.
Insofern wage ich zu behaupten, daß SF heute, insbesondere im Film und TV-Bereich mehr Fiction als Science ist.
Was ich natürlich nicht verdamme. Diese Erkenntnis hält mich allerdings davon ab in SF heute mehr zu sehen als Unterhaltung, die auf ein spezielles Klientel zugeschnitten ist.
Nehmen wir Star Trek und seine Spinoffs. Dies ist ein Musterbeispiel für SF-Unterhaltung mit vielen Gegenwartsbezügen und wird als klassische SFTV-Unterhaltung mit ebenjenem Anspruch angesehen.
Alles was an SFTV-Unterhaltung danach produziert wurde baut mit darauf auf und muß sich daran messen lassen. Das mag man gut oder schlecht finden. SF kommt kaum ohne diesen metaphorischen Realitätsbezug aus.
Inwieweit Produktionen der letzten Jahrzehnte diesen Anspruch erfüllen, sei mal dahingestellt.
Um Deine Frage zu beantworten: Raumschlachten, epische Dramen um Sternenreiche, die prosperieren und wieder zerfallen und das alles sind natürlich seit je her fesselnd und spannend. Sie verkommen jedoch zu reiner Fantasy (Fiction), wenn es dabei keinerlei Verweise zur Gegenwart oder auch Vergangenheit der Menschheit an sich geben würde.
Das trifft im weitesten Sinne auf die StarWarsSaga zu, die zwar menschliche Protagonisten hat, aber es könnten auch genausogut irgendwelche Fabelwesen sein. Und das macht SW mehr zu Fantasy als SF. Die einzige Serie, die ich kenne, die das gut miteinander zu verknüpfen wußte ist mE Babylon 5.
Aber auch Stargate hat das ganz gut hinbekommen. Wenn auch nicht so herrlich episch.
Allerdings ist bei dieser Serie der Realitätsbezug maximal. Menschen aus unserer Zeit und unserer Realität werden mit fantastisch neuen Begebenheiten konfrontiert. Wie damit umgegangen wird hat einen hohen Realitätsbezug. Stargate ist für mich gute SF (im Nachhinein).
Ein weiteres Beispiel für mehr Fiction als Science ist für mich Farscape. Hier wird zwar ein Mensch aus dem Hier und Jetzt in ein Star Wars ähnliches Szenario hineinkatapultiert, es auch einigermaßen plausibel mit einem Wurmloch erklärt, aber es ist doch eher eine moderne Umsetzung des Märchens vom Zauberer von OZ. Crichton ist das Mädchen, daß nach Hause will. Und es findet märchenhafte Freunde mit denen sie fortan Abenteuer erlebt. Weltraum und Märchenland sind hier sehr nahe beieinander.
Aber SF im o.g. Sinne ist das schon nicht mehr. Allerdings Megaunterhaltsam.
Ob und inwieweit es derzeit noch möglich ist SF im Fernsehen oder im Kino weiterhin auf relativ hohem Niveau zu verwirklichen liegt mE auch daran, ob es Autoren noch gelingt innovativ zu Erzählen ohne zu sehr in andere, beliebtere Bereiche wie Fantasy oder Reality abzudriften.
Der Trend ging in den letzten Jahren immer mehr in die Richtung zu zeigen, wie der Mensch von Heute, der in eine SF-Umgebung katapultiert wird, damit wohl klarkommen würde(Stargate,Farscape,New Flash Gordon u.s.w.).
Eine reine Menschheitszukunftsvision wie man sie etwa bei der Perry Rhodan Romanserie findet, scheint nicht besonders publikumswirksam zu sein.
Trotz und obwohl sich alle relevanten SF-Serien gerade da bedient haben (siehe Bab5).
Babylon 5 scheint mir sowieso die große Ausnahme zu sein.
Und die Tatsache, dass JMS sich von Staffel zu Staffel die Gunst der Studiogewaltigen erkämpfen mußte stellt doch das Dilemma ganz plastisch dar.
Alles was wir Fans uns mit Begeisterung in den letzten Jahren reinziehen durften, basierte auf der Akzeptanz der Zuschauer (auch die Nicht-SF-Typen), die die Quoten lieferten. Die Quoten, die die Werbeeinnahmen steuerten, die die Konzerne wohlwollend stimmten, die das Geld für neue Staffeln bereitstellten.
Denn Fernsehunterhaltung ist ein knallhartes Geschäft in unserem System, dass sich Kapitalismus nennt.
Insofern müssen wir eigentlich dankbar dafür sein, dass der Kapitalismus uns 3 Staffeln TOS, 7 Staffeln STNG, usw. erlaubte.
Eine Serie, die im Kern die elementarste Kapitalismuskritik der Fernsehgeschichte war/ist.
Wer das nicht glauben will sollte sich mal intensiv mit dem Phänomen Roddenberry beschäftigen.
Einem Menschen, der sich vehement gegen vorherrschende Regeln der TV-Unterhaltung auflehnte.
Und das auch noch recht erfolgreich.
Hey, ich bin kein Trekkie. Aber als SF-interessierter komme auch ich nicht an diesem Ding vorbei.
Back To Topic:
Nein, die Ära der SF geht sicherlich nicht zuende. Sie muß sich aber zwingend neu orientieren um nicht zur gewöhnlichen Unterhaltung zu verkommen. Denn in ihren Ursprüngen war sie eines sicher nicht:
Gewöhnlich.
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