Wirtschaftaufschwung (?)/ Armut in Deutschland - SciFi-Forum

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Wirtschaftaufschwung (?)/ Armut in Deutschland

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    #91
    Zitat von Nightcrawler Beitrag anzeigen
    Wenn wir mal davon absehen, dass wir uns offensichtlich noch immer in der Bewerbungssteinzeit befinden, weil viele Firmen immer noch die „eierlegende Wollmilchsau“ (= 20jähriger Abiturient, mit abgeschlossener Berufsausbildung, langjähriges Studium, 30jährige Berufserfahrung und einer Gehaltsvorstellung von (maximal) 1000,- € brutto, bei einer 50 Stunden Woche... ) suchen, wundert mich die schleichende „Verdummung“ schon lange nicht mehr.
    Naja, solche Ansprüche werden in anderen Ländern auch gestellt. Allerdings ist es dort halt üblich -zumindest kenne ich von einer Freundin die französischen Verhältnisse-, dass der Bewerber sich eben auf diese utopischen Anforderungen einstellt und den Lebenslauf frisiert bis es quietscht. Für Franzosen scheint es jedenfalls ganz normal zu sein, dass im Bewerbungsverfahren massiv geblendet wird.

    So gesehen ist es mal wieder wie so oft: Man kopiert in Deutschland das Ausland, allerdings nur halb - und so klappt's halt nicht.

    Zitat von Zefram Beitrag anzeigen
    btw weiß ich aus der eignen Familie, dass auch aktuelle Hauptschulabgänger Ausbildungsverträge angeboten bekommen. Das mag aber auch daran liegen, dass wir hier "auf dem land" wohnen und auf den hiesigen Schulen noch etwas andere Zustände herrschen, als in den großen Städten.
    Das ist mit Sicherheit so, da dort die Denkweise eine andere ist. Ein Handwerksmeister auf dem Land braucht kein Assessment-Center und keinen Personal-Manager, der will Leistung sehen und einen positiven persönlichen Eindruck.

    Ich wollte auch nicht sagen, dass alle Hauptschulabgänger chancenlos sind. Das ist sicher nicht der Fall. Allerdings fällt mir persönlich die oben genannte Tendenz halt auf, wonach ohne Abitur in den allermeisten Branchen oft nichts mehr geht und auch die klassischen "Hauptschülerberufe" mittlerweile anderweitig vergeben werden.
    Es hat schon immer Science-fiction gegeben - die Wettervorhersage im Fernsehen.
    -Peter Ustinov

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      #92
      Zitat von vanR Beitrag anzeigen
      Ein kleines Aufschwungspflänchen ist am keimen nun geht es darum sie gut zu pflegen und zu hegen auf das das Pflänzchen sich gut entwickeln möge.
      Natürlich wird es immer wieder Aufschwünge geben. Es gab ja auch immer wieder welche. In der BRD gibt es natürlich ein Problem, wenn diese ausschliesslich, wie in den letzten Jahren, auf der Zunahme des Exports beruhen, während die Binnennachfrage oft stagniert. Da muss auch dann geringes Wachstum geben, wenn man sich die EU als Ersatz für die mangelnde Binnennachfrage ausgesucht hat.

      Ich denke, dass es eher um die Frage geht, wie endlich mal die Mehrheit der Gesellschaft von der wirtschaftlichen Entwicklung profitieren kann, d.h. wie man endlich die Umverteilungspolitik zu den Reichen stoppen kann. Wenn man diesen eben nicht stoppen kann, dann nützt auch kein Aufschwung. Es ist ja nicht so, dass es in den letzten 15 Jahren kein Wachstum gab - aber die Reallöhne sind eben gesunken, obwohl durchschnittlich immer mehr pro Person vorhanden war.

      Das Problem ist eben, dass jede der letzten Regierungen versucht hat, die wirtschaftlichen Probleme auf Kosten der Mehrheit zu lösen - und dadurch natürlich deren Probleme massiv vergrössert hat.

      Fast jeder Vorschlag, der aus dem neoliberalen Lager kam, stellt ja eine direkte Verschlechterung in Bezug auf Einkommen, Zugang zur essentiellen Infstruktur oder von Rechten von "Arbeitnehmer" dar, z.B. "Lohnzurückhaltung" (d.h. Lohnsenkungen), mehr Flexibilität (natürlich nicht für den "Arbeitnehmer"), Kündigungsschutz, die "Reformen" im Gesundheitswesen und bei der Finanzierung der Renten, Billiglohnsektor etc. etc.
      Zitat von vanR Beitrag anzeigen
      Also ich bin in einem "solchen" System großgeworden und ich kann dir sagen es gehörte nicht einigen wenigen. Sicherlich haben sich einige wenige bereichert, aber es gehörte, auf´m Papier zumindest, allen (VEB, EVP,...)
      Na ja, Papier ist geduldig. Wenn einem etwas gehört, aber man keine Möglichkeit hat, über den eigenen Besitz selbst in irgendeiner Form zu bestimmen, dann muss man sich überlegen, wer dann die Gesellschaft kontrolliert. Du bist in einer Gesellschaft aufgewachsen, in der offiziell die Produktionsmittel Staatsbesitz waren und somit offiziell allen gehörten, aber tatsächlich war der Staat ja nicht demokratisch kontrolliert und damit waren auch tatsächlich die Produktionsmittel eben nicht im Besitz/Kontrolle von Jedem, sondern von einer Minderheit, die den Staatsapparat kontrollierte. Diese konnte sich sehr wohl auf Kosten der Mehrheit bereichern, hatte höhere Einkommen, Zugang zu mehr Wahren (inkl. westlichen Produkten). Eine der ersten Massnahmen von Stalins Konterrevolution waren höhere Einkommen für die Funktionäre

      Aber das Thema sollte man eben woanders diskutieren.

      @ Valdorian: eine demokratisch organisierte Gesellschaft, in der die Wirtschaft sowohl innerbetrieblich, als auch insgesamt demokratisch kontrolliert ist und der insgesamt die Demokratie über direkte Elemente funktioniert. Aber eine Diskussion darüber gibt es z.B. schon hier. Da findest du auch alle Vorurteile und Unterstellungen über Sozialismus, Kommunismus und Marxismus von Leuten, die stalinistische Terrorregime als Argument gegen jeden Linken, vollkommen egal welcher Richtung, benutzen.
      Resistance is fertile
      Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
      The only general I like is called strike

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        #93
        Zitat von max Beitrag anzeigen
        (...)
        Ich denke, dass es eher um die Frage geht, wie endlich mal die Mehrheit der Gesellschaft von der wirtschaftlichen Entwicklung profitieren kann, d.h. wie man endlich die Umverteilungspolitik zu den Reichen stoppen kann. Wenn man diesen eben nicht stoppen kann, dann nützt auch kein Aufschwung. Es ist ja nicht so, dass es in den letzten 15 Jahren kein Wachstum gab - aber die Reallöhne sind eben gesunken, obwohl durchschnittlich immer mehr pro Person vorhanden war.
        Tja, wenn du diese Probleme lösen könntest, wärest du wahrscheinlich Kanzler und alle würden dir zujubeln und du hättest die Kanzlerschaft auf Lebenszeit.

        Aber mal im Ernst, es muss ja ein Gleichgewicht geben und wenn es auf der einen Seite Gewinner gibt, so muss es wenigstens genauso viele Verlierer geben, denn sonst entsteht ein Ungleichgewicht.

        Zitat von max Beitrag anzeigen
        Das Problem ist eben, dass jede der letzten Regierungen versucht hat, die wirtschaftlichen Probleme auf Kosten der Mehrheit zu lösen - und dadurch natürlich deren Probleme massiv vergrössert hat.
        Das ist leider war, denn wenn man 85% belastet wirkt sich das leider stärker aus als wenn man nur 15% zusätzlich belastet, oder?
        Ich sag nur Reichensteuer, das war ja auch nur nen Tropfen auf den heißen Stein.
        Gruß,

        vanR

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          #94
          Hallo,

          ...endlich habei ich mal Zeit für eine längere Antwort.

          ...demnächst heißt es noch:
          Einen ALG II Empfänger kann man einen „armen Deutschen“ nennen, aber gemessen am Anteil der „armen Weltbevölkerung“ ist er immer noch Wohlhabend. Also seid glücklich über ALG II, ist doch besser als in Somalia.
          Der Vergleich mit Schwellenländern und der dort lebenden armen Bevölkerung entbehrt jeglicher Grundlage. Demnächst kommt noch die Forderung, wieder in Höhlen und Lehmhütten zu hausen, um damit einen international vergleichbaren Standart geltend machen zu können.

          Selbstverständlich profitiert ein Arbeitsloser von einem Sozialsystem, das ist schließlich dessen Zweck. Die Vorstellung das 4-5 Millionen Menschen ohne jegliche finanzielle Hilfeleistung dastehen, gleicht einem apokalyptischen Endzeitszenario.

          Das es betrügerische Nutznießer gibt, ist allgemein bekannt und wird auch von mir nicht bestritten. Genauso wenig, das ein Missbrauch geahndet werden muss.
          Pauschale Denkweisen sind mitverantwortlich dafür, dass in jedem Arbeitslosen ein „Taugenichts“ oder ein „Sozialschmarotzer“ steckt. Gerne wird uns durch verallgemeinerte Einzelfälle der einschlägigen Medien suggeriert, das alle Arbeitslosen und Hartz IV Empfänger vom Stamm eines „Florida-Rolf“ und eines Enrico F. abstammen und hinter vorgehaltener Hand wird dann laut ausgesprochen, was uns die Medien hübsch subtil verpackt servieren.

          Zitat von vanR Beitrag anzeigen
          [...]Es ist nicht von der Hand zu weisen, dann beleuchte dieses Problem auch bitte mal von allen Seiten.[...]
          ...???

          Zitat von vanR Beitrag anzeigen
          [...]Das Hauptproblem ist, dass dieses Geld direkt auf das Konto überwiesen wird und somit der Inhaber darüber relativ frei verfügen kann (Zigaretten, Alkohol,....) Und solange ich mir das immer noch leisten kann, kann da irgendwas nicht ganz hinhauen. Auch haben viele Leute Probleme mit Geld zu wirtschaften, vorallem wenn es so wenig ist.[...]
          ...ist das Deine Definition des „Beleuchtens von allen Seiten“?
          Recht einseitig, wenn nur auf „Alkohol und Zigaretten“ rumgeritten wird.
          Wenn man selber nicht betroffen ist, fällt es leicht, alle Erwerbslosen über einen Kamm zu scheren und strafend in die böse Ecke zu stellen.
          Das wirtschaften nach dem ökonomischen Prinzip – optimale Verwendung der vorhandenen Mittel - fällt schon Top-Managern nicht leicht. Nur das Unternehmerische Fehler folgenreicher sind. Beispiele wie BENQ oder Philips-LG sind nur die Spitze des Eisberges.

          Zitat von vanR Beitrag anzeigen
          [...]Stimmt, dem habe ich ja oben schon zugestimmt, von daher müßten Kinder einen eigenen Geldanteil haben an den nicht einmal die Eltern rankönnen sondern über den nur z.B. die Bildungseinrichtungen verfügen. So könnten die Kinder während der Schulzeit immer geregelte Mahlzeiten zu sich nehmen (Frühstück+Mittag) und davon würden vernünftige Schul- und Lernmaterialien angeschafft. Das Problem ist nur, dass man dafür flächendeckende Ganztagsschulen bräuchte, die es leider in unserem System nicht gibt.[...]
          ...das käme einer Entmündigung gleich und ist von daher inakzeptabel, weltfremd und blind.
          Klar doch, der sowieso schon überproportional aufgeblähte Verwaltungs- und Bürokratieapparat wird noch zusätzlich aufgestockt, um die Gelder von Geschäftsunfähigen, bzw. beschränkt Geschäftsfähigen Sprösslingen zu verteilen.

          Zitat von vanR Beitrag anzeigen
          [...]Mag sein dass es eine Schande ist das hier Menschen in Armut leben müssen aber leider muß Ottonormalverbraucher auch hart für sein Geld arbeiten und bekommt nix geschenkt. Ich weiß ja nicht wie es mit dir steht, aber ich für meinen Teil arbeite auch hart um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten.[...]
          ...Richtig, aus eben diesem Grund ist dieses System ja auch ein solidarisches Sicherungssystem.

          Der Starke hilft dem Schwachen. Was bedeutet, dass derjenige der ein Einkommen hat, über seine Steuern und Abgaben seinen ganz persönlichen Beitrag für die Gemeinschaft leistet.
          Der Großteil dieser Sozialversicherungsbeiträge wird von der arbeitenden Bevölkerung getragen, ergo von den Arbeitnehmern und Arbeitgebern.
          Wir alle zahlen in dieses System ein, von daher ist es unverständlich mit diesen alten Parolen vom „Hart arbeitenden Ottonormalverbraucher“ zu kommen.
          Durch unser einzahlen in den großen Topf der Sozialkassen erwirbt man das Recht, im Bedarfsfall, aus diesem Topf der Solidargemeinschaft Leistungen zu beziehen und somit vom Staat unterstützt zu werden – der die Umverteilung dieser Transferleistungen übernimmt.
          Das bedeutet aber nicht, dass die Verwalter dieser Beiträge auch deren Eigentümer sind, sie besitzen und verteilen es nur.

          Die Gelder landen ja nicht, auf nimmerwiedersehen, im Sparstrumpf der Empfänger, sondern fließen wieder in den allgemeinen Wirtschaftskreislauf zurück. Denn auch der Arbeitslose ist Konsument und muss einkaufen.

          Demnach fließt das Geld vom Konsumenten, über den Händler bis zum Produzenten einer Ware/Dienstleistung. Mit dem so erwirtschafteten Geld bezahlt der Produzent letztlich dann...na wen bzw. was wohl?

          Richtig! Das Gehalt und den Lohn der in seinem Unternehmen arbeitenden Angestellten und der Arbeiter.
          Der klassische Wirtschaftskreislauf einer Volkswirtschaft.

          Richtig ist, dass bei steigender Arbeitslosenzahl immer weniger in den gemeinschaftlichen Topf eingezahlt werden kann. Und schon hat man mehr Arbeitslose und die Ausgaben steigen. Dies den Opfern einer ignoranten Politik und anzulasten ist schon mehr als nur dreist.

          Der Bundeshaushalt für 2005 sah z. B. Ausgaben von 254,3 Mrd. Euro vor. Allein die Hälfte des gesamten Ausgabevolumens – 128,1 Mrd. € – entfiel dabei auf die Soziale Sicherung.
          Die Rentenversicherung lag mit 77,9 Mrd. € an erster Stelle; 33,6 Mrd. € waren für den Bereich ALG II/Hartz IV eingeplant. Die Zinslasten betrugen 15% des Haushaltes und lagen bei 38,9 Mrd. €.
          Demgegenüber wurden Steuereinnahmen von 190,8 Mrd. und 41,5 Mrd. € aus Verwaltungseinnahmen, Privatisierungserlösen Münzeinnahmen usw. erwartet.
          Der unwesentliche Rest von 22,0 Mrd. € (Netto-Kreditaufnahme) wurde neuverschuldet.

          Zitat von vanR Beitrag anzeigen
          [...]Und soweit ich weiß kann hier jeder der HartzIV empfängt zum Arzt gehen. Der Faktor der Medikamente (der bestimmt gekommen wäre) ist wieder eine andere Sache.
          Aber auch für die "Normalen" existiert schon ein Zweiklassengesundheitssystem, nämlich das der privaten und der gesetzlichen. Aber das weiter auszuführen würde den Rahmen hier wohl sprengen [...]
          ...wenn er den ALG II bekommt und nicht abgelehnt wurde.

          Im Normalfall ist jeder ALG II Empfänger auch gesetzlich Krankenversichert. Seit neuestem auch für alle die vorher in einer privaten Krankenversicherung waren und über das 55 Lebensjahr hinaus.
          Damit liegst Du absolut Richtig.

          Doch die Realität sieht leider anders aus. Die Lücke – die schon seit 1993 besteht - im System füllen die aus, die nicht mehr erwerbsfähig sind, auch wenn davon nur ein kleinerer Teil betroffen ist. Es reicht schon, wenn im Nachweis über die Versicherungszeiten Tage oder Monate fehlen. Allein dieses Fehlen ist ein gesetzlich festgelegtes Ausschlusskriterium.

          Zum Thema Medikamente und Zweiklassensystem stimme ich dir zu, das ist eine „never ending story“ für einen eigenen Thread...

          Zitat von vanR Beitrag anzeigen
          [...]Problematisch ist es nur wenn du mal selbstständig warst und keine Beiträge für mehr als ein viertel Jahr bezahlt hast (oder dein Chef für dich), weil du dann nämlich aus der GKK fliegst und es schwer wird wieder eine neue KK zu finden.
          Aber eine Notversorgung besteht aber glaube ich dennoch.[...]
          ...ist nur insoweit korrekt, wenn sich ein Gönner findet, der die angefallenen Kosten übernimmt. Ansonsten darf der Patient die entstandenen Kosten Monat für Monat beim Krankenhaus seines Vertrauens abstottern. Eine lebensrettende OP, die z. B. nach einem Herzinfarkt notwendig ist, kann schon mal 8.000,-- Euro kosten.

          Zitat von vanR Beitrag anzeigen
          [...]Na gut, welchen Regelsatz würdest du denn für Lebenswert erachten? Da bin ich ja mal auf Vorschläge gespannt. [...]
          ...bitte definiere Lebenswert.

          Aktuelle Info, die passt

          Zur Zeit gibt es ca. 6,4 Millionen ALG II Empfänger. Mit dem aktuellen Eckregelsatz können die Menschen ihre Grundbedürfnisse nicht ausreichend befriedigen, da dieser Eckregelsatz von 345 € ( für alleinstehende Personen ) als Berechnungsgrundlage für alle anderen Regelsätze gilt.
          Bedürfnisse sind Mangelempfindungen mit dem Wunsch, diese zu beseitigen. Daraus entsteht dann der Bedarf ( die finanzielle Möglichkeit, eine Produkt/eine Dienstleistung zu kaufen )
          Das Niveau von ALG II liegt im Durchschnitt bei 650€ ( Eckregelsatz incl. Warmmiete).
          Noch 2003 lag das Armutsniveau, nach Auffassung der damaligen Bundesregierung, bei 938€.
          Interessant, dass 2003 das Armutsniveau noch bei 938€ lag, aber die Menschen heute mit durchschnittlich 650€ im Monat auskommen müssen.
          Richtig, es gibt unter den ALG II Beziehern viele die seit der Einführung mehr erhalten als vorher. Aber es gibt ebenfalls Verlierer.

          Stromkosten sind anteilig im pauschalen Regelsatz enthalten. Laut Verbraucherpreisindex stiegen die Strompreise im Zeitraum von 1998-2006 um 26.8%. Die Regelsätze für den privaten Stromverbrauch wurden aber nur um 7,2% angepasst. Eine für dieses Jahr angestrebte Anpassung, auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003, wird die verursachten Kosten nur teilweise decken können. Bedenkt man, das die armen Energieversorgungsunternehmen bereits weitreichende Preissteigerungen angedroht haben und der Eckregelsatz in diesem Jahr eingefroren wurde.

          einige Vorschläge meinerseits:
          • - anheben des Eckregelsatzes auf mindestens 500 €
          • - kostenlose Nutzung des ÖPNV,
          • - Mietzahlungen nicht pauschal auszahlen und Anpassen von Kautionserstattungen,
          • - keine Eigenbeteiligungen und Zuzahlungen mehr im Gesundheitswesen,
          • - Einführung eines Mindeststundenlohnes von 10€,
          • - reelle Anpassungen an den jeweiligen Preisindex

          Beispielsweise fordern die paritätischen Wohlfahrtsverbände in Bayern eine Anhebung des ALG II um 20%. Der läge dann bei 414 € und für München und Umgebung. Wer von da kommt, wird die dortigen Preise schmerzlich kennen.

          Quellen und Infos:

          Die Heuchler
          Jeder Experte konnte wissen, dass die sogenannte Entriegelung des Arbeitsmarktes, die Einführung von 400-EuroJobs, die Förderung von Leiharbeit und befristeter Arbeit, der Abbau von Kündigungsschutz, das Schleifen von Tarifverträgen, die Duldung von Scheinselbständigkeit, das ganze Praktikantentum, nur ein Ziel und Ergebnis haben: Den Ausbau gering bezahlter, unsicherer Arbeit auf Kosten regulärer, tariflich bezahlter Arbeit. Das führt ökonomisch zum Sinken der Lohnsumme der Unternehmen und der Einkommen der Arbeitenden. Politisch und moralisch aber zielt es auf das Selbstbewusstsein der Menschen, auf ihre Fähigkeit, für ihre Interessen einzutreten.
          Im gleichen Sinne funktioniert die Hartz-IV-Gesetzgebung. Was ist mit dem 50-jährigen BenQ-Ingenieur, der dank der Unternehmenskünste der gierigen Siemens-Manager seinen Job verliert? Ein Jahr bekommt er noch Arbeitslosengeld. Dann greift Hartz IV, und der Ingenieur muss den in 25 Jahren erarbeiteten Lebensstandard auf das Niveau eines Sozialhilfeempfängers reduzieren, sonst bekommt er bald gar nichts mehr. Jeder, der wollte, konnte voraussehen, dass die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe viele Kinder und Jugendliche in die Armut stürzen würde, weil ein Viertel der von Kürzungen Betroffenen alleinerziehende Mütter sind. All dies wird flankiert von faktischen Rentenkürzungen, steigenden Gesundheitskosten, höheren Abgaben. Und die Mehrwertsteuererhöhung und die Gesundheitsreform kommen erst noch.
          Berliner Zeitung, 23.10.2006
          Eckregelsatz 100% ( 345 Euro )setzt sich zusammen aus:
          • Nahrung, Getränke, Tabakwaren ca. 38% (131,10 Euro) = 4,37 pro Tag
          • Bekleidung, Schuhe ca. 10% ( 34,50 Euro) = 1,15 pro Tag
          • Wohnung (ohne Mietkosten), Strom, etc. ca. 8% ( 27,60 Euro) = 0,92 pro Tag
          • Möbel, Apparate, Haushaltsgeräte ca. 8% ( 27,60 Euro) = 0,92 pro Tag
          • Gesundheitspflege ca. 4% ( 13,80 Euro) = 0,46 pro Tag
          • Verkehr ca. 6% ( 20,70 Euro) = 0,69 pro Tag
          • Telefon, Fax ca. 6% ( 20,70 Euro) = 0,69 pro Tag
          • Freizeit, Kultur ca. 11% ( 37,95 Euro) = 1,27 pro Tag
          • Beherbergungs- und Gaststättenleistungen ca. 3% ( 10,35 Euro) = 0,35 pro Tag
          • sonstige Waren und Dienstleistungen ca. 6% ( 20,70 Euro) = 0,69 pro Tag

          (Der Monat wird mit 30 Tagen und das Jahr mit 360 Tagen angesetzt.)

          Die DSV mit Sitz in Brüssel vertritt auf europäischer Ebene die Interessen der deutschen Rentenversicherung, der Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Unfallversicherung.

          Schade... der gewünschte Inhalt wurde nicht gefunden :-(





          Finanzen, Gesundheit, Umwelt, Mobilität – Plusminus ist das hintergründige Wirtschaftsmagazin der ARD.


          Gruß Night...
          Zuletzt geändert von Nightcrawler; 09.01.2007, 10:56. Grund: Link beigefügt...
          "Unzählige Menschen haben Völker und Städte beherrscht, ganz wenige nur, sich selbst."(Lucius Annaeus Seneca)
          "Ich bin mit meinem bisschen Mensch sein derartig ausgelastet - zum Deutsch sein komm' ich ganz selten." (V. Pispers)

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            #95
            Zitat von Nightcrawler Beitrag anzeigen
            Der Vergleich mit Schwellenländern und der dort lebenden armen Bevölkerung entbehrt jeglicher Grundlage. Demnächst kommt noch die Forderung, wieder in Höhlen und Lehmhütten zu hausen, um damit einen international vergleichbaren Standart geltend machen zu können.
            Ganz abgesehen davon dass der Rest deines Beitrages IMO wikrlich gut war kann ich hiermit nun garnicht konform gehen. Es stört mich an threads dieser Art grundsätzlich, dass 90% der Weltbevölkerung dabei völlig ignoriert werden. Jeder weiß doch, dass wir unser schönes (ggf. ALG2-) Leben einzig der Tatsache zu verdanken habe, dass wir das Glück hatten, in eine Gesellschaft hineingeboren zu werden, die auf Kosten anderer sich ein schönes Leben macht. Ich finde es wirklich wichtig, das bei dieser Diskussion nicht zu vergessen.

            max meinte, man könnte es erreichen, daß kein mensch auf der Erde verhungern muß. Stattdessen diskutieren wir hier darüber, wie die wenigen, die noch über uns stehen, uns ausnehmen. Dabei sind wir alle auch ein Teil dieser Pyramide der "von oben nach unten ausnutzer", und zwar einer, der sehr weit oben anzusiedeln ist, und das selbst als Hartz4-Mensch.

            Zugegeben, es ist schwierig, das zu ändern, und jeder denkt erstmal nur an seine persönliche Situation, auch vollkommen verständlich. Aber bei Sätze wie dem von dir da oben, bin ich mir sicher, wäre etwa die hälfte der Weltbevölkerung entweder wütend aufgesprungen oder in Tränen ausgebrochen. Wenn du so ein Gespräch unter Millionären anhören würdest, in dem jemand mal einen Blick auf die armen ALG2 -Bezieher mit den Worten "wir wollen uns doch nicht mit diesen neandertalern vergleichen" abschmettern würde, hören würdest, würdest du vermutlich ähnlich reagieren. Vermute ich mal.

            Also, genrell finde ich das Thema hier interessant und lese auch mit, aber wenn solche IMO aus humanitären Gesichtspunkten unglaublich wichtigen Anmerkungen in Grund und Boden geredet werden sollen, habe ich dafür kein Verständnis, auch wenn sie halt nicht zu 100% zum Thema passen mögen.

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              #96
              Zitat von Zefram Beitrag anzeigen
              max meinte, man könnte es erreichen, daß kein mensch auf der Erde verhungern muß. Stattdessen diskutieren wir hier darüber, wie die wenigen, die noch über uns stehen, uns ausnehmen.
              Das Problem ist ja, dass das die ganze Zeit schon vermengt wird - was aber auch in gewisser Weise verständlich ist. Jeder ist sich selbst der Nächste, und wen interessiert schon Armut in Schwellenländern, wenn man selbst zehn Euro im Quartal für den Arztbesuch zahlen muss?

              Das mag provokant klingen, aber es ist anscheinend menschlich, dass man sich am eigenen Umfeld misst. Das mag ein sehr verschobenes Koordinatensystem sein und daher auch ein Jammern auf hohem Niveau, aber es ist so.
              Es hat schon immer Science-fiction gegeben - die Wettervorhersage im Fernsehen.
              -Peter Ustinov

              Kommentar


                #97
                Hallo,

                Zitat von Zefram Beitrag anzeigen
                Ganz abgesehen davon dass der Rest deines Beitrages IMO wikrlich gut war kann ich hiermit nun garnicht konform gehen. Es stört mich an threads dieser Art grundsätzlich, dass 90% der Weltbevölkerung dabei völlig ignoriert werden. Jeder weiß doch, dass wir unser schönes (ggf. ALG2-) Leben einzig der Tatsache zu verdanken habe, dass wir das Glück hatten, in eine Gesellschaft hineingeboren zu werden, die auf Kosten anderer sich ein schönes Leben macht. Ich finde es wirklich wichtig, das bei dieser Diskussion nicht zu vergessen.[...]
                ...da bin ich absolut Deiner Meinung.

                Zitat von Zefram Beitrag anzeigen
                [...]max meinte, man könnte es erreichen, daß kein mensch auf der Erde verhungern muß. Stattdessen diskutieren wir hier darüber, wie die wenigen, die noch über uns stehen, uns ausnehmen. Dabei sind wir alle auch ein Teil dieser Pyramide der "von oben nach unten ausnutzer", und zwar einer, der sehr weit oben anzusiedeln ist, und das selbst als Hartz4-Mensch.[...]
                ...auch da gebe ich Dir Recht.

                Zitat von Zefram Beitrag anzeigen
                [...]Aber bei Sätze wie dem von dir da oben, bin ich mir sicher, wäre etwa die hälfte der Weltbevölkerung entweder wütend aufgesprungen oder in Tränen ausgebrochen. Wenn du so ein Gespräch unter Millionären anhören würdest, in dem jemand mal einen Blick auf die armen ALG2 -Bezieher mit den Worten "wir wollen uns doch nicht mit diesen neandertalern vergleichen" abschmettern würde, hören würdest, würdest du vermutlich ähnlich reagieren. Vermute ich mal.[...]
                ...in meinem Beitrag ging es ja primär um ALG II und der Absatz war diesbezüglich bewusst provokativ.

                Zitat von vanR Beitrag anzeigen
                [...]Nun gut, dann müsssen wir halt damit leben, dass es einen Teil der Bevölkerung geben wird, der quasi mit durchgefüttert werden muss, weil der Gesetzgeber es so geregelt hat.

                Aber vielleicht ist das auch gut so, denn so stellt der Staat diejenigen zufrieden und bekommt nicht solche Eskalationen wie vor einiger Zeit die Franzosen. Der Staat zahlt damit sozusagen Schweige-/Stillhaltegeld?!?
                Ein krankes System![...]
                [...] Florida-Rolf ist immer aktuell. Scheiß Arbeitslose! Wenn die sich rasieren würden gäbe es keine Arbeitslosen. [...]
                [...]Dann werde doch Unternehmer und stell solche versifften Kiffer ein anstatt hier dummes Zeug zu quatschen, du scheiß Hippie.
                Immer dieses blöde Gesabbel... wo wird denn hier gegen Arbeitslose im Allgemeinen gehetzt? Diesem Haufen Scheiße gehören sämtliche Mittel gestrichen. Seinen Privatbesitz sollte man pfänden.[...]
                ...eben solche schädlichen Aussagen waren es, die mich zu dem Absatz bewogen haben.

                Wenn durch die beiden Sätze der Eindruck entstanden sein sollte, ich wollte den Rest der Weltbevölkerung als minderwertige Individuen darstellen, widerspreche ich hiermit energisch!!!

                Das es uns noch bei weitem besser geht, als den Menschen in Bangladesch, Indonesien oder sonst wo ist vollkommen klar.
                Es gibt in Deutschland auch „absolute“ Armut (z.B. Obdachlose), doch im Gegensatz zu den Menschen in der Schwellenländern, müssen sie hier nicht ums tägliche Überleben kämpfen.
                Selbst wenn der Obdachlose – ich bleibe mal bei dem Beispiel des Obdachlosen - nicht durch das soziale System „versorgt“ wird und keine Möglichkeit besitzt es in Anspruch zu nehmen, so gibt es doch in Deutschland einige Hilfsorganisationen die den Obdachlosen mit Essen, Kleidung oder auch etwas Geld unterstützen.

                “Dein Hunger wird nie gestillt, dein Durst nie gelöscht, du kannst nie schlafen, bis du irgendwann nicht mehr müde bist.", beschreibt ein armer Mann aus Senegal seine Situation. Quelle: bmz
                Mehr als eine Milliarde Menschen müssen in größter Armut und in einem Zustand von extremer Verwahrlosung leben.
                Wir, die in den wohlgenährten Industriestaaten leben haben alle Schuld an dieser Entwicklung. Wie max es schon gesagt hat, finanzielle Mittel sind ausreichend vorhanden, nur leider ungleichmäßig verteilt.

                Es reicht schon aus, sich auf den Seiten des IWF und der Weltbankgruppe die erwirtschafteten Zahlen und Fakten der führenden Industrienationen anzuschauen. Wenn der faszinierte Betrachter dann einen Blick auf das BIP der „Schwellenländer“ und der Armenhäuser der Welt wirft, müsste er direkt erkennen das dort einiges falsch gelaufen sein muss.

                Um dem Elend und dem Hunger weltweit ein Ende zu bereiten, müssten ALLE Regierungen den uneingeschränkten Willen aufbringen, die politischen und wirtschaftlichen Ursachen nachhaltig zu eliminieren.
                Gleiches gilt natürlich auch für internationale Organisationen und um ein vieles mehr für die global operierenden Wirtschaftsunternehmen.

                Bei den riesigen Mengen an Nahrungsmitteln, die wir täglich wegwerfen, müsste kein Mensch des Blauen Planeten Hunger leiden oder gar daran elendig verrecken. Leider wird das wohl immer eine schöne Utopie bleiben.

                Das die gleichmäßige Verteilung des Wohlstandes sozialistische Merkmale aufweist, ist nicht von der Hand zu weisen.

                Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
                [...]Das mag provokant klingen, aber es ist anscheinend menschlich, dass man sich am eigenen Umfeld misst. Das mag ein sehr verschobenes Koordinatensystem sein und daher auch ein Jammern auf hohem Niveau, aber es ist so.
                [...]
                ...unsere, durch privilegierte Verhältnisse geprägte Einstellung, verstellt uns leider den Blick fürs wesentliche.
                Provokant, aber ehrlich und wahr. Denn Ja, wir jammern auf recht hohem Niveau.

                Gruß Night...

                Info:

                Welthaus Bielefeld e.V. ist ein gemeinnütziger Verein in Bielefeld. Er wurde 1980 als Dritte-Welt-Haus Bielefeld gegründet und 1999/2000 umbenannt. Er setzt sich für eine sozial gerechte und ökologisch zukunftsfähige Entwicklung ein.

                Das BMZ ist zuständig für die Planung und Umsetzung der deutschen Entwicklungspolitik.



                Zitat von Fjodor Dostojewski
                "Almosen verderben die Seele des Gebers wie des Nehmers und verfehlen zu alledem ihren Zweck, denn sie verschlimmern die Armut."
                "Unzählige Menschen haben Völker und Städte beherrscht, ganz wenige nur, sich selbst."(Lucius Annaeus Seneca)
                "Ich bin mit meinem bisschen Mensch sein derartig ausgelastet - zum Deutsch sein komm' ich ganz selten." (V. Pispers)

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                  #98
                  Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
                  Ich wollte auch nicht sagen, dass alle Hauptschulabgänger chancenlos sind. Das ist sicher nicht der Fall. Allerdings fällt mir persönlich die oben genannte Tendenz halt auf, wonach ohne Abitur in den allermeisten Branchen oft nichts mehr geht und auch die klassischen "Hauptschülerberufe" mittlerweile anderweitig vergeben werden.
                  Was wir hier erleben, ist ist in erster Linie schlicht ein Verdrängungsprozess.

                  Steigende Zahl von Abiturienten

                  Die Zahl der Abiturienten in Deutschland ist seit 1995 um 25 Prozent gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch berichtete, erwarben im Schuljahr 2003/04 rund 385700 Schüler die Hochschul- oder Fachhochschulreife. Das waren 4,5 Prozent mehr als im Vorjahr und 25 Prozent mehr als 1995. Bis 2008 rechnen die Statistiker mit weiter steigenden Abiturientenzahlen. Zwei Drittel der Abiturienten erwarben die allgemeine Hochschulreife, ein Drittel die Fachhochschulreife. Von den Abiturienten des Schuljahrgangs 2003/04 waren 52,6 Prozent Frauen. Im Schuljahr 1994/95 hatte ihr Anteil noch bei 51,1 Prozent gelegen.dpa
                  Quelle: http://www.tagesspiegel.de/sonderthe...05/1729604.asp

                  Auch gute Haupt- und Realschulabgänger haben dadurch weniger Chancen auf diverse Ausbildungsberufe, da nun mal die Konkurrenz durch die Abiturienten immer größer wird, für die es andererseits oft nicht genügend Studienplätze gibt.
                  Das Niveau auf den meisten Mittelschulen ist durchaus in Ordnung. Ich habe bis März diesen Jahres beruflich an einer Grund- und Regelschule gearbeitet,...



                  ...wo ich auch zwei 10. Klassen bei ihren Abschlussprojekten mit betreut habe. Diese Schule hatte spezielle Förderprogramme im Medienbereich. Viele Abgänger wollten später dann auch den Beruf des Mediengestalters erlernen, hatten aber trotz guter Noten kaum Chancen, da fast alle Lehrstellen mit Abiturienten besetzt wurden.

                  Gruß, succo
                  Zuletzt geändert von Gast; 16.01.2007, 21:34.

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                    #99
                    Zitat von succo
                    Was wir hier erleben, ist ist in erster Linie schlicht ein Verdrängungsprozess.
                    Das hast du richtig erkannt. Die Sache hat IMO vor allem zwei Gründe:
                    1. Die Tatsache, dass Abiturienten älter und sozial erfahrener sind macht sie in vielen Ausbildungsberufen den "Konkurrenten" von der Realschule überlegen. Daher wünscht sich die Wirtschaft folgerichtig auch mehr Abiturienten. Dem wird dann seitens der Politik gerne stattgegeben, weil
                    2. Der Eindruck durch die PISA Studie entsteht, dass alle, die kein Abitur haben abgehängt werden, ergo also mehr Leute Abitur (oder noch besser: alle den gleichen Abschluss) machen müssten und schon würde alles besser.

                    In meinen Augen ist der zweite der größere Fehler. Beim Abitur geht es um die Vorbereitung zum Studium. Es mag ja sein, dass heutzutage durch die generelle Flexibilität auch ein 10.Klässler sich noch dafür entscheiden können soll. Trotzdem verlangt ein Studium ganz andere Anforderungen als ein Ausbildungsberuf. Hier muss einfach ein Unterschied im Lehrbetrieb gesetzt werden. Insbesondere muss den Schülern die Gelegenheit geboten werden, sich in den gewünschten Fachgebieten eine bereits erweiterte Allgemeinbildung anzueignen. Da wird viel durch Zentralabitur und "die sind doch so wichtig" Fächer verschenkt. Es gibt eigtl. keine absolut wirklich wichtigen Fächer. Die sind im Endeffekt gleichrangig. Und einem 16jährigen muss ich einfach mal zutrauen können, sich die Fächer und den Studiengang auch auszusuchen.
                    Es kann einfach nicht sein, dass die Fehler der Realschule und der Hauptschule dazu führen, dass Fehler am Gymnasium gemacht werden (oder diese abgeschafft). Vielmehr muss die Ausbildung an ersteren verbessert werden.
                    können wir nicht?

                    macht nix! wir tun einfach so als ob!

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                      Zitat von blueflash Beitrag anzeigen
                      2. Der Eindruck durch die PISA Studie entsteht, dass alle, die kein Abitur haben abgehängt werden, ergo also mehr Leute Abitur (oder noch besser: alle den gleichen Abschluss) machen müssten und schon würde alles besser.
                      Die PISA-Studie wie die Nachfolgestudien haben schon festgestellt, dass es grundsätzliche Probleme im Schulsystem gibt. Insbesondere die Entwicklung im Bereich Naturwissenschaften und Mathematik war ja mehr erschreckend, wenn man sieht, dass ein erheblicher Teil der Schüler innerhalb eines Jahres auch noch Rückschritte gemacht haben (und dabei fallen die Hauptschüler zum großen Teil heraus, weil es dort keine 10. Klasse gibt).

                      Es gibt ja auch haufenweise Beschwerden aus den Konzernen, dass Schulabgänger nur mangelhafte Kenntnisse und Fähigkeiten (z.B. in Bezug auf Mathematik und Deutsch) haben.
                      Zitat von blueflash Beitrag anzeigen
                      Insbesondere muss den Schülern die Gelegenheit geboten werden, sich in den gewünschten Fachgebieten eine bereits erweiterte Allgemeinbildung anzueignen.
                      Die Allgemeinbildung kommt echt immer mehr unter die Räder, genauso übrigens die Übersicht über ein Gebiet im Studium, wo auch immer mehr auf Spezialisierung gesetzt wird.
                      Resistance is fertile
                      Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
                      The only general I like is called strike

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                        Zitat von max Beitrag anzeigen
                        Es gibt ja auch haufenweise Beschwerden aus den Konzernen, dass Schulabgänger nur mangelhafte Kenntnisse und Fähigkeiten (z.B. in Bezug auf Mathematik und Deutsch) haben.
                        Die Anforderungen im Berufsleben sind ja auch gestiegen. Heute kann man eben nicht mehr erwarten, dass noch Stellen vorhanden sind, die keinerlei Schulbildung voraussetzen. Das war früher eher möglich, als rein körperliche (Hilfsarbeiter-)Tätigkeiten in grösseren Mengen vorhanden waren.

                        Damit soll keineswegs das Ergebnis der PISA-Studie relativiert werden - aber so viel besser waren zumindest die Deutschkenntnisse früher meiner Meinung nach auch nicht. Wenn ich Schreiben des einen oder anderen Mittfünfzigers sehe, rollen sich mir die Fußnägel hoch. Man darf nicht den Fehler machen und heutige Hauptschüler mit "damaligen" Abiturienten vergleichen, das wäre unfair.

                        Für die Hauptschüler ist es insgesamt schwerer geworden, nicht nur, weil die Hauptschule die "vergessene" oder verschmähte Schulform ist.
                        Es hat schon immer Science-fiction gegeben - die Wettervorhersage im Fernsehen.
                        -Peter Ustinov

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                          Die PISA-Studie wie die Nachfolgestudien haben schon festgestellt, dass es grundsätzliche Probleme im Schulsystem gibt.
                          Die Aussage würde ich immer mit Vorsicht genießen, da es keine wirklichen Vergleichsmöglichkeiten gibt: Die Ursachen auf das geteilte Schulsystem zu schieben, weil man ja schon immer dagegen war, ist jedenfalls zu einfach.

                          Insbesondere die Entwicklung im Bereich Naturwissenschaften und Mathematik war ja mehr erschreckend, wenn man sieht, dass ein erheblicher Teil der Schüler innerhalb eines Jahres auch noch Rückschritte gemacht haben
                          Was IMO an der Tatsache liegt, dass Schüler heutzutage viel mehr Möglichkeiten haben, sich anderweitig zu beschäften und somit einfach noch weniger Bock auf Mathe "die man später sowieso nicht mehr braucht" haben.

                          (und dabei fallen die Hauptschüler zum großen Teil heraus, weil es dort keine 10. Klasse gibt).
                          Echt? Das sollte man nun wirklich ändern...

                          Es gibt ja auch haufenweise Beschwerden aus den Konzernen, dass Schulabgänger nur mangelhafte Kenntnisse und Fähigkeiten (z.B. in Bezug auf Mathematik und Deutsch) haben.
                          Zweifellos. Allerdings hat Bildung auch nicht mehr den Stellenwert in der Gesellschaft, den sie z.B. in den 50ern hatte.
                          können wir nicht?

                          macht nix! wir tun einfach so als ob!

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                            Zitat von blueflash Beitrag anzeigen
                            Die Aussage würde ich immer mit Vorsicht genießen, da es keine wirklichen Vergleichsmöglichkeiten gibt: Die Ursachen auf das geteilte Schulsystem zu schieben, weil man ja schon immer dagegen war, ist jedenfalls zu einfach.
                            Zu einfach? Erstens ging es oben nur um die Feststellung, dass es massive Probleme gibt. Zweitens ist es klar, dass die Selektion der Schüler auf verschiedene Schulzweige dazu beiträgt, dass zu viel und zu früh selektiert (insbesondere nach der Herkunft!) und zu wenig gefördert wird.
                            Zitat von blueflash Beitrag anzeigen
                            Was IMO an der Tatsache liegt, dass Schüler heutzutage viel mehr Möglichkeiten haben, sich anderweitig zu beschäften und somit einfach noch weniger Bock auf Mathe "die man später sowieso nicht mehr braucht" haben.
                            Das ist mir jetzt viel zu einfach. Es gab auch früher mehr als genug Möglichkeiten sich anders zu beschäftigen. Das erklärt nicht, warum die Mehrheit der Schüler innerhalb eines Schuljahres in Bezug auf ihr Wissen und ihre Leistungen in den Naturwissenschaften und Mathematik stagnieren und sogar schlechter wird. Das spricht eindeutig gegen die Unterrichtsmethoden, die offensichtlich nicht in der Lage sind, die Schüler ausreichend zu motivieren. Der typische Frontalunterricht ist ja auch sehr geeignet, um Schüler zu demotivieren, während er null geeignet ist, Schüler individuell zu fördern.
                            Zitat von blueflash Beitrag anzeigen
                            Zitat von max
                            (und dabei fallen die Hauptschüler zum großen Teil heraus, weil es dort keine 10. Klasse gibt).
                            Echt? Das sollte man nun wirklich ändern...
                            Das bezog sich darauf, dass die Hauptschulen kaum einen Einfluss auf das Ergebnis der Studie hatten, da in erster Linie Realschulen und Gymnasien untersucht wurden - und dort gab es eben diese katastrophalen Ergebnisse in Mathe und Naturwissenschaften!


                            Ich finde es übrigens bemerkenswert, dass Sandswind sich die Ergebnisse mit höheren Anforderungen an die Bildung und du mit niedrigeren erklärst
                            Resistance is fertile
                            Für die AGENDA 3010! 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich und 10 Euro gesetzlichem Mindestlohn!
                            The only general I like is called strike

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                              Also die Hauptschule ist doch sowieso ein aussterbendes Konzept, oder?

                              In Schleswig-Holstein wird es in Zukunft keine Hauptschule und Realschule mehr geben, sondern nur noch eine Regionalschule und das Gymnasium. Das halte ich durchaus für eine sinnvolle Trennung... zwischen berufsvorbereitenden Schulen und studienvorbereitenden Schulen.
                              Allerdings wird das ganze Konzept in Zukunft - vor allem in den Naturwissenschaften - durch Bachelor/Master ausgeheblt. Dadurch, dass der Bachelor als Abschluss taugt sieht es jetzt so aus, dass viele naturwissenschaftlich orientierten Unternehmen ihre Ausbildungsplätze für TAs (also Technische Assistenten, egal ob biologisch, chemisch, etc.) einmotten, da sie fest darauf spekulieren, dass in Zukunft Bachelor-Absolventen als TAs arbeiten werden.
                              Was dann allerdings mit den Leuten mit Realschulabschluss gemacht wird, darüber macht sich niemand Gedanken.

                              Es ist zwar wünschenswert die Studierenden-Zahl in Deutschland zu erhöhen, da wir im internationalen Vergleich sehr wenige Studenten haben und diese Akademikermangel wird unserer Wirtschaft noch teuer zu stehen kommen, es kann aber nicht Lösung sein, dass man für "jeden" Job einen Uni-Abschluß braucht. Dadurch entwertet man nämlich auch die Uni-Abschlüsse und erschwert nicht nur Schüler mit der mittleren Reife den Einstieg ins Berufsleben.

                              Das der Unterricht übrigens meistens eher zu wünschen übrig lässt, ist IMO einfach Ergebnis der mangelhaften Lehrerausbildung - vor allem in den Naturwissenschaften wird der Schwerpunkt auf die Fachausbildung und nicht auf die padagogische Ausbildung gelegt, einfach damit man Lehramt und Diplom parallel fahren kann und Kapazitäten spart. Es hängt also letztlich an den mangelnden finanziellen Investionen in unser Bildungssystem.
                              Christianity: The belief that some cosmic Jewish zombie can make you live forever if you symbolically eat his flesh and telepathically tell him that you accept him as your master, so he can remove an evil force from your soul that is present in humanity because a rib-woman was convinced by a talking snake to eat from a magical tree.
                              Makes perfect sense.

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                                Zitat von max Beitrag anzeigen
                                Ich finde es übrigens bemerkenswert, dass Sandswind sich die Ergebnisse mit höheren Anforderungen an die Bildung und du mit niedrigeren erklärst
                                Wieso auch nicht? Haben wir beide etwa prinzipiell die gleichen Meinungen? Beide (Neo-)Liberal und damit nach schwarz-weiß-Schema "die Anderen" oder gar "die Bösen"?

                                Das war ganz schön entlarvend.

                                Zitat von Harmakhis Beitrag anzeigen
                                Es ist zwar wünschenswert die Studierenden-Zahl in Deutschland zu erhöhen, da wir im internationalen Vergleich sehr wenige Studenten haben und diese Akademikermangel wird unserer Wirtschaft noch teuer zu stehen kommen, es kann aber nicht Lösung sein, dass man für "jeden" Job einen Uni-Abschluß braucht. Dadurch entwertet man nämlich auch die Uni-Abschlüsse und erschwert nicht nur Schüler mit der mittleren Reife den Einstieg ins Berufsleben.
                                Das auf jeden Fall. Es ist auch nicht möglich, die Zahl der Absolventen beim gegenwärtigen Niveau universitärer Ausbildung so zu steigern, wie das von vielen anscheinend gewünscht wird. Gerade der Bologna-Prozess wird in Deutschland keinen Effekt haben: Soweit ich das überblicken kann wurden viele Diplomstudiengänge einfach weitestgehend in den kürzeren Bachelorstudiengang gepackt. Damit sind die Anforderungen eher gestiegen, als gefallen, was die Zahl der Absolventen nicht gerade erhöhen wird.
                                Es hat schon immer Science-fiction gegeben - die Wettervorhersage im Fernsehen.
                                -Peter Ustinov

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