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  • max
    antwortet
    Zitat von Skymarshal Beitrag anzeigen
    Aber wenn alle das gleiche verdienen gibt es meiner Meinung nach nicht genügend Motivationen auch anspruchsvollere und verantwortungsvolle Arbeiten zu verüben. Die Wahrscheinlichkeit für Antriebslosigkeit und Korruption steigt dadurch.
    Das sehe ich anders. Leute, die nur deshalb verantwortungsvolle und anspruchsvolle Tätigkeiten ausüben, weil sie dadurch Privilegien über andere gewinnen, scheinen mir sowieso beruflich und charakterlich ziemlich ungeeignet.

    Es gibt halt verschiedene Vorlieben in Bezug auf Arbeit (was ich jetzt aus eigener Erfahrung in meinem Bereich kenne). Es gibt einerseits Leute, die lieber möglichst intellektuell anspruchsvolle Arbeiten haben wollen, andere, die lieber handwerkliche Arbeit bevorzugen, Organisationstalente etc.

    Das Ziel, den eigenen Lebensstandard zu verbessern, in dem man dafür sorgt, dass die Produktion entsprechend erfolgt, dürfte ein klarer Antrieb sein. Dazu besteht eben viel mehr Möglichkeiten sich selbst einzubringen und diese Möglichkeit stellt in der Regel alleine auch noch eine zusätzliche Motivation dar. Es gibt auf jeden Fall in Bezug auf die Motivation einen erheblichen Unterschied, ob jemand nur herumkommandiert wird und Anordnungen ausführt oder ob jemand selbst über seine Arbeit bestimmen und/oder gleichberechtigt mitbestimmen kann.
    Zitat von Skymarshal Beitrag anzeigen
    Sicherlich ist die Arbeit vom "einfachen" Arbeiter auch etwas Wert(und vor allem körperlich schwer) und ohne diese läuft gar nichts. Aber schwere geistige Arbeit, viel Stress und mehr Verantwortung sollen ruhig besser honoriert werden.
    Warum sollte geistige Arbeit besser bezahlt werden als körperliche? Viel Stress hat man auch in sehr schlecht bezahlten Berufen.

    "Verantwortung" ist in der Regel nur eine Umschreibung dafür, dass man Leute dafür besser bezahlt, dass sie zu den Bossen loyal sind. Oder eine Umschreibung dafür, dass sich jemand Privilegien sichert und seine Herrschaft über andere damit rechtfertigt.
    Zitat von Skymarshal Beitrag anzeigen
    Auch denke ich das nicht alle Entscheidungen auf jeden abgewälzt und übertragen werden können. Dazu muß man zwischen beruflichen und privaten Entscheidungen unterscheiden. Wenn dies der Fall ist hat es auch nichts mehr mit Unmündigkeiten zu tun, so wie du es postulierst.
    Es geht doch nicht um abwälzen. Es geht um Selbstbestimmung. Ich möchte nicht, dass andere ohne meine Mitsprache über meine Arbeit bestimmen können. Ich möchte auch nicht, dass andere ohne Mitsprache politische Entscheidungen fällen, die mich betreffen. Wenn einen etwas nicht interessiert, muss man ja nicht abstimmen. Aber man hat die Möglichkeit, selbst seine Geschicke zu beeinflussen. Und zwar nicht nur dann, wenn man sich entscheidet selbst Politiker oder "Unternehmer" zu werden, sondern auch dann, wenn man den Beruf ausüben will, der einem liegt.

    /Edit:
    Zitat von meguré
    Da braucht es schon eine andere Qualifikation, um diese Summen zu bedienen und "ranzuschaffen" als der Mann an der Werkbank.
    Du spricht von Problemen von "Unternehmern" in einer kapitalistischen Gesellschaft. Das ist nicht verallgemeinerbar auf jede Form von Gesellschaft. Die Summen, die der "Unternehmer" für die Löhne der Arbeiter heranschaffen muss, sind - wenn der Betrieb Profit macht - ein kleiner Teil der Summen, die die Arbeiter erarbeiten. Wenn dies nicht der Fall ist, dann hat der Betrieb sowieso viel grössere Probleme. Mit einer sozialistischen Gesellschaft, die vollkommen anders funktioniert, hat dies NICHTS zu tun.

    Für dich als Kleinunternehmer übrigens ein Tipp: es gab neulich eine Studie. In der wurde nicht nur festgestellt, dass sich Kleinunternehmer oft übernehmen, Konkurs zu spät anmelden etc. sondern auch, dass bei Pleiten der Grund oft ist, dass der "Unternehmer" das Wissen der Beschäftigen nicht genutzt hat, weil er unfähig war zu delegieren und lieber alles selbst machen wollte. Das Wissen und die Erfahrungen der Beschäftigten hätten - laut dieser Studie - oft den Konkurs verhindert.

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  • meguré
    antwortet
    Ich habe ja keine blasse Ahnung, was du mit der Argument, dass mit Luxusartikeln (d.h. mit Geldvernichtung durch Verschwendung) das meiste Geld gemacht wird, aussagen willst (inhaltlich bezweifele ich übrigens diese Aussage, BMW, Mercedes & Audi versuchen z.B. alle gerade aus dem Luxussegment herauszukommen und kleinere Autos anzubieten).
    Unfug! Sie wollen nicht aus dem Luxussegment herauskommen, aber das ist ein ganz anderes Thema.
    Natürlich ist der kleine Arbeiter das wichtigste Instrument. Aber hast du schon mal etwas Verantwortung übernommen? Je höher du steigst (oder selbst was aufbaust) , desto mehr verändert sich dein Blickwinkel. Bestes Beispiel, du hast als Arbeiter 1000,- netto . Wie viel glaubst du, kostest du dem bösen Kapitalisten? 1500, maximal 2000? Nun bist du selbst Chef und hast besagte Angestellten. 1000,- netto. Jetzt wird zusammengerechnet, was der Mann kostet, Versicherungen, Sozialabgaben, Urlaubstage usw, - plötzlich bist du bei 4000,- Euro. Um mal die Relationen aufzuzeigen!
    Da braucht es schon eine andere Qualifikation, um diese Summen zu bedienen und "ranzuschaffen" als der Mann an der Werkbank. Einer MUSS den Hut aufhaben. Der kleine Mann brummelt am Stammtisch, daß er seine Ersparnisse nur wenig verzinst bekommt, vielleicht hat er noch paar Aktien und will natürlich auch was von der Gewinnspirale haben. Und so gibt es Millionen anderer Beispiele, warum der Kommunismus nicht funktionieren kann.
    Aber feste auf die Konzerne und die Politik schimpfen. Besser machen - das kann er nicht.
    vg meguré

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  • Skymarshal
    antwortet
    @Max: Ich finde Statussymbole und berufliches Ansehen auch oberflächlich.

    Aber wenn alle das gleiche verdienen gibt es meiner Meinung nach nicht genügend Motivationen auch anspruchsvollere und verantwortungsvolle Arbeiten zu verüben. Die Wahrscheinlichkeit für Antriebslosigkeit und Korruption steigt dadurch.

    Sicherlich ist die Arbeit vom "einfachen" Arbeiter auch etwas Wert(und vor allem körperlich schwer) und ohne diese läuft gar nichts. Aber schwere geistige Arbeit, viel Stress und mehr Verantwortung sollen ruhig besser honoriert werden.

    Gleichzeitig sollte man Arbeitern aber nicht ihre Löhne immer weiter kürzen. Zumindest in nicht-tariflichen Bereichen(Niedriglöne) ist das ja der Fall. Woanders erstreiten die Gewerkschaften ja immer noch Lohnerhöhungen.

    Auch denke ich das nicht alle Entscheidungen auf jeden abgewälzt und übertragen werden können. Dazu muß man zwischen beruflichen und privaten Entscheidungen unterscheiden. Wenn dies der Fall ist hat es auch nichts mehr mit Unmündigkeiten zu tun, so wie du es postulierst.

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  • max
    antwortet
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Jetzt mal eine blöde Frage: Du sprichst vom "Besitzer von Siemens" und vom "Besitzer von BMW". Dir ist schon klar, dass BMW einer der ganz wenigen Fälle ist, in dem überhaupt noch eine Familie (in dem Fall die Familie Quandt), also Privatleute, einen Großaktionär stellen? Der Rest ist, wie auch bei Siemens, im Streubesitz. Und die wirklichen (Groß-)Aktienbesitzer sind wiederum Firmen.
    BMW und Siemens sind deshalb gute Beispiele, weil es bei diesen Konzernen sehr offensichtlich, welche Individuen die Besitzer sind. Das offensichtlich nicht so leicht, wenn es z.B. um die Deutsche Bank geht, die wiederum an zahlreichen Grosskonzernen beteiligt ist. Tatsächlich stehen hier aber genauso einzelne Leute hinter den Grossaktionären, was nur durch zahlreichen Querverbindungen schwer zu ermitteln ist - und leider oft genug gar nicht ermittelt wird. Ich muss da mal schauen, ob ich das was finden, welche Personen was besitzen.

    Wenn übrigens keine "bösen Kapitalisten" übrig bleiben: dann umso besser. Dann gäbe es ja fast niemanden mehr, der viel zu verlieren hat, sondern nur eine gesellschaftliche Struktur, die sich selbstständig gemacht hat und jetzt auf Kosten der Mehrheit Amok läuft (Arbeitsplatzvernichtung etc.).

    Es geht eben gerade nicht um einzelne "böse" Individuen, die sich ja im Endeffekt nur so verhalten, wie sich jeder mit so viel Macht verhalten würde, sondern um eine gesellschaftliche Struktur, die einzelnen Menschen so viel Macht über andere bietet.

    Die, die "böse Kapitalisten" kritisieren, sind Leute wie Müntefering, der die Kapitalisten in "gute Investoren" und "böse Heuschrecken" aufteilt, um zu rechtfertigen, dass er eine Politik für die Kapitalisten macht. Gleichzeitig versucht er von seiner eigenen Politik abzulenken, in dem er auf die "Bösen" zeigt. Die extremere Form der gleichen Vorgehensweise kam von den Nazis: die haben zwischen "deutschen" Kapitalisten (den sie massig Kapital in den Arsch gepustet haben und deren Privilegien sie mit ihren Sozialdarwinismus gerechtfertigt und mit Terror verteidigt haben) und "jüdischen Finanzkapital" unterschieden. Der "Antikapitalismus" der Nazis war eben im Endeffekt nur Rassismus, der sich für die Bereicherung der "deutschen" Kapitalisten einspannen liess (wobei sich die führenden Nazis natürlich auch selbst massiv bereichert haben). Sehr eindrucksvoll sind hier Studien über die Zwangsarbeiter, die zeigen, dass es die Konzerne waren, die über die SS in Bezug auf die Zwangsarbeiter bestimmten und nicht etwa umgedreht. Deshalb war es ja auch eine sehr verbreitete Meinung nach dem Ende der Nazi-Terrorherrschaft, dass, wenn man den Faschismus verhindern will, den Kapitalismus stürzen muss und die Wirtschaft unter demokratische Kontrolle stellen müsse. Sogar die CDU hat sich damals in ihrer Propaganda kurzzeitig dafür eingesetzt und sich selbst als "sozialistische Volkspartei" bezeichnet. Das wurde dann bekanntlich von den damaligen Besatzungsmächten verhindern.
    Zitat von meguré
    Aber wo wird das meiste Geld verdient?
    Ich habe ja keine blasse Ahnung, was du mit der Argument, dass mit Luxusartikeln (d.h. mit Geldvernichtung durch Verschwendung) das meiste Geld gemacht wird, aussagen willst (inhaltlich bezweifele ich übrigens diese Aussage, BMW, Mercedes & Audi versuchen z.B. alle gerade aus dem Luxussegment herauszukommen und kleinere Autos anzubieten). Aber du beeindruckst damit sicher niemanden, der der Meinung ist, dass die kapitalistische Gesellschaft selbst überwunden werden muss

    Die Aussage, dass Kapitalisten damit das meiste Geld verdienen, ist nicht einmal ansatzweise ein Argument, was man gegen eine sozialistische Gesellschaft verwenden kann. In dieser würde die Produktion nach den Bedürfnissen erfolgen - und nicht nach maximalen Profitmöglichkeiten. Das bedeutet, dass die Produktion von Statussymbolen sehr wahrscheinlich komplett eingestellt werden würde. Luxusartikel würden (wenn sie sinnvoll sind und nicht nur eine Möglichkeit der Geldvernichtung für die, die davon zu viel haben) für die Masse produziert werden und damit keine Luxusartikel mehr sein. (Mir ist bekannt, dass es tatsächlich Leute gibt, die meinen, dass eine künstliche Verknappung, die notwendig ist, um etwas als Statussymbol verkauft werden kann, dadurch bedingt sei, dass es einen tatsächlichen Mangel gebe. Aber wir leben nun mal schon lange nicht mehr in einer feudalistischen Mangelwirtschaft).

    P.S: das mit dem Diktator sehe ich mal als eine deiner üblichen Behauptungen an, die du einfach mal aufstellst. Mal ein Tipp: wer ist hier der Meinung, dass Einzelne über viele wegen ihres Besitzes herrschen dürften oder gar müssten?
    Zuletzt geändert von max; 15.12.2006, 18:30.

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  • meguré
    antwortet
    Oha, max der diktator..
    Stell dir vor, Konzerne wie BMW wären in freier Hand. Übrigens ist das so einfach auch wieder nicht, denn es gibt Millionen direkte und indirekte Kleinanleger, schonmal darüber nachgedacht? Also das alles gehört abgeschafft. Es gibt keine großen Verdienstunterschiede mehr - demzufolge auch keine Luxusgüter und dementsprechende Innovationen, die in der Luxusklasse eingeführt werden. Aber wo wird das meiste Geld verdient? Richtig.
    Die "paar" Kapitalisten kann man dann auch ausweisen oder ganz verschwinden lassen..
    Mein persönlicher Rat: Augen auf!

    vg meguré

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  • Sandswind
    antwortet
    Jetzt mal eine blöde Frage: Du sprichst vom "Besitzer von Siemens" und vom "Besitzer von BMW". Dir ist schon klar, dass BMW einer der ganz wenigen Fälle ist, in dem überhaupt noch eine Familie (in dem Fall die Familie Quandt), also Privatleute, einen Großaktionär stellen? Der Rest ist, wie auch bei Siemens, im Streubesitz. Und die wirklichen (Groß-)Aktienbesitzer sind wiederum Firmen.

    Wenn selbst die Vorstände nur die Büttel "der Kapitalisten" sind und die Aktienbesitzer wiederum nur Firmen sind - wer bleibt da als böser Kapitalist noch übrig? Die Familie Quandt, okay. Und ansonsten die Familien Allianz, DaimlerChrysler und der Herr Deutsche Bank, oder wie?

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  • max
    antwortet
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Sollte. Und wie wird das gewährleistet? Eben dadurch, dass es Mehrheitsentscheidungen gibt, die ihrerseits notwendigerweise Eingriffe in Individualfreiheiten sind. Also braucht es doch noch etwas "neben" dieser reinen Orientierung am Mehrheitswillen.
    Es ist doch ganz einfach: wenn es eine Demokratie ist, dann hängt die Sicherung der Rechte des Einzelnen immer davon ab, dass die Mehrheit für diese ist. In einer nicht demokratischen Gesellschaft werden die Rechte aller, die nicht herrschen, sowieso nicht respektiert.

    Das bedeutet, eine Demokratie ist auf Demokraten angewiesen. Ganz einfach.
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Der Einzelne soll doch seine eigenen Interessen verfolgen, und nicht langfristig und am "grossen Ganzen" orientiert denken, oder?
    Richtig. Zu den eigenen Interessen gehören aber auch die eigenen Rechte, d.h. eben die Grundrechte. In einer Demokratie kann man diese aber nur erhalten, wenn man sie anderen ebenfalls zuspricht.
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Verfassungsbruch und Staatsstreich wären auch in direkten Demokratien keinesfalls ausgeschlossen, daher halte ich das für ein untaugliches Beispiel.
    Der Unterschied ist nur, dass der Staatsapparat in einer repräsentativen Demokratie viel weniger demokratisch kontrolliert ist und viel unabhängiger agieren kann. Das bedeutet eben auch, dass er viel leichter Interessen entwickeln kann, die unabhängig von denen der restlichen Bevölkerung sind und dann eben auch gegensätzlich sein können. Dies gilt übrigens genauso in Bezug auf die Abhängigkeit von anderen Gruppen. Der Staatsapparat in einer repräsentativen Demokratie im Kapitalismus ist eben auch hochgradig von den Kapitalisten abhängig und hat zahlreiche personelle Verbindungen zu dieser herrschenden Klasse.

    Wenn es z.B. eine repräsentative Demokratie in einer klassenlosen Gesellschaft gäbe, dann würde nur die Gefahr bleiben, dass sich der Staatsapparat selbstständig macht.
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Demnach ist also der Siemens-Vorstand keine Kapitalistenbande. Die Herren arbeiten, mindestens 12 Stunden am Tag. Sorry, aber das halte ich für mehr als schwammig.
    Der Siemens-Vorstand sind im Endeffekt ja auch nur Angestellte der Besitzer des Konzerns, d.h. rein rechtlich ein Lakai eines Kapitalisten Wobei 12-Stunden-Arbeit bei einem Vorstand etwas ganz anderes ist, als 12-Stunden-Arbeit auf dem Bau oder an der Kasse. Da zählen ja Geschäftsessen, gemeinsames Golfen, einfach erreichbar sein, um delegieren zu können etc. alles zur Arbeitszeit des Vorstandsmitglieds.
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Aber wie willst Du die alten Klassenideen aus den Köpfen bekommen?
    Wie schon gesagt: dadurch, dass es real keine Klassen mehr gibt. Wenn sich die Realität ändert, ändert sich auch das Verhalten.
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Die klassenlose Gesellschaft könnte man -mal unterstellt, sie sei realisierbar- nur sehr langsam einführen. Und wie Du diese Latenzzeit überbücken willst, beantwortest Du einfach nicht.
    Was kann man nur langsam durchführen? Die Erfahrung, dass man frei ist, realisiert man, wenn man sich selbst befreit hat, sehr schnell. Entsprechend schnell verändert sich auf die Haltung, Ideologie etc. Das sieht man z.B. sehr gut, wenn erfolgreich ein Diktator gestürzt wird. Das ist immer auch mit drastischen Veränderungen in sehr kurzer Zeit der Einstellung derer verbunden, die bisher unterdrückt wurden.
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Täusch Dich mal nicht, so klein wäre die Zahl derjenigen, die Verluste erleiden würden, mit Sicherheit nicht, dass sie nur eine zu vernachlässigende Minderheit wären.
    Wenn man den durchschnittlich vorhandenen Reichtum und das durchschnittliche Einkommen als Grundlage nimmt, kann es nur eine kleine Minderheit sein, die real verliert. Der Durchschnitt liegt ja deutlich höher, als das Vermögen und Einkommen der Mehrheit. Die Differenz zwischen einem Hartz IV-Empfänger und einem BMW-Arbeiter ist ja viel geringer, als die Differenz zwischen einem BMW-Arbeiter und dem den Besitzer von BMW. Deshalb ist der Durchschnitt in Richtung der Reichsten verschoben. Leider gibt es nur sehr wenige statistische Angaben darüber, wie der Reichtum innerhalb der Reichen verteilt ist. Aber so weit man dies weiss, ist er wiederum sehr ungleich verteilt. D.h. die Reichsten besitzen wiederum den Grossteil des Anteils, den die Reichen insgesamt besitzen.

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  • Sandswind
    antwortet
    Zitat von max Beitrag anzeigen
    Ganz einfach: weil es zwei Ebenen gibt: die Rechte des Einzelnen, die Rechte des Individuums. Die Freiheit des Individuums sollte über allem anderen stehen.
    Sollte. Und wie wird das gewährleistet? Eben dadurch, dass es Mehrheitsentscheidungen gibt, die ihrerseits notwendigerweise Eingriffe in Individualfreiheiten sind. Also braucht es doch noch etwas "neben" dieser reinen Orientierung am Mehrheitswillen.

    Zitat von max Beitrag anzeigen
    Das bedeutet eben, dass jede Einschränkung dieser Rechte in einer direkten Demokratie immer ein Angriff auf sich selbst wäre, es würde eine Einschränkung der eigenen Möglichkeiten sind.
    Das ist jetzt aber sehr theoretisch. Der Einzelne soll doch seine eigenen Interessen verfolgen, und nicht langfristig und am "grossen Ganzen" orientiert denken, oder?

    Zitat von max Beitrag anzeigen
    Wenn es entsprechende Mehrheiten gibt, sind alle Veränderungen möglich. Wenn nur die Mehrheit des Staatsapparats in einer repräsentativen Demokratie der Meinung ist, dass sie auf die Verfassung scheissen, ist diese Geschichte.
    Verfassungsbruch und Staatsstreich wären auch in direkten Demokratien keinesfalls ausgeschlossen, daher halte ich das für ein untaugliches Beispiel.

    Zitat von max Beitrag anzeigen
    Ein Kapitalist definiert sich eben dadurch, dass er Produktionsmittel besitzt und selbst nicht mehr arbeitet.
    Demnach ist also der Siemens-Vorstand keine Kapitalistenbande. Die Herren arbeiten, mindestens 12 Stunden am Tag. Sorry, aber das halte ich für mehr als schwammig.

    Zitat von max Beitrag anzeigen
    Welche Klassen sollte es den geben? Worauf sollten diese den beruhen? Bei einer demokratischen Kontrolle der Produktionsmittel fehlt eben die Grundlage für das Bestehen einer Klasse.
    Wenn man die Uhren zurückdrehen könnte und von vorne anfängt, vielleicht. Aber wie willst Du die alten Klassenideen aus den Köpfen bekommen? Die klassenlose Gesellschaft könnte man -mal unterstellt, sie sei realisierbar- nur sehr langsam einführen. Und wie Du diese Latenzzeit überbücken willst, beantwortest Du einfach nicht.

    Zitat von max Beitrag anzeigen
    Selbst wenn es ein paar Tausend ehemalige Kapitalisten gibt, die ihren Privilegien hinterherweinen, sind dies eine winzige Minderheit, die kaum in der Lage ist ohne ihre Machtmittel etwas gegen den Rest zu machen. Diese Minderheit hätte eben plötzlich nur noch die gleichen Rechte und den gleichen Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen.
    Täusch Dich mal nicht, so klein wäre die Zahl derjenigen, die Verluste erleiden würden, mit Sicherheit nicht, dass sie nur eine zu vernachlässigende Minderheit wären.

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  • max
    antwortet
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Die Kritik, die von linker Seite geübt wurde und wird, insbesondere, was Demokratiedefizite angeht, ist nicht von der Hand zu weisen. Wenn man aber einen so tiefgreifenden Wechsel will, sollte es gute Gründe geben, die dafür sprechen und nicht nur gegen den heutigen Zustand.
    Der Umstand, dass es am Status quo berechtigte Kritik gibt, spricht zwingend dafür, dass man Alternativen braucht. Es spricht zwingend dafür, dass man etwas grundlegend verändern muss.

    Das dies nicht als Argument für eine bestimmte Alternative reicht, ist klar.
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Du musst bedenken, dass heute die Macht der gewählten Vertreter durch institutionelle Grenzen eingeschränkt ist. So ist z.B. ganz klar vorgegeben, was Sache des Bundestags, der Bundesregierung, der einzelnen Verwaltungszweige, der Justiz etc. pp. ist. Anders sieht es aus, wenn all diese in jeder Situation der Abwahl unterstehen und die jeweilige Mehrheit den Kurs vorgibt - dann nämlich kontrollieren sich die Staatsgewalten nicht gegenseitig. Die Mehrheit übt in jeder Situation die gesamte Staatsmacht aus.
    Sicher, genau das nennt man Demokratie. Das ist auch heute der Fall, die Mehrheit kann alle Bereiche des Staats besetzen.

    Und noch mal: die Sicherung, dass Staatsmacht nicht missbraucht wird, funktioniert meiner Meinung nach nicht durch institutionelle Grenzen, sondern durch demokratische Kontrolle. Institutionelle Grenzen funktionieren ja eben gerade nicht, was man z.B. an der Weimarer Republik sieht. Diese ist trotz offiziellen Fortbestehen der institutionellen Grenzen eben zu einem Terrorregime geworden, weil sich die Regierung mittels des Präsidialsystems der demokratischen Kontrolle entzog. Die Kontrolle durch Judikative, Legislative etc. existierte formal weiter, war aber nichts mehr wert, weil es keine demokratische Kontrolle der Staatsorgane mehr gab.
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Wie kannst Du denn in einer solchen Demokratie Grenzen für die Staatsmacht (also unantastbare Grundrechte!) rechtfertigen, wenn sie -wie alles andere auch- zur Disposition stehen müssen, und zwar in jeder Situation?
    Ganz einfach: weil es zwei Ebenen gibt: einmal die Rechte des Einzelnen, die Rechte des Individuums. Die Freiheit des Individuums sollte über allem anderen stehen. Nur gleichzeitig lebt man eben auch in einer Gesellschaft, die aus Milliarden von Menschen besteht und hat eine Produktion, die kollektiv ist. Deshalb muss das Zusammenleben demokratisch organisiert sei. Die Grundlage können aber nur die Rechte des Individuums sein.

    Das bedeutet eben, dass jede Einschränkung dieser Rechte in einer direkten Demokratie immer ein Angriff auf sich selbst wäre, es würde eine Einschränkung der eigenen Möglichkeiten sind. Deshalb würde eben jeder Einzelne darauf achten, dass nicht jemand anderes seine Rechte beschränken kann. Man kann ja z.B. Neid als Argument nehmen: warum sollte man jemand anderes etwas können, was man selbst nicht hat? Warum sollte man sich also selbst entmachten?
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Heute sind bestimmte Grundrechts- und Grundgesetzänderungen hingegen schlicht und ergreifend unmöglich.
    Nein. Wenn es entsprechende Mehrheiten gibt, sind alle Veränderungen möglich. Wenn nur die Mehrheit des Staatsapparats in einer repräsentativen Demokratie der Meinung ist, dass sie auf die Verfassung scheissen, ist diese Geschichte. Und diesen Fall gab es schon oft genug. Im Falle der BRD besetzt ja auch die Mehrheit in der Legislative alle Positionen, so dass dieser Fall noch wahrscheinlicher ist als in repräsentativen Demokratien, in denen wenigstens die Regierung und die Richter extra gewählt werden.
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    Das ist eine Behauptung, keine Tatsache.
    Die Existenz einer Klasse hängt nun mal davon ab, dass man sie über ihre Rolle in der Produktion definieren kann. Wenn es keine unterschiedlichen Rollen mehr gibt, dann gibt es auch keine Klassen mehr. Mit "Rollen" meine ich hier nicht verschiedene Berufe. Es gibt um die Stellung im Produktionsprozess. Ein Kapitalist definiert sich eben dadurch, dass er Produktionsmittel besitzt und selbst nicht mehr arbeitet. Welche Klassen sollte es den geben? Worauf sollten diese den beruhen? Bei einer demokratischen Kontrolle der Produktionsmittel fehlt eben die Grundlage für das Bestehen einer Klasse.

    Ein System, was demokratisch ist, ist übrigens nicht auf Homogenität angewiesen. Selbst wenn es ein paar Tausend ehemalige Kapitalisten gibt, die ihren Privilegien hinterherweinen, sind dies eine winzige Minderheit, die kaum in der Lage ist ohne ihre Machtmittel etwas gegen den Rest zu machen. Diese Minderheit hätte eben plötzlich nur noch die gleichen Rechte und den gleichen Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen.

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  • Phoenow
    antwortet
    Nun, Sandswind damit bin ich einverstanden, mir schien und scheint es nur, dass einige hier max's ansatz als für vorneherein nicht möglich ansehen.

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  • Sandswind
    antwortet
    Zitat von Phoenow Beitrag anzeigen
    Was zu beweisen wäre...
    Völlig richtig. Ich kann auch nicht ausschliessen, dass es funktioniert. Ich sehe aber die Verhaltensmuster der heutigen Bevölkerung in unserer Zeit und Gesellschaft. Wie der Wechsel zu den notwendigen Bedingungen für ein anderes System vollzogen werden soll, ist mir aber nicht klar. Daher halte ich das für begründete Zweifel.

    Zitat von Phoenow Beitrag anzeigen
    Und es tut mir Leid aber die Sicherheit, mit der ihr behauptet, dass das System schlechter ist als das jetzige, die gibt es einfach nicht. Zumal es viele Dinge gibt, die heutzutage schief laufen, die man in seinem gemütlichen Computersessel aber gerne mal vergisst bzw. vernachlässigt.
    Ich habe ja nicht gesagt, dass heute alles super ist. Die Kritik, die von linker Seite geübt wurde und wird, insbesondere, was Demokratiedefizite angeht, ist nicht von der Hand zu weisen. Wenn man aber einen so tiefgreifenden Wechsel will, sollte es gute Gründe geben, die dafür sprechen und nicht nur gegen den heutigen Zustand. Wenn dann vieles so unklar ist, reicht das -zumindest mir persönlich- nicht dafür aus.

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  • Phoenow
    antwortet
    Zitat von Sandswind Beitrag anzeigen
    In sich ist das System schlüssig, aber es geht zum einen von falschen Voraussetzungen aus und missachtet zum anderen die damit verbundenen Risiken. Das macht das Ganze unpraktikabel.
    Was zu beweisen wäre...

    Versteh mich nicht falsch, ich weiß, dass die Vorraussetzung nicht mit absoluter Sicherheit funktioniert, aber es ist genauso falsch zu behaupten, dass sie mit absoluter Sicherheit nicht funktioniert.
    Die Frage der Praktikabilität stellt sich auch nur in Verbindung zum bestehenden System. Und es tut mir Leid aber die Sicherheit, mit der ihr behauptet, dass das System schlechter ist als das jetzige, die gibt es einfach nicht. Zumal es viele Dinge gibt, die heutzutage schief laufen, die man in seinem gemütlichen Computersessel aber gerne mal vergisst bzw. vernachlässigt.

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  • Sandswind
    antwortet
    Zitat von max Beitrag anzeigen
    Der wesentliche Unterschied zu einer direkten Demokratie wäre, dass nicht gewählte Stellvertreter über die Postenvergabe in allen staatlichen Institutionen entscheiden, sondern der Souverän selbst. Der zweite, noch entscheidenderer Unterschied ist, dass der Souverän in Sachfragen selbst entscheidet. D.h. gewählte Funktionsträger können nicht einfach ein demokratisches Mandat für sich reklamieren (d.h. sie können nicht behaupten, nur weil eine Koalition eine Mehrheit der Sitze hat, wären diejenigen, die diese Parteien gewählt haben, einer bestimmten Meinung zu einem Sachthema).
    Du musst bedenken, dass heute die Macht der gewählten Vertreter durch institutionelle Grenzen eingeschränkt ist. So ist z.B. ganz klar vorgegeben, was Sache des Bundestags, der Bundesregierung, der einzelnen Verwaltungszweige, der Justiz etc. pp. ist. Anders sieht es aus, wenn all diese in jeder Situation der Abwahl unterstehen und die jeweilige Mehrheit den Kurs vorgibt - dann nämlich kontrollieren sich die Staatsgewalten nicht gegenseitig. Die Mehrheit übt in jeder Situation die gesamte Staatsmacht aus.

    Und das ist riskant. Nicht, weil ich die Menschen für zu blöd hielte, sondern weil nur ein ausgewogenes System an Gewaltenteilung gleichzeitig Gewaltexzesse verhindern kann. Wenn Du "nur" auf den absoluten Mehrheitswillen rekurrierst, ist es sehr schwer, dem überhaupt Grenzen zu setzen. Mit anderen Worten: Wie kannst Du denn in einer solchen Demokratie Grenzen für die Staatsmacht (also unantastbare Grundrechte!) rechtfertigen, wenn sie -wie alles andere auch- zur Disposition stehen müssen, und zwar in jeder Situation? Auch Grundrechte wären eine reine Mehrheitsfrage.

    Heute sind bestimmte Grundrechts- und Grundgesetzänderungen hingegen schlicht und ergreifend unmöglich.

    Zitat von max Beitrag anzeigen
    Eine klassenlose Gesellschaft existiert übrigens automatisch dadurch, dass die Produktionsmittel demokratisch kontrolliert werden.
    Das ist eine Behauptung, keine Tatsache.

    Zitat von max Beitrag anzeigen
    Es bilden sich keine neuen Klassen. Es gibt höchstens Leute, die früher einer Klasse angehörten und der Existenz dieser nachtrauern. Diese werden sich aber genauso auch anpassen und sich irgendwann entsprechend der tatsächlichen, dann existierenden Realität verhalten.
    Das sind wiederum Behauptungen und keine Fakten. Woher willst Du das wissen?

    Und selbst wenn dem so wäre: In der Übergangszeit versagt Dein System vollkommen, weil es auf eben diese Homogenisierung der Bevölkerung angewiesen ist.

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  • max
    antwortet
    Zitat von Liska Beitrag anzeigen
    Irgendwie habe ich das im Geschichtsuntericht aber ganz anders gelernt. Alle Jugendlichen, die in der HJ oder in den Mädchengruppen waren, wurden sicher nicht durch Terror in die Fänge der Nazis getrieben.
    Diese wurde aber in einem sehr jungen Alter in diese Organisationen gezwungen, während ihre Eltern, soweit sie die Nazis nicht unterstützten, terrorisiert wurde. So bald sich Jugendliche gegen die Nazis stellten, wurde sie ebenfalls vom Staat terrorisiert. Genau das Gleiche war in der DDR der Fall. Man hat eben gerade kein Beispiel von spontanen Aktionen von Normalbürgern, sondern das sind Beispiele von staatlichen Terrorregimen, in denen der Staat keinerlei demokratischer Kontrolle unterlag.
    Zitat von Liska Beitrag anzeigen
    Und außerdem: In der Zeit nach dem 1. WK waren so viele Ältere voll Wut auf die Sieger und die verlorenen deutschen Gebiete, dass sich Hitler genau diesen Gefühlen leicht bediente.
    Das ändert aber nichts daran, dass Hitler nie in der Lage eine demokratische Mehrheit für seine Politik zu erhalten!
    Zitat von Liska Beitrag anzeigen
    Da frage ich nur: Warum? Beispiel Autobahnen. Zur Zeit werden sie durch Steuern finanziert und jeder sträubt sich gegen eine Autobahnmaut, die in den Ausbau und die Erhaltung der Strecken fließen würde. Jedenfalls die Mehrheit der Autofahrer, da sie nicht gewillt sind, für diese schnelle Form der Fortbewegung zu zahlen. Andere, die kein Auto haben, beschweren sich wiederum, dass mit ihren Steuergeldern etwas gebaut wird, was sie nie nutzen. Wie bitteschön soll hier eine Optimierung für das Wohl der Mehrheit eintreten, wenn jeder der Meinung ist: Zahlen? ICH? Nein danke!
    Tja, was soll uns dieses Beispiel sagen? Die Autofahrer finanzieren bereits die Autobahnen über ihre Steuern, wobei sie im Vergleich zu Nicht-Autofahrern ja auch noch extra Steuern zahlen. Eine Auto-Bahngebühr wäre eine zusätzliche Form der Besteuerung.

    Die Frage, dass Nicht-Autofahrer für die Fortbewegung der Autofahrer mitzahlen, ist auch interessant. Sie werden gar nicht gefragt. Genauso wie übrigens diejenigen, die Auto fahren, auch nicht gefragt werden, wie dies finanziert werden soll. Dies ist eben gar nicht vorgesehen. Man kann sich zu Sachfragen nur sehr indirekt äussern, in dem man Abgeordnete wählt. Da man aber diese wegen einer Vielzahl von Themen wählen muss, ist es eigentlich fast zwangsläufig, dass zumindest in einem Teilbereich der Abgeordnete anderer Meinung als man selbst ist.

    @ Sandswind: eines verstehe ich bei deiner Argumentation immer noch nicht. Die Definition der Bundesrepublik als Demokratie beruht darauf, dass alle Staatsorgane demokratischer Kontrolle unterliegen. D.h. der Souverän (der Wähler) bestimmt mehr oder weniger indirekt alle Besetzung der Posten, also in der Legislative, Exekutive, Staatsoberhaupt und Judikative. Dies macht er in der BRD eben aber nur indirekt, da tatsächlich die Mehrheit der Legislative sowohl Exekutive, Staatsoberhaupt als auch Judikative bestimmt. Der wesentliche Unterschied zu einer direkten Demokratie wäre, dass nicht gewählte Stellvertreter über die Postenvergabe in allen staatlichen Institutionen entscheiden, sondern der Souverän selbst. Der zweite, noch entscheidenderer Unterschied ist, dass der Souverän in Sachfragen selbst entscheidet. D.h. gewählte Funktionsträger können nicht einfach ein demokratisches Mandat für sich reklamieren (d.h. sie können nicht behaupten, nur weil eine Koalition eine Mehrheit der Sitze hat, wären diejenigen, die diese Parteien gewählt haben, einer bestimmten Meinung zu einem Sachthema).

    Der einzige mir logische erscheinende Ansatz gegen eine direkte Demokratie zu argumentieren wäre, dass es die bessere Demokratie ist. Alle anderen Argumentationen, insbesondere die Argumentation, dass die Menschen als Masse gefährlich wären (was ja manche immer noch benutzen, sie z.B. der Beitrag von Liska), eignen sich hier nicht, weil es immer Behauptungen sind, dass der Mensch irgendwie unmündig wäre und es deshalb Fremdherrschaft bräuchte. D.h. man kann eben gerade nicht argumentieren, dass es keine Gewaltenteilung gäbe, weil die Kontrolle ausschliesslich durch den Einzelbürger erfolgen würde. Dies ist eben auch die Grundlage der repräsentativen Demokratie!
    Zitat von Sandswind
    Ja, und sinnvolle und brauchbare Entscheidungen kommen wirklich nur bei dem Gedankenexperiment einer "klassenlosen" Gesellschaft heraus.
    Entschuldige, aber das soll ein Argument dagegen sein, dass jeder selbst am besten weiss, was für ihn richtig ist?

    Eine klassenlose Gesellschaft existiert übrigens automatisch dadurch, dass die Produktionsmittel demokratisch kontrolliert werden. D.h. die Verlierer (also die entmachteten ehemaligen Herrscher) stehen danach auf der gleichen Stufe wie die Rest der Bevölkerung. Sie können natürlich ihrer alten Macht und Privilegien hinterhertrauern - aber sie stehen eben trotzdem auf der gleichen Stufe wie der Rest der Bevölkerung. Es bilden sich keine neuen Klassen. Es gibt höchstens Leute, die früher einer Klasse angehörten und der Existenz dieser nachtrauern. Diese werden sich aber genauso auch anpassen und sich irgendwann entsprechend der tatsächlichen, dann existierenden Realität verhalten.
    Zitat von Sandswind
    Trotzdem handeln die Menschen nicht gemäss ihren ureigensten Bedürfnissen und lehnen sich ja gerade nicht gegen die Umstände auf - die Wahlergebnisse dokumentieren das. Ergo stimmt auch Dein Menschenbild vom bezüglich Eigeninteresse rational handelnden Menschen nicht.
    Es gibt keinen Widerstand, sondern momentan wählen die meisten Menschen den scheinbar einfachen Weg. Richtig. Wo ist das Argument, dass dies nicht rational wäre? Es ist sehr wohl rational, der Weg des geringsten Widerstands. Dieser Weg ist aber nicht aufrecht haltbar, wenn die Folge laufende Verschlechterungen der Situation sind und eben auch alle Reste des schon mal erreichten wieder vernichtet sind. Auf diesem Weg, dass eben die erreichten Fortschritten wieder vernichtet werden, sind wir. Dazu kommt ja noch, dass heute Bevormundung "normal" ist, d.h. viele kennen es nicht anders. Das bedeutet aber nichts, dass sie unmündig seien und nicht in der Lage wären, selbst zu wissen, was sie wollen. Sie haben eben nur kaum Möglichkeiten, sich vollkommen selbst bestimmt zu verhalten. Isoliert auf das Individuum bleibt ihnen heute also gar nichts anderes, als das beste aus dem Status quo zu machen. Da aber der Status quo sich immer mehr verschlechtert, ändern sich auch die Bedingungen. Schon heute gibt es ja z.B. kaum mehr Regierungen, die eine tatsächliche Mehrheit für sich erzielen konnten und die Volksparteien verlieren z.B. massenhaft Mitglieder. Bis zu aktiven Eintreten für eine andere Gesellschaft, ist es natürlich noch ein weiter Weg.

    @ blueflash: kann es sein, dass der Kreis in deiner Logik dadurch verursacht ist, dass du an den Anfang keine demokratische Entscheidung stellst, sondern ein Rechtsverständnis? Du also meinst, man bräuchte ein bestimmtes Rechtsverständnis, bevor man überhaupt feststellen kann, was demokratisch ist? Dabei ist es ganz einfach: eine demokratische Legitimation beruht darauf, dass eine Mehrheit für etwas ist. D.h. wenn eine Mehrheit für etwas gestimmt hat, gibt es eine demokratische Legitimation. Diese ist um so deutlicher, um so höher die Wahlbeteiligung und die Zustimmung war, um so transparenter die Abstimmung war und um so eindeutiger es war, dass die Frage der Wahlberechtigung auch tatsächlich ist. D.h. es ist für jeden offensichtlich, dass es eine demokratische Legitimation gibt, wenn nachvollziehbar ist, dass eine klare Mehrheit für etwas gestimmt hat. Eine klare Mehrheit es natürlich nicht, wenn bei einer Wahlbeteiligung von 50% 50,2% für etwas stimmen. Das ist offensichtlich keine demokratische Legitimation, auf die man sich stützen kann. Die klare Mehrheit hätte in diesem Fall ja eben nicht für diese Lösung gestimmt.


    /Edit:
    Zitat von matrix089
    Das man frei über seinen Privatbesitz verfügen kann, ist das Fundament einer freien Gesellschaft.
    Natürlich ist die Macht, die die Unternehmen mit ihrem Eigentum in Händen halten wesentlich höher als noch vor 100 Jahren.
    Dadurch, dass die Macht der Konzerne immer grösser wird, wird eben auch die Freiheit immer mehr beschränkt. Dies gilt übrigens sogar für den Besitz, da man bei Verlust des Arbeitsplatzes bei der heutigen Rechtslage sehr schnell der Grossteil seines Besitzes aufbrauchen muss, d.h. man wird im Endeffekt ebenfalls enteignet.
    Zitat von matrix089
    Aber was ist an einer rechtlichen Gleichstellung auszusetzen? Was kann man mehr verlangen das für alle gleiche Rechte herrschen?
    Wie ich schon sagte: man braucht eben auch gleichen Zugang zu den gesellschaftlichen Ressourcen, um tatsächlich auch gleichberechtigt zu sein.
    Zitat von matrix089
    Wenn jetzt auf einmal statt 30 alle 300.000 Mitarbeiter mitbestimmen würden, kannst du dir ja vorstellen was das für ein Chaos gibt.
    Damit erklärst du jede Form von Demokratie für vollkommen unmöglich
    Zitat von matrix089
    Nicht EINEN Führer sondern Leute die das Ganze organisieren.
    Es macht keinen Unterschied, ob ein Mensch oder eine kleine Gruppe über den Rest herrscht. In jedem Fall ist die Mehrheit unterdrückt. Leute, die das Ganze organisieren, ohne dass diese demokratischer Kontrolle unterliegen, bedeutet eben Unterdrückung. Und die Wirtschaft ist nun mal heute nicht demokratisch organisiert. Sie ist eben auch nicht demokratisch organisiert, wenn man von den Massstäben der repräsentativen Demokratie ausgeht, da eben die Chefs von Konzernen nicht gewählt sind.
    Zitat von matrix089
    Auch "Unterdrücker" haben Rechte.
    Ja. Aber nicht das Recht andere zu unterdrücken und kein Recht, auf die Mittel, mit denen sie dies machen.
    Zitat von matrix089
    In einer direkten Demokratie würde die Politik in 1000 verschiedene Richtungen laufen, weil jeder seine Meinung durchsetzen will.
    Das müsste dann in der repräsentativen Demokratie genauso der Fall sein, wenn diese demokratisch ist und die Meinung des Souveräns wiedergibt. Also ist schon wieder ein grundsätzliches Argument gegen die Demokratie. Was übrigens nicht bedeutet, dass ich es richtig finde. In der Gesellschaft gibt es verschiedene Ebenen. Auf der individuellen Ebene, also was man persönliche für Vorlieben in Bezug auf Arbeit, Hobbies, Musikgeschmack etc. gibt es zahlreiche verschiedene Meinungen. Aber wenn es um die Frage geht, wie man z.B. produziert, gibt es keine solche Vielfalt mehr - es gibt auch nicht mehr die Möglichkeit zu einer solchen Vielfalt. Deshalb gibt es da sehr wohl die Möglichkeit, sich auf Massnahmen zu einigen. Wenn man behauptet, dass die heutige Gesellschaft in Bezug auf den Staat demokratisch ist, dann muss eben auch zugeben, dass dies möglich ist.
    Zuletzt geändert von max; 14.12.2006, 15:16.

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  • Sandswind
    antwortet
    Zitat von Phoenow Beitrag anzeigen
    Nun weißt du das witzige daran ist, das max ein sehr logisches und schlüssiges System konstruiert in dem der einzige ideologische Faktor eigentlich nur die Demokratie ist.
    In sich ist das System schlüssig, aber es geht zum einen von falschen Voraussetzungen aus und missachtet zum anderen die damit verbundenen Risiken. Das macht das Ganze unpraktikabel.

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